Trivial Pursuit ohne Grenzen des Geschmacks
Jeder kennt das Guinness-Buch der Rekorde. Bei vielen Lesern hinterlässt diese Sammlung seltsamer Weltrekorde ein Gefühl der Enttäuschung. Der Grund: Zu viel Sport und zu wenig Spinnereien werden präsentiert. Anders dagegen ist „Das Lexikon der Geschmacklosigkeiten“: Hier geht es um die zwölf ekelhaftesten Getränke aller Zeiten, die acht grausamsten römischen Kaiser oder zehn kreative Verwendungsmöglichkeiten für Formaldehyd. (Amazon.de)
Der Autor
Weitere Werke von Karl Shaw sind:
The Mammoth Book of Losers
Royal Babylon
Mad, Bad, And Dangerous to Know
The First Showman
Tasteless and Outrageous
5 People Who Died During Sex
Deadly & Dangerous: Kings and Queens
10 Ways to Recycle a Corpse
Curios Hiccups With Small Fires
Giant Bathroom Reader
The Mammoth Book of OddBalls and Eccentrics
und so weiter.
Sie sind alle im Kindle-Shop zu erwerben.
Inhalt
Geschmacklosigkeit und vor allem Mangel an Taktgefühl machen bekanntlich vor keiner Schranke halt, und schon gar nicht vor dem gewissen Örtchen. „Auftritt & Abtritt“ ist dementsprechend konsequent der erste Teil benannt. Wer schon immer mal wissen wollte, welche spektakulären Abgänge sich auf dem Abort ereigneten – in dieser Liste der unnötigen Wissensleckerbissen wird er fündig.
Die weiteren Teile sind betitelt mit „Speis & Trank“, „Kunst & Unterhaltung“, „Gesundheit & Schönheit“, „Heilige & Sünder“, „Dies & Das“, „Verbrechen & Bestrafung“ sowie zu guter Letzt – der wahre Jakob – „Unappetitliches & Ekelerregendes“.
Über die Einordnung und Betitelung lässt sich jedoch trefflich streiten. So erwartet der Leser unter der Überschrift „Liebe kann ja so wehtun“ vielleicht Herzschmerz-Stories und Horrorgeschichten von Vaginalkrämpfen. Weit gefehlt! Sechs der zehn Meldungen befassen sich mit der gewaltsamen Beschädigung oder Entfernung der männlichen Geschlechtsteile (man erinnert sich an Loreena Bobbit). Die restlichen Meldungen betreffen die Bestrafung von Ehebrechern sowie die Verhinderung von Vergewaltigungen vermittels technischer Vorrichtungen, die beträchtliche Schmerzen hervorrufen dürften. Der Keuschheitsgürtel ist davon noch die harmloseste Vorrichtung.
Nach der Lektüre mehrerer Listen fällt eine gewisse Konzentration auf zwei Bereiche auf: 1) die USA bis zum Jahr 1994 und 2) sämtliche adeligen Häuser der Welt von der Antike bis heute. Das kommt sicherlich der Faszination des demokratiegeschädigten Amerikaners für Blaublütige entgegen, findet aber in Europa wohl weniger aufgeregte Begeisterte. Immerhin bilden auch Meldungen darüber, was alles zum Patent angemeldet werden sollte, Anlass für herzhafte Lacher und erstaunt erhobene Augenbrauen.
Ein wertvoller Hinweis?
Aus Amazon.de: „Der Mörder Kaiserin Elisabeths („Sissi“, 1837-1898) hieß Luigi Lucheni und nicht Luigi Lenchini und hat die Kaiserin deshalb [1898 in Genf] ermordet, weil er eigentlich den Prinzen von Orleans töten wollte, dieser aber nicht kam. Nicht, wie fälschlich in diesem Buch behauptet wird, er habe sich die Fahrkarte nach Rom nicht leisten können, nein, er wollte eigentlich König Umberto II ermorden.“ Was denn nun: den Prinzen oder den König?
Unterm Strich
Die Themen sind sicherlich durchweg interessant, zuweilen rutscht einem doch ein verblüffter Lacher aus der Kehle. Es dürfte sich aber wohl niemand vor Vergnügen auf dem Boden wälzen. Die Auswahl ist für den deutschen Leser durchaus fragwürdig, es sei denn, er sei amerikanophil oder ein Fan aller Königshäuser in Ost und West. Fanatische Spieler von „Trivial Pursuit“ dürften sich hier hingegen in ihrem Element fühlen. Ansonsten gilt: ideal für das stille Örtchen und zum Verschenken an humorvolle Leute.
Taschenbuch: 464 Seiten
Originaltitel: Info: The mammoth book of tasteless lists, 1998
Aus dem Englischen von Bea Reiter.
ISBN-13: 978-3453180987
www.heyne.de
Der Autor vergibt: