Kovalic, John – Dork Tower Sammelband VI: The Dork Side of the Goon

„Dork Tower“ ist für all diejenigen gedacht, die schon seit Monaten nicht mehr aus ihrer Rollenspiel-Scheinwelt entfliehen können und nichts anderes mehr im Sinn haben, als mit Magiern, Schwertkämpfern und anderen Helden durch verschlüsselte Dungeons und ausgeklügelte Fantasy-Welten zu reisen. John Kovalic schreibt Geschichten für den Teil unserer Bevölkerung, der die gesamte Lebensrealität aufgegeben hat und sich in der Wirklichkeit nur noch schwerlich zurecht findet. Und schließlich schreibt der Autor der „Dork Tower“-Reihe Geschichten für jene Menschen, die sich selber in ihrer Begeisterung fürs Rollenspiel nicht zu ernst nehmen und über ihre übertriebene Faszination dennoch lachen können.

In seinem neuesten Werk mit dem Untertitel „The Dork Side of the Goon“ (netter Seitenhieb Richtung PINK FLOYD) gehen die Comicstrips auf ihre nächste Reise durch fremde Welten – oder aber durch die ganz normale Welt, die man nicht mit den Regeln des Rollenspiels beherrschen kann. Die Hauptfiguren Carson, Igor, Ken und Matt sind ebensolche Rollenspieler, die ihre Probleme mit den üblichen Methoden ihrer Hobbywelt lösen möchten, dabei aber immer wieder feststellen, dass die Geliebte nicht so sehr ihr Faible für Fantasy teilt oder aber, dass sich selbst die geliebten Spiele nicht immer derart bewältigen lassen, wie die Charaktere dies am liebsten tun würden. Insgesamt dreht sich nunmal alles um dieses Thema und die überspitzte Darstellung von Fanatismus auf diesem Gebiet.

„The Dork Side of the Goon“ ist dabei der sechste Sammelband und enthält die regulären Werke 25-29. Darin befinden sich zahlreiche Strips, in denen Kovalic keinen Hehl aus seiner Vorliebe für die klassischen „Peanuts“-Zeichnungen macht. Jim Brown und Snoopy haben es dem Zeichner wegen ihrer schlichten Darstellung besonders angetan und die Ähnlichkeiten sind kaum zu übersehen. Dementsprechend simpel sind daher auch die Illustrationen ausgefallen und dienen als weiterer Kontrastpunkt zu den komplexen Gedankengängen der vier Hauptakteure.

Der einzige Kritikpunkt besteht darin, dass es zum Ende hin ein wenig zu viel des Guten ist. Kovalic spricht immer wieder dieselben Themenbereiche an und wiederholt sich schließlich auch mehrfach. Was anfänglich so noch ziemlich komisch und auf satirisch höchstem Niveau angesiedelt ist, entpuppt sich letztlich zu einem Herumreiten auf Klischees und total übertriebener Selbstironie. Deswegen ist es nach der Vielzahl von diversen kurzen Bildergeschichten auch sehr erfrischend, wenn der Autor sich im Abschlussteil „Clanbuch: Trübsal“ über die Vampirwelt und all ihre depressiven Persönlichkeiten auslässt und ihre Ausstrahlung auf die Schippe nimmt. Hier kommt der anfänglich noch begeisternde Humor wieder vollends durch und bietet nach ständig gleichen Inhaltskreisen endlich mal wieder Abwechslung. Dies gilt übrigens auch für das selbst erstellte Rollenspiel „Im Dunkeln ist’s gut zu munkeln“, einem weiteren ironischen Tribut an die Szene, welches hier als gelungene Vorlage zu entnehmen ist.

Die Zielgruppe dieses Buches ist ganz klar formuliert, doch genau diese wird es sein, die das Buch entweder lieben oder hassen wird. Denn konträre Meinungen erlaubt Kovalic nicht. Hier werden sich sicher ganz viele Leute auf den Schlips getreten fühlen, weil ihre phantastische Welt angegriffen wurde; andere hingegen werden sich garantiert schlapplachen und mit großer Begeisterung über die ironische Darstellung und Schilderung ihrer zweiten Heimat hermachen. Rollenspieler, jetzt seid ihr wieder an der Reihe!