Guy Cullingford – Der Zauberer von Soho

cullingford-zauberer-coverDie Empfangsdame eines maroden Hotels in London verdächtigt einen Gast des Frauenmordes. Damit steht sie allein, zumal der mutmaßliche Mörder ein fähiger Bühnenmagier ist, der sich mit diversen Tricks aus der Affäre zu ziehen versucht … – Ein Krimi aus der „guten, alten Zeit“, betulich geschrieben und fast zu komplex geplottet, aber unwiderstehlich nostalgisch mit trockenem Witz und exzentrischen Figuren: ein Klassiker eben, der mühelos die Zeitläufe übersteht.
Guy Cullingford – Der Zauberer von Soho weiterlesen

Kearney, Susan – Bann des Zeitreisenden, Der (Pendragon 2)

_|Pendragon|:_

Band 1: [„Die Geliebte des Zeitreisenden“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6961
Band 2: _“Der Bann des Zeitreisenden“_
Band 3: „Der Kuss des Zeitreisenden“

_Lucans Schwester Marisa_ hat eine schwere Scheidung hinter sich. Das Vertrauen in Beziehungen hat sie daher komplett verloren. Kurz vor dem Ende ihrer Ehe hat sie sich, um auch wieder Kinder bekommen zu können, Drachenblut geben lassen. So ist auch Marisa nun eine Drachenwandlerin, allerdings hat sie die Gabe, mit telepathischen Fähigkeiten auf neue Drachenwandler, die erst mit der neuen Situation leben lernen müssen, beruhigend einzuwirken. Diese Gabe möchte der Weltraumreisende Rion, der zusammen mit Lucan auf die Erde gekommen ist, um Hilfe für sein Volk zu suchen, gerne für die Rettung seines Heimatplaneten nutzen.

Rions Heimatplanet Ehro ist in die Hände der Unari gefallen. Die Unari haben das Volk der Ehronier versklavt und beuten die Drachenwandler auf Ehro unter schlimmster Folter aus. Rion hat Visionen, in denen ihm gezeigt wird, wie schlimm es um den Planeten steht. Als diese Visionen entsetzliche Qualen zeigen und er mit seinen Verhandlungen auf der Erde nicht weiterkommt, entführt Rion kurzerhand Marisa, um mithilfe ihrer Gabe sein Volk zu befreien.

Marisa ist außer sich vor Wut und ihr Vertrauen wieder einmal maßlos erschüttert. Nicht nur, dass Rion ihr Leben riskiert, auch war sie wider jede Vernunft dabei, sich in Rion zu verlieben. Doch schnell begreift sie, dass nicht nur Rions Volk in Gefahr ist, sondern auch die Menschen der Erde. Kann Marisa mit ihrer Gabe und der heiß entfachen Leidenschaft zwischen ihr und dem Ehronier Rion den Planeten Ehro retten?

_Kritik_

In dem zweiten Band der „Pendragon“-Trilogie „Der Bann des Zeitreisenden“ besetzt Susan Kearney die Hauptrollen diesmal mit der menschlichen Marisa und dem Ehronier Rion. Den Anfang nimmt die Geschichte auf der Erde, bevor eine abenteuerliche Reise bis nach Ehro beginnt.

Die Autorin bedient sich einem leicht verständlichen wie auch ausführlichen Erzählstil. Leicht kann dem Geschehen gefolgt werden und dank der eingehenden Beschreibungen fällt es leicht, das Kopfkino am Laufen zu halten. Interessant ist auch wieder die Mischung aus spannender Fantasy, Sciencefiction und knisternder Erotik. Wobei der Erotikanteil in dem zweiten Band der „Pendragon“-Reihe deutlich im Vordergrund steht. Hier wurden Erotikszenen an Stellen eingebaut, wo sie zwar zum Plot passten, trotzdem aber fragwürdig wirkten. Ob Leidenschaft eine Welt retten kann, sei mal dahingestellt, wie die Autorin dieses aber gelöst hat, ist auch wieder sehr ansprechend. Interessant ist, dass die verschiedenen Welten gar nicht so unterschiedlich sind, wie man meinen könnte. Ob auf der Erde oder Ehro, ob auf Pendragon oder auch Tor, viel unterscheidet die Welten nicht. Auch die Bewohner sind grundsätzlich menschlich, lediglich die Bewohner Tors sind nicht in der Lage, die Gestalt eines Drachen anzunehmen. So fällt es leicht, sich die verschiedenen Handlungsorte und deren Bewohner vorzustellen. Kein glückliches Händchen hat der Verlag allerdings wieder bei dem Titel des Romans bewiesen, Zeitreisende sucht der Leser hier weiterhin vergeblich. Hier hätte der Originaltitel deutlich besser zugesagt.

Der Mythos um den heiligen Gral wird auch in „Der Bann des Zeitreisenden“ kurz angeschnitten, hat aber kaum Gewicht in der Geschichte. Ihr Augenmerk legt die Autorin auf den Kampf gegen die Unari und die unwürdige Behandlung und auch die Rettung des Volks der Ehronier. Langsam wird ein Spannungsbogen aufgebaut, der sich bis zum Ende ebenmäßig weiterentwickelt. Nach einem fesselnden Showdown klingt die Erzählung ruhig aus und wirkt damit in sich abgeschlossen, wobei dennoch die Neugier auf den dritten Band geschürt wird.

Rückblickend wird die Geschichte aus der Perspektive einer dritten Person erzählt. Diese hat den Fokus deutlich auf Marisa gerichtet, sodass der Leser schnell nachempfinden kann, wie diese Figur denkt und auch fühlt.

Die Darstellung und Entfaltung der beiden Hauptdarsteller ist der Autorin hervorragend gelungen. Anziehend, lebendig und authentisch werden die Figuren beschrieben und die Entwicklung infolge der Ereignisse passt zu den einzelnen Protagonisten. Die Neben- und Randfiguren bleiben allerdings etwas blass und so bleiben diese trotz einigen Potenzials nicht lange in Erinnerung.

Die Beziehung zwischen Marisa und Rion ist voll knisternder Erotik, und der Leser darf sich hier auf einige sehr prickelnde Szenen freuen.

Das Cover ist sehr ansprechend gestaltet und harmoniert sehr gut mit dem Inhalt. Die Gestaltung der einzelnen Kapitel ist wie schon im ersten Band aufschlussreich gestaltet. Diese beginnen immer mit einem Zitat verschiedener Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Merlin oder auch der Herrin vom See, und diese Zitate passen immer zum Ablauf der Geschichte.

_Autorin_

Susan Kearney schreibt prickelnde Romanzen mit futuristischem Setting. Sie hält sich an die alte Regel, über das zu schreiben, was man kennt – deshalb schreibt sie über die Zukunft. Und als Taucherin, Expertin in Kampfkunst, Seglerin, Eiskunstläuferin, Immobilienmaklerin, ehemalige Besitzerin eines Tauschgeschäfts, eines Fitnessstudios für Frauen sowie eines Friseursalons, hat sie genug Stoff für den Rest ihres Lebens gesammelt.

_Fazit_

Mit „Der Bann des Zeitreisenden“ hat die Autorin Susan Kearney auf jeden Fall bewiesen, dass sie ein Händchen für erotische Szenen hat. In einen fesselnden und futuristischen Plot hat Susan Kearney eine vor Erotik prickelnde Romanze eingebaut, die zwar nicht immer glaubwürdig erscheint, aber dennoch zu dem Plot passt.

Leserinnen, die erotische Geschichten vor futuristischem Hintergrund bevorzugen, sind hier auf jeden Fall richtig.

|Taschenbuch: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3492267663
Originaltitel: Rion. The Pendragon Legacy|

Die drei ??? – Grusel auf Campbell Castle (Folge 147)

Die EUROPA-Studios holen bei der Vertonung der berühmten Jugendserie gegenüber den „???“-Büchern aus dem |Kosmos|-Verlag stetig auf. Mit der Audio-Fassung des 147. Falles der drei Detektive im Juli 2011 verringert sich der Abstand auf nunmehr knapp zehn Bände. Das Original zu „Grusel auf Campbell Castle“ stammt von Marco Sonnleitner und datiert zurück auf das Jahr 2009. Es musste also demnach ganz schön lange auf seine Adaption warten, wie auch die anderen Fälle welche in diesem Jahr auf die treue, nach weiteren Geschichten lechzende Hörerschaft losgelassen wurden. Derzeit schaffen durchschnittlich zwei bis drei Storys im Quartal diesen Sprung, womit ihre Veröffentlichungsfrequenz im Moment etwas über der der Bücher liegt. Die kürzlich erschienenen und erscheinenden Sondereditionen sind dabei noch nicht einmal mit gerechnet.

_Zur Story_

Bob, der einen Artikel über das unweit von Rocky Beach gelegene Campbell Castle verfasst, wird vom Hausherren Adam Campbell eingeladen, an einer von ihm veranstalteten Séance teilzunehmen. Dort gelingt ihm ein Mitschnitt einer Geisterstimme, welche sich an Adam wendet und ihm ein Vermächtnis in Aussicht stellt – wenn er ein Rätsel löst. Zum Schluss gibt sich der angebliche Geist als sein verstorbener Vater Samuel zu erkennen, was Adam verständlicherweise sehr irritiert. Seine Eltern starben von 15 Jahren bei einem tragischen Brand im Schloss und er versucht eher schlecht als recht den Unterhalt für den Familienbesitz aufzubringen, weswegen er die inszenierten Geisterbeschwörungen zusammen mit dem treuen Butler Edward veranstaltet, um mit diesen Events etwas Geld in die bedrohlich klamme Kasse zu bekommen. Edward ist auch derjenige, der für die ganzen Special Effects des gefakten Spukprogramms zuständig ist.

Doch dieser war am fraglichen Abend mit einer Autopanne liegen geblieben und somit gar nicht im Schloss, um seine Aufgabe als vermeintlicher (und gut informierter) Geist wahrzunehmen. Die Stimme richtet sich normalerweise immer an einen der Gäste, über welche man zuvor gründliche Auskünfte einzog. Dass diesmal allerdings Adam selbst Ziel des Hokuspokus wurde und Edward definitiv als Quelle ausfällt, beunruhigt ihn. Das ruft die drei ??? auf den Plan, die alarmiert von Bob heraus finden möchten, wer dahinter steckt und warum. Als wäre das alles nicht geheimnisvoll genug, ist Edward tags darauf spurlos verschwunden und sein Zimmer durchwühlt. Zeit das Rätsel zu dechiffrieren und Klarheit in die Sache zu bringen. Und was für ein Vermächtnis beherbergt das alte Gemäuer – bedeutet es vielleicht sogar das Ende der finanziellen Sorgen Campbells? Ein windiger Immobilienmakler kreist schon wie ein Geier um das Schloss und würde gern einen Vergnügungspark daraus machen.

_Eindrücke_

Die Grundidee ist sicherlich alles andere als neu und mehr als einmal fühlt sich der Hörer um etliche Jahre in die Vergangenheit versetzt, in selige Zeiten des Klassikers „Gefährliche Erbschaft“ nämlich. Hier hat Marco Sonnleitner als Verfasser der Buchvorlage offenbar ganz kräftig gewildert und den Fall mit einigen weiteren Standard-Serienelementen aufgedonnert sowie modernisiert. Die rätselbefeuerte Schnitzeljagd ist ein Beispiel dafür und innerhalb der Serie eine sehr, sehr alte Bekannte wie Konstante. Eine leichte Spur „Gespensterschloss“ (sogar Erzfeind Skinny Norris taucht hüben wie drüben auf) kann diese Folge ebenfalls nicht verhehlen. Eine gewisse Langatmigkeit auch nicht. Dabei fällt das Gesamtkonzept aber noch gelungen aus. Motive und „Täter“ sind vielschichtig und die tatsächliche Faktenlage – was zumindest für das Miträtseln beim erstmaligen Kontakt mit der Story besonders positiv ist – trotz aller altbekannten stilistischen Kniffe und Versatzstücke, bis zuletzt unklar. Auch der recht unerwartete Finaltwist wertet die Geschichte ein Stück weiter auf.

Die Umsetzung zum Hörspiel oblag selbstverständlich wieder André Minninger, der ebenso selbstverständlich das Skript gegenüber dem Buch um einige Passagen kürzen musste. Weh getan hat es der Geschichte nicht, straff und gradlinig geht es voran und auch grobe Löcher in der Logik sind kaum anzutreffen – sieht man einmal davon ab, dass u. a. vier Personen sich, trotz offensichtlicher Gegenwehr bzw. hörbarem Gerangel, von einem einzigen Einbrecher/Räuber (Gastrolle: Patrick Bach) überrumpeln und ihn mit einer Schriftrolle entkommen lassen. Apropos: Gastsprecher. Anders als der vorgenannte Schauspieler, der nicht zum ersten Mal dabei ist, leiht Santiago Ziesmer (Adam Campbell) sonst Film- und TV-Figuren seine charakteristische, leicht quäkige Stimme, die aber wundersamerweise hier gar nicht mal so störend auswirkt, obwohl man irgendwie ständig „Spongebob“ in Ohr und Hinterkopf hat. Erschreckend gealtert ist die Stimme von Andreas von der Meden, der als Skinny Norris langsam nicht mehr so recht passt.

_Fazit_

Dem „Star Trek“ erprobten Rezensenten springt ein „Where ‚Gefährliche Erbschaft‘ has gone before“ spontan vors geistige Auge, doch das wäre zu platt und würde der Story nicht ganz gerecht. Aber: Wie viele alte Schlösser und Spukhäuser gibt’s in Kalifornien eigentlich noch? Na ja, es werden schon ein paar sein und die drei ??? somit nicht von der Arbeitslosigkeit bedroht sein. Alles in allem ist die Geschichte also nicht wirklich originell, doch insgesamt stimmig und gut umgesetzt. Sprecher und Geräusche sind auf gewohnt hohem Niveau. Sicher ein Fall, der so für zwischendurch wohl auch mal häufiger gehört werden wird.

_Die Produktion_

Buch und Effekte: André Minninger
Redaktion und Geräusche: Wanda Osten
Regie und Produktion: Heikedine Körting
Musik: Hagitte & Bertling (STIL), Morgenstern, George, Conrad

_Sprecher und Figuren_

Oliver Rohrbeck (Justus Jonas), Jens Wawrczeck (Peter Shaw), Andreas Fröhlich (Bob Andrews), Thomas Fritsch (Erzähler), Santiago Ziesmer (Adam Campbell), Christian Rudolf (Henry Campbell), Holger Umbreit (John Taylor), Ben Hecker (Edward Crockett), Katja Brügger (Mrs. Harkort), Stefan Kaminski (Mr. Prescott), Andreas von der Meden (Skinny Norris), Volker Bogdan (Jack Leech), Holger Mahlich (Inspector Cotta), André Minninger (Godween), Patrick Bach (Einbrecher), Tommaso Cacciapuoti (Max)

Audio-CD mit einer Laufzeit von ca. 65 Minuten
Story von Marco Sonnleitner nach Figuren von Robert Arthur
EAN: 886978014726
www.natuerlichvoneuropa.de

Lorentz, Iny – Juliregen

_Die |Trettin|-Trilogie:_

Band 1: „Dezembersturm“
Band 2: „Aprilwetter“
Band 3: _“Juliregen“_

_Die Ostpreußen-Saga_

Nach dem Erfolg der „Wanderhure“-Serie wagte sich das Münchener Autorenpaar Iny Klocke und Elmar Wohlrath anno 2009 an eine weitere zusammenhängende Story, die über mehrere Romane verteilt werden sollte. Die sogenannte „Trettin-Trilogie“ beschreibt die Geschichte von Lore und Fridolin, die in den harten Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs im späten 19. Jahrhundert zueinander gefunden und schließlich auch geheiratet haben. Diese Ereignisse werden in den beiden Bänden „Dezembersturm“ und „Aprilgewitter“ geschildert und landeten jeweils auf den einschlägigen Bestseller-Listen. Mit „Juliregen“ folgt nun das Ende der Geschichte und gleichzeitig eines der besseren Bücher von Iny Lorentz – ganz gleich, dass der legendäre Vierteiler, der dieser Trilogie vorausgegangen ist, erwartungsgemäß unerreicht bleibt.

_Story:_

Nach allen Querelen und Hindernissen, die Fridolin und Lore in ihrer jungen Partnerschaft bereits bewältigt haben, scheint das frisch vermählte Paar nun endgültig seinen Frieden gefunden zu haben. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern beziehen sie in Berlin ein neues Herrenhaus, um dort die Leidenschaft ihrer Ehe zu genießen. Doch der Schein trügt, und neue Umstände beeinflussen die Harmonie, die sich die beiden über viele Jahre geschaffen haben. Fridolin geht als Teilhaber einer Bank pleite, als sie einem Betrüger auf den Leim geht. Den Trettins bleibt lediglich die Flucht nach vorne: Der Bankier sieht sich gezwungen, das Gut des Gauners zu übernehmen und mit seiner Familie aufs Land zu ziehen, um den Schaden auszugleichen und die Verluste möglichst gering zu halten. Außerdem winkt ihnen auf diesem Weg wieder ein engerer Kontakt zu Lores Freundin Nathalia, deren Anwesen ganz in der Nähe liegt, und von der sich die junge Familie in den schweren Zeiten Unterstützung erhofft.

Die jüngsten Machenschaften bringen den hinterlistigen Ottwald von Trettin auf den Plan, der sich einen Teil des großen Kuchens erhofft und den finanziellen Schaden der Familie für sich nutzen möchte. Doch Friodlin durchschaut seine Pläne und verwehrt ihm jedwede Zusage. Dies will der gewiefte Ottwald nicht auf sich sitzen lassen. Im Verbund mit seiner kreativen Mutter Malwine schmiedet er einige finstere Pläne, um den Trettins endgültig den Ruin zu bringen und Lore und Nathalia ein für allemal ins Unglück zu stürzen …

_Persönlicher Eindruck:_

Obschon „Juliregen“ im Grunde genommen Teil einer größeren Saga ist, gewährt das Lorentz-Pärchen seinen Lesern im Abschluss des dreiteiligen Epos sofortigen Zugang zur Story und schafft direkt die notwendige Unabhängigkeit, die den Roman auch als eigenständiges Werk funktionieren lässt. Zwar ist es hilfreich, den steinigen Weg von Fridolin und Lore miterlebt zu haben und ihre individuellen Schicksale im Hinterkopf zu haben, doch zum näheren Verständnis der Ereignisse in „Juliregen“ trägt dieses Vorwissen nur insofern bei, dass man die kurzen Rückblicke in die Vergangenheit der Eheleute schneller deuten kann. Diese Überlegung ist durchaus unterstützenswert, da sie zu einer sehr konzentrierten, fokussierten Arbeit führt und Lorentz nicht den Blick fürs Wesentliche verlieren lässt – und das Wesentliche ist in diesem Fall die Fehde zwischen Ottwald und Fridolin auf der einen sowie die ungesunde finanzielle Situation der Familie auf der anderen Seite.

Die Autoren greifen hierbei vor allem die gesellschaftlichen Verhältnisse des späten 19. Jahrhunderts punktgenau auf und beschreiben den Umschwung, in dem sich Wirtschaft und Industrie in dieser Zeit befinden. Die Zeit des Fortschritts hat auch die ländlichen Gutssitze eingeholt und zwingen die Protagonisten zum ständigen Umdenken, um ihren Stand und ihre Position auch weiterhin aufrechterhalten zu können. Und die Gefahr, diese Unabhängigkeit aufgeben zu müssen, den Luxus und die Lebensqualität aufs Spiel zu setzen, und dies wohlgemerkt auch noch aus einer Ungerechtigkeit heraus, dies ist das zentrale Thema des Buches und wird von den zwischenmenschlichen Elementen, einer Menge Verzweiflung und einer dezent angedeuteten Kriminalstory noch übergreifend weitergeführt.

Schade ist allerdings, dass die beiden Autoren diese guten Ansätze nicht mehr so konsequent wie noch zuvor auf die Charakterzeichnungen übertragen. Sieht man mal von der sehr lebhaften, für die damalige Zeit schon fast revolutionär auftretenden Nathalia ab, bleiben die tragenden Säulen des Romans zumeist blass. Fridolin, der zwischen gesunder Aggression, Zweckoptimismus und der nimmer endenden Hoffnung angetrieben wird, mag zwar ebenfalls etwas Positives ausstrahlen, bleibt im Grunde genommen aber in seiner Präsentation zu durchschnittlich und allerweltstauglich, als dass hier Akzente gesetzt werden könnten – und gerade von seiner Person, die in „Juliregen“ der Aktivposten der Story ist, muss man einfach mehr erwarten können. Doch letzten Endes steht er sich hier mit seiner Gattin leich, die im Prinzip nur eine untergeordnete Rolle spielt, auch wenn sie die entscheidenden Situationen der Handlung sehr intensiv erlebt und vor allem in den Schlusssequenzen imminent bedeutsam ist.

Dieser nicht mehr ganz so kleine Makel überträgt sich dann auch auf die Erzählatmosphäre; die Ansätze und der Grundstock der Erzählung sind lobenswert, die Umsetzung der einzelnen Entwicklungsschritte ebenfalls. Doch zu häufig gerät man an den Punkt, wo die Figuren ebenso austauschbar werden wie die inhaltlichen Fortschritte – und genau hier verliert „Juliregen“ dann einen Teil jenes Reizes, der vor allem in den ersten Kapiteln noch so schwerwiegend ist.

Als historischer Roman ist der Abschluss der Trilogie sicherlich den Genuss wert, vor allem wegen der feinen Verschmelzung von fiktiven und realen Elementen. Doch bei einer Autorenvereinigung wie dieser, von der man eben schon so manchen großen Moment vors Auge bekommen hat, erwartet man irgendwie ein bisschen mehr als eine Geschichte, die leicht über dem Durchschnitt liegt. Doch diesem Anspruch wird „Juliregen“ letzten Endes nur stellenweise gerecht!

|Broschiert: 704 Seiten
ISBN-13: 978-3426504154|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de

_Iny Lorentz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Kastratin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=980
[„Die Ketzerbraut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7226
[„Die Reliquie“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3766

Smith, Lisa J. – dunkle Gabe, Die (Visionen der Nacht 1)

_|Visionen der Nacht|:_

Band 1: _“Die dunkle Gabe“_
Band 2: „Der geheime Bund“
Band 3: „Der tödliche Bann“

_Kaitlyn, genannt Kait,_ hat es in der Kleinstadt Thoroughfare nicht leicht. Sie ist eine Außenseiterin, die von ihren Mitschülern und den anderen Bewohnern als Dorfhexe bezeichnet wird. Schuld daran ist ihre Gabe, Bilder aus der Zukunft zu sehen. Ihr größter Wunsch ist, aus der Kleinstadt zu entkommen und noch einmal völlig von vorne anzufangen. Die Gelegenheit erhält sie kurz darauf, als sie zur Schuldirektorin gerufen wird.

Hier erwartet sie die Forscherin Joyce, die Kait bei einem angeblichen Schultest untersucht hat. Sie erhält das Angebot, für ein Jahr nach Kalifornien zu gehen, um dort an einem Forschungsprojekt teilzunehmen.

Hierbei lernt sie die gleichaltrigen Teenager Anna, Rob, Lewis und Gabriel kennen, mit denen sie zusammen im parapsychologischen Institut lebt und zur Schule geht. Schnell freunden sie sich untereinander an, nur Gabriel schottet sich von der Gruppe ab und will für sich sein.

Kait lebt sich in ihrer neuen Umgebung schnell ein, merkt aber auch, dass hier etwas nicht stimmt. Zusammen mit ihren Freunden versucht sie herauszufinden, was es mit dem Institut wirklich auf sich hat. Doch die Entdeckung, die sie dabei machen, ist noch viel schrecklicher, als sie jemals ahnen konnten …

_Nachdem Lisa J. Smith_ zuletzt mit den letzten Bänden der „Vampire Diaries“-Reihe enttäuscht hat, war ich hier zunächst skeptisch. Allerdings wurden meine Zweifel schnell in Luft aufgelöst, denn die Autorin kehrt hier zu ihrer gewohnt guten Leistung zurück.

„Die dunkle Gabe“ ist der Auftakt der „Visionen der Nacht“-Trilogie, die sich mit den paranormalen Fähigkeiten von Kait und ihren Freunden Rob, Anna, Lewis und Gabriel beschäftigt.

Im Prinzip ist die Idee mit den paranormalen Fähigkeiten nicht neu, da die Ideen jedoch allesamt gut umgesetzt wurden, wird hier ein kurzlebiger Lesespaß garantiert.

Der Schreibstil weiß hier zu gefallen. Obwohl die Geschichte bereits 1994 im Original veröffentlicht wurde, wirkt sie dennoch sehr modern und kann mit ihren Charakteren und einer guten Handlung überzeugen. Die Geschichte liest sich flüssig und durch die mittelgroße Schrift fliegt man nur so durch die Seiten. Die Geschichte strahlt eine düstere Stimmung aus und kann die nötige Spannung erzeugen. Neben dem nötigen Spannungsbogen, werden Fantasyelemente gut und an den richtigen Stellen eingebaut. Auch eine zaghafte Liebesgeschichte ist hier zu finden, die besonders Teenagerherzen höher schlagen lässt.

Vor allem die Charaktere stechen hier besonders heraus. Obwohl man einige Protagonisten nur oberflächlich kennenlernt, wissen sie zu überzeugen. Alle sind durch ihre Gabe in ihrem normalen Umfeld zu Außenseitern geworden und konnten nur schwer bis gar nicht mit ihren paranormalen Fähigkeiten umgehen.

Besonders auffällig sind hierbei Gabriel und Kait, die ihre Gabe zwar anerkennen, aber sehr unkontrolliert damit umgehen können. Während Gabriel sich selbst als „energieraubenden Vampir“ bezeichnet, kann Kait bestimmte Bilder von Ereignissen in ihrem Kopf hervorrufen, die noch nicht geschehen sind. Allerdings weiß sie nicht, wann die Ereignisse eintreten. Ihre Bilder zeichnet sie detailliert auf. Hier kommt auch ihre Liebe zur Malerei gut zur Geltung.

Andere Charaktere, wie die Teenager Anna, Lewis und Rob sowie die Institutsmitarbeiter Joyce, Mr, Zete und Marisol kommen hier ein wenig zu kurz und man lernt sie nur wenig kennen. Da es sich hier aber wie bereits genannt um eine Trilogie handelt, erwarte ich hier noch eine Weiterentwicklung aller Protagonisten.

Sehr verwirrend ist hier jedoch das Cover, aus dem man nicht wirklich schlau wird. Zwar schafft es das Bild, die düstere Stimmung der Geschichte widerzuspiegeln, allerdings ist mir nicht klar, wer die Person auf dem Bild überhaupt sein soll. Wenn man sich die Kurzbeschreibung durchliest und sich dann das Cover anschaut, geht man spontan davon aus, dass hier Kait abgebildet ist. Da Kait jedoch graue Augen und rötliche Haare hat, fällt auch sie als Vorlage weg. Kein Protagonist passt zu dem Covermädchen, sodass hier unnötiges Potenzial verschenkt wurde.

_Fazit:_

Mit dem Trilogie-Auftakt „Die dunkle Gabe“ ist Lisa J. Smith zu ihrer alten Form zurückgekehrt und begeistert mit einer guten Handlung und tollen Charakteren, die für die nötige Stimmung sorgen und tolle Lesestunden versprechen.

|Taschenbuch: 304 Seiten
Originaltitel: Dark Visions #1 – The Strange Power
Ins Deutsche übertragen von Anne Emmert
ISBN 978-3570380000|
[www.randomhouse.de/cbt]http://www.randomhouse.de/cbt/
[www.ljanesmith.net]http://www.ljanesmith.net/www/

_Sabrina Reithmacher_

_Lisa J. Smith bei |Buchwurm.info|:_
|Night World|:
Band 1: [„Engel der Verdammnis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6012
Band 2: [„Prinz des Schattenreichs“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6013
Band 3: [„Jägerin der Dunkelheit“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6014

|The Vampire Diaries|:
Band 1: [„Im Zwielicht (Hörbuch)“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6739

Beckett, Simon – Voyeur

Eine ähnliche Einleitung hat es kürzlich bereits zu Simon Becketts eher durchschnittlichem Frühwerk „Tiere“ gegeben, hier sei sie noch einmal in Kurzform wiederholt: Der Bestseller-Autor, der mit seiner „David Hunter“-Serie zuletzt für mächtig Furore sorgte, hat auch einige schattige Kapitel in seiner literarischen Biografie zu verzeichnen. Hierunter fallen neben dem noch ganz ordentlichen, aber letzten Endes ebenso unspektakulären „Flammenbrut“ auch Titel wie „Obsession“ und das hier vorliegende „Voyeur“. Wer also mit Beckett via „Kalte Asche“ respektive „Die Chemie des Todes“ Bekanntschaft gemacht hat, sollte gewarnt sein: Die Klasse dieser Bücher konnte der seinerzeit stellenweise noch unbeholfen anmutende Autor in seiner ersten Phase als Schreiber nicht einmal im Ansatz erreichen.

_Story:_

Der kunstinteressierte Galerist Donald Ramsey hat eine ganz bizarre Vorstellung von Erotik. Das Liebesspiel als solches bewegt ihn nicht, Sex ist ihm sogar ein Gräuel, weshalb er hier auch sehr enthaltsam lebt. Lediglich die Beobachtung sexueller Handlungen erregt ihn vergleichbar mit seiner Begeisterung für die erotische Kunst. Doch Ramseys Ansichten ändern sich, als er seine Assistentin Anna dabei beobachtet, wie diese sich in den Räumlichkeiten der Galerie an- und auskleidet und sich für ein Treffen mit ihrem Lebensgefährten Marty vorbereitet. In diesem Moment entwickelt Ramsey nicht nur ein Verlangen für diese Frau, sondern steigert sich gleichermaßen in sehr obsessive Gefühle, die er aufgrund von Annas Lebenssituation jedoch nicht bedingungslos ausleben kann.

Als Donald schließlich erfährt, dass seine Partnerin und Marty sich dazu entschlossen haben, in die USA zurückzukehren, fasst Ramsey einen folgenschweren Entschluss: Er muss Marty aus dem Weg räumen und diese Entscheidung beeinflussen – und dazu ist ihm jedes Mittel recht. Sofort kommt ihm sein alter Gefährte Zeppo in den Sinn, der für jegliches Motiv über Leichen geht. Tatsächlich fehlt von Marty bald jede Spur – doch die Ermittler haben schon eine sehr diskrete Ahnung, wen sie dafür verantwortlich machen müssen …

_Persönlicher Eindruck:_

Rein inhaltlich wirft „Voyeur“ erst einmal keine besonderen Argumente auf, die das Buch mit allzu viel Kritik belasten könnten. Die Idee ist vielleicht nicht originell, aber immer noch gut genug, um der Thriller-Konkurrenz standzuhalten, und auch die Charaktere werden sehr anschaulich und ausführlich gezeichnet, sodass ein flotter, angenehmer Einstieg in die Story von der ersten Seite an gewährleistet ist. Und so verfolgt man Donalds emotionalen Wandel und schaut zu, wie aus einem ohnehin schon sehr eigenwilligen, eigenartigen Menschen ein regelrecht wahnhafter Typus wird, der von dem Wunsch, seine Assistentin zu besitzen und seine Fantasien mit ihr zu erproben, absolut besessen ist. So weit, so gut.

Was dem Roman jedoch im Zuge der sicher sehr feinen Persönlichkeitsstrukturen abgeht, ist ein Hauch von Spannung, eine vergleichbare Obsession, wie sie der Leser in den „Hunter“-Storys durchlebt. Die Handlung ist von Beginn an völlig durchschaubar und schafft es daher nicht wirklich, dieses Gefühl für Spannung zu kreieren, welches man aus Becketts jüngeren Werken kennen und lieben gelernt hat. Jeder Schritt kündigt sich bereits weit vorher an, und sein Vollzug ist lediglich eine Anekdote, die der Autor schon beschrieben hat, bevor sie dann die erwartete Umsetzung erfährt. Man weiß, dass Donald und Anna in irgendeiner Form Kontakt haben werden, man kann sich über Zeppos Erfolg sicher sein, aber auch der Umstand, dass das kriminelle Duo mit ihrer Masche in die Sackgasse läuft, wird hinlänglich vorbereitet und nimmt der Geschichte jedwedes Überraschungsmoment.

Selbst in der Schlussphase, in der sicherlich noch Spielraum für die eine oder andere halsbrecherische Wendung gewesen wäre, nimmt Beckett nicht den Mut auf, sich gegen das Konventionelle zu stellen und einer Art erotischem Erfahrungsbericht mit Thriller-Anleihen das Mindestmaß an Würze und Eigenständigkeit zu verpassen. Stattdessen rennt er jederzeit zielstrebig ins Offensichtliche und raubt sich selber das Potenzial zu jenem Nervenkitzel, den er im Vorwort noch beschreibt und der auch in „Voyeur“ Verwendung finden soll, am Ende aber wie ein völlig entfremdeter Begriff aufgenommen wird – denn wirklich herauskitzeln kann der Autor bei seinem Publikum weder Emotionen, noch das gewisse Prickeln, welches man an Seiten des aufregenden David Hunter auf jeder Seite verspürte.

„Voyeur“ hätte womöglich zur Kurzgeschichte getaugt, da der Kern der Story schnell erzählt ist und die Spielräume für etwas mehr freie Interpretation ausgelassen werden. Letztgenannten füllt Beckett stattdessen mit viel Geplänkel, langatmigen Dialogen, einem exorbitant ausgereizten, spannungsarmen Mittelteil und zum Schluss auch mit einer unerwarteten Unglaubwürdigkeit, die dem Plot das letzte bisschen Farbe rauben. Im Gegensatz zu „Tiere“ hat Beckett in seinem 92er-Debüt zwar wenigstens eine plausible Geschichte zu erzählen. Doch auch wenn „Voyeur“ nicht sein schlechtester Roman sein mag, so liegt es doch sehr ferne, den Erstling weiterzuempfehlen. Dafür ist man einerseits vom Autor selber weitaus Besseres gewohnt, kann sich andererseits aber auch bei der viel überzeugenderen Konkurrenz bedienen.

|Broschiert: 384 Seiten
Originaltitel: Fine Lines
ISBN-13: 978-3499249174|
[www.rowohlt.de]http://www.rowohlt.de

_Simon Beckett bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Chemie des Todes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2355
[„Kalte Asche“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4205
[„Leichenblässe“ (Hörbuch)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5625
[„Obsession“ (Hörbuch)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5853
[„Tiere“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7202
[„Verwesung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6978

Werner, C. L. – Angriff der Orcs (Der letzte Jäger 1)

_|Der letzte Jäger|:_

01 _“Angriff der Orcs“_
02 „Labyrinth der Goblins“
03 „Drachenjagd“

_Story:_

Er ist eiskalt, skrupellos und bleibt für seine Feinde unberechenbar: Sobald Brunner sich in den Kopf gesetzt hat, jemanden zu töten, sei es für das nächste Kopfgeld, oder auch aus rein persönlicher Motivation, kann sich sein Gegner darauf gefasst machen, nicht mehr mit dem Leben davon zu kommen. Brunner jagt, wird gejagt, bleibt jedoch stets der Sieger in seinem gefährlichen Spiel. Doch seine Taten hinterlassen Spuren und führen ihn in manches, gemeine, hinterhältige Schicksal. Denn dort wo er am meisten verletzlich ist, dort treffen ihn seine Feinde – und opfern seine Freunde, um sich an ihm zu rächen. Doch der Kopfgeldjäger findet immer seine Genugtuung. Wenn es nicht der Sold ist, der ihn antreibt, dann der Rachedurst, der ihn zur meist gefürchteten Kampfmaschine unter der Sonne macht …

_Persönlicher Eindruck:_

Als „Warhammer“-Kunde ist man ein gewisses Schwarz-Weiß-Denken inzwischen gewohnt – denn so gut und spannend manche Zyklen auch starten und fortgesetzt werden, so schwach und ideenarm sind manchmal die Kontraste, sobald die Franchise-Kriegsmaschinerie es mal wieder mit der Darstellung von Schlachten und brutalen Gefechten übertreibt und wichtige Merkmale wie Persönlichkeits-Charakterisitika oder eine zündende Story außen vor lässt.

C. L. Werner schützt sich vor dieser Gefahr ganz clever, indem er seinen Helden durch mehrere Kurzgeschichten treibt, die zwar schon aufeinander aufbauen, in ihrer episodischen Präsentation aber vorrangig dazu dienen, das Profil des Protagonisten zu schärfen und sein teils hasserfülltes, teils auch martialisches Vorgehen in irgendeiner Form zu rechtfertigen – doch gerade hier fehlen dem Autor oft genug die schlagkräftigen Argumente.

Brunner, der unnahbare Held der Geschichte(n), ist eine am Reißbrett entworfene Kriegsmaschine, die ihren Heil im Mord an unliebsamen Figuren sucht und sich dafür individuell auch noch fürstlich entlohnen lässt. Der Kopfgeldjäger geht keine Kompromisse ein und positioniert sich als eiskalter Killer dort ein, wo schon so viele „Warhammer“-Persönlichkeiten ihren Platz gefunden haben. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass Werner ihm sehr viel Freiräume lässt und sehr um eine punktgenaue Darstellung seines Charakters bemüht ist, dabei den Inhalt seiner Einzelmissionen aber gelegentlich zu kurz kommen lässt. Es ist zwar stets die Jagd, die in allen widerlichen und misanthropischen Zügen auf den Punkt kommt, doch letzten Endes geht es vorrangig darum, den Menschen als stählernes, gefühlsarmes Etwas in den Fokus zu rücken, welches lediglich dann Emotionen zeigt, wenn man sein Umfeld gefährdet. Doch auch dann reagiert er mit der einzigen Konfliktlösungsstrategie, die ihm übrig bleibt: Morden und seinem Job nachgehen – denn mehr als ein Job ist das, was Brunner hier durchzieht, nicht.

Unterm Strich kehrt daher auch relativ bald Langeweile ein, weil die etwas unbeholfene Motivsuche sehr schnell an ihre Grenzen stößt und vom anspruchsvolleren Leser bald nicht mehr als hinreichend zufriedenstellend angenommen wird. Werner will die finsteren Gedanken seiner Leitfigur zwar in irgendeiner Form auf die Atmosphäre übertragen, verliert sich hierbei aber allzu schnell in Zweckoptimismus, der von der Handlung nicht mehr getragen werden kann. Denn irgendwann ist jedes Kapitel durchschaubar, jeder Ansatz von Spannung zunichte und jede Aufbruchsstimmung dahin – nur eben, dass dies bei „Angriff der Orcs“ recht schnell der Fall ist.

Insofern kann man jemandem nicht verübeln, dass er/sie bei „Warhammer“-Geschichten nur in zwei Kategorien denkt. Es gibt die wirklich guten Storys, und es gibt den unteren Durchschnitt. Und zu den Letztgenanntem muss man leider auch den ersten Band von „Der letzte Jäger“ zählen!

|Broschiert: 384 Seiten
Originaltitel: Blood Money
ISBN-13: 978-3492291491|
[www.piper-verlag.de]http://www.piper-verlag.de/fantasy

Ahlers, Jörgpeter – Wunder von Björn, Das (Hörspiel)

_Das runde Leder_

Neben allerlei Fantasy- und Science-Fiction-Geschichten hat ein zentrales Thema den jugendlichen Hörspiel-Markt in den vergangenen Monaten übermäßig stark bevölkert: der Fußball. Nicht erst im Zuge der vergangenen Weltmeisterschaften ist das Interesse an der Nationalmannschaft, aktuelle auch an ihrem weiblichen Pendant unglaublich gestiegen und zieht sich bis hin zu den kleinsten Kickern. Dementsprechend scheint der Markt für Geschichten um das runde Leder derzeit sehr lukrativ.

Jörgpeter Ahlers hat dieses Potenzial erkannt und vor geraumer Zeit im Verbund mit dem NDR eine Geschichte erstellt, die sich ein wenig von den klassischen Heldengeschichten im Sport abgrenzt. Seine Titelfigur ist ein typischer Verlierer – und damit eben nicht die verehrenswerte Persönlichkeit, die bei reißerischen Franchises wie „Die wilden Kerle“ die Gunst des Nachwuchses sicher hat. Doch gerade dieser Umstand macht die Sache gleich viel sympathischer.

_Story:_

Der junge Björn ist schier verzweifelt: Seit Jahren versucht er bereits, in seiner Jugendmannschaft Anschluss zu finden, wird dabei aber immer wieder mit der traurigen Tatsache konfrontiert, dass er mit seinen Mitspielern nicht mithalten kann. Die Talentfreiheit wird ihm auch gerade wieder zum Verhängnis, als die wichtigsten Spiele der Meisterschaft anstehen und Björn nicht mal für den Kader nominiert wird. Platzwart Sparwasser erkennt die Traurigkeit des Jungen und will ihm mit außergewöhnlichen Mitteln zum Erfolg und zu mehr Zugehörigkeit in der Mannschaft verhelfen. Er schenkt Björn die sagenumwobenen Krakenhandschuhe, deren Träger sicher sein kann, jeden Ball zu halten. Beim ersten Training erweisen sich die Handschuhe tatsächlich als Wunderwaffe – und machen Björn zuversichtlich, endlich die Akzeptanz, die er sich so lange gewünscht hat, zu erfahren. Als das wichtige Spiel gegen die Jugendabteilung vom FC Bayern München ansteht, scheint sich das Schicksal jedoch erneut gegen den tapferen Björn zu wenden; die Handschuhe wurden in der vorherigen Nacht gestohlen. Nun muss der Fußballbegeisterte beweisen, dass er auch mit den üblichen Mitteln zum Wunderknaben taugt …

_Persönlicher Eindruck:_

Die Geschichte um den kleinen Björn ist eine allzu typische Erfahrung, die viele Jungs in ihrer ‚Laufbahn‘ als Fußballer durchleben müssen: Talentfreiheit als großes Problem, fehlende Akzeptanz als Folge – Kinder können in diesem Fall grausam sein, ohne sich dabei Gedanken darüber zu machen, wie es dem vermeintlichen Loser-Kandidaten eigentlich bei der Sache geht. Dieser Umstand wird von Hörspiel-Autor Jörgpeter Ahlers jedoch nicht allzu weit in den Vordergrund gestellt. Häme und Spott fallen im Gegensatz zu manch vergleichbarer Geschichte also komplett unter den Tisch, was dem Hörspiel auch einen sehr sympathischen, leichter zugänglichen Charakter verpasst.

Stattdessen geht es vielmehr darum, einem verzweifelten Jungen auf die Sprünge zu helfen und darzustellen, dass es sich immer lohnt, die Hoffnung nicht aufzugeben. Und dies geschieht im Rahmen der ca. 50-minütigen Inszenierung auch nicht. Björn ist sich seiner mangelnden Qualitäten bewusst, steckt den Kopf jedoch nicht in den Sand, sondern drängt sich beim Trainer auf, endlich seine Chance zu bekommen. Die Wendung mit den Wunderhandschuhen trägt zwar nicht gerade dazu bei, dass sich die Story realistisch weiterentwickelt, bringt aber ein wenig Humor in die ganze Sache, welcher schließlich auch noch von der erfinderischen Person des Platzwarts getragen wird. Ahlers beweist hier Kreativität, lehnt sich aber nicht zu weit aus dem Fenster, sodass der Kern der Handlung nie aus den Augen verloren wird – denn schließlich muss Björn sich am Ende auch ohne seine außergewöhnlichen Hilfsmittel beweisen.

Während die Geschichte sich wirklich sehr schön gestaltet und im angenehmen Fluss für Unterhaltung sorgt, ist die Inszenierung gelegentlich ein bisschen hektisch. Zwar sind die einzelnen Figuren klar herausgehoben und individuell identifizierbar, doch gerade in den Spielreportagen schwenkt man teilweise zu sehr zwischen den einzelnen Schauplätzen und sorgt ab und an für ein bisschen Verwirrung. Der Strang bleibt aber nichtsdestotrotz sehr linear und verstrickt sich nicht in Nebengeschichten, die dem Hauptplot in irgendeiner Form nicht mehr zuträglich wären. Insofern sind die hier genannten Kritikpunkte nicht von großer Tragweite und können schlussendlich auch gerne vernachlässigt werden.

Wem die „Wilden Kerle“ also zu arrogant und die „Teufelskicker“ zu heroisch sind, der darf sich gerne bei dieser netten Alternative bedienen – vielleicht auch gerade weil die Geschichte in sich abgeschlossen ist und nicht noch dutzende Male neu aufgekocht werden muss!

|CD-Spielzeit: 53:22 Minuten
ISBN-13: 978-3833725371|
[www.jumboverlag.de]http://www.jumboverlag.de

King, Stephen – dunkle Turm, Der (Graphic Novel – Band 1)

Stephen Kings monumentale Western-Endzeit-Saga „Der dunkle Turm“ ist nicht nur das ambitionierteste Werk des renommierten Horror-Autors, sondern auch eines der umfangreichsten Epen, die der moderne Fantasy-Markt je zu Gesicht bekommen hat. Ganze 34 Jahre verbrachte King damit, die sieben Bände fertigzustellen und die sehr komplexe Story reifen und gedeihen zu lassen. Mit dem Abschluss der Serie im Jahr 2004 schien er schließlich eine Jahrhundertaufgabe bewältigt zu haben, von der in der Folge noch oftmals die Rede sein sollte.

Das Potenzial von „Der dunkle Turm“ schien damit jedoch noch lange nicht erschöpft: unter anderem maachte sich auch der Comic-Markt an der Saga zu schaffen und versuchte aus dem Grundstock der Story noch mehr herauszuholen. Gemeinsam mit Peter David, Robin Furth, Jae Lee und Richard Isanove erarbeitete King schließlich eine Art Prolog zu seinem Meisterstück, der schlicht und einfach unter dem Hauptbanner „Der dunkle Turm“ veröffentlicht wird.

_Story:_

Das Schicksal von Roland Deschain ist in jenem Moment besiegelt, als er sich dazu entschließt, seinen Ausbilder herauszufordern und den Werdegang zum Revolvermann zu beschleunigen. Mit Geschick und Cleverness überlistet die junge Kämpfernatur den Nahkampfspezialisten und befreit damit auch seine engsten Freunde Cuthbert und Alain, mit denen er fortan durch die Baronie Majis reist, um für Recht und Ordnung zu sorgen.
Mit dem Segen seines Vaters begibt er sich auf die Suche nach den Gegenspielern des Bundes, die im Auftrag des intriganten Farson eine neue Revolte anzetteln wollen. Doch der angeblich gute Mann ist heimtückisch und schlecht und greift kompromisslos durch, wenn es um die bevorstehende Invasion seiner Kriegsmaschinerie geht. Derweil wird auch Roland von der Liebe geschwächt; als er eines Tages eher zufällig die hübsche Susan Delgado trifft, ist es um ihn geschehen. Doch das Mädchen ist dem Bürgermeister versprochen und soll in einer der nächsten Mondnächte von ihm entjungfert werden. Als Roland und seine Begleiter die Sache untersuchen, machen sie sich zu Feinden der Sheriffs und landen auf der Fahndungsliste an oberster Stelle. Doch Roland kennt keine Furcht: Ungeachtet der Hetzjagd, die um ihn und seine Freunde betrieben wird, kämpft er für seine Liebe und schwört, die verschwörerischen Pläne von Farson und dessen rechter Hand Martin, der einst seine Mutter verführte, zu durchkreuzen und ihrem Leben ein Ende zu bereiten …

_Persönlicher Eindruck:_

Einen Comic zu einer so komplexen Story, wie sie „Der dunkle Turm“ nun mal bietet, zu erstellen, ist mitunter ein riskantes Unterfangen: Setzt man nun voraus, dass der Freund der illustrierten Kunst Kings Original bereits kennt? Oder kann man völlig unvoreingenommen in die Welt von Roland Deschain eintauchen und dennoch uneingeschränkt genießen, was die Comic-Variante als Alternative zu den sieben Episoden des Kultwerkes bietet?

Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, da es zweifelsohne einfacher ist, die Zusammenhänge zu verstehen, wenn man die Romanserie bereits verschlungen hat. Gerade dem Setting und den einzelnen Hintergründen zu Figuren wie Farson und auch Roland kann man definitiv besser folgen, wenn die Zuständigkeiten und Positionen geklärt sind, bevor man sich an die vermeintliche Vorgeschichte heranwagt. Andererseits wird man nicht zu tief ins kalte Wasser geschmissen, wenn man ohne Vorerfahrung in die Geschichte stürzt. Das Autorenteam gibt dem Leser genügend Zeit, sich mit der Umgebung und den wichtigsten Figuren vertraut zu machen, steigert schließlich das Tempo, verirrt sich aber niemals in Teilabschnitten, die einer näheren Erklärung bedürften – selbst wenn vor allem die Kapitel vier und fünf (von insgesamt sieben) etwas verzwickt sind und stellenweise auch von einer schwer vermeidbaren Hektik überlagert werden.

Die Story selber bleibt indes geheimnisvoll und wird von einer schwer greifbaren Spannung angetrieben. Es ist stellenweise kaum möglich, den Kern zu greifen, da sich die Geschichte immer wieder zu neuen Schwerpunkten verlagert und der übergeordnete Kampf zwischen Roland und Co. auf der einen und Farson und seinen Gefährten auf der anderen Seite immer wieder zugunsten der Abhandlung sehr fokussiert abgearbeiteter Nebenschauplätze weichen muss. Zudem erscheinen immer neue Figuren auf dem Tablett, werden hier eiskalt serviert, können aber über ihren Abgang noch nicht viel aussagen. Man kann lediglich ihre Motive abschätzen, jedoch nicht genau festlegen, welche Rolle sie in der weiteren Handlung noch einnehmen werden. Kings Comic-Team springt sehr häufig zwischen den Szenarien, lässt den Leser im Dunkeln tappen, gibt ihm aber dennoch das Gefühl, die absolute Kontrolle über den Plot zu gewinnen. Und genau mit diesem Wissen blättert man von Seite zu Seite, wartet auf neue Mysterien, wird stetig von unverhofften Entwicklungen überrascht, lernt aber erst auf den letzten Seiten, wie und wo man alles einzuordnen und zu sortieren hat.

Insofern steht die Comic-Ausgabe dem Original in gar nichts nach, selbst wenn die Komplexität hier nicht ganz so dominant auf die Story übergreift wie in der Romanvorlage. Doch was Spannung, Darstellung und Präsentation betrifft – wo zum Beispiel hat man sonst schon einmal einen so ironischen Erzähler erlebt – wird die Einzigartigkeit von „Der dunkle Turm“ auch in der illustrierten Fassung adaptiert und die Faszination bewahrt, die das teils verstörende Epos im Original auszeichnet. Zwar sei empfohlen, die sieben Bücher zunächst zu lesen, bevor man sich an die Nachwehen begibt. Doch auch als Einzelband und unabhängige Story ist das hier besprochene Werk dringend zu empfehlen – wenn nicht zuletzt in umgekehrter Form als Appetizer für das große Ganze!

|Softcover: 240 Seiten
Originaltitel: Dark Tower: The Gunslinger Born
Text: Robin Furth, Peter David
Zeichnungen: Jae Lee, Richard Isanove
ISBN-13: 978-3453265783|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

Über 40 weitere Rezensionen zu Büchern und Hörbüchern von Stephen King findet ihr in [unserer Datenbank]http://buchwurm.info/book .

Rauchhaus, Susanne – Messertänzerin, Die

_Divya ist eine Dienerin_ und gehört damit zur untersten Kaste in der Stadt Pandrea. Die Leiterin der Höheren Töchterschule ist ihre Herrin und zeigt Divya deutlich, wo ihr Platz ist. Divya aber ist nicht bereit, sich damit abzufinden. Heimlich belauscht sie den Unterricht der anderen Mädchen und lernt so, was sie lernen. Sie bringt sogar einen jungen Offizier der Wache dazu, ihr Unterricht im Nahkampf zu erteilen, weil sein Können sie fasziniert. Damit zieht sie jedoch unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich, und ehe sie sichs versieht, ist sie in politische Ränke erster Güte verwickelt …

_Klingt eigentlich_ recht vielversprechend. Leider hat das Buch nicht gehalten, was es versprach.

Divya ist nicht unsympathisch. Ihr hervorstechendster Charakterzug ist, dass sie alles hinterfragt, nichts für selbstverständlich nimmt. Und sie vertraut auf ihre eigenen Erfahrungen, die oft genug dem widersprechen, was man sie glauben machen will.

Ganz im Gegensatz zu Tajan, dem Jungen, der ihr das Kämpfen beibringt. Er hat vorbehaltlos alles akzeptiert, was er im Laufe seines Lebens gelernt hat. Der Bursche, der im Klappentext als düster beschrieben wird, ist eigentlich nicht mehr als ein naiver, gutgläubiger junger Spund.

Jolissa wiederum hat nicht vor, sich an sämtliche Regeln zu halten, die für junge Mädchen höheren Standes gelten. Im Gegensatz zu Divya stellt sie die Gültigkeit dieser Regeln aber nicht grundsätzlich in Frage, sondern lebt einfach nur den Übermut und die Neugierde einer eingesperrten, gelangweilten Jugendlichen aus.

Mehr gibt es zu den Charakteren eigentlich nicht zu sagen. Vor allem Tajan ist blass und farblos geblieben, aber auch die beiden Mädchen kommen dem Leser nicht so nahe, dass er ihretwegen feuchte Hände bekäme oder gar Tränen vergießen würde.

Dasselbe kann man eigentlich auch von allen anderen Aspekten der Geschichte behaupten. Alles wird nur gestreift, nichts vertieft. Pure Nachvollziehbarkeit ist die absolute Obergrenze. Offenbar gibt es in dieser Welt Magie, im Zusammenhang mit den Magiern wird allerdings hauptsächlich von Erfindungen gesprochen wie Augengläsern und Ähnlichem, was ja nun gar nichts mit Magie zu tun hat. Das Einzige, was zumindest ein wenig magisch klingt, sind die |Lichter|, von denen allerdings nur gesagt wird, dass sie den Menschen bei ihrem Tun helfen, wenn man sie mit Zuckerwasser belohnt. Auch über die Tassari erfährt der Leser im Grunde gar nichts: nicht, woher sie kommen, nichts über ihre offenbar besondere Beziehung zu den |Lichtern|. Und was genau ist nun eigentlich ein Sujim?

Die Handlung gibt leider auch nicht allzu viel her. Susanne Rauchhaus verwendet denselben Kniff wie Christoph Marzi in seinen Uralten Metropolen: Sie steigt an einer Stelle mitten in der Geschichte ein, um dann zunächst die Entwicklung bis dahin zu erzählen, ehe sie die Erzählung weiterführt. Leider ist es ihr im Gegensatz zu ihrem Kollegen nicht gelungen, das Niveau des ersten Kapitels zu halten. Macht die merkwürdige Anfangssituation den Leser zunächst noch neugierig darauf, wie es dazu kam, verpufft diese Neugierde nur zu bald wieder, weil in der abgeschotteten Schule im Grunde nichts passiert, außer, dass die Autorin ihre Heldin mit Jolissa und Tajan zusammenführt.

Aber auch, als der Leser die Stelle erreicht, an der er ganz zu Beginn des Buches schon einmal stand, nimmt die Handlung nicht wirklich Fahrt auf. Alles entwickelt sich viel zu leicht, läuft viel zu glatt, plätschert geradezu dahin. Die Stadtwache agiert so unfähig, dass es schon unglaubwürdig ist, und stellenweise regelrecht lächerlich! Warum um Himmels Willen sollte sollte eine Patrouille, die eine Handvoll Stadtbewohner festnimmt, dabei brüllen, als stürmte sie in eine Schlacht? Ich konnte nur den Kopf schütteln.

Dazu kommen logische Fehler, die die Glaubwürdigkeit nicht gerade verbesserten. Auswärtige Händler werden nicht in die Stadt gelassen, statt dessen zwingt man sie, ihre Waren für ein Almosen herzugeben, verkauft dieselben Waren dann teuer in der Stadt und steckt den Gewinn in die eigene Tasche? Und das seit fünfundzwanzig Jahren? Wie dämlich sind diese auswärtigen Händler, dass sie überhaupt noch nach Pandrea kommen?? Es gibt doch genug andere Städte, wo man Handel treiben kann!
Und wie kommt es, dass einige Menschen empfänglich für geistige Beeinflussung sind und andere nicht? Vielleicht sind die Magier immun dagegen, weil sie Magier sind, die Tassari, weil sie Tassari sind. Aber warum Jolissa?

Und wie kann ein Magier, der offenbar in der Lage ist, das kollektive Bewusstsein der |Lichter| zu nutzen, sich so leicht belügen lassen? Kann so jemand wirklich die ungeheuerlichen Aussagen eines einzigen Mannes akzeptieren, ohne auch nur zu versuchen, sie zu überprüfen? Es wäre doch so leicht gewesen, die |Lichter| zu fragen!

_Bleibt zu sagen_, dass der Klappentext wieder einmal totale Irreführung war. Ein düsterer Wächter? Tajan? Ein Witz! Und das, was Divya von den Lichtern gehört hat, kann man kaum eine Prophezeiung nennen!

Schade, aber ich habe selten erlebt, dass gute Ideen so wenig ausgeschöpft und so blass umgesetzt wurden. Der erste Teil des Buches kommt nicht über Belanglosigkeit hinaus, da die Charaktere zu blass sind, um der Freundschaft zwischen Divya und Jolissa oder auch den entstehenden Romanzen Intensität zu verleihen. Die Handlung verläuft – abgesehen von dem Kniff am Anfang – völlig linear und einfach, und dass die Wache so unfähig ist, nimmt der Handlung jegliche Spannung, weil die Heldin zu keiner Zeit wirklich unter Druck gerät. Der Showdown schließlich wirkt hölzern und unrealistisch, denn die Rebellen sind im Grunde genauso unfähig wie die Wachen. Vieles – wie Divyas Herkunft – ist zudem völlig vorhersehbar. Die Tassari und alles, was mit der Magie und den |Lichtern| zu tun hat, wird derart stiefmütterlich behandelt, als hätte die Autorin die Entwicklung von Stimmung oder gar Flair unbedingt verhindern wollen. Das ganze Buch wirkt unbeholfen und trocken wie Stroh. Dabei hätte man aus all den Ideen so viel machen können.

_Susanne Rauchhaus_ arbeitete nach einer Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin zunächst in einer Werbeagentur und in der Redaktion einer Fachzeitschrift. Ihr erster Roman „Der Hexenspiegel“ erschien 2008, seither hat sie drei weitere Romane geschrieben, außerdem erschien ihre Kurzgeschichte „Verdammter Schnee“ in der Anthologie „Fantastische Weihnachten“. Die Autorin lebt und arbeitet in Stuttgart.

|Gebundene Ausgabe: 367 Seiten
ISBN-13: 978-3800056033|
[www.ueberreuter.at]http://www.ueberreuter.at
[www.susanne-rauchhaus.de]http://www.susanne-rauchhaus.de/index.html

_Susanne Rauchhaus auf |Buchwurm.info|:_
[„Die Übersinnlichen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6015
[„Schattenwesen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6217

Rose, Karen – Todesstoß

Karen Rose hat mit ihrer „Vartanian“-Trilogie großartigen Erfolg gehabt. „Todesschrei“, [„Todesbräute“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5694 und auch [„Todesspiele“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6343 waren hochspannende und gut durchdachte Thriller. Erst gegen Ende des dritten Teils konnten alle Fragen abschließend geklärt werden, sodass der Leser geradezu gezwungen wurde, nach Band 1 gleich zu den beiden Fortsetzungen zu greifen. Aber gelohnt hat sich das in jedem Fall.

In ihren Thrillern kombiniert die Autorin die klassische Liebelei und Romantik mit harten Gewalt- und abwechslungsreichen, spannenden Actionszenen. Im Vordergrund stehen hier die Ermittlungsarbeiten, und äußerst interessant wird es, wenn die Autorin auch den Serienmörder zu Wort kommen lässt. Zwar wird hier der Täter eindeutig identifiziert, sodass der Leser nicht selbst ermitteln muss, aber dem Weg der Ermittler zu folgen, kann ebenso spannend sein.

Nun hat Karen Rose mit „Todesstoß“ einen neuen Thriller veröffentlicht. Die Aufmachung des Covers bewirkt mit Sicherheit ein gewolltes Wiedererkennen und orientiert sich an der schon bekannten Trilogie. Kann dieser Roman den Erfolg der Autorin weiterführen?

_Inhalt_

Eve Wilson ist gezeichnet. Eine tiefe Narbe zerrüttet ihr eine Gesichtshälfte und ihre Seele. Vor Jahren wurde sie Opfer eines Gewaltverbrechens und verlor dabei fast ihr Leben. Noch immer ist die junge und ehemals attraktive Frau traumatisiert, ihr fällt es schwer am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und lebt eher still und zurückgezogen. Vor Jahren flüchtete sich die junge Frau in die anonymen Welten des Internets und lebte ihr virtuelles Leben in „Shadowland“, einer digitalisierten Welt. Mit ihrem „Avatar“ konnte sie ihr Selbstbewusstsein fördern und sich von der Realität so gut es eben ging abkapseln. Schlicht und ergreifend war sie dort jemand, der sie hätte im realen Leben sein wollen.

Nun studiert sie Psychologie und jobbt in einer Bar, in der zumeist Polizisten verkehren. An der Universität leitet sie ein Forschungsprojekt über das Suchtverhalten ihrer Testpersonen in einer abgeschlossen, virtuellen Welt. Das soziale Verhalten und die Aufenthaltsdauer ihrer Probandinnen soll Rückschluss auf deren Verhalten geben, inwieweit sich diese entwickeln und ggf. ihr Selbstbewusstsein trainieren können. Als nach und nach ihre Versuchspersonen grausam ermordet werden, wird Eve schnell klar, dass sich der Täter in ihrem Umkreis bewegt und gezielt in „Shadowland“ seine Opfer aussucht. Da sie durch die Bar, in der sie arbeitet, viele Ermittler kennt, wendet sie sich Hilfe suchend an Detective Noah Webster. Seit Monaten beobachten sie einander, aber bisher haben sie sich aufgrund ihrer inneren Dämonen nicht dazu entschließen können, den ersten Schritt aufeinander zuzugehen. Noah hat bei einem Autounfall Frau und Kind verloren und ertrank sein Selbstmitleid im Alkohol. Er ist ein brillanter Ermittler, aber genau wie Eve ein spröder, eiskalter Einzelgänger geworden.

Eve kann Noah davon überzeugen, dass sich der Serienmörder, der sich an den tiefsten Ängsten seiner Opfer bestätigt fühlt, mit „Shadowland“ irgendwie zu tun haben muss. So wird der Kreis der Verdächtigen stark eingeschränkt. Der Täter muss agieren und die gefährlichste Person für ihn eliminieren und damit wird Eve zur Zielscheibe …

_Kritik_

Am Ende des Romans fragt sich der Leser bestimmt: Waren die knapp 650 Seiten des Romans „Todesstoß“ von Karen Rose ein Thriller oder eine vollkommene Liebesgeschichte? In der Literatur gibt es ja unzählige Formen von dramatischen Liebesgeschichten und diese werden gerne in einem komplexen Umfeld oder einer geschichtlichen Epoche erzählt. Das Prinzip allerdings bleibt immer ein und dasselbe. Der (Anti)Held, meist stark, attraktiv, aber umgeben von manchmal mehr als nur einem dunklen Geheimnis, lässt sich von seinem weiblichen Gegenpart retten und ganz nebenbei überführt er den Täter, rettet die Welt vorm Abgrund und vielleicht auch gleich die ganze Menschheit.

Seine Liebesangst kompensiert er also mit der Notwendigkeit seines Berufsstandes und sieht sich als unersetzlich und einzigartig. Hingegen zeigt sich seine Angebetete eher schwach und verletzlich. Zumal sie oft Spuren von Grausamkeit, psychischer oder physischer Natur zeigt und sie förmlich darum bettelt, „gerettet“ zu werden. Hier ist also das Märchen vom holden Burgfräulein und dem stolzen, ritterlichen Retter mit großem Schwert und noch größerem Pferd.

Doch genug der Klischees! In „Todesstoß“ spielen leider alle diese aufgezeigten Klischees eine tragende Rolle. Der Cop Noah ist wie schon beschrieben ein trockener Alkoholiker, der sich in seiner Freizeit gerne in einer Bar (!) aufhält und Eve beobachtet, gleich einer Katze, die eine Maus im Radar hat. Tja, und Eve träumt von einem einfachen Leben und belügt sich regelmäßig selbst.

Die Autorin webt ein feines familiäres Netz um ihre Protagonisten. Sie beschreibt das „private“ Leben ihrer Figuren so plastisch und lässt nur wenige Details im Lebenslauf aus. Wahrscheinlich möchte sie so etwas wie Normalität widerspiegeln.

Als Minuspol dient hier der böse Serienmörder, der intelligent und durchtrieben seine Morde plant und ausführt und noch einfallsreich dabei sein möchte. Karen Rose lässt auch diesen seine Morde aus dessen Perspektive erzählen, doch ideenreich oder gar originell sind sie nicht.

Die Spannung in diesem Thriller ist zwar da, aber fehlt es offensichtlich schlicht und einfach an dramatischen Elementen. Primär geht es hier nur um den Balztanz der Protagonisten, die sich minutiös um das Pro und Kontra einer Liebesbeziehung schwertun.

Dennoch wird diese Handlung seinen Reiz ausüben, schon alleine die weibliche Leserschaft wird sich in diesem Thriller wiederfinden. Karen Rose spielt augenzwinkernd gerne mit den Hoffnungen und romantischen Gefühlen. Allerdings übertreibt sie dies in „Todesstoß“ ins Unermessliche und schockiert dabei sicherlich die Leser, die von der „Vartanian“-Trilogie begeistert waren.

In diesem Roman gibt es nur entweder „das Böse“ oder „das Gute“. Alle Charaktere haben eine blütenweiße, gestärkte Weste und haben keine moralischen Schwächen, hingegen scheint der Killer das Böse in Person zu sein.

Anders als in den bisherigen veröffentlichten Romanen kann hier der Leser in die Rolle des Ermittlers schlüpfen, doch der aufmerksame Leser wird spätestens nach den ersten dreihundert Seiten wissen, wer der Mörder ist. Karen Rose gibt zu viel an Details preis, wenn der Killer seine nächsten Schritte plant und per Ausschlussverfahren, dann gibt es nicht mehr viele Alternativen.

_Fazit_

„Todesstoß“ von Karen Rose ist prädestiniert für die weibliche Leserschaft und diese wird den Thriller nicht aus der Hand legen können. Ob nun, weil der Roman so spannend ist oder die Liebesgeschichte so romantisch verklärt erzählt wird, möchte ich an dieser Stelle besser nicht beantworten.

„Todesstoß“ ist anders als die „Todestrilogie“, der sich um die Vartanians drehte, und damit ein in sich abgeschlossener Roman. Ich bin gespannt, welchen Weg die Autorin in ihrem nächsten Werk gehen wird. Schließlich hat sie sich entschlossen, sich immer mal wieder andere Figuren aus ihren Romanen zu Hilfe zu holen. Bleibt also zu hoffen, dass die Familie Vartanian ein Comeback hat.

Für alle Fans ihrer Romane gibt es am Ende des Buchs ein aufschlussreiches Interview mit der Autorin und eine kurze prägnante Auflistung ihrer Romane. Und wer schon mal den Überblick über die Charaktere verloren hat, dem wird sicherlich das Verzeichnis der auftretenden Figuren in den Romanen von Karen Rose weiterhelfen.

_Autorin_

Als Karen Rose in ihrer Fantasie immer öfter mörderische Geschichten entspann, die ihre Gedanken zunehmend beherrschten, machte die gelernte Lebensmittel-Ingenieurin das Schreiben zu ihrem Hobby – und dann sogar zum Beruf. 2003 verfasste sie ihren ersten Thriller „Eiskalt ist die Zärtlichkeit“. Es folgten weitere, darunter „Das Lächeln deines Mörders“, „Todesschrei“ und „Todesbräute“, einige wurden mit begehrten Preisen wie dem „RITA Award“ ausgezeichnet oder zumindest für sie nominiert. Der Leser kann sich darauf verlassen, dass Roses Geschichten gut ausgehen, denn bei all den schrecklichen Geschehnissen taucht immer eine helfende Hand auf. Im wirklichen Leben bietet Rose auf ihrer Website Menschen in Not Hilfe an. Sie lebt mit ihrer Familie in Florida. (Verlagsinfo)

|Taschenbuch: 656 Seiten
ISBN-13: 978-3426663578
Originaltitel: I Can See You|

_Karen Rose bei |Buchwurm.info|:_
[„Todesbräute“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5694
[„Todesspiele“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6343

Schacht, Andrea – Sünde Lohn, Der

_Die „|Alyss|“-Romane:_

Band 1: „Gebiete sanfte Herrin mir“
Band 2: [„Nehmt Herrin diesen Kranz“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6435
Band 3: _“Der Sünde Lohn“_

_Köln in der Osterzeit 1403._ Schlimme Nachrichten erreichen Alyss. Auf der Überfahrt von England nach Deutschland wurden ihr Neffe Tilo und der Freund des Hauses John of Lynne von den berüchtigten Vitalienbrüdern entführt.

Aber nicht nur dies bringt das Hauswesen um Alyss in Aufruhr. Alyss steht vor den Trümmern ihrer Ehe, und nachdem ihr Ehemann Arndt van Dorne handgreiflich wird, diesmal unter Zeugen, greift nun ihr Vater Ivo vom Spiegel ein. Sein Urteil ist vernichtend und Arndts Leben nicht mehr einen Pfifferling wert.

Als wäre das nicht genug, geht wieder ein Mörder in Köln um, diesmal getarnt unter einer Wolfsmaske. Angst und Schrecken gehen in Köln um, denn das letzte Wort, das die Sterbenden sagen, ist „Ketzer“! Wird Alyss auch diesen Fall mithilfe ihrer unterschiedlichen Freunde lösen können?

_Kritik_

Mit „Der Sünde Lohn“ hat die für ihre farbenprächtigen Romane bekannte Autorin Andrea Schacht den dritten Teil der Alyss-van-Doorne-Serie veröffentlicht. Die Autorin lässt das mittelalterliche Köln wieder einmal farbenprächtig aufleben und ihre Figuren haben allerlei zu tun, nicht nur um die familiären Probleme in den Griff zu bekommen.

Äußerst lebendig und fesselnd schildert die Autorin das bunte Leben im Hauswesen der van Doornes. Dank des zeitgemäßen Sprachstils fühlt der Leser sich direkt in die damalige Zeit versetzt. So manche Flüche der Gänsehirtin Lore sorgen dazu noch für das eine oder andere Schmunzeln beim Lesen. Trotz der in die Zeit passenden Ausdrucksweise ist die Geschichte flüssig zu lesen und leicht verständlich. Wie schon in den Vorgängerromanen wird die Geschichte um Alyss, ihrem reizenden Hauswesen, der vielzähligen Freunde und ihrer treu zu ihr stehenden Verwandtschaft aus der Perspektive eines Beobachters erzählt. Auch wenn das Augenmerk auf Alyss liegt, werden auch die Abenteuer der weiteren Darsteller zumindest angerissen.

Der Fokus der Autorin liegt in „Der Sünde Lohn“ auf Alyss und ihrem Schicksal. Daneben sind allerlei kleinere Nebenhandlungen wie die Entführung von John of Lynne und seinem Schützling Tilo, der geheimnisvolle Mörder der, Köln in Angst und Schrecken versetzt und auch die Sorgen und Nöte der Jungfern in Alyss‘ Hauswesen eingeflochten, die für einen gewissen Grad an Spannung sorgen. Nach und nach fügen sich die einzelnen Handlungen zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen und am Ende sind alle Fäden überzeugend miteinander verknüpft. Da im Gegensatz zu den bisher erschienenen Bänden der Alyss-Serie, oder auch der Beginen-Reihe, hier nicht die Lösung der Morde an vorderer Stelle steht, plätschert die Geschichte an manchen Stellen nur so dahin, nervenaufreibende Spannung kann daher kaum erwartet werden. Hier wäre es so manches Mal wünschenswert gewesen, doch mehr auf diese Ereignisse einzugehen. Im Gegenzug erfährt der Leser allerdings viel mehr über die Figuren selber und das aufregende und zum Teil herrlich chaotische Leben rund um die liebenswerten Charaktere.

Den Protagonisten und deren Beziehungen untereinander wird viel Raum gegeben. Die meisten sind den Lesern der Alyss-van-Doorne-Serie bereits bekannt. Daher empfiehlt es sich hier auch die anderen Bände der Serie zu lesen, da die Figuren nicht jedes Mal komplett neu definiert werden. Jedoch werden für Neueinsteiger, aber auch für die Kenner der Serie, gleich zu Beginn des Romans die „Dramatis Personae“ und deren Beziehungen untereinander grob erklärt. Die handelnden Personen in „Der Sünde Lohn“ entwickeln sich allesamt passend zur damaligen Zeit und den gestellten Anforderungen, die ihren das Leben stellt, glaubwürdig weiter. Besonders sei hier dann noch auf das Vieh im Hause van Doorne hinzuweisen, auch dieses entwickelt so manches Mal ein munteres (Eigen)Leben und sorgt so für einen guten Anteil Humor.

Passend zu den weiteren Romanen wurde das Cover gestaltet. Warum sich unsere schwarzhaarige Hauptdarstellerin hier allerdings mit roten Haaren zeigt, dürfte ein Rätsel bleiben. Auf den Umschlaginnenseiten zeigt sich ein gezeichneter Stadtplan Kölns.

_Fazit_

„Der Sünde Lohn“ ist der dritte Band um die junge Kölner Wein und Pelzhändlerin Alyss van Doorne aus der Feder von Andrea Schacht. Mit ihren liebenswürdigen Figuren und den verschiedenen Abenteuern, die diese erleben, weiß die Autorin ihre Leserschaft in den Bann zu ziehen. Die Autorin schafft es, mit einer Menge Wortwitz, zeitgemäßen Beschreibungen und einer lebendigen Handlung das mittelalterliche Köln farbenprächtig wiederauferstehen zu lassen.

Zur Zielgruppe gehören hier die weiblichen Leserinnen, die angenehme Unterhaltung vor historischem Hintergrund suchen und genau das finden.

Bleibt zu hoffen, dass Andrea Schacht ihre sympathischen Charaktere noch manches spannende Abenteuer erleben lässt und so noch weitere Teile der Alyss-van-Doorne-Serie erscheinen.

_Autorin_

Andrea Schacht war lange Jahre als Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin tätig, hat dann jedoch ihren seit Jugendtagen gehegten Traum verwirklicht, Schriftstellerin zu werden. Ihre historischen Romane um die scharfzüngige Kölner Begine Almut Bossart gewannen auf Anhieb die Herzen von Lesern und Buchhändlern. Mit „Die elfte Jungfrau“ kletterte Andrea Schacht erstmals auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, die sie seither mit schöner Regelmäßigkeit immer neu erobert. Nun lässt sie die Almuts Tochter Alyss in deren Fußstapfen treten.

Andrea Schacht lebt mit ihrem Mann und zwei anspruchsvollen Katzen in der Nähe von Bonn.

|Taschenbuch: 448 Seiten
ISBN-13: 978-3442376698|
[www.randomhouse.de/blanvalet]http://www.randomhouse.de/blanvalet
[www.andrea-schacht.de]http://www.andrea-schacht.de

_Andrea Schacht bei |Buchwurm.info|:_
|Begine Almut:|
[„Der dunkle Spiegel“ 369
[„Das Werk der Teufelin“ 1764
[„Die Sünde aber gebiert den Tod“ 4197

Ludwig, Manfred – Diego Drachenzahn (Gesellschaftsspiel)

_Begehrter Preis_

Die Auszeichnung für das „Kinderspiel des Jahres“ ist inzwischen mindestens genauso bedeutend wie die analog stattfindende Preisverleihung für den gleichnamigen Familienpreis. „Diego Drachenzahn“ konnte die heiß begehrte Trophäe im vergangenen Jahr erhaschen und mit seinem ausgewogenen Mix aus feinmotorischer Förderung und der Schulung der Beobachtungsgabe ein überzeugtes Statement auf Seiten der Jury erlangen.

_Spielinhalt:_

Verfaucht noch mal, denkt sich der ritterliche Drache Diego: Schon wieder hat er beim Feuerspucken sein Ziel verfehlt, damit aber womöglich auch sein Publikum auf die falsche Fährte geführt. Dabei sollte er eigentlich eines der fünf Ziele, welches ihm vorher ganz geheim anvertraut wurde, mit seinen drei Feuerkugeln treffen – andererseits geht er in der laufenden Runde leer aus.

In „Diego Drachenzahn“ stehen sich 2-4 Spieler gegenüber und wetteifern um den schnellen Zieleinmarsch. Jener kann nur dann erreicht werden, wenn man seine Murmeln geschickt in einem der fünf Zielfelder unterbringt, gleichzeitig aber auch im Zug der Mitspieler errät, wohin diese ihr Feuer gespuckt haben. Beides wird mit Punkten honoriert, wobei man gleichzeitig darauf achten sollte, seinen Mitspielern keinen zu heißen Tipp zu geben, welches Ziel man eigentlich treffen wollte. Wer schließlich geschickt zielt und rät und damit am schnellsten die Punkte für den Zieleinlauf sammelt, kann sich hier zum Ritter schlagen lassen.

_Spielmaterial:_

* 1 Drachenstadion
* 4 Drachen
* 3 Feuerkugeln
* 24 Karten
* 24 Plättchen
* 1 Spielanleitung

Das Spielmaterial gehört bereits zu den ganz besonderen Qualitäten von „Diego Drachenzahn“. Im Gegensatz zu vielen anderen Titeln wird hier die Schachtel direkt mit ins Geschehen einbezogen, was allerdings auch die Gefahr birgt, dass das Spiel nach langfristigem Gebrauch und ersten Verschleißerscheinungen ggf. nicht mehr bespielbar ist. Allerdings sind die Kartoneinlagen relativ stabil aufbereitet, so dass man hier lange brauchen wird, bis sich die einzelnen Teile wirklich abnutzen.

Davon abgesehen ist das Material relativ zweckdienlich, dafür aber leicht verständlich gehalten. Die Karten und Plättchen sind leicht verständlich illustriert, die Spielarena dementsprechend prima hierauf abgestimmt. Lediglich die Einkerbungen für die Feuerkugeln sind relativ schmal, so dass beim Spielaufbau immer mal wieder Geduld gefragt ist, bis alle Kugeln positioniert sind. Dafür ist die Gestaltung der vier Drachen-Holzfiguren wirklich sehr schön gelungen und ein weiteres Highlight des HABA-typischen, verlässlich starken Spielmaterials.

_Vorbereitung:_

Vor jeder Runde werden die Plättchen gut gemischt und zu einem oder mehreren Nachziehstapeln bereitgelegt. Jeder Spieler erhält anschließend einen Drachen und die sechs Karten in der zugehörigen Farbe. Der Drache wandert auf das Startfeld am Rand der Spielschachtel. Sobald ein Startspieler bestimmt ist, werden die drei Feuerkugeln bereitgelegt und das Spiel begonnen.

_Spielablauf:_

„Diego Drachenzahn“ wird in insgesamt drei Durchgängen gespielt, die allesamt gleich aufgebaut sind. Der jeweils aktive Spieler zieht hierbei ein Plättchen, prägt sich den Gegenstand ein, der dort abgebildet ist, und versucht nun, die drei Kugeln in das Feld zu ’schieben‘, welches genau jenes Symbol zeigt, welches auf dem Plättchen dargestellt ist. Die Kugeln werden dabei lediglich kurz angeschoben und müssen nun durch das Gefälle in der Spielarena in das richtige Feld rutschen. Gelingt dies, bekommt man für jeden ‚Treffer‘ genau einen Punkt. Nachdem dieser Part beendet ist, sind die übrigen Mitspieler an der Reihe. Sie müssen nun geheim raten, welches Feld der Spieler treffen wollte und hierzu die passende Karte verdeckt ablegen. Haben alle Spieler eine Karte ausgelegt, wird das Ergebnis gewertet. Eine Übereinstimmung bringt nun einen Punkt für die tippenden Spieler. Nachdem die entsprechenden Punkte auf der Zählleiste markiert worden sind, geht es im Uhrzeigersinn weiter bis schließlich drei Runden gespielt wurden. Gewonnen hat danach derjenige Spieler, der auf der Zählleiste die vorderste Position erreicht. Bei Gleichstand gibt es mehrere Gewinner.

_Persönlicher Eindruck:_

Die Spielidee hinter „Diego Drachenzahn“ ist wirklich toll, nicht zuletzt, weil das Spielmaterial sehr kreativ gestaltet wurde und darüber hinaus auch ein bisschen Action geboten wird. Man muss genau hinschauen, welches Feld der Drachenzahn-Spieler treffen wollte, in der eigenen Aktion aber auch möglichst viele Treffer erzielen, da man nur hier mehr als ein Feld weiterziehen darf. Insofern ist die Mechanik des Spiels sehr ausgewogen und bringt alleine schon aufgrund der witzigen Handlungsmöglichkeiten eine Menge Spaß.

Andererseits lohnt „Diego Drachenzahn“ erst wirklich, wenn mit voller Spielerzahl gespielt wird, da das Hin und Her ansonsten zu leicht durchschaubar wirkt und das Potenzial des Spiels (beispielsweise das verdeckte Tippen) nicht vollständig ausgeschöpft wird. Oder anders gesagt: Der Spielspaß ist bei vier Teilnehmern einfach viel größer. Kritisch angemerkt werden sollte noch, dass sich das System auf Dauer ein bisschen verbraucht, da man bei wachsender Übung immer leichter zielt und es daher auch sehr leicht zu erraten ist, welches Ziel der aktive Spieler treffen wollte. Selbst die Kleinsten entwickeln sehr schnell ein Gespür für die richtige Technik, sodass auf diesem Gebiet ein gewisser Verschleiß zu vermerken ist. Dennoch bleibt „Diego Drachenzahn“ ein sehr schönes, witziges und vor allem lebendiges Spiel – ob es deswegen aber „Kinderspiel des Jahres“ werden musste, sei mal dahingestellt. Unterm Strich entdeckt man nämlich bei genauerer Betrachtung doch einige Kritikpunkte, die leider auch nicht entschärft werden können. Für den vergleichsweise geringen Preis, für den der Verlag das Spiel in den Handel stellt, ist die Anschaffung aber zweifelsohne lohnenswert und wird das Spiel noch oft genug auf den Tisch bringen!

|Spielidee: Manfred Ludwig
Illustration: Peter Braun
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Spielerzahl: 2-4 Spieler|
[www.haba.de]http://www.haba.de

Erlhoff, Kari – Die drei ??? und der Meister des Todes (Band 155)

In letzter Zeit jettete man in einer von Deutschlands wohl beliebtesten, bekanntesten und dienstältesten Jugendserien von einem Jubiläum zum anderen. Und immer noch reißt der Strom an Neuveröffentlichungen nicht ab, wobei sich die „Die drei ???“ seit 1993 bekanntlich fest in deutscher Hand befinden. Zwei bis drei frische Bände erscheinen in der Regel pro Quartal. Die Zusammensetzung der Autoren bei |Kosmos| wechselte – vor allem in jüngster Geschichte – zwar immer wieder, Kari Erlhoff gehört jedoch seit ihrem Debüt „Tödliches Eis“ von 2008 inzwischen zum festen Stamm der aktiven Geschichtenschreiber. Der Fall „…und der Meister des Todes“ von August 2010 ist (neben ihrer Beteiligung an der Anthologie “ … und die Geisterlampe“) ihr 6. Beitrag zur Serie und insgesamt schon der 155. der berühmten Juniorschnüffler aus Rocky Beach.

_Zur Story_

Derzeit sind Filme als Schulprojekte angesagt, und da Justus, Peter und Bob sicher bei keiner Schnulze und auch keinem Pferdefilm mitwirken wollen, landen sie im Horror-Genre. Immerhin stimmt das thematisch mit ihren sonstigen Interessen als ambitionierte Junior-Detektive halbwegs überein. Wobei so ganz glücklich ist insbesondere Justus nicht über die Rolle des übergewichtigen Serienkillers. Er gibt aber sein Bestes. Peter ist schon besser dran, denn er ist selbstverständlich für die Tricks zuständig, schließlich arbeitet sein Dad ja in einer Special-Effects-Abteilung Hollywoods. Eigentlich sollte auch seine Freundin Kelly mitmachen, doch die fiel wegen Magen-Darm kurzfristig aus. Dafür meldete sich die als schräg geltende Latona als Ersatz. Bob hat eher kleinere Szenen und einen recht lauen Job, ebenso wie der zurückhaltende Frank. Komplettiert wird die Gruppe durch die etwas weinerliche Mary-Ann, die passenderweise die weibliche Opferrolle besetzt. Zuguterletzt ist da noch Zack, er hat das Drehbuch geschrieben und führt auch Regie.

Leider ist die Schule als Location nicht grade ideal und so kommt es, dass der Horror-AG durch Zufall ein altes, abseits an der Küste gelegenes Haus als Drehort angeboten wird. Dort können sie praktischerweise auch gleich übernachten. Es ist ein geheimnisvolles Fleckchen mit einer sehr bewegten wie düsteren Geschichte, wie die Besitzerin Mrs. Sciutto zu berichten weiß. Ihr Mann war passionierter Puppenspieler, eine Tradition, welche die Familie aus ihrer ursprünglichen Heimat Venedig mitbrachte. Er wurde „Der Meister des Todes“ genannt, denn angeblich starben die Sciutto-Puppenspieler niemals sondern verschwanden irgendwann einfach. Auf der anderen Seite gab es in ihrem Umfeld auch immer wieder rätselhafte Unglücksfälle, so als wolle der überlistete Gevatter Tod sich sozusagen zum Ausgleich anderweitig Kundschaft besorgen. Inzwischen steht das Haus schon lange leer, seit der letzte „Meister“ verschwand – doch seine Puppen hängen immer noch dort und erwarten die Jugendlichen als stummes Spalier. Darunter auch der Sensenmann.

_Eindrücke_

Kari Erlhoff hat sich inzwischen als feste Größe bei den neuen ???-Büchern etabliert, wobei bei ihr immer gern die „klassischen“ Serienelemente und Figuren besondere Beachtung finden. Hier ist es „nur“ Ersteres, und mal nicht ein Revival von Figuren wie Skinny Norris („Der unsichtbare Gegner“) oder Jamie Allison („Feurige Flut“). Das Line-Up besteht – abgesehen von den Hauptprotagonisten, natürlich – aus in der Serie bislang vollkommen unbekannten Mitschülern der drei Fragezeichen, denen wie in einem beliebigen, neuzeitlichen Teenie-Slasher, ganz bestimmte Funktionen zukommen. Da gibt es die panische Mary-Ann, den coolen Zack, die etwas abseitige Latona, den zurückhaltenden Frank und natürlich die allseits bekannten Charaktere der drei ???. Das alles passt ganz gut zur Thematik, denn in der Tat drehen die Jugendlichen ja einen Horrorfilm, wobei die schön spukige Kulisse wiederum Anleihen an den Achtzigerjahre Mystery-Streifen „Joey“ vermuten, und das Leitmotiv an den (Nicht-???-)Film „Das Geisterschloss“, denken lässt.

Selbstverständlich läuft das Ganze auf eine rationale Erklärung hinaus und geht ganz ohne Übersinnliches über die Bühne. Ehrensache. Obwohl mit dieser Karte – Pardon: Marionette – kräftig gespielt wird und natürlich auch wieder mit dem einen oder anderen liebgewonnenen Serienklischee. Auch das ist Ehrensache. Dass dabei aber auch so manch witziger Moment herumkommt, ist schon etwas mehr als nur Dienst nach Vorschrift und soll hier auch ruhig einmal anerkennend erwähnt werden. Genauso, dass die Geschichte sowohl gut durchdacht, als auch die Auflösung plausibel ausfällt, ist bei Weitem (leider) nicht (mehr) so selbstverständlich in letzter Zeit. Insgesamt zeigt sich „Der Meister des Todes“ als sauber inszenierter Fall alter Schule mit Witz und Charme gleichermaßen. Insbesondere der Epilog, oder nennen wir es „zweiter Showdown“, nämlich die Aufführung des fertigen Filmes in der Highschool, hat noch ein paar Schmunzler in petto. Soviel darf hier verraten werden.

Ein paar kleine Haare in der Suppe trüben das Bild nicht wirklich – man kann schließlich nicht alles wissen, dafür ist die Redaktion und Lektorat ja da – oder ein klugscheißerischer Rezensent. So wird die marode Hausinstallation als „Elektronik“ bezeichnet, „Elektrik“ ist jedoch der korrekte Ausdruck (S. 33). Dann spielt man „Tat oder Wahrheit“, was irgendwie seltsam klingt, wobei „Wahrheit oder Pflicht“ der weitaus geläufigere Begriff für das beliebte Party-Spiel wäre (S. 34). Auf Seite 100 (und später noch einmal) wird ein „Revolver entsichert“. Das klingt schön dramatisch, was ja wohl auch beabsichtigt und vollkommen OK ist. Die Kombination der beiden Worte jedoch sorgt bei jedem, der sich waffentechnisch ein wenig auskennt (etwa klugscheißerische Rezensenten mit solider militärischer Ausbildung), eher für ein schiefes Grinsen. Revolver entsichert man nämlich nicht, allenfalls „spannt man den Hahn“. Und selbst das brauchts heute im Prinzip nicht mal mehr. „Entsichert“ werden lediglich (semi-)automatische Waffen.

_Fazit_

Eine der gelungensten Veröffentlichungen der jüngeren Zeit und somit nicht nur für eingefleischte Fans empfehlenswert. Wohldosierte Old-School-Serienelemente treffen auf eine atmosphärisch dichte und bodenständige Story, deren stimmige Grundgeschichte mal nicht schon mehrfach wiedergekäut wurde. Natürlich ist sie auch keine Neuerfindung des Rades, aber immerhin originell genug, um aus der sonst dieser Tage leider viel zu oft präsentierten Massenware der Serie herauszustechen. Augenzwinkernde Figurenzeichnung, Witz und Nachvollziehbarkeit runden den „Meister des Todes“ ab und verleihen ihm obendrauf das Zeug vielleicht irgendwann mal zum Neo-Klassiker ernannt zu werden. Da hätte man gerne mehr davon.

|Hardcover: 128 Seiten
Erzählt von Kari Erlhoff nach Figuren von Robert Arthur
Redaktion: Martina Dold, Martina Zierold
ISBN 978-3-440-118467|
[www.kosmos.de]http://www.kosmos.de

Mehr als 80 weitere Rezensionen zu den „Drei ???“ findet ihr in unserer [Datenbank]http://buchwurm.info/book .

May, Brian / Moore, Patrick / Lintott, Chris – Bang! – Die ganze Geschichte des Universums

Die Entstehung des Universums leicht gemacht? Kein Problem: „Bang!“ soll es möglich machen, zumindest wenn es nach Patrick Moore, Chris Lintott und Brian May geht. Nanu, Brian May? Der Mann, der hinter einer der wichtigsten Rockbands aller Zeiten steht und den Sound von Queen über mehr als drei Dekaden zu einer wahrhaftig einzigartigen Erscheinung in der Musiklandschaft erkoren hat? Ja, richtig! May, seines Zeichens nicht bloß Gitarrist und Studiomensch, sondern nach seiner Laufbahn auch wieder als Wissenschaftler aktiv ließ sich von seinen beiden Gefährten dazu inspirieren, einen fundierten, aber auch für jedermann leicht nachvollziehbaren Bericht über die Historie des Weltalls zu erstellen, indem der promovierte Astrophysiker sein Wissen mit jenem von Lintott und Moore vereinen konnte. Herausgekommen ist eines der besten, sehr gründlich recherchierten Werke zu jenem Themenbereich und dazu ein Buch, welches den Urknall ebenso formelfrei definiert und erklärt als wäre es das kleine Einmaleins. Ein Kinderbuch also? Mitnichten …

May und seine Kollegen von der BBC („The Sky At Night“) starten ihre Dokumentation sinngemäß mit dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren und geben bereits hier einen sehr ausführlichen, aber auch ausgewogen dargestellten Einblick in die Ereignisse, die zur Entstehung des Lebens und des natürlichen Wachstums führten. Das Trio bemüht sich dabei von Anfang an, mit wissenschaftlich vereinfachter Sprache die Grundlagen nahezubringen, physikalische Einheiten in diesem Zusammenhang zu erklären, entscheidende Entwicklungen darzulegen und überdies mit vielen Skizzen, Bildern und illustrierten Erläuterungen das Basiswissen aufzustellen, auf dem die insgesamt sieben Kapitel von „Bang!“ schließlich aufbauen können. In der Folge begibt man sich auf eine sehr informative Zeitreise, die den Beginn des Lebens, geografische Eigenheiten, astronomische Phänomene, spezifische Eigenheiten der Milchstraße und ihrer möglichen Nachbargalaxien und schließlich auch die konzentrierte Erweckung unserer Erde in den Mittelpunkt rückt und dies alles in einer bemerkenswert aufgearbeiteten Chronologie wiedergibt. Die drei Autoren visualisieren dabei nicht nur Essenzielles, sondern gehen vor allem in der frühen Entstehungsgeschichte etwas mehr in die Tiefe und verfolgend diesbezüglich den kontinuierlichen Ansatz der permanenten Versinnbildlichung. Schwierig verständliche Besonderheiten werden in Relation zu zeitgemäßen Ereignissen gestellt, und vor allem die physikalisch zunächst nur sehr speziell erklärbaren Tatsachen erfahren durch ihren Bezug zur weltlichen Realität eine Anschaulichkeit, die man in vielen ähnlich gelagerten Büchern schmerzlich vermisst.

Natürlich darf man auf der anderen Seite nicht erwarten, dass „Bang!“ die Quintessenz zu dieser so umfangreichen Thematik ist. Hierzu fehlt es den drei Initiatoren nicht nur an Zeit und Raum in ihrer Darstellung, sondern folgerichtig auch an Tiefgang bei vielen Einzelheiten. Dies bedeutet keinesfalls, dass May, Moore und Lintott lediglich an der Oberfläche kratzen, doch da die Motivation hinter „Bang!“ vorrangig darin besteht, eine Summe aus Basiswissen und zusammengefassten wissenschaftlichen Thesen zu erstellen und diese universell nachvollziehbar zu machen, muss man sich natürlich auf das Wesentliche konzentrieren. Allerdings ist genau jener Ansatz das lobenswerte Element dieser Veröffentlichung, da es den womöglich bedeutsamsten Teil der Weltgeschichte bündelt, ihn zugänglich macht und ihn nicht als abschreckendes, ausschließlich für die Forschung relevantes Konstrukt zurücklässt. Dafür steckt nicht nur zu viel Detailliebe und Herzblut in der umfangreichen Präsentation (man beachte schließlich mal die reiche Bebilderung dieses Bandes), sondern auch eine Masse an Inhalt und fundierter Recherche, die für eine solche ‚Familienausgabe‘ absolut einzigartig ist – und wahrscheinlich auch erst einmal bleibt. „Bang!“ schließt ein (schwarzes) Loch im themenspezifischen Sachbuch-Segment mit hochtrabenden Ambitionen und einer absolut souveränen Verbundarbeit, die als Wissensgrundlage eigentlich einen angestammten Platz in jedem Haushalt finden sollte.

Dass „Die ganze Geschichte des Universums“ im KOSMOS-Verlag erscheint, bringt zuletzt noch ein kleines Schmunzeln – besser hätte es letztendlich ja gar nicht passen können. Doch dies nur als Anekdote zum Schluss …

Weitere Infos gibt es im Übrigen bei [www.bangubiverse.com]http://www.banguniverse.com .

|Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
ISBN-13: 978-3440111253|
[www.kosmos.de]http://www.kosmos.de

Algis Budrys – Projekt Luna

Auf dem Mond tötet ein außerirdisches Artefakt seine Erforscher. Es kann nur von einem Mann bezwungen werden, der als Kopie nach jedem grausigen Ende erneut in das Objekt zurückkehrt … – Das Rätsel auf dem Mond ist Vorwand für das Ausloten der Frage nach der Identität des Menschen. Aus heutiger Sicht wirkt „Projekt Luna“ didaktisch, doch faktisch ist der Roman ein wichtiger Vorreiter für die „New-Wave“-SF der 1960er Jahre: sperrig aber interessant und von nachhaltiger Wirkung, zumal dem Verfasser im letzten Drittel gleich mehrfach immer noch schockierende Twists gelingen.
Algis Budrys – Projekt Luna weiterlesen

Badde, Paul – Grabtuch von Turin, Das (oder das Geheimnis der heiligen Bilder)

_Original oder Fälschung?_

Als das berühmte Grabtuch von Turin im vergangenen Jahr erstmals nach jahrzehntelanger Verhüllung wieder der Öffentlichkeit übergeben und damit auch sichtbar gemacht wurde, starteten gleichzeitig auch wieder jene altbekannten Spekulationen über die Echtheit und Originalität des historischen Relikts. Während Theologie und Wissenschaft sich in zwei Lager spalten, die auf der einen Seite belegen wollen, dass die Herkunft des Leinens keinesfalls aus jener Zeit stammen kann, andererseits aber aufgrund historischer Belege darauf schließen möchten, dass es sich hierbei tatsächlich um jenes Stück Stoff handelt, mit dem der Leichnam von Jesus von Nazareth seinerzeit bedeckt worden sein soll, wird gleichzeitig eine Art Fanatismus um jenes Tuch gestartet, der vor allem im Bereich des christlichen Glaubens seinesgleichen sucht. Ob es sich nun um ein Original oder doch um eine Fälschung handelt, will Paul Badde in seinem aktuellen Buch, welches er einzig und alleine der Geschichte um dieses vermeintliche Grabtuch widmet, gar nicht erst klarstellen. Stattdessen legt er schlichtweg die Fakten auf den Tisch, umrahmt diese mit vielen prächtigen Bildern und gibt der Faszination für eines der wichtigsten Relikte der Weltgeschichte einen völlig neuen Rahmen.

Dennoch lässt sich der Autor hin und wieder auf eine Gegenüberstellung der Pro- und Kontra-Fakten ein und beschäftigt sich näher mit den Aussagen von Kritikern, Zweiflern und den ihnen gegenüberstehenden Gläubigen. Dabei ist immer wieder interessant zu sehen, wie er sich gegen die wissenschaftlichen Fakten sträubt und selbst die frühzeitig eingesetzte Radiokarbon-Methode als keinen hundertprozentigen Beweis für die falsche Herkunftseinschätzung akzeptiert. Mit jenem Vorgang wurde 1988 geprüft, aus welcher Epoche der Stoff stammt, der unter bestimmten Lichtverhältnissen die Fassade eines Mannes entlarvt, der offenkundig mit diesem Tuch in Berührung gekommen ist – und bekanntermaßen wies bei der Analyse alles darauf hin, dass das Tuch in etwa um das 13. Jahrhundert entstanden sein muss. Umgekehrt sieht Badde keine Widersprüche im Beweis der Echtheit des Tuches, zu der er – so liest man es nicht nur zwischen den Zeilen – aufgrund seiner jahrelangen Studie und der umfassenden Gegenüberstellungen ganz klar tendiert. Der Autor scheint selbst vom Kult infiziert und von der Begeisterung angesogen, die jene Geschichten, die vor allem im Mittelalter immer wieder mit diesem Tuch in Zusammenhang gebracht wurden. Und so schildert er voller Begeisterung, wenn auch nicht zu stark vom Hype um jenen Gegenstand geblendet, wie das Tuch seinen Weg durch die europäische Geschichte gemacht hat, wo es Station machen musste, wie oft es verschollen war, wie häufig man befürchten musste, es sei auf seinem Weg zerstört worden und schließlich, wie heftig teilweise die Diskussionen verliefen, die um diese Thematik entbrannt waren.

Und gerade diese umfassenden Schilderungen machen „Das Grabtuch von Turin oder das Geheimnis der heiligen Bilder“ zu einer absolut lesenswerten Veröffentlichung, vorrangig geprägt von den jüngeren wissenschaftlichen Betrachtungen, hierbei mit vielen Widersprüchen gegenübergestellt, dann wieder von der Euphorie gelenkt, die ein solcher Fund auszulösen imstande ist und schließlich von Baddes sehr persönlichem Bezug zum Thema abgerundet, der unterm Strich womöglich die größte Bedeutung in diesem Buch hat. Nicht zu vergessen ist hierbei das tolle Bildmaterial, welches teilweise bekannt, teilweise aber auch sehr exklusiv ist und Baddes historischen Pfad beispielhaft zum Leben erweckt und maßgeblich dazu beiträgt, dass seine Dokumentation ganzheitlich aufregend wirkt – und gerade dieser Umstand hebt „Das Grabtuch von Turin oder das Geheimnis der heiligen Bilder“ sehr deutlich aus der Masse derartiger Werke heraus und weckt schließlich die Faszination für diese doch sehr spezielle Thematik!

|Hardcover: 160 Seiten
ISBN: 978-3629022615|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de

Lorentz, Iny – Ketzerbraut, Die

_Iny Lorentz:_

Seit das Münchener Autorenpaar Ingrid Klocke und Elmar Wohlrath unter dem inzwischen als Selbstläufer bekanntem Pseudonym Iny Lorentz die Welt der Historienromane erobert hat, ist den beiden Schreibern ein Platz in den Bestseller-Listen quasi garantiert. Insbesondere die Geschichten um „Die Wanderhure“, die endgültig für den Durchbruch sorgten, gelten als denkwürdige Zeitzeugnisse der Renaissance des Genres und haben großen Anteil daran, dass vergleichbare Schreiber wie Wolf Serno und Sabine Ebert ihre Serien und Einzelromane trotz einiger weniger spektakulärer Inhalte wieder großflächiger an den Mann oder die Frau bringen konnten. Dennoch musste man zuletzt erkennen, dass die hiesigen Autoren nicht mehr ganz so bewegende, dafür umso deutlicher vorhersehbare Geschichten entwarfen. Exemplarisch hierfür sei der letzte Roman „Die Rose von Asturien“ genannt, der im Schmalz der Liebesgeschichte gefangen blieb, die wertvollen historischen Elemente dabei aber nicht mehr ergreifend herausarbeiten konnte.“Die Ketzerbraut“ soll diesen Umstand mit einer etwas härteren Story und einprägsameren Charakteren nun wieder umkehren.

_Story:_

München zu Beginn des 16. Jahrhunderts: Die angesehene Bürgerstochter Genoveva reist mit großen Erwartungen nach Innsbruck, wo sie den Sohn eines Geschäftspartners ihres wohlhabenden Vaters ehelichen soll. Doch die Kutsche wird unterwegs aufgehalten, ausgeraubt und der mitreisende Zwillingsbruder von den Gaunern ermordet. Veva selber fällt in die Hände der Räuber, wird jedoch nach wenigen Tagen von Benedikt Haseleger aus ihrem Versteck befreit und in den Schoß ihrer Familie begleitet.

Doch die unverhoffte Rettung scheint für Veva eher Fluch als Segen, da ihr infolge des Überfalls nachgesagt wird, sie sei nicht mehr rein. Verzweifelt versucht ihr Vater, seine Tochter doch noch unter die Haube zu bekommen, und landet schließlich beim bereits berüchtigten Frauenheld Ernst Rickinger. Jener genießt allgemein ein sehr dürftiges Ansehen, da er die Schriften Luthers verbreitet und zudem jedem Rockzipfel hinterherjagt. Auf Bestreben von Vevas strengem, aber auch schwer krankem Vater gehen die beiden in Augsburg den Bund der Ehe ein und sollen fortan von Jakob Fugger ‚erzogen‘ werden. Allerdings können die beiden ihr Glück zunächst nicht finden. Der als Ketzer verschriene Rickinger steht weiterhin im Dienste der Lutheraner, Vevas Häscher haben derweil noch eine Rechnung zu begleichen, und ihr neuer Ehemann verbirgt überdies noch einige weitere Geheimnisse, die die erzwungene Liebe auf eine harte Probe stellen …

_Persönlicher Eindruck:_

Die Herangehensweise, die Iny Lorentz in ihrem neuen Roman wählen, scheint auf den ersten Blick sehr gut gewählt. Im Gegensatz zu ihren vorherigen Titeln geht das Paar in „Die Ketzerbraut“ von der ersten Seite an sehr zielstrebig zu Werke und werfen ihre Leserschaft sofort ins kalte Wasser: Der Überfall auf die Kutsche leitet den Text ein, die Geschehnisse scheinen sich schon in den ersten Kapiteln zu überschlagen, und während man ansonsten sehr viel Zeit darin investieren muss, den anschaulichen Charakterzeichnungen zu folgen und die tragenden Persönlichkeiten der Geschichte kennenzulernen, ist es hier zunächst die Ausgangssituation, die gesteigerte Priorität genießt.

In diesem Sinne zeigt die Spannungskurve schon zu Beginn sehr steil nach oben und eröffnet dem Buch alle erdenklichen Möglichkeiten – und diese werden von Lorentz genutzt. Auch weiterhin geht es Schlag auf Schlag und man findet, ganz ungewohnt, kaum einmal Raum und Luft, die prägenden Ereignisse auf sich beruhen zu lassen und die Struktur der Erzählung anzunehmen. Erst mit der Eheschließung, die als Abschluss einer Serie von bewegenden Geschehnissen zu betrachten ist, geschieht ein erster Cut, der eine angenehme Ruhe in den Plot bringt, leider aber auch ein wenig abgehackt erscheint. Wurde man anfangs regelrecht überfallen, befindet man sich nun auf der Suche nach spannungsfördernden Ausweichmöglichkeiten, die dann aber nur behäbig gefunden werden – und leider auch nicht mehr so temporeich inszeniert werden, wie dies noch auf den ersten 200 Seiten der Fall war.

Nun mag Tempo im Rahmen eines Lorentz-Romanes kein typisches Qualitätsmerkmal sein, schließlich zählen hier andere Werte und Eigenschaften. Doch gerade die Art und Weise, wie das Autorenpaar sich hier für einen sehr wendungsreichen Start und eine wirklich sehr gelungene Inszenierung einsetzt, weiß zu begeistern und weckt Erwartungen, die man vorab vielleicht gar nicht haben konnte. Umso enttäuschender ist daher, dass man sich im Laufe des Textes immer mehr in unbedeutsamen Entwicklungen verstrickt, dabei oftmals auf (manchmal sehr anstrengende) Wiederholungen zurückgreift und der Geschichte zuletzt auch gar nicht erst einen Spannungsaufbau ermöglicht, wie er anhand der zentralen Inhalte durchaus umsetzbar gewesen wäre. Was könnte schließlich in einer vermeintlichen Liebesgeschichte einen aufregenderen Kontrast darstellen als einige mysteriöse Verschwörungen bzw. Geheimnisse auf Seiten des Bräutigams, die alles in Frage stellen, was diese, wenn auch erzwungene, Liebe eigentlich ausmachen sollte. Leider machen die beiden Autoren aus diesen Voraussetzungen – und unter Berücksichtigung ihrer fabelhaften Reputation – zu wenig. Zwar werden die einzelnen Stränge konsequent weiterverfolgt und auch logisch ausgearbeitet, doch gerade diese prägenden Passagen, dort wo man wirklich mehr Tiefe verlangt hätte, scheinen in diesem Zusammenhang beliebig und weniger bedeutend, obschon sie es sein müssten, die der Story Leben einhauchen und ihr eine dementsprechend lebendige Kolorierung schenken.

Nichtsdestotrotz ist „Die Ketzerbraut“ ein guter, insgesamt auch lesenswerter Roman, was vor allem damit zu begründen ist, dass Klocke und Wohlrath stilistisch mal wieder sehr souverän agieren und ihre partiellen inhaltlichen Schwächen damit auch weitestgehend kaschieren können. Zwar muss man hier und dort ein paar Längen in Kauf nehmen, maßgeblich initiiert von den angesprochenen Eigenzitaten, doch summa summarum wird man nicht bereuen, „Die Ketzerbraut“ gelesen zu haben. Nur einen Gedanken sollte man sich in mehreren Aspekten wiederholt aus dem Kopf streichen: Dieses Buch ist auch schon wie seinen jüngeren Vorgänger keinesfalls so brillant wie „Die Wanderhure“. Dafür ist die Story einerseits zu leicht durchschaut und die Figuren auf der anderen Seite nicht mit der vergleichbaren Leidenschaft gezeichnet.

|Hardcover: 720 Seiten
ISBN-13: 978-3426662441|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de

_Iny Lorentz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Kastratin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=980
[„Die Reliquie“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3766

Morris / Goscinny, René – Lucky Luke – Gesamtausgabe 1987-1991

Die Jahre 1987-1991 haben in der langen Geschichte des Western-Helden Lucky Luke von vielen besonderen Ereignissen geprägt. Unter anderem zeichnen sie einige der ersten Werke auf, in denen Gründervater Goscinny nicht mehr aktiv an den Abenteuern beteiligt war. Ferner wurde die Serie in jener Zeit mit einigen bedeutsamen Preisen geehrt, einerseits für Stammtexter Morris, der die höchste Auszeichnung der Stadt Paris für seine Arbeiten erlangte, andererseits ein besonderer Preis der Weltgesundheitsorganisation, die „Lucky Luke“ dafür ehrte, dass der Hauptdarsteller dem Rauchen entsagte und damit eines der typischsten Charakteristika aus mehr als 35 Jahren Comic-Geschichte aufgab. Doch auch inhaltlich hatte jene Zeit es wirklich in sich, wie die Gesamtausgabe (die inzwischen bereits 20. ihrer Art) eindrucksvoll dokumentiert. Die hierzulande bei Ehapa vertriebene Reihe verzeichnet mit den Episoden 55, 56 und 63 drei der wichtigsten Comics jener Ära.

_Inhalt:_

|“Das Alibi“|

Ein renommierter Geschäftsmann bittet Lucky Luke darum, seine durchtriebene Tochter zur Vernunft zu bringen, indem der Cowboy ihr die raue Seite des Wilden Westens präsentiert. Luke inszeniert mit den unbeschränkten finanziellen Mitteln Raufereien, Schießereien und Überfälle – doch die zähe Dame scheint den Szenarien mehr als gewachsen …

|“Athletic City“|

Der schmächtige Bubi wird von Kindesbeinen auf verhöhnt: Kraftlos, ungeschickt und klein, wie er ist, wird aus ihm nie ein richtiger Mann. Als einige Damen ihn erneut mit seinen fehlenden Manneskräften aufziehen wollen, hilft Lucky Luke ihm mit wochenlangem Training auf die Beine. Doch der Muskelprotz, der nun aus ihm geworden ist, bleibt ein Sonderling, der nicht der Norm entspricht …

|“Olé Daltonitos“|

Gerade erst aus dem Gefängnis entlassen, überfallen die Daltons eine Kutsche mit vier begabten Stierkämpfern. In der nächsten Stadt nehmen sie deren ruhmreiches Leben an, müssen sich folgerichtig aber auch in der Arena beweisen – und das wird den vorlauten Banditen ehr schnell zum Verhängnis …

|“Ein Pferd verschwindet“|

Als Lucky Luke morgens aufwacht, findet er einen merkwürdigen Brief, den die Entführer von Jolly Jumper hinterlassen haben. Alsbald begibt er sich auf die Suche nach seinem geliebten Hengst, entdeckt aber nicht den Hauch einer Spur. Schließlich lacht er sich einen neuen Gaul an, der ihm bei der Wiederbeschaffung seines Vierbeiners helfen soll – und stößt dabei auf alte Bekannte …

|“Der Pony-Express“|

Der Postverkehr zwischen Ost- und Westküste lahmt und bringt vor allem den Empfängern der Sendungen reichlich Unruhe. Der erfinderische William H. Russell heckt einen Plan aus, nach dem die Kutschen demnächst innerhalb weniger Tage ihr Ziel erreichen sollen – und heuert hierzu niemand geringeren als Lucky Luke an. Gemeinsam wählen sie die schnellsten Reiter und geschicktesten Helden aus, mit deren Hilfe ein reibungsloser Transport gewährleistet werden soll. Doch die Betreiber der Eisenbahn versuchen alles, um die Pläne der Herrschaften zu sabotieren …

|“Gedächtnisschwund“|

Als die Daltons bei einem vergeblichen Ausbruchsversuch erfahren, dass Amnesie-Patienten problemlos aus dem Knast entlassen werden, spielen sie den Gesetzeshütern ebenfalls einen Gedächtnisschwund vor. Der Plan scheint zu funktionieren, da ihr zeitweiliger Aufpasser Lucky Luke keine verdächtigen Machenschaften bei seinen Beobachtungen entdecken kann. Dennoch bleibt der Cowboy hartnäckig und wartet auf das kleinste Indiz, welches die vier Brüder entlarven könnte …

_Persönlicher Eindruck:_

Die mittlerweile bereits 20. Folge der „Lucky Luke Gesamtausgabe“ hat es mal wieder in sich: Auf mehr als 150 Seiten verteilen sich zunächst vier Kurzgeschichten und schließlich die Komplettepisoden um den Pony-Express und die erfinderischen Daltons – und diese Mischung harmoniert sehr gut.

Gefallen findet man vor allem am Kontrastprogramm von Morris und Co. Es sind nicht ausschließlich die Daltons, die eine zentrale Rolle in den sechs Geschichten einnehmen, auch wenn sie hier und dort immer mal wieder präsent sind. Die Jahre 1987 bis 1991 haben ferner auch Episoden hervorgebracht, in denen Luke sich ganz anderen brisanten Situationen ausgesetzt sieht, so zum Beispiel im dauerhaften Kleinkrieg mit den Eisenbahn-Betreibern, die mit aller Macht versuchen wollen, die Konjunktur der Postkutsche zu untergraben. Genau jene illustrierte Erzählung ist schließlich auch das Highlight des schmucken Hardcover-Bandes, weil sie einerseits sehr erfinderische Wendungen nimmt, andererseits aber auch mit einem sehr ironischen Humor glänzt, der auch über die lockere Zunge der beiden Hauptdarsteller Lucky Luke und Jolly Jumper hinausgeht. Dem gegenüber ist die zweite Geschichte mit Überlänge nicht ganz so überragend, da es Morris gerade zum Schluss nicht mehr ganz so gut gelingt, die Kurve zu bekommen und die Story glaubhaft auf den Punkt zu bringen. Bisweilen muten die inhaltlichen Irrungen zu abgedreht an, und selbst wenn man dies als eines der Merkmale der „Lucky Luke“-Historie längst kennt, würde man sich wünschen, dass auf den letzten Seiten etwas mehr Stringenz geboten wäre.

Die Kurzgeschichten wiederum leben gerade wegen ihres Wortwitzes, ihrer charmanten Darsteller und den vielen Augenzwinker-Momenten auf. Wenn die übergewichtige Tochter ihrem Vater zeigt, was eine Harke ist und schließlich den Überfällen von Indianern ebenso trotz wie den rauen Sitten in den Saloons, bleibt kein Auge trocken. Aber auch die Wandlung vom Strich in der Landschaft zum Muskelprotz ist ein Augenschmaus, lediglich noch übertroffen von den unbeholfenen Daltons, die sich in der Arena vom Stier auf die Hörner nehmen lassen und sich ein weiteres Mal mehr zugemutet haben, als sie mit ihrer Cleverness und ihrer Aggressivität bewältigen können.

Hinzu kommen schließlich einige Anekdoten und Linernotes, in denen man ein wenig mehr über die historische Einordnung jener Comics erfährt, in denen aber auch der Wandel auf Seiten der Illustratoren dokumentiert wird. Claude Guylouis, der unter mehreren Pseudonymen eine entscheidende Rolle zu dieser Zeit spielte und die Geschichten um den coolen Helden mit dem weißen Hengst maßgeblich prägte, wird beispielsweise näher vorgestellt, weiterhin aber auch einige Randbemerkungen zu diesen drei hier versammelten Kapiteln angeführt. Dies in Kombination mit den sehr interessant gemischten, teils historisch belegten, teils humorvollen Themen macht auch die „Gesamtausgabe 1987-1991“ zu einem wertvollen Stück Comic-Geschichte, die sich nicht nur beinharte Fans der „Lucky Luke“-Reihe zwingend ins Regal stellen sollten!

|Hardcover: 158 Seiten
ISBN-13: 978-3770421527|
[www.ehapa-comic-collection.de]http://www.ehapa-comic-collection.de

Meyer, Kai – Herrin der Lüge

_Story:_

Gemeinsam mit ihrem Bruder Faun und ihrem strengen Vater reist die junge Saga von Stadt zu Stadt, um mit ihrem Gauklerzirkus ihren Lebensunterhalt einzustreichen. Auf der Burg Lerch hat die Reise jedoch ein jähes Ende: Faun wird für eine Gaunerei eingekerkert, seine Schwester ebenfalls für schuldig erklärt. Doch die Herrscherin Violante erfährt alsbald von Sagas besonderer Fähigkeiten, die Menschen mit ihren Lügen zu vereinnahmen. Der ihr eigene Lügengeist soll dazu dienen, neue Mitstreiter zu manipulieren und ein Heer von Jungfrauen anzuwerben, mit denen Violante schnellstmöglich ins Heilige Land einmarschieren will, um ihren schmerzlich vermissten Gatten zu suchen. Saga soll die neue ‚Magadalena‘ werden, eine ganze Armee anführen und schließlich als Machtwerkzeug der Gräfin zur Geheimwaffe werden.
Ohne jegliche Alternative lässt sich das junge Mädchen auf den Pakt ein und führt tatsächlich in wenigen Tagen eine kleine Streitmacht zusammen, die gemeinsam mit ihr und Violante nach Jerusalem ziehen soll. Allerorts schließen sich neue Frauen dem Lügenmarsch an, lassen sich verführen und von der vermeintlich edlen Motivation beeindrucken. Doch die Reise ist beschwerlich und fordert nicht nur Durchhaltevermögen, sondern auch das Geschick in der Schlacht. Eine Menge Blut muss fließen, bis das feminine Heer im Land der Kreuzzüge Station machen kann, nur um dort eine furchtbare Wahrheit anzuerkennen …

Derweil hat sich Faun aus dem Kerker der Burg befreien und die Verfolgung aufnehmen können. Unterwegs trifft er die geheimnisvolle Tiessa, mit der er die Reise, immer dicht auf den Fersen seiner Zwillingsschwester, fortsetzt. Lediglich der Wunsch und der unbändige Wille, Saga aus den Klauen ihrer neuen Vorgesetzten zu befreien und weiteres Unheil abzuwenden, treibt ihn weiter an. Doch auch er muss feststellen, dass eine Menge Opfer gebracht werden müssen, um dem Pfad der Jungfrauen weiter folgen zu können – und dass Saga inzwischen nicht mehr die Person ist, die seinerzeit mit ihm von Burg zu Burg gewandert ist …

_Persönlicher Eindruck:_

Dass Kai Meyer zu den wohl bedeutsamsten Autoren auf dem hiesigen Markt zu zählen ist, bedarf sicher keiner expliziten Erwähnung mehr. Seine Romane, die immerzu von einer Kombination aus düsteren Fantasy-Elementen, historischer Grausamkeit und einer immensen Abenteuerlust gezeichnet sind, finden regelmäßig ihre Position in den Bestseller-Listen und sind längst mehr als Geheimtipps für geschichtlich interessierte Buchliebhaber.

„Herrin der Lüge“ reiht sich nun perfekt in die Anthologie des Schreibers ein und gehört zu den ambitioniertesten, aber auch heftigsten Werken, die seiner Feder bis dato entsprungen sind. Die Geschichte ist fiktiv, wenn auch in einem realen Setting platziert, bewahrt sich aber diese typische Härte und diese dichte Atmosphäre, für die sein Werk in all den Jahren immerzu gerühmt wurde. Und dennoch: Irgendwie ist das 800 Seiten starke Mammut-Stück im Katalog eines Kai Meyer immer noch etwas Besonderes.

Wirklich hervorzuhaben sind hier zu aller erst die feinen Charakterzeichnungen, die sich in „Herrin der Lüge“ auch über die offenkundigen Protagonisten hinweg bewegen. Natürlich sind es Faun und besonders Saga, dazu die tyrannische Violante und die schüchterne, undurchdringliche Tiessa, die mit viel Liebe zum Detail ihr Profil gemalt bekommen. Aber überdies gibt sich Meyer auch unheimlich viel Mühe, all die Weggefährten, Randfiguren und Streckenpartner in Szene zu setzen, die allesamt eine mehr oder weniger elementare Rolle in der Geschichte einnehmen. Der Autor erzielt durch diese personenverliebte Darstellung schnell individuelle Sympathiewerte, selbst bei denjenigen Charakteren, deren Motive eher anrüchig oder gar egoistisch und abstoßend sind, schlichtweg, weil man sich schnell in deren eingängige Positionen hineinversetzen kann. Selbst Violante, zu der man aufgrund ihrer selbstverliebten Züge und ihrer kompromisslosen Vorgehensweisen schnell eine Abneigung entwickeln sollte, findet eine gewisse Identifikation, da ihr handeln jederzeit nachvollziehbar bleibt und zwischenzeitlich auch menschliche Züge ausgegraben werden, die man bei einer offensichtlich bösen Persönlichkeit nicht dringend vermutet.

Ähnlich umfangreich gestaltet Meyer daher auch die Schauplätze und die teilweise sehr kontrastreichen Szenarien. Obschon Saga und Faun mit ihrer jeweiligen Anhängerschaft die gleichen Orte bereisen und identische Stationen antreffen, weicht die Beschreibung und Präsentation der einzelnen Stätten dank einer völlig anderen Schwerpunktgestaltung doch immens voneinander ab. Der Autor gibt einem nie das Gefühl, zwei gleiche Begebenheiten ein zweites Mal zu erleben, wenngleich dies rein logistisch betrachtet permanent auf der Hand liegt. Doch mit viel Fantasie, der Gabe, jedes kleinste Detail sehr markant und einprägsam zu gestalten, und schließlich dem Umstand, sehr ausschweifend zu werden, ohne den Kern aus den Augen zu verlieren, entwickeln sich selbst die kleinen Dinge in „Herrin der Lüge“ zu einem atemberaubenden Erlebnis, welches auch abseits des inhaltlichen Themenschwerpunkts viele Highlights postiert. Was dies betrifft, ist Kai Meyer erwartungsgemäß wieder sehr souverän und gerade zum Schluss unantastbar.

Bleibt noch der enorme Umfang des Buches, der auch im Hinblick auf das nicht wirklich komplexe Storyboard, viele Tücken in sich birgt, über die der Autor aber niemals stolpert. Vermeintliche Längen werden durch rasante Wechsel und spektakuläre Wendungen umschifft, zunächst weniger bedeutsam anmutende Entwicklungen behalten ihre Spannung dank der angesprochenen Detailverliebtheit, die bereits zu Beginn sehr komplett erscheinenden Charaktere liefern dennoch immer wieder Raum für Wachstum, und da die Geschichte bis zur letzten Seite auch nicht durchschaubar ist, sind die Aufregung und das Abenteuer in jedem kleinen Fetzen des Buches garantiert. Damit ist Meyer mal wieder das gelungen, woran ein mittlerweile recht hoher Teil der historisch motivierten Schreiber scheitert: Die Vergangenheit lebendig zu machen, die Phantastik real erscheinen zu lassen und darüber hinaus Figuren zu erschaffen, die auch nachhaltig in Erinnerung bleiben. Ob „Herrin der Lüge“ daher Meyers bestes Werk ist, mag man angesichts seines hochwertigen Katalogs nun nicht behaupten. Fakt ist jedoch, dass der deutsche Autor wiederholt eine Geschichte kreiert hat, die zur saisonalen Spitze gehört, aber auch darüber hinaus als zeitloses Werk Gewicht haben wird. Stark! Einfach nur sehr stark!

|Broschiert: 848 Seiten
ISBN-13: 978-3404158911|
[www.luebbe.de]http://www.luebbe.de

_Kai Meyer bei |Buchwurm.info|:_
[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Dschinnland“ 5340 (Die Sturmkönige 1, Buchfassung)
[„Dschinnland“ 5635 (Die Sturmkönige; inszenierte Lesung zu Band 1)
[„Wunschkrieg“ 5744 (Die Sturmkönige 2, Buchfassung)
[„Wunschkrieg“ 5641 (Die Stürmkönige; inszenierte Lesung zu Band 2)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)
[Das Wolkenvolk – Seide und Schwert, Buch 1: „Wisperwind“ 5809 (Graphic Novel)

|Die Alchimistin – Das Hörspiel:|
1) [„Der Stein der Weisen“ 5052
2) [„Das Erbe des Gilgamesch“ 5155
3) [„Die Katakomben von Wien“ 5220
4) [„Das Kloster im Kaukasus“ 5263
5) [„Die Unsterbliche“ 5379
6) [„Die Schwarze Isis“ 5406
7) [„Der Schatz der Templer“ 5427
8) [„Der Alte vom Berge“ 5448

|Die Sieben Siegel|:
01 [„Die Rückkehr des Hexenmeisters“ 6209
02 [„Der schwarze Storch“ 6210
03 [„Die Katakomben des Damiano“ 6211
04 [„Der Dornenmann“ 6212
05 [„Schattenengel“ 6213
06 [„Die Nacht der lebenden Scheuchen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6580
07 [„Dämonen der Tiefe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6581
08 [„Teuflisches Halloween“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6582
09 [„Tor zwischen den Welten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=6583