Karin Kalisa – Fischers Frau

Er wird zwar „der Perser der Ostsee“ genannt, doch wer bisher noch nie von Fischerteppichen gehört hat, dem sei an dieser Stelle verziehen und stattdessen Karin Kalisas Roman „Fischers Frau“ ans Herz gelegt. In der Neuerscheinungen des Droemer Verlags werden diese unscheinbaren bis biederen Teppiche, die „nichts darstellen wollen, als sie sind“, zum Star eines Romans.

Tatsächlich ist wenig bekannt, dass die Ostsee in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts so überfischt war, dass ein dreijähriges Fangverbot für Hering ausgesprochen werden musste, welches die Fischer ihres einzigen Einkommens beraubte. Wer Netze knüpfen kann, der muss auch Teppiche knüpfen können, dachte man sich, und so wurden ganze Fischerfamilien im Rahmen dieser Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom Österreicher Rudolf Stundl zu Teppichknüpfern ausgebildet, welche die Motive ihrer Umgebung in das Handwerk einfließen ließen. Die als Gebrauchsteppiche gefertigten Stücke, sind schnell zu Liebhaberobjekten geworden, die man sich gern an die Wand hängt statt sie auf dem Boden zu zertreten.

In diese historisch verbürgte Geschichte knüpft Karin Kalisa die Geschichte der ehemaligen Fälscherin und studierten Faserarchäologin Mia Sund ein. Diese kennt sich aus mit Fäden, Farben und Motiven und hatte sich ihrem Fälscherdasein entschlüpft gerade in einem durchschnittlichen Leben eingerichtet, als eine mögliche Fälschung eines Fischerteppichs auf ihrem Bürotisch landet und ihre unscheinbare Existenz durcheinanderwirbelt wie das Leben der Knüpferin des einmaligen Kunstwerks, das so viel grüner und schillernder daherkommt als seine Kollegen von der Ostsee. Der eingewebte Namen der Künstlerin „Nina“ bringt Mia schließlich auf eine Spur, die zunächst nach Zagreb und schließlich nach Skandinavien führt.

Dabei werden nicht nur Ninas, sondern auch Mias Lebensgeschichte nach und nach entknotet, wobei klar wird, dass das Leben der Geschichten erzählenden Knüpferin nicht unbedingt fadengenau so abgelaufen sein muss, sondern zum großen Teil der Intuition Mias entspringt. Eine Geschichte wie sie außergewöhnlicher und märchenhafter kaum sein könnte: sie beginnt auf einem Schloss in Spanien, entwickelt sich in Zagreb weiter, führt nach Greifswald, wo Nina gerade noch vor dem absolut realen Bösen der Nazizeit nach Schweden entkommt. Die sich immer auf dem Weg befindende Scheherazade der Fischerhütten, der Namen eben sowenig bedeuten wie Mia, scheint fast einem Traum entsprungen zu sein. Tatsächlich erinnert der Erzählstil an Magischen Realismus. Karin Kalisa und ihre Protagonistin Mia Sund vermischen dabei ganz bewusst und selbst-reflektierend Realität und Fantasie und schaffen eine echte Geschichte, die nicht wahr sein muss, aber wahr sein kann. Wunderbar eingebaut die ganz unaufgeregten Liebesgeschichten und ein leises Happy End.

Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
ISBN-13: 978-3426282090
https://www.droemer-knaur.de/verlag/droemer

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