Jon Skovron – Pakt der Diebe (Empire of Storms 1)

Empire of Storms

Band 1: „Pakt der Diebe“
Band 2: „Bane and Shadow“ (02/2017, noch ohne dt. Titel)
Band 3: „Blood and Tempest“ (voraussichtlich 11/2017, noch ohne dt. Titel)

Hope hat auf schrecklichste Weise ihre Eltern und ihr Zuhause verloren. Als blinder Passagier ist es ihr gelungen, ihre Heimatinsel zu verlassen, und der Kapitän hat großmütig beschlossen, sie nicht über Bord zu werfen. So ist sie auf der Insel der Vinchen gelandet, wo ein ebenso großmütiger Mönch sie zur Kriegerin ausgebildet hat …

Rixidenteron ist ebenfalls Waise, und auch er hat nur überlebt, weil sich jemand seiner angenommen hat. Unter den Fittichen von Sadie, genannt die Ziege, und unter dem Namen Red ist aus dem Jungen ein Gauner ersten Ranges in seinem Viertel von New Laven geworden.

Eines Tages begegnen sich Hope und Red in einer der Spelunken dieses Viertels …

Reds und Hopes Geschichte spielt
in einer Welt voller Inseln, die allerdings nicht genauer beschrieben werden. Grob gesagt sind die südlicheren Inseln kleiner, kälter und rauer als die nördlicheren. Etwas mehr Flair hat Reds Viertel entwickelt, nicht unbedingt durch die Beschreibung von Schmutz und Gestank, obwohl die auch erwähnt werden, als vielmehr durch die Personen, die dort leben, und vor allem den Jargon, den sie benutzen.

Regiert wird dieses Inselreich von einem Imperator, der bisher noch nirgendwo aufgetaucht ist. Gelegentlich fragte ich mich bereits, ob der Mann überhaupt was zu sagen hat oder womöglich nur eine Marionette ist. Vielleicht gibt es ihn auch gar. Bisher scheint nämlich alle Macht von den sogenannten Biomanten auszugehen, Magiern in seinen Diensten. Sie sind es, die die Befehle geben, selbst den Offizieren der Imperiale Wache.

Die Biomantie ist eine seltsame Form von Magie. Sie wirkt lediglich auf lebendiges Material, und offenbar müssen die Biomanten das Material berühren, damit ihr Zauber funktioniert. Zumindest gilt das für Männer. Frauen dürfen dem Orden der Biomanten nicht beitreten. Bisher wurde weder verraten, warum das so ist, noch, wie genau Biomantie funktioniert. Eigentlich eine interessante Idee, allerdings hat mir die Ausarbeitung nur mäßig gefallen.

Die Biomanten nutzen ihre Gaben nicht, um zum Beispiel Krankheiten zu heilen oder Ernten zu verbessern, sondern um eine Waffe zu erschaffen, die das Imperium vor irgendeiner Gefahr beschützen soll. Von dieser Gefahr war das ganze Buch über nichts zu sehen oder zu spüren, es wird nicht einmal gesagt, worum es sich dabei handeln soll. Vielleicht ist sie auch nur ein Vorwand für die extrem menschenverachtenden Experimente der Biomanten.

Neben der Magie gibt es natürlich auch noch die rohe, körperliche Gewalt. Die besteht hier nicht nur aus Messern und Schwertern, sondern auch aus Pistolen, Gewehren, ja sogar Kanonen. Das verleiht der Geschichte einen Hauch von Steampunk, zumindest einen kleinen. Technik, die über Schusswaffen hinausgeht, kam hier bisher nicht vor.

Das soziale Gefüge entspricht dem üblichen Aufbau: oben der Imperator, dann die Mächtigen, dann die Reichen und unten die Armen. Und natürlich ist die letzte Gruppe die mit Abstand größte. Der Sprengstoff, den eine solche Gesellschaft an sich schon bildet, wird noch verschärft durch den Missbrauch der armen Bevölkerung durch die Biomanten.

In dieser Situation trifft Hope in New Laven ein, eine Kriegerin, die über Fähigkeiten und eine Waffe verfügt, die selbst Biomanten gefährlich werden können; die nicht Teil der diversen Beziehungen und Abhängigkeiten dieser Insel ist; und die Rache geschworen hat! Sie wirkt wie ein Katalysator.

Hope ist intelligent, zäh und zielstrebig. Und obwohl ihr sämtliche Naivität fehlt, hat sie doch etwas an sich, das sie in Reds kriminellem Milieu ein wenig kindlich wirken läßt: sie ist ehrlich und hat eine andere Vorstellung von richtig und falsch.

Red seinerseits ist ein Romantiker und seinen Freunden absolut treu. Außerdem hat er ein mitfühlendes Herz. Das versucht er allerdings unter der Decke zu halten, um nicht als Weichling zu gelten, und auch seine künstlerische Begabung und die Tatsache, daß er lesen kann, hält er geheim, um von seinesgleichen anerkannt zu werden. Gleichzeitig machen diese Eigenschaften auch ihn zu einem Außenseiter insofern, als er Dinge zu tun in Erwägung zieht, die keinem anderen in seinem Viertel auch nur im Traum einfallen würden.

Beide sind als Charaktere eindringlich und glaubwürdig gezeichnet. Die Nebenfiguren wie Sadie oder der Mönch sind nicht ganz so tiefgründig, aber trotzdem sehr lebendig geraten.

Jon Skovron ist Amerikaner und hat außer diversen Kurzgeschichten auch einige Jugendbücher geschrieben, von denen bisher keines auf Deutsch erschienen ist. „Pakt der Diebe“ ist sein erster Roman für Erwachsene und der erste Band der Trilogie Empire of Storms, die im englischen Original bereits bis Band zwei gediehen ist.

Insgesamt blieben bei mir gemischte Gefühle zurück. Das Buch bietet gute Ideen, interessante und glaubwürdige Figuren, eine abwechslungsreiche Handlung, einen vielversprechenden Plot, und es ist flüssig und fesselnd erzählt. Ich hätte sogar mit den gelegentlich auftauchenden Monstern leben können … wenn es denn eben einfach nur irgendwelche Monster gewesen wären. Aber sie sind mehr als das, und das macht sie schlimmer als Monster. Die Aussichten, die sich am Ende des Buches für den nächsten Band eröffnen, lassen befürchten, dass es noch weit unerfreulicher wird. So gern ich auch wissen möchte, ob es diese ominöse Gefahr tatsächlich gibt und worin sie besteht, bin ich mir doch absolut sicher, dass ich nicht wissen will, was als Nächstes mit Red geschehen wird.

Broschiert 592 Seiten
Originaltitel: „Hope and Red – The Empire of Storms“
Deutsch von Michelle Gyo
Besprochene Auflage: Februar 2017
ISBN-13: 978-3453317857

www.jonskovron.com/index.html
www.randomhouse.de/heyne

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