le Carré, John – Geheime Melodie

_Handlung_

Der Spitzendolmetscher Bruno Salvador, Sohn eines weißen Missionars und einer schwarzen Stammestochter, wird vom Britischen Geheimdienst aufgrund der Empfehlung seines Mentors zu einem Auftrag beordert. Er soll bei einer wichtigen Konferenz, bei der über die Zukunft seines Heimatlandes Kongo entschieden wird, offiziell den Übersetzter geben. Inoffiziell ist ihm aber aufgetragen worden, die verschiedensprachige Truppe in ihrer Freizeit abzuhören und ihre Worte zu übersetzten. Und was er da hört, sagt ihm überhaupt nicht zu.

_Schreibstil_

Ich muss gestehen, dass dies mein erster John le Carré ist, aber mit Sicherheit nicht mein letzter. In einfacher Sprache wird hier eine gelungene Atmosphäre kreiert; angefangen beim plötzlichen Fallenlassen in die Spionagewelt über den Einsatz bei der Konferenz bis zum Entschluss Salvadors, das schreckliche Ausmaß der Konferenz zu beeinflussen – man fühlt mit dem Protagonisten und glaubt zu wissen, was jeweils in ihm vorgeht.

Was ebenfalls genial an John le Carrés Buch ist, sind die Charaktere, die bis zur kleinsten Nebenfigur hervorragend ausgearbeitet sind und nicht dem Standardbuch der Charaktergenerierung entspringen. Angefangen beim von seinen Fähigkeiten eingenommenen Protagonisten über seine karrieregeile Ehefrau bis hin zur Familienfreundin, einer leicht überdrehten Psychologin, ist ein breites Spektrum an Charakteren verteten. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass Bruno Salvador lieber nach seinem Charakter handelt und nicht so, wie eine schnelle Handlungsauflösung es verlangen würde. Dadurch bringt er sich in einige Probleme, klar; er ist schließlich nicht als Spion geboren worden, und zum Glück benimmt er sich wie ein Held aus Zwang, und nicht, weil es ihm Spaß macht.

Auch der politische Hintergrund ist schlüssiger als viele Weltuntergangsprophezeiungen von Tom Clancy. Auf der einen Seite gibt es Leute, die dem Kongo wieder Einigkeit und Frieden schenken wollen, andere wiederum sind mit diesem Lösungsweg nicht einverstanden, und alle wollen einen möglichen Profit herausschlagen. Jeder in der Konferenz hat seine eigenen Motive, und jedes läuft auf die eigene Ansicht hinaus, wie seine Haut und sein Heimatland zu retten ist, und nicht etwa, persönliche Rachegelüste zu stillen.

_Fazit_

Dass John le Carré einer der ganz großen Schreiber von Spionageromanen ist, sollte bekannt sein. Mit „Geheime Melodie“ unterstreicht er dies auf eindrucksvolle Weise. Realistisch, nachvollziehbar und absolut spannungsgeladen, entwickelt sich das Buch zu einem absoluten Pageturner, den man so schnell nicht aus der Hand legen will. Erstens, weil Vorhersehbarkeit überhaupt nicht le Carrés Ding ist, und zweitens, weil einfach alles um ein Vielfaches nachvollziehbarer ist als vieles, was im Genre anderweitig herausgebracht wird. Auch das Afrikaszenario ist weitaus frischer als die üblichen Streiterein Russland gegen Amerika und somit auch weitaus gewinnbringender zu lesen.

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