K. C. Crowe – Schwarze Bucht. Neuseeland-Krimi (Inspektor Parnell 02)

Neuseeland sehen und sterben

Im malerischen Städtchen Dunedin, ganz im Süden der Südinsel Neuseelands, verbringt Inspektor Parnell seinen Urlaub. Vor allem die Pinguin-Kolonien bieten ein faszinierendes Schauspiel für Touristen. Als im Nachbarzimmer seines Bed & Breakfast eine Leiche gefunden wird, ist es für Parnell jedoch mit der Ruhe vorbei. Neben der Leiche liegen nicht nur schwarze Pinguin-Federn, sondern Parnell gerät selbst unter Mordverdacht. Durch einen alkoholbedingten Filmriss kann er sich an nichts mehr erinnern. Wie soll er seine Unschuld beweisen? (Verlagsinfo)

Der Autor

Nach einer Neuseeland-Reise entdeckte der europäische Schriftsteller seine Leidenschaft für die Küsten und Landschaften der ozeanischen Insel für sich. Unter dem Pseudonym „K.C. Crowe“ veröffentlichte der europäische Autor 2017 das erste Buch „Schwarzer Sand“ der Neuseeländer-Kriminalreihe und erfüllt den Lesern den Wunsch, Kriminalfälle in den exotischsten Ländern der Welt zu verfolgen. Der unbekannte Schriftsteller schreibt, neben seinen Kriminalromanen, außerdem Artikel für renommierte Zeitungen und Magazine. (Verlagsinfo)

Handlung

Inspektor Frank Parnell aus Auckland ist von seiner Partnerin Elizabeth verlassen worden. Aus Verzweiflung fährt er per Zug und Fähre 1370 km ans andere Ende von Neuseeland, nach Dunedin. In der Otago Bay gibt es dort schon Pinguine, die Antarktis ist vergleichsweise nah. Aber Parnell will keine Pinguine, sondern Whisky, um sich die Kante zu geben. Er steigt am Ende der Stadt im billigsten Backpacker-Hotel ab, das – wie könnte es anders sein? – „Black Penguin“ heißt. Dabei hat Pete, der freundliche Besitzer, nicht das geringste für diese Viecher übrig. Er sieht Frank an, was er braucht, und schickt ihn in eine finstere Spelunke.

Am nächsten Morgen hat Frank einen Kater so groß wie das Empire State Building, und einen Filmriss: Wieso erwacht er in einer Blutlache. Das Blut ist überall, verdammt. Kommt es von dem Backpacker in der oberen Koje? Nein, der schnarcht friedlich. Rasch zieht sich Frank frische Sachen aus seinem Koffer. Die Bullen sind schon da! Lieber unauffällig bleiben. Die Cops untersuchen ein Einzelzimmer, wo eine Koje voller Federn ist. Pinguinfedern, denkt Frank. Weil ihn die Cops rauswerfen, geht er zu Pete. In seinen Hosentaschen findet Pinguinfedern.

Pete weiß alles: Die junge Frau, die das Bett gebucht hatte, wird vermisst, hatte drei Wochen im Voraus – bar! – bezahlt und ging dann – na, was wohl? – auf Pinguin-Sightseeing. Eine Marianna Casey. Pete hatte sie zu seinem Kumpel Mike auf der anderen Straßenseite geschickt, der -was wohl? – Pinguin- und Dschungeltouren anbietet. Also folgt Frank seinem Instinkt und dieser Spur. Dass er weder Portemonnaie noch Handy in der Tasche hat, stört ihn ein wenig, aber ein Alki wie er schiebt solche trivialen Probleme auf die lange Bank. Mike bietet ihm eine Tour an, aber Frank sucht „ein Mädchen“. Er gibt sich als Privatschnüffler aus, aber Pete mag keinerlei Schnüffler und wirft ihn raus.

Er folgt der mutmaßlichen Fährte Marianna Caseys, und das führt ihn zu den Dünen, wo die Pinguine brüten. Am Rand der Dünen steht ein Holzbunker, in dessen Wände neben den üblichen Symbolen auch der Satz „Parnell war hier“ eingeritzt ist. Frank kann sich nicht daran erinnern. Sobald es Nacht wird, kehren die Pinguine vom Fischfang zurück. Zwei Lampen tauchen auf und verschwinden da, wo sich Sand und Dschungel treffen. Zwei Männer haben dort ihr Zelt aufgestellt. Als Frank sie belauscht, zählen sie Geld, das sie einer Tabaksdose entnommen haben: Tausender. Sobald sie weg sind, schnappt sich Frank die Gelddose und verschwindet.

Nach seiner Rückkehr erleichtert er die „Dokumentarfilmer“ um ihren Jeep, ihre Pistole und ihre Handys. Dann ruft er seine Assistentin Haromi in Auckland an und spricht ihr seine ganze Geschichte auf den Anrufbeantworter. Er weiß, dass nur sie seine Unschuld beweisen kann. Doch kaum steht er wieder vor der Herberge zum Schwarzen Penguin, legt sich eine schwere Hand auf seine Schulter: Zwei lokale Beamte der Kripo haben schon auf ihn gewartet. Eine halbe Stunde später weiß er ganz genau, dass ihn nur ein beherzter Sprung aus dem Fenster im ersten Stock der Polizeizentrale vor dem Knast oder dem Galgen bewahren kann…

Mein Eindruck

Parnells Geschichte ist die eines Kontrollverlusts mit anschließendem Missbrauch. Den Kontrollverlust mitsamt Filmriss zu erkennen, fällt Parnell, dem Betroffenen, nicht schwer. Die ganze restliche Handlung bezieht sich auf das Erkennen des Missbrauchs. Der Leser ist meist so daran gewöhnt, dass der Ermittler stets das Heft des Handelns in der Hand hat, dass er , wie Parnell, gar nicht auf die Idee kommt, der (vielleicht ganz so) wackere Ermittler könne selbst ein Spielball in einer Auseinandersetzung auf höherer Ebene sein.

Methoden

Es ist folglich schwierig, den weiteren Verlauf der Handlung zu beschreiben, ohne wichtige Details zu verraten, die die Spannung zerstören. Interessanter ist es vielleicht, die Methoden zu beschreiben, mit denen Parnell zur Erkenntnis gelangt. Kommissar Zufall ist immer ein fleißiger Mitstreiter, aber auch Assistentin Haromi trägt einen wichtigen alternativen Blickwinkel bei. Und schließlich gibt es immer die berühmte Beweiskette. Leider hält sich diese Lady stark zurück, so dass sich Parnell anfangs in Schleifen bewegt. Zweimal besucht er die Dokumentarfilmer, zweimal besucht er die Herberge zum Schwarzen Pinguin und zweimal muss er sich mit den Dorfpolizisten auseinandersetzen. Dass der Polizeipräsident selbst korrupt sein könnte, kommt ihm nicht in den Sinn.

Ein Hinweis

Marianna ist nicht irgendwer, sondern die Tochter des bekanntesten Multimillionärs von Neuseeland, der nicht ganz zufällig den Namen eines bekannten britischen Kriegsschriftstellers trägt: Alexander Kent jr. Er ist der Jochen Schweizer von Down Under, indem er Erlebnistouren anbietet. Nun will er auf einer aufgegebenen Antarktis-Insel ein neues Ferien- und Lustbarkeitsdomizil errichten und zieht sich damit den Zorn eines militanten Umweltschützers namens Clark McPettington zu.

Der Mann hat eine Sekte um sich geschart und befindet sich in einer sehr persönlichen Fehde mit Kent Jr., denn er glaubt, dass sein Sohn von Kents Schergen angefahren worden sei, so dass er jetzt im Rollstuhl sitzt. Der Sektenführer sucht immer nach Möglichkeiten, seinem Gegner diese Missetat heimzuzahlen. Und da kommt ihm ein versoffener Cop vor die Nase, der einen Filmriss erlitten hat – das ideale Werkzeug für einen Racheakt. McPettington braucht sich bloß als Kent auszugeben und alles läuft wie geschmiert…

Nebenfiguren

Die Nebenfiguren sind wirklich nur Staffage. All die Cops sind nur Pappnasen, die schon bald in der Versenkung verschwinden. Auch die Dokumentarfilmer und Gäste in der Bar gehören in diese Schublade, eine Ausnahme macht der Besitzer des „Schwarzen Pinguin“, der ziemlich genau beschrieben wird.

Die einzige Frau in der Mannschaftsaufstellung, Haromi, erleidet fast ein ähnlich trauriges Schicksal, denn ihr Aussehen wird nur flüchtig beschrieben, ihre wichtigsten Charaktereigenschaften sind, wie zu erwarten, Treue und Hilfsbereitschaft. Während des Showdowns auf der Antarktis-Insel gibt sie folglich den letzten Schuss ab, der das Duell entscheidet.

Zwischen ihr und Parnell knistert es zwar etwas erotisch, doch schnell macht ihr Parnell klar, dass sein gebrochenes Herz immer noch „Sister Gold“ gehört, der sehr blonden Ex, die ihm den Laufpass gegeben hat. (Über „Sister Gold“ hat die Band „America“ einen Song geschrieben, der wohl zum Namensgeber wurde.)

Die Übersetzung+

S. 43: Der Stil ist gewöhnungsbedürftig, denn häufig handelt es sich nur um Halbsätze. Was ist beispielsweise von folgender Konstruktion zu halten?

(Parnell hat die geritzten Buchstaben „Parnell war hier“ entdeckt.) „Sich der Hoffnung nicht hingebend, dass es sich bei einem weiteren Hinschauen tatsächlich nur um eine Halluzination seiner versoffenen Gehirnzellen entpuppte.“

S. 91: „Es war einer der beiden Männer, die ihm vor zwei Tagen den Zutritt in das blutverschmierte Zimmer der Vermissten verwehrt hatte[n].“ Da das Subjekt die Männer sind, muss auch das Verb im Plural stehen – und folglich ein N am Ende tragen.

S. 98: „weil ein letzter Rest Stolz noch i[h]n ihm steckte.“ Das eine H ist überflüssig.

S. 100: „Er öffnete sie mir der freien Hand.“ Geschickter wäre er MIT der freien Hand.

S. 103: „Parnells Gedanken hetzten im seinem Kopf hin und her.“ Sie würden besser hetzen, wenn sie IN seinem Kopf wären.

S. 109: „Er war sich auch so sicher.“ Gemeint ist: Er war sich ohnedies sicher.“

S. 133: „Walken tat, als hätte er Parnells Einschub nicht gehört.“ Einschübe finden in Texten statt, nicht in Dialogen. Dort redet man von „Einwürfen“ (wie beim Fußball).

S. 236: „Sie [Parnell] waren ein Geschenk des Himmels… Sie hatte[n] sich auch noch… in Mariannas Backpacker-Herberge eingemietet.“ Das N fehlt.

S. 244: „Alles Böse tief in eine[m] drin nach außen gekehrt.“ Das M fehlt.

Unterm Strich

Ich habe das Buch in wenigen Tagen gelesen, allerdings mit pausen. Dies ist ein Krimi, der wohl für Bahn- und Flugreisende geschrieben worden ist. Die dafür nötige Aufmerksamkeitsspanne ist aufgrund der kurzen Sätze denkbar niedrig. Die Sätze können auch aus Halbsätzen (s.o.) oder auch nur aus einem Wort bestehen. Dieser neuartige Stil erinnert eher an gewisse Comic Books und ist meilenweit von gedrechselten Sätzen entfernt, wie sie noch die Großmeister Hammett und Chandler zimmerten – und selbst die schrieben anfangs nur für Magazine wie „The Black Mask“. Auf jeden Fall ist der Stil optimal für das Schinden zahlloser leerer und halbleerer Buchseiten geeignet. Die zahlt der Leser natürlich mit.

Der Ermittler, der nach einem Filmriss für einen perfiden Racheplan missbraucht wird, ist die Figur, die wohl wenig sympathisch wirkt. Er erlaubt sich allerlei Vergehen wie etwa Raub und so weiter. Aber je mehr Parnells Kräfte zurückkehren, desto mehr wird klar, dass er das Herz immer noch auf dem rechten Fleck und immer noch alle fünf Sinne beisammen hat. Lustig ist seine Lage zu Anfang nur bedingt: Woher kommt das Blut, woher die vielen Pinguinfedern in seinen Kleidern, wer hat ihn zusammengeschlagen und ausgeraubt? So ein Cop hat’s heutzutage schwer.

Das einzige ernstzunehmende Thema des Krimis scheint die Umweltzerstörung zu sein. Sie macht auch vor Pinguinstränden und einsamen Inseln in der Antarktis nicht halt. Der „Bösewicht“ Alex Kent Jr., Mariannas Vater, will dort ein Touristenparadies errichten. Und wenn man sieht, was bereits bei den Pinguinen los ist, so kann man sich die Touristenströme gut vorstellen. Eine Kollegin war in Süd-Neuseeland und hat die Pinguinstrände besucht: Sie sind offensichtlich ein Must Have für die Fremden, und viele Einheimische profitieren von den Besuchern: Hotelbesitzer, Barbesitzer, Taxifahrer, die Bahn, die Fluglinien und viele mehr. Tourismus ist also ein Wirtschaftsfaktor. Der Krimi zeigt uns die dunkle Seite dieses Faktors. Es sind wir selbst.

Für die vielen Druckfehler gibt es Punktabzug.

Taschenbuch: 256 Seiten
Originalausgabe
ISBN-13: 9783548290270

https://www.ullstein.de/

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