Mina, Denise – In der Stille der Nacht

_Das geschieht:_

Eddy, Pat und Malki, drei perspektivlose Loser aus dem schottischen Glasgow, lassen sich für eine Entführung anheuern. Einen gewissen „Bob“ sollen sie kidnappen, doch als sie nervös und überstürzt in das vom Auftraggeber angegebene Haus stürmen, finden sie dort nur die pakistanische Immigrantenfamilie Anwar vor. In ihrer Panik schnappen sie sich Aamir, den Vater, und verschleppen ihn.

Die polizeiliche Ermittlung müsste eigentlich Detective Sergeant Alex Morrow übernehmen. Ihr Vorgesetzter DSI MacKechnie, mit dem sie im Streit liegt, übergeht sie und übergibt den Fall dem weniger begabten aber pflegeleichten Karrieristen Grant Bannerman, den Morrow noch heftiger verabscheut. Dennoch kann sie die offensichtlichen Fehler des Kollegen weder ignorieren noch ihre Neugier zügeln.

Wer ist „Bob“, für den absurde 2 Mio. Pfund Lösegeld gefordert werden, die nun für den Vater zu zahlen sind? Hat die Familie etwas mit der Entführung zu tun? Hinter der kultivierten Kulisse der Anwars treten diverse Brüche hervor. Die in ihrem schottischen Umfeld nur scheinbar integrierte Gesellschaft praktiziert neuerdings wieder den islamischen Glauben. Die misstrauische Polizei wittert terroristische Umtriebe, und auch Morrow hält Omar und Billal, Aamirs Söhne, für verdächtig.

Inzwischen gerät Aamir in Lebensgefahr. Der Auftraggeber weigert sich, ihn statt „Bob“ in seine Obhut zu nehmen. Die drei Kidnapper stehen mit einer überzähligen Geisel dar. Während der besonnene Pat eine Eskalation zu verhindern sucht, denkt der psychotische Eddie an Mord. Nachdem Bannerman mit seiner nassforschen Methode scheitert, holt MacKechnie Morrow im Wettlauf mit der Zeit zurück ins Ermittlungs-Boot. Doch eine wahre Lügen-Flut vernebelt den Fall, während Aamir beschließt, sich gegen seine Peiniger zu wehren …

_Schottische Umtriebe im Dauerregen_

In die noch zahlenschmale Riege schottischer Kriminalpolizisten reiht sich hiermit eine weitere Serien-Ermittlerin ein: Alex Morrow ist die Apotheose sämtlicher mürrischer, psychisch aus dem Lot geratener, von den Kollegen gemiedener und von den Vorgesetzten gehasster, privat auf Grund gelaufener Krimi-Helden. Was genau ihr zugestoßen ist, hält uns die Verfasserin zunächst vor. Als sie die Katzen nach und nach aus dem Sack lässt, haben wir das Interesse bereits verloren.

Dies ist das erste mehrerer Warnsignale, die schließlich in der erstaunlichen Erkenntnis münden, dass „In der Stille der Nacht“ ein guter Krimi aber keine erfreuliche Lektüre darstellt. Zwar ist der Plot gut konstruiert und wird mit den dem Genre geschuldeten Verzögerungen und Verwicklungen entwickelt. Das Ergebnis lässt dennoch seltsam kalt.

Liegt es daran, dass Denise Mina sich höchstens am Rande für das Krimi-Element ihrer Geschichte interessiert? Moderne Krimis schwelgen gern und manchmal zu ausgiebig in Gesellschaftskritik und Politikverdrossenheit. Bis zur Seifenoper ist der Weg nicht weit und die Fahrbahndecke schlüpfrig. Doch nicht deshalb kommt Mina ins Rutschen. Sie meint es in jeder Sekunde bitterernst mit ihrem doppelten Psychogramm einer exotisch-dysfunktionalen Familie und einer gestörten Polizistin.

|Spaß bleibt ausdrücklich ausgeschlossen!|

„Bitterernst“ ist das Stichwort. Denise Mina suhlt sich förmlich in der Gefühlskälte der Gegenwart. Auch Ian Rankin oder Stuart MacBride, die ihre Krimis ebenfalls in Schottland ansiedeln, verschließen nie die Augen vor den Schattenseiten des modernen, globalisierten, urbanen Alltags. Sie gönnen ihren Lesern allerdings Erholungspausen, die sie mit durchaus schwarzem Humor so unterhaltsam gestalten, dass die grundsätzliche Stimmung ihrer Geschichten darunter nicht leidet.

Mina verweigert ihrer Leserschaft jede Ablenkung. Immer neue Abgründe deckt sie stattdessen auf. Dies sorgt u. a. für einen Krimi, dessen gesamtes, kriminelles wie kriminologisches Figurenpersonal unsympathisch ist. Damit erregt die Autorin zweifellos unser Interesse, aber sie stößt ihre Geschichte gleichzeitig und buchstäblich in eine Grauzone. Trübsinnig schleppt sie sich dahin, während die ermittelnde Beamtin diverse Gangster trifft, sich mit dem Chef anlegt, den Kollegen hasst und den Gatten schurigelt. Für alle diese Finsternis gibt es gute Gründe, aber da wir unter ihnen förmlich begraben werden, wollen wir lieber flüchten als uns auf sie einlassen.

|Noch mehr Elend als Hirngepäck|

Eine ‚Glanzleistung‘ stellt übrigens wieder einmal die ‚Übersetzung‘ des Titels dar. In der Nacht des Überfalls auf die Familie Anwar geht es alles andere als still zu, und auch in den nächsten Nächten bleibt es turbulent. Tatsächlich spielt der Originaltitel „Still Midnight“ auf die Geisterstunde in der Seele von Aamir Anwar an, der als Flüchtlingskind erlittenen Gräuel auch nach Jahrzehnten nur oberflächlich verarbeitet hat aber nie überwinden konnte; als Entführungsopfer wird er in diese dunkle Zeit zurückgeworfen.

Mina entwirft sehr aufwendig, solide recherchiert und politisch überaus korrekt das Psychogramm eines Mannes, der in Pakistan geboren wurde, mit der Familie nach Uganda auswanderte und dort in einen Bürgerkriegsterror geriet, dem er allein entkommen konnte. Nach Aamirs Ansicht hat er sich das Leben auf Kosten der Mutter erkauft; Mina zeichnet folgerichtig das Bild eines Mannes, der sich für sein Überleben schuldig fühlt. Dazu gehören seitenlange Rückblenden auf Aamirs Kindheit, die sicherlich (bzw. selbstverständlich) ernst gemeint aber – so ketzerisch es klingen mag – langweilig sind. In Aamirs Kopf läuft immer und immer wieder der Film des erlittenen Schicksals ab. Der Leser hat schon nach dem ersten Mal begriffen.

|Die Sorgen der nächsten Generation|

Immerhin widersteht Mina der Verlockung, den Plot mit einer 9/11-Motivdecke zu unterfüttern. Nahe hätte es gelegen: Eine islamische Familie steckt in einem nicht nur latent misstrauischen Umfeld. Das daraus resultierende Unrecht böte zuverlässig Stoff für ein gegenseitiges Aufschaukeln von Verdacht und Gewalt. Hier bricht Mina mit den Erwartungen. Die Anwars sind nur zum Teil fromm, und Terrorismus spielt keinerlei Rolle. „In der Stille der Nacht“ bleibt in diesem Punkt ganz Krimi, das Verbrechen ungemein irdisch.

Tatsächlich sind die Anwars bereits besser integriert als ihnen lieb ist: Die schottische Unterwelt kennt keine Berührungsängste. Mina gelingt die Darstellung einer gänzlich glanzlosen kriminellen Realität: Brutale Proleten scheffeln Geld mit der gleichgültigen Ausbeutung und Misshandlung von Menschen. Sie haben keinen Stil, kennen keine Ganovenehre. Nicht nur für die Polizei, sondern auch für diese ‚etablierten‘ Verbrecher sind Eddy, Pat und Malki Instrumente, derer man sich bedient und entledigt.

Ähnlich trostlos sieht bei Mina der Polizeialltag aus. Jeder ist sich selbst der Nächste. Von oben wird getreten und der Druck nach unten weitergegeben. Seilschaften werden gebildet und gepflegt, Konkurrenten gemobbt, Ermittlungsergebnisse eifersüchtig gehortet. Alex Morrow gliedert sich perfekt in dieses Umfeld ein. Sie ist höchstens noch ein wenig hinterlistiger. Den Unterhaltungswert dieser Geschichte steigert das freilich nicht.

|Am Ende ist alles umsonst|

Die rumpelt ohnehin in Düsternis ihrem Finale entgegen. „In der Stille der Nacht“ ist ein „Whodunit“, denn unsere drei untalentierten Entführer haben einen Hintermann, der bis zum Schluss unsichtbar und unbekannt bleibt. Weil Mina mit dem sprichwörtlichen Zaunpfahl nicht nur winkt, sondern kräftig um sich schlägt, ist außerdem schnell klar, dass jemand in der Anwar-Sippe Dreck am Stecken hat. Pflichtschuldig werden beide Fragen beantwortet. Der Leser fragt sich unwillkürlich, ob dieser Sieg der Gerechtigkeit notwendig ist: Wäre die Strafe für alle Beteiligten nicht größer, beließe Mina sie im breit ausgemalten Elend?

Oder sind es die beiden angeflanschten Happy-Endings, die uns irritieren? Nachdem wir von der Autorin über 400 Seiten wie das Schnitzel im Paniermehl in Tristesse gewälzt wurden, bricht plötzlich die Wolkendecke über DS Morrow auf. Wen es interessiert, wie und ob der seelische Notstand beendet wird, darf sich auf ihren neuen Fall freuen, der 2011 unter schönen Titel „The End of the Wasp Season“ (dt. „Blinde Wut“) erschienen ist.

_Autorin_

Denise Mina wurde 1966 im schottischen Glasgow geboren. An der dortigen Universität studierte sie Jura. Dort nutzte sie ihr Doktoranden-Stipendium, um einen ersten Kriminalroman zu schreiben. „Garnethill“ (dt. „Schrei lauter, Maureen“) erschien 1999 und wurde von der „Crime Writers‘ Association“ mit einem „John Creasy Dagger“ für das beste Krimi-Debüt des Jahres ausgezeichnet. Mina baute „Garnethhill“ 2000 und 2001 zur Trilogie aus.

Zwei nicht seriengebundenen Krimis folgte 2005 „The Field of Blood“ (dt. „Der Hintermann“), der erste, 2010 für das britische Fernsehen auch verfilmte Roman um die Journalistin Patricia „Paddy“ Meehan. 2009 begann Mina eine dritte Serie um die Glasgower Kriminalpolizistin Alex Morrow.

Mina schreibt nicht nur Kriminalromane, sondern auch Comics. So textete sie ein Jahr für die Serie „Hellblazer“ und lieferte die Vorlagen für verschiedene Comic-Romane. Weiterhin verfasst sie Texte für Radio und Fernsehen und legte 2006 ein erstes Theaterstück vor.

|Taschenbuch: 477 Seiten
Originaltitel: Still Midnight (London : Orion Books 2009)
Übersetzung: Conny Lösch
ISBN-13: 978-3-453-43490-5

Als eBook: Juli 2010
ISBN-13: 978-3-641-04750-4|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne
[www.denisemina.co.uk]http://www.denisemina.co.uk

_Denise Mina bei |Buchwurm.info|:_
[„Refugium“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=928
[„Der Hintermann“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4192

Bec, Christophe – Challenger-Tiefe, Die (Carthago 2)

_|Carthago|:_
01 [„Die Lagune der Fortuna“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7102
02 [„Die Challenger-Tiefe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7103

_Story:_

Kim Melville und ihre Mannschaft scheinen nach der Attacke des urzeitlichen Megalodons aussichtslos den Tiefen des Meeres ausgeliefert, als in letzter Sekunde schließlich doch noch die unverhoffte Rettung naht. Doch das Team um den Abenteurer London Donovan hat mehr im Sinn als lediglich die Rettung der Passagiere des Forschungstrupps. Unter dem Regeiment des österreichischen Multimillionärs Wolfgang Feiersinger, in dessen Schuld Donovan infolge eines gefährlichen Rettungsversuchs am Kailash-Massiv immer noch steht, plant die Mission, tatsächlich ein Exemplar des Megalodons einzufangen und für wissenschaftliche Zwecke auszunutzen. Feiersinger und seine Begleiter sind in ihren Aussagen überzeugend und verfügen über ein sehr ausgeprägtes Wissen um die Entwicklung einiger urzeitlichen Lebewesen, die allgemein als ausgestorben gelten. Doch gegen Melville sprechen noch mehrere Fakten: Feiersinger hat ihre Tochter in den Karpaten verscharrt und verwendet sie als Druckmittel gegen die renommierte Meeresbiologin …

_Persönlicher Eindruck:_

Analog zur ersten Episode aus Christophe Becs aktueller Serie „Carthago“ steuert der Autor auch im zweiten Teil „Die Challenger-Tiefe“ mit höchstem Tempo vorwärts und hält an den stringenten Entwicklungen von „Die Lagune auf Fortuna“ konsequent fest. Die bis dato noch nicht vorhergesehene, zwingend notwendige Wendung erfolgt unterdessen direkt zu Beginn des angeschlossenen Strangs. Melville und ihr Team werden aus ihrer misslichen Lage befreit und zur Kompromissbereitschaft gezwungen – ein Teil des Plots, auf den Bec sich im weiteren Verlauf nahezu ausschließlich konzentriert. Und ausgerechnet dieser Umstand trägt nicht gerade dazu bei, dass „Carthago“ im Hinblick auf den Spannungsaufbau weitere Fäden aufnimmt.

Denn so knapp und bündig der Einschnitt in die Story auch eingeworfen wird, so langatmig gestaltet sich letzten Endes die weiterführende Ausschmückung. Die Diskussionen zwischen Feiersinger, Donovan und Melville machen die Geschichte zwar vorerst aufschlussreich, ziehen sich dann aber immer weiter in die Länge, ohne die Story damit entscheidend voranzubringen. Das Pro und Contra scheint klar, die letztendliche Entscheidung ist aber auch nur aufgeschoben, schließlich vorhersehbar und im Hinblick auf den gesamten Komplex auch noch gehörig spannungsarm. Selbst die zwischendurch eingeworfenen Nebenschauplätze, die das bereits zuvor angestachelte Mysterium um „Carthago“ belebt haben, können hier keine Entlastung erzielen, zumal die Verbindung zur eigentlichen Story in keinem Fall faktisch hergestellt wird. Und auch das ist ein Problem.

Herausreißen muss es daher Eric Henninot, dessen fabelhafte Illustrationen der Story einen wunderbaren Phantastik-Anstrich verpassen und den Inhalt viel farbenfroher gestalten, als Bec es mit seinen textlichen Ausführungen zu füllen vermag. „Die Challenger-Tiefe“ bringt die Serie daher nur insofern weiter, dass die Story neue Gesichtspunkte geschenkt bekommt, die eine inhaltliche Stagnation vermeiden. Eine bis dato noch nicht ganz ausgereifte Handlung jedoch kontinuierlich weiterzuentwickeln kann der Autor aber mit dieser nicht ganz so gut gelungenen Fortsetzung jedoch nicht,

|Graphic Novel: 56 Seiten
ISBN-13: 9783868691016|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

_Christophe Bec bei |Buchwurm.info|:_
|Prometheus|
01 [„Atlantis]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=6432
02 [„Blue Beam Project“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=6433

Bec, Christophe – Lagune auf Fortuna, Die (Carthago 1)

_|Carthago|:_
01 [„Die Lagune der Fortuna“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7102
02 [„Die Challenger-Tiefe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7103

_Story:_

Während die Erde immer schneller auf eine verheerende ökologische Katastrophe zusteuert, bemühen sich die führenden Energiekonzerne darum, die letzten Ressourcen abzubauen und den Nährboden von Mutter Natur bis in die letzte Faser auszuschöpfen. Das Unternehmen Carthago hat sich auf die Förderung von Unterwasser-Rohstoffen spezialisiert und bohrt derzeit in der Schlucht von Arunkulta, als vier Taucher eine schreckliche Entdeckung machen. Bei der Untersuchung eines Wracks stoßen sie auf eine mysteriöse Höhle und verschwinden kurz darauf für unbestimmte Zeit. Bei der Bergung einer ihrer Leichen entdecken die Forscher schließlich den Zahn eines Megalodons, des mächtigen Vorfahren des weißen Hais, der seit Menschengedenken ausgestorben ist – oder sein soll.

Die Betreiber des Unternehmens verschleiern die Entdeckung jedoch aus der Furcht heraus, dass die jährliche Gewinnspanne hiervon maßgeblich beeinträchtigt werden könnte. Erst viel später bekommt eine militante Umweltorganisation Wind von der Sache und begibt sich ebenfalls an die besagte Stelle im Südpazifik. Doch das naive Team aus fanatischen Öko-Aktivisten scheint nicht wirklich zu ahnen, wie gravierend all das tatsächlich ist, was sich in den bis dato unbehelligten Tiefen des Meeres verbirgt …

_Persönlicher Eindruck:_

Zugegeben: Man kann Christophe Bec in vielen Teilen seines neuen Comic-Epos „Carthago“ vorwerfen, dass er seine Handlung aus der Vorlage vieler bekannten Geschichten zusammenstellt. Doch andererseits ist die Aufmachung bzw. die Präsentation der Story entscheidend, und jene lässt sich im ersten Band seiner neuen, insgesamt auf sechs Episoden angelegten Serie schon sehr gut an.

Gekonnt ist hierbei vor allem die Art und Weise, wie Bec die einzelnen Handlungsstränge miteinander verknüpft und einige bis dato undurchschaubare Mysterien in den Plot integriert. Die Geschichte beginnt prähistorisch und zeigt besagtes Seeungeheuer bei einem Beutezug, dazu eine Jagdszene in einer Eiswüste und schließlich den Sprung ins 20. Jahrhundert, der schließlich auch den Kern der Reihe darstellt. Hierbei ist der Autor auch relativ detailbesessen und schenkt den einzelnen Fäden genügend Aufmerksamkeit, um die Handlung stringent voranzubringen und sich mit den offenkundig tragenden Charakteren vertraut zu machen – auch wenn man noch nicht so recht weiß, inwiefern hier Sympathien zu verteilen sind bzw. in welche Richtung die Motive der einzelnen Handelnden gerichtet sind.

Auf der einen Seite erfährt man vom tragischen Unglück der vier Carthago-Angestellten und der Reaktion ihrer Vorgesetzten auf den Vorfall. Auf der anderen Seite stehen schließlich die Umweltaktivisten, die den historischen Fund für wissenschaftliche Zwecke nutzen wollen, aber offensichtlich noch gar nicht einschätzen können, auf welche Treibjagd sie sich bei ihren Forschungen eingelassen haben. In diesen Punkten bekommt der Leser dann auch schnell Klarheit, da Bec großen Wert auf Transparenz legt und erst gar nicht versucht, Teile der Szenarien zu verschleiern oder einen Komplex zu erstellen, dder zu undurchsichtig erscheint. Erst im weiteren Verlauf kommt es zu kurzen Einsprengseln, die Fragen aufwerfen und sich zunächst auch fernab des Hauptplots bewegen. Eine Szene aus Frankreich, die eine Ansammlung von gestrandeten Walleichen zeigt, dazu ein Eingeborenenstamm, der das Ende der Welt verkündet – all dies macht die größtenteils vorhersehbar ausgemalte Story erst spektakulär und bringt ihr auch erst das Potenzial, sich langfristig spannend zu halten.

Letztgenanntes entpuppt sich nämlich zunächst noch als große Unbekannte: Die Story schreitet im Eiltempo vorwärts, viele Situationen und Begebenheiten bedürfen dementsprechend keiner weiteren Klärung mehr, und man gewinnt schnell den Eindruck, dass die Messe in „Carthago“ schneller gelesen ist, als eine Fülle von weiteren Kapiteln es überhaupt ermöglichen könnte. Bec sollte noch einige Trümpfe in der Hinterhand haben, die den weiteren Verlauf der Serie wendungsreich und vielschichtig gestalten, um diesem anfänglichen Dilemma alsbald entfliehen zu können – und dies ist bis hierhin noch nicht so leicht vorstellbar. Allerdings mag man sich hier für die Zukunft überraschen lassen und die bleibenden, guten Eindrücke von „Die Lagune auf Fortuna“ mitnehmen. „Carthago“ ist zu diesem Zeitpunkt zwar noch weit davon entfernt, ein Meilenstein der Comic-Geschichte zu sein. Doch als Erweiterung des qualitativ jederzeit hochwertigen Splitter-Programms ist dieser neue Sechsteiler auf jeden Fall eine nähere Betrachtung wert.

|Graphic Novel: 55 Seiten
ISBN-13: 978-3868691009|
[www.splitter-verlag.eu]http://www.splitter-verlag.eu

_Christophe Bec bei |Buchwurm.info|:_
|Prometheus|
01 [„Atlantis]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=6432
02 [„Blue Beam Project“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=6433

Kuhn, Oliver; Reinwarth, Alexandra; Fröhlich, Axel – große Brocklaus, Die – Das komplett erfundene Lexikon

Wenn man parodiert wird, hat man es irgendwie geschafft. Das trifft nicht nur für Personen zu. In diesem Fall erwischte es das altehrwürdige Brockhaus-Lexikon, welches seit Jahrzehnten eine Institution in seinem Bereich ist. Diese heilige Kuh unter den deutschen Vorzeige-Wissenssammlungen führt das Autoren-Trio Fröhlich/Kuhn/Reinwarth nun frech aufs Eis. Dem Original äußerlich sehr ähnlich, schummelten die drei ein entfremdendes „L“ in den berühmten Namen. Et voilà. „Die große Brocklaus – Das komplett erfundene Lexikon“ erschien 2010 als Leinen gebundenes Hardcover bei |Droemer| – und entgegen dem umfangreichen Vorbild in nur einem einzigen Band, welcher aber immerhin über 400 Seiten umfasst.

_Zum Inhalt_

Bereits der hintere Einband verrät, was den Leser erwartet: „Ein Leben ohne Brocklaus ist möglich, aber witzlos – |Viggo von Besser-Wisser|“ behauptet der gefakte Pressekommentar, wie er auf Büchern inzwischen Usus ist, keck. Dieser Spruch ist unverkennbar eine schlitzohrige Verballhornung des berühmten Loriot-Zitats. Und auch der ebenso frei erfundene „Prof. Roman Tisch“ seines Zeichens „Staatsminister für Kunst und Kultur“, des uns im Inneren immer wieder als Running Gag begegnenden Jux-Staates „Vulgarien“, weiß an gleicher Stelle zu schwärmen: „Wenn Sie Molwanien kennen, dann werden Sie dieses Buch lieben“. Na denn. NB: Witzigerweise ist eben jenem Quatschland übrigens kein eigener Beitrag zuteilgeworden.

Es gibt aber dennoch mehr als genug andere eingestreute Querverweise, und somit zu lachen, denn natürlich ist das Buch aufgebaut wie ein Standard-Lexikon: Mit alphabetischer Sortierung der Stichworte, (s/w) Illustrationen auf jeder Seite, einen Farbtafelteil in der Mitte und erklärenden Anhängen und allem Pipapo. Selbstverständlich, vom Hauptteil des Buches bis hin zu den Appendices, vollkommen aus der Luft gegriffenem Inhalts. Lediglich das Impressum der Mitwirkenden ist zum Teil echt, nämlich exakt im Punkt „Chefredaktion“ – nicht jedoch die Liste der angeblichen Autoren, bei denen es mächtig kalauert. Angebliche Professoren wie ein „Karl Auer“, eine „Martha Hari“, „Heinz Ellmann“ oder spätestens „Tim Buktu“, lassen wohl auch naivere Naturen Lunte riechen, dass jene umfangreiche Liste erstunken und erlogen ist.

Das Werk ist die alleinige Show der drei Autoren, die sich dafür auch nicht zu schade waren, sich – vorwiegend – höchst daselbst in oftmals schräger Maskerade und ebensolchen Posituren ablichten zu lassen, um ihre fiktiven Wissensbeiträge mit entsprechendem Bildmaterial auszustatten. Die Nonsens-Begriffserklärungen und haarsträubenden Personalien haben es dann genauso faustdick in sich, wie das Trio offensichtlich hinter den Ohren. Eine erweiterte Allgemeinbildung ist nicht zwingend Pflicht, erhöht den Lesespaß aber erheblich, da manche Herleitung oder Wortspielerei erst mit entsprechendem (insbesondere Sprach-)Vorwissen erst richtig wirkt und das Zwerchfell mitunter heftig strapaziert. Es lohnt sich definitiv zwischen den Zeilen zu lesen, damit nicht irgendein subtil-linguistischer Gag vielleicht unentdeckt bleibt.

Verständlicherweise läuft man bei einer solchen Parodie auch gern einmal Gefahr, den einen oder anderen Rohrkrepierer zu produzieren. Deren Anzahl hält sich hier in erfreulich engen Grenzen, was selbstredend auch immer stark vom individuellen Leser und dessen Humorverständnis abhängt. Wirklich grobe Plattitüden oder gar plumpe Obszönitäten findet man hingegen überhaupt nicht. Sollte es doch mal unter die Gürtellinie gehen oder es politisch-gesellschaftliche Spitzen geben, so sind diese meist schön feinsinnig verpackt – ein Effekt, der durch die pseudowissenschaftliche Schreibe logischerweise voll unterstützt wird. Auch die Kontinuität bestimmte Termini immer wieder anzutreffen (siehe „Vulgarien“) trägt ihr Scherflein dazu bei, dass das erfundene Lexikon – bei all seiner naturgegebenen Fiktivität – in sich doch recht glaubwürdig daherkommt.

_Fazit_

Die „Brocklaus“ definiert das berühmte |needless knowledge| neu und erhebt es in eine neue Dimension, die des „total needless and faked knowledge“. Was einerseits die Lachmuskeln massiert aber andererseits auch die Frage aufwirft, für wen das Buch denn nun zu empfehlen sei. Immerhin ist die Investition von 20 Euro für ein im Prinzip vollkommen sinnloses (aber nicht sinnfreies) Lexikon kein Sonderangebot. Besitzer der mehrbändigen Original-Enzyklopädie vielleicht, so als abschließendes i-Tüpfelchen, denn die haben offensichtlich Kohle genug – ob’s für Humor auch noch reicht, dürfte sich dann weisen. Unterhaltsam ist das gute Stück allemal, auch wenn man nur wenig praktischen Nutzwert daraus beziehen kann – doch dafür wurde es schließlich auch nicht erdacht.

|Hardcover: 416 Seiten
ISBN 978-3-426-27471-2|
[www.droemer.de]http://www.droemer.de

_Oliver Kuhn bei |Buchwurm.info|:_
[„Arschgeweih – Das wahre Lexikon der Gegenwart“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4162
[„Alles, was ein Mann wissen muss“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6848

Eric Frank Russell – Gedanken-Vampire

Russell Gedankenvampire Cover kleinDas geschieht:

Im Mai des Jahres 2015 fallen – zunächst unbemerkt – berühmte Wissenschaftler seltsamen ‚Unfällen‘ und ‚Selbstmorden‘ zum Opfer. Bill Graham, Agent der Finanz- und Kreditabteilung der US-Regierung, wird in New York zufällig Zeuge eines solchen Todesfalls und reagiert berufsbedingt neugierig.

Während Leutnant Wohl, der für die Kriminalpolizei im Fenstersturz des Dr. Irwin Webb ermittelt, Wahnsinn oder Drogen als Ursache vermutet, entdeckt Graham die Spuren einer bizarren Verschwörung: Die Todesserie begann mit dem schwedischen Physiker Peter Bjornsen, der als Koryphäe auf dem Gebiet der Optik galt. Er hatte versucht, das Sichtspektrum des menschlichen Auges zu erweitern und war dabei sehr erfolgreich gewesen.

Als weitere Wissenschaftler sterben, die nachweislich mit Bjornsen in Kontakt standen, wird Graham dem US-Geheimdienst überstellt: Die Regierung ist über den akademischen Aderlass besorgt und wünscht rasche Aufklärung. Graham findet einen Forscher des Bjornsen-Kreises, der lang genug lebt, um ihn über die Vitonen aufzuklären: Tief im sonst für den Menschen unsichtbaren Infrarot-Spektrum des Lichts entdeckte Bjornsen blaue Energiewesen, die nicht nur intelligent, sondern auch außerirdischen Ursprungs sind. Seit sie auf die Erde kamen, förderten die Vitonen Konflikte und Kriege, denn sie ernähren sich von den dabei freigesetzten Emotionen.

Auf die Tatsache ihrer Entdeckung reagieren die Vitonen erwartungsgemäß unfreundlich. Fatalerweise können sie das menschliche Hirn nicht nur manipulieren, sondern auf geringe Entfernung auch Gedanken lesen. Wer ihnen in die Quere kommt, kann deshalb rasch ausgeschaltet werden. Dessen ungeachtet bricht ein weltweiter, entbehrungsreicher Kampf um die Freiheit der Menschheit aus …

Böse Geister in harten Zeiten

Die Science Fiction galt einmal als Genre, das der Gegenwart ‚Informationen‘ über den Alltag der Zukunft liefern konnte. Diese Ansicht war vor allem in der „Goldenen Ära“ der SF vor dem II. Weltkrieg verbreitet; sie wurde durch aktuelle Fortschritte in Wissenschaft und Technik unterstützt, die sich scheinbar grenzenlos fortschreiben ließen, weshalb die Menschen in unserer Geschichte zwar ohne Handy oder Internet leben müssen, aber immerhin auf mehrstöckig übereinander montierten Hochstraßen zur Arbeit fahren können.

Tatsächlich besitzt auch der SF-Autor keinen Draht in die Zukunft. Science Fiction ist eine ganz im Hier & Jetzt angesiedelte Literatur, die Gegebenheiten der Gegenwart in zukünftige Zeiten extrapoliert und damit höchstens zufällig ins Schwarze trifft. In „Gedanken-Vampire“ fällt dem Leser der Gegenwart beispielsweise der elektronische „Zeitungswiedergabeschirm“ auf; die dort angezeigten Blätter lassen sich bei Bedarf ausdrucken: Da ist es – irgendwie – doch, das Internet! Dennoch wirkt Russells 2015 jederzeit altmodisch.

Interessant und historisch relevant ist die Extrapolation an sich, die viel über die Entstehungszeit aussagen kann. Dabei darf man freilich nicht übers Ziel hinausschießen und SF nachträglich fehl- bzw. überinterpretieren. „Gedanken-Vampire“ wurde erstmals 1939 – in der März-Ausgabe des legendären Pulp-Magazins „Unknown“ – veröffentlicht und fällt in eine Ära, die ganz im Zeichen eines drohenden zweiten Weltkriegs stand, der bekanntlich noch im gleichen Jahr ausbrach.

Die Vitonen waren vor den Nazis da …

Sind die Vitonen also mit den Nazis gleichzusetzen, die in Mitteleuropa nach Belieben schalteten und walteten, während das Ausland ihrem Treiben scheinbar machtlos ausgeliefert war? Russell selbst gab in einem Vorwort zur überarbeiteten und erweiterten Buchausgabe von 1948 selbst (wenn auch indirekt) die verneinende Antwort: „Falls jemals eine (Science-Fiction-) Story auf Tatsachen beruhte, so ist es diese“. Es folgt eine Schimpfkanonade gegen die etablierte Wissenschaft, die ihr nicht genehme Fakten unterschlage und einsame Propheten lächerlich mache.

Gemeint ist Charles Fort (1874-1932), ein besessener Sammler unerklärter bzw. unerklärlicher Phänomene, die er in mehreren, zu seiner Zeit sehr populären Büchern nicht nur auflistete, sondern ‚erklärte‘. Forts Theorie einer dem Menschen unsichtbaren Welt oberhalb der Wolken, die der Erdball als buchstäblicher Luft-Ozean umgibt, schien Russell einleuchtend. Jenseits dieser „sinister barrier“ lebten nach Fort nicht nur seltsame Kreaturen, sondern lauerten womöglich auch Wesen, die dem Menschen keineswegs wohlgesonnen waren.

In John W. Campbell, Jr. (1906-1972), Herausgeber von „Unknown“ (und dem ungleich berühmteren Magazin „Astounding Science-Fiction“), fand Russell einen Mann, dem solche Spökenkiekerei nicht fremd war; u. a. unterstützte Campbell lange Jahre den „Dianetics“-Humbug des SF-Schreibers L. Ron Hubbard, dem die „Scientology“-Sekte entwucherte. Russells Irrglaube war deutlich harmloser; er hielt sich freilich ähnlich hartnäckig – die Vorstellung einer unsichtbaren Überwelt griff der Verfasser noch in den 1950er Jahren wieder auf.

Vom SF-Krimi zur Apokalypse

Dieser ‚ernsthafte‘ Hintergrund lässt sich viele Jahrzehnte später problemfrei ausblenden. „Gedanken-Vampire“ entpuppt sich (auch in der Version von 1948, die allen deutschen Übersetzungen zugrundeliegt) als typisches Garn der Pulp-Ära. Entschlossene Männer geben heimtückischen Aliens Saures; zwischendurch bleibt Zeit für wilde Verfolgungsjagden und Schießereien, aber auch für eine Liebesgeschichte, denn zumindest der Held begnügt sich nicht mit der Rettung der Welt, sondern freut sich über eine schöne Frau als finale Belohnung.

Diese wird hier weder von geilen „Bug-Eyed“-Monstern gekidnappt oder muss in Ohnmacht fallen, sondern darf sogar ein wenig zur Handlung beitragen. Überhaupt trägt Russell nicht gar so dick auf wie viele seiner Pulp-Kollegen. Ansonsten frönt Russell der in der britischen SF ausgeprägten Lust an der Apokalypse: Während Campbell und sein treuer Kumpel Wohl nach der Achillesferse der Vitonen fahnden, findet quasi im Hintergrund ein globaler Atomkrieg statt.

Vor diesem turbulenten Hintergrund konzentriert sich Russell auf Bill Graham, einen „All American Hero“ aus dem Bilderbuch. Er steht stellvertretend für das gesichtslose Heer der Spezialisten, die sich im Falle einer realen Katastrophe einem Problem stellen. Solche Vereinfachung führt zu der irritierenden Erkenntnis, dass offenbar nur Graham den Vitonen Paroli bietet. Selbst der Präsident wartet ab, was Graham herausfindet und anordnet.

Kampf den blauen Kugeln!

Dabei startet Campbell nicht einmal als Geheimdienstmann ins Gefecht. Er ermittelt für eine Regierungsbehörde, die ein Auge auf verschwenderische Wissenschaftler im Staatsdienst hält. Allerdings sind in diesem Krieg weder Erfahrung noch Intelligenz, sondern Tatkraft, Entschlossenheit und Einfallsreichtum nötig. Es ist ein hübscher Einfall, die klügsten Köpfe der Welt gerade deshalb zum Bersten zu bringen, weil sie sich zu gedankenklar mit den Vitonen beschäftigen, die ihnen so leicht auf die Schliche kommen.

„Gedanken-Vampire“ startet als Kriminalroman. Auch später bedient sich Russell Elemente dieses Genres (weshalb eine deutsche Übersetzung in einer Reihe namens „Utopia Kriminal“ erscheinen konnte). Eine Spur von Indizien, die entschlüsselt und in die korrekte Reihenfolge gebracht werden müssen, führt zu den Vitonen.

SF kommt ins Spiel, wenn geklärt ist, wie man dem Gegner beikommen kann. Weil dem Leser keine Antwort auf zuvor gestellte Fragen vorenthalten bleiben soll, bemüht sich Russell sehr um ‚logische‘ Erklärungen. Diese sind natürlich Humbug, klingen aber immerhin wissenschaftlich und belegen außerdem, dass Technobabbel keine Erfindung des „Star-Trek“-Franchises ist.

Dagegen spart sich Russell eindeutige ‚Informationen‘ über die Vitonen. Über ihre Herkunft und mögliche Motive wird nur spekuliert. Sie bleiben auf diese Weise fremde und gefährliche „Gedanken-Vampire“. Ihre Geschichte ist weder anspruchsvoll noch raffiniert, aber sie besitzt Unterhaltungsqualitäten, mit denen sich noch heute Leser finden lassen – und sei es nur deshalb, weil Russell sich in der Darstellung einer erderschütternden Krise so kurz zu fassen vermag …

Autor

Geboren wurde Eric Frank Russell am 6. Januar 1905 quasi im Schatten der „Royal Military Academy“ in Sandhurst, der Schmiede englischer Berufsoffiziere, zu denen auch der Vater gehörte. Dieser wurde dienstlich oft versetzt, was die Familie an ferne Orte des Empires führte; so lebte man lange in Ägypten und im Sudan.

Schon 1937 hatte Russell eine erste Science-Fiction-Geschichte, „The Saga of Pelican West“, in „Astounding Stories“, einem der besseren der zahllosen Pulp-Magazine dieser Ära, veröffentlicht, die als „Golden Age“ der SF gilt. Noch während des Krieges begann Russell eine Serie von Storys um den Roboter Jay Score, der nicht nur Menschengestalt besitzt, sondern sich bemüht, ein echter Mensch zu werden.

Nach dem II. Weltkrieg und einem kurzen beruflichen Zwischenspiel als Ingenieur wurde Russell Vollzeit-Schriftsteller. Vor allem in „Astounding“ erschienen seine Kurzgeschichten so oft, dass der Autor sich der Pseudonyme Duncan H. Munro und Webster Craig bediente. Was Russell in seiner Zeit bei der Royal Air Force in Sachen Militär-Logik und Bürokratie erlebt hatte, diente ihm als unerschöpflicher Fundus für bissige aber nie bösartige Satire. Zu Klassikern der Science Fiction wurden die Novelle „… And Then There Were None“ (dt. „… dann war‘n sie alle futsch“) oder die 1956 mit einem „Hugo Gernsback Award“ als beste Kurzgeschichte des Jahres ausgezeichnete Story „Allamagoosa“ (dt. „Technischer Bluff“).

Obwohl Russell als Autor beliebt und erfolgreich war, gab er die Schriftstellerei 1964 auf. Er starb am 28. Februar 1978 im Alter von 73 Jahren. Posthum wurde Eric Frank Russell 2000 in die „Science Fiction and Fantasy Hall of Fame“ aufgenommen.

Taschenbuch: 141 Seiten
Originaltitel: Sinister Barrier (Kingswood/Surrey : World’s Work 1943)
Übersetzung: Otto Kühn
http://www.ullsteinbuchverlage.de

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Doctorow, Cory – Little Brother (Lesung)

_Der kleine Bruder von Big Brother: ein Befreier oder nicht?_

Marcus alias „w1n5t0n“ ist 17, smart und ein echter Computercrack. Als Terroristen die Oakland Bay Bridge in San Francisco in die Luft jagen und den darunterliegenden U-Bahn-Tunnel ebenfalls, werden er und seine Freunde verhaftet, verhört, gedemütigt – und wieder freigelassen, unter Beschattung.

Er kehrt nach sieben Tagen in eine Stadt zurück, die unter totaler Überwachung steht. Jeder Bürger – ein potenzieller Terrorist. Menschenrechte – altmodischer Schnickschnack; Freiheit – nichts als ein „Sicherheitsrisiko“. Marcus und seine Freunde beginnen, sich als Gamer-Guerilla zu organisieren. Ihr Plan: Sabotage der staatlich inszenierten Überwachungsparanoia. Ihre Waffen: Grips und Zukunftstechnologien. Ihr Ziel: Sturz der Regierung. (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Cory Doctorow ist Schriftsteller, Journalist und Internet-Aktivist. Er wurde 1971 in Toronto geboren und lebt heute in London und im weltweiten Netz. Man finde ihn unter der Adresse www.craphound.com. Aber ich habe die Listen von literarischen Auszeichnungen im weiten Feld der Phantastik durchgeackert und bin mehrfach auf Doctorows Namen gestoßen. So wurde sein Roman „Down and out in the Magic Kingdom“ (dt. „Backup”) anno 2004 von den Lesern des einflussreichen LOCUS (SF-) Magazins zum besten Debütroman gewählt.

Doctorow ist Mitherausgeber des Blogs „Boing Boing“, ehemaliger Europadirektor der Electronic Frontier Foundation und Mitgründer der UK Open Rights Group. Sein Roman „Little Brother stieg direkt in die New York Times Bestsellerliste ein.

_Der Sprecher_

Oliver Rohrbeck, geboren 1965 in Berlin, ist Schauspieler und Synchronsprecher. Er ist bekannt für seine Sprechrolle als Justus Jonas in der Hörspielserie „Die drei Fragezeichen“. Als Sprecher synchronisierte er Hauptrollen in vielen Filmen und ist die deutsche Stimmbandvertretung von Ben Stiller.

Regie führte Tanja Fornaro. Das Cover entspricht dem des Buches.

_Handlung_

Marcus Yallo, 17-jähriger Schüler, ist ein Hacker. Sein Deckname: “ w1n5t0n“. Rektor Benson beschuldigt ihn, Prüfungsaufgaben aus dem Schulrechner geklaut und die Überwachungsmaßnahmen sabotiert zu haben. Marcus gibt sich ahnungslos und kommt davon. Diesmal noch. Auch die Gangart-Scanner, die ihn identifizieren sollen, trickst er locker aus – mit einem Steinchen im Schuh.

Marcus ist Schüler an der Chavez High School in San Francissco. Er trifft seinen Kumpel Darryl, gemeinsam freuen sie sich auf das Alternate Reality Game „Harajuku Fun Madness“ (HFM), das aus einer Schnitzeljagd mit Geocaching und Wettbewerb besteht. Zufällig lieben beide insgeheim Vanessa Peck, die auf ein Mädcheninternat geht. Aber erst einmal müssen sie der Schulüberwachung entkommen. Mit ein paar elektronischen Tricks haben sie Rektor Bensons Spitzel Walker überwunden und können in die Freiheit entkommen.

In der Stadt treffen sie Vanessa und Jolu alias Jorge Luis Torres, den Vierten im Bunde. Das HFM-Spiel soll sie in den Tenderloin-Distrikt führen – ganz üble Gegend! Marcus rempelt gerade ein Mädchen an, das sie mit dem Handy knipst, um sie zu verpetzen, als die Erde mit der Schulter zuckt: ein Beben!?

|Der Anschlag|

Marcus beobachtet staunend, wie über der Bay eine schwarze Wolke emporsteigt. Sie ist pilzförmig. Alarm dröhnt: Alle sofort die Schutzräume aufsuchen! Sie eilen in die riesige U-Bahn-Station an der Powell Street, die sich rasch füllt. Im Gerempel erhält Darryl einen Messerstich. Doch zum Glück beherrscht Vanessa Erste Hilfe. Wo ist die nächste Ambulanz?, fragt sich Marcus und eilt rauf zur Straße. Dort stoppt er ein Fahrzeug. Es gehört dem Militär, wie es scheint. Die Typen zielen auf ihn! Dann stecken sie sein Gesicht in einen Sack und fesseln ihn. Zusammen mit allen anderen landet Marcus schließlich nach Stunden in einer Zelle. Aber wer zum Teufel ist diese Truppe? Und warum trägt sie keine Abzeichen?

Erst nach Stunden wird er in einen mobilen Kommandostand geholt, wo er aussagen und sein Handy freischalten soll. Er denkt gar nicht daran. Die Verhörer scheinen der Heimatschutzbehörde DHS anzugehören. Sie nennen ihnen einen feindlichen Kämpfer, weil er die Brücke in die Luft gesprengt habe – und Terroristen würden nun mal keinen Anwalt kriegen, klar?!

|Die Hölle|

Nach ein paar Tagen der Haft und der Verhöre ist Marcus soweit, dass er alles verrät, was die Verhörerin – er nennt sie „die Eiskönigin“ – von ihm wissen will. Er gibt erst das Innerste seines Handys preis, dann seine E-Mail-Passwörter – wie viel intimer kann es denn noch werden? Und nachdem sie ihn seiner Privatsphäre beraubt hat, nimmt sie ihm auch noch seine Würde – er darf nichts von dem verraten, was hier vorgefallen ist.

Erst nach sechs Tagen sieht er seine Freunde Vanessa und JoLu wieder. Sie freuen sich unbändig, doch es kommt raus, dass man mit Marcus besonders hart umgegangen ist. Aber wo ist der Vierte im Bunde, wo ist Darry? Keine Spur von ihm. Und erst aus der Zeitung erfahren sie, was eigentlich der Auslöser dieser hirnrissigen Aktion war: Nicht nur die Oakland Bay Bridge wurde in die Luft gejagt, sondern auch die unter der Bucht verlaufende U-Bahn-Röhre, sodass mehrere tausend Menschen umkamen.

|Trautes Heim?|

Nach der ersten Mahlzeit in Freizeit schwört Marcus: „Ich werde sie kriegen.“ Will heißen, er werde es dem DHS heimzahlen, ganz besonders das Verschwinden seines besten Freundes. Seine Eltern sind ebenfalls überglücklich, ihn nach einer Woche der Ungewissheit und der Sorge wiederzusehen. Seine Vater war in den sechziger Jahren ein Aktivist und kennt die Regierungsbehörden, doch seine Mutter ist Britin. Sie nennt das DHS nur „Barbaren“. Ganz genau.

In seinem Zimmer möchte Marcus natürlich als Erstes in Netz, um alle seine Vertrauten wiederzufinden. Doch etwas stimmt mit dem Laptop nicht. Als er ihn aufschraubt, findet er eine Keylogger-Wanze, die alle Tastatureingaben protokolliert und an ihre Herren weiterleitet: das DHS, das ist Marcus sofort klar. Er lässt sie drin, damit die Regierung keinen Verdacht schöpft und ihn gleich nochmal verhaftet. Statt dessen holt er seine Xbox-Spielekonsole hervor und funktioniert diese zu einem Hochsicherheitszugang ins Internet um. Zusammen mit den anderen geschützten Xboxen verfügt er nun über ein abhörsicheres Netzwerk.

|Aktivist|

Die Welt hat sich verändert, als er zur Schule geht: Auf Schritt und Tritt wird er überwacht. Aber in der Klasse verteilt er Paranoid-Xbox-DVDs und rasend schnell entsteht das abhörsichere Xnet. Als ihn zwei verdeckte Ermittler zum Verhör mitnehmen, weil er in der U-Bahn den RFID-Chip nicht nutzt, bringt dies ausgerechnet seine Mutter auf die Palme – „ein klarer Fall für die ACLU!“ Die ACLU ist die Bürgerrechtsbewegung. Doch ausgerechnet Dad glaubt noch an die Regierung, ist es zu fassen.

Marcus baut unter dem Decknamen MIKEY das IndieNet auf. Nach Monaten ist er die Stimme des Untergrunds, auch wenn das seiner koreanischen und daher ängstlichen Freundin Vanessa nicht passt. Aber das DHS muss für Darryls Verschwinden büßen. Und so lernt er Ange kennen, ebenfalls eine Aktivistin. Und schließlich erreicht ihn auch die erste geheime Nachricht von Darryl: Sein bester Freund lebt!

Doch Darryl aus seinem Gefängnis zu holen, würde den Untergang der DHS bedeuten. Und Marcus ahnt nicht, welche heimtückischen Mittel die Regierung einzusetzen bereit ist …

_Mein Eindruck_

Wer unter dem Vorwand der Terrorabwehr die Verfassung außer Kraft setzt, kann sogar in einer Demokratie ganz leicht eine faschistische Diktatur errichten. Der Widerstand ist diesmal vor allem im Internet organisiert. Aber kann das überhaupt funktionieren? Schließlich kontrolliert die National Security Agency doch sämtlichen Datenverkehr, oder?

Die Geschichte des Marcus Yallo alias MIKEY zeigt jedoch, dass es Schlupflöcher gibt. Mit einer Software, die ausgerechnet aus Deutschland kommt, nämlich Paranoid-Xbox, gelingt es Marcus, sein Trusted Web einzurichten und zu verbreiten. Natürlich ist ständigen Angriffen ausgesetzt. Er muss sich ausgeklügelte Sicherheitsverfahren mit Einmalschlüsseln usw. einfallen lassen, um wirklich auf Nummer sicher gehen zu können.

|Vertrauen|

Doch wie es nun mal mit den Menschen so ist, reicht die beste Schutztechnik nicht aus, wenn sich Menschen untereinander nicht vertrauen können. Hier liegt der wahre Verdienst des Autors. Statt sich ellenlang über die Performance von Abwehrtechniken zu verbreiten, kommt es schließlich doch letzten Endes darauf an, ob der Eine dem Anderen vertrauen kann. Stimmt es, was die Bibel sagt (in einem der Apostelbriefe, glaube ich): „Die Wahrheit wird euch freimachen“?

|Bangen|

Die Geschichte bleibt immer ganz nah dran an den Figuren, und nur dadurch wirken sie auch glaubwürdig. So lässt sich nachvollziehen, wie Marcus‘ Vertrauen in Ange wächst, sie zu seiner großen Liebe wird – aber kann er ihr wirklich trauen, bangen wir mit. Okay, sie ist seine emotionale Stütze, wenn er das Xnet anführt und eine hammermäßige Wahrheit nach der anderen gegen die DHS abfeuert. Sie verfasst mit ihm sogar Pressemitteilungen und gibt mit ihm virtuelle Pressekonferenzen. Kann das wirklich alles Täuschung sein? Hoffentlich nicht!

|Spaß und Schönheit|

Man sieht also, dass selbst im Mittelteil, der für viele Autoren zum schwächsten Teil eines Buches gerät, eine erhebliche Spannung aufrechterhalten wird. Aber viele Szenen sorgen auch für Spaß. So etwa das abgefahrene Protestkonzert der Speedwhores und Trudi Doo, das die DHS schließlich mit Truppen unterbindet. Oder die Pseudo-Reality Games mit Vampiren und allem, die schließlich per Gasangriff gestoppt werden. Es gibt auch wirklich schöne Momente, und die finden nicht alle im Bett von Ange statt, sondern draußen am Meer. Die Welt könnte so schön sein, wenn wir nur keine Angst mehr haben müssten.

|Spannungsbögen|

Der erste Spannungsbogen besteht in dem Rätsel, das das Verschwinden von Marcus‘ Freund Darryl umgibt. Dieser Spannungsbogen ist auch der Letzte, der aufgelöst wird. Dadurch besitzt das Buch über einen Zusammenhalt, den man in vielen Geschichten, die so lang sind, vergeblich sucht. Wir wissen immer, dass das Buch nicht enden kann, ohne diese offene Frage beantwortet zu haben.

Und im Finale, als es für Marcus und Ange mal wieder ganz finster aussieht, kommt die Hilfe diesmal nicht mehr nur aus ihm selbst, sondern aus dem, was Marcus geschaffen hat, von den Trägern der Wahrheit, von der Bürgerrechtsbewegung und von den noch nicht von der DHS korrumpierten Sicherheitsbehörden. Autobahnpolizei! Wer hätte das gedacht?

_Der Sprecher_

Oliver Rohrbeck ist ja schon ein alter Hase im Synchronsprechergeschäft und in Sachen Hörspielserie (s. o.). Seine „normale“ Stimme eignet sich gut für Kinderstoffe, also Märchen, Fantasy und Ähnliches, denn sie erklingt nicht besonders tief oder autoritär, ist also sympathisch. Jedenfalls alles andere als furchteinflößend, schon gar nicht, wenn er mit der hohen Stimme einer weiblichen Figur spricht, oder sich gestelzt und säuselnd ausdrückt.

Das Hörbuch weist weder Geräusche noch Musik auf, sodass allein der Sprecher dafür sorgen muss, dass Stimmung aufkommt. Das gelingt Rohrbeck jedoch praktisch nie, denn seine Stimme ist einfach nicht wandlungsfähig genug. Nur in vereinzelten Sätzen charakterisiert er einen Sprecher oder eine Situation, so etwa indem er wütend brüllt oder neugierig flüstert, erbost klingt oder einschmeichelnd.

Und so bleibt selbst eine so bedrohliche Szene wie das erste Verhör oder die totale Demütigung ohne weitere emotionale Wirkung. Man hätte wirklich einen anderen Sprecher wählen sollen, beispielsweise Andreas Fröhlich (der ja auch bei den Drei Fragezeichen mitwirkte).

_Unterm Strich_

Cory Doctorow ist ganz klar einer der wichtigsten Internet-Aktivisten überhaupt und entscheidet über die Zukunft des inzwischen wichtigsten Kommunikationsmittels mit. Facebook und Twitter haben nicht nur den Arabischen Frühling ermöglicht, sondern können, wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich berichtete, zum Teil sogar die große Chinesche Firewall überklettern.

Es ist daher ein wichtiges Thema, dessen sich Doctorows Jugendroman „Little Brother“ annimmt: die Freiheit des Individuums in der freien Nutzung des Internets. Nach dem verheerenden Anschlag auf San Francisco errichtet die Heimatschutzbehörde DHS einen Überwachungsstaat, der alle Züge einer Diktatur aufweist. Verwunderlich, dass es selbst dann noch Leute gibt, die dem Staat die Stange halten: „Wir sitzen alle im gleichen Rettungsboot“, lautet das Argument.

Während ich den emotionalen gehalt des Buches bereits oben gelobt habe, so habe ich doch unerwähnt gelassen, dass die vielfältigen Möglichkeiten, über die der Überwachungsstaat „Big Brother“ verfügt, in der Mehrzahl bereits heute gegeben sind. Von daher ist „Little Brother“, der Gegenentwurf zu George Orwells „1984“, ein Gegenwartsszenario, das jederzeit Wirklichkeit werden könnte.

Die technische Möglichkeit dafür besteht ebenso wie die gesetzliche Grundlage, nämlich der U.S. Patriot Act von 2001/02, der auch im Buch zitiert wird. Durch die Verlagerung des Blickpunkt in Jugendliche erhält auch der erwachsene Leser ein relativ niedriges Einstiegsniveau, das es ihm ermöglicht, die neuen technischen Begriffe zu verstehen.

Nicht von ungefähr spielt das Buch in Kalifornien: dort verläuft sowohl die vorderste Front, was die technologische Entwicklung angeht – im Silicon Valley – als auch die Front, was die Bürgerrechtsbewegung angeht. Nicht ohne Grund entstanden an den Berkeley Uni von San Francisco die ersten radikalen Untergrundkämpfer der USA, die „Weathermen“ (Bob Dylan sang darüber). Der Autor wirft also indirekt die Frage auf, ob die Kalifornier diese Tradition verraten oder verteidigen würden. Und alle anderen, die über eine solche Tradition verfügen, natürlich ebenfalls.

|Das Hörbuch|

Die Vortragsweise Rohrbecks konnte mich nicht überzeugen. Seine Stimme und ihre begrenzten Ausdrucksmöglichkeiten wirken am besten in Komödien. Doch „Little Brother“ ist alles andere als das, sondern ein mitunter sehr bedrohlich wirkendes Drama für Jugendliche ab 14 Jahren. Andreas Fröhlich, die deutsche Stimme von „Gollum“, wäre als Sprecher besser geeignet gewesen.

|6 CDs mit 450 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3839840030
Aus dem US-Englischen übersetzt von Uwe-Michael Gutzschhahn
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 – 15 Jahre|
[www.argon-verlag.de]http://www.argon-verlag.de

_Cory Doctorow beim Buchwurm:_
[„Backup“ 4231
[„Upload“ 5031
[„Little Brother“ 6276

Cornwell, Bernard – Sharpes Festung

_|Sharpe|:_
01 [„Sharpes Feuerprobe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5208
02 [„Sharpes Sieg“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5829
03 _“Sharpes Festung“_
04 „Sharpes Trafalgar“
05 „Sharpes Beute“
06 „Sharpes Aufstieg“
07 „Sharpes Mission“
08 „Sharpes Trophäe“
09 „Sharpes Gold“
10 „Sharpe’s Escape“ (noch ohne dt. Titel)
11 „Sharpe’s Fury“ (noch ohne dt. Titel)
12 „Sharpe’s Battle“ (noch ohne dt. Titel)
13 „Sharpes Rivalen“
14 „Sharpes Degen“
15 „Sharpe’s Skirmish“ (noch ohne dt. Titel)
16 „Sharpes Feind“
17 „Sharpes Ehre“
18 „Sharpes Geheimnis“
19 „Sharpe’s Christmas“ (noch ohne dt. Titel)
20 „Sharpes Triumph“
21 „Sharpes Rache“
22 „Sharpes Waterloo“
23 „Sharpe’s Ransom“ (noch ohne dt. Titel)
24 „Sharpe’s Devil“ (noch ohne dt. Titel)

_Da hatte Richard Sharpe_ so verbissen darauf hingearbeitet, Offizier zu werden und nun das: Er ist mit seiner neu gewonnenen Position als Ensign (Fähnrich) unglücklich. Nicht nur, dass es sich dabei um den niedrigsten Offiziersstand handelt, dem eigentlich nur viel jüngere Männer angehören. Nein, Sharpe wird nun sowohl von den Mannschaften als auch von den Offizieren mit Argwohn betrachtet. Die einfachen Soldaten begegnen ihm mit Missgunst und Neid, während die Offiziere viel lieber unter ihresgleichen bleiben würden und es geradezu als Affront betrachten, mit einem ehemals einfachen Soldaten die Offiziersmesse teilen zu müssen. Man will ihn loswerden. Und da die Briten generell alles in formvollendetem Stil tun – selbst, wenn es sich um einen Rausschmiss handelt -, komplimentiert ihn sein Vorgesetzter überaus höflich aus der Kompanie und legt ihm nahe, sich dem neugegründeten 95. Scharfschützenregiment anzuschließen. Ein Vorschlag, den Sharpe nicht sonderlich verlockend findet – die Männer vom 95. tragen noch nicht mal rote Röcke! Was für Soldaten können das schon sein?

Doch bevor Sharpe sich seinem neuen Regiment in England anschließen wird, muss er noch ein letztes Abenteuer auf indischem Boden bestehen. Und das dreht sich um die Festung Gawilgarh. Dorthin nämlich ziehen sich die Marathen unter ihrem Commander Manu Bappu zurück. Ebenfalls mit von der Partie ist auch William Dodd, der englische Deserteur, der Manu Bappu als Berater dient. Als er sich jedoch erst einen Überblick von der beeindruckenden und praktisch uneinnehmbaren Festung Gawilgarh gemacht hat, fängt er an, eigene Pläne zu schmieden: Er ist sicher, die innere Festung bis zum Sankt Nimmerleinstag verteidigen zu können. Würde er es also schaffen, Manu Bappu in der äußeren Festung versauern zu lassen, so wäre Gawilgarh sein.

_Die Handlung pendelt_ hin und her zwischen den Vorbereitungen auf der Festung und den Angriffsvorbereitungen der Engländer. Während die Inder sich ganz auf die Lage ihrer Festung auf einem steilen Felsen verlassen und dem englischen Angriff hauptsächlich gelassen entgegensehen, so finden die Engländer keineswegs, dass es sich um eine aussichtslose Kampagne handelt. Sir Arthur Wellesley, von vergangenen Siegen geradezu beflügelt, ist sich sicher, auch hier siegen zu können und ignoriert dafür auch, dass ihm ein praktischer Plan fehlt, wie die innere Festung einzunehmen sei. Und so branden zunächst auch englische Truppen erfolglos gegen die Festungsmauern, wo sie von den Verteidigern nur noch erschossen zu werden brauchen. Es droht ein Blutbad. Doch glücklicherweise gibt es ja noch Richard Sharpe, der sich (mit Fäusten) gegen einen ranghöheren Offizier durchsetzt, weil er meint, einen Weg gefunden zu haben, die steilen Felsen zu erklettern. Und tatsächlich gelingt es einer kleinen Gruppe, die Festung sozusagen von hinten einzunehmen und das Festungstor von innen für die englischen Truppen zu öffnen. Gawilgarh ist gefallen …

Sharpe darf also wie immer heldenmütig und tough sein. Zwar hat er wiederholt und kurzzeitig Angst vor einer eigenen Courage, doch diese Gefühlsregungen halten nie lange an. Er ist eben ein Draufgänger, der zwar viel riskiert, aber in der Regel seinen Einsatz auch wieder einspielt – mit Zinsen. So muss er sich auch hier wieder mit seinem Erzfeind Obadiah Hakeswill herumschlagen, der es auf Sharpes Leben abgesehen hat. Und Dodd möchte Sharpe auch erwischen; dieser hat schließlich McCandless auf dem Gewissen: ein Mord, den Sharpe keineswegs ungesühnt lassen will. Ungleich weniger erfolgreich ist Sharpe, wenns ums schöne Geschlecht geht. Sein sonst so untrügliches Urteilsvermögen lässt ihn hier wiederholt im Stich – ein Verhaltensmuster, das langsam etwas ermüdend auf den Leser wirkt.

Auch die Nebencharaktere sind wieder gut ausgearbeitet. Vor allem Dodd und Manu Bappu wird viel Raum gewährt. Natürlich hat man auch wieder reichlich Gelegenheit, Hakeswills kruden Gedankengängen zu folgen. Er entwickelt sich mehr und mehr zum dümmsten Bösewicht in der Literaturgeschichte, was aber eben nicht heißt, dass ihm leicht beizukommen sei. Denn auch wenn ihm einige Hirnzellen abhandengekommen sind, so hat er doch einen unleugbaren Lebenswillen und ein beunruhigendes Geschick dafür, andere in die Pfanne zu hauen. Er ist ein Schleimer, dessen Fortkommen immer auf Kosten anderer geschieht. In Abstufungen kennt wohl jeder solche Personen. Doch weil Hakeswill so gnadenlos überzeichnet ist, wird es dem Leser leichtgemacht, ihn zu hassen und ihm den Tod zu wünschen. Dass das in nächster Zeit passiert, damit ist jedoch nicht zu rechnen.

Noch ein Wort zur Übersetzung: Sie wurde von Joachim Honnef bestellt und glänzt nicht gerade mit literarischem Anspruch. Im Gegenteil, sie schwankt irgendwo zwischen geradlinig (positiv ausgedrückt) und fade (negativ ausgedrückt) und bietet darüber hinaus noch einen ganzen Katalog Fehler grammatikalischer Natur. Wenn Subjekte in der Einzahl mit Prädikaten in der Mehrzahl zusammenkommen oder Relativsätze mit den falschen Artikeln eingeleitet werden, dann sind das zwar Flüchtigkeitsfehler. Ein aufmerksames Lektorat hätte diese jedoch ausmerzen müssen. Dem Lesefluss hätte es gutgetan.

Abschließend sei zu sagen, dass nach drei Romanen der „Sharpe“-Reihe langsam eine Art Gewöhnungseffekt einsetzt, da alle nach demselben Muster aufgebaut sind: kleine Schlacht am Anfang, Sharpes persönliche Vendetta, Zwischenspiel mit Frau, große Schlacht, in der Sharpe glänzen kann. Auch in „Sharpes Festung“ läuft das nicht anders. Man darf daher darauf gespannt sein, wie und ob Cornwell dieses Muster variiert, wenn er Sharpe im nächsten Band auf die Rückreise nach England schickt.

|Taschenbuch: 448 Seiten
Originaltitel: Sharpe’s Fortress
ISBN-13: 978-3404163106|
[www.luebbe.de]http://www.luebbe.de

_Bernard Cornwell auf |Buchwurm.info|:_
[„Stonehenge“ 113
[„Die Galgenfrist“ 277
[„Der Bogenschütze“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 1) 3606
[„Der Wanderer“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 2)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3617
[„Der Erzfeind“ (Auf der Suche nach dem Heiligen Gral 3) 3619
[„Das Zeichen des Sieges“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6223
[„Das brennende Land“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6656

Trudi Canavan – Die Heilerin (Sonea 2)

Sonea

Band 1: Die Hüterin“
Band 2: „Die Heilerin“
Band 3: „The Traitor Queen“ (2012, noch ohne dt. Titel)

Lorkin ist Tyvara, die ihm das Leben gerettet hat, in den Schlupfwinkel der Verräter gefolgt. Er hofft, einen Handel zwischen Gilde und den Verrätern einfädeln zu können: das Wissen um die Magie der Steine gegen das Wissen über magische Heilung. Allerdings ist die Gemeinschaft der Verräter tief gespalten …

Sonea weiß zwar Bescheid über Lorkins Aufenthaltsort, macht sich aber dennoch Sorgen. Und nicht nur Lorkins wegen: ihre Suche nach dem wilden Magier Skellin kommt einfach nicht voran. Und dann geschieht auch noch ein Mord … mit Hilfe schwarzer Magie!

Und auch Dannyl hat das Gefühl, auf der Stelle zu treten, denn seit er zugelassen hat, dass Lorkin Tyvara in die Berge gefolgt ist, haben sich fast alle Ashaki von ihm zurückgezogen. Also macht sich Dannyl, da er nichts anderes zu tun hat, auf nach Norden, zum Volk der Duna …

Tatsächlich geht es dem Leser bei der Lektüre dieses Buches ein wenig wie Sonea und Dannyl: Er hat das Gefühl, dass sich überhaupt nichts tut.

Dannyl ist als Botschafter nicht ausgelastet und widmet sich deshalb lieber seiner Forschung. Die Kultur der Duma hätte eine interessante Bereicherung des Gesamtschauplatzes sein können … wenn die Autorin ihr denn mehr als nur eine oder zwei Zeilen gewidmet hätte! Statt dessen hat sie sich ganz auf die Details beschränkt, die in direktem Zusammenhang mit Dannyls Forschung stehen, also die magischen Steine. Aber selbst in dieser Hinsicht war sie mit Informationen so sparsam, dass man es schon als geizig bezeichnen muss. Sie hat gerade so viel verraten, dass die Komplikationen, die sich daraus ergeben, nachvollziehbar sind. Leider steht das in keinem Verhältnis zu der Anzahl der Seiten, die sie für die Erlangung dieser kümmerlichen Krümel aufwendet. Statt dessen ergeht sie sich ausführlich darin, das Hin und Her zwischen Dannyl und Ashaki Achati zu schildern, einer Nebensächlichkeit, die – zumindest bisher – nichts zur Entwicklung der eigentlichen Geschichte beigetragen hat.

Ähnliches kann man von dem Handlungsstrang um Lorkin sagen. Der Riss innerhalb der Gemeinschaft der Verräter hätte eine Menge Potential für Ränke und Machtkämpfe geboten. Stattdessen verhalten sich die Parteien nahezu passiv, und als sich endlich mal jemand dazu aufrafft, etwas zu unternehmen, fehlt der Aktion jegliche Finesse, und die Durchführung ist so stümperhaft, dass es schon zum Lachen ist. Gleichzeitig haben wir hier eine Liebesgeschichte, der so etwas wie Herzblut oder auch nur Wärme entschieden fehlen. Lorkins Gefühle werden mit einem Mangel an Eindringlichkeit geschildert, dass es schon an Gleichgültigkeit grenzt. Dementsprechend war die Wirkung: Selten hat mich eine Romanze so kaltgelassen wie diese.

Bleiben die Ereignisse in Imardin. Soneas Suche nach Skellin stockt nicht nur, sie ist eigentlich überhaupt nicht vorhanden. Im Vordergrund steht die Mordgeschichte, und leider ist die vollkommen fadenscheinig und durchschaubar. Die Frage, wer der Täter ist, stellt sich überhaupt nicht, höchstens die, wie er diese Tatsache vor der Gilde verbirgt. Die Suche nach dem Täter plätschert einfach vor sich hin, ohne jede Dynamik, und seine Enttarnung und Festname bilden nicht annähernd das, was man einen Handlungshöhepunkt nennen würde. Zu allem Übel bleibt der Leser auch hier nicht von Belanglosigkeiten verschont. Das Geplänkel zwischen Sonea und Dorrien hatte ebenso wenig Auswirkung auf das Geschehen wie das zwischen Dannyl und Achati und war so farblos und nichtssagend wie die Romanze zwischen Lorkin und Tyvara. Gleichzeitig zeichnet sich der doch eigentlich recht gefährliche Skellin durch einen erstaunlichen Mangel an Präsenz aus.

So enttäuschend wie die Handlung waren auch die Charaktere. Dass das Verhältnis zwischen wichtigen Informationen und unwichtigen Ausschmückungen so unausgewogen ist, hat dazu geführt, dass zentrale Figuren, vor allem Sonea, an Faszination verloren. Die Energie, die die junge Sonea in der ersten Trilogie noch ausstrahlte, ist völlig verschwunden. Auch von Cerys Einfallsreichtum ist nichts mehr übrig. Noch trauriger ist es um die Neuzugänge bestellt. Die Naivität der jungen Lilia kommt der Geistlosigkeit gefährlich nahe, und Lorkins Freund Evar besitzt überhaupt kein eigenes Profil. Interessante Charaktere aus den Vorgängerbänden, auf die ich gehofft hatte – wie zum Beispiel Savara -, spielen gar keine Rolle.

Um es kurz zu machen: Ich war von diesem Band schwer enttäuscht. Er hat nichts von dem gehalten, was ich mir nach der Lektüre des Vorgängers versprochen hatte. Weder auf die Duna noch auf Skellins Volk wurde genauer eingegangen, Skellin selbst bleibt die ganze Zeit über völlig untätig, die Konflikte innerhalb der Gemeinschaft der Verräter wirken wie der Sandkastenkrieg von Kleinkindern, und das einzige Ergebnis im Zusammenhang mit dem Mordfall ist eine weitere Schwarzmagierin. Nichts von all dem hat dafür gesorgt, dass sich so etwas wie Spannung oder auch nur Interesse entwickelte. Selbst im Hinblick auf den neuen Aspekt der Magie, die magischen Steine, ist die Ausarbeitung mager und unergiebig geblieben. Statt dessen muss sich der Leser mit einer Menge Trivialitäten und Nichtigkeiten herumschlagen, die mit der eigentlichen Geschichte gar nicht direkt zu tun haben.

Das einzig Positive an diesem Buch war der Ausblick auf den nächsten Band: Dannyl und Lorkin stecken in mehr als einer Hinsicht in der Klemme, und in Imardin ist Skellins Mutter die Flucht gelungen. Diese Situation könnte sich durchaus interessant entwickeln. Könnte! Aber das ließ sich auch von der Situation am Ende des Vorgängerbandes sagen.

Trudi Canavan stammt aus Australien, wo sie nach einem Studium am Melbourne College of Decoration als Designerin, Illustratorin und Kartenzeichnerin für verschiedene Verlage tätig war, ehe sie zu schreiben begann. 1999 gewann sie mit ihrer Kurzgeschichte „Whispers of the Mist Children“ den Aurealis Award for Best Fantasy Short Story. 2001 erschien dann ihr erster Roman, der erste Band der Trilogie Die Gilde der schwarzen Magier. Ihre Trilogie Das Zeitalter der Fünf ist inzwischen ebenfalls auf Deutsch erhältlich. Für „The Traitor Queen“, den dritten Band des laufenden Zyklus, steht noch kein Veröffentlichungsdatum fest.

Gebundene Ausgabe 576 Seiten
Originaltitel: The Traitor Spy 2 – The Rogue
Deutsch von Michaela Link
ISBN-13: 978-3764530426

http://www.trudicanavan.com/
http://www.randomhouse.de/penhaligon/index.jsp

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (2 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Perry Rhodan – Lemuria (Silber Edition 28)

_Die Handlung:_

Die Meister der Insel greifen zur nächsten Waffe: der Zeit. Durch eine teuflische Falle gelingt es den Beherrschern der Andromeda-Galaxie die CREST III um mehr als 50.000 Jahre in die Vergangenheit zu schleudern. Die geschockten Terraner haben kaum Hoffnung in ihre Gegenwart zurückkehren zu können.

Eine ungeheuerliche Entdeckung lässt das bisherige Weltbild der gestrandeten Terraner ins Wanken geraten. Die Besatzung der CREST III entdeckt die Lemurer, die von der Erde aus die gesamte Milchstraße beherrschen – bis der größte Teil des Volkes von den halutischen Kampfmaschinen aufgerieben wird.

Mitten im Krieg zwischen Halutern und Lemurern gestrandet, erkennen die Terraner, dass die Meister der Insel sogar in dieser Zeit ihre Fäden ziehen.
(Verlagsinfo)

_Mein Eindruck:_

Im achten |Silberband| des zwölfbändigen Zyklus „Meister der Insel“ sind die Inhalte der Romanhefte Nr. 262 – 267 enthalten. Und wieder wird deutlich, warum dieser Zyklus zu einem der beliebtesten im Perryversum zählt.

Die Autoren sprühen vor Ideen. Es gibt Raumschlachten, Klonkrieger (ja, die gab es schon vor STAR WARS), Zeitreisen und -agenten, eine Überraschung auf der Erde in der Vergangenheit, Mutanten im Einsatz und jede Menge Spannung und Action. Und wieder war ich froh darüber, dass die |Silber Editionen| vom Verlag ungekürzt veröffentlicht werden, denn diese Sammelbände enthalten eh nur das Interessanteste und Spannendste aus den Heftromanen. Überflüssiges und Langweiliges findet man in einer |Silber Edition| nicht.

Denn endlich, nach sieben |Silber Editionen|, stellen uns die Autoren den ersten der mysteriösen, Faden ziehenden Meister der Insel auch einmal persönlich vor. Und so vergingen die über 16 Stunden, die ich mit Perry verbringen durfte wie im Flug. Ständig muss Perry Rhodan neue Entscheidungen treffen und sich an neue Umstände gewöhnen und das oft blitzschnell. Das macht diese |Silber Edition| so kurzweilig.

Und gemein wie immer geht auch dieses Hörbuch mit einem Cliffhanger zu Ende, der den Hörer um Perry Rhodan bangen und sehnlichst auf die nächste |Silber Edition| warten lässt.

_Das Hörerlebnis:_

Es begann mit einem Lächeln, denn Josef Tratnik stellt das Hörbuch als „Silber 28“ vor. Da hat er doch glatt ein „Edition“ verschluckt. Danach kommt die übliche Zeittafel und im Prolog noch eine sehr willkommene Zusammenfassung der gerade geschehenen Ereignisse. Und dann geht die Reise auch schon los.

Tratnik liest fesselnd und gewohnt souverän und ist in jeder Situation Herr der Lage. Jede Diskussion, jedes Ereignis, jede Auseinandersetzung, alles wirkt lebendig und ungemein spannend. Da können auch die französischen Akzente von André Noir und Captain LaRigon und der quakende Gucky (und sein Klon oder „Duplo“) nichts dran ändern. Nach 28 Tratnik-Lesungen kennt man seinen Gucky bestens und aufgrund der Heftlesungen und der Parallel-Lesungen der |Silber Editionen| ab Band 74 wissen wir, dass jeder Sprecher Gucky anders liest und Tratnik mit seinem Kermit-Quaken nicht die schlechteste Variante anbietet. Manchmal allerdings nervt seine Version des Psi-Roboters „Lucky“ Log.

Die Autoren bieten ihm brillante Vorlagen und Tratnik nutzt sie gekonnt, um dem Hörer ein optimal spannendes Abenteuer, das etwas für jeden SF-Geschmack zu bieten hat, zu kredenzen.

|Musik und Effekte|

Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Melodie oder ein paar Sound-Effekten. Danach folgt bei einigen Kapiteln noch ein Ambient-Teppich als Untermalung für den Hintergrund, wird er aber auch gern mal spontan mitten in einem Track verlegt. Dieser Teppich fällt manchmal kaum, manchmal gar nicht und manchmal stark auf, weil er in der Lautstärke variiert, was dann teilweise den Sprecher unterstützt oder von ihm ablenkt.

_Der Sprecher:_

Josef Tratnik ist der Sprecher der „klassischen“ |Silber Edtionen|. Er studierte Theaterwissenschaften, Philosophie und Germanistik in Köln und absolvierte er dort eine Schauspielausbildung am Theater „Der Keller“. Neben der Sprechertätigkeit für Hörfunk und Fernsehen, hauptsächlich bei den Sendern DLF, DW und WDR mit Hörspiel-/ und Feature-Produktionen, ist er freischaffender Schauspieler, Synchronsprecher und Sprecher in Köln. (Quelle: wikipedia)

_Die Ausstattung:_

Wie gewohnt sind die 13 CDs mit dem Titelbild der |Silber Edition| bedruckt, die nicht das Cover des entsprechenden Silberbandes zeigt, sondern einen Ausschnitt des Titelbilds von Heft 264 „Die Invasion der Toten“. Die CDs sind einzeln in Papphüllen verpackt und in einer stabilen Papp-Klappbox zusammengefasst. Die Rückseiten der Papphüllen (1-12) ergeben zusammengesetzt das Cover von Heft 265 „Das Zeitauge“. Für die Rückseite der Klappbox ist als Hintergrundbild ein Ausschnitt des Covers von Heft 266 „Die Tempel von Darak“ gewählt worden. Auch die aneinandergereihten Rücken der Klappboxen bilden mit jeder weiteren Ausgabe ein sich zusammensetzendes schickes Gesamtbild.

Zusätzlich ist wieder ein Booklet enthalten, mit Tracklisting, einem Vorwort von Horst Hoffmann, einer Risszeichnung eines Kampfraumers der Tefroder und den Titelbildern der in dieser |Silber Editon| zusammengefassten Hefte der Erstauflage. Im Gegensatz zum Druck der Risszeichnung in der letzten |Silber Edition| ist diesmal wieder alles klar und deutlich zu erkennen.

_Fazit:_

Kurzweilig und spannend geschrieben, engagiert und lebendig von Josef Tratnik vorgetragen. Diese |Silber Edition| hat sich schnell zu einer meiner Favoriten entwickelt.

Auf der [Produktseite des Verlags]https://www.einsamedien.de/index.php?id=16&productID=37280 gibt es auch eine Hörprobe zu dieser |Silber Edition|, die einen Flash-Player voraussetzt.

|13 Audio-CDs in Papp-Klappbox
Spieldauer: ca. 16:15 Stunden
Gelesen von Josef Tratnik
ISBN-13: 978-3939648932|
[www.einsamedien.de]http://www.einsamedien.de

_book=7094

Perry Rhodan – Der Schläfer der Zeiten (Lemuria 2)

_Perry Rhodan: |Lemuria| – Die Lesungen:_

Band 1: [„Die Sternenarche“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6935
Band 2: [„Der Schläfer der Zeiten“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7093
Band 3: „Exodus der Generationen“
Band 4: „Der erste Unsterbliche“ (Oktober 2011)
Band 5: „Die letzten Tage Lemurias“ (Januar 2012)
Band 6: „Die längste Nacht“ (April 2012)

_Die Handlung:_

Perry Rhodan entdeckt im Speicherchip, den er von der Lemurerin Denetree (bekannt aus dem ersten Teil der Reihe) erhalten hat, eine weitere Arche und macht sich auf die Suche nach ihr. Derweil stürzt diese Arche beim Versuch auf einem Planeten notzulanden auf diesem ab.

Rhodan trifft einen Monat später ein, um anschließend auch auf dem Planeten festzusitzen, denn alle Energietriebwerke haben den Geist aufgegeben. Der Planet ist nämlich nicht unbewohnt und die Wesen beobachten die Neuankömmlinge argwöhnisch.

_Mein Eindruck:_

Hatte ich beim letzten LEMURIA-Hörbuch das Gefühl, mir würde Action fehlen, so war dieses Gefühl wider Erwarten noch steigerungsfähig. Im Prinzip fängt dieser Teil exakt so an wie der erste. Wieder gibts eine Arche der Lemurer nebst Besatzung zu entdecken. Und es dauert gute vier Stunden Hörzeit, bis die ganze Geschichte wirklich interessant wird.

Denn „Der Schläfer der Zeiten“ ist zwar ein Planetenabenteuer, aber keins mit actiongeladenen Kämpfen und spannenden Entdeckungen und Wirrungen, sondern ein eher ruhiger Erstkontakt-Roman. Und nach einem bekannten Muster läuft er auch ab: Misstrauen, kritisches Beäugen, Auf- und Erklärung … und dann das Happy-End.

Und wenn im nächsten Teil der dritte Reihen-Autor eine dritte Arche der Lemurer ins Spiel bringen sollte, dann verdrehe ich die Augen.

_Das Hörerlebnis:_

Josef Tratnik hat hier nicht allzu viel Gelegenheit zu glänzen. Perry Rhodan ist sofort zu erkennen, weil Tratnik ihn immer so gesprochen hat und auch die anderen Charaktere erhalten ihre eigenen Merkmale, die sie gut unterscheidbar machen.

Einzig, wenn Tratnik die Passagen der Menttia liest, wird seine Stimme leicht unangenehm hoch und er verbreitet so eine Menge Unruhe. Ob das Absicht ist, weil die Menttia sich von den „Eindringlingen“ auf ihrem Planeten gestört fühlen, kann ich nicht beurteilen.

Ansonsten liefert Josef Tratnik gewohnt solide ab und hat mich trotz der mir fehlenden Action gut unterhalten. Die Handlung hat mich nicht umgehauen, aber der Sprecher verkauft sie dennoch sehr gut.

|Musik und Effekte|

Im Gegensatz zu den |Silber Editionen| ist die Einstiegs- und zugleich auch Kapitel-Vorspann-Musik flotter im Abgang und elektronischer vom Stil her. Die auch in den |Silber Editionen| verwendeten und aufgrund ihrer Seltenheit leicht irritierenden Ambient-Sound-Teppiche sind auch hier vorhanden. Allerdings so selten und so leise, dass ich oftmals dachte, es wären Störgeräusche von außen.

Ich mag dieses Stilmittel gern, weil es eine Story noch mehr zum Kopfkino werden lassen kann. Leider dürfen oder wollen die Toningenieure nicht mehr zur Belebung der Lesung beitragen, sodass die „Effekte“ oftmals eher eine Ablenkung denn eine Unterstützung sind. „Entweder richtig oder gar nicht“, wäre hier die beste Lösung für den Hörer.

_Der Sprecher:_

Josef Tratnik ist der Sprecher der „klassischen“ |Silber Edtionen|. Er studierte Theaterwissenschaften, Philosophie und Germanistik in Köln und absolvierte er dort eine Schauspielausbildung am Theater „Der Keller“. Neben der Sprechertätigkeit für Hörfunk und Fernsehen, hauptsächlich bei den Sendern DLF, DW und WDR mit Hörspiel-/ und Feature-Produktionen, ist er freischaffender Schauspieler, Synchronsprecher und Sprecher in Köln. (Quelle: wikipedia)

_Die Ausstattung:_

Wie vom Verlag gewohnt sind die 8 CDs mit dem Titelbild der |Silber Edition| bedruckt, einzeln in Papphüllen verpackt und in einer stabilen Papp-Klappbox zusammengefasst.

Das vierseitige Booklet enthält die Trackliste der einzelnen CDs mit den Kapitel-Nummern des Buches und den Gesamtspieldauern der Scheiben. Auf der Rückseite wird für den nächsten Teil der Reihe „Exodus der Generationen“ geworben.

Als Extra gibt es ein entfaltbares Poster in der Größe 36 x 48cm mit dem Cover-Motiv der Box.

_Mein Fazit:_

Josef Tratnik macht aus diesem ruhigen Erstkontakt-Planetenabenteuer was er kann. Er unterhält den Hörer gut, auch wenn dieser gern an der einen oder anderen Stelle die Handlung ein wenig antreiben möchte, weil es schon ein wenig lange dauert, bis die Geschichte Fahrt aufnimmt.

|8 CDs in Papp-Klappbox, einzeln in Papphüllen verpackt
Spieldauer: ca. 8:46 Stunden
Gelesen von Josef Tratnik
ISBN-13: 978-3939648970|
[www.einsamedien.de]http://www.einsamedien.de

_Perry Rhodan auf |Buchwurm.info|:_
[„Die Sternenarche“ 769 (Perry Rhodan – Lemuria 1)
[„Der Schläfer der Zeiten“ 871 (Perry Rhodan – Lemuria 2)
[„Exodus der Generationen“ 886 (Perry Rhodan – Lemuria 3)
[„Der erste Unsterbliche“ 949 (Perry Rhodan – Lemuria 4)
[„Die letzten Tage Lemurias“ 1021 (Perry Rhodan – Lemuria 5)
[„Die längste Nacht“ 1137 (Perry Rhodan Lemuria 6)
[„Die Lebenskrieger“ 2189 (Perry Rhodan PAN-THAU-RA 1)
[„Die Trümmersphäre“ 2468 (Perry Rhodan PAN-THAU-RA 2)
[„Die Quantenfestung“ 3050 (Perry Rhodan PAN-THAU-RA 3)
[„PERRY RHODAN: Odyssee“ 3240
[„Die Kaiserin von Therm“ 3241 (Perry Rhodan Silberband 94)
[„Die Rückkehr“ 1611 (Perry-Rhodan-Roman 2295)
[„Das Antares-Riff“ 1706 (Perry Rhodan Extra 2)
[„Perry Rhodan – Das Rollenspiel“ 2925 (Grundregelwerk)
[„Sternenozean“ 5831 (Hörspielserie, Teil 1-25)
[„Das gestrandete Imperium“ (Perry Rhodan – Der Posbi-Krieg 1)“ 6081
[„Perry Rhodan – Silber Edition 24: Die Para-Sprinter“ (Hörbuch) 6330
[„Perry Rhodan – Silber Edition 25: Brennpunkt Andro-Beta“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6492
[„Perry Rhodan: Der Posbi-Krieg“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6394
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 1 von 4)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6560
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 2 von 4)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6614
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 3 von 4)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6666
[„Perry Rhodan – Silber Edition 74: Konzil der Sieben“ (Teil 4 von 4)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6721
[„Die Zeitstadt“ (Perry Rhodan – Andromeda 6) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6740
[„Konzil der Sieben“ (Perry Rhodan – Silber Edition 74) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6743
[„Die Laren“ (Perry Rhodan – Silber Edition 75, Teil 1 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6775
[„Die Laren“ (Perry Rhodan – Silber Edition 75, Teil 2 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6824
[„Die Laren“ (Perry Rhodan – Silber Edition 75, Teil 3 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6880
[„Die Laren“ (Perry Rhodan – Silber Edition 75, Teil 4 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6916
[„Geisterschiff CREST IV“ (Perry Rhodan – Taschenheft 10]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id%3C/b%3E__book=6925
[„Die Laren“ (Perry Rhodan – Silber Edition 75) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6936
[„Die Sternenarche“ (Perry Rhodan – LEMURIA 1) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6935
[„Andromeda“ (Perry Rhodan – Silber Edition 27) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6945
[„Raumschiff Erde“ (Perry Rhodan – Silber Edition 76, Teil 1 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6950
[„Raumschiff Erde“ (Perry Rhodan – Silber Edition 76, Teil 2 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6990
[„Raumschiff Erde“ (Perry Rhodan – Silber Edition 76, Teil 3 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7027
[„Im Mahlstrom der Sterne“ (Perry Rhodan – Silber Edition 77, Teil 1 von 4) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7091
[„Raumschiff Erde (Perry Rhodan – Silber Edition 76) (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=7092

Koglin, Michael – Bluttaufe (Lesung)

In der Nähe Lüneburgs wird eine zerstückelte Leiche gefunden – die Körperteile sind abgetrennt und zu einem morbiden Gesamtkunstwerk drapiert. Wegen eines Kassenbons wird der Hamburger Kommissar Peer Mangold zu dem Fall hinzugerufen. Unterstützung erhält die Polizei darüber hinaus von einem ehemaligen Kriegsberichterstatter und von der Profilerin Kaja Winterstein. Mysteriös sind die frischen Samenspuren auf der Leiche, die einem Wachmann zugeordnet werden können, der bereits seit mehreren Monaten tot ist. Schnell wird der Polizei klar, dass der Täter einen berühmten Massenmörder nachgeahmt hat, nämlich Ted Bundy.

Bei der einen Leiche bleibt es nicht lange, schon bald darauf wird eine weitere grausam zugerichtete Leiche gefunden. Auch dieser Mann wurde noch zu Lebzeiten brutal misshandelt – und wieder hat der Täter nach einem berühmten Vorbild gehandelt.

Kurz darauf meldet er sich bei der Polizei und gibt ihr einige Hinweise, um sein perfides Katz-und-Maus-Spiel voranzutreiben. Alles deutet darauf hin, dass es sich bei dem Täter um einen so genannten Savant handelt, einen Inselbegabten mit außergewöhnlichen intellektuellen Fähigkeiten. Zur Unterstützung holt sich die Polizei einen anderen Savant, der innerhalb kürzester Zeit auf alle Rechner der Polizei einen Trojaner einschleust und der offensichtlich auch mit dem Täter Kontakt aufgenommen hat.

Immer wieder kann die Polizei kleine Hinweise entschlüsseln, die sie zum nächsten Opfer führen und auch dem Täter näher bringen. Doch offensichtlich verfolgt der Täter nur ein Ziel und hatte von Anfang an nur eine Person im Visier und der kommt er immer näher …

_Katz-und-Maus-Spiel_

„Bluttaufe“ beginnt fulminant – eine grausam zugerichtete Leiche wird aufgefunden – eine Tat, die dem Vorbild Ted Bundys entspricht. Schnell bringt Michael Koglin nicht nur sein gesamtes Ermittlerteam ins Spiel, sondern auch die nächste Leiche. Und früh nimmt der Täter Kontakt mit Mangold auf und schließlich auch mit den anderen Ermittlern. Mit diesen kleinen Hinweisen treibt er ein Katz-und-Maus-Spiel voran, wie es zunächst kaum spannender sein könnte. Man weiß nicht, worauf das alles hinauslaufen soll, welche Ziele der Täter verfolgt und um wen es sich eigentlich handelt.

Doch je länger das Hörbuch andauert, umso ermüdender wird der ganze Fall. Alles läuft nach dem immer wieder gleichen Muster ab: Der Täter gibt einen kryptischen Hinweis, die Polizei entschlüsselt ihn und findet die nächste Leiche oder eine Spur, die zum Täter führen könnte. Ziemlich abstrus wird es dann, als klar wird, dass es sich bei dem Täter um einen Savant handeln muss und die Polizisten die kuriose Idee haben, einen anderen Savant einzuschleusen, um dem Täter näher zu kommen. Doch mit einem Savant kommuniziert es sich nicht gut, und so kommt die Polizei nicht so recht voran.

Im weiteren Verlauf der Geschichte bewegen wir uns aus Norddeutschland fort, einige Hinweise führen nach Griechenland, andere nach Südspanien. So spaltet sich das Ermittlerteam auf und jeder verfolgt andere Spuren. Doch einige davon gelten natürlich nur der Ablenkung, und so verschwindet schließlich ein Mitglied des Ermittlerteams auf dem Weg nach Spanien …

Aus meiner Sicht zerfasert der Fall immer mehr, wird immer unübersichtlicher und abstruser. Ganz hanebüchen wird es, als die Theorie aufkommt, bei dem Savant handele es sich um einen ehemaligen Siamesischen Zwilling, der nun seinen anderen Zwilling wiedererwecken möchte – also bitteschön, wie weit hergeholt ist das denn? Mit dieser Auflösung konnte mich Michael Koglin beim besten Willen nicht überzeugen. Während der Fall zunächst vielversprechend beginnt, übertreibt es Koglin im weiteren Verlauf des Falles immer mehr, sodass ich am Ende ziemlich enttäuscht war, zumal in den letzten 10 bis 15 Minuten des Hörbuchs alles holterdiepolter geht, der Täter identifiziert, aufgefunden und ausgeschaltet wird, um sein letztes Opfer noch rechtzeitig zu retten. Ich war zwar auf der einen Seite ganz froh, dass wir hier zu einem Ende gekommen sind, aber bei all dem Vorgeplänkel vorweg, kam das Ende dann doch zu fix.

_Auf die Ohren_

Martin Kessler war mir bislang als Hörbuchsprecher völlig unbekannt, aber seitdem ich gelesen habe, dass er die Synchronstimme von Vin Diesel und Nicolas Cage ist, weiß ich auch, warum mir sein Vortrag nicht sonderlich zugesagt hat, denn ich mag beide Schauspieler nicht. Auf der einen Seite leiert Kessler seinen Text recht eintönig runter, aber wenn es darum geht, in den Dialogen in verschiedene Rollen zu schlüpfen, finde ich seine Stimminterpretation etwas zu übertrieben. Und wenn er in die Täterperspektive wechselt, ist dieser Wechsel schwierig nachzuvollziehen.

_Norddeutsche Morde_

„Blutaufe“ lässt sich zu Beginn sehr vielversprechend an, der Fall beginnt spannend und fulminant. Zwar bringt Koglin meiner Ansicht nach zu viele Personen ins Spiel – mehrere Ermittler, den Kriegsberichterstatter, die Profilerin und dann noch eine Nachbarin Mangolds, die immer wieder auftaucht, aber nie eine wirkliche Rolle spielt. Doch im weiteren Verlauf verpufft die Spannung immer mehr, weil Koglin es einfach übertreibt, noch mehr Personen ins Spiel bringt und seinem Fall eine sehr abstruse Wendung gibt. Die Auflösung ist dann auch gänzlich hanebüchen, sodass ich keine große Lust auf einen weiteren Fall von Peer Mangold habe. Auch der Vortrag von Martin Kessler konnte mich nicht überzeugen – schade!

|Download-Version mit 8:05 h Spieldauer|
[www.audible.de]http://www.audible.de

Walden, Conny – Papiermacherin, Die

_West-China im späten 10. Jahrhundert._ Die junge Papiermacherin Li wird mit ihrem Vater Meister Wang und dem Gesellen Gao von Uiguren verschleppt. Die abenteuerliche Reise geht Richtung Westen und bald werden die Papiermacher nach Samarkand verkauft. Dort ist die Kunst der Papierschöpfer sehr gefragt. Li macht sich einen Namen, da sie es vollbringt feine Wasserzeichen in das Papier einzulegen, was dieses einzigartig und fälschungssicher macht. In Samarkand trifft Li den sächsischen Ritter Arnulf von Ellingen und kann diesen vor einem Anschlag bewahren. In einem belauschten Gespräch zwischen dem Händler Thorkilt Larson und dem Stadthalter Samarkands erfährt sie, dass der ihr noch unbekannte Ritter aufgrund seiner Mission sterben soll.

Arnulf von Ellingen kann, dank Lis Warnung, mit seinem Knappen und dem Mönch Fra Branaguorno fliehen.

Aber auch in der Papiermacherfamilie kehrt keine Ruhe ein, auch Meister Wang, Li und ihr Geselle Gao müssen Samarkand bald verlassen und die Reise führt sie nach Konstantinopel. Hier trifft Li wieder auf Arnulf von Welllingen und als erneut eine Intrige das Leben Arnulfs bedroht fliehen beide und eine abenteuerliche Reise über Venedig nach Magdeburg beginnt. Aber hat die entfachende Liebe zwischen dem Ritter Arnulf und der Papiermacherin Li eine Chance?

_Kritik_

Das Autorenduo Conny Walden alias Alfred und Silke Bekker hat mit „Die Papiermacherin“ seinen zweiten historischen Roman veröffentlicht.

Dem flüssigen und zeitgemäßen Erzählstil des Autorenduos kann mühelos gefolgt werden. Auch gelingt es den Autoren, ein lebendiges Bild der damaligen Zeit zu schaffen und so dem Leser diese Zeit nahezubringen und durch die fast greifbare Atmosphäre fühlt man sich fast in diese Zeit versetzt. Trotz einer manchmal leicht ins Klischee abfallenden Handlung wird der Leser doch gut und abwechslungsreich unterhalten.

Erzählt wird die ereignisreiche Geschichte aus der Perspektive eines Beobachters, der sich auf die beiden Charaktere Li und Arnulf konzentriert. Da die Figuren viele ihrer Abenteuer alleine bestehen müssen, wird so im Wechsel zwischen den beiden erzählt. Der Leser lernt beide Charaktere und ihren Hintergrund kennen.

Gleich zu Beginn des Romans wird der Leser direkt in das Spannung erregende Geschehen katapultiert. Der Spannungsbogen entwickelt sich gleichbleibend durch die Geschichte. Durch findige Intrigen, die den Protagonisten mitspielen, steigt der Spannungsbogen dann kurzzeitig an, um sich anschließend wieder einzupendeln.

Die Hauptdarsteller Li und Arnulf sind facettenreich und lebendig konzipiert und passen vom Denken und Handeln in ihre Zeit. Die weiten Protagonisten wirken dagegen leider oftmals recht eindimensional und haben so nicht die Chance lange in Erinnerung zu bleiben. Die Rand- und Nebenfiguren sind zumeist auf die interessante Handlung beschränkt, daher fehlt diesen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Trotzdem wirken auch sie glaubwürdig, da sie zeitgemäß skizziert wurden.

Als Ausgleich lernt der Leser aber die beiden wichtigsten Persönlichkeiten sehr gut kennen und auch ihren Hintergrund zu verstehen. Li findet sich, besonders durch ihre genossene Erziehung, recht schnell mit den verschiedenen Begebenheiten ab und macht das Beste aus dem, was ihr Leben ihr bietet. Auch Arnulf ist kein Mensch, der sich leicht kleinkriegen lässt und stellt sich den Herausforderungen, die sich ihm in den Weg stellen.

Die Beziehungen unter den Protagonisten sind eindeutig, klar und authentisch dargestellt.

_Fazit_

„Die Papierhändlerin“ von Conny Walden besticht durch einen dem Mittelalter angepassten Stil, der andere, kleinere Fehler schnell vergessen macht. Mit einer spannenden Handlung und zwei authentischen Protagonisten unterhält „Die Papiermacherin“ den Leser mit feinen Intrigen und einer abenteuerlichen Reise, die in China ihren Anfang nimmt und schließlich in Magdeburg endet.

Trotz kleiner Schwächen ist dem Autorenduo Conny Walden ein ereignisreicher und lesenswerter Roman gelungen, der bei seiner Zielgruppe, den Lesern historischer Romane, durchaus Anklang finden wird.

_Autor(en)_

Conny Walden ist das Pseudonym für das Autorenduo Alfred und Silke Bekker. Alfred Bekker schreibt Fantasy, historische Romane, Kinder- und Jugendbücher. Seine Frau Silke Bekker veröffentlicht vor allem Humoresken und Erzählungen. Unter dem Pseudonym Conny Walden schreiben sie gemeinsam historische Romane. Weitere historische Romane des Autorenduos sind bei Goldmann in Vorbereitung.

|Taschenbuch: 416 Seiten
ISBN-13: 978-3442473151|

_Conny Walden bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Bernsteinhändlerin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6521

Stephen Baxter – Die letzte Arche

Als die Erde in einer globalen Dauerflut ertrinkt, soll ein gigantisches Raumschiff gebaut und ein ferner Planet besiedelt werden … – Was Autor Baxter mit „Flut“ episch begann, setzt er hier ebenso ausführlich fort: Episodisch rafft er die Geschichte von Jahrzehnten und tritt dennoch immer wieder auf der Stelle. Die quasi-dokumentarische Handlung ist gut recherchiert, ereignisreich und spannend, ächzt aber auch unter Klischees und ist weitschweifig: trotzdem sehr nahrhaftes Lesefutter.
Stephen Baxter – Die letzte Arche weiterlesen

Perry Rhodan – Raumschiff Erde (Silber Edition 76)

_Die Handlung:_

Im Jahr 3459. Die Völker der Milchstraße ächzen unter dem Joch der Konzilsherrschaft. Die Laren und ihre willfährigen Helfer, die Überschweren, beherrschen dank ihrer überlegenen Technik die gesamte Galaxis. Das Solare Imperium ist wie alle übrigen Sternenreiche zusammengebrochen. Unter Aufbietung aller Kräfte gelang es der Menschheit aber, zumindest ihre Heimat, das Solsystem, dem Zugriff der Eroberer zu entziehen. Ein gewaltiges Schirmfeld hüllt die Sonne und ihre Planeten ein, hält sie mehrere Minuten in der Zukunft, unerreichbar für die feindlichen Flotten. Doch Perry Rhodan weiß, dass die Zuflucht in der Zeit nicht von Dauer sein kann. Zu überlegen ist die Technik der Laren, zu erdrückend ihre Übermacht. Die Menschheit benötigt ein neues Versteck – und in Perry Rhodan reift ein Entschluss, der die Geschicke der Menschheit und der Erde für immer verändern wird … (Verlagsinfo)

_Mein Hör-Eindruck:_

Manchmal leicht gehetzt und ein wenig Nervosität verbreitend, weil recht schnell vorgetragen, schafft es Jacobs dennoch zügig, den Hörer in die Geschichte zu ziehen.

Die von ihm angebotenen Charaktervariationen sind immer angenehm im Ohr, und selbst wenn im Text steht, dass der Sprecher der Hyptons eine hohe Stimme hat, so hat Jacobs dennoch Erbarmen mit den Hörern und übertreibt die Umsetzung nicht. Auch Stimmungen und Verstimmungen der Figuren bringt er gut rüber.

Tom Jacobs ist in Bestform. Der Text bietet ihm die Vorlage, sein Können zu zeigen und er liefert ab. Dramatische Ereignisse, hektische Diskussionen, Angst, Wut, alle Gefühle und Stimmungen werden fesselnd ins Ohr des Hörers gebracht.

Skopein der Barbar ist passend lautstark umgesetzt. Und bei Bentejac dem Neu-Lemurer legt sich Tom Jacobs richtig ins Zeug, wenn die Besatzung des terranischen Forschungsraumers auf ihn und seine Leute trifft. Laut und aufgeregt, teilweise sogar brüllend, aber nie schmerzend für den Hörer, fährt der Sprecher hier richtig auf und fesselt an die spannende Story.

Allein der Oponer Merkosh hat bei mir im Kopf durch die Interpretation von Tom Jacobs das Gefühl erweckt, er wäre ein Zwerg, dabei ist er zwei Meter groß. Ein wenig zu hoch ist da die Stimmwahl für meinen Geschmack gewesen. Und den Afrikaner Ras Tschubai spricht Jacobs wie einen Haluter, ein wenig sehr laut. Später dann fährt er die Lautstärke runter und Tschubai klingt wieder wie ein Terraner.

Wenn er als aufgeregt hetzender Dr. Ammun loslegen kann, bietet ihm das Skript ein wenig Sprach-Action. Das allerdings ging mir manchmal ein wenig auf die Nerven, aber, wenn im Skript steht, dass er ständig brüllen soll, dann kann sich der Hörer nicht beschweren, nur leiser drehen.

Tom Jacobs interpretiert den Mutanten Ribald Corello nicht immer durchgängig gleich, was manchmal zu Verwechslungen mit seiner Version von Gucky führen kann.

Dennoch kann Tom Jacobs wieder einmal zeigen, warum er zu meinem Lieblings-Silber-Editions-Sprecher geworden ist. Ohne auf alberne Akzente oder unangenehme Stimmfarben und -höhen zurückzugreifen, bringt er die volle Dramatik ins Ohr des Hörers.

|Die Effekte – Der Hintergrund|

Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Melodie oder ein paar Sound-Effekten. Danach folgt bei einigen Kapiteln noch ein Ambient-Teppich als Untermalung für den Hintergrund, der wird er aber auch gern mal spontan mitten in einem Track verlegt. Dieser Teppich fällt manchmal kaum, manchmal gar nicht und manchmal stark auf, weil er in der Lautstärke variiert, was dann teilweise den Sprecher unterstützt oder von ihm ablenkt.

|Die teilweise beschädigten MP3s und das Booklet|

Die Qualität der MP3s entspricht dem Eins-A-Medien-Standard: 192kbps, 41,1kHz und Joint Stereo. Die Tracks sind fortlaufend nummeriert, wobei die Tracknummer im Dateinamen vorn steht und im ID3-Tag am Ende. Auch die Namen der an dieser |Silber Edition| beteiligten Autoren werden im ID3-Tag erwähnt. Die grafisch aufgehellte Front von Band 673 „Raumschiff Erde“ ziert die ID3-Tags. Das Bild liegt dem Hörbuch zusätzlich als JPG- und als PDF-Datei in der Auflösung 1448 x 1444 bei. Des Weiteren ist auf den CDs das grafisch aufpolierte Titelbild von Heft 664 „Tunnel durch die Zeit“ im gigantischen Format von 2394 x 3540 als JPG-Datei zu finden. Laut Klappentext „zum Ausdrucken oder Entwickeln lassen“. Eine schöne Idee. Das nächste Mal gern auch die Cover der anderen Hefte, aus denen sich diese |Silber Edition| zusammensetzt.

Im Booklet findet wir ein Tracklisting, ein Vorwort von Horst Hoffmann, eine Risszeichnung einer neuen Space-Jet, eine Zeitleiste und die Cover der in dieser |Silber Edition| enthaltenen Heftromane Nr. 664, 666, 667, 668, 672 und 673.

Wie im Verlagsforum von verschiedenen Hörern bemängelt wurde, sind viele der Dateien am Ende beschädigt, sodass es sich oftmals wie ein technischer Schluckauf anhört, wenn der Track zu Ende geht. Das hört sich für mich so an, als hätte das Programm, das der Verlag zur Teilung der Lesung eingesetzt hat, fehlerhaft gearbeitet.

Der Verlag hat mittlerweile reagiert und versprochen, fehlerfreie Ersatztracks zum Download zur Verfügung zu stellen.

_Mein Fazit:_

Tom Jacobs in Bestform liest ein spannendes und abwechslungsreiches Abenteuer, das fieserweise mit einem dicken Cliffhanger endet. Sehr gerne wieder.

|2 MP3-CDs mit 16:58 Std. Gesamtspieldauer
Aufgeteilt auf 199 Tracks
Sprecher: Tom Jacobs
ISBN-13: 9783939648956|
[www.einamedien.de]http://www.einsamedien.de
[www.perry-rhodan.net]http://www.perry-rhodan.net

n.php?id__book=7091

Perry Rhodan – Im Mahlstrom der Sterne (Silber Edition 77, Teil 1 von 4)

_|Im Mahlstrom der Sterne|:_

Teil 1: _375 MB, 4:28 h, 51 Tracks_
Teil 2: – erscheint am 07.06.2011 –
Teil 3: – erscheint am 28.06.2011 –
Teil 4: – erscheint am 19.07.2011 –

_Die Handlung:_

In der langen Geschichte der Menschheit war Perry Rhodans Plan ohne Beispiel: Die Erde, die Urheimat der Terraner, und der Mond sollten mit einem Sprung durch den Hyperraum an eine neue Heimat versetzt werden. Eine Heimat, die den Flotten der Laren und Überschweren, den neuen Herrschern der Milchstraße, entzogen sein sollte. Doch der tollkühne Sprung endete nicht in der erhofften Sicherheit: Erde und Mond rematerialisierten zwar reibungslos im Normalraum, aber nicht an dem vorgesehenen Zielpunkt. Perry Rhodan und die Menschheit fanden sich in einem unbekannten Teil des Universums wieder, Millionen, möglicherweise sogar Milliarden Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Die Menschheit steht erneut am Anfang. Sie macht sich auf, ihre neue Heimat zu erkunden – und muss erkennen, dass eine dunkle Macht über dem „Mahlstrom der Sterne“ herrscht … (Verlagsinfo für die komplette |Silber Edition 77| )

|Dieser Teil:|

Der Transmittersprung von Terra und Luna hat die Bewohner zwar vor den Laren in Sicherheit gebracht, aber die beiden Himmelskörper sind nicht da materialisiert, wo sie eigentlich sollten. Stattdessen sind die Erde und ihr Mond in einer Art energetischem Mahlstrom gelandet.

Da bis auf einen sämtliche Linearantriebe aller Raumschiffe ausgefallen sind, unternimmt Perry Rhodan mit der BOX-7149 einen Erkundungsflug, um herauszufinden, wo der Sonnentransmitter sie hinversetzt hat. Er entdeckt eine Raumstation der vogelartigen Glovaaren, die nicht so tot sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen …

_Mein Eindruck:_

Nachdem die letzte |Silber Edition| mit einem dicken Cliffhanger zu Ende ging, denn die Flucht mit Terra und Luna hatte zwar geklappt, aber die Reise ging nicht dahin, wohin sie eigentlich sollte, war ich mehr als gespannt, wie es weitergeht und darauf, wo es Terra und Luna denn nun hinverschlagen hat.

Die Idee des Mahlstroms, einer Materiebrücke zwischen zwei Galaxien, ist interessant. So entsteht direkt zu Anfang dieser |Silber Edition| gleich eine Handlungsebene, die sich nicht um die Zyklus-bestimmenden Laren dreht. Zwar befasst sich dieser erste Teil fast ausschließlich mit der verwirrten Menschheit und gegen Ende erst mit dem Kontakt zu den Vogelartigen, dennoch ist er nicht langweilig, weil auch der Hörer gespannt darauf ist, zu erfahren, wo Perry ist und wie er da wieder wegkommen will.

Einen kleinen Cliffhanger gibts auch am Ende dieses Teils. Der Hörer wünscht sich die Laren nicht so schnell wieder zurück und hört weiter aufmerksam und gespannt zu.

_Mein Hör-Eindruck:_

Andreas Laurenz Maier liest wie gewohnt gut. An seine Stimmfarbe, gerade wenn es hektisch und dramatisch wird, habe ich mich allerdings noch immer nicht gewöhnt. Zu schnell driftet er ins hohe Krächzen ab, was in den Ohren kratzt. Das fällt gerade bei seiner Interpretation des Wissenschaftlers Goshmo-Khan auf.

Gucky liest er wie gewohnt, auch hoch krächzend und extrem lispelnd. Auf der entspannten Seite lässt ihn das aber aus der Menge der anderen Charaktere schnell hervorstechen und so kann er schnell wiedererkannt werden. Hier und da vergisst Maier mal, bei einem „s“ zu lispeln, aber das ist zu verzeihen.

Ansonsten bringt Maier die Geschichte gut und lebendig ins Ohr des Hörers.

|Die Effekte – Der Hintergrund|

Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Melodie oder ein paar Sound-Effekten. Danach folgt bei einigen Kapiteln noch ein Ambient-Teppich als Untermalung für den Hintergrund, der wird er aber auch gern mal spontan mitten in einem Track verlegt. Dieser Teppich fällt manchmal kaum, manchmal gar nicht und manchmal stark auf, weil er in der Lautstärke variiert, was dann teilweise den Sprecher unterstützt oder von ihm ablenkt.

Als der Sprecher von der Flutwelle erzählt, die über Terra fegt und bei der Staubwolke, hat die Tontechnik für den Hintergrund jeweils einen Ambientsound gewählt, der sich nach Rauschen anhört. Hier blitzte ein wenig auf, was mit einer inszenierten Lesung noch alles aus „Perry Rhodan“ rauszuholen wäre.

|Die MP3s|

Die Qualität der MP3s entspricht dem Eins-A-Medien-Standard: 192kbps, 41,1kHz und Joint Stereo. Die 51 Tracks sind fortlaufend nummeriert, wobei die Tracknummern im Dateinamen vorn steht und im ID3-Tag am Ende. Diesmal allerdings hat sich der Verlag dazu entschieden, sämtliche Namen der an der kompletten |Silber Edition| beteiligten Autoren mit in das ID3-Tag der Dateien zu schreiben. In der Vergangenheit wurden lediglich die zwei oder drei Autoren genannt, die an dem jeweiligen Teil mitgewirkt hatten. Diese Neuerung macht den Eintrag in der Playlist so lang, dass je nach Abspiel-System nur noch die Autorennamen zu sehen sind und der Titel am Ende abgeschnitten wird.

Im Gegensatz zum Silberband 77 ziert nicht das Cover von Band 679 den Titel dieser |Silber Edition|, sondern die grafisch aufpolierte Front von Band 676 „Im Mahlstrom der Sterne“ die ID3-Tags. Das Bild liegt dem Hörbuch zusätzlich als JPG- und als PDF-Datei in der Auflösung 1448 x 1444 bei.

Der Download ist auch als One-Track-Version erhältlich.

_Mein Fazit:_

Andreas Laurenz Maier liest diesen Teil gewohnt gut, der zur Abwechslung mal nichts mit den Laren zu tun hat und so eine interessante und spannende Nebenhandlung eröffnet.

|MP3-Download mit ca. 375 MB Größe
Spieldauer der Lesung: 4:28 h
Anzahl der Tracks: 51
Sprecher: Andreas Laurenz Maier
ISBN-13: 978-3943013061|
[www.einsamedien.de]http://www.einsamedien.de
[www.perry-rhodan.net]http://www.perry-rhodan.net

|Hinweis:| Die |Silber Edition 77| wird zusammen mit dem letzten Download-Teil ab dem 19. Juli 2011 auch komplett auf zwei MP3-CDs im Handel erhältlich sein.
igen.php?id__book=7027

Preston, Douglas & Child, Lincoln – Mission – Spiel auf Zeit

So faszinierend wie Special Agent Pendergast soll er sein – der neue Held vom Erfolgsduo Preston & Child! Gideon Crew heißt er und wird als tickende Zeitbombe beschrieben, denn in seinem Gehirn hat er ein Aneurysma, das ihn jederzeit töten könnte. Also verspürt er keinerlei Angst und übernimmt selbst die gefährlichsten Aufträge.

Wollen wir uns anschauen, ob Douglas Preston und Lincoln Child mit ihrem neuesten Werk an die erfolgreiche „Pendergast“-Reihe anknüpfen können und ob Gideon Crew tatsächlich die gleiche Faszination entwickeln kann wie der eigenwillige Pendergast!

_Auftragsagent_

Als Kind musste Gideon Crew miterleben, wie sein Vater erschossen wurde, nachdem er aus noch unerfindlichen Gründen Geiseln genommen, diese aber frei gelassen hatte. Seine Mutter ist es, die Gideon das Versprechen abnimmt, seinen Vater zu rächen, denn er ist Opfer einer Intrige geworden. Und diese möchte Gideon nun aufdecken. Erst mit Anfang 30 kann er schließlich in einem fulminanten Showdown den einstigen Widersacher seines Vaters töten.

Doch damit nicht genug erhält er kurz darauf einen brisanten Auftrag: Ein Chinese, der in einem Flugzeug gen USA sitzt, trägt angeblich den Plan für eine Geheimwaffe am Leib und Gideon soll diesen Plan wiederbeschaffen. Doch schon die Taxifahrt vom Flughafen aus endet für den Chinesen fatal: Er wird in einen fürchterlichen Unfall verwickelt und schwer verletzt. Gideon eilt ihm zu Hilfe und erfährt vom Chinesen eine mysteriöse Zahlenreihe. Im Krankenhaus stirbt der Chinese. Gideon gibt sich als sein Lebensgefährte aus, um die persönlichen Sachen genau durchsuchen zu können, doch nirgends steckt dieser Plan und aus der Zahlenreihe wird Gideon einfach nicht schlau. Wo hat der Chinese den Plan versteckt? Hat er ihn etwa nicht am, sondern IM Leib getragen?

Allerdings ist Gideon nicht der Einzige, der Jagd auf den Chinesen und den Plan für die Geheimwaffe macht. Ein chinesischer Auftragskiller ist ihm stets auf den Fersen, aber auch eine Frau, die vorgibt, für die CIA zu arbeiten, möchte von Gideon alles ganz genau wissen. Mit ihr schließt Gideon einen gefährlichen Pakt, denn er weiß nun, wo der Chinese das Gesuchte versteckt hat und ist überzeugt, dass nur einer die Bergung dessen überleben kann – er selbst oder der chinesische Killer Nodding Crane.

_Hirnlos_

Als spannender Agententhriller wird „Mission – Spiel auf Zeit“ beworben, aber vor allem locken die Versprechungen eines faszinierenden Ermittlers, der genau in die gleiche Kerbe schlägt wie Special Agent Pendergast. Die Messlatte haben Preston & Child bzw. die Verlagswerbung demnach hoch gelegt – und mussten entsprechend scheitern. Schon im ersten Teil des Buches, in dem Gideon seinen Vater rächt, offenbart die Schwächen des vorliegenden Thrillers: Denn Preston & Child bedienen sich der simpelsten Elemente für ihren Roman: Stereotype Charaktere und eine Sprache, wie sie einfacher nicht sein könnte. Die Sätze sind kurz, die Dialoge stets einfach gehalten, und auch als die beiden Autoren schließlich offenbaren, um was für eine Geheimwaffe es sich handelt und sie sich eigentlich ins Gebiet der Physik begeben müssten, um diese näher zu erläutern, ersparen sie sich jegliche weiterführenden Erklärungen, um auch bloß keinen der intellektuell womöglich etwas minderbemittelten Leser zu verlieren.

Die Handlung rast von einem Actionschauplatz zum nächsten. Ein Widersacher nach dem anderen taucht auf, verbündet sich mitunter mit Gideon, um ihn dann schließlich aber doch zu hintergehen. Es gibt Verfolgungsjagden, Schusswechsel, schlimme Verletzungen, die am besten bis ins letzte Detail beschrieben werden, und natürlich einen groß angelegten Showdown, der nur ein minimales Spannungsmoment enthält, das aber sofort verpufft.

Schon die „Pendergast“-Romane dienten natürlich einzig der lockeren Unterhaltung, doch mit ihrem Special Agent haben Preston & Child eine kauzige Figur geschaffen, die Ecken und Kanten hat, dem Leser sympathisch ist, aber dennoch stets undurchschaubar bleibt und deswegen auch eine Faszination entwickelt. Gideon Crew dagegen ist das Stereotyp eines Mannes, der praktisch alles kann. Auch wenn er nicht als Agent ausgebildet ist, merkt er instinktiv, wenn er verfolgt wird, kann seine Verfolger natürlich abschütteln und sie schließlich auch besiegen. Erklärt wird diese Allmacht mit dem Aneurysma, das wie eine tickende Zeitbombe in Gideons Kopf herumschwirrt und ihn unweigerlich töten wird, sodass er vor nichts Angst zu haben braucht. Doch mir reicht das nicht als Erklärung, denn wenn mir jemand unterbreiten würde, dass ich höchstens noch ein Jahr zu leben hätte und gut und gerne auch morgen schon tot umfallen könnte, würde ich sicherlich die letzten Tage, Wochen oder Monate meines Lebens genießen und nicht irgendwelche undurchsichtigen und gefährlichen Aufträge erledigen.

Spannung baut sich auch gar nicht auf, da schon klar ist, wer am Ende die Oberhand behalten wird, denn man würde seinen neu aufgebauten Superhelden ja nicht gleich im ersten Buch opfern, oder? Gideons Gegenspieler Nodding Crane ist mir bis zum Ende ein Rätsel geblieben. Von ihm erfährt man nicht viel mehr, als dass er eine rücksichtslose Tötungsmaschine ist, die gar nicht so sehr den Plan für die Geheimwaffe haben möchte, sondern vielmehr dazu eingesetzt ist, alle Mitwisser auszuschalten. Doch wieso um Himmels Willen lässt Nodding Crane (was für ein dämlicher Name überhaupt?) dann eine gute Gelegenheit nach der anderen aus, in der er Gideon locker hätte ausschalten können? Nein, natürlich wartet er brav bis zum finalen Showdown, lässt sich von seinem Gegner genau dorthin locken, wo er ihn haben möchte und tritt dann schließlich auch noch in die bescheuertste Falle, die man sich vorstellen kann. Die Story ist absolut hanebüchen und entbehrt jeglicher Logik!

_Enttäuscht_

Für mich scheitert das Projekt Gideon Crew auf ganzer Linie – weder schaffen Preston und Child es, einen charismatischen neuen Helden einzuführen, noch entwickeln sie in ihrer absolut vorhersehbaren Story auch nur ein Fünkchen an Spannung oder überzeugen womöglich sprachlich. Wer Matthew Reilly liest (oder liebt) – und das war so mit das Schlechteste, was ich in meinem ganzen Leben gelesen habe – der dürfte vermutlich Gefallen am vorliegenden Roman finden, doch wer auf gute Agentenstorys steht, der sollte tunlichst zu Daniel Silva greifen und bloß die Finger von diesem Erguss lassen. Bleibt nur zu hoffen, dass Douglas Preston und Lincoln Child sich ganz schnell auf ihre Erfolgsfigur Pendergast besinnen und Crew einen Ehrentod sterben lassen, auch wenn sie auf den letzten Seiten bereits zu Crews zweitem Fall überleiten …

|Hardcover: 432 Seiten
Originaltitel: Gideon’s Sword
ISBN-13: 978-3426199039|
[www.droemer-knaur.de]http://www.droemer-knaur.de

_Douglas Preston und Lincoln Child bei |Buchwurm.info|:_
[„Riptide – Mörderische Flut“ 71
[„Formula – Tunnel des Grauens“ 192
[„Ritual – Höhle des Schreckens“ 656
[„Burncase – Geruch des Teufels“ 1725
[„Burncase – Geruch des Teufels (Hörbuch)“ 2193
[„Dark Secret – Mörderische Jagd“ 2809
[„Maniac – Fluch der Vergangenheit“ 4249
[„Canyon“ 4243
[„Das Patent“ 701
[„Darkness. Wettlauf mit der Zeit“ 5681
[„Fever. Schatten der Vergangenheit“ 6942

Lynch, Scott – Die Lügen des Locke Lamora (Gentleman Bastards 1)

Locke Lamora:

Band 1: „Die Lügen des Locke Lamora“
Band 2: „Sturm über roten Wassern“
Band 3: „Die Republik der Diebe“ (11.10.2011)
Band 4: „The Thorn of Emberlain“ (noch ohne dt. Titel)
Band 5: „The Ministry of Necessity“ (noch ohne dt. Titel)
Band 6: „The Mage and the Master Spy“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „Inherit the Night“ (noch ohne dt. Titel)

Locke Lamora ist eine Waise, was auf viele Kinder in der Stadt Camorr zutrifft. Was Locke von seinen Altersgenossen in derselben Situation unterscheidet, ist seine Eigeninitiative. Und so kommt es, dass Locke als eines von fünf Kindern eine ganz und gar ungewöhnliche Ausbildung genießt …

Scott Lynch lässt seine Geschichte langsam angehen. Er erzählt abwechselnd von der Gegenwart und der Vergangenheit und zeichnet so zunächst den Werdegang seines Protagonisten nach:

Der junge Locke Lamora ist schmächtig, mager und nicht besonders ansehnlich. Aber er hat Köpfchen, und er weiß es. Das führt dazu, dass er oft und weit über die Stränge schlägt. Seine Ideen verraten mindestens so viel Witz wie Dreistigkeit und neigen meist dazu, nicht vollständig durchdacht zu sein, was ihm regelmäßig Ärger einhandelt.
Der erwachsene Locke ist immer noch mager, schmächtig, unansehnlich und übermütig. Als Kämpfer ist er miserabel, als Schauspieler dafür brillant. Allerdings betrügt er nicht aus Habgier oder Ehrgeiz, sondern aus purer Lust am Spiel. Und seine Bande ist keine zufällige Ansammlung von Kriminellen, sondern eine verschworene Gemeinschaft von engen Freunden.

Als wahrhaft tiefschürfend kann man die Charakterzeichnung nicht bezeichnen. Von Lockes Gedanken erfährt man kaum etwas, seine Vergangenheit blitzt nur ausschnittweise auf. Trotzdem ist Scott Lynch eine Figur gelungen, die über reine Nachvollziehbarkeit hinausgeht. Sie entwickelt sich zusammen mit dem Plot, weg von geradezu unbeschwertem Übermut hin zu Trauer und verbissenem Zorn, und das sehr glaubwürdig und lebensecht.

Wie die Charakterzeichnung so kommt auch der Plot nur allmählich in die Gänge. Es dauert über hundert Seiten, bis endlich deutlich wird, was Locke mit seiner Scharade in der Gasse neben dem Tempel der Glück verheißenden Wasser bezweckt, und dieses Gaunerstück ist nur ein kleiner Bestandteil des gesamten Buches. Zum Teil liegt die Trägheit darin begründet, dass hier Adlige über den Tisch gezogen werden. Es dauert einfach eine Weile, bis all der Höflichkeiten genüge getan wurde, die unter zivilisierten Leuten üblich sind. Darunter leiden zeitweise auch die Ereignisse Rabennest.

Zum Teil lag es aber auch daran, dass Scott Lynch seiner Welt einiges an Aufmerksamkeit widmet. So wurde die Entwicklung von Lockes neuestem Coup zusätzlich durch eingestreute Beschreibungen adliger Freizeitkultur unterbrochen, durch Volksbelustigung, das Rezept eines besonders harten Drinks und Ähnlichem. Das bremst den Anfang doch ziemlich aus. Andererseits entstand so ein sehr bildhaftes, plastisches, lebhaftes Bild der Stadt, in der Locke lebt. Den Namen Camorr darf man wohl als Anspielung verstehen, auch wenn die Darstellung von Inseln und Kanälen eher an Venedig erinnert als an Neapel. Türme und Brücken aus Elderglas rücken das Ganze wieder etwas mehr in den Bereich der Fantasy, letztlich spielt Magie aber eine eher untergeordnete Rolle. Hier geht es um Gauner, nicht um Zauberer. Insgesamt ist die Bühne des Dramas also keine neue Erfindung, aber sie ist zumindest stimmungsvoll und passend in die Geschichte integriert.

Und die Geschichte hat es – nach Überwindung des etwas zähen Anfangs – durchaus in sich. Tatsächlich tritt der Betrug, der zu Beginn so ausführlich beschrieben wird, bald in den Hintergrund, während eine Bedrohung, die zunächst nur am Rande erwähnt wurde, immer mehr an Bedeutung gewinnt und schließlich die gesamte Handlung bestimmt. Und das ist nicht das einzige, was Lockes Leben plötzlich zunehmend verkompliziert. Denn Locke ist ins Visier einer ganzen Reihe von unangenehmen Leuten geraten.

Mit der Zeit werden die Ereignisse nicht nur immer komplizierter, sie schlagen auch immer wieder Haken. Mehrmals ist es dem Autor gelungen, mich völlig zu überraschen. Dazu trug natürlich Lockes Einfallsreichtum eine Menge bei, vor allem, weil er die meiste Zeit auf Improvisation beruhte. Und während der eine Gegner uns wissen lässt, was er zu unternehmen gedenkt, und dadurch für steigende Spannung sorgt, lässt der andere uns völlig über seine Pläne im Dunkeln bis zu dem Moment, in dem er sie umsetzt, und verpasst uns so immer wieder mal eine kalte Dusche.

Immer größer, immer unberechenbarer werden die Schwierigkeiten, mit denen Locke und seine Bande sich konfrontiert sehen, und jedes Mal, wenn Locke sich mit Müh und Not und Hilfe seiner Freunde aus einer ausweglosen Situation gerettet hat, sieht die Lage noch schlimmer aus. Die Probleme ufern regelrecht aus, die Spannungskurve zieht sich zu.

Also um ehrlich zu sein: Obwohl es ein paar Szenen gab, die für meinen Geschmack eigentlich zu brutal waren, wie die Folter im Schwimmenden Grab, fand ich das Buch klasse. Für den Anfang braucht man ein starkes Interesse für Details von Kultur und Gesellschaft oder einfach nur ein wenig Geduld. Aber dann wird man mit einer spannenden, abwechslungsreichen und wenig vorhersehbaren Handlung belohnt. Locke Lamora ist ein sehr sympathischer Held, der am Anfang zwar durch das kräftige Herauskehren seiner Stärken wie ein unfehlbarer Übermensch wirkt, aber nur zu bald so auf die Nase fällt, dass dieser Eindruck schnell schwindet. Was ich aber vor allem gut fand, war, dass die Handlung als solche abgeschlossen ist, ohne lose Enden oder offene Fragen zu hinterlassen. Ich war ziemlich zufrieden, als ich das Buch zuklappte, und trotzdem neugierig auf die Fortsetzung, die nun frei ist, eine völlig neue Geschichte aufzubauen.

Scott Lynchs beruflichen Werdegang, bevor er seinen ersten Roman veröffentlichte, könnte man salopp mit über-Wasser-halten umschreiben, als Tellerwäscher, Kellner und dergleichen. Inzwischen sind die Abenteuer von Locke Lamora bis Band drei gediehen, der im Februar auf Englisch erschien und im Oktober unter dem Titel „Die Republik der Diebe“ auf Deutsch erscheinen wird.

Taschenbuch 845 Seiten
Originaltitel: The Lies of Locke Lamora
Ins Deutsche übertragen von Ingrid Herrmann-Nytko
ISBN-13: 978-3453530911

http://www.scottlynch.us/
http://www.lockelamora.co.uk/
http://www.heyne.de

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Barceló, Elia – Töchter des Schweigens

Im Sommer 1974 ist etwas passiert, das das Leben von sieben jungen Mädchen für immer verändert hat. Mit 18 haben sie auf ihrer Klassenfahrt etwas erlebt, das ihr Leben seitdem bestimmt und in ganz andere Bahnen gelenkt hat. Keine der sieben Frauen kann vergessen, was geschehen ist, und 33 Jahre später holt die Vergangenheit sie wieder ein. Zwei von ihnen haben kurz danach das Land verlassen und sich ein neues Leben aufgebaut, 2007 treffen sie sich erstmals alle wieder. Eine der sieben Frauen ist auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen – zunächst sieht es aus, als habe Lena sich die Pulsadern aufgeschnitten, doch wie konnte dann die Rasierklinge verschwinden? Wer profitiert von Lenas Tod? Und wieso hat jemand Spuren ausgelegt, die Rita als Schuldige dastehen lassen?

Rita, Lena, Teresa, Sole, Candela, Carmen und Ana waren einst unzertrennlich, sie haben den Rest ihrer Schulzeit gemeinsam verlebt und hatten große Pläne für die Zeit nach dem Abitur. In Valencia wollten sie studieren und dort ihre Freiheit genießen, doch dann kommt die Klassenfahrt nach Mallorca dazwischen, die alles über den Haufen wirft. Doch was ist auf dieser Fahrt geschehen, das sich dermaßen ins Gedächtnis der Frauen eingebrannt hat? Manch eine der Freundinnen hat daraufhin einen ganz anderen Weg eingeschlagen, etwas anderes studiert oder sich in die Ehe geflüchtet. Bei ihrem Wiedersehen 2007 versuchen sie, das Erlebte aufzuarbeiten. Erstmals gestehen sie sich, welche Wendungen ihr Leben genommen hat und welche Probleme sie schon damals 1974 gehabt haben, von denen manchmal nicht einmal ihre besten Freundinnen etwas geahnt hatten.

_Wendepunkt_

Das Buch beginnt im Juni 2007, wo die berühmte Filmregisseurin Rita Montero ihre Freundin Lena besuchen will, die Wohnungstür aber offen vorfindet. Als sie die Wohnung betritt, kommt ihr schon alles sehr merkwürdig vor. Langsam tastet sie sich von Zimmer zu Zimmer vor – bis sie Lena im Badezimmer findet. Sie liegt tot in der Badewanne, die Pulsadern aufgeschnitten. Rita erinnert sich zurück, denn schon einmal hat sie Lena mit aufgeschnittenen Pulsadern gefunden – nur winzige Narben an den Handgelenken zeugten noch von dieser Tat. Doch dieses Mal ist Lena wirklich tot, und dabei hatte sie Rita doch zu einem Abendessen eingeladen, um ihr etwas Wichtiges zu sagen. Die fertige Suppe steht noch auf dem Tisch. Was ist in Lenas Wohnung geschehen? Die Polizei ahnt schnell, dass Lena ermordet wurde, schließlich fehlt von der Rasierklinge jede Spur. Und Rita Montero hat eindeutig etwas zu verbergen – nur was?

Doch nicht nur Rita hat einiges auf dem Herzen. Zu dem Wiedersehen mit ihren ehemaligen Freundinnen, die sie seit über 30 Jahren nicht mehr gesehen hat, hat sie als seelisch-moralische Unterstützung ihre persönliche Assistentin und Lebensgefährtin Ingrid mitgebracht, doch Ingrid ahnt nichts von den Erlebnissen des Sommers 1974, denn keine der Freundinnen hat je über das Erlebte gesprochen. Lena war die Erste, die zu dem stehen wollte, was sie damals gesehen und erlebt hat.

Aber alle anderen Freundinnen haben auch ihr Päcklein zu tragen: Sole ist in eine Diplomatenehe geflüchtet, die sie nach Kuba geführt hat. Glücklich ist sie nicht, weiß sie doch von der Affäre ihres Mannes. Zudem hat ihr eigener Onkel ihr einst die Unschuld geraubt. Carmen hat immer noch nicht verwunden, dass sie damals nicht studieren konnte, weil sie ungewollt schwanger geworden ist. Ihre erste Ehe ist gescheitert, die zweite auch, und nun hat sie eine eher unglückliche Affäre mit einem verheirateten Mann. Candela hat nie geheiratet, hatte aber die eine oder andere Beziehung, doch keine der Freundinnen hat jemals geahnt, dass Candela gar nicht auf Männer steht. Und nur eine von ihnen weiß, dass Candela schwer krank ist und nicht mehr lange zu leben hat. Doch vorher möchte sie noch ihre einzig wahre Liebe zurückerobern, die 1974 ein so plötzliches und schmerzhaftes Ende gefunden hat.

_Fragezeichen_

Elia Barceló schafft das nahezu Unmögliche: Von der ersten Seite an hatte sie mich gepackt. Schon im ersten Kapitel legt sie Spuren aus, die unweigerlich ins Jahr 1974 führen, in dem etwas schier Unglaubliches passiert sein muss. Doch nur nach und nach erzählt sie vom Sommer 1974, in dem die sieben Mädchen Abitur gemacht haben. Parallel erzählt uns Barceló die Lebensgeschichte der sieben Frauen, berichtet wie sich das Leben jeder einzelnen unweigerlich verändert hat, welche Sorgen und Nöte die jungen Mädchen hatten und worüber sie sich jetzt im Jahr 2007 sorgen. Keine der sieben hatte ein leichtes Leben, jede hat nicht nur die Last der Schuld zu tragen, sondern jede Einzelne hat unglückliche Beziehungen hinter sich, gescheiterte Ehen, Familientragödien oder Ähnliches. Auf leider nur 422 Seiten eröffnet sich uns ein ganzes Universum von Lebensgeschichten bzw. -tragödien. Elia Barceló beweist dabei auf jeder einzelnen Seite, dass sie eine wunderbare und sehr geschickte Erzählerin ist. In farbenfrohen Worten schildert sie uns, was jede der sieben Frauen erlebt hat und macht uns dabei zu einer achten Freundin, die alles hautnah miterlebt und zu jeder der Frauen eine innige Beziehung aufbaut, weil man mit jeder Einzelnen mitleidet.

Die erzählte Geschichte baut dabei immer Faszination auf, man wird beim Lesen immer weiter in die Geschehnisse verstrickt und fiebert auf die Auflösung, die selbstverständlich erst wenige Seiten vor Schluss kommt. Elia Barceló spitzt ihre Erzählung dabei immer weiter zu, springt von der Gegenwart in die Vergangenheit und an einer besonders spannenden Stelle wieder zurück, um ihre Leser immer mehr gefangen zu nehmen und nicht wieder los zu lassen. Der Spannungsbogen setzt bereits im ersten Kapitel ein, in dem wir von Lenas Tod erfahren, und auch schnell klar wird, dass in dem Leben der sieben Freundinnen etwas ganz Entscheidendes geschehen sein muss. Langsam aber sicher steigt die Spannung immer weiter an, je mehr man sich den entscheidenden Ereignissen des Sommers 1974 nähert.

Auch sprachlich braucht Barceló sich nicht zu verstecken, sie ist eine großartige Erzählerin, nicht nur wegen der gelungenen und authentischen Charaktere oder wegen der Faszination, die die Geschichte entwickelt, sondern auch wegen der wunderbaren Worte, die Barceló wählt, um ihre Geschichte zu erzählen. Es ist zwar eine leicht verständliche Sprache, doch schmückt Barceló wunderbar aus und lässt damit farbenfrohe Bilder von dem inneren Auge ihrer Leser entstehen. Stets ist man ganz nah dabei, hat alles vor Augen und versinkt förmlich in der Welt der sieben Freundinnen.

Nur eins könnte man Elia Barceló ankreiden und zwar, dass sie es ihren Leserinnen nicht ganz leicht macht. Zwar verrät uns jedes Kapitel, in welchem Jahr und in welchem Monat es spielt, doch da die Ereignisse sehr nah beieinanderliegen und Barceló immer wieder hin und her springt, ist es nicht ganz leicht nachzuvollziehen, an welcher Stelle genau wir uns wiederfinden. Mal ist Lena beispielsweise schon tot, dann wiederum springen wir zu einem kleinen Fest zurück, an dem sie noch gelebt hat. All dies geschah im Mai 2007, sodass man sich erst neu einlesen muss, um herauszufinden, ob wir uns vor den bisherigen Ereignissen befinden oder ob wir wirklich in der Gegenwart gelandet sind. Hätte Elia Barceló den genauen Tag dazugeschrieben, wäre es deutlich leichter gewesen, sich zurechtzufinden.

_Faszination_

Was Elia Barceló mit „Töchter des Schweigens“ abgeliefert hat, ist ganz großes Kino! Von der ersten Seite an schafft sie es, ihre Leser mitzureißen, in dem sie früh ihren Spannungsbogen ansetzt und von da an kontinuierlich ansteigen lässt, bis die Nerven jedes einzelnen Lesers bis zum Zerreißen gespannt sein dürften. Ihre Geschichte birgt eine unglaubliche Faszination – wegen der authentischen und sympathischen Charaktere und vor allem auch, weil man einfach wissen _muss_, was 1974 geschehen ist, das das Leben von sieben jungen Frauen derart durcheinandergewirbelt hat. Und so viel sei verraten: Es ist wirklich etwas Schreckliches, das vorgefallen ist, etwas mit dem der Leser nicht gerechnet hätte und das einen trifft wie ein Faustschlag direkt in den Magen. „Töchter des Schweigens“ überzeugt erzählerisch auf ganzer Linie und wird einen ganz besonderen Platz in meinem Bücherregal einnehmen, denn dieses Buch habe ich mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gelesen. Selten hat mich ein Buch so sehr mitgerissen und mich beeindruckt wie dieses, daher kann ich es uneingeschränkt weiterempfehlen!

|Hardcover: 432 Seiten
Originaltitel: Las largas sombras
ISBN-13: 978-3866122666|
[www.piper-verlag.de/pendo]http://www.piper-verlag.de/pendo

Connelly, Michael – Sein letzter Auftrag

_Das geschieht:_

Der Siegeszug des Internets und die Wirtschaftskrise machen den klassischen Printmedien allmählich den Garaus. Auch die „Los Angeles Times“ muss sparen. Wie überall werden die Kosten gesenkt, indem Personal ‚abgebaut‘ wird. Niemand ist sicher, wie auch Jack McEvoy, altgedienter Polizeireporter, erfährt, dem nach zwanzig erfolgreichen Arbeitsjahren gekündigt wird.

Als besondere Demütigung soll er noch seine Nachfolgerin einarbeiten, bevor er geht. Angela Cook ist jung, hübsch und wird schlechter bezahlt als McEvoy, der dem Arrangement nur deshalb zustimmt, weil er sich mit einer großen Story verabschieden und für eine neue Stelle empfehlen will. Den Aufhänger bietet der Anruf einer Mutter, die sich über einen Justizirrtum beklagt. Alonzo Winslow hat angeblich eine Tänzerin umgebracht, was er vehement bestreitet. Polizei und Staatsanwaltschaft würden den Fall gern schnell und erfolgreich abschließen, sodass sie die Unschuldsbeteuerungen des Verdächtigen nicht allzu sorgfältig überprüfen.

Mit dem Instinkt des erfahrenen Journalisten erkennt McEvoy, dass dieser Fall auf wackligen Füßen steht. Seine Recherchen legen außerdem frühere Frauenmorde offen, die auf ganz ähnliche Weise begangen wurden. Bald muss auch die Polizei zugeben, dass ein bisher unbekannter Serienkiller sein Unwesen treibt. Als dieser wiederum feststellt, dass seine Tarnung aufzufliegen droht, beginnt er mit Hilfe modernster EDV-Technik seine Spuren zu verwischen und setzt McEvoy unter Druck, der plötzlich ohne Kreditkarte, Handyvertrag oder Internet-Zugang dasteht. Als McEvoy und Cook immer noch nicht von ihrer Story ablassen wollen, beschließt der Killer, die Reporter endgültig zu erledigen. Zumindest Jack McEvoy, der inzwischen von der FBI-Agentin Rachel Walling unterstützt wird, erweist sich als hartnäckiger und ebenbürtiger Gegner …

|Schöne, neue, dumme Welt|

Der |American Dream| basiert auf der Überzeugung, dass jeder seines Glückes Schmied ist. Rückschläge auf dem Weg zu Ruhm & Reichtum werden als Marken jenes Weges gedeutet, der den unermüdlich Strebenden schließlich als Sieger über die Ziellinie bringen wird. Dass die Realität anders aussieht und Globalisierung oder Rationalisierungsfortschritt auch den ins Abseits stellen, der sich an die Spielregeln hält, ist eine noch relativ junge, traumatische sowie gern geleugnete Erkenntnis. Michael Connelly nutzt sie als Grundlage für den Einstieg in einen modernen Kriminalroman.

Die Idee ist bestürzend gut und wird so geschickt umgesetzt, dass Connelly sich selbst ein Bein stellt: „Sein letzter Auftrag“ ist ein sauber geplotteter, spannend geschriebener Roman, dessen Krimi-Plot es mit dem realen Horror eines personellen „Outsourcings“ nicht so recht aufnehmen kann. Ein Serienkiller geht um und metzelt Frauen in Horrorfilm-Manier. Das ist im Vergleich dazu alles andere als eine Novität. In der Tat muss sich Connelly alle Mühe geben, der vieltausendfach ausgewalzten Schauermär einige Glanzlichter aufzustecken.

|Der Weg ist wieder einmal das Ziel|

Ein Mann wird gefeuert. Er ist gut in seinem Job, hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Sein berufliches Ende basiert auf einer rein ökonomischen Entscheidung. Das persönliche Drama des Jack McEvoy fesselt den Leser sofort. Connelly schürt das Feuer, indem er McEvoy mit seiner taffen, hungrigen Nachfolgerin konfrontiert. Wie wird der gedemütigte Journalist reagieren?

Er leugnet, ignoriert, gaukelt sich Alternativen vor. Die daraus resultierende Stimmung begründet die Intensität, mit der McEvoy sich in seinen letzten Auftrag verbeißt. Nun setzt die eigentliche Krimi-Handlung ein. Connelly entwirft sie nicht als „Whodunit“. Die Identität des Killers ist dem Leser immer bekannt; dieser bestreitet bereits den Prolog. Connelly weicht dem ohnehin beinahe unmöglichen Problem, im 21. Jahrhundert noch einen originellen Serienkiller zu kreieren, auf diese Weise geschickt aus. Er widmet dem Killer und dessen üblicher Vorgeschichte inklusive gestörter Mutter, Missbrauch & Wahnvorstellungen vergleichsweise wenig Raum bzw. skizziert sie sogar erst in einem Epilog, als die eigentliche Geschichte bereits ihr Ende gefunden hat.

Stattdessen ist der Killer auch ein professioneller Identitätsdieb und Manipulator. „Scarecrow“, also „Vogelscheuche“, betitelte Connelly seinen Roman. Der Mörder verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, sensible Datenbestände zu betreuen und gegen Hacker zu sichern, die er nicht nur abwehrt, sondern auch mit Hilfe fingierter Indizien als Kriminelle brandmarkt, ihre Konten abräumt, sie beruflich, finanziell und privat ruiniert.

Wie dies geschehen kann, schildert Connelly auf eine Weise, die den Fachmann vermutlich zum Lachen reizt. Der lesende Laie findet es jedoch dramatisch, wie der Verfasser ihm die Schattenseiten der digitalen Gegenwart vor Augen führt. Indem der Killer McEvoy die Identität nimmt, wirkt er wesentlich gefährlicher als während der späteren ‚klassischen‘, also körperlichen Attacken.

|Eine Reise durch das Connellyversum|

Michael Connelly schreibt verschiedene Serien sowie Einzelromane. Sie spielen in einer gemeinsamen Welt. Ihre Figuren begegnen einander, lösen Fälle zusammen, nehmen serienübergreifend Kontakt auf. Eine dramatische Notwendigkeit gibt es dafür nicht, weshalb der Verfasser von der Kritik oft gescholten wird. Ihm scheint dieses Spiel Freude zu bereiten; er bleibt dabei und knüpft immer neue Verbindungen. Auch Jack McEvoy ist fest ins Connellyversum eingebunden. Er kennt den Cop Harry Bosch und den „Lincoln Lawyer“ Michael Haller – der wiederum ein Halbbruder von Bosch ist – und frischt in „Sein letzter Auftrag“ die Beziehung zur FBI-Agentin Rachel Walling auf, die zwischenzeitlich mit Bosch verbandelt war.

Kennengelernt haben wir McEvoy in dem Roman „Der Poet“ (1996; zu diesem Roman gibt es eine Fortsetzung, die Harry Bosch – wer sonst? – als Hauptfigur bestreitet und u. a. den Tod des Polizei-Kollegen Terry McCaleb untersucht, der 1997 Held des Connelly-Romans „Das zweite Herz“ war). Wie Bosch und Haller ist er ein Profi, der einerseits alle Kniffe und Schlichen kennt, während er sich andererseits ausgeprägte idealistische Züge bewahren konnte. Der private Jack McEvoy ist eine vergleichsweise profilarme und durchaus uninteressante Gestalt. Sie lebt durch ihre Tätigkeit: McEvoy ist nicht ein, sondern „der“ Journalist.

Ebenso ist Rachel Walling „die“ FBI-Agentin, auch wenn der Autor ihr eine stürmische berufliche Karriere verordnet: Connelly-Figuren haben Probleme mit Obrigkeiten, die sich lieber selbst verwalten, als ihre Aufgaben zu erledigen und dabei einfallsreich zu sein oder gar Risiken einzugehen. Ansonsten wirkt Walling ebenso diffus wie McEvoy, was auch die peinlichen, lächerlichen und aus heiterem Himmel über den Leser hereinbrechenden Liebesszenen erklären könnte, für die Connelly berüchtigt ist.

|Alles wird gut oder zumindest anders|

Das letzte Romandrittel bestreitet Connelly mit Krimi-Routinen. Der Abstand zwischen Killer und Verfolger verringert sich, während die Gefahr steigt. Dabei zeigt uns der erfahrene Verfasser, wie man dies inklusive zeitweiliger Fehlschlüsse als Folge professioneller Ermittlungsarbeit inszeniert, ohne dabei dem Zufall eine allzu gewichtige Rolle zu übertragen. Selbstverständlich gehen spätestens im Finale alle klugen Pläne schief, um – zugegeben etwas mechanisch – einen krönenden Abschluss zu schaffen.

Zwar ist der Schurke geschnappt, doch das Ende ist dennoch offen. Jack McEvoy dreht der schnöden Realität eine letzte Nase und kehrt nicht in seinen Job zurück. Wie er sich neu orientiert, wird zweifellos zu einem der Handlungsstränge in McEvoys nächstem Abenteuer, dem Connelly so bereits den Boden bereitet und gleichzeitig seine Leser – erfolgreich – neugierig macht.

_Autor_

Michael Connelly wurde 1956 in Philadelphia geboren. Den Büchern von Raymond Chandler verdankte der Journalismus-Student der University of Florida den Entschluss, sich selbst als Schriftsteller zu versuchen. Zunächst arbeitete Connelly nach seinem Abschluss 1980 für diverse Zeitungen in Florida. Er profilierte sich als Polizeireporter. Seine Arbeit gefiel und fiel auf. Nach einigen Jahren heuerte die „Los Angeles Times“, eine der größten Blätter des Landes, Connelly an.

Nach drei Jahren in Los Angeles verfasste Connelly „The Black Echo“ (dt. „Schwarzes Echo“), den ersten Harry-Bosch-Roman, der teilweise auf Fakten beruht. Der Neuling gewann den „Edgar Award“ der „Mystery Writers of America“ und hatte es geschafft.

Michael Connelly arbeitet auch für das Fernsehen, hier u. a. als Mitschöpfer, Drehbuchautor und Berater der kurzlebigen Cybercrime-Serie „Level 9“ (2000). Mit seiner Familie lebt der Schriftsteller in Florida.

|Gebunden: 495 Seiten
Originaltitel: The Scarecrow (New York; Little, Brown and Company 2009/London; Orion 2009)
Übersetzung: Sepp Leeb
ISBN-13: 978-3-453-26645-2|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne
[www.michaelconnelly.com]http://www.michaelconnelly.com

_Michael Connelly auf Buchwurm.info (in Veröffentlichungsreihenfolge):_
|Harry Bosch:|
[„Schwarzes Echo“ 958
[„Schwarzes Eis“ 2572
[„Die Frau im Beton“ 3950
[„Das Comeback“ 2637
[„Schwarze Engel“ 1192
[„Dunkler als die Nacht“ 4086
[„Kein Engel so rein“ 334
[„Die Rückkehr des Poeten“ 1703
[„Vergessene Stimmen“ 2897
[„Kalter Tod“ 5282 (Buchausgabe)
[„Kalter Tod“ 5362 (Hörbuch)

[„Das zweite Herz“ 5290
[„Der Poet“ 2642
[„Im Schatten des Mondes“ 1448
[„Unbekannt verzogen“ 803
[„Der Mandant“ 4068
[„L.A. Crime Report“ 4418
[„So wahr uns Gott helfe“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6291

Jeschke, Wolfgang / Pohl, Frederik – Titan-5

_Classic SF: Pfarrer Amos erklärt Gott den Krieg_

In der vorliegenden ersten Ausgabe des 1977er-Auswahlbandes Nr. 5 von „Titan“, der deutschen Ausgabe von „Star Short Novels“ und „Star Science Fiction 5+6“, sind viele amerikanische Kurzgeschichten gesammelt, von bekannten und weniger bekannten Autoren. Diese Auswahlbände gab ursprünglich Frederik Pohl heraus. Er machte den Autoren 1953 zur Bedingung, dass es sich um Erstveröffentlichungen handeln musste. Das heißt, dass diese Storys keine Wiederverwertung darstellten, sondern Originale.

Die Kriterien der deutschen Bände waren nicht Novität um jeden Preis, sondern vielmehr Qualität und bibliophile Rarität, denn TITAN sollte in der Heyne-Reihe „Science Fiction Classics“ erscheinen. Folglich konnten Erzählungen enthalten sein, die schon einmal in Deutschland woanders erschienen waren, aber zumeist nicht mehr greifbar waren. TITAN sollte nach dem Willen des deutschen Herausgebers Wolfgang Jeschke ausschließlich Erzählungen in ungekürzter Fassung und sorgfältiger Neuübersetzung enthalten. Mithin war TITAN von vornherein etwas für Sammler und Kenner, aber auch für alle, die Spaß an einer gut erzählten phantastischen Geschichte haben.

_Die Herausgeber _

1) _Wolfgang Jeschke_, geboren 1936 in Tetschen, Tschechei, wuchs in Asperg bei Ludwigsburg auf und studierte Anglistik, Germanistik sowie Philosophie in München. Nach Verlagsredaktionsjobs wurde er 1969-1971 Herausgeber der Reihe „Science Fiction für Kenner“ im Kichtenberg Verlag, ab 1973 Mitherausgeber und ab 1977 alleiniger Herausgeber der bis 2001 einflussreichsten deutschen Sciencefiction-Reihe Deutschlands beim Heyne Verlag, München. Von 1977 bis 2001/02 gab er regelmäßig Anthologien – insgesamt über 400 – heraus, darunter die einzigen mit gesamteuropäischen Autoren.

Seit 1955 veröffentlicht er eigene Arbeiten, die in ganz Europa übersetzt und z. T. für den Rundfunk bearbeitet wurden. Er schrieb mehrere Hörspiele, darunter „Sibyllen im Herkules oder Instant Biester“ (1986). Seine erster Roman ist „Der letzte Tag der Schöpfung“ (1981) befasst sich wie viele seiner Erzählungen mit Zeitreise und der Möglichkeit eines alternativen Geschichtsverlaufs. Sehr empfehlenswert ist auch die Novelle „Osiris Land“ (1982 und 1986). Eine seiner Storysammlungen trägt den Titel „Schlechte Nachrichten aus dem Vatikan“.

2) Der Werbefachmann, Autor, Literaturagent und Herausgeber _Frederik Pohl_, geboren 1919 in New York City, ist ein SF-Mann der ersten Stunde. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte er der New Yorker „Futurian Science Literary Society“ an, bei der er seine späteren Kollegen Isaac Asimov und Cyril M. Kornbluth kennenlernte. Von 1940-41 war er Magazinherausgeber, wandte sich dann aber dem Schreiben zu.

Als er sich mit Kornbluth zusammentat, entstanden seine bekanntesten Romane, von denen der beste zweifellos „The Space Merchants“ (1952 in „Galaxy“, 1953 in Buchform) ist. Er erschien bei uns unter dem Titel „Eine Handvoll Venus und ehrbare Kaufleute“ (1971). Darin kritisiert er auf bissige, satirische Weise die Ausbeutung des Weltraums. Ebenso erfolgreich ist seine Gateway-Trilogie, die zwischen 1977 und 1984 erschien und von denen der erste Band drei wichtige Preise einheimste.

_Die Erzählungen_

_1) Arthur Sellings: |Der Kulissenschieber| (|The Scene Shifter|)_

Der Schauspieler Boyd Corry entdeckt eines Tages in der Kinovorstellung seines Films, dass die Schlussszene verändert wurde. Er sieht lächerlich aus. Wie kann es das Studio wagen?! Wutschnaubend geht er zum Studio-Agenten Cavanagh, der sich doch sehr wundert: Er weiß nichts davon. Und der Studiochef Drukker erst recht nicht, der seine Existenz schon in Gefahr sieht. Denn Änderungen könnten ja auch unzüchtige Inhalte umfassen, die zur Zensur eines Films und so zu massiven Einnahmeausfällen führen könnten.

Nachdem ein Fehler der Technik und des Vorführpersonals ausgeschlossen worden ist, kommt eigentlich nur noch die Zuschauerschaft infrage. Durch Videoüberwachung grenzt man den Kreis der Verdächtigen auf fünf, dann auch einen Verdächtigen ein: ein älterer Herr namens Alfred Stephens. Wie hat er es gemacht, das mit den Änderungen? Und warum, will Drukker wutschnaubend wissen. Denn seine Studie ist nicht das Einzige, das von Mr. Stephens‘ Machenschaften betroffen ist.

Stephens ist unbeeindruckt, sondern sagt, er finde die Filme schlecht gemacht und habe das Recht, sie zu verbessern. Und wie? Durch die Kraft seiner Gedanken …

|Mein Eindruck|

Ist dies ein früher Entwurf für selbst produziertes Kino (personal video), also für YouTube? Vielleicht hat sich der Autor auch nur darüber geärgert, wie mies die Qualität der Hollywoodschinken seiner Zeit war und wollte aufzeigen, dass es nicht beim passiven Konsum bleiben muss. Der Zuschauer wird bei ihm kreativ – und alle anderen außer den Filmschaffenden haben Spaß daran.

Doch Alfred Stephens, der selbsternannte Filmkorrektor, ist keineswegs ein Spaßvogel oder Scherzkeks, sondern ein Philosoph. Das stellt auch Cavanagh in einem langen Dialog fest, an dessen Ende etwas übertragen wird. Stephens weigert sich, nur passiver Konsument zu sein. Er ist aber kein Psi-Gigant, der die Welt aus den Angeln hebt.

Vielmehr wirkt er sehr bescheiden, als er sich auf Platons Höhlengleichnis beruft: Alles, was wir sehen, sind gleichsam nur Schatten an der Wand einer Höhle, die vom Feuer der Ideen geworfen werden. Geld, Macht, Schönheit – alle sind solche vergänglichen Schatten. Doch wenn man das Potential der Ideen nur eine Winzigkeit einsetzen würde – dann würde man beispielsweise Filme verbessern …

_2) Algis Budrys: |Abstieg| (|Star Descending|)_

Die Firma Spot Dialog bietet einen ganz speziellen Service: Allwissenheit. Wenn ein Klient bei einem wichtigen Treffen, etwa einer Stellenbewerbung nicht mehr weiter weiß, schickt ihm die Agentur per Hyperwelle das benötigte Wissen direkt ins Bewusstsein. Klar, dass sich diesen Service nur Besserverdienende leisten können.

Doch bei Mr Carmer ist etwas schiefgelaufen, und Henry Walters, der Anteilseigner von Spot Dialog, und Mr Stephenson, sein Geschäftspartner für den Betrieb, sind besorgt. Es stellt sich heraus, dass Mr Carmer mitten im Satz abbrach, als er einen wichtigen Mann traf. Die einzige vernünftige Erklärung lautet, dass die Übertragungswelle überlagert wurde – von einem Konkurrenten.

Beim nächsten Klienten zeigt sich auch schon die Wahrheit dieser Erkenntnis. Mr Dietz, der Klient, ist ein Agent der Agentur Easyphrase, deren Geschäftsführer dem von Spot Dialog ein Angebot zur feindlichen Übernahme macht: Henry Walters wird mit einem Aktienpaket und einem Abteilungsleiterposten abgespeist. Doch ohne Henry Walters!

Leider hat Walters nicht damit gerechnet, dass ihm Stephenson in den Rücken fallen würde. Er wird komplett ausgebootet. Doch wer nicht Gottes Part spielen kann, der muss eben den von Luzifer übernehmen, beschließt Walters …

|Mein Eindruck|

Der unterkühlte Stil von Algis Budrys war noch nie mein Fall, und auch hier behandelt er ein metaphysisches Thema auf rein materialistische Weise. Zwei Agenturen bekämpfen sich, und der erste Agenturinhaber verliert. Doch er gibt nicht auf. Dass er nicht mehr die Rolle eines Gottes, sondern die eines Teufels spielen will, ist der einzige Hinweis darauf, worum es wirklich geht: über die metaphysische Herrschaft über die Menschen – der Kampf zwischen Gott, dem Allwissenden, und seinem abtrünnigen Engel Luzifer. Mache jeder Leser selbst daraus, was er kann.

_3) Lester Del Rey: |Denn ich bin ein eifersüchtig Volk| (|For I Am a Jealous People|)_

Die Invasion der Aliens hat begonnen. Als Pfarrer Amos Strong in der Kirche von Wesley, Kansas, seinen Morgengottesdienst abhält, donnern bereits die Düsenjäger der amerikanischen Luftwaffe in Richtung auf einen der Landeplätze der Alien-Raumschiffe. Doch dieser Morgen ist auch noch in anderer Hinsicht anders für Vater Amos: Er hat die Nachricht bekommen, dass sein Sohn Richard bei der Verteidigung des Mondes gefallen sei. Doch sein Glaube an den allgütigen Gott ist unerschüttert.

Doch dann stürzt Dr. Alan Miller, der Atheist, in die Kirche und bereitet dem friedlichen Moment der Einkehr ein jähes Ende: „Die Aliens kommen hierher!“ Während alle Dorfbewohner erst dem Aufmarsch der Verteidiger und dann der Rückkehr der besiegten zusehen, begibt sich Amos zu seiner Frau Ruth. Sie teilt ihm mit, dass Richard heimlich Anne Seyton aus Topeka geheiratet habe, und die junge Frau sei nun hier. Doch auch Anne hat sich von Gott abgewendet und hat für Amos nur Zorn übrig. Als Ruth in den Garten hinausgeht, um etwas fürs Essen zu holen, mäht der Kugelhagel eines feindlichen Tieffliegers sie nieder.

In der Nacht wird Wesley evakuiert. Doch Dr. Miller harrt wider Erwarten bei Amos aus, sodass sie am nächsten Zeugen des Einzugs des Feindes werden. Man nimmt sie gefangen und wirft sie auf den Wagen zu den Leichen. Anne Seyton feuert wutentbrannt auf die Eindringlinge, doch die Geste ist vergebens. Keine Sekunde später ist auch sie tot. Amos hat bereits drei Familienangehörige an nur zwei Tagen verloren. Ihm kommen zweifel an Gottes Absichten. Will er ihn etwa wie einst Hiob prüfen?

In der nächsten Stadt, Clyde, stecken ihn die Fremden zusammen mit Miller in eine Art improvisierte Zelle. Ein fetter Alien, der Englisch spricht, gibt ihnen Auskunft, man wolle sie als Lebensmittelvorrat halten. Und er gibt sich als Priester zu erkennen, dessen Gott ihm aufgetragen habe, die Erde von allen Greueln und Schändlichkeiten zu reinigen, denn dies sei das Gelobte Land.

Es ist nicht schwer, das Schloss der improvisierten Zelle zu öffnen und mit den anderen in die Kirche von Clyde zu eilen. Dort weiß Amos einen Fluchtweg in der Sakristei. Doch bevor er weitereilt, spürt er ein merkwürdiges Kribbeln auf der Haut. Ein unheimliches Gleißen dringt aus dem Altarraum hervor: Zwei priester der Aliens stehen vor einer Lichtquelle, die mit einem Schleier verhüllt ist – „Gott!“, entfährt es Dr. Miller.

Und dieser Gott spricht zu Amos‘ Verstand, als wäre er leibhaftig hier. Danach ist für Amos nichts mehr wie zuvor. Denn Gott hat den Vertrag, den er einst mit Abraham schloss, aufgekündigt und ihn mit den Eindringlingen, den Mikhtash, neu geschlossen, auf dass sie die Menschen ausrotten mögen …

|Mein Eindruck|

Man fragt sich natürlich sofort, ob dies Handlung eine Anspielung auf den Kalten Krieg ist, der in den fünfziger Jahren zu einem Wettrüsten, unzähligen Atom- und Wasserstoffbombenversuchen sowie zu vielen Stellvertreterkriegen (z.B. in Korea) führte. Sind die USA wirklich das Auserwählte Volk, das Gott auf seiner Seite hat? Zweifel sind berechtigt, wenn mann berücksichtigt, dass die Russen ebenso fortschrittlich sind, was Wirtschaft und technik anbelangt. Sie schickten als Erste einen Satelliten (Sputnik) ins All und ließen den ersten Menschen (Gagarin) die Erde umrunden.

Doch der Autor Lester del Rey geht noch einen Schritt weiter: Er lässt die Aliens die USA auf deren eigenem Boden angreifen, indem sie Brückenköpfe besetzen und die Raketenabwehr lähmen. Wo ist denn nun der ebenso kostbare wie kostspielige Raketenabwehrschirm hin, scheint der Autor keck zu fragen. Und in Vater Amos kommen angesichts der persönlichen Verluste Zweifel auf, ob sich Gott noch auf seiner Seite befindet.

Man liest jedoch nicht oft, dass sich Gott auf die Seite des Feindes geschlagen habe (von Hollywoodfilmen darf man dies schon gleich gar nicht erwarten), sodass er sich seine bisherigen Anhänger zum Feind macht. Das wirft eine ganze Menge seltsamer theologischer Fragen auf: Was wird beispielsweise aus den Seelen der Verstorbenen? Landen sie jetzt irgendwo im Limbus, einer kosmischen Wartehalle? Man könnte fast meinen, Lester del Rey sei selbst man Pfarrer gewesen. Oder zumindest Philosoph, denn er ist der einzige (neben Philip K. Dick) mit bekannte SF-Autor der USA, der Kants Kategorischen Imperativ korrekt zitiert.

Vater Amos macht eine nachvollziehbare Entwicklung durch. Sobald die ersten militärischen Erfolge erzielt worden sind – Atombomben ohne radioaktiven Fallout machen’s möglich – kehrt er zurück an die Stätte seines jahrelangen Wirkens, schart die Überlebenden um sich und hält eine fulminante Predigt: „Denn ich bin ein eifersüchtig‘ Volk“ heißt es ja schon in der Bibel. Gott, so verspricht Amos, solle in der Menschheit einen würdigen GEGNER finden. Keine Rede von Luzifer also. Vielmehr beruft sich Amos, bei sich selbst, auf Kant, als er sich rechtfertigt: Menschen sollen kein Mittel zum Zweck, sondern der Zweck selbst sein. Und er, Amos, müsse ihnen deshalb dienen. Gott sollte sich mal besser warm anziehen …

_4) Gordon R. Dickson: |Der Schutzengel| (|Dreamsman|)_

Mr Willer macht sich fein, bevor er mit seinem 1937er Auto losfährt, um die Conalts zu besuchen. Er stellt sich als Vertreter der Liberty Versicherung vor, doch eigentlich geht es ihm um etwas anderes. Das frisch verheiratete Paar Edith und Henry Conalt hat einen telepathischen Suchruf ausgeschickt, und er hat ihn aufgefangen, verfügt er doch selbst über Psi-Kräfte. Solch ein Ruf sei selten, sagt, und sie seien deshalb etwas Besonderes. Man würde sie auf der Venus daher mit offenen Armen willkommen heißen. Das Raumschiff dorthin stehe schon bereit.

Doch da tritt ein weiterer Typ auf, und die Conalts sind reichlich erstaunt, wollten sie doch bereits die Rakete besteigen. Dieser zweite Mann stellt sich als der Schutzengel der Psi-Talente vor und weist Willer in die Schranken. Der alte Wilo sei bloß darauf aus, neue Psi-Talente in die Wüste zu schicken, damit möglichst alles beim Alten bleibt. Willer meint, er möge alles so, wie es ist.

|Mein Eindruck|

Auch hier wird eine Art Teufel geschildert, nämlich der Versucher in Gestalt von Mr Willer (der nie seinen Vornamen nennt, sofern er einen besitzt). Sobald sich ein Menschenpaar zeigt, das ein neues Talent aufweist, das es über die Masse heraushebt, taucht Mr Willer auf, um es – per Raumschiff zur Venuskolonie – in die Wüste zu schicken. Auf diese Weise bleibt alles, wie es ist: Mittelmäßig.

Die Frage erhebt sich, wofür dieser symbolische Vorgang steht. Schnappen sich die Geheimdienste solche Talente, um sie zu missbrauchen und danach zu eliminieren? Nur bei Stephen King („Feuerkind“). Ist es das Showbusiness, das die Talente aufsaugt und danach wieder ausspuckt? Siehe Marilyn Monroe. Oder die Regierung, die – wie schon in „Ehrbare Kaufleute und eine Handvoll Venus“ – zusammen mit der Werbewirtschaft redliche junge Paare zur Besiedlung von Wüstenplaneten verführt, die ihnen nur Verderben bringen?

Auch diesen Saubermann können wir dem ansonsten so renommierten Autor Dickson nicht abnehmen. Dieser scheint die Wahrheit und Ehrlichkeit gepachtet zu haben und hält seine schützende Hand über den Fortschritt, den die Conalts verkörpern. Er hat noch nicht einmal einen Namen, geschweige denn menschliche Züge. Dieser Schutzengel (siehe Titel) macht die Erzählung zu einer durchsichtigen Allegorie von Gut und Böse, die abgeschmackt wirkt.

_5) Tom Purdom: |Der heilige Gral| (|The holy grail|)_

Morgan Valentine ist gewalttätiger Bursche, der seine Frau Teresa schlägt. Er braucht dringend einen Psychiater, das ist ihm klar. Doch ein Psychiater kostet eine Stange Geld – Geld, das Morgan im Vergnügungspark verdienen muss. Dort ist er der Anwerber für Süchtige, die den Glücksgenerator der Huxley-Maschine nicht mehr entbehren können, so wie Laura.

Doch Morgan braucht neue Kunden – „Abschüsse“. Und da taucht auch schon eine neue Frau auf. Sie sieht aus wie 29 oder 30: zu alt, um unerfahren zu sein, aber alt genug, um verzweifelt auf der Suche nach einem Ehemann zu sein. Sie geht denn auch in die Liebesschule, Morgan wusste es ja. Sie wurde vor dem künstlichen Glück gewarnt, hat aber Schuldgefühle, dieses Glück überhaupt anzunehmen. Sie zu überreden, ist leicht, und sie setzt sich in die Huxley-Maschine, für eine Gratistour. Perfekt.

Doch dann macht ihm sein Kollege Wilson einen Strich durch die Rechnung …

|Mein Eindruck|

Noch ein teuflischer Verführer! Noch dazu ein prügelnder Dealer, der dringend einen Psychoklempner nötig hat. Er verkauft eine süchtig machende Glücksmaschine, sozusagen einen Ersatz für Drogen wie Morphium und Heroin (Kokain gab es in den Fünfzigern noch kaum). Suchtdrogen waren bereits in diesem Jahrzehnt durchaus bekannt und als Gefahr erkannt, wie der erstklassig mit Frank Sinatra verfilmte Roman „Der Mann mit dem goldenen Arm“ von Nelson Algren zeigt.

Allerdings zeichnet der Autor den Pusher oder Dealer nicht als reinen Schurken, sondern ebenfalls als ein Opfer des Systems: Die Heilung in Form eines Psychiaters kostet zuviel, um sie sich als Elektriker verdienen zu können. Und gerade als Land in Sicht ist, wird der Pusher selbst gelinkt, von seinem Konkurrenten, der ihn erpresst. Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis, der für Pusher wie für Junkies nur abwärts führen kann. Eine deprimierende Story, die den Leser hart an die Realität der Drogenszene heranführt – selten für Sciencefiction.

_6) Rosel George Brown: |Ein haarsträubendes Abenteuer| (|A Hair Raising Adventure|)_

Sam ist verliebt in alte Sprachen und dadurch lange Zeit Junggeselle geblieben. Erst die Heirat mit Ruth bringt eine gewisse Veränderung mit sich: Er solle für den zu erwartenden Nachwuchs mehr Geld verdienen und die Beschäftigung mit dem Altskythischen bleiben lassen. Indem er sich auf Binsenweisheiten seines Vaters beruft, weist er die mit reichlich Geschäftssinn Gesegnete sanft zurecht. Das wiederum quittiert sie schlauerweise mit einem Weinkrampf.

Erst auf einer Party mit Chuck bekommt sie mit, dass Sam über Wissen verfügt, das ihnen beiden ein Vermögen einbringen könnte: ein Haarwuchsmittel der alten Skythen! Doch da Sam ein freigebiger Mensch ist und jeder Menschenseele nur das Beste zutraut, gibt er sein Rezept wenigstens in groben Zügen weiter, worin Stutenmilch, Wein und ein bestimmtes Kraut eine Rolle spielen. Denn Chuck ist ja kahlköpfig, braucht das Zeug also dringender als er selbst. Ruth fällt vor Verzweiflung in Ohnmacht.

Schon wenige Tage später macht die Kunde vom neuen Haarwuchsmittel der Firma Full Head die Runde. Kaum ist Chuck wieder zurück, taucht ein Afrikaner mit einem Speer auf. Er will die Korrekturbögen für Sams Artikel, in dem die Herstellung des skythischen Haarwuchsmittels beschrieben wird. Mit einem cleveren Trick weiß sich zu Ruths Erstaunen des Afrikaners zu entledigen. Und zu Sams Genugtuung erweist sich auch Chucks Haarwuchsmittel als Desaster.

Denn als Chuck das Rezept aus einem der Korrekturbögen abschrieb, übernahm er unwissentlich einen Setzfehler des Verlags. Die Folge war ein Herstellungsfehler. Was würde Chuck nicht alles darum geben, um diesen Setzfehler korrigiert zu bekommen! Keine Chance. Er schickt Sam sogar eine berückende Blondine mit aufregenden Kurven ins Haus – angeblich will sie das Skythische eifrig studieren. Ruth hat das blonde Gift jedoch sofort durchschaut. Nur Sam kann sie davon abhalten, das Mädchen hinauszuwerfen.

Doch dann klopft der Präsident der Vereinigten Staaten persönlich an die Tür von Ruths und Sams Haus …

|Mein Eindruck|

Diese nette Erzählung bildet den komischen Kontrast zu den vorangehenden Teufels- und Verführergeschichten. Sam, der ökonomisch unbedarfte Exzentriker behält wundersamerweise die Oberhand, weil er seiner Frau Ruth beweist, dass immaterielle Werte weitaus wichtiger sind als jene materiellen, an die sie glaubt. Wissen ist zwar Macht, aber es muss sich nicht in bare Münze umsetzen lassen. Insofern ist die Story auch wieder eine Art Märchen, in dem nicht der Schurke obsiegt, sondern der reine Tor.

_7) Cordwainer Smith: |Angerhelm| (|Angerhelm|)_

Der Erzähler ist der Stellvertreter des Buchhalters von FBI und CIA. Er wundert sich über den Wirbel, den die Russen über ein seltsames Tonband machen, auf dem nichts zu hören ist – rein gar nichts außer einem merkwürdigen Summen und Klicken. Doch nachdem der sowjetische Botschafter seinem amerikanischen Kollegen vom Außenministerium das Tonband vorgespielt hat (dreimal!), weiß jeder im Raum eine Adresse: „Nelson Angerhelm, 2322 Ridge Drive, Hopkins, Minnesota“. Die Amis wundern sich, wie das sein kann und was dieser Angerhelm damit zu tun hat.

Besagter Angerhelm ist ein Nachfahre schwedischer Einwanderer, die den Namen Ankerhjelm trugen, und seines Zeichens ein betagter Hühnerfarmer, der alleine lebt. Binnen kürzester Zeit wird sein Haus von sämtlichen Geheimdiensten und der Bundespolizei verwanzt. Das Ergebnis ist gleich null. Er ist kein Spion, kein Außerirdischer, noch nicht mal Russe. Weil aber die Russen immer noch darauf bestehen, die Bedeutung ihres Tonbands zu erfahren, müssen die Amis eines Tages schließlich doch zur Hühnerfarm hinausfahren. Und wer muss in die tiefste Provinz fahren? Natürlich nicht irgendein hochbedeutender Amtsleiter, sondern ein Subalterner wie unser Chronist.

Angerhelm stöhnt, als man ihm das Tonband abspielt. Auch er hat klar und deutlich seine eigene Adresse – nun, „gehört“ wäre wohl zuviel gesagt. Aber sein Gehirn hat sie registriert. Aber er sagt, da sei noch viel mehr: eine lange Botschaft von seinem Bruder Tice. Genau – der Tice, der schon längst tot ist. Und wenn das FBI nichts dagegen hat (warum auch?), werde er, Nelson Angerhelm, auf ein anderes Tonband sprechen, was sein Bruder aus dem Totenreich zu sagen hatte …

|Mein Eindruck|

Dies ist mal keine von Smiths Geschichten über die „Instrumentalität“, die eine mögliche Zukunft für die Menschheit entwerfen (seit Kurzem chronologisch geordnet und vollständig in einem Heyne-Sammelband erhältlich). Vielmehr ist „Angerhelm“ teils komische Diplomaten- und Agentensatire, teils metaphysische Tragödie. Der Autor, selbst als Diplomat auf internationalem Parkett unterwegs, kennt sich offensichtlich bestens mit den Gepflogenheiten seiner Branchen, aber auch mit der dunklen Seite der Geheimdienste aus – ein großer Spaß, diese Paranoia, wenn sie auf ein unerklärliches Phänomen wie das Angerhelm-Tonband trifft.

Das Tonband wurde nicht nur per Telekinese bespielt, sondern ist selbst ebenfalls telekinetisch aktiv: Es überträgt seine Botschaft, wie es ein telepathischer Gedanke tun würde. Dadurch wird die Botschaft selbst ins Metaphysische gerückt. Und sie wäre es schon alleine dadurch, dass ihr Absender sich nicht mehr unter den Lebenden befindet. Aber wo ist Tice Angerhelms Seele eigentlich? Weder im Himmel noch in der Hölle, sondern in einem Limbus, den Dante als Purgatorio (Fegefeuer, Vorhölle) beschrieben hätte. Und von dort schickt Tice, der Scherzkeks, seinen letzten Witz ab …

_Unterm Strich_

Für einen Leser unserer Zeit ist es schon recht erstaunlich, wie hoch der Gehalt dieser Auswahl an metaphysischen Anspielungen (bei Dickson, Cordwainer Smith, Budrys), theologischen Diskussionen (bei del Rey etwa) im Vergleich zu weltlichen Themen wie etwa des Drogenproblems oder der Konformität ist. Auch die Philosophie kommt nicht zu kurz, so etwa Platon bei Sellings und Kant bei del Rey. Hier gibt es immer noch eine Menge Gesprächsstoff oder Diskussionsbeiträge.

Da lobt man sich doch ob dieser Gedankenschwere solche netten Komödien wie „Ein haarsträubendes Problem“ oder die Diplomaten- und Agentensatire „Angerhelm“. Auch „Kulissenschieber“ hat seine amüsanten Momente. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass del Reys Novelle das Haupt- und Prunkstück dieser Auswahl darstellt. Ja, sie wurde sogar mitten ins Zentrum gerückt, und das zu Recht: Mit rund 50 Seiten ist sie doppelt so lang wie die längsten anderen Beiträge.

|Das Hauptstück|

Die Geschichte von Pfarrer Amos ist die Geschichte einer Bekehrung – allerdings unter umgekehrten Vorzeichen: Es ist Gott, der sich von den Menschen abgewandt und den Invasoren zugewandt hat. Soll Amos vom Glauben abfallen oder wird er nur, wie weiland Hiob, geprüft? Es ist eine für damalige Verhältnisse wohl recht spannende Frage, doch für uns Heutige doch reichlich uninteressant. Es sei denn, man ist ein fundamentalistischer Christ oder ein Sektenanhänger.

Dennoch war ich erstaunt, wie stark mir Amos‘ innerer Wandel ans Herz ging und mich interessierte, ganz ungeachtet von Amos‘ vielen Verlusten. Denn erstens beeindruckte mich auch seine Kenntnis und Übernahme von Kants Kategorischem Imperativ und zweitens weiß der Leser nie, wohin Amos‘ Entwicklung führen wird.

Ich hätte nicht erwartet, jemals einen amerikanischen Priester Gott den Krieg erklären zu sehen. Ob wohl jemals ein muslimischer Imam in eine solche Lage geraten ist, etwa im Irak oder Afghanistan, angesichts einer westlichen Invasion? Ich könnte es mir nach dieser Erzählung ein wenig besser vorstellen. Ohne allerdings die Abkehr von Allah zu erwarten.

|Die Reihe|

Für den deutschen SF-Leser des Jahres 1977 waren diese Originalbeiträge – allesamt Erstveröffentlichungen von 1954 und 1959 – willkommenes Lesefutter, um sich einen Überblick über die Entwicklung des Genres in den fünfziger Jahren zu verschaffen. Der Erfolg des TITAN-Formats mit seinen etwa zwei Dutzend Bänden gab Herausgeber Jeschke Recht. Auch die sorgfältige Übersetzung trägt noch heute zum positiven Eindruck bei. Die wenigen Druckfehler lassen sich verschmerzen.

|Taschenbuch: 157 Seiten
Im Original: Star Short Novels, 1954; Star Science Fiction 5+6, 1959/1977
Aus dem US-Englischen von Walter Brumm, Horst Pukallus und Joachim Pente
ISBN-13: 978-3453304406|
[www.heyne.de]http://www.heyne.de

_Die |Titan|-Reihe bei Buchwurm.info:_
[„Titan-1“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4724
[„Titan-4“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7086
[„Titan-5“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=7087
[„Titan-6“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4327
[„Titan-7“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4486
[„Titan-8“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3747
[„Titan-9“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4274
[„Titan-10“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3687
[„Titan-11“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4509
[„Titan-12“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4538