Nicholas Eames – Die schwarze Schar

Band 1: „Könige der Finsternis“
Band 2: „Die schwarze Schar“

Tams Eltern waren Söldner, und Tam hat die Geschichten über ihre Abenteuer bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Sie kennt so ziemlich jedes Lied über jedes Abenteuer jeder beliebigen Söldnertruppe, und ihre Bewunderung gilt vor allem der Fabel, der Truppe um die Blutige Rose. Ihr größter Traum ist es, selbst zu einer solchen Söldnertruppe zu gehören.
Ihr Vater hält davon überhaupt nichts. Selbst ihre Arbeit als Kellnerin duldet er nur, weil sie gut bezahlt ist. Als jedoch eines Abends ausgerechnet die Mitglieder der Fabel in der Kneipe auftauchen, wo Tam bedient, nimmt das Schicksal seinen Lauf …

Die Fabel ist wirklich eine bemerkenswerte Truppe, und das nicht nur, weil sie mehr tun, als nur in Arenen zu kämpfen.

Ihre Anführerin, die Blutige Rose, gilt als völlig furchtlos, allerdings stellt Tam nur allzu bald fest, dass ihre bewunderte Heldin Löwenblatt nimmt, um ihre Angst im Zaum zu halten.

Brune, der Schamane oder Vargyr, ein Gestaltwandler, kann sich in einen mächtigen Bären verwandeln. Leider hat er seine Verwandlungen nicht so recht im Griff, und wenn er die Kontrolle verliert, ist er für seine Gefährten ebenso eine Gefahr wie für jeden anderen.

Cura, die Tintenhexe, kann die Tattoos auf ihrem Körper beschwören und in den Kampf schicken. Darin ist sie hervorragend, allerdings findet Tam mit der Zeit heraus, warum Cura ihre Kunst so gut beherrscht, und auch, was das für Cura bedeutet.

Der stabilste in der ganzen Runde scheint Freiwolk zu sein, ein Druin, der nicht nur ausgezeichnet kämpfen, sondern auch ein klein wenig in die Zukunft sehen kann. Diese sogenannte Voraussicht bezieht sich zwar nur auf das, was andere jeden Moment tun werden, nicht darauf, was generell im nächsten Augenblick geschehen wird, trotzdem ist es ein unschätzbarer Vorteil.

Das schrägste Mitglied der Truppe ist Roderick, der Bucher, der sich um die Aufträge der Truppe kümmert. Er ist nicht nur gefräßig – wobei er offenbar so ziemlich alles verputzen kann, was nicht niet- und nagelfest ist – sondern auch ein Säufer, ein Spieler und obendrein ziemlich sexbesessen.

Tam begleitet die Truppe als Bardin, das heißt, eigentlich als Beobachterin, um hinterher Lieder über die bezeugten Ruhmestaten zu verfassen. Es stellt sich allerdings bald heraus, dass Tam nicht zur Beobachterin geschaffen ist, statt dessen eilt sie der Truppe ständig „zu Hilfe“, obwohl sie gar nicht wirklich kämpfen kann!

Ich fand die Charakterzeichnung hervorragend. Nicht nur, weil die Figuren absolut klischeefrei sind, sondern auch, weil sie sich selbst nicht ganz ernst nehmen. Außerdem entwickeln sie sich. Mit der Zeit erfährt man immer mehr Details über die Mitglieder der Truppe, und nebenbei entdeckt Tam auch einige Wahrheiten über sich selbst. Das alles wird ergänzt durch eine Reihe ebenso gelungener Nebencharaktere, wie zum Beispiel Groll oder Tams Onkel Bran.

Eine ganz andere Wahrheit, die Tam recht bald erfährt, ist, dass das Leben der meisten Söldner nicht ganz so ruhmreich ist, wie sie immer geglaubt hat. dass jedem Auftritt in einer Arena danach eine Party mit Alkohol, Sex und Drogen folgt, ist dabei weniger ihr Problem als die Kämpfe selbst.
Normalerweise kämpfen die Söldner in den Arenen gegen Geschöpfe, die üblicherweise als Ungeheuer bezeichnet werden. Das umfasst jede Art von Fabelwesen, das man sich denken kann, von Ogern und Zyklopen über wilde Katzenmenschen und Riesenspinnen bis hin zu Kobolden. In der Regel werden sie von Jägern gefangen genommen und später von sogenannten Viehtreibern an die Arenen verkauft.
Was Tam an dem Spektakel stört, ist nicht nur die Tatsache, dass sie alle schon vor dem Kampf malträtiert und gequält wurden, sondern auch, dass viele von ihnen betäubt in die Arena geschickt werden! All dies, zusammen mit einigen Erzählungen Freiwolks, die um die ruhmfördernden Lügen diverser Barden bereinigt wurden, ändert allmählich ihre Sichtweise auf die „Ungeheuer“. Abgesehen davon erfährt der Leser aus diesen Unterhaltungen mit Freiwolk auch einiges über den historischen Hintergrund der Welt.

Ans Eingemachte geht es schließlich, als die Truppe ihre Tournee durch die Arenen beendet und sich ihrem zusätzlichen Auftrag zuwendet. Dumm nur, dass gleichzeitig eine Horde Ungeheuer aus dem Norden sich daran macht, den Süden zu überfallen!
Wirklich spannend wird es dann, als der Auftrag der Fabel im Norden beendet ist. Denn die Situation hat sich in jeder Hinsicht unangenehm zugespitzt, und die Zeit drängt. Dabei ist die zahlenmäßige Unterlegenheit nicht mal das größte Problem …!

Was Kampfszenen angeht, ist der Autor nicht zimperlich. Halten sich die Details in den Arenen noch in Grenzen, wird es später zunehmend drastischer. Die Strategie des Endkampfes dagegen war gar nicht schlecht ausgedacht. Während ich den Ausgang des Auftrags bereits ab dem Augenblick ahnte, als Falkenblick vom Boden aufstand, hatte ich bis zum Schluß des Endkampfes keine Ahnung, worin der Clou bestehen würde.

Unterm Strich ist „Die Schwarze Schar“ ein rundum gelungenes Buch. Abgesehen von den hervorragend gezeichneten Charakteren, der spannenden und abwechslungsreichen Handlung und dem gelungenen Entwurf der Welt hat der Autor es verstanden, das alles zu einer kompakten Einheit zusammenzufügen, in der nichts hakt oder bremst oder sonst irgendwie stört, und es zudem noch mit einer gehörigen Prise Humor zu würzen. Dafür sorgen nicht nur Figuren wie Groll, sondern auch Anspielungen wie Curas Lektüre. Mit Pratchett würde ich es allerdings nicht vergleichen. Eames hat seinen eigenen Humor.

Ein weiterer Vorteil: Obwohl das Buch offenbar ein Sequel von „Die Könige der Finsternis“ ist, kann man es lesen, als wäre es ein Einzelband.

Nicholas Eames lebt in Kanada und hat nach einem Schauspielstudium auf das Schreiben von Fantasy-Literatur umgesattelt. „Die Schwarze Schar“ ist sein zweiter Roman nach „Die Könige der Finsternis“.

Taschenbuch 640 Seiten
Originaltitel: „Bloody Rose“
Deutsch von Michael Siefener
ISBN-13: 978-3-453-32089-5

https://nicholaseames.com/index.html
http://www.randomhouse.de/heyne/

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