Lena Klassen – Der Traum des Schattens (Magyria 3)

„Magyria – der Traum des Schattens“ ist der dritte und gleichzeitig letzte Teil von Lena Klassens Trilogie um das fantastische Land Magyria. Wie immer bei Abschlussbänden übermannt den Leser ein bisschen die Wehmut, denn er weiß: 600 Seiten hat er noch vor sich und dann findet die Geschichte um Mattim und Hanna ihr definitives Ende. Andererseits will man natürlich wissen, wie es weiter geht und das am besten jetzt und sofort. Denn Lena Klassen hat ein Talent für breit angelegte, spannende Pageturner.

Mattim und Hanna haben sich aufs Land geflüchtet, genauer gesagt in die ungarische Puszta. Dort lässt sich Mattim die Sonne auf den Pelz scheinen und Hanna steht regelmäßig Todesängste aus, wenn Mattim sich von den Angestellten des nahegelegenen Reiterhofes zeigen lässt, wie man Ungarische Post reitet. Eine flüchtige Idylle will Lena Klassen dem Leser hier vorführen: Eine schöne Landschaft unter einem endlosen Himmel, darunter zwei junge Verliebte, deren Welt nur um sich selbst kreist. Doch so einfach ist es natürlich nicht und bald bricht der alte Bruderzwist wieder über die beiden herein. Alsdann finden sie sich in Budapest wieder und müssen feststellen, dass dort etwas so richtig falsch läuft. Denn nicht nur über Akink ist es dunkel geworden. Auch Budapest liegt unter einer ewigen Dunstglocke, die sich stetig verdunkelt und es den Vampiren bald erlaubt, auch hier am Tage spazieren zu gehen.

Währenddessen hat sich Kunun in Akink zum König krönen lassen. Sein Körper ist von der Schlacht um die Stadt entstellt, doch sein Wille ist immer noch ungebrochen. Es scheint jedoch, dass langsam der Wahnsinn über ihn hereinbricht, denn jetzt, wo er scheinbar alles erreicht hat, dürstet es ihn nur noch nach Zerstörung und danach, seinen Bruder leiden zu sehen. Denn wie stellt er so schön am Anfang des Romans fest? Was nützt schon ein Sieg, wenn man diesen nicht in den Augen seines Gegners widergespiegelt sieht? Und so macht er Hanna zu einem Schatten und nimmt ihr gleichzeitig jegliche Erinnerung an Mattim und ihre gemeinsame Liebe. Fortan lebt sie also an Kununs Seite als seine Geliebte und hält Mattim für den verrückten kleinen Bruder ihres Königs. Mattim muss nun versuchen, Hanna und Akink zurückzugewinnen. Das Licht muss unbedingt wieder in die Stadt, denn es scheint, als würde Akink ansonsten langsam über Budapest hereinbrechen. Zunehmend hat man nämlich den Eindruck, als würden die beiden Städte verschmelzen: Während in Akink plötzlich Teile des Straßenpflasters verschwinden, tauchen Steine, Platzen und ganze Mauern wie von Zauberhand plötzlich in Budapest auf. Das kann kein gutes Ende nehmen.

Schließlich kommt es zu einem letzten großen Kampf zwischen Kunun und Mattims kleiner Rebellenarmee. Um sich weitere Unterstützer zu sichern, kommt auch die Ungarische Post wieder ins Spiel. Und auch Hanna wird ihre Liebe zu Mattim und ihre Loyalität wiederentdecken. Doch wird das alles reichen, um Magyria und damit auch Budapest zu retten?

Es ist eine Freude, Lena Klassens Abschluss der „Magyria“-Trilogie zu lesen. Was sie in den vergangenen Bänden so geschickt konstruiert, aufgebaut und in die Handlung eingestreut hat, trägt nun Früchte. Denn am Ende von „Der Traum des Schattens“ werden sich alle losen Ende wunderbar zusammenfügen und ein schlüssiges Bild ergeben. So müssen Bücher gemacht sein! Bis ins letzte Detail hat Klassen ihr Universum durchdacht und so steht der Leser schlussendlich einer kompletten Welt gegenüber. Und sind das nicht die besten Fantasy-Bücher? Jene, welche entführen in Welten voller Schrecken und Staunen? Lena Klassen hat eine solche Welt geschaffen.

Natürlich lebt auch dieser Band wieder von den Charakteren. Mattim entpuppt sich einmal mehr als unkaputtbares Stehaufmännchen. Je öfter sein Bruder Kunun ihn in den Staub wirft, desto öfter steht er wieder auf und kämpft nur umso erbitterter weiter. Man könnte ihn für einen verblendeten Optimisten halten, wenn die Gründe für die er kämpft, nicht so plausibel wären: Er kämpft für seine Heimat, für seine Familie und für seine Liebe. Sein Bruder Kunun hingegen ist sein genaues Gegenteil. Immer tiefer reißt er sein Land und alle, die ihn lieben, in den Abgrund. Die Schwärze, die offensichtlich in seiner Seele herrscht, möchte er auf alles übertragen wissen: Auf Akink, auf Budapest, auf Mattim. Der Krieg zwischen Mattim und Kunun ist so unerbittlich, eben weil er ein Bruderkrieg ist. Kunun kann seinen Sieg nur genießen, wenn er ihn im verzweifelten Gesicht seines Bruders gespiegelt sieht. Und Mattim will ihm diese Genugtuung partout nicht gönnen.

Lena Klassens Romane über das magische Magyria sind wunderbare Schmöker, die zum Weiterspinnen und Weiterträumen einladen. Und für alle, die es auch am Ende noch nicht ganz begriffen haben, fasst Lena Klassen die Quintessenz ihrer Romantrilogie noch einmal zusammen: „Jeder Traum ist eine Pforte.“ Jeder Traum ist eine Pforte in eine andere Welt. Jedes Buch ist eine Pforte in einen Traum. Mehr als Fantasie ist nicht nötig, um so eine Pforte zu durchschreiten. Und Fantasie hat Klassen mehr als genug. Wie schön, dass sie sie mit ihren Lesern geteilt hat!

Taschenbuch: 608 Seiten
ISBN 13:978-3-442-26930-3
blanvalet.de
lenaklassen.de

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