Nicolás Obregón – Schatten der schwarzen Sonne

Er mordet im Zeichen der schwarzen Sonne – und seine Geschichte ist dunkel und gefährlich…

Eine ganze Familie, hingeschlachtet von einem grausamen Mörder. Am Tatort merkwürdige rituelle Spuren, darunter die Zeichnung einer schwarzen Sonne …
Als Kommissar Kosuke Iwata nach Tokio versetzt wird, übernimmt er einen höchst mysteriösen Fall. Einen Fall, der zudem Iwatas Vorgänger in den Selbstmord getrieben zu haben scheint. Dann schlägt der Mörder erneut zu. Und Iwata wird in eine gnadenlose Jagd hineingezogen, auf der er sich auch seinen eigenen Dämonen stellen muss…(Verlagsinfo)

Inhalt und Eindrücke:

Nach einer beruflichen Auszeit beginnt Kommissar Kosuke Iwata seinen Dienst bei der Tokioter Polizei. Ausgerechnet in der Abteilung eins, die sich mit Mordfällen beschäftigt und gerade wirklich viel zu tun hat. Der Neue wird dort von Kollegen und Vorgesetzten zunächst skeptisch beäugt, darf dann aber direkt sein Können unter Beweis stellen. Gemeinsam mit der Anwärterin Sakai soll Iwata im Fall einer getöteten 4-köpfigen Familie ermitteln: die aus Korea stammenden Kaneshiros wurden im eigenen Haus offenbar der Reihe nach förmlich abgeschlachtet.

Ein Symbol einer schwarzen Sonne am Tatort deutet auf einen Ritualmord hin. Vielleicht ist das aber auch nur ein Ablenkungsmanöver? Eine Baufirma wollte die Familie zum Auszug zwingen, um das Haus abzureißen. Außerdem hatte der Vater der Kaneshiros zuletzt Probleme mit einer rassistischen Organisation, während die Mutter Opfer eines Stalkers war. Iwata und seine neue Kollegin ermitteln in alle Richtungen und finden schnell einige vielversprechende Ansätze. Als wenig später die zurückgezogen lebende Witwe eines Richters ermordet in ihrem Haus gefunden wird, stutzen Iwata und Sakai. Neben dem Symbol der schwarzen Sonne gibt es hier weitere Parallelen zum Mordfall Kaneshiro. Noch bevor er sich aber intensiv damit auseinandersetzen kann, gibt es eine böse Wendung für Iwata: Sein Chef Shindo teilt ihm mit, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn vorliegt und entzieht ihm den Fall Kaneshiro, den er für gelöst und abgeschlossen hält.

Niemand Geringeres als Iwatas Kollege und Erzfeind Moroto hat dem Tatverdächtigen Ezawa inzwischen ein Geständnis entlockt, kurz bevor dieser sich in seiner Zelle erhängte. Für Kosuke Iwata ist eines klar: ein Mörder war Ezawa ganz sicher nicht, sondern vielmehr eine bequeme Lösung für die Polizei. Der Fall ist als „gelöst“ vom Tisch und mildert damit etwas den Druck von oben. Wer weiß, wovon hier auf diese Weise abgelenkt werden soll?
Nachdem Kosuke diese bittere Erkenntnis verdaut und noch dazu Einiges an Demütigungen von den Kollegen, allen voran Moroto ertragen musste, flüchtet er sich erst mal in den Alkohol. Offenbar auch schon ein früheres Problem des Kommissars, der aber weiterhin nicht locker lassen kann. Seine Kollegin Sakai wird hingegen inzwischen im Fall der ermordeten Schauspielerin Mina Fong als Unterstützung eingesetzt.

Doch letztlich ist es der suspendierte Iwata, der ein entscheidendes Detail entdeckt und auf eigene Faust alleine weiterermittelt. Seine Recherchen führen ihn gar ins entfernte Hongkong, wo er dank alter Kontakte die richtigen Leute trifft.

Eine Frage der Zeit, bis er da auffliegt und nach Tokio zurückkehrt. Die Zusammenhänge mehrerer Fälle erweisen sich als sehr viel komplexer als jemals vermutet. Hat Kosuke Iwata die Lösung etwa schon im Gepäck? Zurück in Tokio fügen sich fehlende Puzzleteile ein und es beginnt eine irre und atemlose Jagd nach dem Mörder.

Autor Nicolás Obregón hat seinen Kriminalroman in 40 Kapitel unterteilt, jedes davon trägt eine Überschrift. Die aktuelle Geschichte, in einfacher Vergangenheit erzählt, wird immer wieder unterbrochen von Rückblenden in Iwatas Vergangenheit. Das Trauma dessen Kindheit erzählt der Autor hingegen im Präsens. Aber nicht nur Kindheit und Jugend des Kommissars waren offenbar schwierig. Weitere Schicksalsschläge werden zunächst nebulös angedeutet, bis der Leser Stück für Stück erfährt, was ihm widerfahren ist.
Durch den gesamten Roman zieht sich hingegen der Songtext des Liedes „Blue Light Yokohama“, welches auch der englische Titel des Buches ist. Obregón geht in seinen Anmerkungen darauf ein bzw. druckt dort einmal den gesamten Text ab, den er im Verlauf des Buches zahlreich zeilenweise zitiert.

Die Umschlaggestaltung erinnert an die japanische Flagge und ist ansprechend und stimmig gemacht.

Mein Fazit:

Autor Obregón hat „Schatten der schwarzen Sonne“ unter anderem aus seiner Faszination für das Land Japan heraus geschrieben. Das ist für den Leser an vielen Stellen spürbar, denn die Beschreibungen einiger Orte, Gebäude und Gegebenheiten sind detailreich und anschaulich. Dies war auch für mich tatsächlich der erste Krimi, der im asiatischen Raum spielt.

Überhaupt ist der Erzählstil des Autors lebendig, reich an Dialogen und sehr angenehm für den Leser. Der Roman ist zeitweise wirklich spannend und das eigentliche Thema bietet an sich schon viel Potenzial. Vielleicht war der Autor hier unsicher, ob es dem Leser ausreicht? Also hat er seinem Kommissar zusätzlich gleich mehrere Geschichten verpasst und sich allerhand Schicksalsschläge für seine Vergangenheit ausgedacht, sodass man schon schwer schlucken muss.

Allerdings ist die Geschichte dadurch leider total überfrachtet und nach meinem Geschmack werden eindeutig zu viele Stereotypen abgearbeitet. Auch die Tatsache, dass der Ermittler hier fast ausschließlich im Alleingang unterwegs ist, gefällt mir nicht so gut und wirkt doch eher realitätsfern. Die Idee mit dem Songtext, der im Kopf des Protagonisten präsent ist, ist eigentlich gut. Doch zu oft wiederholt, verliert es seinen Reiz und nervt fast schon.

Insgesamt dennoch ein interessantes Debüt und wir dürfen gespannt sein, was Autor Nicolás Obregón noch bereit hält!

Broschiert: 480 Seiten
ISBN-13: 978-3442314751

www.goldmann-verlag.de

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