Der Drachenmagier Krasus, die „humanoide“ Manifestation des uralten Drachen Korialstrasz, fühlt es als Erster: Etwas Unheilvolles greift nach der Wirklichkeit. Während er seinem Schüler, dem menschlichen Magier Rhonin, eine telepathische Botschaft schickt, um mit ihm gemeinsam der Bedrohung auf den Grund zu gehen, spüren auch die Orks das Nahen einer großen Gefahr und schicken den erfahrenen Veteranen Broxigar auf die Suche.
Als die Helden der Störung nahe kommen, werden sie durch einen dimensionalen Riss in die ferne Vergangenheit Kalimdors geschleudert, in eine Zeit, als die Quelle der Magie noch existierte und die Nachtelfen ein starkes Volk waren, als es weder Menschen noch Orks gab und die fünf machtvollen Aspekt-Drachen wohlwollend und kraftvoll der Schöpfung gegenüberstanden, sie noch nicht versklavt worden waren und „Neltharion, der Wächter der Erde“, noch nicht „Deathwing, der Zerstörer“ genannt wurde, in eine Zeit, kurz bevor die Brennende Legion zum ersten Mal über Kalimdor hereinbrach.
Broxigar gerät in die Gefangenschaft der Nachtelfen, für die der Ork nicht mehr als ein unbekanntes Tier ist, während Krasus und Rhonin unfreiwillige Gäste des weisen Waldgottes Cenarius werden.
Die junge elfische Priesterin Tyrande erkennt in Broxigar ein intelligentes Wesen und befreit ihn mit Hilfe ihres Freundes Malfurion Stormrage, eines Nachtelfen, der – von seinem Volk belächelt und verachtet – den „Weg des Druiden“ einschlug und zum Schüler Cenarius‘ wurde. Unterstützung erfahren die beiden durch Malfurions Zwillingsbruder, den Kriegsmagier Illidian, welcher selbst nach einer Prophezeiung eine wichtige Rolle in der Geschichte der Nachtelfen spielen wird.
Unterdessen weben in der Hauptstadt der Elfen Magier unter Führung Xavius‘, des korrupten, bösen Beraters der eitlen Königin Azshara, an einem Zauber, der ein Portal zur dämonischen Sphäre der Brennenden Legion öffnet, damit der Herr der Legion seine todbringenden Boten nach Kalimdor entsenden kann, auf dass sie sein Kommen der Welt offenbaren. Gleichzeitig werden die in ihrem Wesen magischen Nachtelfen in Folge des Rituals von der Quelle ihrer Macht und Magie abgeschnitten.
Krasus, der in der Vergangenheit nicht in der Lage ist, sich in seine Dracoform zu transformieren, macht sich auf die Suche nach den anderen Drachen, um sie eindringlich vor der Gefahr, die der Welt durch die Verzerrung der Wirklichkeit und die Ankunft der Brennenden Legion droht, zu warnen, während Rhonin, Tyrande und die beiden Brüder ihren Kampf gegen die Vorhut der Dämonen und den verschlagenen Xavius organisieren.
Dass der Autor sein Metier beherrscht, konnte er in zahlreichen Büchern unter Beweis stellen. „Die Quelle der Ewigkeit“ ist ein klassischer Sword-&-Sorcery-Roman. Mächtige Magier, Drachen, Dämonen und starke Krieger liefern sich Schlachten um eine exotische Welt, die sich nicht hinter den „Vergessenen Reichen“ Ed Greenwoods und R. A. Salvatores oder dem „Drachenlanze“-Zyklus von Margaret Weis und Tracy Hickman – zu welchem Knaak übrigens seinen Teil beiträgt – verstecken muss. Zwar fehlt Kalimdor hinsichtlich der politischen und kulturellen Gegebenheiten sowie der Fülle an Wesen, Unwesen und Gegenden noch die Komplexität Faerûns oder Krynns, aber die Welt von WarCraft ist jung und der Anfang vielversprechend.
Allerdings sind die Anlehnungen an die beiden großen Dungeons&Dragons-Settings unverkennbar. Auch wenn sich die Nachtelfen und Drachen im Detail von ihren Vorbildern mehr oder weniger deutlich unterscheiden, so hält sich die Originalität daher insgesamt in Grenzen. Dieses gilt auch für die Konstellationen der Protagonisten: zwei Brüder, die sich im Wettbewerb um die Gunst einer Frau zu entfremden scheinen, oder ein Lehrer-Schüler-Verhältnis, wie es Krasus und Rhonin bzw. Cenarius und Malfurion repräsentieren, wurden schon zu oft bemüht, um den Leser vollkommen zu überzeugen.
Das actionorientierte Buch gewinnt eher durch die interessanten Charaktere und den epischen Handlungsbogen denn durch die explizite Ausarbeitung eines eigenständigen Rassen-Backgrounds. Die herausragenden Protagonisten sind dabei eindeutig Malfurion, sein Bruder Illidian und der Drachenmagier Krasus: Malfurion wegen seines rebellischen, unangepassten Wesens, Illidian, weil er an einem Scheideweg angekommen scheint, der ihn von seinem Bruder wegführen könnte, und Krasus wegen seiner relativen Machtlosigkeit in Verbindung mit der bevorstehenden Konfrontation mit Neltharion, dem späteren Deathwing. Der Rest des Ensembles – einschließlich Rhonin – spielt zumindest in diesem ersten Band der Trilogie noch keine nennenswerte Rolle bzw. geht über Fantasystereotypen kaum hinaus, wobei insbesondere Tyrande ob ihrer Gut-Elflichkeit sogar ein erhöhtes Nervpotenzial aufweist. Alles in allem kann man konstatieren, dass die Nachtelfen – um ein altes Rollenspiel-Phänomen zu bemühen – mehr wie Menschen mit spitzen Ohren erscheinen, als ein fremdartiges, nichtmenschliches Volk.
Rein stilistisch gibt es an Knaaks Text nichts auszusetzen, so dass die Lesefreude von dieser Seite nicht getrübt wird. Hinsichtlich der Handlung bleibt abzuwarten, ob der Autor in den Folgebänden die Logikprobleme, die Zeitreisegeschichten in der Regel mit sich bringen, umschiffen kann.
Fazit: Ein kurzweiliger, solider „Sword & Sorcery“-Roman, der in guter „Dungeon & Dragons“-Tradition die Welt von WarCraft mit Leben erfüllt. Interessante, vielschichtige Figuren und der Beginn eines Handlungsbogens, der eine wahrhaft epische Story erwarten lässt, machen diesen ersten Teil der „Krieg der Ahnen“-Trilogie zu einem Vergnügen nicht nur für PC-Spiele-Fans.
|Originaltitel: Warcraft: War of the Ancients Trilogy Book 1 – The Well of Eternity
Übersetzung: Claudia Kern|
_Frank Drehmel_
|Diese Rezension wurde mit freundlicher Genehmigung unseres Partnermagazins [buchrezicenter.de]http://www.buchrezicenter.de/ veröffentlicht.|