Britain, Kristen – Pfad der Schatten, Der (Reiter-Zyklus Band 4)

_|Green Rider:|_

Band 1: [„Grüner Reiter“ 174
Band 2: [„Spiegel des Mondes“ 530
Band 3: [„Der schwarze Thron“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5904
Band 4: _“Der Pfad der Schatten“_

_Seit langer Zeit_ hat Karigan wieder einmal Gelegenheit, ihre Familie zu besuchen. Nachdem sie im letzten Band einige gewöhnungsbedürftige Dinge über ihren Vater erfahren hat, findet sie diesmal ein paar überraschende Details über ihre Mutter heraus. Das Wichtigste an ihrem Ritt nach Corsa ist allerdings eine Begegnung, an die sie sich danach nicht mehr erinnert …

Alton sucht immer noch nach einer Möglichkeit, den Wall zu reparieren. Zwar besitzt er nun eine Abschrift des im letzten Band so heiß umkämpften Buches über den Wallbau, es hilft ihm aber nicht wirklich weiter. Bis Karigans Freundin Estral am Wall auftaucht …

Großmutter ist mit ihren Anhängern in den Schwarzschleierwald gezogen, um eine Mission zu erfüllen, die ihr Gott ihr aufgetragen hat. Aber auch die Eleter haben sich auf den Weg ins ehemalige Argenthyne gemacht!

_Neuzugänge unter den Charakteren_ gibt es diesmal kaum, zumindest sind sie nicht nennenswert. Sie sind lediglich Transporteure für die Handlung, entwickeln kaum eigenes Profil, und die meisten von ihnen überleben das Ende des Buches nicht.

Die Handlung lässt sich grob in drei Teile gliedern:

Der Erste spielt sich hauptsächlich in Sacor-Stadt ab und dreht sich vorwiegend um Estora und die Reichspolitik. Dass Intrigen hier eine große Rolle spielen, versteht sich von selbst. Schade nur, dass dem Leser so früh klar ist, wer hier eigentlich der Gegenspieler ist, und was er vorhat.

Der Zweite dreht sich um die Ereignisse am Wall, wo es so aussieht, als käme Alton den gesuchten Antworten mit Estrals Hilfe endlich etwas näher. Doch das bleibt auch dem Feind nicht verborgen.

Im Dritten geht es um die Ereignisse im Schwarzschleierwald, die letztlich auch zum Showdown führen.

Obwohl sie alle mehr oder weniger miteinander in Verbindung stehen, sind diese Verbindungen eher dünn. Großmutter wirft mithilfe ihrer Magie gelegentlich einen Blick auf das, was ihr Verbündeter Birch bei seinem Versuch, eine bewaffnete Streitmacht des zweiten Reiches aufzustellen, bis dahin erreicht hat. Trace, die eine geistige Verbindung mit Connly teilt, sorgt dafür, dass die Nachricht vom Geschehen in Sacor-Stadt an den Wall und andersherum die Erkenntnisse, die Alton im Laufe des Buches gewinnt, in den Palast gelangen. Gravierenden Einfluss auf den Verlauf der jeweiligen Handlungsstränge hat dieser Austausch von Informationen aber vorerst nicht.

Insofern spielen sich hier drei unterschiedliche Geschichten parallel zueinander ab, und schon allein durch die Örtlichkeit und die dort herrschenden Grundbedingungen unterscheiden sie sich so sehr voneinander wie nur denkbar.

Die Ereignisse im Palast stellen dabei den größten Teil der Gesamthandlung. Das liegt unter anderem auch daran, dass sich Karigan in der ersten Hälfte des Buches noch im Palast aufhält. Bis Karigan den Auftrag erhält, sich der Expedition der Eleter anzuschließen, ist bereits ein Drittel der insgesamt knapp neunhundert Seiten gelesen, als sie endlich aufbricht, ist der Leser in der Mitte angekommen. Die Intrige ist zu diesem Zeitpunkt lediglich angedeutet, sie kommt erst nach Karigans Abreise wirklich zum Tragen.
Stellt sich die berechtigte Frage, womit Kristen Britain dann all die Seiten bis dahin gefüllt hat. Hauptsächlich mit Einleitung. Das klingt voll daneben, trifft den Inhalt aber doch am ehesten. Die Begegnung in der Nähe ihrer Heimatstadt dient der Vorbereitung des Showdowns, und auch der Maskenball, dem Karigan vor ihrer Abreise noch wohl oder übel beiwohnt, enthält Elemente, die für die Ereignisse im Schwarzschleierwald wichtig werden. Da der Leser das zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, wirkt die erste Hälfte des Buches ein wenig wie ein ziemlich umfangreiches Sammelsurium bedeutungsloser Kleinigkeiten. Außerdem lässt die Autorin sich Zeit mit diesen Aspekten, manchmal ist die Ausgestaltung vielleicht doch ein wenig zu detailreich. Der Übungskampf zwischen Karigan und Flogger zum Beispiel wird gleich zweimal aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Ein wenig Geduld braucht der Leser also schon, immerhin aber sind die einzelnen Facetten so unterschiedlich, dass es wenn schon nicht spannend, so zumindest auch nicht langweilig wird.

Ähnliches gilt für die Ereignisse am Wall. Abgesehen von den beiden kurzen Szenen im Erdturm ist dieser Handlungsfaden vollkommen actionfrei. Da auch die Suche nach einem Heilmittel für den Wall nur in winzigen Schritten vorangeht, hat die Autorin diesen Teil mit einer Romanze angereichert, die zu ein paar emotionalen Verwicklungen führt, wobei ich persönlich nicht alle damit verbundenen Reaktionen nachvollziehen konnte. Die Betroffenen benehmen sich hier teilweise ein wenig wie Trottel. Aber gut, Menschen sind verschieden.

Bleibt der dritte Teil des Buches, der um den Schwarzschleierwald. Aber obwohl dieser bedrohliche Ort eine Menge Potenzial für Hindernisse aller Art bietet, und die Autorin dieses Potenzial auch nutzt, will sich selbst hier etwas wie Spannung nicht so recht einstellen. Erst als sowohl Großmutter als auch die Eleter die ehemalige Hauptstadt Argenthynes erreichen, zieht die Schraube an. Letztlich löst sich das Problem aber erstaunlich einfach, die Hindernisse, die Karigan dabei überwinden muss, hätte man durchaus schwieriger gestalten können. Vielleicht hat die Autorin darauf verzichtet, weil das Buch ohnehin schon so dick geworden ist. Ich persönlich hätte es allerdings vorgezogen, wenn sie die erste Hälfte des Buches zugunsten des Showdowns etwas gestrafft hätte. Zumal auch die Intrige in Sacor-Stadt sich ziemlich problemlos auflöst. Der endgültige Schluss wiederum ist eine ziemliche Überraschung.

_Unterm Strich_ bleibt zu sagen, dass das Buch zwar viel Abwechslung bot – ein wenig Romantik, eine wenig Intrige, ein paar Ungeheuer und auch ein wenig Geschichte – , der Sog, der ein Buch zu dem macht, was man gemeinhin als Pageturner bezeichnet, blieb jedoch aus. Zwar waren die Handlungsabläufe und ihre Zusammenhänge untereinander sauber aufgebaut und ausgeführt, ein etwas höheres Erzähltempo hätte allerdings nicht geschadet. Auch neue Ideen, die dem Ganzen ein wenig zusätzliche Würze verliehen hätten, wie es im ersten Band Haus Siebenschlot tat oder im dritten Großmutters Fadenmagie, fehlen hier völlig. So ist es allein der unerwartete Schluss, der Akzente zu setzen vermochte, während der dünne Nebenfaden um die ehemalige Rabenmaske fast völlig losgelöst vom Rest der Ereignisse nebenher läuft. Wahrscheinlich wird er erst im nächsten Band relevant. Denn den wird es ohne Zweifel geben, der vollkommen offene Schluss des Buches lässt gar nichts anderes zu.

_Kristen Britain_ ist hauptberuflich eigentlich Park Rangerin, und das nach einem abgeschlossenen Studium in Filmproduktion. Das Schreiben, mit dem sie bereits im Alter von neun Jahren angefangen hat, hat sich letztlich aber nicht unterkriegen lassen. Außer ihren Romanen über die Grünen Reiter gibt es noch weitere Veröffentlichungen von Kurzgeschichten und Cartoons.

|Taschenbuch, 890 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52936-6
Originaltitel: Blackveil
Deutsch von Michael Nagula|
http://www.heyne.de

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Christie, Agatha – Ein Schritt ins Leere

_Das geschieht:_

Der Golfplatz des Städtchens Marchbolt, gelegen an der Küste von Wales, ist wegen einer tiefen Schucht gefürchtet, über die der Ball an einer Stelle getrieben werden muss. Eines nebligen aber ansonsten schönen Tages findet Robert „Bobby“ Jones, vierter Sohn des örtlichen Pfarrers, dort beim Spiel einen Mann, der offensichtlich den Klippenrand übersehen und abgestürzt ist. Bevor der Fremde stirbt, spricht er noch diesen Satz: |“Warum haben sie Evans nicht informiert?“|.

Weder Bobby noch seine Jugendfreundin Frankie – alias Lady Frances Derwent – oder gar die Polizei wissen mit dieser Äußerung etwas anzufangen. So geht es auch Amelia Cayman, die den Verunglückten voller Trauer als ihren Bruder Alexander Pritchard identifiziert, den seine Wanderlust nach Marchbolt getrieben habe.

Zufällig erkennt Bobby, dass Amelia eine Betrügerin und der Tote kein Mr. Pritchard ist. Während die fantasievolle Frankie schon längst an ein Verbrechen dachte, stimmt ihr der bodenständige Bobby erst zu, nachdem man ihn zunächst mit einem fingierten Jobangebot außer Landes locken und nach dem Scheitern dieses Plans vergiften wollte. Da die Polizei den Fall ratlos ad acta legt, beschließt das kriminalistisch eher unerfahrene Paar, sich als Detektive zu versuchen. Die Spur führt in die Grafschaft Hampshire und dort zum Landsitz der Familie Bassington-ffrench. Frankie lädt sich dort quasi selbst ein, während Bobby ihr als Chauffeur verkleidet Rückendeckung gibt.

Während sich Frankie mit Sophia, der Dame des Hauses, rasch anfreundet, gibt das sprunghafte Verhalten des Gatten Henry Rätsel auf. Schwager Roger vermutet eine Morphiumsucht. Eigentlich fände sich eine Lösung für dieses Problem direkt vor der Haustür: Dort hat Arzt Dr. Nicholson eine private Klinik für ’nervenkranke‘ Angehörige der High Society eingerichtet, die hier unter Ausschluss der Öffentlichkeit ‚ausspannen‘ – oder geht hier deutlich Illegales vor, wie Frankie und Bobby bald zu argwöhnen beginnen …?

_Schräger Humor & die Kunst der Andeutung_

Ein „screwball“ bezeichnet im Baseball einen Spielball, der angeschnitten wird, um ihm eine unerwartete Flugbahn zu verleihen und den Gegner zu verwirren. Da dieser Sport in den USA einen quasi-religiösen Status einnimmt, ist es nicht verwunderlich, dass der Begriff für eine entsprechende Variante der Hollywood-Filmkomödie adaptiert wurde, die in den frühen 1930er Jahren für frischen Kino-Wind sorgte.

Die „Screwball“-Komödie nimmt keine große Rücksicht auf eine logisch jederzeit nachvollziehbare Handlung. Diese wird ersetzt durch einen humorvollen „Krieg der Geschlechter“, den eine Frau und ein Mann führen, von denen der Zuschauer längst weiß, dass sie füreinander bestimmt sind, während sie durch ein von kurios überdrehten Episoden geprägtes Geschehen stolpern und sich dabei mit rasantem Wortwitz beharken, dem stets ein frivoler Unterton innewohnt. Am Ende steht die erst widerwillig aber dann umso intensiver eingestandene Liebe.

Mit Filmen wie „It Happened One Night“ (1934; dt. „Es geschah in einer Nacht“) oder „Hands Across the Table“ (1935, dt. „Liebe im Handumdrehen“) gewann die „Scewball“-Komödie rasch ihr Publikum – und ihre Nachahmer, denn diese primär auf das Wort setzenden Beziehungskomödien eigneten sich auch für das Theater oder die Unterhaltungsliteratur. Also versuchte auch Agatha Christie, die nicht nur eine fähige, sondern auch eine geschäftstüchtige Autorin war, den „screwball“ zu schlagen. Dabei kam ihr zupass, dass sich die Komödie problemlos ins Krimi-Genre verpflanzen ließ.

|Wo die Liebe hinfällt|

Alle einschlägigen Elemente sind vorhanden. Schon der (Original-) Titel ist ein absichtlicher Verstoß gegen den heiligen Ernst des klassischen Kriminalromans. Die letzten Worte eines Sterbenden schweben ständig über einem Geschehen, für das sie nur von marginaler Bedeutung sind. Vor allem für ihre Leser löst Christie schließlich das Geheimnis um „Evans“.

Im Mittelpunkt stehen „Bobby“ und „Frankie“ als aus englischer Sicht denkbar ungleiches, weil durch gleich mehrere Gesellschaftsklassen getrenntes Paar. Die stärkere Rolle übernimmt – auch dies typisch für die „Screwball“-Komödie – die weibliche Figur, die hier nicht von ungefähr einen männlichen Spitznamen trägt. Frankie lässt sich keineswegs in den Hintergrund abschieben, sondern wird an der Seite des Mannes aktiv. Sie ist sogar die treibende Kraft, die den sowohl gutmütigen als auch etwas trägen Bobby als Ermittler aktiviert. Als die beiden dann zur Tat schreiten, muss Bobby sich als Chauffeur verkleiden und Frankie unterordnen. Der ebenfalls selbstbewussten und aus eigenem Verdienst erfolgreichen Christie dürfte diese Frauenrolle leicht aus der Feder geflossen sein.

Realismus bleibt reine Behauptung. Zwar versucht sich Bobby als Automechaniker, aber es ist offenbar kein Problem, die Werkstattarbeit ruhen zu lassen, um stattdessen Detektiv zu spielen. Bobbys Kompagnon „Badger“ („Dachs“) Beadon ist gleichzeitig der „screwball“-typische ‚beste Freund‘ der Helden, der stotternd und tölpelhaft für Lacher sorgt aber trotzdem – wen schert die absolute Unglaublichkeit – wie hergezaubert zur Stelle ist, wenn eine helfende Hand nötig wird. Dass darüber die gemeinsame Werkstatt pleitegeht, ist kein Beinbruch – Frankies reicher Lord-Vater sorgt mit einigen nennwerthohen Geldscheinen für Abhilfe.

Frankie ist dem alltäglichen Daseinskampf ohnehin enthoben und kann sich ihren exzentrischen Zeitvertreiben widmen. Als Tochter eines Hochadligen ist sie nicht nur reich, sondern auch hübsch und besitzt deshalb doppelte Narrenfreiheit; etwaige Halb- und Ungesetzlichkeiten werden vom verständnisvollen, gut entlohnten und verschwiegenen Familienanwalt folgenlos unter den Teppich gekehrt.

|Auch halbblinder Eifer schadet nur|

Christies Verdienst ist es, das „Screwball“-Element kunstvoll in einen Kriminalroman zu integrieren. „Der Schritt ins Leere“ ist trotz der zahlreichen inhaltlichen Hakenschläge und des offensiven Witzes ein ‚richtiger‘ Christie-Krimi. Dem absurden Geschehen liegt ein sauber geplottetes und raffiniertes Verbrechen zugrunde, das keineswegs nur Vorwand ist. Als „Whodunit“ funktioniert „Der Schritt ins Leere“ ganz klassisch, Autorin und Leser liefern sich auf der Suche nach dem Täter ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Als Gewinnerin geht indes und wie üblich Christie ins Ziel; ihr Publikum überlässt ihr den Lorbeer im Tausch gegen die gelungene finale Überraschung gern.

Das „Screwball“-Element passt vorzüglich zur Ermittlung zweier ebenso eifriger wie unerfahrener Hobby-Detektive. Die auffällige Abwesenheit der Polizei ist der Komödie geschuldet, denn Einmischungen von amtlicher Seite sind in dieser Geschichte nicht vorgesehen. Nach Herzenslust können Bobby und Frankie deshalb in immer neue Verkleidungen schlüpfen, lügen oder einbrechen. Selbst als sie in der Todesfalle des Schurken landen, fehlt dieser Situation jeglicher Ernst, weshalb sie problemlos auf denkbar kuriose Weise aufgelöst werden kann. Nicht einmal dem mehrfach mörderisch aktiven Schurken kann man böse sein, weshalb Christie auf die alte Binsenweisheit „Crime doesn’t pay“ verzichtet. Wieso sollte die langweilige Gerechtigkeit in diesem Absurd-Umfeld den Bösewicht ereilen, der sich wie ein Sportsmann in seine Niederlage fügt und letzte offene Fragen in einem ausführlichen Brief beantwortet?

So eine nur locker in der zeitgenössischen Wirklichkeit verankerte Geschichte hält sich frisch. In Deutschland wurde sogar die Übersetzung aus dem Jahre 1935 beibehalten – dank leichter Überarbeitung ist sie noch immer lesenswert, und sie bewahrt den Tonfall dieses Romans, der eine andere, ebenfalls interessante Seite der Agatha Christie präsentiert.

|“Der Schritt ins Leere“ im Film|

Angesichts der beschriebenen Meriten wundert es, dass es 45 Jahre dauerte, bis „Der Schritt ins Leere“ filmisch aufgegriffen wurde. Agatha Christie, die sehr gut um die Qualitäten ihrer Romane wusste, ärgerte sich vor allem über die minderwertige Umsetzung, die einige ihrer Krimis im Medium Fernsehen erfahren hatten, und hielt sich deshalb sehr mit der Vergabe von Filmrechten zurück. Dies änderte sich erst nach ihrem Tod, da ihre Erben weniger empfindlich waren. „Why Didn’t They Ask Evans?“ wurde 1980 sehr nah am Werk als dreistündiges TV-Epos umgesetzt. Mit einer eindrucksvollen Reihe berühmter englischer Schauspieler – darunter John Gielgud, Joan Hickson, Bernard Miles oder Eric Porter – wurden noch die Nebenrollen prominent besetzt.

Sehr kurios mutet dagegen die Version von 2009 an: Sie wurde drastisch umgeschrieben, bis sie ins Konzept der seit 2004 erfolgreich laufenden Fernsehserie „Marple“ passte. Also klärt nunmehr Miss Marple das Evans-Rätsel, während Bobby und Frankie im Feld der übrigen Darsteller aufgehen.

_Autorin_

Agatha Miller wurde am 15. September 1890 in Torquay, England, geboren. Einer für die Zeit vor und nach 1900 typischen Kindheit und Jugend folgte 1914 die Hochzeit mit Colonel Archibald Christie, einem schneidigen Piloten der Königlichen Luftwaffe. Diese Ehe brachte eine Tochter, Rosalind, aber sonst wenig Gutes hervor, da der Colonel seinen Hang zur Untreue nie unter Kontrolle bekam. 1928 folgte die Scheidung.

Da hatte Agatha (die den Nachnamen des Ex Gatten nicht ablegte, da sie inzwischen als „Agatha Christie“ berühmt geworden war) ihre beispiellose Schriftstellerkarriere bereits gestartet. 1920 veröffentlichte sie mit „The Mysterious Affair at Styles“ (dt. „Das fehlende Glied in der Kette“) ihren ersten Roman, dem sie in den nächsten fünfeinhalb Jahrzehnten 79 weitere Bücher folgen ließ, von denen vor allem die Krimis mit Hercule Poirot und Miss Marple weltweite Bestseller wurden.

Ein eigenes Kapitel, das an dieser Stelle nicht vertieft werden kann, bilden die zahlreichen Kino- und TV-Filme, die auf Agatha Christie Vorlagen basieren. Sie belegen das außerordentliche handwerkliche Geschick einer Autorin, die den Geschmack eines breiten Publikums über Jahrzehnte zielgerade treffen konnte (und sich auch nicht zu schade war, unter dem Pseudonym Mary Westmacott sechs romantische Schnulzen zu schreiben).

Mit ihrem zweiten Gatten, dem Archäologen Sir Max Mallowan, unternahm Christie zahlreiche Reisen durch den Orient, nahm an Ausgrabungen teil und schrieb auch darüber. 1971 wurde sie geadelt. Dame Agatha Christie starb am 12. Januar 1976 als bekannteste Krimi Schriftstellerin der Welt.

|Taschenbuch: 221 Seiten
Originaltitel: Why Didn’t They Ask Evans? (London: Collins 1934)
Übersetzung: Otto Albrecht van Bebber
ISBN-13: 978-3-596-16890-3|
http://www.agathachristie.com
http://www.fischerverlage.de

_Agatha Christie bei |Buchwurm.info|:_
[„Und dann gabs keines mehr“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=433
[„Das Haus an der Düne“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=658
[„Die blaue Geranie“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1178
[„Mord im Orientexpress“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1844
[„Rolltreppe ins Grab“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2806
[„Tod in den Wolken“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3787
[„Alter schützt vor Scharfsinn nicht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7286
[„Der Tod wartet“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7804
[„Das Eulenhaus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7870

Andreas Eschbach – Herr aller Dinge

Der Kurd-Laßwitz-Preisträger 2012!

Andreas Eschbach, einer der geistreichsten deutschen Schriftsteller unserer Tage, knöpft sich auch diesmal weltverändernde Potenziale vor. Herr aller Dinge transportiert eine vielschichtige Geschichte, deren erzählerisches Hauptaugenmerk auf die Beziehung zweier höchst unterschiedlicher Menschen gerichtet ist – quasi der erste Liebesroman aus Eschbachs Feder, könnte man behaupten. Handeln tut er allerdings vor allem von den Entwicklungen, die Hiroshi Kato, eine der beiden Hauptpersonen, antreiben und schließlich zu bahnbrechenden Erkenntnissen führen – und Eschbach entwickelt die Geschichte so geschickt, dass sich Hiroshi einer unermesslichen Verantwortung stellen muss und damit – liebe Leserinnen, hört kurz weg – die tragische Beziehung zu Charlotte Malroux auch so endet, wie sie sich entwickelte.

Charlotte Malroux ist die Tochter des französischen Botschafters, zum Beispiel in Tokio, wo sie die Bekanntschaft eines Jungen aus der Nachbarschaft, des Sohnes einer Hausangestellten sogar, macht und aus dieser Bekanntschaft für den Jungen, Hiroshi Kato, etwas erwächst, was ihn sein Leben lang mit der Sicherheit einer Idee begleitet und leitet, denn es führt ihm den Sinn und Unsinn der menschlichen Würde am Maßstab der Güterverteilung mehr als einmal deutlichst vor Augen, ein Charakteristikum unserer Gesellschaft, das er ausschalten will. Widersprüchlich ist er sich des Schicksals seiner Begegnung mit Charlotte und der Bedeutung derselben in tiefster Sicherheit bewusst, so dass sich für ihn grundsätzlich nicht die Frage nach einer anderen Frau stellt, vor allem, nachdem er sie an einer amerikanischen Universität wieder trifft und sich ihre kindliche Beziehung mit derselben Selbstverständlichkeit fortsetzt, die sie auch schon in Japan auszeichnete.

Sowohl Hiroshi als auch Charlotte verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten, die bei Hiroshi weltlicher, intellektueller Natur zu sein scheinen, doch möglicherweise auf Charlottes Gabe zurück zu führen sind: Charlotte hat Zugang zu historischen Erinnerungen, sie sieht die Bilder und die stärksten Gefühle der Menschen, die irgendeinen beliebigen Gegenstand berührten. Dabei werden diese Bilder deutlicher und stärker, je länger ein Gegenstand im Besitz eines Menschen war. Die Verbindung zwischen dieser Gabe und Hiroshis Begabung im technisch-mathematischen Bereich wird in einer frühen Szene des Romans deutlich, als die beiden Kinder auf einem Ausflug ein Artefakt entdecken, ein Messer, das eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Charlotte ausübt. Sie riskiert mehr als nur Ärger, als sie unbedingt versucht, das Messer zu berühren, um seine Geschichte zu erfahren. Unter den intensiven und schmerzhaften Eindrücken verliert sie das Gleichgewicht und Hiroshi fängt sie auf – und erlebt einen kurzen Kontakt über Charlotte mit dem Wesen des Messers. Dieser Zufall könnte von zentraler Bedeutung für die Ausprägung seiner unwahrscheinlichen Begabung sein.

Während sich nun auf der einen Seite alles um Hiroshis großes Ziel dreht, jedem Menschen zu jeder Zeit alles zu ermöglichen, ist die Beziehung der beiden Dreh- und Angelpunkt der weiteren Geschichte. Charlotte durchlebt emotionale Irrwege, bis sie an einer Expedition teilnimmt, durch die die Wende eingeleitet wird. Ab diesem Zeitpunkt fokussiert sich die Handlung immer mehr auf die Auswirkungen, die Hiroshi in der Entdeckung der perfekten Nanomaschinen erlebt, erkennt und befürchtet. Hier nimmt der Roman zwar deutlich sichtbar Charakteristika eines Science-Fiction-Thrillers an, und Eschbach scheut nicht einmal die Entfaltung des großartigen, umfassenden Erkenntnisbildes, ein Gefühl, das dem bewanderten SF-Leser als „Sense of Wonder“ geläufig ist. Trotzdem bleibt die Triebfeder die Beziehung zwischen den Protagonisten, aufgelockert durch eine auf Eifersucht basierende Intrige, die man sich getrost wegdenken kann. Dem gegenüber entwirft Eschbach ein grausames Bild von einer Menschheit, die vom Vernichtungswillen getrieben den Sprung in die Zukunft schafft. Mit dieser Erkenntnis der Möglichkeiten und im Science-Fiction-Sinn auch der eigenen Geschichte trifft Hiroshi seine Entscheidungen und sucht einen anderen Weg.

Die bedingungslose Zuneigung Hiroshis zu Charlotte und seine immerwährende Sicherheit, sie beide gehörten zusammen, führt tragischerweise dazu, dass er sich immer mehr von ihr distanziert. Hier kommen nämlich die Wirtschaftsmächte, Geheimdienste und Regierungen ins Spiel, die bei derlei gefährlichen Entdeckungen stets mit von der Partie sind. Logischerweise muss sich Hiroshi gegen eine einzelne Macht entscheiden, eine Tatsache, die sich schon lange durch die Literatur zieht und der sich auch Eschbach nicht verschließt. Also wird er als Gefahr eingestuft und verfolgt und muss Charlotte durch seine Abwesenheit schützen.

Man könnte denken, Hiroshi hätte seine Kenntnisse und Fähigkeiten auch einsetzen können, um unterzutauchen, doch sehen wir hier zwei Aspekte, die sich aus der Geschichte ergeben und das nicht zulassen. Charlotte erkrankte an einem Tumor, was Hiroshi natürlich kurz vor dem Showdown zu ihr lockte, um sie zu heilen – und damit die Verfolger auf den Plan ruft. Und Eschbach wählte Hiroshi als Japaner zum Protagonisten, um einen Menschen zu haben, der traditionell fähig ist, auch den letzten und endgültigen Schritt zu gehen und eine Weiche für die Zukunft der Menschheit zu stellen. Diese letzten Szenen des Romans kumulieren noch einmal alle Action und Gefühle, die sich mal auf- und abschwellend durch die Geschichte ziehen. Eschbach trifft den Nerv seiner Leser und schafft einen abschließenden Höhepunkt von ungeheurer Kraft. Der Kreis schließt sich in Gestalt eines Messers, das Charlotte als Erinnerungsstück von Hiroshi erhält. Und das eine Anleitung enthalten mag, sollte die Menschheit je für Hiroshis Erkenntnisse reif sein.

Viele Kritiker gelangen zu dem Schluss, dass Eschbach zwar außergewöhnliche Ideen umsetzt und tolle Romane schreibt, aber gleichzeitig eine unüberwindbar erscheinende Schwäche in dem Ende seiner Geschichten liegt, das den Leser oft verwirrt oder unbefriedigt zurücklässt. Mit „Herr aller Dinge“ widerlegt Eschbach diese Theorie, zwar nicht zum ersten Mal, aber in höchster Deutlichkeit und Selbstverständlichkeit, so dass man das Buch zuklappt – und erst einmal nichts sagt.

Gebunden, 687 Seiten
ORIGINALAUSGABE
ISBN: 978-3-7857-2429-3
Leseprobe
http://www.luebbe.de

Ausgezeichnet wurde der Roman mit dem Kurd-Laßwitz-Preis 2012
Die Jury des Deutschen Science Fiction Preises verlieh dem Roman den Zweiten Platz, knapp hinter Karsten Kruschels „Galdäa – Der ungeschlagene Krieg“.

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 4,50 von 5)


 

Andreas Eschbach – Quest (Lesung)

Zwischen der Verpflichtung für ihren Pantap und der Sorge vor der großen Invasion des Sternenkaisers begibt sich der Fernerkunder Megatao auf die Suche nach der letzten Hoffnung. Kommandant Eftalan Quest und seine Mannschaft versuchen, was noch keinem Menschen glückte: Den Planeten des Ursprungs zu finden, die eine legendäre Welt, auf der alles Leben begann – doch um was zu tun …?

Andreas Eschbach wurde geboren, erlebte eine Kindheit, studierte Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete als Softwareentwickler, ehe es ihn nach Frankreich zog. Dort lebt und arbeitet er mit seiner Familie an der Bretagne im Urlaub.

Die ferne Zukunft: Die Menschheit hat sich über Galaxien ausgebreitet und dabei in die unterschiedlichsten Gruppierungen aufgespalten, so dass die einzelnen Völker voneinander nichts mehr wissen. In der Galaxis Gheera existiert das monarchische Reich des Pantap, und dieses Reich, obwohl gigantisch in seinen Dimensionen, wird von den Heerscharen des Sternenkaisers angegriffen. Noch kennt niemand die Streitkräfte des Gegners, doch es gehen Gerüchte über unglaubliche Massen an Kriegsschiffen, die über weit überlegene Technik gebieten. Da scheint es nicht abwegig, wenn der Pantap einen seiner mächtigen Fernerkunder, die Megatao unter dem Kommando des Kriegshelden Eftalan Quest, auf eine geheime Mission schickt, deren Ziel nur dem Kommandanten höchst selbst bekannt ist.

Quests Mannschaft arbeitet effizient und höchst erfolgreich an den einzelnen Abschnitten auf ihrem Weg, zum Beispiel entwenden sie der gigantischen Bibliothek von Paschkan, die von Außerirdischentechnik geschützt wird, die Heiligtümer, die gehütetsten Informationen, die von Außerirdischen berichten. So findet man schließlich das Volk der Yorsen, der ältesten und mächtigsten Wesen der Galaxis, und erhält dort den nächsten Hinweis auf dieser intergalaktischen Schnitzeljagd. Doch was wäre das alles wert ohne den Unsterblichen Smeeth, den man mit seinem beschädigten Raumschiff aus dem All fischt? Und was hofft Quest auf dem legendären Planeten des Ursprungs zu finden?

„Quest“ ist ein Roman aus den Anfängen des eschbachschen Schaffens. Das „Jesusvideo“ war schon geschrieben, und Eschbach erreichte Publikum außerhalb der Science-Fiction-Szene. Mit „Quest“, das er selbst als Geschenk an seine Fans beschreibt, machte er den letzten Schritt zurück in die offensichtlichen marketingtechnischen Niederungen des Prädikats „SF“, das im Folgenden von seinen Büchern für Erwachsene verschwindet. Quest, einstmals erschienen in wunderschöner großformatiger Paperbackausgabe mit Innenillustrationen auf buntem Hochglanzpapier, präsentiert auf den ersten Blick seine Zugehörigkeit zum „Raumschiffe, Aliens und T..ten“-Genre, wobei Letztere in allen anderen Bereichen der Literatur mindestens genau so präsent sind wie in der SF und Eschbach einen sich stets weiterentwickelnden Stil hat, sie in Szene zu setzen.

Ab diesem Zeitpunkt erscheint Eschbachs Science-Fiction also entweder getarnt als Thriller, oder in Form von Jugendromanen wie dem Marsprojekt oder zuletzt der „*Out-Trilogie“. „Quest“ spricht aber erfreulich direkt schon durch sein Titelbild den echten Fan an, was nicht bedeutet, es sei für andere Leser verschlossen – ein Vorurteil, unter dem die SF Zeit ihres Daseins leidet. Raumschiffe, fremde Galaxien, Sternenkaiser … na und? „Quest“ bietet mehr als ein Beziehungsdrama, in dem die Standesunterschiede und gesellschaftlichen Zwänge eine Rolle spielen; es gibt Ausblicke in die charakterlichen Untiefen des Menschen, egoistisches Handeln bis zur Selbsterkenntnis, Gott als Sinnbild negativer Motivation und schlicht wunderbare Unterhaltung an einer spannenden, gut erzählten Geschichte. Es macht seinem Titel Ehre, denn man kann die Geschichte ebenso auf diesen Aspekt reduzieren: Die Queste, die Suche nach dem Planet des Ursprungs, nach dem Mythos der Menschheit.

Quest als Protagonist ist ein mehrschichtiges Subjekt; er tritt zwar selten in Erscheinung und macht eher den Eindruck des überlegenen, hochintelligenten Kommandanten – über seine Beziehung zur ersten Heilerin erfährt man aber mehr von ihm, als der Schein vortäuscht. Im Grunde ist er ein zerstörtes Leben, zerfressen von Verantwortung und Heldenstatus, ein Mensch, der seine großen Verluste nie verwunden hat. Und doch scheinen diese Verluste ihn vor allem in seinem egozentrischen Weltbild zu bestärken, zeigt er doch nie Trauer oder menschlichen Verlust, sondern in erster Linie Verzweiflung über seine Unfähigkeit, über die Last, die das Schicksal ihm auferlegt hat, über Gottes Gleichgültigkeit. Er ist verbittert ob der Ausweglosigkeit seiner tödlichen Erkrankung, ohne die Möglichkeit, einen Verantwortlichen für die Geschehnisse zu finden als sich selbst.

Andere Charaktere haben ihre weltlicheren Probleme, so wie der erste Verweser (Quests Stellvertreter), der als Einziger in der Kommandohierarchie über Fähigkeiten verfügt und doch niemals ein Kommando wird führen können in der durch gesellschaftliche Strukturen geregelten Konzeption der monarchistischen Flotte des Pantap. Oder der junge Novize Bailan, der sich dem Abenteuer seines zölibatären Lebens gegenüber sieht, als er die Niedere kennenlernt, einer jungen Frau der untersten Kaste, die rechtlos und wertlos wie Leibeigene behandelt werden – auch ein Aspekt, den Eschbach schließlich für eine dramatische Wendung nutzt. Und nicht zuletzt der Unsterbliche, Smeeth, der von Narben übersäte Mann aus der Vergangenheit, der so unendlich viel mehr weiß und kann, als die menschliche Vorstellungskraft für möglich hält, und der sich doch an seine tierische Abstammung klammert, um das Alleinsein über die Jahrtausende zu ertragen. Er ist der Mensch, dessen Abgeklärtheit schließlich den einzigen Ausweg für Quest, den gescheiterten Kommandanten und Fahnenflüchtigen, aufzeigt. Und er ist der Mann, dessen bloße Existenz für die unaufhaltbare Invasion des Sternenkaisers verantwortlich ist durch die Mythen, die sich um ihn und seine Geschwister ranken, die Mythen der Unsterblichkeit, die die Sternenkaiser seit Menschengedenken verfolgen und zu erreichen trachten. Wenn man die Zustände in der Galaxis Gheera auf diesen Punkt reduzierte, würde man sogar Quests Zustand auf Smeeths Existenz zurückführen können. Ein unmenschlicher Gedanke.

Übrigens hängt im Speiseraum der Megatao ein kleiner Haarteppich, eine Kostbarkeit, die den Flechtenden Jahre seines Lebens kostet – was für die Zukunft der Galaxis noch eine ausschlaggebende Rolle spielen soll, wie Eschbach uns in seinem Romanerstling „Die Haarteppichknüpfer“ bereits miterleben ließ.

Sascha Rotermund als Sprecher ist für die neue Vertonung der Eschbach-Klassiker eine feste Größe. An seiner Stimme und Betonung lässt sich nichts aussetzen, es ist durchweg ein angenehmes Hörerlebnis, dem auch die nötige übergreifende Spannung nicht fehlt. Einzig die Namen haben eine eindeutige Anglisierung erhalten, was aufgrund ihrer Schreibweise durchaus im Rahmen des Vorstellbaren liegt, andererseits lässt sich jeder Name – vor allem auch in Anbetracht der zeitlichen Distanz zur Existenz des heutigen Englisch – auch unbedenklich deutsch aussprechen. Die Kürzungen, die aus redaktionellen Gründen anfallen mussten, fallen bei diesem Roman wieder erstaunlich unauffällig aus, und obzwar die vollständige Lektüre natürlich noch eine ganz andere Aussagekraft hat, bietet diese Lesung eine hoch zufrieden stellende und unterhaltende Leistung.

„Quest“ ist mithin einer der besten Romane Eschbachs.

6 Audio-CDs mit 442 Minuten Spieldauer
ISBN: 978-3-7857-4663-9

www.luebbe.de

Der Autor vergibt: (5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Kilborn, Jack – Hotel, Das

_Das geschieht:_

Sehr weit außerhalb bzw. tief in den Hügeln des US-Staates Virginia steht das Hotel Rushmore Inn. Es ist ein Familienbetrieb der ganz besonderen Art, deren Betreiber sich möglichst selten im hellen Tageslicht blicken lassen, denn der Stammbaum der Roosevelts weist allzu viele verdächtig miteinander verflochtene Seitentriebe auf. Ein illegales Lager uralter Medikamente im Keller des Hotels sorgt für die zusätzliche Trübung des familiären Gen-Pools. Die Konsequenzen sind den meisten Mitgliedern der Sippe buchstäblich in die zerfressenen Gesichter geschrieben. Innerhalb der Roosevelt-Schädel herrscht darüber hinaus kollektive Leere dort, wo Begriffe wie „Gesetz“ und „Moral“ verankert sein sollten.

Auch degeneriertes Hinterwäldler-Gesindel will leben. Wer sich im Rushmore Inn eincheckt, wird es lebend nicht mehr verlassen, denn der Roosevelt-Clan benötigt regelmäßige Blutauffrischungen. Weibliche ‚Gäste‘ sperrt man zur Erzeugung halbwegs menschenähnlichen Nachwuchses im Keller ein. Aktuell vergreift man sich an den Pillburys: Großmutter Florence, Tochter Letti und Enkelin Kelly. Außerdem angelockt wurden Deborah Novacheck, die nach einer doppelten Beinamputation auf Prothesen angewiesen, deshalb in Sachen Flucht gehandicapt aber durchaus gebärfähig ist, und der Journalist Mal Deiter.

Noch wie üblich schnappt die Falle zu. Dann allerdings bekommen die Roosevelts Schwierigkeiten. Die Pillburys sind sämtlich überaus sportlich – Oma war zudem in Vietnam -, und Deborah wollte gerade an einem weiteren „Ironwoman“-Triathlon teilnehmen. Außerdem nähern sich die Leidensgefährten Felix und Cameron dem Hotel: Hier verschwand im Vorjahr Maria, Freundin bzw. Schwester der beiden Männer, die dort weitersuchen, wo die Polizei kapituliert hat.

In den tiefen Kellergewölben des Rushmore Inn bricht ein Kampf auf Leben & Tod aus, der sich bald auf sämtliche Räume des alten Hauses ausweitet. Hier wird Pardon weder erwartet noch gegeben, was auf beiden Seiten den Leichenpegel steigen lässt …

|Bestie Mensch als Spiegelbild|

Das Verhältnis der US-Amerikaner zu ihren ‚Hinterwäldlern‘ ist ebenso zwiespältig wie interessant. Gemeint sind jene Bevölkerungsschichten, die nicht nur vom etablierten, konsumorientierten „American Way of Life“ abgekoppelt sind, sondern ihren Außenseiterstatus scheinbar zelebrieren, indem sie sich als Gruppen isolieren und unter sich bleiben. Die Geografie eines Kontinents, der mehr als genug Winkel bietet, liefert ihnen die nötige Abgeschiedenheit.

Nun kommen seitens der ’normalen‘ US-Bürger Unwissen, Vorurteile und Schadenfreude dazu, und fertig ist der „Redneck“: schmutzig, dumm, brutal, un- und inzüchtig, chronisch kriminell, versoffen, mehr Tier als Mensch. Als „Backwood“- Bösewicht hat er sich vor allem im Unterhaltungsfilm einen festen Platz neben den klassischen Horror-Gestalten erobert. John Boorman formulierte 1972 in „Deliverance“ (dt. „Beim Sterben ist jeder der Erste“/“Flußfahrt“) die noch heute gültige Definition. Tobe Hooper erweiterte sie 1974 mit „The Texas Chain Saw Massacre“ (dt. „Blutgericht in Texas“/“Kettensägenmassaker“) um die Horror-Elemente Wahnsinn, Blutgier und Kannibalismus. Die Faszination am kaputten Redneck ist zu einem Gutteil Voyeurismus: Die ‚guten‘ Amerikaner blicken aus sicherer Entfernung und deshalb angeekelt, aber auch besorgt auf ihr Spiegelbild (herunter), verkörpert es doch, was der brave US-Bürger zu werden befürchtet, wenn er beim Ringen um den „Amerikanischen Traum“ nicht mithalten kann. Auf der anderen Seite ist da auch Neid: Hinterwäldler verstellen sich nicht. Konflikte werden unmittelbar ausgetragen, Bedürfnisse befriedigt. In gewisser Weise sind sie frei; Gesetze, Regeln oder Zwänge gelten für Rednecks nicht. Sie leben aus, was sonst streng kontrolliert wird.

|Vorbereitungen auf den Kampf|

Mit „Afraid“ (2008; dt. „Angst“), seinem ersten in Deutschland veröffentlichten Horror-Roman, ging Kilborn ab der ersten Seite in die Vollen – und hatte sein Pulver lange (sehr lange) vor dem Finale verschossen. „Das Hotel“ entstand zwei Jahre später und zeigt einen Verfasser, der als Erzähler dazugelernt hat. Einem turbulenten und verheißungsvollen Auftakt folgt eine ruhige Passage, in die Kilborn zwar immer wieder kurze Szenen einschneidet, die uns daran erinnern sollen, dass wir hier eine Gruselgeschichte lesen, aber ansonsten seine Figuren einführt und vorstellt.

Diese unterscheiden angenehm vom üblichen Backwood-Horror-Kanonenfutter, das entweder heulend dem blutigen Ende entgegen bibbert oder – noch klischeehafter – zum Kampf-Koloss mutiert und die Schurken reihenweise niederstreckt. Zwar scheint genau das auch in „Das Hotel“ zu geschehen. Der Unterschied ist klein aber gravierend: Kilborn macht sich die Mühe, glaubhaft zu erklären, wieso das Backwood-Pack einerseits übermenschlich stark aber andererseits verletzlich ist, während die Opfer entweder Leistungssportlerinnen oder aus anderen Gründen körperlich gut beieinander sind. Auf diese Weise ist das Kräfteverhältnis einigermaßen ausgewogen. Kilborn gelingen zudem Figuren, um die wir bangen, weil er unser Interesse an ihnen wecken konnte. Eine Heldin ohne Beine ist keine Erscheinung, der wir in einem Hotel voller Mutanten besonders ausgeprägte Überlebenschancen einräumen würden. Aber gerade ihre Behinderung bzw. die daraus resultierenden Fähigkeiten machen aus Deborah Novacheck eine ernstzunehmende Gegnerin: Kilborn, der ansonsten eine aus tausend Filmen und Romanen bis zum Überdruss bekannte Geschichte erzählt, hat begriffen, wie er für das nötige Quäntchen Abwechslung sorgen kann. Hier ist es der Faktor Überraschung: Nachdem die Roosevelts vier Jahrzehnte verschleppt und gemordet haben, hat sich ihrerseits Routine eingestellt. Sie verlassen sich auf ihre Kraft und das Überraschungsmoment und sind daran gewöhnt zu obsiegen. Zu spät bemerken sie, dass sie sich dieses Mal übernommen haben, als sie gleich sieben entschlossenen ‚Opfern‘ gegenüberstehen.

|Vorhang auf zum üblichen Gemetzel|

Im letzten Drittel geht es dann zu jener Sache, auf die der Hardcore-Horrorfan schon längst wartet: Das Schleichen durch dunkle Kellerräume und Geheimgänge weicht der offenen Konfrontation. Gefangene werden nunmehr auf beiden Seiten nicht mehr gemacht. Dem evolutionären Status der Roosevelts entsprechend bleiben Schusswaffen fast völlig außen vor. Die Urzeit kehrt zurück – mit Messern, Steinen, spitzen Knochen und blanken Fäusten gehen die Kontrahenten aufeinander los. Blut und andere Körperflüssigkeiten spritzen ausgiebig, auch die damit verbundenen Körperschäden werden von Kilborn gewissenhaft und detailfroh geschildert; er weiß, was er seine Kundschaft schuldig ist. Allerdings findet er im Eifer des blutigen Gefechts das manchmal notwendige Bremspedal nicht mehr und produziert Übertreibungen, die den Horror ins Lächerliche umschlagen lassen: Schon als die Schlacht in voller Stärke tobt, lassen die männlichen Roosevelts ständig die Hosen fallen, wenn ihnen eine Gegnerin gegenübersteht. Oma Pillbury erweist sich als Meisterin der asiatischen Kampfkunst, die sogar Chuck Norris in den Schatten stellt. Und während um sie herum ihre Söhne fallen, inszeniert Mutanten-Übermutter Eleanor eine aufwändige Hinrichtung.

Schade, denn solche Schlamperei ruiniert beinahe die bizarren Absurditäten, mit denen Kilborn seine Schlachtplatte zu würzen weiß. So ist das Rushmore Inn dem Wahnsinn der Hausherrin entsprechend in seinem Inneren ein Schrein für die Präsidenten der USA. In jedem Gästezimmer wird ein anderes US-Staatsoberhaupt gewürdigt. (Die Roosevelt-Hinterwäldler sind übrigens durchaus in der Lage, im Internet nach weiteren Exponaten zu fahnden!) Retter Cameron ist sogar noch verrückter als die Roosevelts. Ein Berglöwe greift hungrig ins Geschehen ein.

|Das Ende ist niemals endgültig|

Vom Klischee beinahe zur Tradition gereift ist der Backwood-Horror-Epilog: Während die endlich erschienene Polizei den Tatort aufräumt, schleicht sich im Hintergrund mindestens ein überlebender Mutanten-Lump in die Freiheit, um neues Unheil zu stiften. Im Film öffnet dies das Hintertürchen zu einer Fortsetzung, im Roman gilt ein solches Ende als bittere Ironie. Kilborn findet allerdings einen Dreh, diesen Epilog tatsächlich logisch zu gestalten.

Damit schließt ein Roman, dessen kopierter Plot und grobe Effekte durch eine handwerklich solide Umsetzung, interessante Figuren und einige gelungene Überraschungen erstaunlich gut aufgefangen und getragen wird. Deshalb schenke man bloß der Werbung keinerlei Glauben, die sowohl in den USA als auch hierzulande plump auf der Kotzen-vor-Ekel-gleich-Heidenspaß-Schiene fährt. Der Werbe-Legende nach war dem eigentlich schon gefundenen US-Verlag der „Hotel“-Stoff viel zu heiß, weshalb der Autor seinen Roman im (digitalen) Selbstverlag herausbrachte. Allerdings ist dies der generelle Veröffentlichungsweg, den Kilborn eingeschlagen hat, weshalb diese Mär womöglich auf ihn selbst zurückgeht.

In Deutschland geht die Werbung nicht so dreist aber dafür ideenarm vor: „Der Sensationserfolg aus den USA – Jack Kilborn gibt dem Horror ein neues Gesicht!“. Das eine ist eine unbelegte Behauptung, das andere Unfug: Jack Kilborn ist nur ein Glied in einer langen Kette von Autoren, die wie Richard Laymon, Bryan Smith, Tim Curran usw. auf den direkten, quasi körperlichen Horror setzen. „Neu“ sind sie in ihrem massiven Auftreten höchstens in den deutschen Buchläden, wo sie allmählich ähnlich lästig werden wie die windelweichen Als-ob-Vampire der „Twilight“-Ära.

_Verfasser_

Jack Kilborn wurde 1970 als Joseph Andrew Konrath in Skokie, einem Vorort von Chicago, US-Staat-Illinois, geboren. Nach dem College schrieb er zwölf Jahre nie veröffentlichte Romane. Erst mit „Whiskey Sour“, dem ersten Band einer Krimi-Serie um Jacqueline „Jack“ Daniels vom Chicago Police Department, fand er 2004 einen Verleger. Konrath ist für sein ausgeprägtes Talent der Selbstvermarktung bekannt. Gemeinsam mit der Autoin Julia Spencer-Fleming pries er 2006 im Rahmen eines Mailings 7000 US-amerikanischen Bibliothekaren seine Werke an. Konrath ist ein Pionier als eBook-Autor. Exklusiv für das Amazon-Kindle veröffentlicht er immer wieder Kurzgeschichten und Romane. Am College of DuPage in Glen Ellyn, Illinois, lehrt er kreatives Schreiben.

Während er unter seinem Geburtsnamen weiterhin Kriminalgeschichten veröffentlicht, wählte Konrath 2008 für sein Debüt als Horror-Autor das Pseudonym „Jack Kilborn“. In schneller Folge schrieb er – oft mit Co-Autoren – weitere Gruselromane und Kurzgeschichten. 2011 kam „Joe Kimball“ als Verfasser einer Serie jugendorientierter SF-Romane hinzu. J. A. Konrath lebt und arbeitet in Schaumburg, ebenfalls einer Vorstadt von Chicago.

|Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: Endurance (Schaumburg/Illinois : Joe Konrath 2010)
Übersetzung: Wally Anker
ISBN-13: 978-3-453-52883-3|

|Als eBook: Januar 2012 (Heyne Verlag)
578 KB
ISBN-13: 978-3-641-07196-7|

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_Jack Kilborn bei |Buchwum.info|:_
[„Angst“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6899

Professor van Dusen 8: Wettbewerb der Detektive

_Professor Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen:_

Folge 1: [„Eine Unze Radium“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6717
Folge 2: [„Das sicherste Gefängnis der Welt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6672
Folge 3: [„Mord bei Gaslicht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6718
Folge 4: [„Der Mann, der seinen Kopf verlor“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6685
Folge 5: [„Stirb schön mit Shakespeare“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7408
Folge 6: [„Die Perlen der Kali“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7668
Folge 7: [„Whisky in den Wolken“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7829
Folge 8: _“Wettbewerb der Detektive“_

_Die Handlung:_

Wer ist der größte Detektiv, Shemlock Homes oder Professor van Dusen, die „Denkmaschine“? König Edward VII. von England will es wissen. Darum beauftragt er beide, den Fall des verschwundenen Innenministers aufzuklären. Es gibt rätselhafte Spuren im Überfluss, Buffalo Bill Cody scheint eine mysteriöse Rolle zu spielen, Homes verkleidet sich und kriecht auf allen Vieren, van Dusen denkt und erfindet den Lügendetektor – und natürlich ist er es, der die richtige und total überraschende Lösung findet. (Verlagsinfo)

_Mein Eindruck:_

Na das kann ja was werden. Die beiden berühmtesten Privatdetektive … äh, Verzeihung … Amateurkriminologen sollen herausfinden, wie der britische Innenminister aus einem von innen verschlossenen Raum entkommen konnte beziehungsweise entführt wurde. Da fällt mir ein, dass es das Original, Sherlock Holmes, tatsächlich mal mit einem solchen Fall zu tun hatte, wobei sich dort herausstellte, dass die verschwundene Person noch immer da war, nur halt versteckt. Das ist in diesem Fall … zum Glück … aber nicht so.

Hält man den Professor ab und zu für arrogant und überheblich, wenn er seine Auflösungen monologisiert, so ist sein Erzfeind Holmes die Steigerung davon. Im Gegensatz zu ihm wirkt van Dusen richtig sympathisch.

Und so gibt es hier zwar durchaus einen Fall aufzuklären, bei dem hin und wieder auch mal an die bereits aufgeklärten Erlebnisse von van Dusen und Hutchinson Hatch erinnert wird, aber das eigentlich Spannende ist hier der „Wettbewerb der Detektive“. Shemlock Holmes wird hier als überheblich rechthaberischer Blender dargestellt und ins Lächerliche gezogen, genau so, wie ihn van Dusen in den vergangenen Folgen immer beschrieben hatte.

Holmes hetzt von einem Ort zum anderen, während „die Denkmaschine“ das tut, was sie am besten kann … denken. Und dazu muss man bekanntermaßen nicht hetzen … das wäre eher kontraproduktiv.

Wir werden zwar auch Zeuge von van Dusens Ermittlungsarbeit, aber im Grunde wartet der Hörer von Anfang an auf den Show-down … spätestens, nachdem sich der Detektiv und der Amateurkriminologe am Anfang gleich ein Geek-Off um einen Spazierstock und dessen Analyse liefern.

Am Ende des Stückes drängt sich Holmes in den Vordergrund und legt dem König seine Theorie zum Fall dar, in die gleich noch eine Berühmtheit mit hineingezogen und von ihm verdächtigt wird: Buffalo Bill. Und ohne den Hörspaß zu mindern, ist es kein wirklicher Spoiler, wenn ich an dieser Stelle verrate, dass van Dusen eine gänzlich andere Ansicht vom Tathergang vertritt.

Wer allerdings Recht hat und wo der Innenminister denn nun abgeblieben ist, das erzähle ich natürlich nicht, denn die Auflösung ist spannend, interessant und diesmal sogar humorvoll und sollte persönlich genossen werden.

|Das Hörerlebnis|:

Da es sich hier um die Neuauflage einer 1979 erstmalig ausgestrahlten Radio-Produktion handelt, darf man nicht allzu viele Effekte erwarten. Die gibts bei Radiohörspielen eh selten, weil sie in der Regel sehr textlastig sind. Der „Wettbewerb der Detektive“ bildet hier keine Ausnahme, aber lässt auch nichts vermissen. Alle Dialoge sind immer lebendig mit Geräuschen unterlegt, die die Szenen passend unterstützen.

Einzig bei den Abschlussmonologen fällt es dem Hörer manchmal schwer, den Ausführungen zu folgen, weil der Detektiv und der Amateurkriminologe im Raum hin- und herwandern, während sie erzählen. Und so hört man einiges leider schlecht und manches vielleicht auch gar nicht, wenn man nicht schnell genug am Lautstärkeregler dreht.

|Trackliste:|

01 – 09 Wettbewerb der Detektive
10. Kommentar zu „Wettbewerb der Detektive“
11. Persönliche Anekdote von Rainer Clute und Klaus Herm

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Prof. van Dusen: Friedrich W. Bauschulte
Hutchinson Hatch: Klaus Herm
Inspektor Smiley: Rolf Marnitz
Shemlock Homes: Lothar Blumhagen
Dr. Watts: Rudi Schmitt
König Edward VII.: Krikor Melikyan
Oberst Cody: Heinz Spitzner
Wachtmeister Billington: Alexander Herzog

|Technik-Credits:|

Produzent & Initiator der CD-Auflage: Sebastian B. Pobot, Highscore Music
Skript: Michael Koser
Regie: Rainer Clute
Aufnahmen: RIAS Berlin
Covergestaltung: Lars Vollbrecht
Illustrationen: Lars Vollbrecht und Gerd Pircher
Product Management: dp

|Die Ausstattung:|

Die wie immer stilvoll und aufwendig bedruckte CD steckt in einem Jewel-Case. Als Bonus enthält die CD noch Kommentare zur Folge und eine Anekdote.

Im Booklet-Faltblatt beschreibt Michael Koser, warum diese Folge ein „Mini-Kompendium der Kriminalliteratur“ darstellt. Dazu gibts noch ein paar Fotos und Hintergrundinfos zu Jacques Futrelle, Michael Koser, Sebastian Pobot, der die CD-Version angeschubst hat sowie eine „Sprecher und ihre Rollen“-Aufstellung. Außerdem sehen wir die Cover der bereits erschienen Folgen und Werbung für den van-Dusen-Comic und den Van-Dusen-Roman. Und als besonderes Schmankerl sehen wir auf der Rückseite einen gezeichneten „Shemlock Holmes“, der snobistisch dreinblickt.

_Mein Fazit:_

Ein Geek-Off zweier Genies, die sich nicht leiden können. Der berühmte Privatdetektiv aus England im Wettkampf mit dem Amateurkriminologen aus Amerika. Und dazwischen geht der eigentliche Fall des verschwundenen Innenministers fast verloren. Das ist nicht nur spannend, sondern unterhält auch aufs Humorvollste. Die Dynamik zwischen den beiden könnte besser nicht sein und bietet eine Stunde zeitlos gute und humorvolle Unterhaltung, der man ihre 30 Jahre gar nicht anhört.

|1 Audio-CD
Spieldauer: 61:53 Min. (davon 54 Min. Hörspiel)
Tracks: 11
Erstausstrahlung im Radio: RIAS Berlin, 1979
Empfohlen ab 10 Jahren
UPC: 0602527699141|
http://www.universal-music.de
http://www.folgenreich.de
http://www.vandusen.de

Neuschaefer, Katharina – Vom Ende der Zeit – Ragnarök (Nordische Sagen 4) (Lesung)

_|Nordische Sagen|:_

Folge 1: [„Odin, der Göttervater“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7836
Folge 2: [„Die Erschaffung der Welten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7748
Folge 3: [„Thor, der Donnergott“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=8000
Folge 4: _“Vom Ende der Zeit – Ragnarök“_

_Der Wolf rennt, der Drache fliegt: Endkampf um Asgard_

Nachtschatten, kein Mond, nur Finsternis liegt über den drei Welten. Das Unheil, das die Seherin lange vorhergesehen hat, ist nun eingetreten: Ragnarök, die Götterdämmerung hat begonnen. Die Kinder Lokis, des listigen Riesen, reißen sich los, der Wolf rennt, die Midgard-Schlange kommt an Land und Hel, die Totengöttin, sammelt auf ihrem wundersamen Schiff Naglfar alle dunklen Gestalten von Niflheim. Ihr Ziel ist Asgard. Möge es brennen!

Der Verlag empfiehlt die Lesung ab 7 Jahren.

_Die Autorin_

Katharina Neuschaefer studierte Musikwissenschaft und Germanistik und arbeitet als Radiojournalistin und Moderatorin bei Bayern 4 Klassik. Sie ist Autorin und Regisseurin zahlreicher Hörspiele und Musikgeschichten für Kinder. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Sie erzählt die altisländischen Edda-Sagen neu und bietet sie sortiert dar.

_Der Sprecher_

Peter Kaempfe studierte von 1974 bis 1978 Schauspiel in Hannover. 1980 gründete er die Theater-und Musikcompagnie „Pompoffel“ in Bremen und spielte von 1984 bis 1990 bei der Bremer Shakespeare Company. 1990 gründete er gemeinsam mit zwei Kolleginnen DAS TAB. Er lebt in Bremen und arbeitet als Schauspieler, Sprecher, Autor und Regisseur. Für Igel-Genius nahm Peter Kaempfe die Reihe „Griechische Sagen“ auf, dazu die Jury der hr-2 Hörbuchbestenliste: „Die Interpretation von Peter Kaempfe muss überragend genannt werden“. Seine Aufnahme der „Ilias“ wurde 2006 für den Deutschen Hörbuchpreis nominiert.

Produzent war Leonhard Huber.

_Handlung_

Es gab eine Zeit, da lebten die Götter, die Menschen und Elben, die Zwerge und Riesen sowie die Unterirdischen noch in verbundenen Welten. In dieser Zeit saß in jeder Vollmondnacht eine Wölwa oder Seherin auf einem Hügel nahe dem Götterreich Asgard. Ihr inneres Auge blickte in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft und nichts blieb der zauberkundigen Frau verborgen. Selbst die Götter baten sie um Rat, um an ihrem ewigen Wissen teilzuhaben. Wer in jenen besonderen Nächten zu der Seherin auf den Hügel stieg und sich zu ihr ans Feuer setzte, erhielt Auskunft …

„Man muss die Götter warnen, was auf sie zukommt!“, drängt der Besucher, doch die Wölwa winkt ab: Was nun folgt, ist alles längst vorbestimmt. Es geht los, als die magische Fessel, die den Fenriswolf, Lokis monströses Kind, sich losreißt und aus der finsteren Atla-Schlucht gen Asgard rennt.

Nach dem tragischen Tod Balders, der durch Lokis List durch seinen eigenen Bruder Hödd getötet wurde, herrscht in den Herzen der Asen der Fimbulwinter. Auch Odin hat keinen, dem er die Schuld geben kann, denn Loki ist wohlweislich spurlos verschwunden. Um Loki zu finden, befragt Odin das Haupt Mimirs. Doch in Lokis Hütte findet er nichts als ein verbranntes Fischernetz. Ein Hinweis, dass Loki ein Fisch geworden ist. Also werfen sie ein raffiniertes Netz aus, in dem sich ein riesiger Lachs verfängt: Loki! Doch ihn in der Atla-Schlucht zu fesseln, nütze ihnen nichts, höhnt der Riese: Seine Kinder werden alle Asen vernichten und Walhall zerstören. Seltsamerweise bleibt Lokis Frau Sigin weiterhin bei ihm.

|Ragnarök|

Odin bereitet Asgard auf die kommende Schlacht gegen die Riesen und Ungeheuer vor. Die Vorzeichen sind schlecht. Die Weltenesche wirft ihre Blätter ab, denn der Drache Nidhöggr hat ihre Hauptwurzel durchgebissen – der Baum stirbt. Die Nornen, die am Fuße der Esche, wo die Quelle Urd entspringt, existieren, geben Odin keine Antwort. Thor malt sich die Runen der Rache auf die Wange. Er ist kampfbereit.

Doch die Gegenseite ist es auch. Die Totengöttin Hel, Lokis Tochter, versammelt das Heer der Unterwelt und der Riesen im Niflheim-Wald. Sobald der Hahn dreimal gekräht hat, können sie sich nach Asgard einschiffen und dort losschlagen. Der Wolf Sköll verschlingt die Sonne, der Wolf Hati den Mond. Nacht fällt, und Sterne regnen vom Himmel. Gebirge wanken, Beben versetzen die Menschen in Panik. Der Hahn Fjallar kräht zum ersten Mal …

Odin wundert sich, wo nur sein Heer bleibt. Doch die Zwerge erstarrten im Sonnenlicht. Der Herr der Lichtalben Wölundr weigert sich zu kämpfen: Wir sind Bewahrer, nicht Zerstörer.“ Wenigstens Freya zieht in die Schlacht, und dann sind da ja noch seine 13 Walküren, die Schlachtenmädchen Odins. Er stimmt sie auf die Schlacht ein: „Für Asgard!“

Da erscheinen die Riesen unter Lokis Führung. Sie haben mit ihrem Schiff Naglfar den Regenbogen Bifröst befahren, doch da stößt der Wächter Heimdall in sein Horn, und Walhalls 514 Tore schwingen auf, um je 800 Krieger zu entlassen. Odin reitet an ihrer Spitze den Feuer- und Eis-Riesen entgegen. Schon bald brennt Asgard. Und dann kommen die Ungeheuer …

_Mein Eindruck_

Wie oben ersichtlich, ist dies der vierte und letzte Teil der Serie über Nordische Sagen. Der Text ist leicht verständlich, wenn auch die Ereignisse, von denen die Wölwa berichtet, mitunter etwas wunderlich sind, ganz sicher aber heroisch und finster. Die finale Schlacht um das Götterreich Asgard erinnert in ihren Duellen und bizarren Teilnehmern zuweilen an Tolkiens Schlacht auf den Pelennor-Feldern im 3. Band des „Herrn der Ringe“. Und selbstverständlich kannte der Altenglisch- und Altnordisch-Experte Tolkien die isländische Edda, in denen Ragnarök geschildert wird. Die nordischen Vorlagen für Tolkiens Erfindungen wurden mehrfach nachgewiesen, u.a. von Tom Shippey.

Die Schlacht ist einerseits das von der Seherin vielfach vorhersagte Ereignis, so dass der Hörer froh ist, wenn es nun endlich zum Höhepunkte der Saga kommt. Andererseits ist der Anlass ja ein recht trauriger: der Untergang der Götter. Doch für eine gewisse Spannung sollte beim Hörer die Frage sorgen: „Wenn die Götter doch alle mit besonderen Superfähigkeiten ausgestattet sind, wie kann es dann sein, dass sie gegen ein paar poplige Riesen und Ungeheuer unterliegen sollen?“

Nun, die Schilderung der Schlacht zeigt, dass es keineswegs so einfach ist: Die Götter sind wenige, die Riesen sehr viele. Letztere dezimieren die krieger, die Walhall aufzubieten hat, ganz erheblich. Doch statt dieser quantitativen Erwägungen sind vielmehr die qualitativ wertvolleren Zweikämpfe von größerem Interesse. Die skandinavischen Altvorderen haben sich ja bei den Ungeheuern ja etwas gedacht, als sie sie erfanden. Alle Ungeheuer sind Symbole für große, als böse bezeichnete Mächte.

Die Midgardschlange steht für die stürmische, verschlingende See. Der Riesentöter Thor ist ihr designierter Erzfeind. Das Duell der beiden ist grandios (siehe Titelbild). Weitere Symbolkraft haben der Fenriswolf und der Feuerriese Surtur. Der Feuerriese vernichtet erst die Weltenesche, stößt dann aber in der Kriegsgöttin Freya auf einen Gegner, der ihm Paroli zu bieten weiß. Der Fenriswolf will Frigg, Odins Gemahlin angreifen. Doch was macht sie? Sie stößt sich den Dolch in die Götterbrust und verflucht ihn! Ja, so waren die stolzen Wikingerfrauen – oder hätten es zumindest sein sollen, ginge es nach den Dichtern.

Und das Ende des Obergottes? Kann der Erschaffer der Welten seiner Nemesis, dem Fenriswolf, widerstehen? Das soll hier nicht verraten werden, aber es ist ein Ende, das eine Menge Fragen aufwirft. Der Schluss ist tröstlich: Die Götter der Altvorderen sind tot, es leben die neuen Götter! Die Erde erneuert sich. Doch etwas hat überlebt, und so geht alles von vorne los.

|Der Sprecher|

Peter Kaempfe ist ein Routinier, wie man an seiner ruhigen Vortragsweise erkennt. Ert tritt hinter der Erzählerin Wölwa und dem Erzählten zurück, haucht aber unversehens den Figuren wieder Leben ein, wenn Emotionen gefragt sind. Zu diesen Figuren gehört in erster Linie der Göttervater selbst. Man merkt Odin an, dass er seinen Zorn mühsam unterdrückt, wenn er mit Loki und dem Anführer der Lichtalben spricht. Es läuft nicht alles rund, könnte man sagen.

Da dies eine Schlacht mit wahnsinnig vielen Akteuren ist, ist es sehr ratsam, schon die vorherigen Teile der Saga gehört zu haben. Dann kann man auf die bisherigen Kenntnisse über die Figuren zurückgreifen und braucht keine Hilfestellung von Seiten der Dialogführung („Thor donnerte“ usw.). Wer ein gutes Gedächtnis besitzt, erkennt auch die wichtigsten Stimmen wieder: Thor, Odin, Loki usw.

Der Sprecher schafft es mit Leichtigkeit, die Kontraste zwischen den heldenhaften Asen und den niederträchtigen Ungeheuern herauszustreichen. Die Stimme des Fenriswolfs kann einem Hörer, zumal einem jungen, durchaus kalte Schauder über den Rücken jagen.

|Die Musik|

Die Instrumente sind ganz einfache, aber sehr alte: eine afrikanische Krugtrommel; ein Balafon, „die afrikanische Urform des Marimbaphons“ (eine Art Xylophon also); eine tibetische Handtrommel, chinesische Glocken, Zimbeln, Klangschalen und Becken, außerdem ein „traditionelles finnisches Saiteninstrument“, eine „tibetische Trompete“, ein Saxophon, Bass und „verschiedene traditionelle Flöten“.

Man sieht also, dass hier auf sehr ursprüngliche Klänge geachtet wurde. Die entsprechenden Melodien sind ebenso urtümlich, lassen sich aber noch in manchen (abgelegenen) Weltgegenden erlauschen. Es ist, als würde der Hörer in die ferne Vergangenheit lauschen. Das finde ich höchst passend, wenn es um Geschichten über die Entstehung der Welten geht.

Die Musik mischt sich niemals in den Vortrag ein. Nach einem stimmungsvollen Intro hören wir sie stets nur als Intermezzo zwischen Textabschnitten. So haben wir Zeit, das Gehörte zu verdauen. Das Outro geleitet uns wieder uns wieder aus der Lesung hinaus, als würden wir eine andere Zeit verlassen.

|Das Booklet|

Das Booklet ist ein wichtiges Hilfsmittel für den Hörer, um sich in der Vielzahl der im Vortrag geschilderten Welten zurechtzufinden. Zweitens bietet diese Darstellung auch einen Stammbaum für die wichtigsten Asen und ihre Kinder. Das Booklet liefert also erhellende Zusammenhänge, die sich angesichts der verzweigten Handlung und der Vielzahl der Namen als höchst willkommen erweisen.

_Unterm Strich_

Der actionreiche Abschluss der vierteiligen Serie mutet mit seiner Götterdämmerungs-Stimmung ein wenig wie der letzte Band des „Herrn der Ringe“ an: Die Entscheidung muss fallen, wenn Asen und Riesen ihren uralten Zwist, der mit Odins Mord an einem Riesen begann (s. Teil 1), zu Ende bringen – koste es, was es wolle.

Über Action kann man sich nicht beklagen, denn nicht nur gibt es zahlreiche Duelle, die schon lange angekündigt sind (Thor vs. Jörmungand, Odin vs. Fenriswolf, Surtur gegen Freya, Loki gegen den Rest), sondern auch heldenhafte Szenen, die man nur in nordischer Sagas finden kann. So etwa jene Konfrontation zwischen Fenrir, dem schrecklich groß gewordenen Wolf und Frigg, Odins Gattin. Sie gibt sich lieber die Kugel, pardon: den Dolch, als ihm zum Opfer zu fallen.

Ja, und was ist nun mit unserer Gewährsfrau, der Seherin Wölwa (eine Bezeichnung, die wahrscheinlich doppelt gemoppelt ist)? Auch sie hat ihre Rolle in der finalen Schlacht zwischen Göttern und Riesen zu spielen. Auf welcher Seite sie steht, soll hier nicht verraten werden, doch man kann es sich eigentlich denken. Sie stirbt den ehrenvollen Tod einer Heldin. Wer hätte das vorher gedacht?

Doch keine Angst: Dass die Asen verlieren, bedeutet nicht das Ende der Welt! Sie erneuert sich wieder, als hätte eine Schlange ihre Haut abgestreift, und ein neuer Frühling bricht für Midgard und die überlebenden Asen an. Alsdann – auf ein Neues!

|Das Hörbuch|

Peter Kaempfe trägt die Erzählung der Seherin routiniert und zurückhaltend vor. Er haucht den Figuren Leben ein, wenn es darauf ankommt, ohne sie jedoch allzu sehr individuell zu charakterisieren. Dennoch konnte ich Odin stets von Thor auseinanderhalten, und die schrecklich fauchenden Stimmen von Jörmungand und Fenrir sind unvergesslich.

Die bemerkenswert instrumentierte Musik hebt den musikalischen Beitrag über das gewohnte Maß hinaus. Zwischen Dramatik, Trauer und Romantik wechselt der Ausdruck fortwährend, aber stets passend zur jeweiligen Szene. Die exotischen Instrumente – und evtl. sogar ein paar Soundeffekte – sorgen für ein ungewöhnliches Hörerlebnis. Dies ist beileibe kein Hollywood-Soundtrack!

Das Booklet liefert willkommene Zusatzinformationen für den erwachsenen Hörer und Leser, so etwa einen Stammbaum. Ich hätte mir aber auch ein Glossar vorstellen können, in denen die sprechenden Namen der Figuren erklärt sind. „Gyllfaxi“ heißt beispielsweise „Goldfell“ (abgeleitet davon ist Gandalfs Pferd „Shadowfax“). „Angrboda“, man ahnt es fast, bedeutet „Unheilsbotin“. Doch was ist mit Garm, Sköll (?) und Hati, den Hunden und Wölfen, die im Ragnarök eine Rolle spielen? Weil das Glossar fehlt, muss man zur Wikipedia greifen. Dort sind alle Namen genau erklärt.

|2 Audio-CDs
Spielzeit: 115 Minuten
ISBN-13: 9783893533398|
http://www.igel-records.de

Neuschaefer, Katharina – Thor, der Donnergott (Nordische Sagen 3) (Lesung)

_|Nordische Sagen|:_

Folge 1: [„Odin, der Göttervater“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7836
Folge 2: [„Die Erschaffung der Welten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7748
Folge 3: _“Thor, der Donnergott“_
Folge 4: „Vom Ende der Zeit – Ragnarök“

_Vom betrogenen Donnergott: der Anfang vom Ende der Götter_

Nachtschatten, kein Mond, nur Finsternis liegt über den drei Welten. Lediglich im Osten der Nacht geht ein bläulich flackernder Lichtpunkt auf: Lokabrenna, der Hundsstern. Wer in dieser Nacht die Zeichen zu deuten weiß (wie Wölwa, die Seherin), weiß, dass nur noch der mutigste aller Götter die Mächte der Finsternis aufhalten kann: Thor, der Herr des Gewitters, der Riesentöter mit dem Donnerhammer Mjöllnir, der schon viele Schlachten geschlagen hat.

Aber diesmal braucht selbst Thor, Odins ältester Sohn, die Hilfe eines Freundes… (erweiterte Verlagsinfo)

Der Verlag empfiehlt die Lesung ab 7 Jahren.

_Die Autorin_

Katharina Neuschaefer studierte Musikwissenschaft und Germanistik und arbeitet als Radiojournalistin und Moderatorin bei Bayern 4 Klassik. Sie ist Autorin und Regisseurin zahlreicher Hörspiele und Musikgeschichten für Kinder. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Sie erzählt die altisländischen Edda-Sagen neu und bietet sie sortiert dar.

Weitere NORDISCHE SAGEN:
1) Die Erschaffung der Welten
2) Odin
3) Vom Ende der Zeit – Ragnarök

_Der Sprecher_

Peter Kaempfe studierte von 1974 bis 1978 Schauspiel in Hannover. 1980 gründete er die Theater-und Musikcompagnie „Pompoffel“ in Bremen und spielte von 1984 bis 1990 bei der Bremer Shakespeare Company. 1990 gründete er gemeinsam mit zwei Kolleginnen DAS TAB. Er lebt in Bremen und arbeitet als Schauspieler, Sprecher, Autor und Regisseur. Für Igel-Genius nahm Peter Kaempfe die Reihe „Griechische Sagen“ auf, dazu die Jury der hr-2 Hörbuchbestenliste: „Die Interpretation von Peter Kaempfe muss überragend genannt werden“. Seine Aufnahme der „Ilias“ wurde 2006 für den Deutschen Hörbuchpreis nominiert.

Produzent war Leonhard Huber.

_Inhalte_

Es gab eine Zeit, da lebten die Götter, die Menschen und Elben, die Zwerge und Riesen sowie die Unterirdischen noch in verbundenen Welten. In dieser Zeit saß in jeder Vollmondnacht eine Wölwa oder Seherin auf einem Hügel nahe dem Götterreich Asgard. Ihr inneres Auge blickte in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft und nichts blieb der zauberkundigen Frau verborgen. Selbst die Götter baten sie um Rat, um an ihrem ewigen Wissen teilzuhaben. Wer in jenen besonderen Nächten zu der Seherin auf den Hügel stieg und sich zu ihr ans Feuer setzte, erhielt Auskunft …

Diesmal weist die Wölwa auf den Unheil kündenden Hundsstern Lokabrenna (Sirius) und beginnt vom traurigen Schicksal Thors zu erzählen, dem Riesentöter, dessen Nemesis an einem schrecklichen Ort namens Eisenwald gezeugt und geboren wurde. In dessen Tiefen lebt Angrboda, die alte Hexe, und eines Tages bekommt sie Besuch von einem dunkel verhüllten Besucher, der eigentlich seine Heimstatt in Asgard hat. Nach angemessener Zeit erblickt das erste ihrer grausigen Kinder das düstere Licht dieser Welt…

Unterdessen liefert sich Odin, der Obergott, ein Wettrennen mit dem Riesen Rumnir, bis sie in Asgard eintreffen. Der Riese nennt Thor einen Feigling. Diese Beleidigung will der Donnergott umgehend ahnden, doch sein bester Berater, der Riese und Feuergott Loki, bittet ihn, das Gastrecht zu bedenken: Das Leben des Gastes ist heilig. Thor trollt sich zornig. In der Festhalle betrinkt sich Rumnir, bis er endlich die Wahrheit spricht: „Wir werden euch alle wegmachen!“

Als Rumnir die Möbel zu Kleinholz zerlegt und sich an den hübschen Asinnen vergreift, ruft Odin seinen Sohn zurück. Wer gibt Thor Carte blanche, doch der fordert Rumnir lediglich heraus, an einem Ort von dessen Wahl ein Duell auszutragen. Rumnir nennt den Eisenwald. Thor und sein Knecht Tjalfi begeben sich per Streitwagen an diesen gruseligen Ort. Rumnir ist schon da, wie eine Steinlawine. Da taucht in Adlergestalt auch Loki auf, Thors Berater. Listigerweise berät er nicht nur Thor, sondern auch seinen Gegner Rumnir. Rumnir wirft einen riesigen Wetzstein, doch Thors Hammer Mjöllnir trifft das Geschoss im Flug. Der Wetzstein zerbricht, doch ein Splitter bleibt in Thors Kopf stecken. Ein weiterer Hammerwurf erledigt den Riesen.

„Nicht alle Riesen sind schlecht“, findet Thor mit Blick auf Loki. Doch er soll bald eines Besseren belehrt werden. Denn auf einmal ist sein Hammer verschwunden und seine Frau, die schöne Sif, wird von einem Unbekannten ihres strahlenden Haars beraubt und muss fortan ihre Glatze verbergen …

_Mein Eindruck_

Wie oben ersichtlich, ist dies der dritte Teil der vierteiligen Serie über Nordische Sagen. Der Text ist leicht verständlich, wenn auch die Ereignisse, von denen die Wölwa berichtet, mitunter höchst wunderlich sind. Dies sind eben nicht die Vorstellungen der Antike oder der nordamerikanischen Völker über die Weltentstehung, sondern eben die düstere nordische Variante.

Aber geschickt wird jede Art von nationalistischer Überhöhung vermieden, damit ja kein Teutonenkult geweckt wird. In der Tat veranlasst so manche Episode den Hörer zum Schmunzeln. Humor und dunkle Vorahnung halten sich mit der Action die Waage.

|Die Story|

Die drei Hauptakteure sind Odin, Thor und Loki. Während es Odin und Thor immer wieder mit den aufmüpfigen Riesen aufnehmen, die die Menschen in Bedrängnis bringen, spielt Loki eine zwielichtige Rolle. Odin und Thor sind Handelnde, Loki hingegen ist ein listenreicher Denker und Manipulator. Wir erfahren (jedenfalls nicht auf diesem Hörbuch) nie genau, ob er hinter all dem Ungemach steht, das Thor zustößt. Ein ums andere Mal wird Thor, der Riesentöter, die rechte Hand Odins, beleidigt und lächerlich gemacht. Doch wenn die rechte Hand versagt, ist der Angriff auf den Obergott nicht weit …

Loki scheint ein Berater und helfer der Asen zu sein. Nachdem der schönen Sif das Haar geraubt wurde (was sie zur kreischenden Verzweiflung trieb), begibt sich Loki als einziger in das Reich der Dunkelalben und zwerge, um diese Wunderschmiede um entsprechende Meisterstücke zu bitten. Er stellt dieses Anliegen so listenreich an, dass schon nach kurzer mehrere Meisterwerke den Asen präsentiert werden können.

Sif braucht kein Kopftuch (oder gar eine Burka) mehr zu tragen, sondern bekommt eine Perücke aus purem Gold, die exakt genauso aussieht wie ihr natürliches Haar – und außerdem viel wertvoller ist – und außerdem zauberbehaftet wie alle Zwergendinge. Odin erhält den Ring Draupnir, den Träufler, der jede Nacht weitere Goldringe hervorbringt, und den stets treffsicheren Speer Gungnir. Das dritte Stück ist der Hammer Mjöllnir, der immer trifft und danach zu seinem Herrn zurückkehrt. Das letzte Stück ist ein goldener Eber, den Freyr bekommt. Alle diese Geschenke werden beim Ragnarök eine Rolle spielen. Als Lohn verspricht Loki den konkurrierenden Zwergenschmieden, für sie beste PR in Asgard zu machen – aber jedem einzeln…

Weitere Wettkämpfe Thors betreffen den Riesen Geirröd, der ebenso wie Thor falsch spielt, und mit dem Utgard-Loki. Hierbei unterliegt Thor schmählich, doch wieder hat der Riese ihn gelinkt. Denn wie die Zwerge können auch Riesen mit „Glamour“, dem Illusionszauber, auch Riesen hereinlegen.

|Lokis geheime Kinder|

Die Erkenntnis, dass sein bester Freund Loki ihn verraten hat, wird Thor schon bald das Herz brechen. Doch zunächst bereitet Loki, der Riese, seine Rache an den Asen vor. Er zeugt mit der Hexe Angrboda drei Ungeheuer:

1) den Fenriswolf Fenrir, der von Stund immer weiter wächst und dereinst Odin verschlingen wird;

2) Jörmungand, die Midgard-Schlange, die schon bald so groß wird, dass sie ganz Mittelerde umschlingen und die Gezeiten auslösen kann; sie ist die spezielle Feindin Thors;

3) schließlich Hel, die Totengöttin, deren eine Gesichtshälfte wunderschön ist, deren andere aber einem Totenschädel gehört; sie bekommt ein eigenes Reich in der Unterwelt und reitet ein fahles Pferd.

Dreimal muss sich Thor seiner Nemesis Jörmungand stelle; das dritte Mal bringt die Entscheidung, wenn sich der Fenriswolf losreißt und Ragnarök beginnt. Die Asen binden die drei Ungeheuer an jeweils andere Orte. Doch wie lange werden die Fesseln halten? Solche und weitere Fragen werden erst im letzten Teil beantwortet.

|Der Sprecher|

Peter Kaempfe ist ein Routinier, wie man an seiner ruhigen Vortragsweise erkennt. Ert tritt hinter der Erzählerin Wölwa und dem Erzählten zurück, haucht aber unversehens den Figuren wieder Leben ein, wenn Emotionen gefragt sind. Zu diesen Figuren gehört in erster Linie Thor, den er als kernigen Kämpfer darstellt, der leicht in Rage gerät. Thor bildet zum hinterlistigen Loki einen großen Kontrast, denn Loki spricht sanft, beschwichtigend, leise und fast schon demütig – das genaue Gegenteil seiner Taten.

Die Wölwa-Szene bildet den erzählerischen Rahmen für die Szenen aus Thors „Leben“. Sie spricht stets leise, denn sie ist uralt, doch auch sie kann durchdringend wirken, wenn sie das kommende Unheil, das sich zusammenbraut, voraussagt. Und nein: Sie darf den Namen des Verräters unter den Asen nicht preisgeben.

Die Wölwa lenkt unseren Blick quasi auf die Szene im Eisenwald, ein kalter, dunkler Ort, wo sich das Böse sammelt und neues Unheil gebiert. Diese Szenen sind, mit der passenden Musik untermalt, schön schaurig.

|Die Musik|

Die Instrumente sind ganz einfache, aber sehr alte: eine afrikanische Krugtrommel; ein Balafon, „die afrikanische Urform des Marimbaphons“ (eine Art Xylophon also); eine tibetische Handtrommel, chinesische Glocken, Zimbeln, Klangschalen und Becken, außerdem ein „traditionelles finnisches Saiteninstrument“, eine „tibetische Trompete“, ein Saxophon, Bass und „verschiedene traditionelle Flöten“.

Man sieht also, dass hier auf sehr ursprüngliche Klänge geachtet wurde. Die entsprechenden Melodien sind ebenso urtümlich, lassen sich aber noch in manchen (abgelegenen) Weltgegenden erlauschen. Es ist, als würde der Hörer in die ferne Vergangenheit lauschen. Das finde ich höchst passend, wenn es um Geschichten über Thor und seine Heldentaten geht.

Die Musik mischt sich niemals in den Vortrag ein. Nach einem stimmungsvollen Intro hören wir sie stets nur als Intermezzo zwischen Textabschnitten. So haben wir Zeit, das Gehörte zu verdauen. Das Outro geleitet uns wieder uns wieder aus der Lesung hinaus, als würden wir eine andere Zeit verlassen.

|Das Booklet|

Das Booklet ist ein wichtiges Hilfsmittel für den Hörer, um sich in der Vielzahl der im Vortrag geschilderten Welten zurechtzufinden. Vier Welten sind abgebildet: Asgard, Heim der Asen / Götter; daneben Vanheim, Heim der Vanen; darunter Midgard alias Mittwelt, wo Menschen, Riesen (in Jötunheim) und Zwergen existieren: schließlich ganz unten Niflheim, wo Drache, Wölfe und die Totengöttin existieren.

Zweitens bietet diese Darstellung auch einen Stammbaum für die wichtigsten Asen und ihre Kinder Thor usw. Vor allem die zusätzliche Liste der Riesen ist hilfreich, denn ihre Namen werden häufig ganz anders geschrieben als ausgesprochen. Das Booklet liefert also erhellende Zusammenhänge, die sich angesichts der verzweigten Handlung und der Vielzahl der Namen als höchst willkommen erweisen.

_Unterm Strich_

Ich konnte diese über zwei Stunden lange szenische Lesung nur in vier Teilen bewältigen. Erstens gibt es sehr viele Episoden zu erleben, zweitens eine Unzahl von fremdartigen Namen zu merken (die selten mit ihrer Schreibweise übereinstimmen). Drittens ist es schwierig, einen Spannungsbogen zu entdecken. Immerhin entsteht eine gewisse Anspannung, wenn die Seherin immer wieder auf die Ungeheuer aus dem Eisenwald hinweist, die Götter wie Thor vernichten werden.

Aber was, so fragte ich mich, tragen Episoden wie Thors Kampf gegen die Eisriesen und den Utgard-Loki zum übergreifenden Thema bei? Immer wieder illustrieren sie, dass Thor ein ums andere Mal gegen die Riesen versagt und seinem Namen „Riesentöter“ Schande einbringt. Alles, was Loki unternimmt, ist hingegen interessant, ganz besonders sein Besuch bei den Zwergenschmieden.

Am witzigsten ist vielleicht die Episode mit dem unbekannten Lockenräuber, der Thors Frau Sif eine Glatze hinterlässt. Auch die Identität des Besuchers, der Angrboda im Eisenwald Hallo sagt und mit ihr Ungeheuer zeugt, bleibt vorerst im Dunkeln (ich habe oben mal wieder alles verraten). Da kommt durchaus Neugier und ein leichtes Gruseln auf.

|Das Hörbuch|

Peter Kaempfe trägt die Erzählung der Seherin routiniert und zurückhaltend vor. Er haucht den Figuren Leben ein, wenn es darauf ankommt, ohne sie jedoch individuell zu charakterisieren. Vor meinem geistigen Auge wurde Thor durchaus lebendig, vor allem, wenn er in Relation zu anderen Figuren wie den Riesen und zu Loki gesetzt wird. Thor ist zwar ein Kämpfer, aber kein Denker, und hat Loki über kurz oder lang leichtes Spiel mit ihm.

Bemerkenswert ist die Vielfalt an Riesen, der der Riesentöter begegnet. Vom tumben Golem und den pöbelnden Thrym reicht die Palette über den listigen Geirröd bis zum täuschenden Utgard-Loki, der Thor dreimal hereinlegt. Von Loki, der ja auch ein Riese ist, ganz zu schweigen. Gegenüber den anderen Genossen nimmt sich Loki sehr ungewöhnlich aus. Wohl deshalb kann es ihm gelingen, die Asen zu täuschen.

Die bemerkenswert instrumentierte Musik hebt den musikalischen Beitrag über das gewohnte Maß hinaus. Das Booklet liefert willkommene Zusatzinformationen für den erwachsenen Hörer und Leser. Die vorliegende CD ist nur ein Viertel des Gesamtwerks, und man sollte möglichst auch die anderen drei Teile hören, insbesondere „Odin“ und „Ragnarök“.

|2 Audio-CDs
Spielzeit: 145 Minuten
ISBN-13: 9783893533282|
http://www.igel-records.de

Cremer, Andrea – Dunkle Zeit (Nightshade 2)

_|Nightshade|:_

Band 1: [„Die Wächter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7959
Band 2: _“Dunkle Zeit“_
Band 3: „Die Entscheidung“

Mit [„Die Wächter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7959 hat Andrea Cremer ihre „Nightshade“-Trilogie erfolgreich gestartet. Band 2, „Dunkle Zeit“, kann dieses Niveau allerdings nicht halten …

_Calla ist eine Wächterin._ Sie kann sich jederzeit in eine Wölfin verwandeln. Sie hat eine besondere Position inne, weil sie eine Alphawölfin ist und eigentlich zusammen mit Ren, einem jungen Alphawolf des anderen Rudels aus ihrer Gegend, ein neues Rudel gründen soll. Am Abend ihrer Vereinigung mit Ren erfährt sie, dass sie als Teil eines Rituals Shay umbringen muss, den Neuen an ihrer Schule, in den sie sich verliebt hat.

Calla gehorcht den alten Traditionen nicht. Anstatt sich mit Ren zu vereinigen und Shay zu töten, flüchtet sie mit dem Neuen. Das wird nicht gerne gesehen von den Hütern, die die Wächter befehligen. Eine dritte Partei, die Sucher, mischt sich ein und rettet Calla und Shay. Bislang sind die beiden davon ausgegangen, dass die Sucher ihre Feinde sind, doch nun stellt sich heraus, dass die Hüter das eigentliche Problem sind. Um sich von deren Bevormundung zu befreien, gibt es nur eine Möglichkeit: Shay. Er ist der Spross und mithilfe einer magischen Waffen kann er die Hüter besiegen. Dafür müssen sie aber noch weitere Wächter auf ihre Seite ziehen …

_Das größte Problem_ von „Dunkle Zeit“ ist sein Status als Übergangsband zwischen Anfang und Ende der Geschichte. Andrea Cremer hätte sich einen großen Gefallen damit zu tun, die Handlung der Reihe anders aufzuteilen. Im zweiten Band von „Nightshade“ geschieht nichts wirklich Aufsehenerregendes, nichts, was den Leser auf die Folter spannt. Es gibt noch nicht mal einen anständigen Cliffhanger. Vielmehr wird langwierig geplant, das Geheimnis der Hüter gelüftet und verschiedene zwischenmenschliche Probleme geklärt. Vor allem Calla, die zwischen zwei Alphawölfen, Shay und Ren, wählen muss, hat mit Letzterem einiges zu tun.

Die romantische Nebenhandlung kommt definitiv nicht zu kurz – schon deshalb nicht, weil Calla nach wie vor die Ich-Erzählerin der Geschichte ist. Ihrer Rolle als Alphawölfin wird sie gerecht. Andrea Cremer begeht nicht den Fehler, ihre Hauptfigur nur als pseudoemanzipiert zu gestalten. Calla schafft es, sowohl in ihren starken als auch schwachen Momenten authentisch zu wirken. Zwischen zwei Männern zu stehen hat schon vielen weiblichen Hauptfiguren das Genick gebrochen, aber Cremer achtet sorgfältig darauf, dass Callas Persönlichkeit stimmig wirkt.

Bei wem im Übrigen die Lektüre des ersten Bands der Serie schon etwas länger zurückliegt, muss nicht besorgt sein. In Form von Rückblicken sorgt Cremer dafür, dass die Erinnerung zurückkommt, auch wenn sie diese vielleicht ein wenig häufig auf den ersten Seiten einsetzt. Ansonsten ist die Geschichte auf gehobenem, aber jugendgerechten Niveau geschrieben und lässt sich leicht lesen.

_“Dunkle Zeit“ lässt sich_ angenehm lesen, ist aber vom Aufbau her nicht sehr gelungen. Der Spannungsaufbau ist mager, auch wenn für die Serie wichtige Informationen vermittelt werden. Derartige Übergangsbücher sind zwar immer schwierig zu schreiben, aber etwas mehr Spannung hätte es schon sein dürfen.

|Broschiert: 322 Seiten
Originaltitel: Wolfsbane
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3802583827|
http://www.egmont-lyx.de
http://www.andreacremer.com

Ursula Poznanski – Fünf

Von der Jugendspannung zum Erwachsenen-Thrill.

Mit „Erebos“ hat Ursula Poznanski wahrhaft einen Meilenstein der Jugendliteratur geschrieben: Anschaulich, aktuell, klug komponiert und rasend spannend. Im Anschluss folgte dann mit „Saeculum“ ein weiterer Roman, der die Generation X das Nägelkauen lehren sollte, und mit „Fünf“ schließlich jagt sie uns Erwachsenen durch schlaflose Nächte.

Es beginnt, wie es immer beginnt. Mit einer Leiche. Die Salzburger Ermittlerin Beatrice Kaspary wird in die österreichische Idylle gerufen, um den Fund einer Leiche zu identifizieren. Identität? Nicht festzustellen. Nur ein paar seltsame Symbole, die der toten Frau in die Fußsohlen tätowiert wurden, und das aufkeimende Gefühl, dass die Frau Grausames erlebt hat. Schnell finden Beatrice und ihr Ermittlerteam heraus, dass es sich bei den Symbolen um Koordinaten handelt, und diese Koordinaten führen sie mitten hinein in eine blutige Schnitzeljagd, in einen Wettlauf mit der Zeit, bei dem der Mörder den Ermittlern ständig neue Rätsel vor die Nase hält, wie die berühmte Möhre vor den hungrigen Gaul.

Welche Motive hat der Mörder? Wozu dieses Rätselspiel? Beatrice wird hineingerissen in einen Sog aus Gewalt und dunklen Geheimnissen, ihre eigene Vergangenheit beginnt, in ihrem Grab zu rumoren und sich vor ihr zu erheben.

Wie eine Achterbahnfahrt ohne Notbremse …

… so liest sich der neue Poznanski, aber nicht wie eine dieser lahmen Kirmessrelikte, die einen in aller Ruhe in die Höhe ziehen, damit man schon mal die Luft anhalten kann, bevor es in die Tiefe geht, nein, „Fünf“ ist Katapultachterbahn: einsteigen, anschnallen und binnen eines Augenblicks auf die Endgeschwindigkeit beschleunigt werden. Während man versucht Luft zu holen, rauscht die Landschaft an einem vorbei, Storywirbel und Spiralen, von denen einem schwindlig wird, trügerisch ruhige Passagen hinter denen bösartige Abfahrten lauern und fiese kleine Kurven, nach denen man irgendwann endgültig die Orientierung verloren hat, bis man dann in den Bahnhof einfährt; die Bremsen dröhnen, man ist schweißgebadet und grinst trotzdem über das ganze Gesicht, und kann es kaum glauben, dass man diesen irren Ritt überhaupt überlebt hat.

Tja, und dann stolpert man raus aus dem Waggon und setzt sich an den Rand der Strecke – während man wieder etwas Kontrolle über seine weichen Knie bekommt, fällt einem so langsam auf, wie toll die gesamte Strecke durchkomponiert ist und wie solide sie zusammengeschraubt wurde: Ursula Poznanski hat einen knappen, präzisen Stil; kurze und sinnliche Sätze, die einerseits diese hohe Geschwindigkeit erzeugen, die andererseits bleibende und vorstellbare Eindrücke hinterlassen – seitenlanges Philosophieren über die möglichen Motive des Mörders findet sich hier nicht, und das ist auch gut so! Die Fakten sprechen für sich, liefern genug Rätselhaftes.

Auch die Figuren passen zum rasanten Stil: Es handelt sich um keine tiefgründigen Persönlichkeiten, die in tausend Facetten funkeln und strahlen, sondern sie wirken wie mit dem Messer geschnitten: Klar, unmissverständlich und direkt; „What you see, is what you get“, könnte man sagen, „du siehst was du kriegst“ – einen Frauen verstehenden Kollegen, einen verbissenen Spurensicherer, einen überheblichen Psychologen, einen tyrannischen Chef, einen Kinder aufwiegelnden Ex-Mann.

Also, um es zusammenzufassen: Ja, auch Erwachsene kann Ursula Poznanski an ihre Lesesessel ketten! Und wie schon bei Erebos hat sie es geschafft, dem Leser am Ende ihres Romans ein „Aaaaaah! So hängt das alles zusammen!“, zu entlocken, ergänzt von einem: „Da wäre ich im Leben nicht drauf gekommen!“

Zugegeben, auf dem Weg zu diesem Punkt steht der Leser manchmal ein bisschen ratlos da, angesichts all der Rätsel und Leichen und Fragen, aber da man ja eh unweigerlich bis zum tollen Schluss weitergerissen wird, tut das dem Nervenkitzel keinen Abbruch.

Auch bauen sich „Saeculum“ und „Erebos“ wie zwei unüberwindliche Titanen vor „Fünf“ auf und stehlen Ursula Poznanskis Neuem die Show. „Fünf“ kommt bei Weitem konventioneller daher als seine beiden Vorgänger: Ermittler im Katz und Maus-Spiel mit einem Verbrecher – das hat sicherlich weniger Alleinstellungsmerkmale als die beiden vorherigen Jugendthriller, was auch zur Folge hat, dass die deftige Mörderhatz nicht an die grandiose Atmosphäre seiner beiden Vorgänger heranreicht. Trotzdem. Wer keinen Nachfolger zu „Erebos“ und „Saeculum“ erwartet, wird von „Fünf“ bestens unterhalten werden und feststellen, dass das Land der Berge und Seen eben auch ein paar herrlich gruslige Abgründe zu bieten hat!

Gebunden: 384 Seiten
ISBN-13: 978-3805250313
Verlagshomepage

Mark Brandis: Lautlose Bombe – Teil 2 (Folge 22)

_Die Handlung:_

2131: Mark Brandis folgt den Spuren, die sein Halbbruder Nat quer über den Planeten hinterlassen hat, zuerst auf die Kerguelen und dann nach Nordafrika. Der Geheimdienst der Union ist Brandis mal einen Schritt voraus, mal versucht er, ihn einzuholen. Doch was wirklich mit den biologischen Kampfstoffen geschehen soll, ahnt noch niemand …
(Verlagsinfo)

_Mein Eindruck:_

Weiter gehts mit der Hatz auf die „Lautlose Bombe“, die Brandis‘ Halbbruder in seinen Händen hat. Der Untertitel, der sich für mich gegen Ende des ersten Teils dieser Doppelfolge abgezeichnet hat, lautet: „James Brandis jagt Dr. West“.

Unglaubwürdig fand ich, dass Mark Brandis, den offenbar die ganze Welt kennt, weil er so berühmt ist, auf einmal als getarnter Verbrecher zur Fahndung ausgeschrieben werden kann. Auch nicht verstanden habe ich, warum Kühlcontainer für das Virus gebraucht werden sollen, wenn es doch bis 50 Grad Temperatur aushalten kann.

Davon abgesehen, bekommen wir hier endlich eine Menge von dem, was wir im ersten Teil der Doppelfolge vermisst haben. Es gibt mehr Dramatik … na ja … es gibt überhaupt mal welche und auch der Weg bis zur finalen Konfrontation mit dem „wahnsinnigen Wissenschaftler“ ist ganz interessant. Zum Schluss legt Nat West dann noch mal Brandis und dem Hörer gegenüber seine Beweggründe dar, was Antagonisten halt vor ihrem Abtritt immer mal gern machen.

Und nach dem Ende der Folge fragt sich der Hörer, warum die Hörspielaufbereiter nicht ein wenig gekürzt haben. Viel hätte man vom ersten Teil weglassen oder minutentechnisch verkleinern können und schon hätte das Hörspiel auf eine einzelne CD gepasst, die dann auch noch durchweg gut unterhalten hätte. So bekommen die Hörer eine Scheibe, die eher langweilig ist und eine, die beweist, dass „Mark Brandis“ auch gut unterhalten kann, wenn die Story mal nicht so fesselnd ist.

_Das Hörerlebnis:_

Musik und Effekte unterstützen Mark Brandis und Grischa Romen auf ihrer Suche und lassen die Szenen lebendig wirken. Die Sprecher bieten eine gute Leistung, einzig beim Halbbruder von Mark Brandis fehlte mir ein wenig das Feuer und die Leidenschaft, den Charakter wirklich authentisch und überzeugend ins Ohr des Hörers zu bringen. Das klang mir alles ein wenig aufgesetzt und unnatürlich.

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Cpt. Grigori »Grischa« Romen: David Nathan
Cmdr. Mark Brandis: Michael Lott
Dr. Rebecca Levy: Claudia Urbschat-Mingues
Milosch Stojka: Andreas Müller
José Verasteguí: Daniel Montoya
Dr. Philipp: Jochim C. Redeker
Jonathan „Nat“ West: Jacob Weigert
John Harris: Gerhart Hinze
Bordsystem CORA: Mira Christine Mühlenhof
Sgt. Schulmann: Henning Schäfer
Lt. Pablo Torrente: Martin Keßler
Ruth O’Hara: Dorothea Anna Hagena
sowie Marco Gehrmann, Stephan Kretschmer, Carsten Litfin, Werner Möhring

|Technik-Credits:|

Nach Motiven des Romans „Lautlose Bombe“ von Nikolai von Michalewsky
Manuskript: Balthasar von Weymarn
Musik & Sounddesign: Jochim-C. Redeker
Aufnahme: Tommi Schneefuß, Sven-Michael Bluhm, Thomas Weichler
Produktion, Regie und Schnitt: Jochim-C. Redeker & Balthasar von Weymarn
Artwork: Alexander Preuss
Layout/ Satz: Jürgen Straub
Product Management: dp

|Die Ausstattung:|

Die CD steckt in einem Jewel-Case. Das Booklet enthält eine Aufstellung der bereits veröffentlichten Folgen, einen Weltkartenausschnitt der „Todeszone Zentralafrika 2131“ nebst Warnung, bloß nicht hinzufahren und eine Seite mit Danksagungen der Macher, die so lieb und nett ist, dass es sich schon fast bedrohlich nach Abschied anhört. Zusätzlich werden noch die Sprecher und ihre Rollen aufgeführt sowie die Technik-Credits.

_Mein Fazit:_

Im zweiten Teil der „lautlosen Bombe“ zeigen die Macher, dass sie schon gut unterhalten können, wenn sie wollen. Hier wird wesentlich mehr Spannung und gute Unterhaltung geboten als noch im ersten Teil. Die Story allerdings rettet das nicht wirklich, denn die nimmt zwar an Fahrt auf, bietet aber keine echten Überraschungen oder Wendungen, die den Hörer an die Geschichte fesseln würden. Insgesamt ist das für mich die bislang schwächste „Brandis“-Folge. Mit ein paar Kürzungen, grad im ersten Teil, hätte man allerdings eine interessantere Episode schaffen können, die den Fan nicht doppelt zur Kasse bittet, weil sie problemlos auf einer einzelnen CD Platz gefunden hätte.

|1 Audio-CD
Spieldauer: 49 Minuten
Tracks: 10
Empfohlen ab 12 Jahren
UPC: 0602527804231|
[www.folgenreich.de]http://www.folgenreich.de
[www.markbrandis.de]http://www.markbrandis.de
[www.interplanar.de]http://www.interplanar.de

_|Mark Brandis| als Hörspiel:_
01 [„Bordbuch Delta VII“ 4995
02 [„Verrat auf der Venus“ 5013
03 [„Unternehmen Delphin“ 5524
04 [„Aufstand der Roboter“ 5986
05 [„Testakte Kolibri 1“ 5984
06 [„Testakte Kolibri 2“ 5985
07 [„Vorstoß zum Uranus 1“ 6245
08 [„Vorstoß zum Uranus 2“ 6246
09 [„Raumsonde Epsilon 1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6467
10 [„Raumsonde Epsilon 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6468
11 „Die Vollstrecker 1“
12 „Die Vollstrecker 2“
13 [„Pilgrim 2000 1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7059
14 [„Pilgrim 2000 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7060
15 [„Aktenzeichen: Illegal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7128
16 [„Operation Sonnenfracht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7129
17 [„Alarm für die Erde“ (Teil 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7479
18 [„Alarm für die Erde“ (Teil 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7480
19 [„Sirius Patrouille (Teil 1)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7760
20 [„Sirius Patrouille (Teil 2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7763
21 „Lautlose Bombe“ (Teil 1)
22 _“Lautlose Bombe“ (Teil 2)_

_Mark Brandis in Buchform bei |Buchwurm.info|:_
Band 01: [„Bordbuch Delta VII“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 02: [„Verrat auf der Venus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 03: [„Unternehmen Delphin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 04: [„Aufstand der Roboter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618
Band 05: [„Vorstoß zum Uranus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6630
Band 06: [„Die Vollstrecker“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6636
Band 07: [„Testakte Kolibri“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 08: [„Raumsonde Epsilon“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6781
Band 09: [„Salomon 76“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 10: [„Aktenzeichen: Illegal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6801
Band 11: [„Operation Sonnenfracht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6802
Band 12: [„Alarm für die Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6882
Band 13: [„Countdown für die Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6908
Band 14: [„Kurier zum Mars“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6938
Band 15: [„Die lautlose Bombe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6962
Band 16: [„PILGRIM 2000“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7167
Band 17: [„Der Spiegelplanet“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7194
Band 18: [„Sirius-Patrouille“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7267
Band 19: [„Astropolis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7390
Band 20: [„Triton-Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7391

Mark Brandis: Lautlose Bombe – Teil 1 (Folge 21)

_Die Handlung:_

2131: Cmdr. Brandis‘ Halbbruder Jonathan West steht unter Verdacht, mit Verbrechern zu kooperieren, die vor dem Einsatz von biologischen Kampfstoffen nicht zurückschrecken. Trotz deutlicher Indizien glaubt Mark Brandis an dessen Unschuld und versucht, den untergetauchten Mediziner zu finden, bevor der Geheimdienst ihn eliminieren kann … (Verlagsinfo)

_Mein Eindruck:_

Nur ein paar schöne Minuten gönnt der Autor Mark Brandis, seiner Ruth und dem Hörer, bevor die Dramatik auch schon losgeht. Ruth fällt ins Koma, aber der Mark-Brandis-Fan ist hellwach.

Sich aber wachzuhalten, fällt von Minute zu Minute immer schwerer, weil anschließend erstmal gar nichts mehr passiert, was den plötzlich aufkommenden Spannungsbogen vorm rapiden Absturz bewahren kann. Die titelgebende „lautlose Bombe“ befindet sich in den Händen von Brandis‘ Halbbruder, der der Menschheit und vor allem den Mächten damit droht, ein Virus freizusetzen, wenn sich nicht alle von der Raumfahrt und der Forschung abwenden. Das ist eine Thematik, die vielleicht in der Entstehungszeit des hier zugrunde liegenden Romans spannend war … heute aber irgendwie nicht wirklich. Packend, fesselnd und aufregend ist das leider nicht.

Und während Mark Brandis sich vor Kummer dem Suff und dem Glücksspiel hingibt, schaut der Hörer immer mal wieder auf die Restlaufanzeige seines CD-Players und rechnet sich die Chancen aus, ob bis zum Ende der Scheibe noch etwas Aufregendes passieren wird. Auch, dass er den Behörden bei der Suche nach seinem Halbbruder helfen soll, klingt eher logisch, als dass es spannend ist.

Dieser erste Teil der Doppel-Folge bietet also kein Weltraumabenteuer, auf das sich bestimmt einige Brandis-Fans gefreut hatten … zumindest diejenigen, die die Romane von damals nicht kennen. Und auch von Brandis‘ Team lässt sich erst gegen Ende „Grischa“ Romen blicken, ansonsten ists eine „Solo für Brandis“-Folge.

Das Ende ist natürlich offen, lässt den Hörer aber auch nicht wirklich hektisch zum nächsten Teil greifen, um ihn unbedingt sofort hören zu wollen. Es wird eine Menschenjagd auf Nat West werden, auf die sich Brandis und Romen begeben … und das wars dann auch schon.

_Das Hörerlebnis:_

Eva Gaigg, die die Freundin des flüchtigen Welterpressers spricht, klingt nicht überzeugend. Bemüht liest sie ihren Text ab, aber lebendig und authentisch kommen ihre Gefühle nicht im Ohr des Hörers an. Wenn sie als Marie-Christine Rousseau auf Mark Brandis‘ Sprecher Michael Lott trifft, fällt das unangenehm auf und trübt den Hörspaß ein wenig. Das war aber auch der einzige Sprecher-Dämpfer dieser Folge und er kommt erst gegen Ende.

Ansonsten bieten die ausgewählte Musik und die Geräusche eine von der Reihe gewohnte, perfekte Untermalung der Szenen und lassen sie so lebendig im Kopfkino des Hörers entstehen.

|Die Sprecher und ihre Rollen:|

Ruth O’Hara: Dorothea Anna Hagena
Cmdr. Mark Brandis: Michael Lott
Dr. Gomez: Oliver Seidler
Prolog: Wolf Frass
Dr. Philipp: Jochim C. Redeker
Jonathan „Nat“ West: Jacob Weigert
José Verasteguí: Daniel Montoya
Anflugkontrolle Las Lunas: Elena Wilms
Cpt. Esko Tuomi: Martin May
Porta Stellaris: Anke Reitzenstein
Magnus Sauerlein: Stefan Peters
John Harris: Gerhart Hinze
Cpt. Grigori »Grischa« Romen: David Nathan
Marie-Christine Rousseau: Eva Gaigg
sowie Melanie Blenke, Jens Gümmer, Marco Gehrmann, Michael Hansonis, Stefan Kretschmer, Sebastian Pütz

|Technik-Credits:|

Nach Motiven des Romans „Lautlose Bombe“ von Nikolai von Michalewsky
Manuskript: Balthasar von Weymarn
Musik & Sounddesign: Jochim-C. Redeker
Aufnahme: Tommi Schneefuß, Sven-Michael Bluhm, Thomas Weichler
Produktion, Regie und Schnitt: Jochim-C. Redeker & Balthasar von Weymarn
Artwork: Alexander Preuss
Layout/ Satz: Jürgen Straub
Product Management: dp

|Die Ausstattung:|

Die CD steckt in einem Jewel-Case. Das Booklet enthält eine Aufstellung der bereits veröffentlichten Folgen, einen fiktiven Bericht zur „Süßwasserkrise“ und Kurzlebensläufe der hier auftretenden Charaktere Marie-Christiane Rousseau, José Emmanuel Verastegui und Jonathan „Nat“ West. Zusätzlich werden noch die Sprecher und ihre Rollen aufgeführt sowie die Technik-Credits.

_Mein Fazit:_

Eine Thematik, die nicht vom Hocker haut, kein echtes Abenteuer bietet und leider nicht mal irgendetwas mit „Weltraum“ zu tun hat. Es passiert wenig, eigentlich zu wenig für eine eigenständige Folge. Brandis jagt seinen Halbbruder, aber damit fängt er auch erst gegen Ende an und wird das womöglich im zweiten Teil der „lautlosen Bombe“ weiterhin tun. Aber spannend ist das alles bislang leider nicht.

|1 Audio-CD
Spieldauer: 59 Minuten
Tracks: 10
Empfohlen ab 12 Jahren
UPC: 0602527804224|
[www.folgenreich.de]http://www.folgenreich.de
[www.markbrandis.de]http://www.markbrandis.de
[www.interplanar.de]http://www.interplanar.de

_|Mark Brandis| als Hörspiel:_
01 [„Bordbuch Delta VII“ 4995
02 [„Verrat auf der Venus“ 5013
03 [„Unternehmen Delphin“ 5524
04 [„Aufstand der Roboter“ 5986
05 [„Testakte Kolibri 1“ 5984
06 [„Testakte Kolibri 2“ 5985
07 [„Vorstoß zum Uranus 1“ 6245
08 [„Vorstoß zum Uranus 2“ 6246
09 [„Raumsonde Epsilon 1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6467
10 [„Raumsonde Epsilon 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6468
11 „Die Vollstrecker 1“
12 „Die Vollstrecker 2“
13 [„Pilgrim 2000 1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7059
14 [„Pilgrim 2000 2“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7060
15 [„Aktenzeichen: Illegal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7128
16 [„Operation Sonnenfracht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7129
17 [„Alarm für die Erde“ (Teil 1)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7479
18 [„Alarm für die Erde“ (Teil 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7480
19 [„Sirius Patrouille (Teil 1)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7760
20 [„Sirius Patrouille (Teil 2)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7763
21 _“Lautlose Bombe“ (Teil 1)_
22 „Lautlose Bombe“ (Teil 2)

_Mark Brandis in Buchform bei |Buchwurm.info|:_
Band 01: [„Bordbuch Delta VII“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 02: [„Verrat auf der Venus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 03: [„Unternehmen Delphin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 04: [„Aufstand der Roboter“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618
Band 05: [„Vorstoß zum Uranus“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6630
Band 06: [„Die Vollstrecker“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6636
Band 07: [„Testakte Kolibri“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 08: [„Raumsonde Epsilon“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6781
Band 09: [„Salomon 76“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6723
Band 10: [„Aktenzeichen: Illegal“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6801
Band 11: [„Operation Sonnenfracht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6802
Band 12: [„Alarm für die Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6882
Band 13: [„Countdown für die Erde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6908
Band 14: [„Kurier zum Mars“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6938
Band 15: [„Die lautlose Bombe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6962
Band 16: [„PILGRIM 2000“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7167
Band 17: [„Der Spiegelplanet“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7194
Band 18: [„Sirius-Patrouille“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7267
Band 19: [„Astropolis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7390
Band 20: [„Triton-Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7391

Cortez, Donn – Du wirst sein nächstes Opfer sein

_Das geschieht:_

Seit der geniale aber irre „Patron“ seine Familie auslöschte, ist Jack Salter, ehemals Künstler, zum „Closer“ geworden: Er stöbert Serienkiller und andere Kapitalverbrecher auf, die dem Gesetz dank ihres Geschicks oder eines guten Anwalts durch die Maschen schlüpfen konnten, und foltert ein Protokoll ihrer Untaten aus ihnen heraus. Diese Unterlagen gehen anonym an die Polizei, während Jacks Opfer in einem ebenfalls anonymen Grab enden.

Auch Killer gehen mit der Zeit: Jacks ‚Schöpfer‘, der „Patron“, hat eine Website eingerichtet, auf der sie miteinander kommunizieren können. Nachdem Jack den „Patron“ liquidierte, nutzt er diese Plattform, um jene, die sich dort melden, in seine Falle zu locken. Aktuell in seinem Visier ist „Remote“, der für sich in Anspruch nimmt, wie Jack einen Kreuzzug gegen das Böse zu führen, und deshalb sein ‚Partner‘ werden möchte.

Jack hätte durchaus nichts gegen Unterstützung, doch ihm missfällt „Remotes“ Methode: Dieser fängt sich Männer und Frauen, deren Gehirne er tüchtig wäscht und die er dann in ein Geschirr steckt, das mit einer Hightech-Überwachungsanlage, einem Elektro-Schocker und viel Sprengstoff ausgerüstet ist, um sie schließlich als „Drohne“ mörderisch gegen das eigentliche Ziel zu schicken.

Solche Instrumentalisierung outet „Remote“ selbst als Soziopathen, argwöhnt Jack, der seinen ‚Partner‘ deshalb ausschalten will. „Remote“ schlägt einen Handel vor: Er liefert Jack eine seiner „Drohnen“ aus, wenn dieser ihm dafür eines seiner Opfer überlässt: „Remote“ will feststellen, wie Jack ‚arbeitet‘. Hier bietet sich Jack die Chance, an „Remote“ heranzukommen: Er gibt sich als sein Opfer aus und wird als solches in „Remotes“ festungsartiges Hauptquartier geschafft. Dort stellt sich heraus, dass „Remote“ nicht nur misstrauisch, sondern auch schlauer ist als Jack dachte …

|Die Tücken übertriebener Selbstjustiz|

Mit „The Closer“ bereitete Donn Cortez dem durch persönliches Leid zum Rächer gewordenen Künstler Jack Salter 2004 einen viel beachteten ersten Auftritt. Vor allem unterhaltsam aber auch reflektierend entwarf er eine Figur, die im Kampf mit Monstern aus freien Stücken selbst zum Monster geworden war. Dieser Prozess hatte keinen gefühlstoten Folterknecht und keine gewissenlose Kampfmaschine entstehen lassen. Jack Salter wurde als gebrochener Mensch geschildert, der in der selbst gewählten Mission endgültig zugrundezugehen drohte.

Sieben Jahre ließ Cortez den „Closer“ ruhen, was kaum verwundert, da es schwierig bis unmöglich war, die Geschichte des Jack Salter überzeugend fortzusetzen. Cortez stellt es mit „Du wirst sein nächstes Opfer sein“ selbst unfreiwillig unter Beweis. (Für den nichtssagend-dämlichen deutschen Titel ist er aber nicht verantwortlich.) Er verlässt sich auf sein handwerkliches Geschick als Geschichtenerzähler im Dienste diverser Franchises, für die er rasch und zuverlässig Lesefutter produziert, und stellt es in den Dienst der eigenen Figur.

Auf der Strecke bleibt dabei jeglicher Subtext, der „The Closer“ über den üblichen Folter-&-Metzel-Unfug à la Chris Carter hinaushob. „Du wirst …“ präsentiert nicht nur eine simple, sondern eine eindimensionale Story, die durch Klischee-Action, Geisterbahn-Bösewichte sowie den Plot nicht bereichernde, sondern überflüssige, nur die Seitenzahl verlängernde Nebenhandlungen auf Spannung und Tempo getrimmt werden soll. Cliffhanger-Kapitelenden und schnelle Schauplatz-Wechsel sollen zusätzlich für jene Dynamik sorgen, die „Du wirst …“ gänzlich abgeht.

|Wie soll das gehen?|

Schlampige Arbeit ist man von Donn Cortez auch in seinen Auftragsarbeiten eigentlich nicht gewohnt. Umso verwunderlicher sind die gewaltigen Logiklöcher, die er hier entweder ignoriert oder durch das Höllentempo, mit dem er die Handlung vorantreibt, zu überwinden gedenkt.

Glaubt jemand, dass „Remotes“ Hightech-Geschirre tatsächlich zur Tag-und-Nacht-Fernsteuerung der „Drohnen“ taugen? Dass diese – nach dem Mord, für den sie abgerichtet wurden, großherzig freigelassen – tatsächlich den Mund halten? Sogar das Geschirr selbst entsorgen? Wie effektiv ist es, für jeden Lumpen-Kill eine neue „Drohne“ zu fangen und ‚auszubilden‘? Wie wahrscheinlich, dass jeder Mord gelingt und die „Drohne“ alle Spuren verwischen kann, die auf „Remote“ hindeuten?

Freilich fällt „Remote“ in die Klasse jener Hannibal-Lecter-Über-Killer, die mit traumwandlerischer Sicherheit wissen und einplanen, was ihren Gegnern durch die Köpfe geht. „Remote“ verfügt über einen logistischen Background, um den ihn die CIA beneiden müsste. Schon Bau und Einrichtung seiner Labor-Burg dürfte nur unbemerkt geblieben sein, wenn „Remote“ die beauftragten Architekten, Lieferanten und Arbeiter wie weiland die ägyptischen Pharaonen nach getanem Job über die Klinge hat springen lassen.

|Monster vs. Anti-Monster|

Auf der anderen Seite steht der „Closer“, dessen ‚Organisation‘ kaum überzeugender wirkt. Sie besteht aus Jack und seiner Assistentin Nikki, die ihm außerdem wie Jiminy Cricket Disneys Pinocchio als Gewissen dient und um der dramatischen Wirkung willen eine taffe Nutte ist. Außerdem gibt es eine ‚geheime‘ Website, auf der sich publicitysüchtige Super-Strolche outen können. Obwohl Jack auf strengste Geheimhaltung angewiesen ist, kennt sogar Biker-Tölpel Goliath den „Closer“, der zu einem Mythos geworden ist, den Autor Cortez vor allem behauptet.

Richtig ärgerlich stimmt Cortez‘ schon erwähnte Zeilenschinderei. Mehrfach werden Figuren eingeführt, deren Existenz und Handeln zur Handlung kaum oder gar nicht beitragen. Einen aufwändig entführten Schurken lässt Nikki mit dem Versprechen, von jetzt an ein braver Junge zu sein, sogar einfach wieder laufen, weil es in unserer Geschichte keine Verwendung mehr für ihn gibt!

Einen Schatten der ursprünglichen „Closer“-Thematik bieten die Diskussionen zwischen Jack und „Remote“. Auch hier wird selbstverständlich viel Klischee-Stroh gedroschen. Wenigstens hat Cortez eine Idee, die glaubhaft begründet, wieso Jack seinem Gegner dessen Geheimnisse nicht durch Folter abpressen kann. Er muss alternativ planen. Was dabei herauskommt, ist einmal mehr unlogisch, bietet dem Leser aber endlich im Ansatz die ersehnten Überraschungen.

|Vom Ursprung des Blöden|

Liegt die enttäuschende Qualität dieser Fortsetzung in ihrer Veröffentlichung begründet? Der geschäftstüchtige Cortez setzt als Schriftsteller längst nicht mehr auf den klassischen Buchhandel. Unter dem Pseudonym D. D. Barant begann er 2009 eine Serie von Mystery-Thrillern, die zunächst und womöglich ausschließlich als eBooks veröffentlicht werden. Auch „Du wirst …“ erschien 2011 in diesem Medium, das gegenüber dem gedruckten Buch auch deshalb im Aufwind ist, weil es nachdrücklich beworben wird. Exklusive eBook-Verbrauchsliteratur kann dabei helfen, wenn sie dem größten gemeinsamen Leser-Nenner folgt und hohe Käuferzahlen generiert.

Cortez liefert, wofür er bezahlt wird. „Du wirst …“ zeigt, dass ihm dabei der Redaktionsschluss wichtiger als das Produkt ist. So wundert es kaum, dass dieser Roman nicht mit einem „Ende“, sondern mit einem weiteren Cliffhanger ausklingt: Siehe da, der „Patron“, den Jack in Band 1 blutig zur Strecke gebracht hat, schickt eine Mail: Er ist wieder da und fit für „Closer III“! Wie kann das logisch sein? Nur Spielverderber stellen solche Fragen! Viel wichtiger ist dem entsprechend geeichten Publikum, dass weiter gefoltert, getückt und gekillt wird!

_Autor_

Donn Cortez ist eines der Pseudonyme des kanadischen Schriftstellers Don Hildebrandt, der als „Don H. Brandt“ Science-Fiction und Horror schreibt. „The Quicksilver Screen“, sein Romandebüt von 1992, wurde vom renommierten SF-Magazin „Locus“ als Geheimtipp gehandelt. DeBrandt schrieb außerdem für Marvel Comics, wo er an Reihen wie „Spiderman 2099“ und „2099 Unlimited“ mitarbeitete.

Ab 2006 verfasste Cortez, der im kanadischen Vancouver lebt und arbeitet, Romane zur TV-Serie „CSI: Miami“. Als „D. D. Barant“ schreibt Hildebrandt seit 2009 außerdem über die Fälle des FBI-Profilers Jace Valchek, der allerlei Monster wie Vampire und Werwölfe jagt.

|Taschenbuch: 317 Seiten
Originaltitel: Remote (TKA Distribution 2011)
Übersetzung: Simon Weinert
ISBN-13: 978-3-426-50983-8

Als eBook: April 2012 (Knaur eBook)
ISBN-13: 978-3-426-41304-3|

http://www.donncortez.com
http://www.ddbarant.com
http://www.sfwa.org/members/DeBrandt
http://www.knaur.de

_Donn Cortez bei |Buchwurm.info|:_
[„CSI Miami: Der Preis der Freiheit“ 5017
[„CSI Miami: Tödliche Brandung“ 5122
[„Closer“ 5371
[„Mörderisches Fest“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_-book=5686

Purviance, Jamie – Weber\’s Veggie: Die besten vegetarischen Grillrezepte

Nicht erst seit Methan pupsende und rülpsende Kühe die Medien enterten, gravierende Missstände in der Schweine- und Hühnerhaltung sowie alle (un-)möglichen Gammelfleischskandale quasi an der Tagesordnung sind, befinden sich Vegetarier (neudeutsch: Veggies) in unterschiedlich starker Ausprägung auf dem Vormarsch. Nicht zu unrecht, ist es inzwischen doch erwiesen, dass die fleischlose – oder wenigstens die bewusst fleischarme – Ernährung dem eigenen Körper und Planeten als Ganzes generell zuträglich ist. Nun kommt auch noch BBQ-Papst Jamie Purviance daher und rüttelt mit dem |GU|-Ratgeber „Weber’s Veggie – Die besten vegetarischen Grillrezepte“ an den Grundfesten der letzten Bastion für hartnäckige Recken exzessiv tierischer Proteinzufuhr, die sie bislang noch beinahe uneingeschränkt für sich beanspruchen konnten: dem Grillen. Hier wo es lange Zeit als höchstes der Gefühle galt, vielleicht mal Zucchini, Auberginen und Paprika zu verkohlen. Wenn überhaupt.

_Zum Inhalt_

Die Zeiten, wo Gemüse allenfalls als Grillbeilage taugten, sind vorbei, findet der Verfasser der mittlerweile fast schon legendären „Grillbibel“ und präsentiert somit einen weiteren Band aus der „Weber’s“-Reihe mit entsprechend vegetarischen Rezepten zum Nachmachen, die nehmen selbstverständlich den Löwenanteil des Buches ein. Daneben gibt’s aber auch noch Tipps und Tricks gepaart mit wichtigem Grundlagenwissen, angefangen von der grundsätzlichen Art, wie man mit pflanzlichem Grillgut auf Holzkohle und Gas – Stichwort u.a. „direktes/indirektes Grillen“ – umgehen sollte. Angenehm hierbei, dass Jamie Purviance zwar exklusiv für den amerikanischen Hersteller WEBER arbeitet respektive schreibt (was auch den Titel der Reihe erklärt), sich aber erfreulich mit der Nennung des Markennamens zurückhält. Dadurch erhält das Buch durchaus auch beinahe uneingeschränkte Relevanz für Nicht-Weber-Besitzer. Einzige Grundvoraussetzung: Der Grill muss einen Deckel haben bzw. ein Kugelgrill sein – was den Nutzerkreis doch wiederum ein wenig eingrenzt.

Was auch überaus positiv anzumerken ist, dass Purviance sich als glühender Verfechter von saisonal-regionalem (Bio-)Gemüse entpuppt. Und das als Amerikaner, die ja doch ein wenig im Ruf stehen es mit dem Schutz der Umwelt ja nicht so eng zu sehen, wie die – nicht nur diesbezüglich – manchmal übersensiblen Deutschen. Gleiches gilt natürlich und in ganz besonderem Maße für den vegetarischen Ansatz, überhaupt. Gelten die Amis prinzipiell auch nicht gerade als leuchtende Vorbilder in Sachen gesunder und ausgewogener Ernährung. Diese beiden Haupt-Vorurteile sind hiermit nun entkräftet. Darüber hinaus animiert Purviance seine Leser dringend immer wieder zu eigenen Experimenten mit seinen Zubereitungsvorschlägen, die er nicht als das Nonplusultra verkauft. Sehr nützlich sind in diesem Zusammenhang auch die zahlreichen Grundrezepte von pfiffigen Marinaden, Vinaigrettes und Soßen, die individuell abänderbar sind. Damit – und mit den zuvor vermittelten Basics – kann eigentlich buchstäblich nichts mehr anbrennen. Ebenfalls sehr oft zu Rate gezogen: Die praktische Gartabelle mit Temperatur und Zeiten für die jeweilige Grillart.

_Kurz & Bündig_

Der Rezensent bekocht die Seinen übrigens gern auf einem Gasgrill des Hauses Weber – inzwischen auch häufiger mal rein vegetarisch. Etwa ein stilechtes Risotto komplett auf dem Grill zubereitet? Null Problemo. Sofern man über das richtige Equipment verfügt, versteht sich, welches auch nicht zwingend von Weber sein muss, wiewohl der Buchtitel vielleicht anderes impliziert. Die allgemeingültigen, abwechslungsreich ausgewählten wie, nebenher bemerkt, durch die Bank absolut empfehlenswerten und leicht nach zu brutzelnden Veggie-Rezepte des appetitlich bebilderten |GU|-Ratgebers machen dringend Lust auf (wesentlich) mehr Gemüse bei der nächsten Grill-Session. Auf sein Würstchen oder Steak muss man ja nicht unbedingt komplett verzichten, das bisher – quasi eingefleischte – Verhältnis wenigstens umzudrehen ist aber wünschenswert. Oder um es mit einem abgewandelten Loriot-Zitat auf den Punkt zu bringen: „Ein Leben ohne Fleisch ist möglich, aber sinnvoll“. Zumal dann, wenn’s so schmackhaft und vielfältig daherkommt.

|Softcover, 144 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
GU-Ratgeber WG 455 – Themenkochbücher
OT: „Weber’s on the Grill. Vegetarian“
von Jamie Purviance
Weber-Stephen Products Co. / 2012
Übersetzung von Martin Waller
Gräfe und Unzer, München / 2012
ISBN13: 978-3-8338-2622-1|
[Gräfe und Unzer Verlags GmbH]http://www.gu.de

Haji, Nafisa – Worte auf meiner Stirn

_Über Dichtung und Wahrheit und eine verflixte Großfamilie_

Die Journalistin Saira findet sich nach Jahren der unsteten berufsbedingten Wanderung plötzlich mit Sakina, der jungen Tochter ihrer Schwester, in ihrem Elternhaus in Los Angeles wieder. Rückblickend überlegt sie, wie sich ihr Leben bis zu diesem Zeitpunkt gestaltet hat, und versucht zu ergründen, welche Episoden aus der Vergangenheit ihrer Familie bis in die Gegenwart hineinwirken und ihr eigenes Leben maßgeblich beeinflusst haben.

Der wichtigste Ansatzpunkt in diesem autobiografischen Roman um einen großen pakistanischen Familienclan, der sich im Laufe des 20. Jahrhunderts über die Erdteile verstreut hat, sind die Geschichten, die Sairas Mutter ihren Töchtern seit frühester Kindheit erzählt hat. In ihnen spielen Pflicht, Verantwortung und vor allem die Heirat und Familiengründung die wichtigste Rolle. Sie sollen Moral lehren und Orientierung für den eigenen Lebensweg bieten. Was bei der älteren Schwester Ameena gut funktioniert, wirkt sich auf Saira insofern fatal aus, dass sie die Geschichten früh zu hinterfragen beginnt und mehr wissen will als für die Aussageabsicht der Mutter gut ist.

Auf einer Reise zu Familienfeierlichkeiten nach Indien erfährt Saira als Teenager, dass der Mann, welcher durch seine verhängnisvolle Leidenschaft für den Tanz angeblich bald gestorben ist, nachdem er sich und seine Familie ins Unglück gestürzt hatte, in Wahrheit ihr Großvater war, der sich nach einer Heirat mit einer Engländerin tatsächlich lange Zeit bester Gesundheit erfreute und Sairas Verwandte hinterlassen hat, die sie nie kennen lernen durfte, weil sich ihre Mutter von ihrem eigenen Vater losgesagt hat. Damit beginnt Saira zu verstehen, dass ihre große Familie voller Geheimnisse ist, und im Laufe ihres Lebens entdeckt sie immer mehr Wahrheiten hinter den Geschichten ihrer Mutter. Sie findet heraus, dass diese Geschichten sich aus nicht erfüllten Erwartungen und Enttäuschungen entwickelt haben. Unbeliebte Entscheidungen abseits der indischen und muslimischen Tradition werden dabei aus dem Familiengedächtnis verbannt; notfalls die Personen gleich mit. So hat ihr Großvater sich für die Freiheit und gegen die schöne, fügsame, traditionelle Frau entschieden. Ihre Tante Big Nanima hat sich halb gewollt, halb aus Mangel an Gelegenheit gegen die Heirat und für eine berufliche Karriere entschieden. Schließlich entscheidet sich auch Sairas homosexueller Cousin dafür, seine Neigung der Familie zu enthüllen und katapultiert sich damit aus ihr hinaus.

Das Finden der eigenen Stimme in einem Leben, in dem die Vorstellungen der modernen westlichen Welt und der Traditionen des alten Pakistan sich beständig aneinander reiben, wird durch das Symbol der „Speaker’s Corner“ in London immer wieder illustriert. An diesem Ort der freien Meinungsäußerung lernt der Großvater seine spätere englische Frau kennen, und dort entscheidet sich einmal mehr auch Sairas Schicksal, als sie die Möglichkeit, Journalistin zu werden, erkennt.

Natürlich muss Saira auch lernen, dass die gewonnene Freiheit ihre Schattenseiten hat. Big Nanima zeigt Saira auf, auf welche Möglichkeiten sie für ihren Traum verzichten musste. Aber sie macht ihr auch klar, dass die Traditionen ein Vorteil im Leben sein können und nicht grundsätzlich zurückgewiesen werden müssen. So lebt Big Nanima zwar als Dozentin ein selbständiges Leben, aber sie wird trotzdem nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben von ihrer Familie, die für jedes Mitglied lebenslang Verantwortung trägt, aufgefangen, weil sie ihre Freiheit nur in einem für ihre Familie vertretbaren moralischen Rahmen ausgelebt hat. Als ihre Mutter Saira mit Hilfe des riesigen Familiennetzwerkes an den Ehemann bringen will, rät Big Nanima Saira zu Verständnis für die Tradition und dazu, ihren Lebensweg so zu gehen, dass sie das Gute aus beiden Welten vereint: „Du musst dich entscheiden, was für ein Leben du willst. Aber übereile nichts und wirf nicht alles Alte dem Neuen zuliebe über Bord! Mach Platz für beides, Saira! Das alte Familiennetzwerk, das steht uns bei, wen wir geboren werden – und wenn wir sterben. Es ist nicht immer schlecht. Hier sterben Leute nicht allein und unbemerkt in ihren Wohnungen […] Es gibt Zeiten, in denen man sein Leben nicht selbst in der Hand hat, Saira. Und in diesen Zeiten brauchen wir alle … wie hast Du das genannt? Ein Drehbuch? … Ein Drehbuch, nach dem wir uns richten können.“

Schließlich zeigt die Tradition auch Saira nach Jahren der beruflichen Selbstverwirklichung und mit dem festen Vorsatz, keine Familie zu gründen, eine Möglichkeit, nach dem Tod der Schwester, die den traditionellen Weg der Heirat und Familiengründung gegangen ist, einen Weg zur Weiterentwicklung auf. Das überraschende Ende des Romans, das einmal mehr ein gut gehütetes Familiengeheimnis enthüllt, illustriert, dass es immer wieder Wendepunkte im Leben gibt, weil das Leben immer auch von unvorhersehbaren äußeren Umständen geprägt wird. Sich der Verantwortung zu stellen, bietet Saira die Möglichkeit, sich mit ihrer Vergangenheit zu versöhnen und einen Weg zu gehen, den sie für sich bereits verworfen hatte.

Nafisa Haji schreibt mit der bezaubernden Leichtigkeit einer Geschichtenerzählerin über das schwierige Thema der Identitätsfindung von Immigranten in der postmodernen Welt, in der die über Jahrzehnte bewährten Strukturen und Lebensmuster kaum noch Orientierung bieten. Sie stellt die nüchterne westliche Welt, in der das Individuum vorrangig auf sich allein gestellt ist, der lauten, bunten indischen Welt der Großfamilie mit ihren Traditionen, Erwartungen und Verpflichtungen so gegenüber, dass dem Leser nicht nur Kritisches, sondern auch viel Liebevolles über die indische Kultur erzählt wird. Was für die erste Generation der Auswanderer scheinbar noch selbstverständlich ist, kann von den Kindern hinterfragt oder gar abgelehnt werden. Die noch heimlich erschlichene Möglichkeit Sairas zum Theaterspielen in der Schule wird für Sakina bereits selbstverständlicher Teil des Schullebens sein. Sie wird nicht frei von Ängsten und Zweifeln leben. Dennoch wächst auch sie mit den Worten auf, die die Mütter der Familie ihren Töchtern seit Generationen zur Beruhigung in Angstsituationen auf die Stirn schreiben, die bedeuten, „… dass es viele Dinge gibt, die wir nicht verstehen können. Die Vergangenheit. Die schlimmen Dinge, die geschehen sind. […] Und das macht uns Angst. Vor dem, was in Zukunft geschehen kann.“ Aber sie wächst auch mit der Gewissheit auf, dass die Angst ein Bestandteil des Lebens ist und sie trotzdem ihren eigenen Weg zum Glück und zur Zufriedenheit finden wird.

|Originaltitel: The Writing on my Forehead
Übersetzung: Christine Frick-Gerke
368 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3426198421|
http://www.droemer-knaur.de

Sinclair, Alison – Schattengeboren

_Die Trilogie:_

Band 1: [„Nachtgeboren“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7946
Band 2: [„Lichtgeboren“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7988
Band 3: _“Schattengeboren“_

_Um Fejelis zu_ retten, hat Tammorn den jungen Prinzen samt dessen Bruder Orlanjis und sich selbst auf magische Weise in die Grenzlande versetzt. Kein sehr sicheres Pflaster, denn gerade erst haben Schattengeborene Stranhorne, die Nachbarbaronie Strumhellers, überrannt.
Während Vladimer und Telmaine in Begleitung der meisten nachtgeborenen Magier auf dem Weg nach Süden sind, um der Invasion zu begegnen, sind Strumheller und Balthasar in die Hände der Schattengeborenen gefallen.

_Nun ist es_ also so weit: Der Feind erhält endlich ein Gesicht. Dass es sich bei den Schattengeborenen nicht nur um Ungeheuer handeln kann, zeigte eigentlich schon das Ende des ersten Bandes, und hun wird es bestätigt. Überraschend ist, wie wenige sie sind!

Sebastien ist noch sehr jung und besitzt enorme magische Kraft, allerdings ist sie unausgebildet. Der Junge ist eine ebenso große Gefahr für sich und seine Freunde wie für seine Feinde. Auch von der Magie abgesehen ist er unausgeglichen. Einerseits roh und unberechenbar, andererseits einsam, unglücklich und verängstigt. Er fürchtet sich vor seiner Herrin, will sie aber trotzdem nicht verlassen.

Neill ist der Anführer des Angriffs auf Stranhorne. Teilweise wirkt er geradezu gemäßigt, gleichzeitig bricht und versklavt er den Willen seiner magischen Ungeheuer und anderer Tiere mit derselben Gleichgültigkeit, wie Sebastien es bei Menschen tut. Und auch Neill scheint nicht daran zu denken, seiner Herrin untreu zu werden, trotz der Tatsache, dass Emeya offenbar wahnsinnig ist.

Außer diesen beiden tauchen noch vier weitere Magier auf, allerdings werden ihre Persönlichkeiten nicht so ausführlich geschildert wie Neills und Sebastiens. Diese beiden sind dafür ein interessanter Zuwachs zur Personenriege, gewohnt lebensecht und glaubwürdig gezeichnet. Das Einzige, was ich nicht nachvollziehen konnte, war Neills und Sebastiens Verhalten im Hinblick auf Emeya.

Die Handlung entwickelte sich in diesem Band allmählich zu einer kleinen Herausforderung. So lange es hauptsächlich um die Eroberung Stranhornes geht, bleibt die Sache mit zwei Handlungssträngen noch übersichtlich. Doch nach knapp zweihundert Seiten kommen die Fäden von Floria, Telmaine, Fejelis und Tammorn hinzu. Jetzt sind wir nicht nur bei sechs, es spielt sich auch so vieles zeitgleich ab, dass der Leser schon konzentriert bei der Sache sein muss, um nicht durcheinanderzugeraten.

Inhaltlich ist es allerdings so, dass durch die Menge an Ereignissen die Ausführlichkeit ein wenig leidet. Das Geschehen um Fejelis wirkt teilweise geradezu komprimiert, dasselbe gilt für Tammorn. Die Entwicklung zum Höhepunkt hin gestaltet sich dadurch zwar einerseits temporeich und zügig, andererseits entwickelt sich nicht derselbe Sog, den die Autorin in den beiden Vorgängerbänden zu erzeugen wusste.

Der Showdown erwies sich dann eher als verwirrend denn als spannend. Der Leser erfährt zunächst gar nicht, was genau da eigentlich geschieht. Erst im Zusammenhang mit Strumhellers Plan wird die Sache etwas klarer. Schade, dass ich hier auf einen logischen Knacks gestoßen bin. Denn selbst, wenn bei einem Tauziehen beide Parteien gleichzeitig aufgeben, ist das Tau danach immer noch da.

_Unterm Strich_ fand ich „Schattengeboren“ doch nicht ganz so gut wie seine beiden Vorgänger. Normalerweise habe ich keine Probleme mit einer Vielzahl von Handlungssträngen. Hier aber hat die Autorin in ihrem Bemühen, Gleichzeitiges möglichst gleichzeitig zu erzählen, ihre Abschnitte so kurz gewählt, kommen die Wechsel zwischen den einzelnen Fäden in so kurzen Abständen, dass der Verlauf sich doch sehr sprunghaft gestaltet. Da die beiden mächtigsten Schattengeborenen Emeya und Isolde nur so wenig auftauchen, und Isolde ihre wahren Absichten nicht verrät, während Emeya überhaupt nichts sagt, werden ihre Motive und Ziele zu keiner Zeit wirklich klar, sodass der Leser kaum weiß, worum es jetzt eigentlich wirklich geht. Unklar bleibt auch das seltsame Verhältnis zwischen Emeya und Neill und Sebastien. Trotzdem ist auch der Abschlussband der Trilogie interessant und unterhaltsam, was nicht zuletzt der größtenteils sehr gelungenen Charakterzeichnung sowie gelegentlichen Anflügen sehr trockenen Humors zu verdanken ist. Insgesamt gesehen hat Alison Sinclair hier einen sehr lesenswerten Zyklus abgeliefert.

_Alison Sinclair_ stammt ursprünglich aus Schottland, lebt inzwischen aber in Montreal, wo sie an der Universität McGill unterrichtet. Mit dem Schreiben begann sie Mitte der Neunziger Jahre, zunächst im Bereich Science-Fiction. Diese Trilogie ist ihr erster Ausflug ins Fantasy-Genre.

|Taschenbuch: 507 Seiten
Originaltitel Shadowborn
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-802-58337-7|


http://www.egmont-lyx.de

Sinclair, Alison – Lichtgeboren

_Die Trilogie:_

Band 1: „Nachtgeboren“
Band 2: „Lichtgeboren“
Band 3: „Schattengeboren“

_Balthasar, Telmaine und Strumheller_ ist es gelungen, Vladimer aus seiner unnatürlichen Bewusstlosigkeit zu wecken. Allerdings war es nicht möglich, ihm die Entwicklung der Ereignisse zu erklären, ohne auch Telmaines Magie zu erwähnen. Und obwohl Vladimer sich weigert, sich von Telmaine heilen zu lassen, hat er keinerlei Skrupel, ihre Fähigkeiten anderweitig schamlos für seine Zwecke einzuspannen. Um seinen Bruder zu unterstützen, ist ihm jedes, wirklich jedes Mittel recht!

Das hat unangenehme Folgen. Denn nahezu unmittelbar nach Vladimers Rettung wird der Prinz der Lichtgeborenen ermordet! Sein Sohn Fejelis ist gerade erst mündig geworden, und beauftragt als Erstes seinen einzigen Freund und Vertrauten, den Magier Tammorn, mit der Suche nach dem Mörder. Doch Tammorn steht außerhalb des Magierstammbaumes, er ist ein sogenannter Wildschlag und wird deshalb von den Magiern mit Misstrauen betrachtet. Als wäre das noch nicht problematisch genug, findet Tammorn Spuren einer Magie, von der ihm übel wird … Schattenmagie!

_Durch die Ausdehnung_ der Handlung auf die Lichtgeborenen taucht eine ganze Riege neuer Charaktere auf. Die meisten davon sind vorerst nur Nebenfiguren, wie zum Beispiel Fejelis Mutter Helenja und ihr Lieblingssohn Orlanjis, sowie diverse andere Verwandte. Das Hauptaugenmerk ruht auf nur zwei Neuzugängen:

Fejelis mag jung sein, aber er ist weder dumm noch naiv. Höchstens ein wenig idealistisch. Mit sieben ist er nur knapp einem Mordversuch entgangen, das hat ihn misstrauisch werden lassen. Er rechnet nicht damit, besonders lange zu regieren, das hat die seltsame Konsequenz, dass er dazu neigt, Risiken einzugehen … weil es ja eh schon egal ist. Gleichzeitig hat er erstaunliche Pläne und Ideen, die er nur zu gerne umsetzen wird, wenn er die Chance dazu erhält.

Tammorn ist ebenfalls noch ziemlich jung. Und die Tatsache, dass er ein Wildschlag ist, ist nicht der einzige Grund, warum er mit den Magiern in Konflikt geraten ist. Tatsächlich neigt er dazu, es mit Gesetzen und Verträgen nicht so genau zu nehmen, und mit Autoritäten hat er auch seine Probleme. Der einzige Magier im Turm, den er respektiert, ist Lukfer, und der ist ein Wildschlag wie er selbst. Kein Wunder, dass die Magier es gar nicht gern sehen, dass Fejelis ausgerechnet Tammorn unter Vertrag nehmen will.

Und dann ist da natürlich noch Floria, die in diesem Band etwas näher an den Kern der Handlung rückt. Für echte Tiefe hat es in ihrem Fall aber noch nicht ganz gereicht. Natürlich ist sie – berufsbedingt – eine sehr gute Kämpferin, vor allem aber ist sie loyal.

Wie schon im ersten Band ist die Darstellung der Figuren auch hier wieder ausgesprochen glaubhaft, lebendig und nachvollziehbar geraten, von Fejelis und Tammorn bis hin zu Cousine Ember, obwohl sie nur ein einziges Mal den Mund aufmacht. Sehr gelungen.

Da in diesem Band die Lichtgeborenen so sehr im Mittelpunkt stehen, mussten die Nachtgeborenen ein wenig beiseite rücken. Balthasar und Stromheller werden lediglich erwähnt, tauchen aber nicht persönlich auf. Nur einer der vier Handlungsstränge dreht sich um die Nachtgeborenen, und das ist Telmaines. Wobei das nicht viel heißen will, denn der Autorin ist es gelungen, die parallel laufenden Fäden so eng miteinander zu verknüpfen, dass man sie nicht so einfach trennen kann. Nachdem die neuen Personen eingeführt sind, wird aus dem Nebeneinander rasch ein Durcheinander. Was im Licht geschieht, bedingt, was die Nacht bringt, und das nächtliche Geschehen hat unmittelbare Auswirkungen auf die Ereignisse im Licht.

Natürlich ist dem Leser von Anfang an klar, warum der Prinz ermordet wurde, schließlich hat er den ersten Band gelesen und weiß, wer dahintersteckt. dass die Handlung trotzdem zu keiner Zeit vorhersehbar oder langweilig war, liegt daran, dass die Autorin es auch diesmal geschafft hat, den Auslöser am Anfang des Buches immer größere Kreise ziehen und dabei nach und nach immer mehr Details einfließen zu lassen, die die ursprüngliche Situation eines Mordes auf eine Intrige dynastischen Ausmaßes steigern. Denn wie im ersten Band sind auch hier nicht nur die Schattengeborenen am Werk. Eine ganze Anzahl von Cliquen und Parteien kocht an ihrem eigenen Süppchen, ganz wie bei den Nachtgeborenen auch.

_Herausgekommen ist_ ein komplexes, intelligentes und spannendes Buch mit sehr lebensechten und auch sympathischen Charakteren, der einen oder anderen unerwarteten Wendung und einem vielversprechenden Ende. Und das alles ohne logische Hänger, vor allem aber ohne einen übermächtigen Bösewicht, der eigentlich völlig unbesiegbar ist; ohne bluttriefendes Gemetzel und Geschlachte; und ohne einen Helden, der als Einziger auf der ganzen Welt selbige retten kann, weil das zufällig in irgendeiner Prophezeiung steht.

Alison Sinclairs Zyklus hat mich bisher von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies auch dem dritten Band gelingen wird.

_Alison Sinclair_ stammt ursprünglich aus Schottland, lebt inzwischen aber in Montreal, wo sie an der Universität McGill unterrichtet. Mit dem Schreiben begann sie Mitte der Neunziger Jahre, zunächst im Bereich Science-Fiction. „Lichtgeboren“ ist der zweite Band ihrer ersten Fantasy-Trilogie. Die anderen beiden Bände erschienen unter dem Titel „Nachtgeboren“ und „Schattengeboren“.

|Taschenbuch: 446 Seiten
Originaltitel Lightborn
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3-802-58336-0|


http://www.egmont-lyx.de

Jack Finney – Die Körperfresser kommen

Das geschieht:

Mill Valley liegt zwar im US-Staat Kalifornien, ist aber trotzdem ein abgelegenes Städtchen, dessen Bürger das Leben geruhsam angehen. Nach seiner Scheidung ist Dr. Miles Bennell deshalb hierher zurückgekehrt, wo bereits sein Vater als Arzt praktizierte, um ein wenig Abstand für einen Neuanfang zu gewinnen.

Normalerweise ist man in Mill Valley recht gesund, weshalb eine Folge seltsamer ‚Krankmeldungen‘ für Aufregung in den örtlichen Arztpraxen sorgt: Verschiedene Bürger behaupten, Familienmitglieder oder Freunde seien nicht mehr sie selbst, sondern äußerlich perfekte aber seelenlose, gefühlskalte ‚Kopien‘. Auch Bennell wird mit solchen Fällen konfrontiert und glaubt an eine Massenpsychose, bis ein Freund, der Autor Jack Belicec, ihn mit einem makabren Fund aus seinem Keller konfrontiert – eine Leiche ohne Fingerabdrücke und mit ‚unfertigen‘ Gesichtszügen.  Jack Finney – Die Körperfresser kommen weiterlesen

Ken Marschall; Donald Lynch – Titanic – Königin der Meere

Keine andere Katastrophe hat die Menschen so berührt, wie der Untergang der RMS Titanic am 14./15. April 1912, als sie auf ihrer Jungfernfahrt einen Eisberg streifte und sich der Atlantische Ozean nach etwas unter drei Stunden Todeskampf schließlich über dem geschlagenen Titanen schloss – zusammen mit der Titanic versanken die menschlichen Allmachtsphantasien, dass mit Technik allein alles zu beherrschen sei. Dieser Fortschrittsglaube des eduardinischen England (auch das „vergoldete Zeitalter“ genannt) zerbrach genauso, wie das Schiff, das diesen Way of Life so verkörperte, wie kein Anderes. Die anrührende Geschichte über die Verkettung mehrerer fataler Umstände liefert selbst heute noch genug Stoff, um Mythen zu nähren und diesen Luxusliner bestimmt noch lange im kollektiven Bewusstsein der Menschen zu halten.

Das Schiff und seine Geschichte – Ein Überblick

Über die Tragödie ist eine Menge geschrieben und noch mehr fabuliert worden. Kein anderes Schiff hat so viele Mythen und Sagen heraufbeschworen, wie die Titanic. Einiges hat sich bewahrheitet, Anderes hingegen ist hanebüchener und unhaltbarer Nonsens. Die Geschichte an sich dürfte eigentlich jedem einigermaßen bekannt sein, der Vollständigkeit halber seien sie hier – inklusive der hartnäckigsten Gerüchten – dennoch einmal grob zusammengefasst:

Gebaut wurde die Titanic als Zweites einer Reihe von drei Super-Linern für die White-Star Line auf der Werft von Harland & Wolff im irischen Belfast. Ihr Stapellauf fand bereits 1911 statt, danach wurde sie weiter ausgerüstet und komplettiert. Das Ganze dauerte ein gutes, weiteres Jahr. Zu dieser Zeit befand sich ihre ältere Schwester „Olympic“ bereits grade im Dienst und ihre jüngere – „Britannic“ – grade bei der Kiellegung. Die Titanic wurde auf Luxus ausgelegt, nicht auf Geschwindigkeit, was alle jene Gerüchte Lügen straft, dass die Titanic angeblich auf der Jagd nach dem „Blauen Band“ gewesen sein soll. Dazu wäre sie jedoch allein baulich nie in der Lage gewesen.

Ausgestattet mir „nur“ 3 Schrauben und vergleichsweise schwachen Niederdruck-Turbinen hätte sie es niemals mit der amtierenden Rekordhalterin „Mauretania“ der konkurrierenden Cunard-Line aufnehmen können. Dessen waren sich auch die Erbauer und Betreiber bewusst. Um optisch mehr Leistung vorzutäuschen, verpassten sie ihr sogar einen vierten Schornstein, obwohl der hintere ein Fake war, erachtete man es zu dieser Zeit als ein Muss 4 Schornsteine haben zu müssen. Eine Reederei, die was auf sich hielt, konnte es im heiß umkämpften Transatlantik-Verkehr nicht wagen, ein Schiff mit nur drei Schloten zu betreiben.

Konstruktiv war die Titanic ihrer Zeit weit voraus, doppelter Schiffsboden und elektro-magnetisch verschließbare Schotten konnten das Schiff selbst mit 3-4 gefluteten Sektionen noch an der Oberfläche halten, ein Szenario, dessen Eintreffen sich jedoch niemand wirklich vorstellen konnte, so kam die Presse zu der Aussage, sie sei unsinkbar – der Reederei gefiel eine solche Werbung natürlich und tat dementsprechend nichts diese Übertreibung zu dementieren oder zu bestätigen. Oft hat man den White-Star Offiziellen und der Werft unberechtigt vorgeworfen, eben jenes Attribut gar erfunden zu haben.

Die Kapazität der Rettungsboote entsprach buchstabengetreu dem Gesetz, niemand hat sich damals für ein Schiff dieser Größe Gedanken gemacht, ob das Fassungsvermögen für alle Menschen an Bord ausreichen würde – die Vorschrift sah eine Mindestanzahl an Rettungsbooten pro Bruttoregistertonne (BRT) vor, allerdings ging man seinerzeit von 10.000 BRT als absolutes Maximum aus. Ein Wert, den die Titanic bei Weitem überschritt – mehr noch: rein rechnerisch hatte sie laut Gesetz sogar zu viele Rettungsboote (!). Dass niemand auf die Idee kam, dass man wirklich ALLE Menschen von Bord bekommen muss, ist ein schlechter Treppenwitz der Geschichte.

Die schicksalshafte Jungfernfahrt beginnt schon nicht besonders, beim Auslaufen vom Dock ins offene Fahrwasser kommt es zu einer Beinahe-Kollision mit einem kleineren Passagierdampfer, der sich wegen des gewaltigen Sogs, den die Titanic allein schon durch ihre Masse erzeugt, losreißt und erst kurz vor dem Crash mit dem Ozeanriesen von Schleppern abgedrängt werden kann. Die Unglücksserie geht indes weiter in einem Kohlebunker bricht ein Feuer aus, dass erst beim Halt in Queenstown (heute Cobh) unter Kontrolle gebracht und gelöscht wird. Ohne weitere Zwischenfälle startet nun endlich die Passage über den Atlantik Richtung New York.

Die eintreffenden Eisbergwarnungen anderer Schiffe werden zum Teil wohl ignoriert, Kapitän Smith ordnet lediglich einen Kurs an, der weiter südlich liegt, als der ursprünglich geplante. So hofft er, den Eisberg-Gürtel ohne Probleme zu passieren. Der Reederei-Vorstand Bruce Ismay drängt ihn Volldampf zu fahren, auf das man schneller in New York sei, als geplant – das würde auch ohne „Blaues Band“ jede Menge positive Publicity geben. An Bord fühlen sich alle sicher und ein Besatzungsmitglied erklärt einer verängstigten Passagierin angeblich sogar noch süffisant: „selbst Gott kann dieses Schiff nicht versenken …“

Am 14. April gegen 23.40 sichtet Ausguck Frederik Fleet eine dunkle Masse in der spiegelglatten See direkt voraus – ohne Fernglas (bis heute ist nicht geklärt, warum keine vorhanden waren) ein schwieriges Unterfangen, seine Warnung an die Brücke: „Eisberg direkt voraus!“wird vom diensthabenden Offizier sofort in ein Ausweichmanöver umgesetzt, über dessen Sinnhaftigkeit man sich ebenfalls noch heute streitet: „Volle Kraft zurück! Ruder hart Backbord!“

Ein Schiff mit 269 Meter Länge stoppt man erst auf mehreren Kilometern und der Befehl die Maschinen rückwärts laufen zu lassen, ist auch erst mit einer gewissen Zeitverzögerung wirksam. Fazit: Der Bug der Titanic wandert zu langsam aus, die frontale Kollision ist zwar vermieden, doch der Eisberg schrammt an der Steuerbordseite vorbei und beschädigt die Außenhülle so unglücklich, dass 5 Sektionen Wasser fassen, zu viel für den Titanen. Der geweckte Kapitän schickt nach Schiffsbaumeister Andrews, der nach kurzer Expertise das Todesurteil spricht: „Eine, maximal zwei Stunden“, dann ist das stolze Schiff verloren.

In den folgenden zweieinhalb Stunden spielen sich die dramatischen Szenen ab, die wir aus vielen Filmen kennen, als man merkt, dass die Rettungsboote nicht ausreichen, um alle Passagiere auf dem nächtlichen Atlantik auszusetzen. Zuerst wird wegen der Furcht der Überladung sogar dazu übergegangen, die Boote nur halbvoll zu besetzen und abzufieren – als sich das Schiff um 02.20 am 15. April endgültig in die Tiefe Richtung Meeresgrund rauscht, haben lediglich 705 Passagiere überlebt, mehr als die doppelte Anzahl (1517) Menschen finden den Tod entweder auf dem Schiff selbst oder im eiskalten Wasser, das zu dieser Jahreszeit 0 bis -2° C kalt ist.

Das Klassendenken dieser Zeit hat dafür gesorgt, dass die Passagiere der dritten Klasse das Nachsehen hatten, nicht wenige der Reichen und Mächtigen der Epoche kamen zum Teil mit heiler Haut davon, während unter den Zweit- und Dritt-Klässlern ganze Familien ausgelöscht wurden, da man sie erst zu spät an Deck hat kommen lassen, das der 1. Klasse vorbehalten war. Dennoch ist die Katastrophe auch eine Geschichte von wohlhabenden Helden und Gentlemen, bei denen „Frauen und Kinder zuerst!“ praktiziert wurde. Legendär ist die Band Wallace Hartleys, die buchstäblich bis zum allerletzten Augenblick spielte – von den Musikern hat keiner überlebt.

Eindrücke

Ken Marschall ist spätestens seit der Entdeckung des Wracks durch Robert D. Ballard („Titanic – Geheimnis 3800 Meter unter Wasser“ – Ullstein, 1985) einer der angesehensten Illustratoren für Schiffe und Wracks. Marschall hat zudem ein starkes Faible für die RMS Titanic. Häufig ist er für den Meeresgeologen und Ballard (der hier übrigens das Vorwort bestreitet) tätig, der ihn bisher für nahezu alle seine Bücher engagiert hat. In diesem Band darf sich Marschall auch als Autor an seinem offensichtlichen Lieblingsschiff austoben und Bilder davon zum Besten geben, die so bis dato noch kaum publiziert worden sind – eine Augenweide, wie immer. Schon das Titelbild, welches die stolze Titanic in voller Fahrt von Steuerbord zeigt.

Donald Lynch ist Mitglied der „Titanic Historical Society“, eine Gruppierung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat das Andenken an den Luxusliner und seine Opfer zu bewahren. Viele Überlebende kannte Lynch noch persönlich aus diversen Interviews, auch wenn freilich heute kaum noch jemand übrig ist, der die Katastrophe miterlebte. Lynch schreibt immer noch gelegentlich für die Kolumne des „Titanic Communtator“, dem offiziellen Magazin der Society. Er sorgt als fachlicher Berater dafür, dass in diesem Buch mit hartnäckigen Mythen aufgeräumt wird, die sich immer noch um das Schiff ranken.

Auf 232 Seiten Hochglanzpapier kümmern sich die Autoren akribisch um die Entstehungsgeschichte des Schiffes angefangen bei der Planung bis hin zu den tragischen Verkettungen von Umständen, die zu ihrem Untergang führten, dabei stützen sie sich auf die Fakten, die im Ersterscheinungsjahr zugänglich und beweisbar waren. Mittlerweile haben sich zahlreiche Expeditionen zum Wrack begeben und dabei eine Reihe von Theorien überprüft – so konnte die nur kurz in diesem Band am Rande erwähnte russisch/kanadische Expedition sogar schlüssig nachweisen, dass die verwendete Stahllegierung des Rumpfes nicht unerheblich zur Leckbildung beitrug (so genannte „Kältesprödigkeit“). Es waren zum Zeitpunkt des Drucktermins aber eher ungeklärte Vermutungen, denn gesicherte Erkenntnisse.

Beim Hergang des Untergangs stützen sie sich vornehmlich auf die ermittelten Daten und Schlussfolgerungen ihres „Ziehvaters“ Robert D. Ballard – die geschichtliche Aufbereitung sammeln sie aus Zeitzeugenberichten und Publikationen zusammen, die zu diesem Thema mannigfaltig vorhanden sind. Kaum ein anderer Unglücksfall ist besser dokumentiert als dieser. Die Autoren geben sich Mühe auch die Aussagen im Kontext zueinander zu sehen, das heißt sie überlegen mit detektivischem Spürsinn, welche Geschichte nun plausibler ist und aus welchem Grund manche sicher geglaubte Tatsache sich später als falsch erweist. Als Beispiel sei genannt, dass nur 6 Überlebende berichtet haben, dass das Schiff noch an der Oberfläche auseinanderbrach – die restlichen knapp 700 Personen waren felsenfest überzeugt, dass sie in einem Stück unterging. Mittlerweile weiß man, dass eben diese 6 Zeugen recht hatten.

Fazit

Manche Mysterien werden uns vielleicht auf ewig verschlossen bleiben, doch nicht zuletzt dank dieses Werkes wird der Nebel immer mehr gelüftet und durch beweisbare Tatsachen ersetzt. Damit wird die Geschichte nicht um einen Deut weniger berührend. Da weiß der sachliche Stil Donald Lynchs zu gefallen – ganz ohne zu dramatisieren, lässt er das kurze Leben des Schiffes von der Kiellegung bis hin zu seiner Entdeckung Revue passieren, wobei so ziemlich alles Gesagte grundsätzlich noch immer wissenschaftlichen Bestand hat. Lediglich über einige Details ist man heute genauer im Bilde. Ken Marschalls superbe Illustrationen sind natürlich ein weiteres Pfund, mit welchem das Buch wuchert, sodass dieser opulent-hochwertige Bildband als ein Standardwerk zum Thema betrachtet werden kann. Schade, dass er inzwischen nur noch antiquarisch zu bekommen ist – und das auch noch ziemlich selten.

Hardcover, 232 Seiten – zahlreiche S/W und teils großformatige Farbbilder
Original-Titel: „Titanic – An Illustrated History“ Madison Press, New York / 1992
Text: Donald Lynch, Schiffs-Illustrationen: Ken Marschall
Übersetzung: Christian Quatmann
ISBN-13: 978-3453059306
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Ogawa, Yoko – Geheimnis der Eulerschen Formel, Das

Eine Frau kommt als Haushälterin zu einem verschrobenen Mathematikprofessor, der nach einem Unfall zurückgezogen auf dem Grundstück seiner Schwägerin in einem kleinen Häuschen lebt. Seit dem Unfall kann der Professor sich nur an diejenigen Dinge erinnern, die in den letzten 80 Minuten geschehen sind. Alles andere hat er vergessen, außer der Mathematik mit ihren geheimnisvollen und anmutigen Formeln. Um sich jeden Morgen wieder an seine Haushälterin zu erinnern, hat der Professor sie auf einen Zettel gezeichnet und diesen an seinen Anzug geheftet, ein anderer Zettel erinnert ihn daran, dass sein Kurzzeitgedächtnis nur noch 80 Minuten währt. Weitere Zettel erinnern ihn an andere wichtige Dinge, die er sonst vergessen würde.

Bereits acht Haushälterinnen hat die Schwägerin des Professors nach kurzer Zeit entlassen, doch mit der neunten soll alles anders werden: Mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen gewinnt sie das Vertrauen des Professors. Als sie ihm erzählt, dass zuhause ihr zehnjähriger Sohn auf sie wartet, besteht der Professor darauf, dass der Sohn – den er aufgrund seines flachen Schädels schnell Root tauft – nach der Schule auch zum Haus des Professors kommt, damit er nicht so lange alleine sein muss. Schnell schließt der Professor den Jungen in sein Herz, löst mit ihm zusammen die Hausaufgaben, stellt ihm allerlei mathematische Rätsel und versucht, dem Jungen die Schönheit der Mathematik näher zu bringen.

Auch wenn dies bei Root nicht so sehr fruchtet, so versteht dieser nach den Erklärungen des Professors zumindest seine Hausaufgaben, doch die Haushälterin lässt sich von der Liebe des Professors zur Mathematik anstecken. Zuhause versucht sie abends, die mathematischen Rätsel zu lösen und hinter das Geheimnis aller möglicher Formeln zu kommen. Aber es ist mehr als die Mathematik, die diese drei Menschen miteinander verbindet – bis Root und seine Mutter den Professor zu einem Baseballspiel mitnehmen und plötzlich alles in sich zusammenbricht, was die drei sich aufgebaut haben …

_Die Schönheit der Mathematik_

„Das Geheimnis der Eulerschchen Formel“ heißt dieses schmale Büchlein einer der erfolgreichsten japanischen Autorinnen. Doch wer diesen Titel zu wörtlich nimmt, könnte enttäuscht werden. Zwar kommt die Eulersche Formel auch zur Sprache und wird auch ansatzweise erklärt, doch geht es in diesem Buch nicht in erster Linie darum, hinter die Geheimnisse der Mathematik zu blicken, sondern die Mathematik ist das Bindeglied zwischen drei sehr unterschiedlichen Menschen – einer Haushälterin, die mit ihrem Sohn in sehr einfachen Verhältnissen lebt und auf den Job beim Professor angewiesen ist, und besagten Professor, der die schwierigsten Rätsel der Mathematik zu lösen vermag, aber sich nicht länger als 80 Minuten an etwas erinnern kann. Wie diese drei Menschen zusammenfinden, welche Rolle die Mathematik dabei spielt und wie die drei – so unterschiedlich sie auch sind – immer mehr zusammen wachsen, das beschreibt Yoko Ogawa in dem vorliegenden Buch.

Zunächst tritt die Haushälterin mit großer Skepsis ihre neue Stelle an, weiß sie doch, dass der Professor bereits acht Haushälterinnen in kürzester Zeit rausgeworfen hat, doch vom ersten Moment an ist alles anders. Schnell findet die Haushälterin einen Weg, zu dem Professor vorzudringen und mit ihm umzugehen. Ogawa erzählt eine Geschichte von einer sehr ungewöhnlichen Persönlichkeit, die einen tief bewegt und berührt. Es ist eine sehr leise Geschichte, die sich nie in den Vordergrund drängt und es sind zarte Bande, die die Haushälterin zum Mathematik-Professor knüpft – zarte Bande, die nach dem Baseballspiel schlagartig zu zerreißen drohen.

_Die Schönheit der Sprache_

Das Büchlein hat leider nur 256 Seiten und ist ratzfatz gelesen, da die Seiten nur sehr spärlich bedruckt sind, aber welch eindrucksvolle Geschichte die Yoko Ogawa in dieser Kürze entfaltet, beeindruckt von den ersten Seiten an. Ogawa hat einen sehr anmutigen und ansprechenden Schreibstil und eine herrlich poetische Ausdrucksweise, in der man versinken mag. Ein Beispiel:

|“Mir gefiel auch die Form der Ziffern, die er mit seinem Bleistift aufs Papier zauberte. Die 4 wirkte rund und üppig wie der Knoten einer Geschenkbandschleife, während die 5 sich derart weit vorlehnte, dass sie fast ins Stolpern geriet. Die einzelnen Zahlen waren zwar nicht besonders akkurat, aber alle besaßen ihre eigene Persönlichkeit. Seine Liebe zu den Zahlen, die der Professor zeit seines Lebens hegte, fand sich darin wieder.“|

Hier sitzt jedes Wort und lässt einen beim Lesen ins Schwärmen geraten, denn die Gratwanderung zwischen poetischer Sprache und klischeehaftem Geschwafel meistert Ogawa überzeugend, nie gleitet sie ins Kitschige ab, sondern bleibt immer in sicherer Entfernung von dieser Grenze zum Gewöhnlichen. Ihre Schreibweise ist wahrlich außergewöhnlich und das eigentliche Geheimnis hinter dem Erfolg ihres Buches. Natürlich zeichnet Yoko Ogawa auch wunderbare Charaktere, die einem das Herz erwärmen mit ihren herzensguten und liebevollen Eigenschaften und Eigenarten, doch wie Ogawa all dies geschickt zu Papier bringt, ohne wirklich ein Wort zu viel zu schreiben, ist eine wahre Meisterleistung.

_Zauberhaft_

Es ist gar nicht viel, das in diesem Buch passiert – zumindest auf der reinen Handlungsebene. Doch was zwischen den Zeilen steht und insbesondere, was unausgesprochen zwischen den handelnden Charakteren passiert, was sich hier aufbaut und wie die drei zueinanderfinden, ist eine großartige Geschichte. Wir lernen drei sympathische, allerdings nicht alltägliche Figuren kennen, die hier eine außergewöhnliche Freundschaft eingehen. Bindeglied sind mathematische Rätsel und der Zauber, der einigen Zahlen innewohnt. Sie sind das Bindeglied zwischen der Haushälterin und dem Professor, der sich in der normalen Alltagswelt nicht zurechtfindet und sich daher in die Welt der Zahlen zurückzieht.

Yoko Ogawa schafft es in eindringlicher Weise, uns diese wunderschöne Geschichte zu erzählen und sie uns so nahe zu bringen, dass wir tief von ihr berührt werden. Wer Wert auf schöne Sprache legt, auf eine außergewöhnliche und zurückhaltende Geschichte, die man so sicherlich noch nicht gelesen hat, der ist hier genau richtig!

|Gebunden: 256 Seiten
Originaltitel: Hakase no Aishita Sushiki
ISBN-13: 978-3-935890-88-5|
http://www.liebeskind.de