Liliana Le Hingrat – Das dunkle Herz der Welt

Klappentext:

Als Vladislav Basarab Draco, Sohn des ehemaligen Fürsten der Walachei, in den mächtigen Drachenorden aufgenommen wird, wähnt er sich am Ziel seiner Träume. Er steht nun in der Gunst von Sigismund, dem römisch-deutschen Kaiser, und glaubt endlich den Thron seines Vaters zurückerobern zu können. János Hunyadi, sein ungarischer Schwertbruder, soll ihm dabei helfen. Doch als sich der verheiratete Vladislav in eine leidenschaftliche Liebesbeziehung mit der schönen Clara stürzt, wird der Freund zum schlimmsten Feind, denn auch Hunyadi hofft auf die Gunst der Edelfrau. Durch seine Intrigen verliert Ladislav an Einfluss und droht entmachtet zu werden. In seiner Not wendet er sich an die Osmanen und kämpft als christlicher Ritter am Vorabend des ersten Türkenkriegs an der Seite des muslimischen Heeres. Doch Vladislav steht vor schweren Entscheidungen, denn sein Sohn wird vom Sultan als Geisel gehalten. Soll er seinen Nachkommen opfern, um seine Macht im christlichen Abendland zu sichern? Und wird er Clara, an der János grausame Rache geübt hat, je wieder für sich gewinnen können? (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Fast 3 Wochen – so lange habe ich schon lange nicht mehr für einen Roman gebraucht. Die fast 800 Seiten benötigen halt ihre Zeit. Und insbesondere diese Geschichte konnte ich nicht einfach nur schnell lesen, denn sonst hätte ich einiges verpasst und die Zusammenhänge nicht verstanden.

Denn viel Politik, Ränkespiele, Intrigen und komplizierte zwischenmenschliche Beziehungen machen „Das dunkle Herz der Welt“ zu einem absolut lesenswerten historischen Roman.

Wir alle kennen Vampirgeschichten und vor allem kennen wir Dracula. Zumindest glaubten wir bisher ihn zu kennen. Es gab ihn wirklich, Dracula – ein Mensch aus Fleisch und Blut. Dieses Buch handelt von seinem Vater, Vlasdislav Basarab Draco – genannt Vlas, doch es legt den Grundstein zur Entwicklung von Vlad (zweiter Sohn von Vlas), welcher später als Vlad der Pfähler in die Geschichte eingehen wird.

Geschichte – ein gutes Stichwort, weil es bezeichnend für diesen Roman ist, dass fast alle Figuren tatsächlich einmal gelebt haben. Man gewinnt dadurch den Eindruck, dass sich die Handlung tatsächlich abgespielt haben könnte. Nun an den historischen Fakten rund um die Kriege und Throneroberungen und auch an den Verwandtschaftsverhältnissen der historischen Persönlichkeiten gibt es nichts zu rütteln. Künstlerische Freiheit hat sich die Autorin nur in einigen Details und vor allem bei der mystischen Komponente der Story gelassen. Die Mystik wird personifiziert durch einen der wenigen erdachten Charaktere namens Roxolan. Roxolan ist der treueste Freund von Vlas und sein Beschützer. Er verfügt über übermenschliche Fähigkeiten und rettet Vlas und seine Angehörigen immer wieder aus Gefahrensituationen. Seine Person ist und bleibt ein einziges großes Geheimnis.

Bei allen anderen Hauptpersonen – Vlas, seine Frau Vasilissa, sein Sohn Vlad und sein größter Feind János – lässt uns Le Hingrat an deren jeweiligen Innenleben sehr genau teilhaben. So gelingt es uns, die Handlungen und Reaktionen der Charaktere meist besser nachzuvollziehen, auch wenn wir diese nicht unbedingt billigen würden.

János Hunyadi, einst Waffenbruder und Freund von Vlas, wird schon recht schnell zu Beginn des Buches zum Feind von Vlas, auch wenn dieser zunächst das Warum nicht recht verstehen kann. Am Beispiel von János lässt die Autorin so manche Todsünde wie Neid und Habgier hervortreten, teils für den gesunden Menschenverstand nachvollziehbar, größtenteils aber auch nicht, da sie scheinbar aus ganz niederen Beweggründen heraus entstehen.

Bezogen auf diese ursprünglichen Gefühle liegt die Vermutung nahe, dass die Prämisse von „Das dunkle Herz der Welt“ wie folgt lautet: Jeder bekommt irgendwann das, was er verdient. Sowohl im guten als auch im schlechten Sinne. Ob sich das auf alle Charaktere oder nur auf bestimmte bezieht. Nun, das zu verraten, würde den Spaß am Lesen vorweg nehmen. Passend gewählt ist der Titel des Buches auf jeden Fall. Bezeichnet er doch all die Intrigen gegen alles und jeden und dass die niemand davor gefeit zu sein scheint.

Bei all der Politik, wo bleibt die Liebe? Eine berechtigte Frage. Le Hingrat schafft es, die Liebesbeziehungen gekonnt und leidenschaftlich in den teilweise recht rauen und auch grausamen Herrschaftsalltag zu beschreiben ohne dass die Geschichte dabei ins Schmachten abdriftet. Vielmehr stellt sich immer wieder heraus, dass die Liebe oft hintenan gestellt werden muss, will man ein Land erfolgreich regieren und sein Volk möglichst vor Krieg beschützen. Die Darstellung des Fürstenpaars Vlas und Vasilissa ist diesen Punkt betreffend sehr gut gelungen. Beide sind starke Persönlichkeiten, die ihren Schwächen nur im Verborgenen nachgeben. Beide haben Liebhaber und doch lieben und schätzen sie einander und sind im Ernstfall immer füreinander da. Zum Wohl ihrer Familie als auch ihres Volkes.

Über die Autorin:

Liliana Le Hingrat wurde 1967 in Rumänien geboren. Sie studierte Geschichtswissenschaften an der Universität „Alexandru Ioan Cuza“ zu Iasi und arbeitete als freie Korrespondentin für eine rumänische Tageszeitung. Ihre erworbenen Fachkenntnisse während des Geschichtsstudiums sowie die Leidenschaft fürs Schreiben flossen in ihren historischen Debütroman „Das dunkle Herz der Welt“ ein. Liliana Le Hingrat nahm an mehreren renommierten Schreibseminaren teil. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Ehemann in der Nähe von Köln, sie ist im Finanzmanagement tätig und engagiert sich für die Restaurierung der einsturzgefährdeten mittelalterlichen Kirchenburgen aus Transsylvanien in Rumänien. (Verlagsinfo)

Fazit:

Pro und Contra kurz und knapp:

Pro
– Spannende Geschichte mit vielen historischen Fakten, gespickt mit einer Portion Mystik
– Sehr gut ausgearbeitete Charakterdarstellungen
– Überschaubarer Personenkreis, Augenmerk dafür umso mehr auf den vielen Intrigen und Ränkespielen

Contra
– Zu dünne Seiten (Beim Umblättern meist zwei statt nur einer Seite weitergeblättert)

Alles in allem handelt es sich bei „Das dunkle Herz der Welt“ um einen sehr gut recherchierten und spannend erzählten historischen Roman, der Lust auf die Fortsetzung macht, in der es um Vlad, den Pfähler, selbst gehen wird.

Broschiert: 768 Seiten
ISBN-13: 978-3426517598

www.droemer-knaur.de

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