Lauren DeStefano – Fallende Stadt (Internment 1)

Internment

Band 1: „Fallende Stadt“
Band 2: Flammendes Land (Mai 2018)
Band 3: Zerbrochene Krone (Juni 2018)

Morgans heile Welt hat bereits die ersten Risse bekommen, als ihr Bruder versucht hat, vom Rand der Welt zu springen. Aber als ein ermordetes Mädchen auf den Gleisen des Zuges gefunden wird, gerät alles in Wanken, woran sie bisher geglaubt hat! Ist der Verlobte der Toten tatsächlich der Mörder? Und was will die Spezialistin der Regierung wirklich von ihr?

Für unsere Verhältnisse ist Morgan ein ganz normaler Teenager: sie ist intelligent, wissbegierig und fragt sich, wie ihr Leben mit ihrem Verlobten Basil wohl sein wird, wenn sie einmal verheiratet sind. Für Internments Verhältnisse richtet sich Morgans Wissbegierde jedoch ein wenig zu sehr auf das, was jenseits von Internment liegt, und ihr Verhalten nach dem Mord entspricht auch nicht dem, was die Regierung von ihr erwarten würde.

Morgans Darstellung ist ganz ordentlich geraten, ihre Gedanken und Handlungen sind glaubhaft und nachvollziehbar, und sie ist eine gute Identifikationsfigur, die dankenswerterweise genug Fehler macht und wenig genug weiß, um nicht ins Klischee der weltrettenden Heldin abzurutschen. Die Nebencharaktere dagegen sind eher grob skizziert, was auch an der Perspektive des Ich-Erzählers liegen mag.

Das Szenario, in dem Morgan sich bewegt, ist ziemlich typisch für Dystopien: eine nach außen abgeriegelte Einheit, deren Gesetze unter anderem beinhalten, dass niemand diese Einheit verlassen darf. Ungewöhnlich ist lediglich, wo die Autorin ihr abgeschlossenes System angesiedelt hat:
Internment ist ein Brocken, der laut Internments Geschichtsbuch vom Schöpfergott aus dem Rest der Erdkugel gelöst und in den Himmel versetzt wurde, weil er mit den Menschen darauf nicht zufrieden war, sie aber trotzdem noch zu schade waren, um sie zu vernichten. Er hat ihnen aber verboten, jemals wieder den Erdboden zu betreten.

Wie sich jeder Leser, der ein wenig Erfahrung mit Dystopien hat, leicht denken kann, ist diese Geschichte nichts als Propaganda. Tatsache ist lediglich: Internment muss sich innerhalb der Erdatmosphäre befinden, denn die Wolken müssen sich einen Weg um die fliegende Insel herum suchen. Im All gibt es keine Wolken.
Gleichzeitig ist Internment mit einer eigenen Atmosphäre umgeben, die nicht nur dafür sorgt, dass ihre Bewohner nicht ersticken, sondern offenbar auch verhindert, dass jemand, der über den Rand springt, tatsächlich nach unten stürzt.
Wie das alles funktioniert, und wie Internment tatsächlich dort hingekommen ist, wo es sich nun befindet, wurde bisher nicht erklärt.

Was den Plot angeht, so ist auch er für Dystopien typisch: Die Hauptfigur bricht mit den Regeln ihrer Umgebung und bringt so das System ins Wanken. In Morgans Fall geschieht das zunächst nicht aus einem Gefühl der Auflehnung heraus, letztlich führt es aber zum selben Ergebnis. Dass Morgan so lange Zeit gar nicht weiß, in was sie da eigentlich verwickelt ist, ist einerseits nachvollziehbar, andererseits sorgt es dafür, dass sich kaum Spannung entwickelt.

Damit hätte ich ja durchaus noch leben können. Was mich jedoch störte, waren die zunehmenden Logikfehler gegen Ende des Buches:

–——– Vorsicht Spoiler! —————-

In einer Diktatur etwas heimlich zu tun, ist ausgesprochen schwierig, vor allem in einer so kleinen, so leicht zu überwachenden Einheit wie Internment. Trotzdem haben die Rebellen es geschafft, einen Vogel – sprich: eine Art Flugzeug – zu konstruieren und zu bauen, mit dem sie Internment verlassen. Und das nicht nur einmal, sondern offenbar mehrmals! Und niemand hat etwas davon gemerkt???

Und wieso war Celeste so sicher, dass Thomas sie zu dem Vogel führen würde? Woher hat sie überhaupt gewusst, wer er war?
Na gut, Thomas hat sie zufällig zum Versteck des Vogels geführt, nur: wie hat Celeste die verrammelte Falltür aufbekommen, ohne Werkzeug und ohne Lärm zu machen, der die anderen alarmiert? Wie hat sie von oben den Flaschenzug bedient, um nach unten zu kommen? Sie kann ja kaum geklettert sein, wie hätte sie gleichzeitig ihre betäubte Geisel transportieren sollen?

———- Spoiler Ende! —————–

Unterm Strich bleibt daher nur eine zwar sprachlich gut und flüssig erzählte, aber leider nicht allzu fesselnde Geschichte, die an einem so ausgefallenen Ort angesiedelt ist, dass sie dadurch eine Menge Fragen in Bezug auf die Machbarkeit aufwirft, die nur schwer oder gar nicht beantwortet werden können und wahrscheinlich deshalb einfach ausgespart wurden, was wiederum das Buch einiges an Flair gekostet haben dürfte. Das kann auch die gelungene Hauptfigur nicht alles ausgleichen. Ich werde die Fortsetzungen wohl nicht lesen.

Lauren DeStefano stammt aus Connecticut und hat einen Bachelor in Kreativem Schreiben. Aus ihrer Feder stammt eine ganze Reihe Bücher, von denen bisher auf nur die Chemical-Garden-Trilogie auf Deutsch erschienen ist unter dem Titel Land ohne Lilien. „Fallende Stadt“ ist der erste Band der Internment-Trilogie, deren Folgebände im Mai und in Juni in die deutschen Buchläden kommen sollen.

Taschenbuch 416 Seiten
Originaltitel: „Perfect Ruin“
Deutsch von Andreas Decker
ISBN-13: 978-3-570-31199-8

laurendestefano.com
www.randomhouse.de/Verlag/cbt-Kinder-und-Jugendbuecher

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