Über den Status, den METALLICA im Laufe ihrer nunmehr fast zweieinhalb Dekaden andauernden Geschichte im Metal-Business eingenommen haben, braucht man wohl kaum noch Worte zu verlieren. Nach wie vor ist das dänisch-amerikanische Quartett eines der wichtigsten, kontroversesten und meist diskutierten Themen in der gesamten Szene, was nicht nur an musikalischen Neuorientierungen und damit unzufrieden erscheinenden Fans festzumachen ist, sondern vor allem an der Art und Weise, wie die Mitglieder von METALLICA auf all diese Reaktionen und streckenweise auch Anfeindungen seitens der Presse offenbar ziemlich emotionslos reagieren.
Das Phänomen METALLICA ist mittlerweile so unendlich weitschweifig und unübersichtlich geworden, dass Kirk Hammett, James Hetfield, Lars Ulrich und ihr neuester Kompagnon, Robert Trujillo, auch sehr viel Nährboden für Kritik jeglicher Art bieten. Inwiefern diese berechtigt ist, wer wirklich hinter den Menschen innerhalb der Band steckt, warum sie zur meistgeliebten, aber wahrscheinlich auch meistgehassten Gruppe im gesamten Rock-Zirkus geworden ist und wie wichtig bestimmte Eckpunkte in ihrer Karriere waren – das alles versucht Joel McIver in seinem Buch „Justice For All – Die Wahrheit über Metallica“ aufzudecken.
McIver nimmt dabei aber eine vollkommen unabhängige Position ein, soll heißen, er betrachtet die Laufbahn der Band eher analytisch und faktisch, verleugnet dabei aber keinesfalls seine fanatische Liebe zu der Band. Trotzdem werden die Berichte hier aber nicht aus den Augen des Fans McIver, sondern vielmehr aus dem Blickfeld des Journalisten McIver geschrieben, und das ist eben der Unterschied zu vielen anderen Biographien, die sich im Laufe der Jahre um das Thema METALLICA drehten.
McIver, der außerdem beim ‚Record Collector‘ tätig ist, hat insofern die Aufgabe, eine ausführliche und alles abdeckende Biographie über diese Band zu schreiben, von allen bisherigen Gehversuchen mit Abstand am besten hinbekommen, und das liegt ganz sicher in erster Linie daran, dass er Meinungen stets kritisch hinterfragt, den Betrachter selbst beim Lesen zu Diskussionen anregt und Entwicklungen nicht beschönigt. Um es mal ganz jovial zu sagen: Der Autor nimmt in dem über 400 Seiten dicken Buch kein Blatt vor den Mund!
Es geht hier jedoch nicht darum, den Weg, den METALLICA vor allem Anfang der Neunziger gegangen sind, kritisch zu beleuchten. Nein, McIver möchte natürlich auch vorwiegend die Geschichte der Band erzählen, hat aber hierbei den Vorteil, dass er aufgrund seiner Vielzahl an Kontakten Experten zu Rate ziehen, das Umfeld der Band ausführlich ausquetschen und sich somit selber ein Bild machen konnte. Mehr als 70 Interviews hat McIver so seit 1996, dem Beginn der Arbeit an dieser schriftlichen Dokumentation, geführt und selbst solche Leute wie Produzent Flemming Rasmussen oder Lemmy Kilmister befragt. Doch auch Musiker aus dem damaligen Umfeld dürfen in dieser Reihe nicht fehlen, und so kommen diverse Kollegen aus der Bay Area zur Wort, die aus heutiger Sicht allesamt eine ganz unterschiedliche Perspektive besitzen. Einer von ihnen, nämlich Thomas Gabriel Fischer von CELTIC FROST, bringt in dem selbst verfassten Vorwort dabei direkt auf den Punkt, worum es in diesem Buch geht. Er selber schreibt über seine Liebe zu METALLICA und den Fanatismus, den diese Band ausgelöst hat, kommentiert aber auch ganz nüchtern, inwiefern dies Ausmaße angenommen hat, die es kritisch zu reflektieren gilt.
Und so kommen hier unzählige Ansichten zum Tragen, die einerseits sicherlich nur subjektive Aussagen darstellen, andererseits aber in ihrer Gesamtheit eine sehr objektive Sichtweise erlauben, was die tatsächliche Wahrheit über METALLICA anbelangt.
Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Recherchen äußerst umfangreich und allumfassend sind und Joel McIver stetig darum bemüht ist, eine neutrale Haltung einzunehmen, ist das Buch von seiner Machart her auch uneingeschränkt empfehlenswert und lockt noch Fakten hervor, die selbst der hartgesottene Fan aus dieser Sicht noch nicht betrachtet haben dürfte. Die Wahrheit über METALLICA – ich wage zu behaupten, dass man diese nach dem Lesen von „Justice For All“ kennt. Zumindest kommt man ihr sehr nahe, und für einen langjährigen Fan – und dazu zähle ich mich definitiv – ist gerade das sehr befriedigend. Da sollte selbst der hohe Preis nicht mehr abschrecken!
Gebundene Ausgabe: 438 Seiten