John Grisham – Der Polizist

Die Handlung:

Jake Brigance, Held der Bestseller „Die Jury“ und „Die Erbin“, ist zurück. Diesmal steht er als Pflichtverteidiger im Zentrum eines aufsehenerregenden Mordprozesses in Clanton, Mississippi. Sein Mandant Drew Gamble soll einen örtlichen Deputy umgebracht haben. Die Mehrheit von Clanton fordert lautstark einen kurzen Prozess und die Todesstrafe. Dabei ist Drew Gamble gerade einmal 16 Jahre alt. Jake Brigance arbeitet sich in den Fall ein und versteht schnell, dass er alles tun muss, um den Jungen zu retten. Auch wenn er in seinem Kampf für die Wahrheit nicht nur seine Karriere, sondern auch das Leben seiner Familie riskiert. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Bei der Menge an Justiz-Romanen (dies ist der 35.) ist es nicht schlimm, wenn dem einen oder anderen der Name Jake Brigance nichts sagt. „A Time to Kill“ (dt. DIE JURY) stammt aus dem Jahr 1989 und war der erste der Reihe. „Sycamore Row“ (2013, dt. DIE ERBIN, 2014) kam viele Jahre später.

Nur so viel zu ihm: Er kommt aus einer Kleinstadt in Mississippi und ist spezialisiert auf Fälle, die eigentlich klar und nicht zu gewinnen sind. Klingt auf jeden Fall nach jemandem, der nicht aufs Geld aus ist, sondern tatsächlich nach Gerechtigkeit sucht. Was bekanntlich nicht sonderlich gut für den eigenen Geldbeutel ist … und den eigenen Ruf schon gar nicht.

32 Jahre sind also im echten Leben vergangen, seitdem wir die Bekanntschaft mit Herrn Brigance gemacht haben … in der Welt, in der er lebt, sinds allerdings nur fünf gewesen. Von daher hat sich für ihn nicht wirklich viel geändert. Er ist pleite und nimmt einen Fall an, der eigentlich keiner ist. Schuldig ist halt schuldig … und bei Mord ist es oftmals recht eindeutig. Auch wenn die Motivlage hier nachvollziehbar ist: Ein Teenager, der den mutmaßlichen Mörder seiner Mutter erschießt, weil er sich nicht anders zu helfen weiß und verzweifelt ist. Da gibts wenig dran zu diskutieren … oder doch?

Damit wir uns ein Bild von allem und jedem machen können, dauert es lange … sehr, sehr lange, bis John Grisham für uns den Prozess gegen den jungen Mann tatsächlich eröffnet. Vorher gibts lange Einblicke in die Köpfe von jedem, der auch nur leidlich interessant oder beteiligt ist. Vor allem Justiz und Polizei … war der Ermordete doch ein örtlicher Deputy.

Jeder hat das, woran er/sie glaubt, wovon er/sie überzeugt ist. Vom Angeklagten, über seine Mutter, den Richter, bis hin zu den Geschworenen. Und denen fällt es ganz und gar nicht leicht, ein (vor)schnelles Urteil zu fällen.

Wie sieht die Gerechtigkeit am Ende wohl aus, die auf den 16-Jährigen wartet?

Das Hör-Erlebnis:

Charles Brauer ist der Go-to-Sprecher für den Verlag, wenn es um Grisham-Lesungen geht. Seine Stimmfarbe ist angenehm im Ohr, absolut. Aber er liest manchmal holprig, teilweise abgehackt und mit einer seltsamen Sprachmelodie oder er will manche Textstellen besonders deutlich aussprechen. Besonders bei Namen und Orten erinnert das dann unweigerlich an den Loriot-Sketch „Englische Ansage“, in der sich Evelyn Hamann durch ein Gewirr von Zugenbrechern kämpft.

Brauer liest zügig, was den Hörspaß erhöht und das Ganze lebendiger wirken lässt. Mir fehlte aber hin und wieder mal das Schauspiel vor dem Mikro, das Interesse für das Vorgelesene, das den Eindruck erweckt, das Ganze wäre nacherzählt, selbst erlebt, interessant, spannend und irgendwo wichtig. Klar ist ein Grisham-Roman jetzt nicht voller wendungsreicher Hektik und Action, dennoch.

Um die Charaktere während der Dialoge voneinander unterscheidbar zu machen, legt Charles Brauer immer mal ein wenig mehr Druck in die Stimme. Dabei verstellt er manchmal leicht die Stimme oder lässt sie sanfter oder kratziger klingen. Dabei kann er das Gefühlsleben der Figuren gut vermitteln.

Tritt die Figur allerdings später noch mal auf, ist sie meist nicht von den Vorherigen zu unterscheiden und erst wiederzuerkennen und einzuordnen, wenn die Romanvorlage den Namen erwähnt.

Der Autor:

John Grisham hat 30 Romane, ein Sachbuch, einen Erzählband und sechs Jugendbücher veröffentlicht. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.(Verlagsinfo)

Der Sprecher:

Charles Brauer, geboren 1935, ist durch seine Rolle als Hamburger Tatort-Kommissar Brockmöller einem breiten Publikum bekannt. Der vielseitige Schauspieler ist ein beliebter Hörbuchsprecher und hat u. a. In einer Person von John Irving sowie allen John-Grisham-Thrillern seine Stimme geliehen. (Verlagsinfo)

MP3s und Booklet:

Die MP3s liegen in 128 Kbps und 44.1 kHz in Joint Stereo vor. Die Dateinamen beginnen mit einer dreistelligen, aufsteigenden Nummer. Dann folgt ein Unterstrich, der Nachname des Autors, ein weiterer Unterstrich und das Wort „Polizist“. Im ID3-Tag der Dateien finden wir den Titel des Romans, den Autorennamen, den Namen des Sprechers und das Produktionssjahr.

Schön wäre an dieser Stelle noch das Cover gewesen, das sich auf dem Display von smarten Abspielgeräten immer sehr schick macht. Auf den CDs ist leider auch keine Coverbild-Datei zu finden, die sich der Hörer selbst in die MP3s basteln könnte.

Auf ein Booklet hat der Verlag verzichtet. Wenn die Verpackung auseinandergeklappt wird, finden wir weitere Infos zur Handlung, zum Autor und zum Sprecher (der sympathisch lächelnd von einem Foto blickt) sowie etwas Verlagswerbung.

Mein Fazit:

Es sind diese Geschichten, nach deren Ende ich mich frage, warum das jetzt alles so spannend gewesen ist, obwohl doch eigentlich kaum was passiert war und vieles schon vorher feststand.

Diese Geschichten, die unter die Haut gehen, die mich nachdenken lassen. Und selbst nach fast drei Dutzend Justiz-Romanen schafft es John Grisham immer noch, dass ich eine Beziehung zu seinen Charakteren aufbauen kann, was ungemein fesselt.

Charles Brauer konnte mich nicht vollends überzeugen. Zwar zügig und mit angenehmer Stimme gelesen, habe ich ihm leider nicht durchgehend abgekauft, dass er selbst dabei war und die Story nacherzählt. So konnte er meine Aufmerksamkeit nicht immer durchgehend halten.

Gekürzte Lesung auf 2 MP3-CDs
Spielzeit: 21:04 Std. in 409 Tracks
Originaltitel: A Time For Mercy
Aus dem Amerikanischen von Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter, Imke Walsh-Araya
Gelesen von Charles Brauer
1. Auflage, Mai 2021
ISBN: 978-3-8371-0

www.randomhouse.de/Verlag/Random-House-Audio

Der Autor vergibt: (4/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)