Koontz, Dean R. – Eiszeit

_Eisberg-Thriller, so gut wie Alistair McLean_

Ein nervenzerfetzender Thriller aus der Arktis, dessen Handlung in nur zwölf Stunden abläuft – aber in einem Countdown, spannend bis zur letzten Sekunde. Laut Verlag stand dieser Roman wochenlang auf den US-Bestsellerlisten.

_Handlung_

Das Buch beginnt mit einer Art Prolog, der aus Meldungen besteht: Seit Jahren schwören internationale Wissenschaftler auf die Möglichkeit, aus den Eisbergen der Arktis und Antarktis reines Trinkwasser zu gewinnen, das man während Dürreperioden gebrauchen könnte, beispielsweise in Kalifornien. Natürlich gilt es zunächst, die Machbarkeit eines solchen Vorhabens zu erkunden.

Nun haben Harry Carpenter und vier weitere Forscher und Helfer den letzten Schritt gewagt, ein Lager in Grönland aufgeschlagen und bereiten eine enorme Sprengung vor: Der so produzierte Eisberg soll nach Süden zu wartenden Fischereischiffen treiben, die ihn zum Festland schleppen sollen. Das war der Plan.

Doch was sich schon seit Tagen angekündigt und worauf Harry nicht gehört hatte, wird nun schreckliche Wahrheit: ein Seebeben löst eine riesige Tsunami-Welle aus, die das Randeis, auf dem sich Harry und Co. befinden, einfach wie einen Kartoffelchip zerbricht: Nun sitzen Harrys Leute plötzlich selbst auf einem Eisberg fest. Dieser treibt in die arktische See, auf ein Sturmgebiet zu.

Nicht genug damit: Sie haben ihre Sprengung noch nicht ausgelöst, doch die sechzig Bomben, die sie noch eben so fleißig platziert haben, werden pünktlich um Mitternacht ferngezündet: genau unter ihren Füßen. Zum Glück haben sie ein Funkgerät dabei, so dass sie mit der Zentralstation Verbindung halten können. Wenig später findet Harry einen der Männer aus seiner Gruppe bewusstlos geschlagen auf dem Eis – unter ihnen befindet sich ein potenzieller Mörder.

Als ob das noch nicht Grund genug wäre, jetzt völlig durchzudrehen, taucht zu guter Letzt ein russisches Spionage-U-Boot auf, das die Eisbrüchigen retten möchte. Leider kann es weder am Eisberg anlegen noch können die Eisbrüchigen zu ihm hinabsteigen. Der Sturm wird stärker, und die Lage ist verzweifelt.

_Fazit_

In einem Nachwort verrät der Autor, dass er diesen Roman als Hommage an den Thrillerautor Alistair MacLean schrieb. MacLean schrieb unter anderem die verfilmten Roman „Eisstation Zebra“ und „Die Kanonen von Navarone“. „Ich wollte nur mal sehen, ob ich so etwas schreiben könnte“, meint Koontz etwas flapsig. Er hat das Experiment mit Bravour durchgeführt. Natürlich musste der „etwas holprige Stil des Originals“ aufpoliert werden. Außerdem brachte Koontz die Fakten auf den neuesten Stand: So schreibt einer der Helden vom Eisberg nicht einen Brief, sondern eine E-Mail.

Bei aller Action und all dem Tempo und dem Zeitdruck bleibt doch immer wieder Zeit, in die Vergangenheit der einzelnen Figuren zurückzublenden und ihre psychologischen Tiefen auszuloten. So ist etwa Harrys Frau ein Opfer von krankhafter Angst vor Eis, Kälte und Schnee, weil sie als sechsjähriges Mädchen ihre Eltern in einer Lawine verloren hatte und selbst stundenlang darunter begraben war. Andere Kollegen entkamen nach traumatischen Erlebnissen in die Freiheit. Doch ausgerechnet der Psychopath in Ritas Gruppe wird nicht vorgestellt, lediglich sein Tagebuch verrät ihn. Natürlich verschweigt uns der Autor seinen Namen.

Unterm Strich geht es um zwei hohe Werte: um stilles Heldentum und die Völkerverständigung, die von verantwortungsbewussten Einzelnen wie dem U-Boot-Käptn realisiert wird. Und dies auch nur deshalb, weil der Kalte Krieg vorüber ist und die kommunistischen Sowjets die Macht abgegeben haben – und keine Kalten Krieger auf US-Seite dazwischenpfuschen.

Ist dies also ein U-Boot-Thriller à la Tom Clancy? Keineswegs, wie uns Koontz klar macht. Die ätzende Technikverliebtheit und der Militarismus des Amerikaners fehlen hier. Im Vordergrund stehen die Einzelschicksale einer bunt zusammengewürfelten Wissenschaftlergruppe einerseits – und der U-Boot-Besatzung andererseits, die unglaublich diszipliniert agiert. Kurzum: ein spannender Thriller, in dem Menschen sowohl gegen die feindliche Natur als auch gegen ihre eigenes inneres Wesen ankämpfen müssen, um zu überleben.

|Originaltitel: Icebound, 1993
Aus dem US-Englischen übertragen von Uwe Anton|