Katharina Kramer – Die Sprache des Lichts

Es ist 1582 und das christliche Europa aufgrund der Reformation in katholische und protestantische Christen gespalten, wobei die protestantischen Herrscher im südfranzösischen Bearn an der Grenze zu Spanien so radikal sind, dass sie alles bei Todesstrafe verbieten, was den Menschen Vergnügen bringen könnte. Es ist die Zeit der Spione, der Alchimisten und der Hexenverbrennungen auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Zeit technischer Entwicklungen und wissenschaftlicher Entdeckungen. Es ist auch die Zeit derer, die so wie der englische Hofastronom John Dee auf der Suche nach der Ursprache Gottes sind. So gerät der sprachbegabte, aber naive und unerfahrene Lateinlehrer Jacob Grewe aus der behüteten Welt der Internatsschule für Knaben in Pforta als polyglotter Code-Knacker und vermutlicher Spion zwischen die Fronten der Religionskriege. Dabei macht er die Bekanntschaft von Edward Kelley, seines Zeichens gewiefter Betrüger und talentierter Chemiker, sowie der sprachlich talentierten Spionin Margaréte Labè, die auf Jacob angesetzt wird.

In ihrem Debütroman “Die Sprache des Lichts” entführt die deutsche Journalistin und Autorin Katharina Kramer nicht nur in die historische Welt des ausgehenden 16. Jahrhunderts, sondern auch in die Welt polyglotter Sprachgenies. Während Margaréte sich ihre zahlreichen Sprachen durch ein relativ normales Studium aneignen musste, hat Jacob ein fein geschliffenes Gehör und sieht Töne als Farben und Muster. Dabei vergisst er alles um sich herum und kann so neue Sprachen und Dialekte mühelos annehmen, Ja, er kann sogar eigene Sprachen entwickeln, was ihn auf dem Höhepunkt des Buches beinahe als Ketzer auf den Scheiterhaufen bringt. Wer also Fremdsprachen mag, wird an diesem Buch seine besondere Freude haben.

Der Roman wechselt in der Perspektive zwischen Jacob und Margaréte, die sich schließlich in ihn verliebt, hin und her. Dieser Perspektivwechsel zeigt dem Leser weitere interessante Fakten über das Leben im ausgehenden Mittelalter, als Frauen in der Hierarchie zwar unter den Männern standen, aber dennoch Zugang zu Bildung und Ausbildung hatten, sowie in Handwerksberufen erfolgreich mitarbeiteten. Beispielsweise kann die Tischlerstochter Margaréte wesentlich schneller Bretter zusammennageln als ihre männlichen Helfer wie z.B. das Mechanikergenie John Dee. Dennoch entwickelt sich keine Liebesromanze, wie man sie vielleicht vorhersehen würde.

In „Die Farben des Lichts“ steht den ungewöhnlichen Protagonisten buchstäblich die ganze Welt offen. Ihre Suche nach Erkenntnis und schließlich einem sicheren Platz zum Leben führt sie von Deutschland, über England, nach Südfrankreich und von dort in den damaligen internationalen Melting-Pot Prag. Am Ende des Buches soll es gar bis Amerika weitergehen. Doch nicht für Margaréte, die inzwischen eine Zeichensprache erfunden und ihre Berufung als Lehrerin gefunden hat. Sie bleibt in Prag, auch weil sie ein Kind erwartet. Jacob und Edward hingegen, die sich im Sinne von Platons Kugelmenschen ebenfalls perfekt ergänzen, ziehen aus zu neuen Abenteuern.

Diese ungewöhnliche Dreiecksbeziehung zwischen Margaréte, Jacob und Edward ist so modern wie erfrischend und nur ein weiterer Grund dafür, dass „Die Sprache des Lichts“ nie langweilt. Ein Personenverzeichnis und ein Glossar mit Worterklärungen ergänzen den Roman und selbst die kapitelweise dargebrachten Fakten zum historischen Hintergrund des Buches liest man noch mit Interesse und dem Gefühl nicht nur gut unterhalten zu werden, sondern auch an Wissen hinzuzugewinnen. Dieser historische Roman der besonderen Art ist gut recherchiert und spannend. Er könnte sogar der passende Stoff für einen actionreichen Kostümfilm sein und wurde jetzt vom Droemer Verlag auch als Taschenbuch herausgegeben.

Taschenbuchausgabe: 496 Seiten
ISBN-13: 978-3426307816
https://www.droemer-knaur.de/verlag/droemer

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