Raymond Khoury – Scriptum (Lesung)

Das „Geheimnis“ der Templer: Religionen, versöhnt euch!

Eine Ausstellungseröffnung in New York City gerät zu einem grausigen Blutbad. Vier Reiter – gekleidet in die Roben der Tempelritter – entwenden neben Kostbarkeiten des Vatikans auch ein unscheinbares, verwittertes Holzkästchen. Ein Fall für FBI-Agent Sean Reilly. Zusammen mit der jungen Archäologin Tess taucht er ein in die geheimnisvolle Geschichte des Templerordens. Eine dramatische Jagd nach einem sagenumwobenen Schatz beginnt – voll Neid, Verrat und Tempo. (abgewandelte Verlagsinfo)

Hinweis

Das lateinische Wort „scriptum“, abgeleitet von „scribere“, bedeutet übrigens lediglich „das Geschriebene“ und meint nicht nur ein gebundenes Buch oder ein Pergament, sondern alle Dokumente, die das geschriebene Wort bewahren, also auch Grabinschriften (Epitaphe) und dergleichen.

Der Autor

Raymond Khoury war zunächst Architekt, bevor er sich als Drehbuchautor international einen Namen erwarb. „Scriptum“ ist sein Debütroman und wurde ein Bestseller. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern in London und schreibt an seinem zweiten Buch.

Der Sprecher

Heikko Deutschmann, geboren 1962 in Innsbruck, war nach seinem Schauspielstudium Ensemblemitglied an der Berliner Schaubühne, am Hamburger Thalia Theater, im Schauspiel Köln und Schauspielhaus Zürich. Mittlerweile ist er in zahlreichen Film- und Fernsehrollen zu sehen gewesen, so etwa „Der Laden“, „Operation Rubikon“, „Der Aufstand“ oder „Die Affäre Kaminski“.

Der Text wurde von Moritz Wulf Lange gekürzt und bearbeitet. Regie führte Torsten Feuerstein, für Ton und Schnitt waren Jean Szymczak und Thorsten Weigelt vom Tonstudio P4 zuständig.

Handlung

Anno 1291 geht in der Schlacht um die Festung Akkon das Königreich der Kreuzfahrer unter. Akkon ist die letzte Burg, die den anstürmenden Sarazenen unter Saladin trotzen konnte, doch nun ist das äußere Tor gefallen und das Ende ist nur eine Frage von Stunden. Templer und Johanniter befinden sich auf dem Rückzug in die innere Burg. Martin de Carmot wird mit Aymard de Villiers Zeuge, wie es mit Großmeister Beaujeux zu Ende geht: Ein Pfeil steckt in seiner Seite. Er erteilt ihnen einen wichtigen Auftrag. Der Marschall de Servais übergibt ihnen ein unscheinbares Holzkästchen, und sie eilen damit zum letzten Schiff, das den Hafen verlassen soll: die „Faulcon du Temple“.

Doch die Fahrt der beiden Geheimniswahrer steht unter einem Unstern. In einem schweren Sturm droht das Schiff zu sinken. Martin weiß inzwischen, dass sich in dem Kästchen noch etwas anderes befindet. Die kleine Schatulle verstecken der Kapitän und Aymard in der Galionsfigur. Nachdem Martin und die Männer ins Beiboot gestiegen sind, versinkt das Schiff in den Fluten.

Sie landen glücklich an der kleinasiatischen Küste und gelangen in ein verlassenes Dorf. Nur eine einzelne Weide steht an dem verlassenen Brunnen und neben der zerstörten Kirche. In einem Grab mit der Inschrift „ROMITI“ verbirgt der verletzte Aymard dort einen zweiten Teil des geretteten Schatzes der Templer. Bevor er stirbt, übergibt er Martin de Carmot einen Brief, der ihn nach Frankreich bringen soll. Doch dort wird bereits die Zerschlagung des allzu mächtig gewordenen Ordens betrieben.

Am Freitag, den 13. Oktober 1307, dringen überall in Frankreich Truppen des Königs in die Burgen des Ordens ein, mit dem Segen des Papstes. Doch weder Gold noch Juwelen werden gefunden und so bleibt der König weiterhin tief verschuldet – wo ist der Schatz? Im März 1314 wird Martin de Carmot Zeuge der Hinrichtung des letzten Großmeisters auf dem Scheiterhaufen. Die letzten Worte des mächtigen Mannes verfluchen den König und den Papst. Nun weiß Martin, dass er eine Mission hat, um diese Worte wahr werden zu lassen und das Geheimnis des Ordens für die Nachwelt zu sichern …

Die Gegenwart

Es ist ein großer Abend für die Stadt New York City: Das Metropolitan Museum hat eine Ausstellung wertvoller Stücke aus den Archiven des Vatikan organisiert und die Spitzen der Gesellschaft eingeladen. Selbstredend ist auch der Bürgermeister den roten Teppich hinaufgegangen, unter dem Blitzlichter der Fotografen und den neugierigen Kameras der Fernsehleute. Seine Frau sieht heute besonders betörend aus. Die Archäologin Tess Chaykin kommt sich neben diesem Glanz wie eine graue Maus vor. Sie will die Ausstellung mit ihrer Tochter Kim und Mutter Eileen besuchen, da sagt Kim, sie müsse mal. Tess’ Mutter bringt Kim zu den Toiletten.

Da wird der Ablauf der Eröffnungsfeier erheblich gestört. Vier Reiter in Gewandungen der Tempelritter tauchen aus dem Central Park auf. Zunächst meint man, es handle sich um einen Teil der Show. Wow, gar prächtige Ritter sind sie in ihren Kettenpanzern, polierten Helmen, den weißen Mänteln mit dem roten Kreuz darauf, und die Pferde haben sie ausgezeichnet in der Gewalt, obwohl die Menge jeden normalen Gaul durchgehen lassen würden.

Nur ein Sicherheitsmann bekommt Bedenken, als die Ritter die Treppe hochtraben. Sein Stoppsignal wird abrupt beendet, als einer der Ritter sein Schwert zieht, es hoch empor reckt – und ihm dann mit einem einzigen Hieb den Kopf abschlägt. Geschockter Stille folgt ohrenbetäubende Panik. Das Durcheinander nutzen die Ritter, um den Haupteingang zu erstürmen, bevor die Polizei anrückt. Mehr Chaos, mehr Tote.

Tess hat sich gerade über eine der Vitrinen gebeugt, als der Aufruhr sie aufsehen lässt. Vor den schwertschwingenden Rittern geht sie in Deckung, zumal diese nun auch noch Pistolen und Uzis ziehen und abfeuern. Die Vitrinen werden systematisch geplündert, Figuren gehen zu Bruch. Der vierte Ritter scheint das Kommando zu haben, denn er schießt nicht, sondern hat es nur auf eine einzige Vitrine abgesehen: die mit einem unscheinbaren Holzkästchen, aus dem kleine Tasten und Hebel herausragen. Es ist auf das 16. Jahrhundert datiert. Das findet Tess als Archäologin seltsam: Warum sollte sich ein Ordensritter aus dem 13. Jahrhundert für ein Artefakt des 16. Jahrhunderts interessieren? Und warum sagt er den lateinischen Leitspruch der Templer auf: „Veritas vos liberabit“ (die Wahrheit wird euch frei machen)?

Mit der Frau des Bürgermeisters als Geisel gelingt es den Raubrittern, der Polizei zu trotzen und unerkannt in den Central Park zu entkommen. Tess ist überglücklich, dass während des ganzen Aufruhrs ihre Tochter und ihre Mutter nicht zu Schaden gekommen sind. Kaum hat sie dem FBI ihre Zeugenaussage gegeben, darf sie verschwinden.

Die Jagd beginnt

Special Agent Sean Reilly, 38, arbeitet mit der New Yorker Polizei zusammen, um die Raubritter ausfindig zu machen. Am besten geht dies natürlich dergestalt, dass man die Ausstellungsstücke verfolgt, die sicher schon bald auftauchen werden. Und in der Tat taucht schon bald ein Mann mit hohen Spielschulden auf, der bei einem Antiquitätenhändler ein goldenes und juwelenbesetztes Kreuz loschlagen will. Der Händler alarmiert die Polizei, welche wiederum Reilly und sein Team einbezieht. Am nächsten Tag wartet auf den Dieb eine Falle. Leider stellt sich heraus, dass die Falle sehr schlecht getarnt ist …

Tess treibt das Rätsel des Kästchens um. Sie befragt ihren beim Überfall verwundeten Kollegen Clive und erhält den Hinweis, dass es sich offenbar um eine Rollenchiffriermaschine handelt, sozusagen die „Enigma“ des 16. Jahrhunderts. Wow, cool! Kryptografie – Tess ist fasziniert. Und verwirrt, denn angeblich sollen solche Maschinen erst um 1940 erfunden worden sein. Sie muss einen Experten befragen.

Unterdessen beugt sich ein alter Mann in einem schlecht beleuchteten Keller über das Kästchen und beginnt mit der schwierigen Arbeit, einen Brief aus dem 13. Jahrhundert zu dechiffrieren. Es werden sechs dicht beschriebene Seiten. Als Tess sie endlich – bei dem gesuchten Experten – zu Gesicht bekommt, weiß sie zunächst nicht, was sie davon halten soll. Doch die Umstände lassen ihr keine Zeit für Fragen. Schüsse fallen, und sie muss in den New Yorker Untergrund flüchten.

In Rom eilt Kardinal Mauro Brugnone heimlich in eines der zahllosen Archive des Vatikans und findet heraus, worum es sich bei der Rollenchiffriermaschine in Wahrheit handelt. 1291, der Fall von Akkon, die vermaledeiten Templer – nun tauchen sie wieder auf. Sie dürfen das Gerät auf keinen Fall einsetzen!

Der Kardinal schickt den Jesuiten Monsignore de Angelis nach New York, der sich der Ermittlergruppe um Sean Reilly anschließt. Dort wird sein fachlicher Rat sehr begrüßt. Doch wenn der richtige Moment gekommen ist, wird de Angelis sein wahres Gesicht zeigen …

Mein Eindruck

An der Struktur des Thrillers fällt der symmetrische und fein ausgetüftelte Aufbau auf. Der oben skizzierte Handlungsstrang, der aus dem Blickwinkel Martin de Carmots erzählt wird, wird nämlich keineswegs an einem Stück wiedergegeben, sondern lediglich häppchenweise. Je mehr Tess, die eigentliche Heldin des Buches, sich dem zentralen Geheimnis nähert, desto mehr erfahren wir über die schicksalhafte Reise Martins. Die Bewegung verläuft parallel. Sie deutet an, dass es solche Reisen zu allen Zeiten gegeben hat – das Vergangene ist lebendig. Der O-Titel besagt nicht, ob der „last templar“, der letzte Templer, ein Mann oder eine Frau ist …

Gen Osten

Schließlich reichen Tess ihre Entdeckungen, die sie in New York City gemacht hat, nicht mehr aus und sie muss nach Kleinasien reisen. Doch natürlich nicht nach Jerusalem oder Akkon, sondern dorthin, wo Martins Reise endete: in der heutigen Westtürkei, an der kleinasiatischen Küste. Es gab nämlich einen mittelalterlichen Geografen am Hofe des Königs von Sizilien, einen Araber namens al-Idrisi (der die Hauptfigur in einem weiteren kürzlich veröffentlichen Mystikthriller bildet). Er beschrieb die Reisewege der Kreuzfahrer sowie etliche Ortschaften in Kleinasien, z. B. jenes Dorf mit der Weide am Brunnen: Bir Safsaf.

Unter die Oberfläche

An jenen Ort also, wo das Grab von ROMITI liegt, führt Tess ihre Reise, allerdings in Begleitung von Reilly, den sie einfach nicht abschütteln kann. An dieser Station ihrer gemeinsamen Suche hält der Autor einige Überraschungen bereit, meistens ziemlich übler Art. Warum sollte das Geheimnis schließlich nur einem der insgesamt drei Sucher in die Hände fallen? Die nächste Station ist noch wesentlich gefährlicher: Bekanntlich liegt die Galionsfigur auf dem Grund des Meeres …

Der philosophische Kern

Doch wesentlich wichtiger als die gewohnten und routiniert ausgeführten dramaturgischen Tricks eines Thrillers à la „Sakrileg“ scheint mir die philosophische Tiefe des Romans zu sein. Es wird schon im Vorfeld des Finales mehrfach angedeutet, worin der „Schatz“ der Templer besteht. Es handelt sich weder um Gold noch Geschmeide, sondern um etwas viel Gefährlicheres: ein Buch.

Dieses Buch hatte der Mission der Templer im 13. Jahrhundert zu dienen, jener Mission, mit der sie scheiterten. Sie wollten die Weltreligionen der Christen, Juden und Muslime miteinander versöhnen. Und wäre es ihnen gelungen, so würde die Welt heute ganz anders aussehen – und wesentlich friedlicher, dürfte man annehmen. Es hätte keinen 11. September 2001 gegeben, keine Terroanschläge, keinen Irak- und keinen Afghanistankrieg.

Alle diese Schrecken werden im Roman angesprochen. Tess und Reilly diskutieren darüber, auch mit De Angelis und Vance. Diese beiden jedoch sind unversöhnliche Gegner: Vance bekämpft den Vatikan, u. a. mit dem Geheimnis der Templer, de Angelis will seine Herren mit allen Mitteln verteidigen – der Hass macht beide konservative Seiten unversöhnlich.

Die Bombe in der Hand

Unverhofft hält Tess, unsere selbständig denkende und handelnde Heldin, den Schlüssel in den Händen, der sowohl die Versöhnung der Weltreligionen als auch den Untergang der römisch-katholischen und griechisch- bzw. russisch-orthodoxen Kirchen zur Folge hätte. Was soll sie wählen? Wie soll sie mit einer solchen Verantwortung, ja, mit einer solchen Waffe umgehen? Sie ist lediglich Archäologin, keine Philosophin. Und kein Plato oder Sokrates in Sicht.

Was die männlichen Leser bzw. Hörer beruhigen dürfte: Sie fragt den wackeren Reilly, der knapp dem Tode entronnen ist. Es ist ein höchst interessanter Dialog. Sie wissen von Vance, dass es nicht bloß vier Evangelien gibt, sondern noch viele weitere, die man u. a. in Nag Hammadi fand: das von Thomas, von Philippus und schließlich sogar das von Judas. Sie alle belegen die Berechtigung der Gnosis, die besagt, dass man die Erkenntnis Gottes in sich selbst und ohne Vermittlung einer Kirche finden könne. Die Gnostiker wurden 323 n. Chr. durch das Konzil von Nizäa zu Häretikern erklärt, ihre Schriften weitgehend vernichtet. Also gibt es keine Augenzeugenberichte aus der Zeit des Jehoschua von Nazareth mehr. Oder vielleicht doch? Was wäre, wenn der Mann, den man später Jesus nannte, selbst ein Tagebuch geführt hätte?!

Warten oder Handeln?

Schon ein Fitzelchen dieses Jesus-Evangeliums könnte Reiche ins Wanken bringen. Das wird den beiden klar. Sie können nicht warten, bis Experten die Echtheit des Dokuments bestätigt haben. Es würde sofort unterdrückt werden. Denn jede der Weltreligionen würde alles daran setzen, diese Bedrohung ihres Fundaments zu beseitigen. Womöglich sogar die Mitwisser: Sean und Tess!

Zum Glück wird den beiden ihre schwere Entscheidung von den Kräften des Konservativismus abgenommen. Das könnte natürlich als eine bequeme Lösung für das Problem sowohl der beiden Helden als auch des Autors aufgefasst werden. Aber es ist die einzige Lösung, die die Welt bei dem belässt, was sie ist: ein Schauplatz für den „Kampf der Kulturen“.

Der Clou

Am Schluss steht die Verbrennung des Pariser Großmeisters der Templer. Martin de Carmot wird wie gesagt Zeuge des grausigen Geschehens. Doch mit einem der letzten Sätze deutet der Autors etwas Ungeheures an. Was machten die neun Gründungsritter des Templerordens neun Jahre lang in den Ruinen des Tempelberges zu Jerusalem? Es gab keine Feinde, die sie zu verjagen hatten und noch kaum Pilger, die sie zu beschützen hatten.

Der Autor deutet an, dass sie an einem Buch schrieben, welches die Welt in ihrem Sinne vereinen würde … Und wenn es einfache Ritter tun können, so können es die vier orthodoxen Evangelisten gleich zweimal, die ihre Storys zum Teil Jahrhunderte nach Jesu Tod verfassten – nicht auf Aramäisch, der Sprache des Jehoschua, sondern auf Griechisch! Ist die Geschichte also eine Fälschung?

Die Übersetzung

Die Übersetzung, die von nicht weniger als drei Fachkräften angefertigt wurde, kann ich als kompetent bezeichnen. Nur an einer Stelle stutzte ich. Wieso sollten die „Monitore“ in einem Krankenzimmer piepsen? Doch wenn es sich nicht um Fernseh-Monitore handelt, was könnte es denn sonst sein? Wenn man aber weiß, dass ein englischer „monitor“ auch ein beliebiges Überwachungsgerät, ja, sogar ein Mensch sein kann, so ergibt sich die Lösung des Rätsels: Es piepsen nicht Bildschirme, sondern die Geräte, die Clive Edmundsens Lebensfunktionen (Clive ist Tess’ verletzter Kollege, s.o.) überwachen. Hier – und nur hier – haben die Übersetzer nicht sauber gearbeitet.

Der Sprecher

Heikko Deutschmann hat schon mehrfach die Wandlungsfähigkeit seiner Stimme unter Beweis gestellt, so etwa in „Reise im Mondlicht“ und [„Die Pendragon-Legende“ 2135 von Antal Szerb. Mit dieser Flexibilität fällt es ihm leicht, die einzelnen Figuren zu charakterisieren und unverwechselbar zu machen. Für die weiblichen Rollen hat er natürlich eine höhere Tonlage reserviert als für die männlichen. Erstaunlich ist es immer wieder, wie hoch seine Stimme dabei kommt. Dadurch fällt es dem Zuhörer leicht, Tess unter dem Haufen sie umgebender Männer auszumachen.

Und jede Menge männlicher Rollen gibt es durchaus. Das fängt schon damit an, dass die Tempelritter in der Eröffnungsszene unter sich sind. Der Großmeister röchelt, während er in den letzten Zügen liegt. Eine weiterer alter Mann hat eine ähnliche raue und heisere Stimme: Es ist William Vance, ebenfalls ein Archäologe, ein Experte für die Phönizier – und ein Mann, für den Tess einmal etwas empfunden hat, obwohl er wesentlich älter ist als sie.

Die maskulinste Stimme gehört selbstredend Tess’ „love interest“ Sean Reilly, dem fähigen FBI-Agenten, der ihr durch Dick und Dünn folgt und sie verteidigt. Seine Gegenspieler sind eindeutig sowohl Vance als auch de Angelis, der sich als Wolf im Schafspelz entpuppt. Aus de Angelis’ sanfter Redeweise wird die Stimme eines skrupellosen Mörders, eines Soldaten der Kirche.

Eine Stimme hat mir besonderen Spaß gemacht: die Reporterin, die am Anfang der ersten New-York-Szene von der Ausstellungseröffnung berichtet. Deutlich kommt ihr schnöseliges Getue zum Ausdruck, mit dem sie empathisch den Einzug des Bürgermeisters und seiner wunderschönen Gattin kommentiert, als handle es sich um den Einzug der Gladiatoren.

Über Musik und Geräusche verfügt diese Lesung nicht, so dass ich sie nicht weiter zu erwähnen brauche.

Unterm Strich

Das ganze – durchaus spannende und actionreiche – Brimborium der Thrillerhandlung à la „Sakrileg“ sollte den Leser bzw. Hörer nicht über die eigentliche Botschaft des Autors hinwegtäuschen. Er legt den Verdacht nahe, dass alle Evangelien Fälschungen sein könnten, die den Interessen der jeweiligen Kirche dienen. Und dass es obendrein jederzeit möglich sei, ein neues Evangelium zu schreiben oder „auszugraben“, das dem Glauben eine neue Richtung geben könnte.

Diese „neue“ Richtung haben laut Autor die Templer im 13. Jahrhundert vorgehabt: die Versöhnung der drei Weltreligionen des Christentums, des Judentums und des Islam. Dies ist der Kern des Buches, der heutzutage umso aktueller ist, je schärfer der „Kampf der Kulturen“ ausgetragen wird – überall auf der Welt, wo die drei Weltreligionen aufeinander treffen, sei es im Irak oder in Berlin-Kreuzberg.

Diese sehr begrüßenswerte Botschaft scheint mir jedoch durch eine Reihe von Lücken in der Abfolge der Ereignisse in Misskredit gebracht zu werden. Diese Lücken können jedoch sowohl auf das Konto der Kürzung des Hörbuchs gehen als auch auf meine Unaufmerksamkeit. Deshalb empfehle ich, die Buchvorlage genau und aufmerksam zu lesen, falls man an diesem philosophischen Kern des Buches interessiert ist. Alle anderen können sich an Spannung und Action gleichermaßen erfreuen, wenn sie das Buch lesen oder das Hörbuch hören.

Originaltitel: The Last Templar, 2005
Aus dem Englischen übersetzt von Susanne Goga-Klinkenberg, Anja Schünemann und Ulrike Thiesmeyer
388 Minuten auf 5 CDs

Siehe auch unsere [Rezension 2138 zur Buchfassung|

http://www.der-audio-verlag.de/

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