John Grisham – Der Verdächtige

Die Handlung:

Lacy Stoltz hat als Anwältin bei der Gerichtsaufsichtsbehörde in Florida schon viele Fälle von Korruption erlebt. Seit sie einen Richter, der Millionen abkassiert hat, zu Fall brachte, ist sie sogar zu gewisser Berühmtheit gelangt. Doch nun wird sie mit einem Fall konfrontiert, der jenseits des Vorstellbaren liegt: Denn der Richter, gegen den sie ermittelt, nimmt anscheinend keine Bestechungsgelder von Leuten. Er nimmt ihnen das Leben.(Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

In dieser Story folgen wir Lacy Stoltz, einer Anwältin bei der Rechtsaufsichtsbehörde in Florida, den einige Grisham-Fans schon aus seinem Roman „Bestechung“ (The Whistler) kennen. Schon damals ging es um einen mutmaßlich bestechlichen Richter, dem sie das Handwerk legen sollte und wollte. Vorwissen aus diesem Fall ist aber nicht vonnöten, denn diese Geschichte funktioniert auch so.

Diesmal gehts aber offenbar nicht um Schmiergeld, sondern um handfesten Mord, an dem ein Richter beteiligt sein soll. Das behauptet zumindest die anonyme Anruferin, mit der wir und sie es direkt zu Anfang der Geschichte zu tun bekommen. Der namentlich bekannte Richter soll zudem nicht nur den Vater der Tippgeberin ermordet haben, sondern noch sechs weitere Menschen.

Indizien und Zusammenhänge zwischen den Fällen und zur Schuld des Richters werden genannt, aber Lacy Stoltz ist nicht wirklich überzeugt. Dennoch stimmt sie ein wenig widerwillig zu, sich das Ganze mal anzuschauen. Außerdem ist das ja auch eher ein Fall für das FBI und nicht für sie.

Grisham gelingt es (wie gewohnt), sowohl Lacy Stoltz, als auch ihre Auftraggeberin, Jeri Crosby, so lebensecht zu zeichnen, dass der Leser sofort mit ihnen mitfühlt. Lacy, Ende 30, unzufrieden mit ihrem Job, bei dem es nicht vorangeht … und in einer Beziehung, die sich genauso wenig entwickelt. Und Jeri, aus deren Leben wir auch genug erfahren, um eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Vom Tod ihres Vaters vor über 20 Jahren, bis hin zum Verhältnis zu ihrer Tochter.

Und wenn Grisham die Spannungs- und Drama-Schrauben anzieht, fiebern die Hörer mit, immer in der Hoffnung, dass niemandem etwas passiert. Denn in diesem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel haben wir es mit einem intelligenten Soziopathen zu tun, der keine Skrupel kennt.

Das Hör-Erlebnis:

Wie sollte es auch anders sein, wurde auch dieser Grisham-Roman von Charles Brauer eingelesen. Daran wird sich auch aller Wahrscheinlichkeit nach nichts ändern, außer Brauer hat irgendwann keine Lust mehr dazu und geht in Sprecher-Rente.

Seine angenehme Stimmfarbe mit dem leicht kratzigen Unterton macht es dem Hörer leicht, ihm auch über längere Zeit hinweg zuzuhören. Hin und wieder übernuschelt er aber ein paar Sequenzen oder klingt etwas nasal.

Bei den Dialogen klingen die Charaktere für den Moment leicht unterschiedlich, sind aber im weiteren Verlauf nicht wirklich gut wiederzuerkennen. Und wenn man den Versuch macht und einfach mal wild im Hörbuch hin- und herspringt, dann ist gar nicht mehr herauszuhören, welche Figur da grad spricht. Etwas Schauspiel präsentiert er dabei vor dem Mikro, was das Ganze lebendiger klingen lässt.

Die beschreibenden Szenen liest Charles Brauer zügig und lässt es so klingen, als interessiere es ihn, was er da vorliest. Allerdings reicht das nicht so ganz dafür, dass der Hörer den Eindruck bekommt, er würde die Geschichte frei nacherzählen, weil er sie selbst erlebt hat. Die vielen Sprechpausen mitten in den Sätzen, meist wenn da ein Komma steht, haben mich etwas irritiert und bremsen den Erzählfluss.

Der Autor:

John Grisham hat 30 Romane, ein Sachbuch, einen Erzählband und sechs Jugendbücher veröffentlicht. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.(Verlagsinfo)

Der Sprecher:

Charles Brauer, geboren 1935, ist durch seine Rolle als Hamburger Tatort-Kommissar Brockmöller einem breiten Publikum bekannt. Der vielseitige Schauspieler ist ein beliebter Hörbuchsprecher und hat u. a. In einer Person von John Irving sowie allen John-Grisham-Thrillern seine Stimme geliehen. (Verlagsinfo)

MP3s und Booklet:

Die MP3s liegen in 192 Kbps und 44.1 kHz in Joint Stereo vor. Die Dateinamen beginnen mit einer dreistelligen, aufsteigenden Nummer. Dann folgt ein Unterstrich, der Nachname des Autors, ein weiterer Unterstrich und das Wort „Verdaechtige“. Im ID3-Tag der Dateien finden wir den Titel des Romans, den Autorennamen, den Namen des Sprechers und das Produktionssjahr.

Schön wäre an dieser Stelle noch das Cover gewesen, das sich auf dem Display von smarten Abspielgeräten immer sehr schick macht. Auf den CDs ist leider auch keine Coverbild-Datei zu finden, die sich der Hörer selbst in die MP3s basteln könnte.

Auf ein Booklet hat der Verlag verzichtet. Wenn die Verpackung auseinandergeklappt wird, finden wir weitere Infos zur Handlung, zum Autor und zum Sprecher (der sympathisch lächelnd von einem Foto blickt) sowie etwas Verlagswerbung.

Mein Fazit:

Wer hier der Verdächtige ist, wissen wir, was ihm vorgeworfen wird, auch. Also ist diese Geschichte kein Whodunit, sondern ein fesselndes und spannendes „Schafft Sie es (rechtzeitig), ihn zur Strecke zu bringen?“.

Auf der einen Seite die Ermittlerin, auf der anderen Seite der clevere Psycho mit Beziehungen. Dazwischen die Hörer, die am liebsten Vorspulen wollen, um zu erfahren, wie es ausgeht. Da fällt es verdammt schwer, den PAUSE-Knopf zu drücken, aus all den richtigen Gründen.

Die ungekürzte Lesung dieser Geschichte ist zwar um die drei Stunden länger, ich hatte aber nicht das Gefühl, dass mir wichtige Teile der Story entgangen wären.

Charles Brauer liest zügig und zeigt hörbar Interesse an der Geschichte. Allerdings hätte ich mich über etwas mehr Schauspiel vor dem Mikro gefreut. So wäre die spannende Geschichte im Kopfkino noch bunter geworden.

Leicht gekürzte Lesung auf 2 MP3-CDs
Spielzeit: 12:01 Std. in 218 Tracks
Originaltitel: The Judge’s List
Aus dem Amerikanischen von Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter, Imke Walsh-Araya
Gelesen von Charles Brauer
1. Auflage, April 2022
ISBN: 978-3837159011

www.randomhouse.de/Verlag/Random-House-Audio

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