John Grisham – Das Original

Die Handlung:

In einer spektakulären Aktion werden die handgeschriebenen Manuskripte von F. Scott Fitzgerald aus der Bibliothek der Universität Princeton gestohlen. Eine Beute von unschätzbarem Wert. Das FBI übernimmt die Ermittlungen, und binnen weniger Tage kommt es zu ersten Festnahmen. Ein Täter aber bleibt wie vom Erdboden verschluckt und mit ihm die wertvollen Schriften. Doch endlich gibt es eine heiße Spur. Sie führt nach Florida, in die Buchhandlung von Bruce Kable, der seine Hände allerdings in Unschuld wäscht. Und so heuert das Ermittlungsteam eine junge Autorin an, die sich gegen eine großzügige Vergütung in das Leben des Buchhändlers einschleichen soll. Doch die Ermittler haben die Rechnung ohne Bruce Kable gemacht, der überaus findig sein ganz eigenes Spiel mit ihnen treibt. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Ein Grisham ohne Anwälte? Gibts das? Gibts! Die Idee zu diesem für ihn ziemlich ungewöhnlichen Roman kam dem Autor zusammen mit seiner Frau während einer Autofahrt zum gemeinsamen Strandhaus in Florida. Das muss ein interessanter 10-Stunden-Trip gewesen sein, wenn am Ende so eine spannende Strandlektüre dabei herauskommt.

Die aber ist mit Bedacht und der üblich guten Recherche realisiert worden. Wobei der Autor zugibt, nie wirklich in der bestohlenen Universität gewesen zu sein und alle Infos im Roman per Internetsuchmaschine zusammengesucht zu haben. Vorgeblich, damit es keine Nachahmer gibt, die gratis echtes Insiderwissen bekommen … sicher aber auch, weils bequemer ist.

Werden in diesem Abenteuer zwar die Originalmanuskripte von F. Scott Fitzgerald gestohlen, so waren bei der Planung der Geschichte auch die Namen Hemingway, Steinbeck und Faulkner im Gespräch. Deren Originale ließen sich allerdings nicht glaubwürdig … und einfach genug … in die Geschichte einweben. Und so wars am Ende Fitzgerald, dessen Werke aus der Uni von Princeton gestohlen werden.

Den Hauptangeklagten finden wir in Florida, auf einer erfundenen Insel, zusammen mit einigen Autoren und deren Problemen, so wie sich Grisham die Kollegen und Kolleginnen des Fachs und deren Leben als Klischee so vorstellt … und auf dem Klappentext. Für die „Guten“ tritt Mercer Mann an. Die schuldengeplagte Aushilfsprofessorin, deren Vertrag leider nicht verlängert wird, soll sich an den suspekten Buchhändler ranmachen, um ihn als Auftraggeber/Ankäufer zu überführen. Alles im Auftrag der Sicherheitsfirma der Versicherung, die für den Raub nun aufkommen muss. Wie weit wird sie gehen? Wie weit wird er sie lassen?

Das Katz- und Maus-Spiel zwischen Vermeintlich-Gut und Vermeintlich-Böse weiß prima zu unterhalten, denn der Buchhändler ist nicht Dümmsten einer …

Das Hör-Erlebnis:

Charles Brauer liest vor. Klar macht er das … aber leider klingt es für meinen Hörgeschmack auch immer mal wieder genau so. Ob er bei der Aussprache von „F. Scott Fitzgerald“ jedes Mal den Nachnamen wegnuschelt oder bei den Szenenbeschreibungen das Spritzige vermissen lässt … irgendwie hat er mich nicht immer abholen können.

Und irgendwie hatte ich die ganze Hörzeit über das Gefühl, ich sehe jemandem zu, der in einer abgedunkelten Sprecherkabine vorliest und dabei die Brille auf die Nasenspitze vorgezogen hat. Manchmal zu unaufgeregt, manchmal mit (für mich) zu langen Sprechpausen … ambitioniert vorgelesen, aber nicht als hautnah erlebt verkauft.

Bei Dialogen können die meisten Hörbuchsprecher aber immer punkten, weil sie mehr Schauspiel vor dem Mikro zeigen (dürfen/können) als bei den Zeilen dazwischen. Leider bietet Charles Brauer hier kaum bis keine hörbaren Unterschiede zwischen den Figuren an, sodass ein späteres Wiedererhören schwer ist … und wenn er nicht nach dem Satz erzählen würde, wer da grad gesprochen hat, hätte man auch das nicht so einfach erkennen können. Dennoch klingt sein Vortrag an diesen Stellen um einiges authentischer, weil er ein wenig mehr aus sich herausgeht und die Gefühlswelt der Figuren besser ins Kopfkino des Hörers transportieren kann.

Im … Original … wird der Roman übrigens von einer Frau gelesen, was ich passender für die Story finde.

Der Autor:

John Grisham hat 30 Romane, ein Sachbuch, einen Erzählband und sechs Jugendbücher veröffentlicht. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.(Verlagsinfo)

Der Sprecher:

Charles Brauer, geboren 1935, ist durch seine Rolle als Hamburger Tatort-Kommissar Brockmöller einem breiten Publikum bekannt. Der vielseitige Schauspieler ist ein beliebter Hörbuchsprecher und hat u. a. In einer Person von John Irving sowie allen John-Grisham-Thrillern seine Stimme geliehen. (Verlagsinfo)

MP3s und Booklet:

Die MP3s liegen in 192 Kbps und 44.1 kHz in Joint Stereo vor. Die Dateinamen beginnen mit einer vierstelligen, aufsteigenden Nummer, wobei die erste Ziffer immer eine Null ist, deren Sinn sich mir nicht erschließt und die zweite der Nummer der CD entspricht. Dann folgen Autor und Titel der Lesung. Im ID3-Tag der Dateien finden wir den Titel des Romans, den Autorennamen und das Herstellungsjahr. Schön wären an dieser Stelle noch das Cover gewesen oder auch die Nennung des Sprechers.

Auf ein Booklet hat der Verlag verzichtet. Wenn die Verpackung auseinandergeklappt wird, finden wir weitere Infos zur Handlung, zum Autor und zum Sprecher (der sympathisch lächelnd von einem Foto blickt) sowie etwas Verlagswerbung.

Mein Fazit:

Natürlich wird John Grisham wie jedes Jahr im Herbst seinen alljährlichen Juristenthriller abliefern … in diesem Jahr gehts übrigens um amerikanische Studenten und deren Schulden … aber er zeigt hier, dass er auch anders kann … und will.

So gibts also auch mal im Sommer etwas vom Altmeister der Verkaufscharts zu lesen … im Original am Anfang und in der deutschen Übersetzung am Ende … und er macht gar keinen Hehl daraus, dass er in erster Linie eine Menge Bücher verkaufen möchte. Und da Hollywood filmtechnisch eher nicht (mehr so stark wie früher) an den Anwälten seiner Dauerthrillerreihe interessiert ist, gibts nun leichte Strandlektüre.

Die allerdings kann prima unterhalten, weil sie humorvoll und spannend ist, und jeder Buchwurm wird auch abseits der Haupthandlung seinen Spaß haben, wenn wir zusammen mit Miss Mann herausfinden, ob der einzige Verdächtige in diesem Zusammenhang auch schuldig ist.

Im Gegensatz zu John Grisham konnte mich Charles Brauer dabei leider nicht immer begeistern. Er nuschelt hier, verzögert da und geht vor allem dort nicht genug aus sich heraus, um das Hörbuch zu einem tollen und aufregenden Erlebnis werden zu lassen, das mich nicht abschalten lassen will. Ich habe etwas die Begeisterung für die Story vermisst, die Fähigkeit, mich davon zu überzeugen, er würde die Geschichte (fast) selbst erlebt haben und für mich persönlich nacherzählen.

Das soll nicht heißen, dass sein Vortrag langweilig und monoton ist, das nicht … nur mir persönlich (im Vergleich zu den vielen anderen Hörbuchsprechern gerade aus dem amerikanischen Sprachraum) immer mal wieder zu gleichmäßig, ruhig, gemächlich und unaufgeregt. Dass er den verschiedenen Charakteren bei den Dialogen keine hörbar unterscheidbaren Eigenschaften verleiht, fügt sich da gut ein.

Gute Unterhaltung gibts aber dennoch, gerade weil eine Kürzung vielen Geschichten gut bekommt und sie so kurzweiliger macht.

Gekürzte Lesung auf 2 MP3-CD
Spielzeit: 10:01 Std.
Originaltitel: Camino Island
Aus dem Amerikanischen von Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter und Imke Walsh-Araya
Gelesen von Charles Brauer
1. Auflage, August 2017
ISBN-13: 978-3-8371-4008-8

www.randomhouse.de/Verlag/Random-House-Audio

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