Nnedi Okorafor – Binti

Himba zu den Sternen!

Der Nebula-Award-Gewinner endlich auf Deutsch: die Sammlung der drei Novellen „Binti – Allein“, „Binti – Heimat“ und „Binti – Nachtmaskerade“.

Ihr Name ist Binti und sie ist die erste Himba, die jemals an der Oomza Universität, einer der besten Lehranstalten der Galaxis, angenommen wurde. Aber diese Möglichkeit wahrzunehmen bedeutet, dass sie ihren Platz innerhalb ihrer Familie aufgeben und mit Fremden zwischen den Sternen reisen muss, die weder ihre Denkweise teilen, noch ihre Bräuche respektieren.

Die Welt, deren Teil sie werden möchte, hat einen langen Krieg gegen die Medusen hinter sich, und Bintis Reise zwischen den Sternen lässt sie dieser Spezies näherkommen als ihr lieb ist. Wenn Binti das Vermächtnis eines Krieges überleben will, mit dem sie nichts zu tun hatte, wird sie die Gaben ihres Volkes brauchen und die Weisheit, die sich in der Universität verbirgt – aber zuerst muss sie es bis dorthin schaffen, lebendig…

In Band 2 kehrt Binti zur Erde und ihrem Volk, ihrer Sippe zurück. Sie ist schwer verändert, ja, sogar zum Teil ein Medusen-Alien. Dass auch der Meduse Okwu sie begleitet, sorgt für Aufruhr. Mitglieder ihrer Familie feinden sie, ein Geistwesen fordert sie heraus. Schon am nächsten Morgen muss sie eine Pilgerfahrt in die Wüste antreten: zu einer Hexe… (Verlagsinfo)

In Band 3 mit dem Titel „Nachtmaskerade“ erfährt sie, dass die Khoush nicht nur ihren Freund Okwu, sondern auch ihre Familie abgeholt und interniert haben. Was kann Binti unternehmen? Sie muss erst einmal aus der Wüste lebendig zurückkehren. Die Nachrichten waren falsch. Ihr Zuhause ist niedergebrannt worden, und die Khoush stehen den Medusen feindlich gegenüber. Als Harmonistin ist es Bintis Aufgabe, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln, doch ihr fehlt die Autorität des Himba-Rates. Als dieser sie im Stich lässt, muss sie selbst vermitteln, indem sie ihre in der Wüste erworbenen Fähigkeiten demonstriert. Alles scheint zu klappen, doch dann fällt der erste Schuss…


Die Autorin

Nnedi Okorafor (* 8. April 1974 in Cincinnati, Ohio) ist eine nigerianisch-amerikanische Schriftstellerin und Professorin für Creative Writing an der University of Buffalo. Ihre Veröffentlichungen gehören den Genres Science-fiction, Fantasy und Afrofuturismus an.

Okorafors Werke sind geprägt durch die Verbindung von sozialer Utopie bzw. Post-Apokalypse mit afrofuturistischen Visionen und postkolonialer Kritik, knüpfen aber auch an westafrikanische Mythologie an, insbesondere an die Kosmologie und an soziale und spirituelle Traditionen der Igbo. Okorafors zentrale Motivation liegt darin, dass sie afrikanische Perspektiven, bzw. die spezifische Perspektive afrikanische Diaspora in der Science-fiction-Literatur als nicht hinreichend repräsentiert sieht.

Werke

Jugendbuch—verfasst unter dem Namen Nnedi Okorafor-Mbachu

• Zahrah the Windseeker (2005, Houghton Mifflin Harcourt; Taschenbuch 2008, Graphia/Houghton Mifflin Harcourt)
• The Shadow Speaker (2007, Hyperion/Disney)
Kinderbuch— verfasst unter dem Namen Nnedi Okorafor
• Long Juju Man (2009, Macmillan Africa)
• Iridessa and the Secret of the Never Mine (2012, Disney Books)

Jugendbuch—verfasst unter dem Namen Nnedi Okorafor

• Akata Witch (2011, Viking/Penguin) (veröffentlicht als What Sunny Saw in the Flames in Nigeria und in UK bei Cassava Republic)
• Akata Witch 2: Akata Warrior (2017, im Erscheinen)

Belletristik—verfasst unter dem Namen Nnedi Okorafor

• Who Fears Death (2010, DAW/Penguin); deutsch als Wer fürchtet den Tod (2017, Cross Cult) ISBN 978-3-95981-186-6
• „Hello, Moto“ (2011, A Tor.Com Original short story)
• „Moom!“ Kurzgeschichte, erschienen in AfroSF: Science Fiction by African Writers (2012, Storytime)[11]
• Kabu Kabu (2013, Prime Books)
• Lagoon (2014, Hodder & Stoughton Ltd.) (2015, Saga Press/Simon & Schuster); deutsch als Lagune (2016, Cross Cult) ISBN 978-3-86425-873-2

• The Book of Phoenix (2015, DAW/Penguin/PRH) (Prequel von Who Fears Death); deutsch als Das Buch des Phönix (Oktober 2017, Cross Cult) ISBN 978-3-95981-493-5
• Binti (2015, Tor.com)
• Binti 2: Home (2017, Tor.com)
Binti 3: The Night Masquerade (2018, Tor.com)

• • Remote Control (2018, Hodder & Stoughton)

Mehr Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Nnedi_Okorafor

Über Himba

The Himba (singular: OmuHimba, plural: OvaHimba) are indigenous peoples with an estimated population of about 50,000 people[1] living in northern Namibia, in the Kunene Region (formerly Kaokoland) and on the other side of the Kunene River in Angola. There are also a few groups left of the OvaTwa, who are also OvaHimba, but are hunter-gatherers.

The OvaHimba are a semi-nomadic, pastoralist people, culturally distinguishable from the Herero people in northern Namibia and southern Angola, and speak OtjiHimba, a variety of Herero, which belongs to the Bantu family within Niger–Congo. The OvaHimba are considered the last (semi-) nomadic people of Namibia.

Siehe auch den deutschen Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Himba

Die Romane

1) Binti: Allein

Binti ist in der Wüste Namib aufgewachsen und fest verwurzelt mit ihrem Volk, den Himba, und der kargen Landschaft. Traditionell und geradezu obsessiv tränkt sie ihr geflochtenes Haar mit dem roten Lehm der Gegend, dem „otjize“. Dieser wird ihr einmal das Leben retten. Binti ist die Tochter eines Mannes, der Astrolabien herstellt, einer Art Smartphone für die Wüste. Vom ihrem Vater erbt sie das außergewöhnliche Talent für Mathematik, und in ihrem flexiblen geist liebt sie es, Gleichungen zu „verästeln“. Als wäre das noch nicht genug, besitzt sie ein besonders schönen Stein, den sie als „Edan“ bezeichnet und der über bis dato unbekannte Eigenschaften verfügt. Auch dieser wird ihr das Leben retten.

Sie hat sich an der renommierten intergalaktischen Universität Oomza für das Fach Mathematik beworben. Als sie als erste Himba den Aufnahmebescheid erhält, brennt sie durch und besteigt die Fähre zum Raumschiff „Dritter Fisch“, das sie über die Lichtjahre tragen soll. An Bord lernt sie ihre künftigen Kommilitonen kennen, unter denen ihr besonders Heru gefällt. Für ihn ist sie gerne bereits, zur Kombüse zu gehen und Essen zu holen. Er wird es nie bekommen.

Überfall

Seit langer Zeit befinden sich die humanoiden Khoush im Krieg mit den Medusen, die nach ihrer quallenartigen Gestalt benannt sind. Die Medusen überfallen das Schiff während der Reise, dringen ein und töten alle Menschen, die sie finden können. Alle bis auf Binti, die sich, als sie die zahllosen Leichen erblickt, sofort versteckt und einschließt. Alle Körper sind von dem Stachel, den die Medusen als Waffe besitzen, durchbohrt worden, ein grausiger Anblick, von dem sich Binti kaum erholt. Das Verästeln dient als eine Art Trancevehikel.

Waffenstillstand

Doch sie wird natürlich ausfindig gemacht. Zu ihrem Erstaunen kann sie sich mit den Medusen verständigen, und zwar mithilfe des Edan-Steins. Außerdem entdeckt sie, dass ihr „otjize“-Lehm eine heilende Eigenschaft hat, die ihr ermöglicht, verletzte Medusententakel zu behandeln. Diese Wunder halten die Medusen davon ab, sie auf der Stelle zu töten. Insbesondere ein aggressiver junger Meduse namens Okwu beschäftigt sich mit ihr und wird ihr Fürsprecher beim Volk der Meduse. Zusammen verhandeln sie einen Waffenstillstand, den ersten Beweis, dass Binti eine Harmonistin ist, die für Ausgleich sorgt.

Oomza Uni

Die Medusen sind seit Jahren auf der Suche nach einem heiligen Gegenstand, den ihnen die Khoush angeblich geraubt haben. Dieses Objekt eines verehrten Häuptlings befindet sich offenbar in den xenologischen Archiven der Universität. Als die Sicherheitstruppe der Universität aufkreuzt, um die Medusen-Invasoren abzuwehren, geht Binti dazwischen, bis es zu einem unruhigen Stillstand kommt. Forderungen werden ausgetauscht. Doch erst als sich Binti bereiterklärt, sich von einem Medusenstachel durchbohren zu lassen und teilweise eine Meduse zu werden, gelingt es ihr, den Frieden und die Übergabe des heiligen Objekts zu erzielen.

Zu ihrem Erstaunen besteht Okwu darauf, zusammen mit ihr an der Oomza zu studieren: Waffenkunde, was denn sonst?

Mein Eindruck

Am spannendsten fand ich die ungewöhnlichen Eigenschaften der Hauptfigur. Ist schon ihre Haartracht bemerkenswert (und magisch), so ist es ihr kultureller Hintergrund nicht minder. Das Volk der Himba (siehe oben) weist einige Eigenschaften auf, die es von den geläufigen afrikanischen Nationen, wie etwa Zulu, Bantu oder Massai, abheben. Aufgrund dieses Fundaments sollte der aufmerksame Leser immer wieder mit einer Überraschung rechnen, die sich die Autorin einfallen lässt.

Bintis Haupteigenschaft ist die einer Mittlerin. Das heißt, sie zwingt niemanden zu einer Haltung, die sie für richtig ansieht, sondern sie versucht vielmehr, selbst gegensätzlichste Standpunkte zu versöhnen. Das fällt ihr keineswegs leicht, denn sie selbst ist traumatisiert: Die Medusen haben alle ihre Freunde und Begleiter massakriert. Doch sie bleibt ihren Himba-Idealen treu und übt keine Vergeltung. Als es an der Oomza-Uni hart auf hart kommt, opfert sie sogar ihre körperliche Unversehrtheit und einen Teil ihrer Identität. Was kann man mehr verlangen, ohne sie zu töten?

2) Binti: Heimat

Es ist an der Zeit, eine Pilgerreise zur Erde anzutreten, denkt Binti. Sie muss ihre Familie und die Stammesältesten sehen. Seit einem Jahr studiert sie bereits an der Oomza Uni und hat im Fach Mathe ebenso Fortschritte gemacht wie in ihrer Tätigkeit als Harmonistin. Mehr als einmal hat sie ihren Medusen-Freund Okwu davor bewahrt, der Uni verwiesen zu werden. Nun lässt sie ihre Freundin Haifa zurück, geht in die Psychotherapie, um ihr Trauma (siehe Band 1) zu überwinden, schließlich kann sie halbwegs gesundet das Raumschiff betreten, das sie und Okwu zur Erde bringen soll. Okwu will als Botschafter einen Friedensvertrag mit den Khoush in die Wege leiten.

Das Schiff ist wie auf der Anreise wieder „Dritter Fisch“, allerdings ist es diesmal schwanger. Die Erinnerungen an das Massaker vor einem Jahr überfallen Binti mit aller Macht, was der Autorin Gelegenheit zu einer subtilen Rekapitulation der damaligen Ereignisse gibt. Bei der Ankunft auf der Erde zwingt die Raumhafenbehörde das Paar, eine Stunde zu warten, damit alle anderen Passagiere vorher das Schiff verlassen können. Eine weise Maßnahme, denn kaum erscheint Okwu hinter Binti im Gate, rücken Soldaten der Khoush an und legen auf den vermeintlichen Feind an. Verzweifelt wirft sich Binti, die Harmoniemeisterin, in die Schusslinie und beruhigt die Gemüter. Der Bürgermeister der Stadt heißt sie und Okwu willkommen.

Zu Hause

Doch zu Hause geht der Ärger erst richtig los. Vater hat Okwu in einem Spezialzelt untergebracht, und Binti denkt, alles sei in Butter. Falsch gedacht! Ihre ältere Schwester (von neun Geschwistern) fällt als erste über Binti her und klagt sie an, durch ihre unerlaubte Abreise und Rückkehr Disharmonie in die Heimat gebracht zu haben. Kein Himba-Mann würde sie heiraten wollen! Wütend spuckt ihr Binti ins Gesicht. Dann erfährt sie von Mama, dass sie am nächsten Morgen auf eine Pilgerreise gehen werde.

Als übles Omen erblickt Binti um Mitternacht die Nachtmaskerade, angeblich ein Geisterwesen, das wie eine Strohpuppe aufgemacht ist und niemals Frauen und Mädchen erscheint. Das Geistwesen zeigt auf sie: ein Omen. Am nächsten Morgen ist das Wüstenvolk da und fordert Binti und ihre Mutter auf, sie in die Wüste zu begleiten. Papas Mutter ist selbst gekommen, um die beiden Frauen zu fordern und zur Hohepriesterin, der Ariya, zu geleiten. Während Okwu zurückbleiben muss, fragt sich Binti auf dem Marsch bange, ob sie jemals zurückkehren wird…

Mein Eindruck

Am spannendsten fand ich die ungewöhnlichen Eigenschaften der Hauptfigur. Ist schon ihre Haartracht bemerkenswert (und magisch), so ist es ihr kultureller Hintergrund nicht minder. Das Volk der Himba (siehe oben) weist einige Eigenschaften auf, die es von den geläufigen afrikanischen Nationen, wie etwa Zulu, Bantu oder Massai, abheben. Aufgrund dieses Fundaments sollte der aufmerksame Leser immer wieder mit einer Überraschung rechnen, die sich die Autorin einfallen lässt.

Bintis Haupteigenschaft ist die einer Mittlerin. Das heißt, sie zwingt niemanden zu einer Haltung, die sie für richtig ansieht, sondern sie versucht vielmehr, selbst gegensätzlichste Standpunkte zu versöhnen. Das fällt ihr keineswegs leicht, denn sie selbst ist traumatisiert: Die Medusen haben alle ihre Freunde und Begleiter massakriert. Doch sie bleibt ihren Himba-Idealen treu und übt keine Vergeltung. Als es an der Oomza-Uni hart auf hart kommt, opfert sie sogar ihre körperliche Unversehrtheit und einen Teil ihrer Identität. Was kann man mehr verlangen, ohne sie zu töten?

Doch in ihrer Familie ist Binti nur eine von vielen Kindern. Sie wird sofort kritisiert, dass sie aus der Reihe getanzt ist, dass sie die Harmonie gestört. Selbst der einzige für infrage kommende Mann, ein Traditionalist, hat an ihr herumzumäkeln. Kurzum: Im Handumdrehen ist Binti zur Außenseiterin gestempelt. Das ihr derzeitiger Freund (Okwu) ein feindselig angesehener Alien ist, ist auch nicht gerade hilfreich.

Aber Binti ist wegen einer Pilgerfahrt zurück auf die Erde gekommen. Eine Pilgerreise führt immer zurück zu den spirituellen Wurzeln eines Individuums. Die Schamanin Ariya offenbart Binti sensationelle Details aus der fernen Vergangenheit: Aliens kamen einst auf die Erde und brachten die Edan-Steine mit. Dreimal darf sie raten: Das Alien-Erbgut ist über die Mutter ihres Vaters bis zu Binti gelangt. Ob ihr dieses Wissen nützt, muss sich im dritten Band der Trilogie zeigen. Denn sie bekommt mit, dass die Khoush ihre Familie interniert haben. Und wo ist überhaupt Okwu abgeblieben?

3) Binti: Nachtmaskerade

In der Wüste offenbart die Schamanin Ariya Binti sensationelle Details aus der fernen Vergangenheit: Aliens, die Zinariya, kamen einst auf die Erde und brachten die Edan-Steine mit. Dreimal darf sie raten: Das Alien-Erbgut ist über die Mutter ihres Vaters bis zu Binti gelangt. Ob ihr dieses Wissen nützt, muss sich nun zeigen. Denn sie bekommt mit, dass die Khoush ihre Familie interniert haben. Und wo ist überhaupt Okwu abgeblieben? Der junge Mann Mwinyi führt Binti aus der Wüste und zurück in ihr Dorf Ohemba.

Die Nachrichten waren falsch. Okwu sei angeblich tot, doch er hat sich in einem kleinen Teich versteckt. Ihr Zuhause ist niedergebrannt worden, das ist keine Lüge. Und die Medusen stehen den hochnäsigen Khoush wegen des Angriffs auf Okwu feindlich gegenüber. Ein Krieg erscheint unvermeidlich. Die geisterhafte Nachtmaskerade erscheint ihr erneut und ermutigt sie, ihre Aufgabe zu erfüllen. Als Harmonistin ist es Bintis Aufgabe, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln, doch ihr fehlt die Autorität des Himba-Rates. Als dieser sie im Stich lässt, muss sie selbst vermitteln, indem sie ihre in der Wüste erworbenen Fähigkeiten demonstriert, und die sind wirklich beachtlich.

Alles scheint zu klappen, die beiden Kriegergruppen trennen sich, um zu ihren Schiffen zurückzukehren, doch dann fällt der erste Schuss. Und die Schlacht beginnt von neuem. Binti wird in der Körpermitte getroffen, ihr Arm wird abgetrennt. Mwinyi und Okwu sind untröstlich. Denn nun bekommt Binti nichtmehr mit, dass ihre Sippe im Inneren des verbrannten Unsterblichen Baums ohne Verluste überlebt hat. Auch Dele, der die „Nachtmaskerade“ gespielt hat und künftig Häuptling der Himba sein soll, trauert um Binti.

Doch Binti hat Mwinyi eine Vision mitgeteilt, bevor sie starb: die Ring des Saturn. Dort soll vermutlich ihr Grab angelegt werden. Mwinyi und Okwu bringen ihren Leichnam an Bord des lebenden Raumschiffs „Neuer Fisch“, der Tochter von „Dritter Fisch“, zu den Ringen des Saturn. Als sie die Leiche vorbereiten wollen, erleben sie eine faustdicke Überraschung…

Mein Eindruck

Der dritte Band mit den Abenteuern der afrikanischen Magierin Binti, die erst 17 Jahre alt ist, führt ihre Entwicklung auf einen neuen, sehr zufriedenstellenden Höhepunkt. Das ultimative Opfer, das sie als Harmonistin bringt, ist ihr Leben. Zuvor versuchte sie, den Krieg zwischen den Medusen und den Khoush zu verhindern. Die Himba, ihr eigenes Volk, sind immer die Schafe zwischen diesen Wölfen. Was also kann sie davor retten, ebenfalls ein wehrloses Opfer zu werden?

Die Entwicklung Bintis besteht in der Aneignung fremder Eigenschaften, die sie bislang für feindlich gehalten hat oder die ihr schlicht unbekannt waren. Feindlich waren bislang die Medusen, und nun ist sie zur Hälfte selbst eine (Band 1). Aber auf der Uni von Oomza erwirbt sie weiteres, hilfreiches Wissen und Können. Hier leben die unterschiedlichsten Wesen vorurteilsfrei und unter der Leitung einer Rektorin, was die Autorin offenkundig als einen Idealzustand malt. Kein Wunder, wenn sie wegen ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts diskriminiert worden ist. Dass zu diesem Ideal-Universum auch lebendige Schiffe gehören, die den Weltraum durchqueren und dabei Kinder gebären, liegt auf der gleichen Wellenlänge.

Band 2 und v.a. Band 3 wenden die Entwicklungsmöglichkeiten dieser idealen Verkörperung weiblicher Kräfte – und nicht zu sagen „Macht“ – nach innen. Wie schon zuvor Octavia Butler mit ihren Romanen wie etwa „Kindred“ und „Xenogenesis“ gezeigt hat, spielen die Gene der Vorfahren eine extrem wichtige Rolle. Das genetische Erbe kann Fluch und Segen zugleich sein. Nun stellt sich heraus, dass Binti zu einem guten Teil von Außerirdischen abstammt. Wer diese „Zinariya“ waren, erfährt sie im letzten Fünftel von Band 3. Und sie wollen natürlich ebenfalls auf die Oomza-Uni.

Es ist Dele. Der Häuptlingsanwärter, der behauptet, Binti habe die „tiefe Kultur“ der Himba beschworen, um als Harmonistin Erfolg zu haben. Nun, diese Tiefe Kultur umfasst offenbar auch das Wissen, dass die titelgebende Nachtmaskerade nur ein Mummenschanz ist. Diesen hat er, Dele, selbst getragen, um mit seinen Prophezeiungen Binti Mut und Selbstvertrauen einzuflößen. Damit steht er im Gegensatz zum Stammesrat, der Binti fallengelassen hat: ein 17-jähriges Mädchen, noch dazu eine Jungfrau, was kann die schon ausrichten? Oftmals muss man eben eine Maske tragen, um etwas zu erreichen, wenn die eigene Meinung vom Rest der Truppe abweicht.

Durch all diese Unterstützungen gestärkt, braucht Binti am Ende den heimatlichen Otjize gar nicht mehr. Bisher war sie überzeugt, nur der Otjize verleihe ihr magische Kräfte. Und sie muss auch kaum noch verästeln, um ihre Angst und Beklemmung zu überwinden. Ebenso fehlt ihr nun das Edan, das ihr die Zinariya vererbt haben. Sie kriegt bestimmt ein neues.

Dass Binti schließlich auch den Tod überwindet, hat sie mit vielen Heldenfiguren (meist männlichen Geschlechts) gemeinsam. Bislang waren Frauen in den griechisch-patriarchalischen Mythen eher als todbringend dargestellt worden, so etwa die Prinzessin Medea, die ihre eigenen Kinder umbrachte, nachdem Argo sie für eine andere verlassen hatte. Binti eifert vielmehr Jehoschua von Nazareth nach und gibt ihr Leben, um etwas zu erreichen. Was das genau sein könnte, berichten uns Dele und Okwu. Dies darf aber hier nicht verraten werden.

Die Übersetzung

S. 271: „Wieso glaubst du, dass ausgerechnet du ein Okuruwo berufen kann[st]?“ Die Endung für die 2. Person Singular fehlt.

S. 367: „Ich flog durch den porösen Metallstaub, aus dem der Ring des Saturn bestand.“ Bislang war allgemein bekannt, dass die RINGE des Saturn aus Stein und Eis bestehen. Dass sie aus Metallstaub bestehen sollen, ist mir neu.

Unterm Strich

George R.R. Martin ist ein großer Bewunderer von Okorafors Werken und Ursula K. Le Guin war es zu Lebzeiten ebenfalls. Offenbar hat Okorafor schon in ihren Kinder- und Jugendbüchern viele Einfälle, große Menschlichkeit und hohen Idealismus an den Tag gelegt. Nun führt sie mit Binti eine 17-jährige Jungfrau ein. Nein, das ist kein Verschnitt von Jeanne d’Arc und dem jungen Zauberer Ged (in „Erdsee“), sondern eine originär afrikanische Figur, genauer gesagt: aus Namibia. Das Volk der Himba hat seine eigene „tiefe Kultur“. Diese muss die Heldin auf vielfache Weise erwerben, um sie für ihr Überleben und das Überleben der Völker in der Galaxis verwenden zu können.

Natürlich erwartet die Leserschaft, dass ihr etliche Wunder und Rätsel geboten werden. Diese gibt es in Hülle und Fülle, nicht zuletzt auch aus der Quelle von Bintis Erbgut, das nicht rein menschlich ist, sondern ein Amalgam von Mensch, Meduse und Zinariya. Mit einer geheimen Zutat wird Binti auch den Tod überwinden können, so viel ist bald klar. Insofern eifert sie eher den großen Religionsstiftern und Propheten nach, ist aber von Übermenschen wie Paul Atreides noch ein gutes Stück entfernt. Nietzsches Begriff vom Übermenschen ist wohl das letzte, woran Bintis Schöpferin gedacht hat, als sie diese drei Novellen schrieb, die nun endlich zu einem Roman zusammengefasst worden sind.

Taschenbuch: 400 Seiten
Originaltitel: Binti 1-3
Aus dem Englischen von Claudia Kern.
ISBN-13: 9783959816533

www.cross-cult.de

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