Leo Lukas – Die Eiris-Kehre (Perry Rhodan 2870)

Endspiel bei Tombaugh’s Rock – Perry Rhodan trifft eine schwerwiegende Entscheidung

Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen.
Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang – den Weltenbrand – der gesamten Galaxis.
Perry Rhodan ist von einer Expedition in vergangene Zeiten in die Gegenwart zurückgekehrt. Diese wird nicht nur von der Herrschaft der Atopen bedroht, sondern auch durch die brutalen Tiuphoren, die durch einen Zeitriss aus tiefster Vergangenheit zurückgekehrt sind. Immerhin scheint mit dem ParaFrakt eine Abwehrwaffe gefunden zu sein.
Doch zwei weitere Gefahren drohen der Menschheit: Eine Perforationszone bewegt sich direkt auf das Solsystem zu – und der gesamte Einflussbereich der Superintelligenz ES durchläuft eine EIRIS-KEHRE …

(Verlagsinfo)

Hinter dem eigenwilligen Titel verbirgt sich ein Begriff drohenden Unheils. Das Serienvokabular bezeichnet mit »Eiris« eine übergeordnete Energie, die höheren Daseinsformen als eine Art Anker in unserem Universum dient. Ihre Kehre, also ihre Umkehr, würde diese höheren Wesen demnach lösen und vertreiben. Im Perryversum kennt man jedoch die für die Menschen zuständige Wesenheit und ahnt Übles, als man von ihrer drohenden Lösung erfährt. Und das ist beileibe nicht alles. Viel konkreter ist die Gefahr, die sich derzeit auf unser Sonnensystem zubewegt …


Leo Lukas widmet sich im vorliegenden Roman weiter der Aufklärung der dem derzeitigen Handlungsabschnitt zugrunde liegenden Probleme – und wirft nebenbei mit neuen kosmischen Bedrohungen um sich. Wo sich hier also zum Zyklusende das eine in rasanter Auflösung begriffene Potenzial fokussiert, hält er so die Spannung im Übergang zum nächsten Zyklus aufrecht.

Gerade an einer solchen Engstelle der Serie sind es natürlich die alles verknüpfenden Informationen, die den Leser interessieren und im Fokus der Erzählung stehen sollten. Und so konzentriert sich Lukas auch auf ausreichend charakterisierte Protagonisten wie Perry Rhodan selbst und Gucky, den allzeit liebreizenden Mausbiber, und setzt sie als Vermittler zwischen Geschichte und Leser ein. Die neu erschienene Gestalt des entfernt zukünftigen Menschen Ovaron Kilmacthomas, der sich überwiegend orakelhaft gibt und selbstverständlich keine präzisen Informationen weitergibt, erhält denn auch ein stereotypes arrogant-überlegenes Figurengewand. Nun wissen wir aus der Serienvergangenheit, dass Rhodan selbst sich des Öfteren in subjektiven Vergangenheiten herum trieb und aus moralischen Gründen stets darauf bedacht war, keine Informationskontamination der vergangenen Bevölkerung zu verursachen. Auf der Ebene hat Ovaron also des Lesers Zustimmung. Da es Rhodans Charme außerdem gelingt, sich in schöner Serientradition trotzdem gegen den Widerwillen des Fremden in den Besitz einer weit entfernten Technologie zu bringen, ist ein netter Schachzug und eine Reminiszenz an die frühen Zeiten der Serie, wo unter Scheers Ägide die technologische Entwicklung oft auf Zuschüssen erbeuteter Erkenntnisse und deren geniale Weiterentwicklung durch die Terraner funktionierte.

In diesem Zusammenhang ist auch die einzige Charakterentwicklung des Romans zu sehen: Rhodan gelingt es, den überlegenen und verschlossenen Besucher aus der Zukunft durch Ruhe und Kalkül aus der Reserve zu locken. Die Darstellung dieser Auseinandersetzung ist Lukas sehr gut und in knappen Worten gelungen, so dass trotzdem der Informationsvermittlung genügend Raum blieb. Rhodan erfuhr ja bereits im vorigen Band durch die Berichte des Angakkuq von den Plänen des abtrünnigen Richters Matan Addaru, was sich jetzt im Kontakt mit Ovaron verfestigt. Die Pläne des Atopen, das Polyportnetz zu erbeuten, haben offenbar kausale Auswirkungen, denen sich Ovaron entgegen stellt. Und hier wird der Weitblick und die Abgeklärtheit Rhodans deutlich, der sich zwischen verschiedenen Optionen entscheiden muss.

Nebenbei spielt sich Lukas auf dem Plutotrümmerstück aus, entwickelt die Geschichte einer dort eremitisch lebenden Besatzung mit außerordentlichen, teilweise abartigen Eigenheiten. Das ist sozusagen das Beiwerk der Geschichte, mit dem das Perryversum belebt und gewürzt wird. Handlungsrelevant ist es weniger, jedoch gelingt es Lukas sehr gut, die beiden Erzählebenen zu verbinden und interessant zu gestalten.

Ein Manko ist – wie leider des Öfteren – der Titel: Die bezeichnete Eiris-Kehre spielt keine Rolle in dem Roman, sondern wird als Warnung von Ovaron an Rhodan ausgesprochen. Man diskutiert ein wenig über die Implikationen, was in meinen Augen jedoch zu wenig ist, um diesen Titel zu rechtfertigen. Er ist mal wieder seiner Zeit voraus und erweckt unerfüllte Erwartungen. Dagegen ist das Titelbild ein sehr schönes Gemälde Dirk Schulz‘ und illustriert den dargestellten Charakter Kilmacthomas‘ ausgezeichnet. Dass es außerdem bekannte Elemente nutzt, sollte aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein.

Andreas Laurenz Maier ist der Leser dieser Folge. Unter den Erzählern der Erstauflage ist er derjenige mit der breitesten Modulationsfähigkeit, seine Lesungen sind stets ein besonderer Genuss und beinahe eine Ein-Mann-Inszenierung. Guckys Lispeln ist bei ihm erträglich. Konkret gelingt es ihm im vorliegenden Band, die Diskrepanz zwischen Rhodan und Kilmacthomas deutlich zu machen und auch die Veränderung im Verhalten letzterens mit einer Nuance zu betonen.

Achja, und ehe ich es vergesse: Lukas beginnt den Roman mit einem Selbstzitat. Das ist mutig und toll und genial gleichermaßen – und gerechtfertigt durch die Qualität des zitierten Abschnitts aus einem seiner besten Werke für den PR-Kosmos, seinen Beitrag zum Lemuria-Taschenbuch-Zyklus. Nett!

Insgesamt ist dieser Roman ein wichtiger Teil des laufenden Zyklusfinals und unter Rhodanisten voll zu empfehlen.

(Mehr zu den Hintergründen der Perry-Rhodan-Serie in der Perrypedia.)

Hörbuch
gelesen von Andreas Laurenz Maier
Spieldauer: 3 Stunden und 22 Minuten
Ungekürzte Ausgabe
Verlag: Eins A Medien GmbH

http://www.perry-rhodan.net/

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