Kotteder, Franz – Billiglüge, Die – Die Tricks und Machenschaften der Discounter

Mal Hand aufs Herz: Jede/r von uns war schon mal bei Aldi, Lidl, Schlecker und Konsorten einkaufen, oder? Und vor nicht allzu langer Zeit hat selten eine Werbekampagne die Käufermentalität besser auf den Punkt gebracht als: Geiz ist geil! Die Discounter sind, ob wir´s wollen oder nicht, immer stärker auf dem Vormarsch. Aldi zum Beispiel ist Marktführer bei PCs und Laptops, Seidenstrumpfhosen, Toilettenpapier und sogar beim Kaffee die Nummer drei in Deutschland. Der Marktanteil der Discounter beträgt 40 Prozent. Tendenz: Steigend!

Der Autor des Buches, Franz Kotteder, hat sich da so seine Gedanken gemacht, wie zur Zeit die Einkaufsmentalität (nicht nur der Deutschen) beschaffen ist, und welcher Rattenschwanz hinter den „Schnäppchen“ steckt. Hauptberuflich ist er seit 1991 Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“ mit dem Schwerpunkt Kultur, hat sich aber auch als Autor von politischen Sachbüchern einen Namen gemacht.

Dabei fällt auf, dass sich das Buch sehr gut lesen lässt und recht kurzweilig geschrieben ist. Das Thema wird von seinen unterschiedlichsten Seiten beleuchtet. Der Schwerpunkt wird von der Discounterseite auf Aldi, Lidl und Schlecker gelegt. Natürlich gibt es erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Nachahmer, doch die Erstgenannten sind nunmal die Marktführer. Interessant sind vor allem die Persönlichkeiten hinter den „Billigheimern“: Karl und Theo Albrecht (Aldi), Dieter Schwarz (Lidl) und Anton Schlecker (Schlecker). Die Personen hinter den Kulissen passen wie die günstigen Preise zu den einzelnen Ketten. Manch eine Tugend, die man normalerweise unter einer Marotte abtun würde, sieht man angesichts der Milliardenschwere der Gründer unter einem ganz anderen Blickwinkel. Es ist schon interessant, wie sparsam die Gründer sind, denn anders lässt sich ihre Mission, den günstigsten Preis herauszuholen, nicht erklären. Vor allem ist es interessant zu erfahren, wie die Preise zustande kommen bzw. welche Tricks und Kniffs die Ketten dabei anwenden.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Behandlung des Personals und warum die Discounter alles andere als darauf erpicht sind, einen Betriebsrat zuzulassen. Dass z. B. bei Rewe genauso viel Personal jeweils hinter der Fleisch-, Bäcker- und Käsetheke steht wie beim Aldi in einem ganzen Markt, ist sehr bezeichnend. Anders lässt es sich nicht erklären, warum die Mitarbeiter bei Aldi z. B. fleißig wie die Bienen ackern müssen, um den Markt in Schwung zu halten. Natürlich werden sie dabei gut entlohnt, doch welchen Preis müssen die meisten Mitarbeiter bei den Discountern zahlen?

Natürlich kommen auch grundlegende Dinge, wie z. B. die Herkunft der Billig-Eier, unter welchen Bedingungen Kakao geerntet wird und die „Produktion“ von Hähnchen und Puten zur Debatte. Danach überlegt man es sich mehr als einmal, ob beim nächsten Einkauf die Ware der Discounter die erste Wahl darstellt. Dasselbe trifft (leider) natürlich auch auf Garnelen zu, und den Preis für diese Produkte zahlt die Umwelt beziehungsweise am Ende der Kette der Verbraucher mit seiner Gesundheit. Die aufgeführten Beispiele bilden leider die Regel, was wohl auf absehbare Zeit nicht gestoppt werden kann.

Dass es aber trotzdem Wege aus der „Geizfalle“ gibt, wird in dem letzten Kapitel aufgezeigt. Interessant ist dabei, wie man das System „Discount“ auch auf einen Biodiscounter übertragen kann. Dabei handelt es sich um den Biodiscounter „Erdkorn“, der vom ehemaligen Aldi-Manager Thomas Hinz gegründet wurde. Die Vorgehensweise ist dabei wie beim Discounter, nur mit dem Unterschied, dass die Mitarbeiter besser behandelt werden und es sich ausschließlich um Bioprodukte handelt. Natürlich haben auch die ihren Preis, ohne Frage, doch kann die Kette die zwar guten, aber sehr teuren Reformhäuser preistechnisch unterbieten.

Alles in allem sind die aufgeführten Fakten schon bezeichnend, denn gerade aktuell wird das Thema in den Medien sehr stark hochgekocht. Seien es die Proteste der Gewerkschaft gegenüber Lidl oder die Einfuhrbeschränkung für aus China stammende Textilien: Das Thema ist aktueller denn je und wird wohl auch in Zukunft mächtig Staub aufwirbeln. Was das Buch angeht, so ist es meiner Meinung nach gut geschrieben, aber die Meinung, die dort vom Autor vertreten wird, ist sehr einseitig. Natürlich ist es leicht, die Discounter an den Pranger zu stellen und sie für vieles verantwortlich zu machen, was sie auch ohne Frage sind. Aber auf der anderen Seite kann ich´s mir nicht erklären, warum dieselbe Hähnchenbrust von „Kupfer“ bei Rewe doppelt so teuer ist wie beim Aldi, obwohl es sich um dasselbe Produkt handelt. Auch in Sachen „Bio“ sind die Discounter auf dem Vormarsch, wo auch hier wieder Aldi Pionierarbeit leistet. Das sind einige Punkte, die mir auch nach zweimaliger Lektüre des Buches nicht unbedingt einleuchten wollen.

Das Beste aber ist es, wenn ihr euch selbst das Buch zulegt, um euch ein eigenes Bild von den „Zuständen“ bei den Discountern zu machen. Spannend ist es auf jeden Fall, und wer Cents, ähm, ich mein Blut geleckt hat, dem seien noch folgende Bücher als Ergänzung empfohlen:

Dieter Brandes, „Die 11 Geheimnisse des Aldi-Erfolgs“, Frankfurt/Main 2003

Dieter Brandes, „Konsequent einfach – Die Aldi-Erfolgsstory“, München 2001

Andreas Hamann und Gudrun Giese, „Schwarz-Buch Lidl – billig auf Kosten der Beschäftigten“, herausgegeben von Verdi, Berlin 2004

Naomi Klein, „No Logo – Der Kampf der Global Players um Marktmacht“, München 2001