Pferde und Licht – das sind die beiden bestimmenden Dinge in Jojo Moyes‘ neuestem Roman.
Die vierzehnjährige Sarah lebt bei ihrem Großvater Henri und hat von ihm die Leidenschaft für Pferde und Reiten geerbt. Auf ihrem geliebten, aber eigensinnigen Pferd Boo trainiert sie wie eine Besessene und kann doch den Ansprüchen ihres Großvaters, den sie liebevoll „Papa“ nennt, nicht genügen. Erst als der alte Mann sich selbst auf das Pferd setzt und ihr vormacht, wie es besser geht, versteht Sarah, was er will. Doch kurz darauf erleidet Henri einen schweren Schlaganfall, und Sarah ist auf sich allein gestellt.
Die erfolgreiche Anwältin Natasha setzt sich für Kinder und ihre Rechte ein, obwohl ihr ein eigenes Kind doch nie vergönnt war. Mehrere Fehlgeburten haben ihre Ehe zu Mac dermaßen belastet, dass er schließlich ausgezogen ist und Natasha sich stattdessen in eine Liebschaft mit ihrem Kollegen gestürzt hat. Als Mac aber plötzlich wieder vor der Tür steht und übergangsweise in das gemeinsame Haus einzieht, bemerkt Natasha, dass ihre Gefühle für Mac keinesfalls abgekühlt sind, wie sie sich immer vorgemacht hatte.
Im Supermarkt begegnet ihr durch Zufall Sarah, die versucht, etwas zu stehlen. Natasha hilft ihr aus der Patsche und bezahlt das Diebesgut. Kurze Zeit später nehmen Mac und Natasha das Mädchen bei sich auf – ohne aber zu ahnen, dass Sarah ein großes Geheimnis hat – nämlich Boo und die Notwendigkeit, den Stall, das Futter und Heu für das Pferd zahlen zu müssen. Eines Tages bricht für Sarah eine Welt zusammen, kurzerhand flüchtet sie mit ihrem Pferd, und Natasha und Mac begeben sich gemeinsam auf die Suche nach dem Mädchen…
Auf dem Rücken des Pferdes
Jojo Moyes‘ eigene Liebe zu Pferden zieht sich durch das gesamte Buch. Mit viel Liebe und Leidenschaft beschreibt sie Sarahs und Henris Liebe zu den Pferden und zum Dressurreiten. Es ist eine ganz eigene Welt, deren Faszination man wohl nur nachvollziehen kann, wenn man selbst reitet und Pferde liebt. Bei mir ist das nicht der Fall, und deswegen bleibt Sarah mit ihrer großen Leidenschaft genauso fremd wie es bei Natasha und Mac über weite Strecken des Buches ist. Auch als sie herausfinden, wohin sich Sarah begibt, wenn sie die Schule schwänzt, können sie das Handeln des Mädchens nicht nachvollziehen, da sie die Liebe zu dem Pferd nicht verstehen und die Leidenschaft für das Reiten. Mir ging es genauso, daher sprang für mich der Funke auch nie so recht über.
Doch „Im Schatten das Licht“ erzählt neben der Geschichte von Henri, Sarah und dem Pferd Boo auch noch die Geschichte einer wohl gescheiterten Ehe. Natasha und Mac sind daran zerbrochen, dass sie kein eigenes Kind bekommen konnten. Und wie es häufig ist, verarbeiten Mann und Frau derlei Schicksalsschläge jeder für sich allein, sodass die Trauer die beiden Liebenden nicht etwa weiter zusammenschweißt, sondern sie immer weiter voneinander entfremdet. Die Trennung war daher praktisch unvermeidlich. Und doch ist noch Liebe da, wie Natasha und Mac immer wieder merken. Ob es aber ein Happy End geben kann, ist völlig unklar, weil die beiden andere Partner haben und zwischen ihnen viel vorgefallen ist.
Und so erleben wir in diesem Buch immer wieder, wie die beiden sich näher kommen, um dann beide vor den wieder aufflammenden Gefühlen zurückzuschrecken. Woraufhin beide sich doch wieder voneinander entfernen, manchmal weiter als zuvor.
Diese Geschichte entwickelt einen großen Reiz, zumal sie von den beiden neuen Partnern immer wieder neu angefacht wird und auch Natashas berufliche Probleme und Sorgen eine große Rolle spielen. Gefühlvoll und nachvollziehbar schildert Jojo Moyes Natashas Gefühlswirrwarr und ihre privaten und beruflichen Sorgen. Manchmal möchte man sie einfach nur in den Arm nehmen und trösten, ihr Mut zusprechen und ihr sagen, dass Mac sie gar nicht verletzen will, es nur einfach nicht besser weiß.
Beide Geschichte entwickeln sich zunächst separat, um dann aber durch Sarahs Auftauchen in Natashas und Macs Leben immer weiter ineinanderzufließen und schließlich zu einer Geschichte zu werden. Das gelingt Jojo Moyes sehr gut.
Interessant fand ich auch ihre Schilderungen aus Henris Vergangenheit. Henri, der für eine große Liebe eine andere große Liebe aufgegeben hat und daran ebenfalls fast zerbrochen ist. Ein interessanter Mann, von dem ich gerne noch mehr gelesen hätte.
Nicht für jedermann
Von Jojo Moyes kennt man große Gefühle, große Trauer und große Leidenschaft. All dies findet sich auch in ihrem neuesten Buch. Ich habe es gerne gelesen und bin daran streckenweise auch völlig versunken. Eine gewisse Distanz blieb aber die ganze Zeit, weil ich selbst keinen Bezug zu Pferden habe und auch selbst nie reiten wollte. Wer die Leidenschaft für Pferde teilt, wird sicherlich begeistert sein von diesem Buch, für mich reicht es allerdings nicht für die Bestnote.
Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
ISBN-13: 978-3499267352
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