Perry Rhodan – Die Laren (Silber Edition 75, Teil 2)

_|Die Laren (Silber Edition 75)|:_

Teil 1: [244 MB, 4:20 h]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6775
Teil 2: [247 MB, 4:24 h]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6824
Teil 3: – erscheint am 11.01.2011 –
Teil 4: – erscheint am 01.02.2011 –

_Die Handlung:_

Man schreibt das Jahr 3459. Die Herrschaft des |Konzils der Sieben| in der Milchstraße ist gefestigt. Niemand vermag den SVE-Raumern der Laren Widerstand zu leisten. Als sogenannter Erster Hetran der Galaxis kooperiert Perry Rhodan zum Schein mit den Okkupanten. In Wirklichkeit bereitet er hinter ihrem Rücken den Befreiungskampf vor. Hilfe verspricht ihm der larische Rebell Roctin-Par, der mit seiner Widerstandsgruppe in der Dunkelwolke Provcon-Faust Unterschlupf gefunden hat. Rhodan erlebt auf seinem Flug in diese Region der Milchstraße die Schrecken der Dunkelwolke. In der Zwischenzeit wird auf der Hundertsonnenwelt der Posbis eine Waffe gegen die SVE-Raumer entwickelt. Doch die Laren reagieren mit fürchterlicher Vergeltung, der offene Krieg droht. Perry Rhodan lässt das Solsystem in die Zukunft versetzen, um die völlige Vernichtung der Erde zu verhindern. Damit zieht sich der Terraner vom Amt des Ersten Hetrans zurück. Andere Mächte wollen an seine Stelle treten – und ein mörderischer Kampf um die Macht entbrennt … (Verlagsinfo für die komplette |Silber Editon| )

|Dieser Teil:|

Perry Rhodan fliegt mit Hilfe der Vincraner, die sich als Lotsen zur Verfügung stellen, mit der MARCO POLO in die Dunkelwolke „Point Allegro“. Die Vincraner setzen sich aber kurzfristig ab und so wird Perrys Schiff von dem Volk der Tekheter gerettet, die nicht ganz so selbstlos sind, wie es erst den Anschein hatte. Zur gleichen Zeit wird auf der Hundertsonnenwelt der Posbis an einer neuen Waffe im Kampf gegen die Laren gearbeitet …

_Mein Hör-Eindruck:_

Andreas Laurenz Maier macht wie zu erwarten weiter, wie er aufgehört hat. Die Terraner, die mehr als nur einen Satz zu sagen haben, sind kaum bis gar nicht zu unterscheiden und die Außerirdischen spricht er oftmals mit einer hohen Krächzstimme, die auf die Ohren geht. Ausnahmen bilden hier der Mausbiber Gucky, den Maier weiterhin wie eine Kreuzung zwischen „Bugs Bunny“ und einer schlechten Parodie auf Marcel Reich-Ranicki spricht und das Plasma der Posbis, das sich manchmal irgendwie leicht wie Samson aus der |Sesamstraße| anhört. Der epsalische Kommandant Gulbrand Toorna ist Maier besser gelungen. Er klingt angenehmer als die Epsaler, die Tratnik an dieser Stelle schreien würde, wenn auch manchmal etwas brünftig.

Im Gegensatz zum vorangegangenen neuen |Silber Editions|-Sprecher Tom Jacobs, legt Maier dem Chef der Solaren Abwehr, Galbraith Deighton, keinen amerikanischen Akzent auf. Er mischt sich unter die anderen Charaktere und wird nur erkennbar, wenn er vor der wörtlichen Rede angekündigt wird.

Das hat aber natürlich auch den Vorteil, dass den Hörer eventuell nervige Interpretationen einiger Charaktere die ganze |Silber Edition| hindurch begleiten. Wie der Weinvertreter bei Loriot schon sagte: „Einer wie der andere!“ Auch wenn der Hörer durch die Gleichheit der gesprochenen Figuren ein „pelziges Gefühl“ in den Ohren hat.

|Die Effekte – Der Hintergrund|

Der zweite Teil von |Die Laren| unterscheidet sich in Sachen Hintergrundgestaltung nicht sonderlich vom Vorgänger. Ein New-Age-Klangteppich ist diesmal nur in sehr wenigen Tracks zu finden. Ansonsten gibt es bei jedem neuen Kapitel wie gewohnt eine kleine Melodie als Einleitung.

|Die MP3s|

Die Downloadgröße ließ vermuten, dass dieser zweite Teil der |Silber Edition 75| genauso lang sein wird, wie der erste, und er ist es auch fast auf die Minute genau.

Daher verwundert es nicht, dass es in der Mehr-Track-Version wieder 53 Tracks in der gewohnten Qualität 128kbps, 41,1kHz und in Joint Stereo in die ZIP-Datei geschafft haben. Die ID3-Tags sind sauber gesetzt und jede Datei enthält neben den Angaben zu Titel der |Silber Edition| und Autor des gerade vorgelesenen Heftromans auch ein schickes Cover, was sich bei MP3-Playern der iPod-Touch-Fraktion immer nett im Display macht.

Dieses Mal ziert die grafisch nachbearbeitete Front von Band 660 „Operation Bumerang“ das Cover und die ID3-Tags der MP3s. Das Bild liegt dem Hörbuch zusätzlich als JPG- und als PDF-Datei in der Auflösung 1448 x 1444 bei.

_Mein Fazit:_

Maier bleibt seiner Interpretation des |Silberbandes| treu und mit seiner Leistung hinter Jacobs und Tratnik zurück. Am meisten stört die oftmals schlechte Unterscheidbarkeit der sich unterhaltenden Charaktere und die Stimme, die er bei Außerirdischen auflegt ist auch nicht immer sehr angenehm zu hören. Dennoch kann er fesselnd vorlesen und den Hörer mit Vorfreude auf den dritten Teil zurücklassen.

|MP3-Download mit ca. 247 MB Größe
Spieldauer der Lesung: 4:24 h
Sprecher: Andreas Laurenz Maier
ISBN-13: 978-3939648949|
[perry-rhodan-shop.de]https://perry-rhodan-shop.de
[perry-rhodan.net]http://www.perry-rhodan.net

|Hinweis:| Die |Silber Edition 75| wird zusammen mit dem letzten Download-Teil am 1. Februar 2011 auch auf zwei MP3-CDs im Handel erhältlich sein.

Parker, Robert B. – Walking Shadow – Ein Spenser-Krimi

_Zwielichtige Geschäfte in Port City_

Eigentlich soll Spenser in Port City nur herausfinden, wer der Stalker ist, der dem Direktor des einzigen Theaters nachstellt. Doch als Spenser die Aufführung eines politisch umstrittenen Stücks besucht, wird ein Schauspieler auf offener Bühne erschossen. Nun hat er noch einen Auftrag. Allerdings bekommt er von Lonnie Wu, dem Anführer einer chinesischen Gang, unmissverständlich klargemacht, dass er sich von Port City fernhalten soll, sonst … Natürlich tut Spenser genau das Gegenteil. Und so kommt eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Gang, die drei Menschenleben fordert.

Der Titel der deutschen Übersetzung lautet „Die unsichtbaren Killer“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

[„Paper Doll“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6818 , „Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Privatdetektiv Spenser hätte nicht gedacht, dass seine Freundin, die Psychotherapeutin Susan Silverman, im Aufsichtsgremium eines veritablen Theaters sitzt. Und das ist der Grund, warum sie ihn nach Port City mitnimmt, dem Sitz des Theaters. Er soll den Stalker aufspüren, der dem Theaterdirektor das Leben schwer macht.

Port City ist ein heruntergekommener Hafen, über dem es ständig zu regnen scheint. Die Bevölkerung besteht zu sechzig Prozent aus Chinesen und Portugiesen, den früheren Arbeitern in den Fischfabriken, und der weißen Oberschicht. Die lebt oben auf dem Hügel, der Rest unten am Hafen. Kein Wunder, dass das Theater, das dort unten errichtet wurde, sich keiner sonderlich sicheren Nachbarschaft erfreut.

Das erste Gespräch ist ergebnislos, also setzen sich Spenser und Susan in die Aufführung, zu der sie eingeladen wurden. Das Stück ist kontrovers und fordert alle Vorurteile heraus. Als der Schauspeiler Craig Sampson den Song „Lucky in Love“ anstimmt, trifft ihn die Kugel eines Scharfschützen ins Herz. Spensers sofort geleistete Erste Hilfe kommt zu spät. Nun hat er einen zweiten Auftrag an der Backe. Wer erschoss den Schauspieler? Und das alles ohne Bezahlung.

In der anschließenden Vorstandssitzung bittet er das Aufsichtsgremium um Mithilfe bei der Aufklärung. Pustekuchen! Die Chinesin Rikki Wu bringt sogar deutliche Vorbehalte und Einwände gegen eine Ermittlung vor. Sheriff DeSpain sucht in alle Richtungen. Der frustrierte Spenser lädt sie in das Restaurant ihres Mannes Lonnie Wu ein, doch auch hierbei erfährt nichts. Der Grund wird klar, als Spenser in der Wohnung des Ermordeten etwas findet, was DeSpains Beamte geflissentlich übersehen haben, obwohl es sich an einem offensichtlichen Versteck befand, an der Unterseite einer Schublade: Fotos von Rikki Wu und Craig Sampson.

Doch vor diesem erhellenden Fund hat bereits Lonnie Wu Spenser einen Besuch abgestattet. Er verbot Spenser, jemals wieder einen Fuß in Port City zu setzen. Die beiden vietnamesischen Totschläger in Wus Begleitung versuchen diesem Wunsch Nachdruck mit Pistolen zu verleihen, doch Spenser reagiert schneller, indem er Wu einen geladenen und gespannten Revolver unter die Nase hält. Wu zieht wieder ab, doch wenige Tage später tauchen die beiden Vietnamesen wieder in Spensers Wohnung auf …

Nachdem auch diese Problem erledigt ist, wagt sich der fortan wütende Spenser nur noch mit Begleitschutz in die offenbar von einer chinesischen Tong beherrschte Stadt, einer Verbrecherbande. Und er vermutet, dass sie auch den Sheriff bereits eingesackt haben. Als Spenser mit seinem Freund Hawk und dem Exknacki Vinnie Morris im Restaurant sitzt, setzt sich die Schauspielerin Jocelyn Colby zu Spenser, um ihn um Hilfe zu bitten. Ihr Auftritt ist wahrlich sehenswert, stammt aber aus einem Melodrama. Sie habe Angst vor einem Stalker. Schon wieder Einer, denkt Spenser genervt.

Das Blatt wendet sich, als kurz darauf eine Salve Kugeln das Restaurant durchsiebt und Tage darauf Spenser eine Videocassette ins Büro flattert: Darauf sitzt die verschwundene Jocelyn Colby gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl. Wurde sie entführt? Wo ist dann die Lösegeldforderung? Und etwas an diesem Video kommt Spenser verdächtig bekannt vor …

_Mein Eindruck_

In diesem „Spenser“-Krimi führt Meister Parker zwei ziemlich unwahrscheinliche Welten zusammen und lässt sie aufeinanderprallen: das Theater und chinesische Verbrecherbanden. Die Nahtstelle zwischen den Welten bilden einerseits Rikki Wu, Lonnies Wus untreue Ehefrau, und zum anderen die Schauspielerin Jocelyn Colby, die eine alte Verbindung zu Sheriff DeSpain hat, der wiederum von Lonnie Wu bezahlt wird. Diese Dreiecksgeschichten führen zu explosiven Konflikten, wie man sich unschwer vorstellen kann.

Port City scheint fest in chinesischer Hand zu sein, aber dass darf natürlich keiner merken. Deshalb spielen Rikki Wu, Jocelyn und der Sheriff allesamt Theater. Allerdings merkt dies Spenser erst nach und nach, denn er zu Anfang immer noch mit den zwei Stalkern und anderen „wandelnden Schatten“ befasst, wie sie am Theater durchaus üblich sind. Die Scheinwelten durchdringen einander, die falschen Identitäten ebenso.

|Die Chinesen|

Spenser muss natürlich herausfinden, womit Lonnie Wu am meisten Geld macht. Sind es Drogen, ist es Prostitution, Schutzgelderpressung? Nein, durch Zufall erfährt er, dass auf der Brant-Insel nächtens bis zu hundert Chinesen heimlich an Land gehen: illegale Einwanderer, so unwirklich wie Geister, und doch höchst lukrativ. Der Schleuserlohn beträgt mehrere tausend Dollar pro Nase, und Lonnie bekommt natürlich einen erklecklichen Anteil daran.

Die Einwanderer arbeiten für einen Hungerlohn, um es sich vom sauer Ersparten leisten zu können, den Rest der Familie nachzuholen. Mit Spenser als Alter Ego stößt der Autor seine Leser mit der Nase auf diese Misere und fordert sie auf, etwas dagegen zu unternehmen. Spenser erreicht bei Lonnie Wus Boss Little Eddie, dass die illegale Einwanderung aufhört. Zumindest in Port City. Wir erhalten einen tiefen Einblick in die chinesische Kultur und Mentalität.

|Die Schauspielerin|

Jocelyn Colby macht hingegen jede Menge: Sie hat es auf Spenser abgesehen. Wie ein kleines Mädchen, das auf Vaterfiguren steht, um mit ihnen ins Bett zu gehen – solange es etwas Verbotenes ist. Diesmal hat sie es auf ihn abgesehen, doch er befindet sich zum Glück bereits in festen Händen, wie er Susan versichert.

Doch eine enttäuschte Jocelyn lässt das nicht auf sich beruhen, sondern rächt sich. Dass ihr Verhalten mehr als einen Mann ins Unglück gestürzt hat, muss auch Port City feststellen: Die geisteskranke Frau, wie Spenser und Hawk sie nennen, hat mehr als einen Mann auf dem Gewissen. Ihre Krankheit besteht darin, dass sie nicht zwischen Realität und der Scheinwirklichkeit des Theaters trennen kann. Ihre Anmache wirkt deshalb stets so unecht wie eine Performance.

|Action|

Sobald Lonnie Wu auftritt, ist Action angesagt. Die Sprache der Waffen wirft die spannende Frage auf, wann die vietnamesische Todesschwadron, die für den Bandenchef arbeitet, Spenser erwischen wird. Der Privatdetektiv wagt sich nach Port City nur noch mit seinem eigenen, schwer bewaffneten Kommando, und die Patrouille, begleitet von einer Dolmetscher, könnte jederzeit zu einer Schießerei eskalieren. Diese Spannung muss sich schließlich entladen. Das passiert jedoch ganz anders als erwartet.

|Humor|

Ich habe bislang keinen „Spenser“-Krimi ohne Humor gelesen. Stets sorgen die ironischen Dialoge zwischen dem Helden und seiner „Jewish American Princess“ Susan Silverman für ironie-induzierte Schmunzeln. Und wollen sie sich einmal körperlich näherkommen, so zwängt sich garantiert die eifersüchtige Hündin Pearl dazwischen. Sie hängt sehr an ihrem Frauchen.

Nicht so witzig fand ich hingegen Spensers Bildungsgeprotze mit all den Zeilen, die er aus unterschiedlichsten Stücken Shakespeares oder aus T.S. Eliots Gedichten zitiert. Ich weiß ja schon, dass er schrecklich belesen ist, aber dass er nun auch noch am Theater den Geek raushängen muss, finde ich übertrieben. Ein Gutes hat die Sache allerdings: Seine Sprüche und Anspielungen verwirren den geistig minderbemittelten Gegner regelmäßig – mit Ausnahme von Susan natürlich.

_Unterm Strich_

Nach dem recht mittelmäßigen und klischeebeladenen Krimi „Stardust“ (dt. Titel „Starallüren“) konnte ich mit „Walking Shadow“ wieder richtig aufatmen. Die wendungsreiche Story wird durch mehrere Actionszenen und erotische Anmachen aufgepeppt und mündet in der mysteriösen Entführung der Jocelyn Colby, die mehrere Männer auf dem Gewissen hat. Gerade wenn der Leser – wie der Held – meint, die Geschichte sei an einem toten Punkt angelangt, besinnt sich Spenser wieder auf seine Tugenden – und entdeckt den entscheidenden Hinweis, wie üblich in der Vergangenheit.

Während der Autor das Theater, abgesehen von den Klassikern, nicht sonderlich ernstnimmt, so widmet er sich doch dem Problem der illegalen Einwanderung aus China umso ernsthafter. Er zeigt nicht nur die Ausbeutung der Eingewanderten, sondern auch die Korruption, die die Schleuser und Gangsterbanden (Tongs) verursachen und fördern – auch unter den einheimischen Behörden. Sowohl durch die Anklage dieser Verbrechen als auch durch einen Blick auf das Elend, in dem die Einwanderer schuften müssen, fordert der Autor den Leser auf, etwas gegen beides zu unternehmen. Mehr kann ein Buch nicht tun, will es nicht zu einem Pamphlet verkommen.

|Taschenbuch: 270 Seiten
ISBN-13: 978-0399139611|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Dalager, Stig – Im Schattenland

_“Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“_

Es ist der Morgen des 11. September 2001, an dem der Rechtsanwalt Jon Backsgaard zum ersten Mal seinen muslimischen Mandanten Ifrahim Mohammed trifft. Dieser ist des Mordes an einem jüdischen Juwelier angeklagt. Doch seiner Aussage nach wurde ihm dieser Mord untergeschoben, weil er zufällig Kenntnis von einem Anschlag auf die New Yorker U-Bahn erhalten hat und ihn terroristische Kreise so aus dem Weg schaffen wollten. So aussichtslos dieser Fall wegen seiner scheinbar unmöglichen Beweisbarkeit auch von allen Top-Anwälten New Yorks abgewinkt wurde, so gewiss nimmt sich der Gerechtigkeit liebende und bis zur Selbstaufgabe mutige Anwalt Backsgaard dieses Falles an. Während er mit seinem Mandanten spricht, schlagen die sich durch unzählige Fernsehbilder und Fotos ins Weltgedächtnis eingegraben habenden Flugzeuge ins World Trade Center ein, wo seine Lebensgefährtin Eve in ihrem Büro arbeitet, weil Jon die gemeinsame Reise zu deren Vater nach Israel aufgrund des neuen Falles verschoben hatte.

Durch einen Anruf alarmiert, macht er sich sogleich heldenhaft auf, um seine Freundin aus dem einstürzenden Südturm zu retten und in den Folgewochen ein Video zu erjagen, das die Unschuld seines Mandanten beweist. Während er von Schuldgefühlen Eve gegenüber und auch gegenüber seiner ehemaligen Lebensgefährtin Stine sowie dem gemeinsamen autistischen Sohn, welchen er in Wien zurückgelassen hat, und nicht zuletzt von Alpträumen geplagt wird, gerät er zudem ins Visier der amerikanischen Terrorermittler, was ihn schließlich mitten hinein ins Schützenfeuer des Israel-Palästina-Konfliktes führt.

Wie man an dieser äußerst knappen Zusammenfassung des Plots bereits erkennen kann, sind die Figuren des dänischen Autors Stig Dalager in sämtlichen sozialen und politischen Problemkreisen der aktuellen Zeitgeschichte verankert. Backsgaard lebt als moderner Nomade auf verschiedenen Kontinenten. Hin- und hergerissen zwischen den unterschiedlichen Welten und zwei Frauen, weiß er weder, wo er seine Heimat verorten soll, noch, wem tatsächlich sein Herz gehört. Außerdem ist ihm deutlich bewusst, dass er der Verantwortung für sein Kind nur unzureichend nachkommt. Eve versucht in Amerika den Gespenstern zu entkommen, die sie aus der Lebensgeschichte ihres Vaters geerbt hat, der in Israel lebt und dort seine Zeit in Auschwitz verdrängt. Ein Arzt, der Eve im Krankenhaus betreut, hat im Golfkrieg gekämpft und ein Trauma davongetragen. Natürlich wird auch Amerikas große Wunde, der Vietnamkrieg, angesprochen, und als sei das noch nicht genug an Zündstoff, versetzen sich die Figuren in ihren Träumen in andere Figuren hinein, so dass der Leser unter anderem auch noch Osama Bin Laden in seiner Höhle begegnet.

Auch mit Hilfe der gewöhnungsbedürftigen Wahl des Präsens wird der Leser durch einen 330 Seiten währenden Strudel der Ereignisse gewirbelt und muss dabei versuchen, den roten Faden des Romans im Auge zu behalten, was sich durch die Vielfalt an Themen, Nebenfiguren und Handlungsorten nicht immer einfach gestaltet. Doch wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen, und so kann jeder Leser über das politische Ereignis nachsinnen, das ihn am meisten bewegt. Aus weiblicher Perspektive hebt man bereits bei Backsgaards heroischer Rettungsaktion aus dem brennenden Hochhaus zweifelnd eine Augenbraue und kann zum Schluss nur noch den Kopf schütteln, wenn er sich auf der Suche nach dem Hamas-Terroristen Zawawi in den israelischen Kugelhagel wirft.

Der nüchterne Sprachstil aus kurzen Sätzen, präzisen Dialogen und knappen Beschreibungen klingt auf den ersten Seiten noch analytisch und vertrauenswürdig, so als könne er Erklärungen bieten oder würde zu Wahrheiten führen. Doch er verspricht mehr, als er halten kann. Es gibt in diesem Buch keine Erklärungen, keine Gewinner und keinen befriedigenden Erfolg des Ermittlers Backsgaard. Auch er ist am Schluss wieder nur unterwegs auf einem neuen Weg ins Ungewisse. Der Leser ahnt Akte-X-mäßig dunkel, dass die Wahrheit irgendwo da draußen ist. Aber das Schattenland hat sich längst zu einer Schattenwelt ausgedehnt, deren Dunkelheit auch Fiktion nur partiell erhellen kann.

Mit „Im Schattenland“ bietet der |Eichborn|-Verlag eine gute Möglichkeit, sich mit dem Werk eines der bedeutendsten dänischen Autoren der Gegenwart bekannt zu machen. Viele seiner über 40 Prosawerke, Gedichtbände und Drehbücher wurden international herausgebracht bzw. aufgeführt. So hat er sich beispielsweise in „Zwei Tage im Juni“ (Kiepenheuer, 2004) der Thematik des Stauffenberg Attentats auf Hitler angenommen oder in „Das Labyrinth“ (Picus, 2007) seinen Anwalt Jon Backsgaard in die rechtsextreme Szene von Wien geschickt. Mit „Im Schattenland“ und seinen anderen politischen Thrillern nimmt sich der studierte Literaturwissenschaftler Problemen der aktuellen Zeitgeschichte an und bietet handwerklich gut gemachte Unterhaltung.

|Übersetzt von Heinz Kulas und Jette Mez
336 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3821861005|
http://www.eichborn.de

Parker, Robert B. – Paper Doll – Ein Spenser-Krimi

_In Boston wie im Süden: die Tyrannei weißer Männer_

Die Frau eines angesehenen Bostoner Anwalts wird mitten in der Stadt unweit ihres Hauses mit einem Hammer erschlagen. Nach erfolglosen Ermittlungen hält die Polizei den Fall für die Tat eines Verrückten und kommt nicht weiter. Deshalb bittet der Witwer den Privatdetektiv Spenser um Hilfe. Schon bei seiner ersten Nachforschung in der Heimat der Ermordeten, bekommt Spenser mordsmäßig eins auf die Mütze. Jemand will nicht, dass er den Mord aufklärt. Aber warum?

Deutscher Titel: „Schmusepuppe“. Das trifft den Sachverhalt nicht wirklich.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Spenser ist ein Privatdetektiv in Boston. Er lebt mit der Psychotherapeutin Susan Silverman und dem „Wunderhund“ Pearl zusammen, die er beide gerne mit Kreationen aus seiner Küche verwöhnt. Heute kommt der wohlhabende Anwalt Loudon Tripp-Nelson zu ihm. Offenbar hat er Spensers Hintergrund gründlich überprüft. Er kommt zu ihm auch nur, weil die Polizei überhaupt nicht weiterkommt: Seine Frau Olivia wurde von einem Unbekannten mit einem Zimmermanshammer erschlagen, mitten auf einem Platz im Nobelviertel Beacon Hill, wo Tripp-Nelsons Haus steht. Der von ihm ausgestellte Scheck ist beträchtlich, und Spenser nimmt den Fall deshalb gerne an.

Der Polizeileutnant hat keine großen Erkenntnisse beizutragen, ebenso wenig der eigentliche Bearbeiter des Falles, Farrell. Tripp-Nelson und seine Frau seien offenbar Heilige gewesen und ihre zwei Kinder Loudon junior und Meredith ebenfalls kleine Heilige. Die zwei gehen aufs College. Als Spenser das Haus in Augenschein nimmt, stellt er fest, dass die Eltern getrennte Schlafzimmer haben. Zudem sehen die Zimmer von Olivia und den Kindern wie Gästezimmer aus: unbewohnt, ausgestellt, präsentabel. Sehr merkwürdig. Junior wirft Spenser raus. Was hat denn der für ein Problem, fragt sich der Privatdetektiv.

Noch merkwürdiger ist Tripp-Nelsons Sekretärin. Ann Summers ist eine Wucht und einem Abenteuer zwischen den Laken sicher nicht abgeneigt. Wenn Spenser seine Susan nicht hätte … Aber Ann Summers will nichts über die Familie ihres Brötchengebers sagen und auch nicht verraten, warum sie zwischen neun und vier praktisch nichts zu arbeiten hat. Sie liest stattdessen, gut für ihre Bildung. Aber was macht sie in Wahrheit den lieben langen Tag?

Dass Senator Bob Stratton sich für den Fall interessiert, hat Spenser schon gehört. Als er ihn im Club seines Klienten trifft, macht der Senator schlüpfrige Bemerkungen über junge Damen, bevor er Tripp-Nelson sein Beileid ein wiederholtes Mal ausdrückt. Eine interessante Figur, ohne Zweifel.

|Im tiefen Süden|

Da es weder einen Täter noch ein Motiv gibt, gräbt Spenser in der Biografie des Opfers. Hatte es jemand aus der Vergangenheit auf sie abgesehen? Also fliegt er nach Alton, South Carolina, und quartiert sich dort ein. Kaum ist er von einem Besuch an Olivias Schule zurück, merkt er schon, dass sein Hotelzimmer durchsucht worden ist. Nichts fehlt, aber vor dem Hotel steht ein blauer Buick, der sofort wegfährt, wenn er auf ihn zugeht. Wird er von der Polizei überwacht?

Ja, so ist es, erklärt der schwarze Hoteldiener Sedala, der Sheriff war da. Offenbar hat ihm jemand aus Boston einen Tipp gegeben, jemand, der hier viel zu sagen hat. Und Spenser hat da schon eine Ahnung, wer das sein könnte. Sedala gibt ihm noch einen Tipp: Sich mal eine kleine Frittenbuden anzusehen. Tatsächlich ist dort das Essen nicht nur besser und herzhaft, sondern es hängt dort auch ein Foto von Olivia Nelson an der Wand. Nur, dass die weiße Frau, die dieses Mädchen ihre Tochter nennt, gar nicht Nelson heißt, sondern Rankin. Das Foto zeige ihre Tochter Cheryl Anne. Spenser ist perplex.

Um sich Klarheit zu verschaffen, fährt er, stets überwacht, raus zu Olivias Vater Jack. Der war zu seiner Zeit nicht nur ein toller Jäger und Reiter, sondern auch ein Frauenheld, der laut seinem Pferdehalter alles besprang, das keinen Penis hatte. Allerdings ist Jack Nelsen inzwischen ein Halbtoter, der nur noch übergewichtig vor der Glotze hängt und Whisky süffelt. Als Spenser seine Tochter Olivia erwähnt, wehrt Nelsen ab: Er habe keine Tochter. Und sein alter Diener Jefferson erklärt es: Olivia heiratete einen Afrikaner und zog nach Kenia. Nelson hat sie quasi enterbt. Als der völlig überraschte Spenser ihn nach Cherryl Anne Rankin fragt, lügt Jefferson. Aber warum?

Kaum zurück im Hotel, erstattet Spenser einem ebenso erstaunten Polizeileutnant in Boston Bericht. Und da sieht er aus dem Fenster, wie die komplette Polizei vor seinem Hotel eintrifft. Die kommen bestimmt nicht, um eine Disco aufzumachen. Spenser bittet den Leutnant noch, ihm zu helfen, da wird er auch schon abgeführt, und zwar auf höchst illegale Weise. Aber das ist erst der Anfang seines Martyriums im tiefen Süden …

_Mein Eindruck_

Dies ist der erste „Spenser“-Krimi, den ich gelesen habe, und ich muss sagen, dass ich keineswegs enttäuscht bin. Anfangs sah der Plot wie ein Fliegengewicht aus, doch in seiner unnachahmlich lässigen Art führt der Autor seine Figuren immer weiter auf einer Spirale der Verzweiflung und Aufklärung. Genau so, als sei die Ermittlung eine andere Art des Exorzimus.

Im Brennpunkt der Ermittlung stehen erst zwei Familien: die von Olivia Nelson, die gar nicht Olivia Nelson ist, und die ihres angeblichen Vaters, der sich als ihr tatsächlicher Vater entpuppt. Olivias Mann Loudon Tripp ist ein Meister im Verdrängen der Wirklichkeit, wie Spenser mit wachsender Bestürzung feststellen muss. Olivias Bett war deshalb so sauber und präsentabel, weil praktisch nie darin schlief, sondern sich lieber in den Betten anderer Männer herumtrieb. Und seine Tochter Meredith ist deswegen so still, weil sie ein schreckliches Geheimnis zu verbergen hat.

Nur gut, dass Spenser eine Psychotherapeutin zur Freundin hat. So bekommt er eine Erklärung für die massive Realitätsverdrängung Loudon Tripps, ebenso für die von Jack Nelson, Olivias Vater. Und er findet jede Menge Erholung von seinen strapaziösen Ermittlungen im Süden und Boston, wenn er mit Susan ins Bett geht. Sie ist die Lauren Bacall für seinen Philip Marlowe – und hat genauso schlagfertige Antworten. Das sorgt für subtilen Yankee-Witz, für eine feine Ironie, die elegant an der Grenze zum schwarzen Humor entlangsegelt.

Doch abgesehen von den Tripp-Nelsons geht es auch um Senator Stratton. Der Mann, der sich zum Präsidentschaftskandidaten aufstellen lassen will, unternimmt einiges, damit Spenser seine Finger vom Fall „Olivia Nelson“ lässt. Nicht ohne Grund, hat er doch „Livvie“ viele Male nicht nur sexuell benutzt, sondern auch noch um all ihr Geld gebracht – „Parteispenden“ von seiner ehemaligen Wahlkampfhelferin. Doch dann ist er zu weit gegangen …

Natürlich ist es lachhaft, auch nur daran zu denken, dass ein Bostoner Cop sich an einem SENATOR vergreifen könnte. Ein SENATOR, der den Polizeipräsidenten locker in die Tasche stecken könnte. Und doch gelingt Spenser dieses kleine Wunder, und zwar auf seine unnachahmlich menschliche Weise, die zeigt, wie moralisch integer der Ermittler ist. Und als auch die Tripps der Wahrheit ins hässliche Medusenauge sehen müssen, hat auch Senator Stratton keine Worte mehr. Und uns bleibt die Spucke weg. Aber heißt dies auch, dass er der Mörder ist? Das soll hier nicht verraten werden.

|Der Buchtitel|

Die Übersetzung des Buchtitels „Paper Doll“ mit „Schmusepuppe“ trifft nur die halbe Wahrheit, nämlich „doll“, das umgangssprachliche Wort für „junge attraktive Frau ohne feste Bindung“, vulgo: „Schlampe“. Aber was ist mit „paper“? Die Titelillustration des Originals gibt schon einen Hinweis: Eine Papierpuppe lässt sich wie ein Abziehbild ausschneiden, sodass sie keinen eigenen Charakter hat. Oder sie hat den Charakter eines anderen Menschen angenommen, der fortan nur noch auf dem Papier existiert. Es geht also um eine falsche Identität – genau die Täuschung, die Spenser so zu schaffen macht.

_Unterm Strich_

In einer zunehmend spannenderen und beklemmenderen Ermittlung, die aber auch keiner Verschnaufpausen entbehrt, deckt der Autor die repressive Herrschaft des weißen Mannes auf – die „Tyrannei alter Männer“ („Pulp Fiction“ von Tarantino) vor allem. Im alten Süden, in South Carolina, hat Jack Nelson alles besprungen, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Die Tyrannei gegenüber Frauen ist nur die andere Seite der Tyrannei gegen die Schwarzen, deren Folgen Spenser allenthalben antrifft.

Doch was wir und Spenser nicht erwartet haben: Die Tyrannei des weißen Mannes setzt sich auch im Norden fort. Und nicht bei irgendwelchen Leuten, sondern bei einem Senator, also dem gewählten Vertreter eines Bundesstaates. Senator Stratton weiß sich in der sexuellen und finanziellen Ausbeutung von Frauen und ihren Familien jedoch völlig auf einer Linie mit anderen „Kameraden“, die seine schlüpfrigen Witze – besonders über Jungfrauen – lustig finden. Im Gegensatz zu Spenser. Und er befindet sich als Angehöriger der politischen Elite des Landes in „bester“ Gesellschaft, zum Beispiel in der der Kennedys Anfang der sechziger Jahre. Was sagt dies über ein politisch-kulturelles System aus?

Mich hat die Lektüre nie gelangweilt und ich fand sie zunehmend spannender, je mehr beklemmende Enthüllungen mir Spenser bzw. Parker offenbarten. Der Held würde heulen, wenn er nicht solch einen Rückhalt in seiner besten Freundin hätte – der weiblichen wie der hündischen.

Dieser „Spenser“-Krimi lässt sich nur schwer mit den „Jesse Stone“-Krimis vergleichen. Aber auch hier ist der lakonische Witz der Dialoge (Einzeiler am laufen Band) und die moralische Integrität und Unerschrockenheit des Ermittlers unverkennbares Markenzeichen des 2010 verstorbenen Autors Robert B. Parker.

|Taschenbuch: 279 Seiten
ISBN-13: 978-0425141557|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Death in Paradise (Jesse Stone 3)

_Eine Kugel für Pretty Baby_

Polizeichef Jesse Stone hat mit dem Mord an einem Teenager-Mädchen zu tun. Natürlich sucht er dessen Mörder. Aber wieso will in seinem Städtchen Paradise niemand der Angehörige des Mädchens sein, um die Leiche zu bestatten?

Dieser Roman wurde für die „Jesse Stone“-Serie mit Tom Selleck eindrucksvoll verfilmt. Allerdings weist die Fernseh-Episode eine Unmenge an Unterschieden auf. Diese erörtere ich weiter unten.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

In einem nahen See wird die Leiche eines Mädchens gefunden. Sie muss sich schon einige Zeit darin befunden haben, denn die Verwesung hat eingesetzt. Sie wurde ermordet: Eine Kugel durch den Kopf, wahrscheinlich aus einer 38er. Polizeichef Jesse Stone Mitarbeiter finden am Ufer einen Schulring an einem Goldkettchen: Der recht umfangreiche und reich verzierte Ring stammt von der Swampscott High School und zwar aus dem Jahr 2000.

Das Mädchen könnte den Ring ihres Freundes an dem Kettchen getragen haben, sinniert Stone. Der Mörder schleppte die Leiche von seinem Auto durchs Unterholz bis in den See hinein, beschwerte sie dort mit Seil und Steinen, um sie am Aufsteigen zu hindern und versenkte sie dort. Wenig später finden Stones Mitarbeiter auch den Stein und das Seil – ein erster Hinweis. Er schickt gleich Arthur Angstrom los, um alle entsprechenden Läden abzuklappern. Vielleicht war der Mörder dumm genug, mit seiner Kreditkarte zu bezahlen.

Höchste Zeit, der Swampscott High School einen Besuch abzustatten. Die Rektorin ist Lilly Summers, DOKTOR Lilly Summers, eine adrette Lady – und derzeit unverheiratet. Jesse lädt sie sofort zum Mittagessen ein, sodass sie über den Fall des ermordeten Mädchens reden können. Wie sich herausstellt, könnte es sich um Elinor Bishop handeln, die von allen nur Billie genannt wurde und wohl so etwas wie eine Nymphomanin war. Sie schlief mit allen, doch nur einer war ihr wahrer Freund: William Royston, genannt Hooker, der Held des Jahrgangs, ein Vorzeigejunge.

Doch warum war Billie eine Nymphomanin und ihre Noten so schlecht, dass sie kaum die Versetzung schaffte? Sie war apathisch und interesselos. Jesse vermutet gleich, dass sie seelisch etwas aus der Bahn geworfen haben muss. Auch ihre Eltern sind sonderbar: Sie leugnen standhaft, dass sie eine Tochter namens Elinor oder Billie hätten. Was durch die Zahnarztunterlagen widerlegt wird. Dennoch beharrt die Mutter darauf, dass Billie für sie tot sei. Der Vater hat gefälligst die Klappe zu halten. Ebenso die dritte Tochter, Carla.

Aber wenigstens die zweite Tochter, Emily, redet mit Jesse. Sie hat eine Telefonnummer: Billie ging zu den Nonnen in Boston. Die Nonne, Schwester Mary John, hat ebenfalls eine Telefonnummer. Diese gehört dem Bostoner Gangster Gino Fish. Fish, der bekanntermaßen schwul ist und erst recht nichts sagt, habe nichts mit Prostitution am Hut, sagt die Bostoner Polizei, verkörpert durch Brian Kelly (den wir schon aus den Sunny Randall-Krimis kennen). Also legt sich Jesse mit seinem Mitarbeiter Suitcase Simpson und Kelly auf die Lauer. Nach Wochen entdecken sie: Es ist Fishs Rezeptionist Alan Garner, der den Prostituiertenring betreibt. Und die Huren sind blutjung – genau wie Billie. Hat einer der Freier Billie umgebracht?

Doch die Verbindung zu Paradise fehlt. Diese wird hergestellt durch die Verbindung von Gino Fish mit dem angesehenen Autor Norman Shaw, ein Alkoholiker mit einer sexuell frustrierten Frau, die sich an Jesse ranschmeißt. Shaw soll im Auftrag von Fish eine Biografie des Gangsters schreiben, gegen einen ansehnlichen Vorschuss. Jesse fragt sich, was Shaw für Fish getan haben könnte …

_Mein Eindruck_

Wie sich herausstellt, hat Gino Fish keine Ahnung von den Nebengeschäften seines Rezeptionisten Alan Garner, der einen Ring von minderjährigen Huren führt. Gut für Fish, schlecht für Garner. Denn wenn Fish die Wahrheit über seinen Lover herausfindet, bringt er ihn um. Das wissen auch die beiden Cops Stone und Kelly, als sie Garner schließlich in die Mangel nehmen. Aber sie lassen ihm ein winziges Schlupfloch: Wenn er Shaw verpfeift, kommt er ihne Mordanklage davon. Und die würde sich in seinem Lebenslauf – der durch Fish drastisch abgekürzt werden könnte – gar nicht gut ausnehmen.

Doch Stone und Kelly geht es um den Mörder von Billie Bishop. Wenn es weder Fish noch Garner war, dann kommt vorderhand nur Shaw in Frage. Ihr Problem ist allerdings, dass sie Shaw seine pädophilen Neigungen nachweisen müssen. Das kann eine der geschiedenen Gattinnen besorgen. Und sie müssen Billie mit ihm in Verbindung bringen. Wie ginge das besser als über Garner?

Dieser „Jesse Stone“-Krimi nimmt sich wie schon „Sea Change“ und „Paper Doll“ des heißen Eisens der Pädophilie an, diesmal aber auch des Themas Prostitution von Minderjährigen. Beide Themen entfachen in Jesse Stone sowohl Depression als auch Wut. Er hat Billie gegenüber ein heimliches Versprechen abgegeben, ihren Killer zu stellen und zur Rechenschaft zu ziehen. Bis ihm dies gelingt, besteht ein langer Spannungsbogen, der vier kleine Nebenhandlungen mühelos stützt.

Diese Nebenhandlungen umfassen 1) eine Liebschaft mit Lilly Summers, von der er Jenn informiert; 2) weitere Treffen mit Jenn; 3) Jesse besucht erstmals eine Psychotherapeuten, dem ihn Jenn empfiehlt: Dix soll Jesse von seiner Alkoholsucht befreien; und 4) Mr Snyder, ein Alkoholiker wie Jesse, schlägt seine Frau, doch Jesse verhilft ihr zur Freiheit – was zu einer Geiselnahme in einem Supermarkt führt. In Snyder entdeckt Jesse einen Aspekt seiner selbst, der ihm gar nicht gefällt. Und zum ersten Mal findet er selbständig heraus, was damit nicht stimmt.

|Unterschiede zur Verfilmung|

Dieser Roman wurde für die „Jesse Stone“-Serie mit Tom Selleck eindrucksvoll verfilmt. Allerdings weist die Fernseh-Episode eine Unmenge an Unterschieden auf. Während die „Snyder“-Episode relativ unangetastet blieb, sondern fordert der blutige Abschluss der Geiselnahme ein bedauernswertes Opfer. Die Ermittlung in Boston dauert längst nicht so lange, wie sie im Buch dargestellt wird. Vielmehr findet Jesse Stone im Film in Billies Zimmer (!) ein Buch von Norman Shaw – quasi ein Wink mit dem Zaunpfahl.

Signifikanter ist eigentlich der Abschluss des „Fish/Garner“-Strangs. Im Film spielt Garner praktisch keine Rolle, wenn ich mich recht entsinne. Vielmehr läuft alles auf eine Konfrontation zwischen Fish, seinem Schützen Vinnie Morris (bestens aus den „Spenser“-Krimis bekannt) und Stone hinaus. Davon kann im Buch nicht die Rede sein. Im Film wird plötzlich Fish zum Mörder von Billie gemacht, was Shaw ziemlich entlastet. Das widerspricht auf eklatante Weise der Absicht des Autors, der alle Schuld an Billies Tod auf Shaw ablädt.

Wie man sieht, ist der Drehbuchautor mit der Vorlage regelrecht Schlitten gefahren. Die Abkürzungen und Verdrehungen sind wirklich ärgerlich. Ich musste mich erst von diesen Verfälschungen freimachen, um die Romanvorlage wirklich genießen zu können. Wohl dem also, der die Verfilmung noch NICHT kennt!

_Unterm Strich_

Ich habe diesen Krimi an zwei Tagen gelesen. Wie bei allen „Jesse Stone“-Romanen Parker sorgt die Verbindung aus Verbrechen, sozialem und menschlichem Drama sowie erotischer Nebenhandlung dafür, dass sowohl männliche als auch weibliche Leser gut unterhalten werden. Parker prangert die Ursachen der Prostitution von Minderjährigen genauso an wie die verlogene Moral der Freier, die die Minderjährigen ausnützen. Der Regisseur Louis Malle hat mal eine Minderjährige zum „Pretty Baby“ hochstilisiert, doch der Film ist ebenso verlogen wie die Freiermoral.

Was mir diesmal fehlte, was die Action, die beispielsweise die „Stone“-Romane „Trouble in Paradise“ und „Stranger in Paradise“, aber vor allem die „Spenser“-Krimis zu liefern wissen. Außerdem fehlte mir die Erklärung für Billies nymphomanisches Verhalten und dessen Auslöser. Deshalb gibt es einen Punktabzug.

Der Leser sei ausdrücklich vor der verfälschenden TV-Verfilmung gewarnt. Sie verhinderte, dass ich diesen Roman so gut genießen konnte, wie ich von den „Stone“-Krimis gewohnt bin. Denn die TV-Bilder überlagerten immer wieder die Darstellung im Buch. Und letzten Endes widerspricht die Aussage des Films der Absicht des Autors. Während Parker mit dem Schriftsteller hart ins Gericht geht, ist im Film der Gangster der Böse – das Klischee ist mal wieder bestätigt.

|Taschenbuch: 289 Seiten
ISBN-13: 978-0425187067|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Trouble in Paradise (Jesse Stone 2)

_Großangriff mit Apache: Überfall auf die Insel der Reichen_

Polizeichef Jesse Stone bekommt es diesmal mit einem skrupellosen Räuber und dessen Bande zu tun. Nachdem sie den einzigen Zugang zu Stiles Island gesprengt haben, räumen die Räuber in aller Seelenruhe die Nobelvillen der Bewohner aus und plündern sogar deren Bankschließfächer. Der Haken: Sie müssen warten, bis die Flut kommt und ein Boot sie abholen kann. Zeit genug für Stone, um einzugreifen und die Geiseln zu befreien?

Dieser Roman wurde meines Wissens nach noch nicht übersetzt.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Jimmy Macklin ist ein Ganove, der frisch aus dem Gefängnis entlassen wurde und bereits Pläne für den nächsten großen Coup ausheckt. Im Knast hat er von einem „Kollegen“ erfahren, dass es auf Stiles Island eine ganze Reihe von Nobelvillen gebe, in denen sich etliche Wertsachen befänden. Und dann gebe es da noch die Bank. Viele der Bewohner der Insel, die dem Städtchen Paradise und ihrem Hafen vorgelagert ist, hätten dort ihre Preziosen, Wertpapiere und so weiter gebunkert.

Man müsste aber schon eine schlagkräftige Mannschaft zusammenbekommen, die es mit dem Sicherheitsdienst dort aufnehmen könne. Null Problemo, denkt Jimmy Macklin in den Armen seiner Freundin Faye. Die Jungs bekomme ich locker zusammen – ich muss ihnen nur genügend Anteil an der Beute versprechen. Einer der Jungs jedoch, der Apache Wilson Cromartie, genannt „Crow“, verlangt einen größeren Anteil: 20 Prozent oder die Sache läuft ohne ihn. Jimmy weiß, dass der Kontraktkiller mit und ohne Waffe alles töten kann, was sich bewegt. Geht also in Ordnung.

Macklin gibt sich bei der Immobilienmaklerin Marcy Campbell als Interessent aus, der sich auf Stiles Island niederlassen will. Er fängt sogar ein Verhältnis mit der schlanken, fitten Frau an. Doch Jimmy ist ein Adrenalinjunkie, der die Gefahr liebt: Er besucht sogar den Polizeichef Jesse Stone, um den Mann einzuschätzen. Der Dorfpolizist scheint wider Erwarten kein ahnungsloses Landei zu sein, und das beunruhigt ihn – ein klein wenig. Dem muss man eben Rechnung tragen.

Nachdem Crow Geld beschafft hat und die anderen Spezialisten – für Elektrik und Sprengstoff – ihr Zeug gekauft haben, sind Jimmy und seine Crew bereit. Sie ahnen nicht, dass Jesse Stone sie bereits beobachtet. Kam ihm gleich nicht koscher vor, dass dieser „Harry Smith“ angibt, aus Concord zu stammen, seinen Wagen aber auf eine Adresse in Charlestown zugelassen hat. Unter der angegebenen Adresse logieren auch noch andere Typen, darunter einer, der besonders zwielichtig aussieht.

Jesse lässt das Nummernschild des Lieferwagens prüfen, der vor dieser Wohnung steht. Er ist auf einen Wilson Cromartie aus Tucson zugelassen. Jesse stammt aus Tucson. Dort war sein Vater Polizist. Und Jesse hat dort immer noch Freunde, die ihn nun eindringlich davor warnen, es alleine mit Wilson Cromartie, genannt Crow, aufzunehmen. Das sei ein eiskalter Killer. Deshalb kreuzt Jesse mit zwei seiner Mitarbeiter vor Macklins Wohnung auf. Er findet nur Faye vor, die sich Rocky nennt. Der Vogel ist ausgeflogen. Aber wohin?

Um 10 Uhr am gleichen Morgen reißt die Verbindung zum Sicherheitsdienst von Stiles Island ab und alle Telefone lassen nur das Besetztzeichen ertönen. Als Jesse die Lage dort von zwei Angestellten prüfen lässt, fliegt ihr Streifenwagen mitsamt der Brücke in die Luft. Das verheißt nichts Gutes, weiß Jesse.

Und das ist erst der Anfang …

_Mein Eindruck_

Dieser zweite „Jesse Stone“-Krimi bietet dem Leser eine Menge Spannung und tödliche Action. Allerdings lässt sich der Autor, die Geschichte richtig zu erzählen. Er bereitet den Höhepunkt, der im letzten Drittel folgt, sorgfältig vor. Erst auf diese Weise tragen zwei Nebenhandlungen dazu bei, die menschliche Anteilnahme des Lesers am Geschehen sicherzustellen.

Beide Nebenhandlungen drehen sich um die Liebschaften des Polizeichefs. Wir wissen ja schon aus dem ersten Band „Night Passage“, dass Jesse Stone kein Kostverächter ist. Er fing eine Affäre mit der Anwältin Abby Taylor an, doch im Laufe der Handlung kam es zu einem Zerwürfnis: Sie konnte nicht akzeptieren, dass seine erste Priorität seinem Job gilt, und der beinhaltet eben manchmal, Menschen töten zu müssen. Jetzt will Abby diese Liebschaft wieder aufwärmen. Sie inszeniert in aller Öffentlichkeit einen leidenschaftlichen Kuss. Dies wiederum führt zu einem verhängnisvollen Missverständnis, denn automatisch gerät Abby ins Visier von Jimmy Macklin und seiner Freundin Faye.

Der Immobilienmaklerin Marcy Campbell ergeht es wenig besser. Macklin nimmt auch sie gefangen, in der Hoffnung, mit ihr als Geisel den Polizeichef erpressen zu können – auch sie gehört zu den Freundinnen Stones. Und als wäre das noch nicht genug, muss Stone auch noch mit seiner Ex Jenn und ihren eigenen Affären zurechtkommen.

Sein Privatleben ist also recht turbulent, denn er gibt keiner der Damen einen Korb. Jenn tritt dafür in aller Öffentlichkeit für Jesse ein – und zwar so schlagfertig, dass sie Jesses lauteteste Kritikerin Kay Hopkins eine in die Fresse haut. Jesse hat das zweifelhafte Vergnügen, seine eigene Ex in eine Zelle sperren zu müssen. Und dabei liebt er sie doch noch. Und wir lieben ihn, weil er all diese Schwächen hat und sich um alles Mögliche kümmern muss.

Mit Macklin hat der Autor hingegen eine Figur geschaffen, die gerne der perfekte Räuber sein möchte, aber dabei in die übliche Hybris verfällt. Crow drückt es klipp und klar aus: Gerade weil Macklin ein Adrenalinjunkie ist, macht er keine detaillierten Pläne – und muss sich dann mit den Folgen der Fehler herumschlagen. Einer davon besteht darin, vier Stunden lang darauf warten zu müssen, dass die Flut hoch genug ist, damit ein Schnellboot nahe genug an der Inselküste anlegen kann, dass Menschen zu ihm hinauswaten können. Und in dieser kritischen Wartezeit kann natürlich alles Mögliche passieren.

Es ist recht vorhersehbar, dass Jesse sich in einen Taucheranzug kleidet und zur Insel schwimmt, um dort mit Macklin abzurechnen. Aber es ist keineswegs vorauszusehen, was Faye mit Abby Taylor gemacht hat. Oder welche Pläne der schlaue Apache Crow im entscheidenden Augenblick in die Tat umsetzt. Das lässt Macklin nämlich ganz schön alt aussehen. (Und deshalb taucht Crow in dem Roman „Stranger in Paradise“ zehn Jahre später erneut auf – siehe dazu meinen Bericht.)

_Unterm Strich_

Ich habe diesen spannenden Roman an nur einem Nachmittag und Abend verschlungen. Die Geschichte ist ebenso erotisch wie actionreich mit zahlreichen feinen Szenen aufgezogen, die sich einerseits zu einem menschlich anrührenden Mosaik vereinen (Marcy, Abby, Jenn), als auch zu einer spannenden Entwicklung beitragen, die sich in Explosionen, Morden und Geiselnahme entlädt.

Für weibliche Leser ist das vielleicht ein wenig starker Tobak , aber die Leser der Jesse-Stone-Reihe sind vermutlich überwiegend Männer (im Gegensatz zur „Sunny Randall“-Reihe). Andererseits: Ein Kel, wie Stone, der die Frauen so liebt, kann einfach kein schlechter Typ sein – und vielleicht wird deshalb am Schluss auch (ganz sachte) abgeknutscht.

Ein Stückchen Sozialkritik soll nach all dieser Action und Erotik nicht unterschlagen werden. Jesses erster Fall dreht sich nämlich um drei Halbstarke, die im dringenden Verdacht stehen, das Haus eines Pärchens Schuler abgefackelt zu haben. Die Art und Weise, wie Jesse diesen Fall ohne jeden Beweis löst, ist zwar bewundernswert, stößt aber bei den Eltern der drei Tatverdächtigen und besonders ihren Anwälten (darunter Abby Taylor) auf wenig Gegenliebe. Im Gegenteil: auf heftigen Widerspruch.

Jesse Stone ist ein Kerl mit Ecken und Kanten und weit davon entfernt, perfekt zu sein, weder im Job noch in der Liebe. Wir lieben ihn dafür. Aber er tut, was er kann. Und das ist nicht wenig. Außerdem arbeitet er an seiner ehemaligen Ehe. Jeden Tag ein kleines Stückchen. Und Zwischenfälle wie auf Stiles Island sind in diesem Bemühen zwar störend, aber nicht wirklich von großer Bedeutung. Und Baseball bedeutet Jesse, wie man in „Death in Paradise“ lesen kann, wesentlich mehr als ein paar Ganoven.

|Taschenbuch: 324 Seiten
ISBN-13: 978-0399144332|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – High Profile (Jesse Stone 6)

_Aufgehängt: ein TV-Promi auf Liebesabwegen_

Ein umstrittener Talkshow-Moderator und Freund des Gouverneurs wird tot in einem öffentlichen Park von Paradise, Massachusetts, aufgefunden: Mit drei Kugeln in der Brust, den Hals in einer Henkersschlinge, hängt er an einem Baum. Chief Jesse Stone ahnt nichts Gutes. Wenig später findet eine Restaurantbesitzerin die tote Freundin des Moderators in ihrem Müllcontainer. Sie posaunt ihren Fund gleich hinaus an die versammelte Presse.

Nicht nur die Medien üben nun Druck auf Stone aus, sondern auch das Büro des Gouverneurs, das über jeden seiner Ermittlungsschritte informiert werden will. Zu allem Unglück wird auch noch Stones Freundin und Exgattin Jenn vergewaltigt und beschattet, just zu der Zeit, da sich Stone mit der Privatdetektivin Sunny Randall (siehe die entsprechenden Krimis) zusammentun will. Es herrscht ein mittleres Chaos in Stones Leben, und nur mit viel Hilfe kann er es bewältigen – und den Fall lösen.

Auch dieser „Stone“-Krimi wurde noch nicht übersetzt, und auch eine Verfilmung existiert meines Wissens nach nicht.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Der Indian Hill bietet normalerweise einen prima Ausblick über den Hafen von Paradise, Massachusetts. Heute ist der Anblick des Indian Hill interessanter, wenn auch hässlicher: An einem Baum baumelt eine Leiche. Kate Mahoney entdeckte ihn beim Joggen und alarmierte die Polizei. Nun fürchtet sie Ärger. Chief Jesse Stone versichert ihr, sie werde keinen Ärger bekommen, und hält sich die Nase zu: Die Leiche des Toten stinkt wie eine überreife Frucht. In der Brust des Toten: Drei Einschusslöcher. Aber nirgendwo Blut. Offensichtlich wurde er woanders getötet.

Die Rechtsmedizin identifiziert den Toten: Walton Weeks war ein bundesweit bekannter Talkshow-Moderator im Fernsehen, ein Moderator im Radio und ein Kolumnist in zahlreichen Zeitungen – ein Promi. Stone und seine Crew ahnen, was jetzt auf sie zukommt: ein Medienzirkus ohnegleichen. Jesse verdonnert Molly Crane dazu, die obligatorischen Pressekonferenzen abzuhalten. Er zieht es vor, zu ermitteln und hinter den Kulissen aktiv zu werden.

Da Walton Weeks ein enger Freund des Gouverneurs von Massachusetts war, schneit auch ein Bürokrat aus dessen Büro herein. Der Typ fordert von Stone, über jeden Ermittlungsschritt auf dem laufenden gehalten zu werden, geradeso als hätte er in Paradise etwas zu sagen. Stone lässt ihn abblitzen.

Am nächsten Tag bahnt sich Daisy Dyke, die lesbische Restaurantbesitzerin von nebenan, den Weg durch die Pressemeute. Sie habe etwas im Müllcontainer hinterm Haus entdeckt. Diskret schaut sich Jesse dort um: Eine Frauenleiche liegt im Container, mit einem Loch in der Brust. Später informiert ihn die Rechtsmedizin, dass sie in der zehnten Woche schwanger war – Weeks war der Vater. Es handelt sich um seine persönliche Assistentin Carey Longley.

Weeks hatte einen Bodyguard, einen Ex-Cop namens Conrad Lutz. Seltsamerweise war dieser gerade zum Zeitpunkt des Verschwindens von Weeks und Longley von seinen Pflichten entbunden worden, wie Lutz zu Protokoll gibt. Stone wird den Leibwächter schon bald noch öfter sehen.

Nach ein paar Tagen wundert sich Stone, warum die Verwandten von Weeks und Longley nicht nach den Leichen fragen, um sie beerdigen. Bei einem Treffen mit den „Interessenvertretern“ lernt Stone in New York City die aktuelle Gattin, deren Vorgängerin (die erste Gattin lebt in Italien), den Rechercheur von Weeks, den Manager und den Anwalt kennen. Eine Menge Leute, die nun womöglich arbeitslos werden. Oder doch nicht? Und wer wird überhaupt wie viel erben? Auch das wird Stone noch herausbringen, um auf ein Motiv zu stoßen: Diese Leute können das Weeks-Unternehmen ohne Weiteres weiterführen – eine wahre Goldgrube.

Allerdings hält ihn vorderhand seine Exfrau Jenn in Atem: Sie sagt, sie sei vergewaltigt worden, können aber nicht sagen, von wem, und sie werde beschattet, könne Jesse aber nicht sagen, von wem. Ein wenig mysteriös findet der gestresste Dorfpolizist und schaltet seine neue Freundin, die Privatdetektivin Sunny Randall aus Boston, ein. Die verspricht, sich Jenns anzunehmen, denn über solche Dinge könnten „Schwestern“ eben viel besser sprechen als Männer. Das ist Stone umso lieber. Schon bald stellen sich erste Informationen darüber ein, um wen es sich bei dem Stalker handelt.

Eine Frage nagt an Jesse: Was hatten Weeks, der Schürzenjäger, und seine schwangere Freundin eigentlich in Paradise zu suchen? Er weiß inzwischen, dass Weeks hier in seiner frühen Jugend die „beste Zeit seines Lebens“ verbracht hat, bevor etwas Einschneidendes geschah, das Weeks‘ Sexualität grundlegend veränderte, etwas, das mit seiner Mutter zu tun hatte. Wollten sich die beiden Turteltauben hier häuslich niederlassen?

Jesse fragt seine alte Flamme, die Immobilienmaklerin Marcy Campbell, und die findet heraus, dass Carey Longley unter ihrem Mädchennamen Young auf Stiles Island ein Haus kaufte, auf der Atlantikseite: für über vier Millionen. Als sich Jesse in dem Haus umschaut, findet er im begehbaren Kühlschrank der noblen Hütte eine erste Spur. Jetzt ahnt er, was der oder die Mörder vorhatten …

_Mein Eindruck_

Wie so oft verknüpft der Autor auch hier wieder zwei Kriminalfälle, denen Chief Stone nachgehen muss. Stone arbeitet zwar nach dem Prinzip „In der Ruhe liegt die Kraft“, aber selbst er droht diesmal ins Schleudern zu geraten: Es ist seine eigene Exfrau, die eines der Opfer ist. Er hat zu der Frau, die ihn schon mehrfach betrogen hat, ein gespaltenes Verhältnis, liebt sie aber dennoch.

Aber was tut ein Chef am besten, wenn er in Zeitnot ist? Er delegiert die Aufgabe. Die Glückliche und Freundliche ist diesmal Sunny Randall, eine Privatdetektivin aus Boston, die in bislang sechs Romanen des Autors aufgetreten ist. Sie ist kompetent, möchte Jesse zum Freund, hat aber noch eine emotionale Hypothek: Richie, ihr erster Gatte – und obendrein ein Mafioso. Sie bringt heraus, was wirklich hinter dem Stalker steckt – eine weitere zerbrochene Beziehung als Konsequenz aus Jenns notorischem Fremdgehen.

Wieder mal kommt Jesses Psychotherapeut Dix zu seinem Recht. Und Jesse hat eine Erleuchtung: Jenn benutzt Sex, um ihre Karriere zu fördern. Aber warum kommt sie dann immer wieder zu Jesse zurück? Es ist noch eine Erleuchtung fällig, bevor Jesse (im nächsten Krimi „Stranger in Paradise“) angemessen auf Jenns zwiespältiges Liebesverhalten eingehen kann. Wie so oft in Beziehungen geht es um die Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle, zwischen Selbsthauptung und Hingabe. Jesse und Jenn – sie sind das seltsamste Liebespaar, das mir je in der Krimiliteratur untergekommen ist, und sie wissen, wie seltsam sie sind. „Aber gut seltsam.“ Genau.

|New Yorker Connection|

Dafür geht die Ermittlung über Walton Weeks nur mit Mühe und unter Aufbietung aller Personalressourcen voran. Hierbei tut sich nicht nur Molly Crane hervor, sondern besonders Suit Simpson. Er will es endlich zum Detective, also zum Mordermittler, bringen und detektiert, was das Zeug hält. Obwohl Jesse Suit immer wieder mit Bedauern sagt, dass die Stadt kein Geld für einen Detective hat, lobt er Suit in den höchsten Tönen: Er werde eines Tages gewiss der „Chief of Detectives“ sein.

Suit detektiert beispielsweise, dass Conrad Lutz der geschiedene Gatte der jetzigen Witwe Weeks ist. Und Lorrie Weeks hieß früher mal Lorrie Pilarcik, bevor sie Lutz heiratete. 1987 war es Lutz, der als Cop in Baltimore den notorischen Schürzenjäger Walton Weeks auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums festnahm: wegen öffentlichen Bumsens einer Neunzehnjährigen. Deshalb wurde Weeks überhaupt aktenkundig und durfte demzufolge keine Waffenlizenz bekommen. „Interessant, nicht?“ Jesse bestätigt: „Höchst interessant. Aber was hat das mit dem Doppelmord zu tun?“

In der Folge geschahen zwei Dinge: Lutz gab seinen Cop-Job auf und wurde Weeks‘ Leibwächter. Und Lorrie ließ sich 1987 von Lutz scheiden, um nur 15 Tage später Weeks zu heiraten. In Las Vegas erfolgen Scheidungen bereits nach sechs Wochen Aufenthalt. Könnten die beiden Weeks erpresst haben? Vielleicht mit seinem abwechslungsreichen Liebesleben? Oder hatten sie es bereits damals auf sein florierendes Medienimperium abgesehen – das wäre noch herauszubringen.

Doch wie so häufig in Stones Polizistenleben gibt es auch diesmal lediglich einen Berg von Indizien, aber keinen einzigen Beweis. Deshalb verlegt sich Jesse jetzt auf Social Engineering: Beobachten, Fakten sammeln und jemanden derart unter Druck setzen, bis er oder sie die Wahrheit ausspuckt. Auch wenn Jesse und Suit dabei die Grenzen der Legalität ein wenig, ähem, großzügig auslegen.

Sie fahren nach New York zu Lorrie und ihren Konsorten. Schon bald ergeben sich zahlreiche Anhaltspunkte, mit denen sich ihr Social Enginnering ausgezeichnet in die Tat umsetzen lässt, mit Unterstützung der New Yorker Polizei, versteht sich.

_Unterm Strich_

Ich muss zugeben, dieser „Stone“-Krimi hat mich ein wenig enttäuscht. Es gibt weder Action (wenn auch einen Showdown) noch schlüpfrige Sexszenen wie in den ersten „Stone“-Krimis oder in den „Spenser“-Abenteuern. Dafür leuchtet der Autor ein wenig in die oberen Etagen des Big Apples und des Gouverneurspalastes, aber das war auch schon alles. Ich wusste ja schon vorher (aus „Paper Doll/Schmusepuppe“), dass Parker keinen Respekt vor hohen Tieren hat, und er hat mich auch diesmal nicht enttäuscht: Der Gouverneur erscheint wie eine Witzfigur, die nur Bullshit redet.

Viel mehr hätte mich interessiert, wie aus dem netten Jungen Walton Weeks ein obsessiver Schürzenjäger wurde. Was hat ihm seine Mutter angetan, dass er so geworden ist, fragt sich der Leser. Parker speist ihn mit ein paar allgemeinen Andeutungen ab. Hier hat der Parker das Thema Kindesmissbrauch offenbar nicht weiter vertiefen wollen, und das, obwohl er doch dieses Thema in „Sea Change“ (einen Roman zuvor) intensiv beackert hatte.

Walton Weeks erscheint im Nachhinein wie eine tragische Figur: Nach drei Ehen ohne Nachwuchs gelingt es ihm, mit seiner Assistentin ein Kind zu zeugen, will sich scheiden lassen und mit ihr in Paradise eine Familie gründen. Doch man lässt ihn nicht, aus rein egoistischen Gründen, wie so oft. Es ist im Grunde die traurige Lebensgeschichte eines Mannes, der keineswegs ein Dummschwätzer oder Provokateur ist, sondern zum politischen Bewusstsein der Nation beitrug. Der Autor stellt uns die Frage, was einem Promi wie Weeks zum Verhängnis werden konnte. Diese Frage ist weder ironisch, noch sarkastisch oder gar hämisch gestellt, sondern aus menschlichem Interesse.

|Taschenbuch: 280 Seiten
ISBN-13: 978-0425206096|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Sea Change (Jesse Stone 5)

_Porno, Video, Mord: verhängnisvolle See_

Die Leiche einer geschiedenen Millionenerbin aus Florida wird an den Stränden von Paradise, Massachusetts, angespült. Nachdem die Identität der von Meeresgetier verunstalteten Frau festgestellt worden ist, beginnt Chief Jesse Stone die perversen Geheimnisse des Opfers zu entdecken – und die einer Vergangenheit, die jeden, der sie kannte, in ein verdächtiges Zwielicht rückt, von ihren Freunden bis hin zu ihrer Familie. Leider ist keiner bereit zu reden, und so ist es Stones Aufgabe, für die Tote zu sprechen. Was er zu sagen hat, gefällt ihm mit jeder Wendung der Ermittlung immer weniger …

Diese Folge der „Stone“-Krimis wurde fürs Fernsehen verfilmt, allerdings in stark gekürzter Form. Dieses Buch wurde noch nicht ins Deutsche übersetzt.

Hinweis: Das englische Wort „sea change“, das Shakespeare erfand, bezeichnet eine profunde oder merkliche Transformation.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

|PROLOG|

Es ist bereits Nacht geworden, als das Segelboot vor der Bucht von Paradise, Massachusetts, kreuzt und an Stiles Island entlanggleitet. Florence Horvath ist mit der Person am Steuer allein an Bord, um einen schönen Tag mit ihr zu verbringen und sich auszusprechen. Sie soll etwas an der Reling überprüfen und sie begibt sich hin. Da vollführt die Person ein Wendemanöver, der Mastausleger trifft Florence am Körper, sie fällt über Bord. Obwohl es dunkel ist, kann sie doch die Lichter des Bootes sehen, sobald sie wieder auftaucht. Sicher nur ein Unfall, und die Person wird sie gleich wieder an Bord holen. Doch als das Boot zurückkehrt, dreht es nicht bei, sondern pflügt Florences Körper geradewegs unter Wasser …

|Haupthandlung|

Zwei bis drei Wochen später beginnt die Paradise Race Week, die jährliche Segel-Regatta in Paradise. Sie dauerte früher mal zwei Wochen, eine für die kleinen Boote, die Zweite für die großen Jachten. Doch seit einigen Jahren dauert sie vier Wochen, und die Segler nehmen die Gelegenheit wahr, sich zu besaufen, die Sau rauszulassen und aus Paradise einen Saustall zu machen.

|Die Leiche|

Kaum hat Chief Jesse Stone ein paar junge Typen wegen Urinierens in einen städtischen Brunnen in die Ausnüchterungszelle gesteckt, als er von der Frauenleiche erfährt, die im Hafenbecken angespült wurde. Weil die Meerestiere sie angeknabbert habe, lässt sie sich nicht identifizieren. Wenig später meldet ein Liegeplatzvermieter ein fremdes Boot, und an Bord dieses Bootes findet sich der Führerschein der Unbekannten: Florence Horvath. Sie stammt aus Fort Lauderdale bei Miami, Florida.

Auf seine Bitte hin nimmt Kelly Cruz, eine Privatdetektivin, die Ermittlung dort auf. Und Captain von der Mordkommission der Staatspolizei von Massachusetts hilft ihm, weil Stone nur so eine kleine Dorftruppe hat. Cruz stellt sich als erstaunlich fähig heraus. Florence E. Horvath stammt aus einer Milliardärsfamilie, der eine Handelskette gehört. Ihr Geburtsname lautete Florence Plum. Sie hat zwei Geschwister, Corliss und Claudia, die nach Angaben der Eltern in Europa reisen.

|Das Video|

Und Cruz schickt Stone eine Videokassette mit brisantem Inhalt: Ein Heim-Porno. Dieses Video habe sie in Florences Wohnung in Fort Lauderdale gefunden. Es zeigt Florence beim Sex mit zwei Männern zugleich. Sie bilden ein sogenanntes Sandwich. Die Frau schaut der Kamera direkt in die Linse – sie will, dass ihr Gesicht zu sehen ist. Was Chief Stone aber mehr interessiert: Wo und von wem wurde dieses Vdeo gedreht?

Zum Glück braucht Stone nur zwei und zwei zusammenzuzählen. Die Millionenerbin kam wahrscheinlich an Bord einer Segeljacht aus Florida nach Paradise, mit einem ebenso betuchten Kapitän. In der Liste der an der Regatta teilnehmenden Boote finden sich nur drei Kandidaten, und die klappert Stone nacheinander ab. An Bord der Jacht von Harrison Darnell kommt es zu einem Zwischenfall.

|Der Playboy|

Der weithin als Playboy bekannte Besitzer der „Lady Jane“ weigert sich, den Cops den Zutritt zu den Räumen unter Deck freizugeben. Stone lässt ihm Handschellen anlegen und schaut sich dennoch kurz um. Er bemerkt die Sitzbank mit den gelben und blauen Streifen, die er auf dem Video gesehen hat – und einen Messingaffen. Dessen langer Schweif ist auf dem Video ebenso zu sehen. Nun braucht Stone nur noch eine Gelegenheit, um das Boot genauer unter die Lupe zu nehmen. Die gegenwärtige „Mätresse“ Darnells bestätigt Stones Verdacht: Florence Horvath war an Bord. Doch was stieß ihr zu – Unfall oder Mord – und von wem?

|Die Schwestern|

Unerwartet tauchen die beiden Schwestern der Toten bei ihm auf. Corliss und Claudia sind Zwillinge und bildhübsch, wenn auch aufreizend gekleidet. Sie bewegen sich nicht etwa in Europa, sondern in den gleichen Kreisen wie Florence, hier an der amerikanischen Ostküste, auf Partys, wo es viel Koks gibt und noch mehr Sex. Stone merkt gleich, dass sie nichts als Luft in der Birne haben.

Als sie behaupten, sie wollten herausfinden, wer Florence auf dem Gewissen habe, gibt er ihnen die Nummer von Staatsanwältin Rita Fiore (mit der Stone schon mal ein paar Nächte verbracht hat), die die beiden Schnepfen an einen bekannten Privatdetektiv in Boston weitervermitteln könne (Stone denkt an Spenser). Allerdings wird nichts aus der Sache, denn sie weigern sich, den Namen des Verdächtigen rauszurücken, den der Detektiv suchen soll.

Allerdings verplappern sie sich und verraten den Namen derjenigen Person, durch die sie überhaupt von Florences Tod erfahren haben wollen. Kimmie Young. Diese frühere Jugendfreundin erweist sich in Kelly Cruz‘ Ermittlungen als Goldgrube, allerdings auch als Fährte ins Herz der Finsternis …

_Mein Eindruck_

Was läge für den Polizeichef eines Hafenstädtchens näher, als auf Verbrechen an Bord von Booten zu stoßen? Das dürfte auch den Leser nicht verwundern. Was jedoch das Besondere an diesem Fall ausmacht, ist die vielfältige Art der Verbrechen. Dass an Bord eines Bootes ein Porno gedreht wird – na, wenn schon? Dass der Bootsbesitzer sämtliche Räume an Bord verkabelt hat und die Fahrgäste heimlich beim Duschen, Ausziehen und Vögeln filmen lässt, das ist ja nichts Ungesetzliches. Heikel und relevant wird die Sache erst, als eine Minderjährige (also unter 16 Jahren) vergewaltigt und dabei gefilmt wird. Das gibt Jesse Stone einen Anlass, gegen den Täter einzuschreiten.

|Ins Herz der Finsternis|

Aber Stone hat die Chance, einen viele dickeren Fisch zu fangen: Er könnte diesen Bootsbesitzer – Harrison Darnell oder seinen Playboy-Kumpel Tom Ralston – auch wegen Mordes an Florence Horvath drankriegen. Das ist er dem Opfer schuldig. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Die Ermittlung, die Kelly Cruz vorantreibt, führt zu weitaus überraschenderen Ergebnissen als der Fall der vergewaltigten Minderjährigen. In Fort Lauderdale findet Jesse endlich seinen Mörder. Mehr darf nicht verraten werden.

Jesse hat ein echtes Problem mit den Sexorgien an Bord der Playboy-Jachten. Nicht etwa, weil die Superreichen und ihre Tussis auf ihn an Dorfpolizist herabblicken, wie sie es nun mal tun, sondern weil in den Aktivitäten an Bord regelmäßig Mädchen verwickelt sind, die dazu verführt werden: Ausreißerinnen, Abenteurerinnen, aber auch brave Dorfmädchen aus Paradise. Kelly Cruz deckt eine ganze Szene bzw. Industrie für diese Aktivitäten auf, bei der nicht bloß Pornos gedreht werden und Kokain geschnupft wird. Es kommen auch Menschen dabei um.

|Falltüren|

Wurde mir allmählich schon ein wenig mulmig angesichts dieser Erkenntnisse Stones, so öffnet sich im Anschluss eine Falltür nach der anderen, als sich Stone der beiden Schwestern von Florence annimmt. Corliss und Claudia haben weitaus mehr Dreck am Stecken, als sie zugeben würden: Sie waren es, die das Pornovideo mit ihrer Schwester gedreht haben – und findet das auch noch sehr witzig. Aber worin der Zweck dieser Übung bestand und wem Florence es zuschickte, verschweigen sie hartnäckig. Als Jesse es ihnen sagt, brechen sie zusammen. Was haben sie zu verbergen und wovor haben sie Angst?

Die furchtbare Geschichte der jahrelang missbrauchten Plum-Geschwister gelangt schließlich an einen Punkt, an dem ich tatsächlich Angst vor weiteren entsetzlichen Enthüllungen hatte. Die Spirale des Grauens war schon weit fortgeschritten, aber die Wahrheit über Florences Tod immer noch nicht erreicht. Dieser Spannungsbogen bleibt bis zum Schluss erhalten.

|Gegenbewegung|

Der einzige Grund, warum diese zunehmend finsterer werdende Geschichte erträglich ist, besteht in dem aufsteigenden Handlungsstrang um Jesse und seine Exfrau Jenn, die wieder bei ihm eingezogen ist. Die beiden scheinen sich wieder zu verstehen, und seit Jesse regelmäßig zum Psychotherapeuten Dix (im TV-Film von Filmlegende William Sadler gespielt) geht, traut Jenn ihrem Ex auch zu, dass er nicht wieder dem Alkohol verfällt und schlimme Dinge tut. Nur Jesse hat ein Problem: Kann er seiner Exfrau, die ihn schon mehrfach betrogen hat, überhaupt noch vertrauen? Mehr dazu erfahren wir im nächsten „Stone“-Roman mit dem Titel „High Profile“.

_Unterm Strich_

Die TV-Version reicht nur im Ansatz an dieser Vorlage heran. Das Buch gehört mit Sicherheit zu den besten „Stone“-Krimis, die Parker veröffentlicht hat (es kommen ja noch welche posthum), und für mich hat der Krimi die volle Punktzahl verdient. Er ist enorm spannend, menschlich anrührend und weckt wie kein anderer Parker-Krimi, den ich kenne, ein tiefes Grauen, wie es nur ein guter Horrorroman vermag. Denn alle drei Plum-Schwestern sind Opfer, auch wenn sie als leichtlebige Partygirls auftraten und Sex nur zum Vergnügen betreiben. Doch wird ihre Fassade erst einmal durchbrochen, erweisen auch sie sich als menschliche Wesen, voll Angst und Schrecken.

Die Geschichte wäre nicht auszuhalten, gäbe es nicht auch Anlass zu Hoffnung und Amüsement. Jenn ist zu ihrem Exgatten Jesse Stone zurückgekehrt und darf nicht bloß als Wetterfee auftreten, sondern diesmal sogar eine richtige Reportage über die Regatta drehen. Dabei liefert sie Jesse wertvolle Hinweise. Und der Polizeichef kabbelt sich wie stets mit seinen zwei Lieblingskollegen, dem ehrgeizigen Suit Simpson und der resoluten Molly, einer Mutter von drei Kindern.

Dies ist auch der erste der „Stone“-Krimis, in dem mindestens ein Drittel der Handlung nicht von Stone & Co. bestritten wird, sondern von einer hinzugezogenen Hilfskraft. Kelly Cruz macht allerdings in Fort Lauderdale einen so guten Job, dass sie Stones Ermittlung eine entscheidende Wendung verleiht. Am Schluss, als Stone sie endlich mal trifft, lobt er sie in den höchsten Tönen – was bei einem Melancholiker ihm wie stets ein wenig gedrückt klingt. Wegen dieser Kooperation verwundert es nicht, dass Jesse auch mit Sunny Randall Teamarbeit leistet, einen weiteren von Parkers Serienhelden. In „High Profile“ tritt Sunny selbst auf. Sieht so aus, als müsste ihr ihre Romane ebenfalls noch lesen.

|Taschenbuch: 295 Seiten
ISBN-13: 978-0425214428|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/berkley.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Night Passage (Jesse Stone 1)

_“Rio Bravo“ reloaded: Jesse Stone feiert seinen Einstand_

Jesse Stone hat Scheidung und LAPD hinter sich in L. A. gelassen, um einen Job als Dorfsheriff an der Ostküste anzunehmen. Der Grund: Er hat ein schweres Alkoholproblem. Doch auch in den Städtchen Paradise steht nicht alles zum besten, und schon bald muss Jesse Stone das tun, was er am besten kann: Morde aufklären.

Deutscher Titel: „Das dunkle Paradies“.

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Jesse Stone fährt quer durch Amerika, die ganzen 3000 Meilen, von Ozean zu Ozean. Vor sich hat er den Horizont, hinter dem das Städtchen Paradise in Massachusetts auf ihn wartet. Dort soll er neuer Sheriff werden. Hinter sich lässt er eine geschiedene, aber immer noch geliebte Frau namens Jenn, die ihn mit einem Filmproduzenten betrogen hat. Jenn will um jeden Preis Schauspielerin werden.

Und er lässt die Mordkommission des LAPD hinter sich, bei dem er durch seine Kündigung einer Entlassung zuvorgekommen ist. Denn Jesse hat ein großes Problem, das er auch jetzt mit sich nimmt: Er ist schwer alkoholabhängig. Doch die Anonymen Alkoholiker fand er einen Witz. Immerhin dachten die Stadtoberen von Paradise, die ihn in Chicago interviewten, einen annehmbaren Ersatz für seinen Vorgänger Tom Carson. Was Jesse nicht ahnt, ist der Umstand, dass Hastings Hathaway, der Bürgermeister, und Lou Burke, der Interims-Sheriff, Jesse für ebenso leicht formbar halten wie Carson. In dieser Annahme sollen sie sich gründlich geirrt haben.

Schon wenige Tage nach seiner Amtseinführung fallen Stone einige Besonderheiten an Paradise auf: Es gibt keinen einzigen Schwarzen in der Stadt, und Waffen dürfen nur Christen tragen, nicht aber Juden – von denen es nicht wenige gibt. Außerdem scheint die Miliz, die Hathaway, der Bankdirektor, anführt, das Monopol auf Waffen zu haben. Diese über hundert Mann führen unter seiner Leitung jeden Donnerstag Manöver im Hinterland durch, bei denen gehörig geballert wird. Was das alles soll, ist Stone jedoch erst einmal schleierhaft. Er wird schon noch merken, wie der Hase läuft.

Hathaway hat einen zwielichtigen Handlanger, einen Mann fürs Grobe, den Muskelprotz Jo Jo Genest. Jo Jo ist sein Verbindungsmann zur Mafia in Boston, für die Hathaway Millionen von Dollars wäscht. Jo Jo schleppt das Bargeld in Koffern zu Hathaways Bank, der es dann legalisiert. Beide kriegen natürlich ihre Prozente. Als der Bankdirektor seine Miliz aufrüsten will, an wen wendet er sich da? Natürlich an Genest. Der soll bei der Mafia Waffen besorgen. Wie sich herausstellt, verläuft dieser Deal nicht ganz wie gewünscht. Und das gibt böses Blut.

Schon nach wenigen Tagen bekommt auch Jesse es mit Genest zu tun. Die Cops wurden gerufen, weil Jo Jo seine geschiedene Frau Carole verprügelt hat. Obwohl eine gerichtliche Anordnung ihm das Betreten des Hauses verbietet. Er hat Carole mehrfach vergewaltigt. Das ficht ihn nicht an, denn er betrachtet die Mutter seiner Kinder immer noch als sein Eheweib. Nach Befragung aller Zeugen geht Jesse ganz schnell und direkt vor, denn Jo Jo versteht nur eine Sprache: Gewalt. Kaum hat ihm Stone das Knie in den Schritt gerammt, klappt der Muskelprotz wimmernd zusammen. Alle Umstehenden sind wie erstarrt. Aber Stones Warnung kommt bei Genest an und wirkt. Der Typ hält sich von nun an von Carole fern. Dafür hat sich Stone seinen ersten Feind im Ort geschaffen.

Aber das hat auch sein Gutes. Denn die Anwältin Abby Taylor, der Rechtsbeistand der Gemeinde, verliebt sich in Jesse und verbringt bei ihm schöne Nächte. Jedenfalls so lange, bis sich die Dinge in Paradise durch weitere Morde so weit verfinstert haben, dass Stone niemand mehr trauen kann, nicht einmal mehr Abby. Sie ist tief getroffen und kurz davor, ihn zu verlassen. Aber sie respektiert ihn zu sehr und unterstützt ihn weiter. Diese Hilfe wird ihm noch sehr helfen.

Denn er erfährt, dass sein Vorgänger Tom Carson in Wyoming durch eine Autobombe getötet wurde. Das ruft die Staatspolizei von Massachusetts auf den Plan. Captain Healy findet Stone voll in Ordnung – sie waren beide Baseballer und lieben beide guten Whisky. Und als Tammy Portugal, eine junge geschiedene Frau, tot aufgefunden wird, kann Stone Healys Hilfe gut gebrauchen.

Ein Killer treibt in Paradise sein Unwesen. Natürlich kennt Stone seinen Namen. Doch er kann ihm nichts nachweisen. Da flattern eines Tages pornografische Polaroidfotos in die Briefkästen einiger maßgeblicher Leute. Die Fassade bröckelt, und endlich bekommt Stone die Aussagen, die er braucht. Doch er braucht mehr als das, um gegen die Kräfte zu bestehen, die sein Kontrahent nun aufbietet …

_Mein Eindruck_

Ist das nun „High Noon“ oder „Rio Bravo“, fragt sich der Western-Kenner. Denn ganz am Schluss steht Sheriff Stone einer Übermacht gegenüber. Jetzt zeigt sich, ob er sich mit seiner Amtsführung und als Mensch nur Feinde gemacht hat – das wäre dann „High Noon“ – oder auch Freunde. Wie sich zeigt, läuft es wie in „Rio Bravo“: Nicht ganz unerwartet kommt nicht nur die Kavallerie, sondern die ganze Polizeitruppe von Paradise an seine Seite. Viel unerwarteter ist die Hilfe seitens einer Schülerin, mit der Jesse ein paar sehr unkonventionelle Gespräche geführt hat, etwa übers öffentliche Marihuanarauchen. Und auch Abby Taylor spielt eine Rolle in diesem Beistand. Am Schluss bekommt Jesse auch noch einen Überraschungsbesucher aus L. A.

Wie man sieht, weiß der ausgebuffte Krimiautor – er schrieb den Roman mit 65 – durchaus noch mit einigen Wendungen aufzuwarten, die man nicht unbedingt erwarten würde. Wer „Rio Bravo“ kennt, der ahnt allerdings bereits, wie die ganze Sache für Sheriff Stone ausgehen wird. Eine der Nebenfiguren heißt sogar Dukie, und Duke war bekanntlich der Spitzname von John Wayne, der in „Rio Bravo“ die Hauptrolle spielte – neben einem ständig besoffenen Robert Mitchum. Was einen dann doch stark an Stone erinnert.

Ich habe den Verdacht, dass die Ermittlung gar nicht das Hauptinteresse des Autors war, sondern vielmehr die Abgründe, die sich hinter der wohlanständigen Fassade von Paradise auftun. Der Bürgermeister macht Geschäfte mit der Mafia und handelt, als gehörte die Stadt ihm. Als ihm die Sache mit seiner Geliebten – wie will geheiratet werden – zu brenzlig wird, lässt er sich kurzerhand umlegen. Nicht nett. Ebenso wenig nett wie die Affären, die seine frustrierte Frau Cissy nicht nur mit Jo Jo, sondern auch mit einem der Polizisten hat.

Alles hat zwei Seiten in Paradise. Die öffentliche Fassade der Wohlanständigkeit schreibt zwar vor, dass die Miliz bei der Parade am Unabhängigkeitstag auftritt, um den Stolz der Stadt zu vertreten, aber die Miliz kann sich im Handumdrehen auch in eine Gestapo von Hathaways Gnaden verwandeln. Die Rechte der Juden hat er bereits beschnitten und die Schwarzen erst gar nicht in die Gemeinde gelassen. Hathaway, König des Paradieses von eigenen Gnaden, will ein christliches, weißes, protestantisches Paradies – und das schließt auch paranoide Verfolgungstheorien mit ein, vor allem gegenüber der Regierung, und auch Geschäfte mit der Mafia. Hauptsache, der hehre Zweck heiligt die schmutzigen Mittel.

Jesse Stone hat allerdings Dienst im härtesten Stadtviertel von Los Angeles getan, in South Central. Für ihn sind solche Typen wie Genest oder Hathaway kleine Fische. Dennoch hat er ein gewaltiges Handicap: Paradise bedeutet für ihn mit 35 Jahren bereits die berufliche Endstation. Wenn er es hier nicht schafft, dann nirgendwo. Wir und Paradise können also froh sein, dass er seine erste Krise gut übersteht und noch viele weitere Fälle lösen kann.

_Unterm Strich_

Es gibt nicht viele Krimihelden, von denen man sagen kann, dass sie wirklich sinnlich veranlagt sind, aber Jesse Stone ist so einer. Ein weiterer Unterschied zum TV-Helden, der von Tom Selleck verkörpert wird. Herrje, im Buch ist Stone ja erst Mitte dreißig und nicht etwa Mitte fünfzig wie Selleck. Trotz seiner zahlreichen Affären kommt Stone doch noch zu ordentlicher Polizeiarbeit, und diesmal fordert eine Mordserie seine – beinahe ungeteilte – Aufmerksamkeit.

Es hat actionreichere Ermittlungen gegeben und wesentlich spannendere Kriminalszenen, aber selten welche, die so ironisch erzählt wurden. Die Ironie ist in diesem ersten „Stone“-Krimi noch nicht so ausgeprägt und pointiert wie in späteren Romanen, etwa „Stone Cold“ (2003). Auch die Erzählweise setzt noch viel mehr auf lange Beschreibungen von Umgebung, Menschen und Aktionen als später. Dafür erfahren wir aber viel mehr über den Menschen Jesse Stone und sein Innenleben.

Wer also mit den „Stone“-Krimis den Autor Robert B. Parker enrtdecken möchte, sollte möglichst mit „Night Passage“ beginnen. Fast alle Parker-Krimis sind auch auf Deutsch erhältlich, allerdings bei verschiedenen Verlagen. Zum Glück gibt es a) eine Autoren-Homepage und b) zahlreiche deutsche Rezensionen.

|Taschenbuch: 322 Seiten
ISBN-13: 978-0399143045|
[Verlagshomepage]http://us.penguingroup.com/static/pages/publishers/adult/putnam.html

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Parker, Robert B. – Stone Cold (Jesse Stone 4)

_Trouble im Paradies: Stone ist echt sauer_

Ein etwas durchgeknalltes Killerpärchen aus der Großstadt macht Jesse Stone, dem Sheriff des Küstenstädtchens Paradise, Massachusetts, das Leben schwer. Und zwar so schwer, dass sogar seine Exfreundin Abby ins Gras beißen muss. Kann Stone die beiden überführen und Abby rächen?

_Der Autor_

Der US-Autor Robert B. Parker, 1932-2010, gehörte zu den Topverdienern im Krimigeschäft, aber auch zu den fleißigsten Autoren – er hat bis zum seinem unerwarteten Tod im Januar 2010 über 50 Romane veröffentlicht. Am bekanntesten sind neben der „Spenser“-Reihe wohl seine neun „Jesse Stone“-Krimis, denn deren Verfilmung mit Tom Selleck in der Titelrolle wird gerade vom ZDF gezeigt. Parker lebte in Boston, Massachusetts, und dort oder in der Nähe spielen fast alle seine Krimis.

„Jesse Stone“-Krimis:

1) [„Night Passage“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6811
2) [„Trouble in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6816
3) [„Death in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6815
4) [„Stone Cold“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6810
5) [„Sea Change“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6812
6) [„High Profile“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6813
7) [„Stranger in Paradise“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6814
8) „Night and Day“
9) „Split Image“

Die „Sunny Randall“-Reihe:

1) „Family Honor“
2) „Perish Twice“
3) „Shrink Rap“
4) „Melancholy Baby“
5) „Blue Screen“
6) „Spare Change“

Unter anderem in der „Spenser“-Reihe, die derzeit 39 Romane umfasst, erschienen:

„Widow’s Walk“, „Potshot“, „Hugger Mugger“, „Potshot“, „Small Vices“, „Bad Business“, „Back Story“ …

Und viele Weitere.

Außerdem schrieb Parker ein Sequel zu Raymond Chandlers verfilmtem Klassiker „The Big Sleep“ (mit Bogart und Bacall) „und mit „Poodle Springs“ einen unvollendeten „Chandler“-Krimi zu Ende. „Gunman’s Rhapsody“ ist seine Nacherzählung der Schießerei am O.K. Corral mit Wyatt Earp und Doc Holliday, ein klassischer Western.

_Handlung_

Kenneth Eisley ist ein geschiedener Börsenmakler in Paradise, Massachusetts. Er liebt es, jeden Morgen mit seinem ungarischen Hirtenhund Goldie den Strand entlangzujoggen. An diesem Dienstag kommt er nicht weit: Zwei Kugeln zerfetzen sein Herz. Goldie kehrt allein und verwirrt zu ihrem nun verlassenen Zuhause zurück. Sheriff Jesse Stone und sein Team stellen fest, dass die zwei Kugeln beide aus je einer 22er-Pistole stammen und fast gleichzeitig abgefeuert wurden, fast die gleiche Stelle trafen und es sich folglich entweder um zwei Killer mit gleichen Waffen oder um einen – sehr seltsamen – Killer mit zwei Pistolen handeln muss. Würde nicht eine Pistole reichen?

Als die Mutter der Schülerin Candace Pennington in sein Büro tritt und behauptet, Candace sei vergewaltigt worden, setzt Jesse Stone eine recht merkwürdige Art von Ermittlung in Gang. Damit Candaces Name nicht durch den Dreck gezogen wird, soll niemand erfahren, dass drei bestimmte Jungs sie vergewaltigten und Fotos von ihr machten. Denn die Jungs drohten ihr, sie öffentlich bloßzustellen, sodass sie von ihrer Schule wegziehen müsste. Stone verspricht ihr, er werde sein Möglichstes um, damit sie bleiben könne. Seine Angestellten ermitteln undercover …

Barbara Carey wird in einer entlegenen Ecke des riesigen Parkplatzes des lokalen Einkaufszentrums von Paradise aufgefunden. Zwei Kugeln haben ihre Brust zerfetzt. Genau wie bei Kenneth Eisley. Wieder ist das Motiv völlig unklar, und es gibt keinen bekannten Zusammenhang zwischen ihr und Eisley. Stone hat eine Ahnung und lässt die Nummernschilder aller Autos im nahen Umkreis notieren.

Garfield Kennedy erwischen die Killer als Nächsten. Zwei Skateboardjungs finden seine Leiche im Gestrüpp hinter der Kirche. Auch hier fällt Stone der genau ausgekundschaftete Tatort auf: Die Tat erfolgte, bevor die Parkplatzleuchten eingeschaltet wurden, die Entdeckung danach. Und ein roter Saab verschwand genau in diesem kurzen Zeitraum.

Jesse Stone lässt Bo Marino als Ersten der drei Gang-Vergewaltiger festnehmen, wegen Besitzes verbotener Substanzen, Widerstand gegen die Staatsgewalt und wegen Besitzes von Pornographie: vier Fotos der vergewaltigten Candace Pennington. Darauf ist das Gesicht von Kevin Feeney deutlich zu erkennen. Bo Marinos Vater ist die Angelegenheit der Anwältin Abby Taylor, die Stone seit seiner Ankunft in Paradise kennt und die seine Freundin war. Und als Bo eine Nacht in der Zelle verbringen muss, wirft Marino Abby einfach raus. Stone lädt sie zu einem gemütlichen Abendessen mit abschließendem Schäferstündchen ein. Dann knöpft er sich Kevin Feeney vor. Der verpfeift die beiden anderen, wenn auch unter Tränen.

Die beiden Killer sind auf der Suche nach ihrem nächsten Kandidaten und kurven in ihrem roten Saab durch das wohlhabende Städtchen. Diesmal soll es eine Frau sein, wegen des Ausgleichs: zwei Männer, zwei Frauen. Wunderbar. Das wird ihnen wieder einen ordentlichen Kick verschaffen. Er filmt mit der Videokamera Kandidatinnen. Da! Eine fein gekleidete Frau mit Aktentasche und einem Handy am Ohr. Perfekt. Es ist Abby Taylor …

_Mein Eindruck_

Dies ist der mittlerweile vierte „Jesse Stone“-Krimi von Veteran Parker und wahrscheinlich einer der besten. Im Vergleich zum ersten, „Night Passage“, gibt es hier kaum noch irgendwelche Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen, außer einer einzigen, die ein ganzes, kurzes Kapitel ausmacht. Ansonsten besteht das Buch zu 95 Prozent aus Dialogen. Die Erwartung erfüllt sich, dass das Buch deshalb sehr leicht und flott zu lesen ist. Aber man sollte nicht dem Irrtum unterliegen, dass die Dialoge deshalb Fliegengewichte wären. Ganz im Gegenteil.

Parker hat die Kunst perfektioniert, seinen eigenbrötlerischen, einsilbigen Kleinstadtsheriff mit den wenigen Worten, die Stone aus Höflichkeit äußert, viel sagen zu lassen. Die Damen – und das sind wirklich nicht wenige – wissen es mit Fassung zu tragen. Auch sie müssen, wie wir, zwischen den Zeilen der Dialoge lesen. Was sagt Stone denn wirklich, wenn er so einsilbig ist? Meist legt er sich nicht fest. Das kann nerven, aber die Damen in seinem Bett müssen es ertragen, denn es ist Stones Art, höflich zu ihnen zu sein.

|Liebes-Händel|

Als daher Staatsanwältin Rita Fiore ihren beträchtlichen erotischen Charme auf Stone spielen lässt, ist er, da kein Kostverächter, der Letzte, der sie von der Bettkante schubsen würde. Andererseits ist da noch seine Exfrau Jenn, die in Boston arbeitet (sie ist ihm im Laufe der Jahre aus L. A. gefolgt). Und er würde Rita sagen, dass er immer noch auf die Liebe zu Jenn hofft. Was soll eine Frau wie Rita tun? Es gibt ja schließlich noch andere Kerle. Und Jesses Freundin Marcy hat sich längst mit seiner Art abgefunden. Abby ist ein Versöhnungsfick – nur Jenn allein zählt. Ist das wahre Liebe? Vermutlich. Polizistenliebe.

|Erholung|

Stone hat mittlerweile sein schweres Alkoholproblem überwunden, zum nicht geringen Staunen zahlreicher Besucher. Es war der Grund für seine Kündigung des Polizeidienstes beim LAPD (Mordkommission) und – nach der Scheidung – für seinen Weggang aus L. A. (Wie es zu dieser Entwicklung kam, erzählt Parker in „Night Passage“, das man deshalb als ersten „Stone“-Roman lesen sollte.) Allabendliche Anrufe von Jenn sowie Therapiestunden beim Psychotherapeuten Dix (im Film gespielt von Hitchcock-Veteran William Devane) könnte dazu beigetragen haben, dass Stone trocken geworden ist.

|Die Killer|

Umso besser, denn diesmal braucht er nicht nur gute Nerven, sondern auch psychologisches Gespür: Er hat für die Serienmorde weder ein Motiv noch irgendwelche Beweise, selbst wenn ihm sein Riecher sagt, dass es die beiden Yuppies Anthony und Brianna Lincoln (falls das ihr richtiger Name ist) waren. Und wie kann er sie überführen? Es gibt nur eine Methode: Man muss sie in die Falle locken. Allerdings klappt das nur dann, wenn sie sich selbst für schlauer halten, als er erscheint. Also spielt Stone in einer unnachahmlichen Weise den Dorftrottel im Sheriffstuhl, der den lieben langen Tag eigentlich nur Strafzettel verteilt. Ob sie sich hereinlegen lassen, soll hier nicht verraten werden.

|Zwei Seiten|

Die Krimis zeigen Stone immer von zwei Seiten. Während er wirklich ein abgebrühter Cop aus Los Angeles ist, der nur nicht genug Leute hat, ist er auf der anderen Seite gegenüber den Bürgern seiner Stadt ein geradezu zärtlicher Übervater. Aber ein Vater. Und ein Vater muss auch mal Strenge zeigen, um gewissen Leuten wie den drei Oberschüler-Serienvergewaltigern und ihren Eltern zu zeigen, was moralisch vertretbar ist und was nicht. Es ist eine Farce, wenn die Anwälte der drei Familien und der Stadt ausbaldowern, wie die Strafe für die Vergewaltiger aussehen soll. Durch seine Verbindung mit Rita Fiore setzt sich Stone liebes-diplomatisch durch: Er ist es am Ende, bei dem sie ihre Strafe ableisten müssen.

|Unterschiede zur TV-Fassung|

Wer erwartet, dass das TV-Skript sich sklavisch an die Romanvorlage hält, liegt völlig daneben. Sicher, man kann nicht viel an den Killern und den Morden ändern, aber doch ziemlich viel darum herum. Ein TV-Krimi ist die dramaturgische Kunst der Verdichtung emotionaler Wirkungen, v. a. hinsichtlich Spannung. Deshalb wurde der Schluss komplett neu geschrieben.

Was sich im Buch ziemlich lang hinzieht und in Toronto endet, findet deshalb in der TV-Fassung seine lokal inszenierte Zuspitzung des Falles. Was in Toronto an hässlichem Verhalten seitens Stone gezeigt wird, findet in der TV-Fassung nicht statt: Hier verteidigt er sich in Notwehr. Dort, im Roman, greift er selbst an. Ich muss ehrlich zugeben, dass mir die TV-Version wesentlich besser gefallen hat; hierbei hat Stone alle moralischen Argumente auf seiner Seite.

|Englischniveau|

Die Englischkenntnisse, die für das Verständnis dieses „Stone“-Krimis – das trifft für andere möglicherweise nicht zu – nötig sind, sind die eines Realschülers. Mithin ist der Text also nicht sehr anspruchsvoll. Aber es ist ein Pluspunkt, wenn man Kenntnisse der amerikanischen Gesellschaft und Kultur aus eigener Anschauung mitbringt – und nicht etwa den Pseudodoku-Unsinn aus dem Fernsehen.

_Unterm Strich_

Es gibt nicht viele Krimihelden, von denen man sagen kann, dass sie wirklich sinnlich veranlagt sind, aber Jesse Stone ist so einer. Ein weiterer Unterschied zum TV-Helden, der von Tom Selleck verkörpert wird. Herrje, im Buch ist Stone ja erst Mitte, Ende dreißig und nicht etwa Mitte fünfzig wie Selleck. Trotz seiner zahlreichen Affären kommt Stone doch noch zu ordentlicher Polizeiarbeit, und diesmal fordert eine Mordserie seine – beinahe ungeteilte – Aufmerksamkeit.

Es hat actionreichere Ermittlungen gegeben und wesentlich spannendere Kriminalszenen, aber selten welche, die so ironisch erzählt wurden. Wenn Jesse den Dorfdeppen markiert, um die Verdächtigen in Sicherheit zu wiegen, dann hat man was zum Schmunzeln. Doch wie stets ist es auch angeraten, zwischen den Zeilen zu lesen. Die Dialoge sind trügerisch einfach, drehen sich aber nicht selten um grundlegende Bedingungen der menschlichen Existenz, z. B. um das Zusammenbleiben von Paaren. Was ist dafür nötig? Beispielsweise ein Bindungsritual in Form von gemeinsam begangenen Morden.

Wenn man diesen Roman gelesen hat, bedauert man umso mehr, dass der Autor im Januar 2010 endgültig den Computer abgestellt hat.

|Taschenbuch: 304 Seiten
ISBN-13: 978-1842431160|
[www.noexit.co.uk]http://www.noexit.co.uk

_Robert B. Parker bei |Buchwurm.info|:_
[„Der stille Schüler“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4066

Staupe, Reinhard – Don Quixote (Gesellschaftsspiel)

Wer vom Kampf gegen Windmühlen im übertragenen Sinne nicht genug bekommen kann – und das sollte ja eigentlich nur selten der Fall sein, weshalb diese Einleitung gleich wieder paradox erscheint – der sollte sich einmal umgehend mit dem frisch gepressten Pegasus-Titel „Don Quixote“ auseinandersetzen. Zwar findet jener Kampf auch auf dem Brett nur im symbolischen Rahmen statt; aber die Tatsache, dass bei diesem Legespiel nicht wirklich alles so funktioniert, wie man es sich in seinen kühnsten Planungen vorstellt, geht dann doch als griffige Parallele durch.

_Spielidee:_

„Don Quixote“ ist im Großen und Ganzen ein Solospiel, denn jeder einzelne Spieler, 1-4 Beteiligte sind möglich, kämpft letzten Endes für sich selbst. Hierzu bekommt er einen Bogen, der ein Fürstentum darstellt, und 24 Plättchen, mit deren Hilfe ein Wegenetz gestaltet werden soll, welches möglichst viele gleiche Symbole miteinander verbindet. Kirchen, Windmühlen und auch Ritter suchen nach einem direkten Zugang, während die Ritter ferner auch noch Burg und Grenzen verteidigen sollen. Allerdings ist man in seiner Entscheidung, wo welches Plättchen platziert wird, an gewisse Vorgaben gebunden. Und so stößt selbst das vorab am klügsten ausgetüftelte Wegenetz irgendwo an seine Grenzen. Aber mit ein bisschen Geschick wird man sein Fürstentum dennoch mit möglichst vielen Siegpunkten bereichern und mit dem besten Ergebnis von Dannen ziehen.

_Spielmaterial:_

4 Fürstentümer
1 Punkteleiste
4 Übersichtstafeln
96 Plättchen
4 Punktanzeiger
24 Positionskarten

Das Spielmaterial erinnert sicherlich nicht bloß zufällig an die Kärtchen des „Carcassonne“-Spiels – schließlich ist das Spielsystem (zumindest in groben Zügen) durchaus vergleichbar – ist aber in erster Linie sehr zweckdienlich gestaltet. Die nötigen Informationen werden über die Übersichtstafeln und das Plättchenmaterial gegeben, alles andere bleibt sehr schlicht und sorgt leider nicht gerade für eine besonders prickelnde Atmosphäre. Andererseits spielt sich das Ganze sehr fließend, was wiederum auf die simple, leicht verständliche Gestaltung der Materialien zurückzuführen ist. Ergo: Ein Hingucker ist der Packungsinhalt nicht; aber für das sofortige Spielverständnis sind alle Bedingungen erfüllt.

_Spielvorbereitung:_

Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Spieler die Materialien in der von ihm gewählten Spielfarbe, das heißt 24 Plättchen, ein Fürstentum mit den Koordinaten A1 bis H3 sowie eine Übersichtstafel für die Punktewertung zwischen den insgesamt drei Durchgängen des Spiels. Der entsprechende Punktanzeiger wird auf das Startfeld der Leiste gesetzt. Anschließend sucht jeder Spieler aus seinen Plättchen die beiden Burgen heraus. Ein Spieler zieht nun für jede Burg ein Positionskärtchen; die Burg wird auf jedem Tableau (Fürstentum) im Anschluss daran genau dort angebracht, wo es die Positionskarte vorgibt, das heißt bei jedem Spieler an der gleichen Stelle. Als Letztes werden nun die übrigen Plättchen umgedreht und neben das Fürstentum gelegt.

_Spielablauf:_

„Don Quixote“ wird in insgesamt drei Durchgängen gespielt, die in ihrem Ablauf nahezu identisch sind, sich aber lediglich in ihrer Wertung und der Menge der Plättchen, die jeweils benötigt werden, unterscheiden.

Im ersten Durchgang nimmt jeder Spieler neun der verdeckten Plättchen und breitet sie offen vor seinem Tableau aus. Anschließend werden reihum immer neue Positionskarten gezogen. Jeder Spieler entscheidet nun, welches seiner Plättchen er auf die festgesetzte Position legt und wie er sein Wegenetz dementsprechend gestaltet. Sobald alle Plättchen eingesetzt wurden, kommt es zu einer ersten Wertung. Wer sein Fürstentum nun an den Grenzen mit einem bestimmten Wert aus Rittern gesichert hat, darf sich für die Landesverteidigung fünf Punkte anrechnen. Für verbundene Windmühlen und Kirchen gibt es abhängig von der Menge jeweils einen bzw. zwei Punkte pro Mühle/Kirche. Und auch die Verbindungen von Rittern zu den Burgen können lukrativ sein und errechnen sich aus den Werten der Burg.

Nach der ersten Zwischenwertung wird das Spiel mit sieben neuen Plättchen fortgesetzt. Die nachfolgende Zwischenwertung ist in ihren Bedingungen schon ein bisschen schärfer, was Menge und Wert der Ritter betrifft. Ansonsten bleibt hier alles identisch. Im letzten Durchgang werden schließlich fünf weitere Plättchen gezogen, ein Letztes erst einmal außen vor gelassen. Dieses wird nämlich am Ende die letzte Lücke im Fürstentum schließen. Bei der finalen Wertung wird neben den üblichen Faktoren auch noch die beste zusammenhängende, also per Weg verbundene Rittergruppe gewertet. Die Punktzahl ergibt sich aus dem addierten Wert der zugehörigen Ritter.

Nachdem nun alle Punkte auf der Leiste gewertet wurden, wird der Sieger ermittelt. Die Spielanleitung gibt dabei vor, welche Werte respektabel, gut und phantastisch sind – das ist besonders für das Solospiel interessant, zeigt aber auch gerade in den ersten Runden, wie viel Spielraum nach oben noch besteht. Aber das ist im Spiel mit zwei oder mehr Spielern zunächst irrelevant. Es gewinnt nämlich selbstredend mit dem besten Punktewert, ganz gleich wie groß dieser ist.

_Persönlicher Eindruck:_

Die Option, das Ganze auch alleine spielen und sich selbst fordern zu können, macht „Don Quixote“ zu einem wirklich besonderen Spiel. Denn insbesondere die Solovariante ist eine wirklich lohnenswerte Geschichte, die zwar die einzelnen Tücken der Spielmechanik nicht aushebeln kann, aber zumindest den nicht zu unterschätzenden Glücksfaktor ausblendet.

Letztgenannter ist nämlich im Spiel mit mehreren Personen etwas zu stark ausgeprägt und verhindert oftmals auch jedwedes taktische Vorgehen. Denn man hat keinen Einfluss darauf, welche Plättchen nachgezogen werden und inwiefern die Positionskarten einem bei der Auslage wirklich behilflich sind. Sind beispielsweise zu Beginn kaum Ritter im Spiel, kann man die Befestigungen von Burg und Grenzen nur schwer wieder aufarbeiten. Und sollte ein anderer Spieler hier mehr Glück haben, wird er in 99 von 100 Fällen definitiv uneinholbar vorziehen. Dieser Mechanismus kann rein strategisch auch kaum ausgebessert werden, da man immerzu davon abhängig ist, welche Positionen vorgegeben werden und welche Plättchen man nachzieht – und das zerstört irgendwie dann doch ein an sich interessantes, relativ flottes Spiel.

Immerhin kann durch das Wertungssystem so manche Eigenheit der Spielmechanik aufgefangen werden. Aber auch hier ist eine Abhängigkeit von den Positionskarten nicht von der Hand zu weisen, wenngleich sie einigermaßen akzeptabel ist. Aber den eigentlichen Reiz hat bis zuletzt vorrangig das Solospiel, bei dem man wirklich nur nach seinem eigenen Tableau schaut und welches dementsprechend auch eine ganz andere Zielvorgabe beschreibt. Aber, und das ist dann wieder der Haken: Für ein Ein-Mann-Spiel scheint „Don Quixote“ (noch) nicht in der passenden Preisklasse zu liegen.

_Fazit:_

Den Spaßfaktor von „Don Quixote“ kann man sicher nicht abstreiten, zumindest nicht in den ersten Partien. Aber die vielen glücklichen Fügungen, die das Spiel bestimmen, tragen einen maßgeblichen Teil dazu bei, dass Hobby-Strategen im aktuellen Titel von Reinhard Staupe bald an ihre Grenzen stoßen. Dennoch: Die Spielidee ist nett und lohnt einen Testlauf. Aber für eine verpflichtende Anschaffung ist „Don Quixote“ bislang noch nicht in entsprechendem Maße ausgereift. Aber das kann sich schon bald ändern; denn wie das Begleitheft verrät, wird bereits an weiteren Ergänzungen gearbeitet. Abwarten wäre daher zunächst sinnvoll!

|Gesellschaftsspiel für 1-4 Spieler
Spieldauer: 20-30 Minuten
Empfohlen ab 8 Jahren
ASIN: B00379SGZ2|
[www.pegasus.de]http://www.pegasus.de

Deaver, Jeffery – Nachtschrei

Jeffery Deaver ist ein Garant für spannende Unterhaltung. Mit seinem Figuren Lincoln Rhyme und Kathryn Dance, die jeweils zwei Reihen fortführen, zaubert er spannende und psychologisch ausgereifte Thriller, die immer wieder auf den Bestsellerlisten in den obersten Rängen auftauchen.

In seinem kürzlich bei |Blanvalet| erschienen Roman „Nachtschrei“ entführt uns der Autor in ein Katz-und-Maus-Spiel, und das in den dunkelsten Wäldern eines Nationalparks in Wisconsin. Diesmal allerdings betritt eine neue Heldin die Bühne, und auch mit dieser Protagonistin beweist der Autor durchaus seine Wandlungsfähigkeit.

_Inhalt_

In Wald von Lake Mondac herrscht völlige und harmonische Stille, weitab von der zivilisierten und chaotischen Welt einer Großstadt. Emma Feldmann und ihr Mann Steven entspannten sich hier in ihrem Ferienhaus, das inmitten des Nationalparks liegt, als ihre beider Leben durch wenige Schüsse ausgelöscht werden. Stevens letzte Tat ist es allerdings, einen Notruf abzusetzen, der auch die nächstgelegene Polizeistation erreicht. Doch der Park ist so weitläufig, die Besetzung der Station so erbärmlich, dass der Sheriff des dortigen Distrikts sich dazu entschließt, seine Kollegin Deputy Brynn McKenzie zu aktivieren, die eigentlich schon ihren dienstfreien Abend genießt.

Als Brynn wenig später den mutmaßlichen Tatort betritt, kann sie nur noch den gewaltsamen Tod des Ehepaars feststellen. Doch noch am Schauplatz des Doppelmordes gerät die junge Beamtin in tödliche Gefahr. Die beiden Killer sind noch auf dem Grundstück und Brynn folgt ihren Instinkten und ihren auf Seminare und Schulungen erlernten Fertigkeiten. In einem kurzen Schusswechsel reagiert die Polizistin kühl und beherrscht und kann zunächst fliehen. Doch diese Flucht endet mit einem zerschossenen Auto im anliegenden See. Sie verliert ihre Waffe und ist zudem noch leicht verletzt, als sie eine verängstigte Zeugin trifft. Michelle, eine Freundin von Emma und Steven, konnte aus dem Haus fliehen, und zusammen versuchen sie, den Killern in den umliegenden dichten Wald zu entkommen.

Brynn McKenzie, die ihre Vorteile in ihrem Wissen rund um die Geographie des Parks sieht, handelt, wie sie es in verschiedenen Überlebenstrainings und taktischen Schulungen erlernt hat. Doch all diese Theorie ist nicht vergleichbar mit der tödlichen Praxis, in der sich die beiden jungen Frauen befinden. Ihre Jäger sind Profis, Killer, die nicht locker lassen werden, um lästige Zeugen zu beseitigen. Besonders Terry Hart, einer der Berufsverbrecher, reagiert völlig anders, als Brynn es erwartet. Aber auch Hart wird schnell klar, dass Brynn clever und durchdacht ihre Chance auf ein Überleben nicht ohne Weiteres aufgibt.

Als Brynn und Michelle auf ein Wohnmobil stoßen, glauben sie in Sicherheit zu sein, doch die vermeintlichen Retter nutzen die Einsamkeit des Nationalparks für die Herstellung von Drogen. Vom Regen in die Traufe geraten, müssen die beiden Frauen nun an mehreren Fronten um ihr Leben kämpfen, denn die Killer haben die Dealer auch gefunden … Schreie gellen durch die Nacht …

_Kritik_

Der Titel des Romans „Nachtschrei“ weckt schon eine gewisse Erwartungshaltung bei den Lesern, zumal sich Jeffery Deaver in der höchsten Liga unter den Erstplatzierten im Genre „Thriller“ tummelt.

Neben der Spannung in „Nachtschrei“, die wirklich nicht wenig präsent ist, beschreibt der Autor das Duell des Quartetts – Killer und Polizisten plus naive Schönheit – äußerst packend. Neben viel Action und immer wieder diversen Vorsprüngen der Kontrahenten, messen sich Brynn McKenzie und Terry Hart immer wieder in einem intellektuellen Wettkampf. Der Preis ist das Überleben, denn auch das Scheitern der Killer würde Konsequenzen nach sich ziehen.

Doch auch die beiden Duos unterscheiden sich in ihrem Auftreten. Michelle wird hier beschrieben als die verzogene Millionärsgattin, die mit der rauen Wildnis nichts gemein hat, während Brynn praktisch die Führung übernimmt. Bei den Killern ist es ähnlich: Terry Hart, ein Profi, in seinen Kreisen auch als der „Handwerker“ bekannt, ist weltmännisch, gebildet und kann auch Mitgefühl zeigen, doch alles zu seiner Zeit. Sein Kompagnon „Comp“ ist eher ein kleines Licht, zwar brutal und rücksichtslos, aber in den Händen von Hart sehr manipulierbar, ein Bauernopfer, ein Statist, nicht mehr als ein Helfer für die Drecksarbeit – oder doch mehr?

Jeffery Deaver wechselt nicht nur die Perspektiven seiner Protagonisten, vielmehr spielt er dabei sein Blatt nicht voll aus. Hier wird getrickst, geblufft und betrogen, und immer wieder landen nicht nur seine Figuren auf dem Holzweg. Als Nebenfiguren und Nebenhandlungen werden mit dem Ehemann von Brynn private Probleme der beiden Eheleute thematisiert, und auch hier taucht der „Trickser“ wieder auf.

Okay, ein Katz-und-Maus-Spiel ist im Genre „Thriller“ keine nicht wirklich neue und originelle Idee, aber auf die Umsetzung kommt es an. Die Atmosphäre ist packend und mit Überraschungen und Wendungen wird hier nicht gespart. Selbst der Killer Terry Hart kommt nicht unsympathisch um die Ecke, seine Dialoge mit Brynn sind durchaus fesselnd und Deaver zeigt dem Leser auf, dass Verbrechen aus Leidenschaft, wie auch immer diese aussieht, geschehen, und nicht das Geld als primäre Motivation dient.

_Fazit_

Perfekte Unterhaltung – ein Duell zwischen Gegnern, die sich durchaus sympathisch sein könnten. Action und Spannung, überraschende Wendungen und ein Ende, das überzeugend nachhallt.

„Nachtschrei“ aus Jeffery Deavers Feder ist ein ganz starker Roman und psychologisch gesehen einer der interessantesten, die ich in diesem Jahr gelesen habe.

|Taschenbuchn: 512 Seiten
Originaltitel: The Bodies Left Behind
ISBN-13: 978-3442374717|
[www.randomhouse.de/blanvalet]http://www.randomhouse.de/blanvalet

_Jeffery Deaver bei |Buchwurm.info|:_

[„Der Täuscher“ 5612
[„Das Teufelsspiel“ 2272
[„Der faule Henker“ 602
[„Das Gesicht des Drachen“ 608
[„Der Insektensammler“ 1449
[„Tod eines Pornostars“ 2177
[„Lautloses Duell“ 1631
[„Die Saat des Bösen“ 1191
[„Allwissend“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6139

Meyer, Axel S. – Buch der Sünden, Das

_Spannender Ausflug ins frühe Mittelalter_

_Im Jahr 845_ fallen die Normannen in Paris ein und zerstören nicht nur die Stadt, sondern auch das bisherige sorglose Leben des kleinen Odo, Sohn des mächtigsten Mannes der Stadt. Ragnar, der Anführer des wütenden Packs, tötet dessen Vater. Seine Mutter wird geschändet und verschleppt. Odo überlebt den Angriff nur durch großes Glück und ist fortan von einem unstillbaren Hass auf die Mörder seiner Eltern und den Schänder seiner Mutter besessen.

Jahre nach diesem Vorfall – Odo wurde bereits in einem Kloster zum Priester ausgebildet – verschlägt es den jungen Mann in das Kloster Sankt Gallen, wo er das „Buch der Sünden“ stiehlt. In diesem Buch soll geschrieben stehen, wie man die Sünden in ihrer Vollkommenheit erkennt und vernichtet. Der bedauernswerte Odo wandelt sich vom Opfer zu Täter. Er stellt sein Leben allen christlichen Geboten zum Trotz unter die Aufgabe, die Sünden in ihrer menschlichen Gestalt ausfindig zu machen und die Dämonen zu vernichten, um damit das Gottesgericht einzuleiten. In der siebenten Sünde, dem Dämon Superbia, glaubt er Ragnar, den Anführer der Normannen, die inzwischen halb Europa in Angst und Schrecken versetzt haben, erkannt zu haben.

Er reist nach Haithabu, in dem er das Babylon des Nordens vermutet, wo er die Prophezeiung erfüllen möchte. In der aufblühenden Stadt, dem Tor zum Norden, lebt auch der Schmied Einar mit seiner Frau und seinem Sohn Helgi. Der Priester ist dort nicht gern gesehen, da die Dänen ihre eigenen nordischen Götter anbeten, doch man lässt ihn beim Neubau der Kirche vorerst gewähren, auch wenn er Männer abzieht, die der Stammesfürst zur Kriegsvorbereitung benötigt. Während also Odo die Schwelle vom Glauben zum Fanatismus überschreitet und genau den brutalen Anweisung zur Vernichtung der Sünden folgt, wobei er einen Menschen nach dem anderen auf bestialische Weise abschlachtet, lenkt der Autor nun den Fokus auf den Sohn des Schmiedes, welcher sich in die Sklavin des größten Konkurrenten seines Vaters verliebt. Aber Helgi gerät in Odos Visier, als der Priester den Verdacht schöpft, dass der junge Däne die aktuelle Verkörperung der siebenten Sünde ist.

Dieser ist jedoch vollauf damit beschäftigt, die schöne Sklavin zu retten und in ihre Heimat zurückzubringen, wo diese als Tochter des Wojwoden der Siedlung Ralsvik ihre Stellung als Anführerin wiedererlangt und in die Heirat mit Helgi einwilligt. Bevor die beiden jedoch glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage leben können, müssen sie sich erneut gegen die räuberischen Dänen und nicht zuletzt gegen den wahnsinnigen Odo wehren.

_Axel Meyer_ hat für seinen historischen Roman umfangreiche Recherche betrieben. Daher kann man den Protagonisten leicht durch die von Dreck gesäumten Nebenstraßen Paris‘ über die kontrastierend angelegte geistige und geistliche Hochburg des Klosters Sankt Gallen ins heillos übervölkerte, nach Fisch und Exkrement stinkende Haithabu mit seinen heidnischen Bewohnern folgen. Dagegen erscheint das Land der Ranen, die Insel Rügen, wie das unberührte Paradies auf Erden. Auch die barbarisch anmutenden Bräuche der Dänen, ihr wildes kultisches Leben und ihre Aggressivität sind sehr anschaulich dargestellt; ebenso die gewalttätige Umsetzung des Buches der Sünden, die Odo als Christen auf die gleiche Stufe mit den von ihm so verachteten Heiden stellt. Dagegen zeigen die zarten Gefühle, die Helgi der Sklavin entgegenbringt, diesen von einer Seite, die für seine Lebensumstände fast schon zu weich erscheint.

Meyer zieht in seinem Erstlingswerk alle Register, um Helgi die Sympathien der Leser zu sichern. Er rettet nicht nur mehrmals das Leben seiner Geliebten, er gibt auch seine Heimat für das Land der Ranen auf, wobei er ebenfalls sein Leben riskiert. Er erweist sich als mutig und willensstark, wenn er mit zerschlissenen Händen und halbtot durch eine Vergiftung über das Meer nach Rügen rudert, um sein Versprechen zu erfüllen. Aber so richtig kann man sich unter der Bezeichnung Helgi keinen blonden, muskulösen und schwertbewehrten Hühnen vorstellen, sondern denkt eher an einen Freund von Wicki, dem Wikinger, ungefähr in dessen Alter. Da fragt man sich, warum niemand den Autor von dieser Namenswahl abgehalten hat.

Mit Teska der Sklavin stellt Meyer Helgi eine starke Frau zur Seite, die von ihrem Vater alles gelernt hat, was ein Sohn hätte können müssen, wenn er einen gehabt hätte. Ihr unbändiger Überlebenswille und ihr kluges Vorgehen bei der Rückerlangung ihrer Position lassen Helgi trotz seiner Leistungen etwas blass aussehen. Odlo wird in seiner Besessenheit plastisch und glaubhaft geschildert. Sein Kindheitstrauma steht dem Leser zwar immer vor Augen, aber die kaltblütige Vorgehensweise und die Konsequenz, mit der er Verbrechen und körperliche Strapazen auf sich nimmt, um sein Ziel im Namen Gottes zu erreichen, wirken wahrhaft beängstigend.

Abgesehen von diesen drei Figuren beleben weitere liebevoll ausgearbeitete Nebenfiguren den Roman. Der Zauberer der Siedlung Ralsvik haucht dem Roman als promiskuitive Plaudertasche Witz ein. Figuren wie Helgis hart arbeitender Vater oder seine besonnene Ziehmutter verkörpern abseits von allen heroischen oder geisteskranken Figuren etwas Normalität und sind dem Leser näher als die Haupthelden des Romans. Natürlich – so viel sei noch verraten – gibt Odo seine Pläne nach Helgis und Teskas Flucht aus Haithabu nicht auf. Somit bleibt „Das Buch der Sünden“ bis zur letzten Seite spannend und zeigt, dass der erste Preis beim historischen Romanwettbewerb des |rororo|-Verlags verdient verdient an Axel Meyer vergeben wurde.

|784 Seiten, broschiert
ISBN-13: 978-3499253805|
http://www.rowohlt.de

Freeman Wills Crofts – Es war Mord

crofts-es-war-mord-cover-kleinDer Unfalltod eines Mannes in Südafrika erweist sich als Mord; die Ermittlung bleibt im Gespinst eines genialen Komplotts hängen sowie erfolglos, bis sie Jahre später im weit entfernten Schottland mit dramatischen Folgen wieder aufgenommen werden kann … – Krimi aus der Frühzeit des „Golden Age“ des englischen Rätselkrimis; unter strikter Berücksichtigung des Lesers wird ein komplexer Plot systematisch und inklusive eines großen Finales aufgelöst: nostalgisch aber stark gealterte Krimikost von einem vergessenen Meister seiner Zunft.
Freeman Wills Crofts – Es war Mord weiterlesen

Gerritsen, Tess – Totengrund

_Die |Maura Isles & Jane Rizzoli|-Serie:_

Band 1: [„Die Chirurgin“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1189
Band 2: [„Der Meister“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1345
Band 3: [„Todsünde“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=451
Band 4: [„Schwesternmord“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1859
Band 5: [„Scheintot“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3913
Band 6: [„Blutmale“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4107
Band 7: [„Grabkammer“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5740
Band 8: _“Totengrund“_

Dr. Maura Isles, eine Ärztin und führende Wissenschaftlerin am Pathologischen Institut in Boston, ist im Grunde eine einsame Frau. Ihre Ehe wurde geschieden, und obwohl sie in ihrem Beruf eine anerkannte und bekannte Persönlichkeit ist, ist sie im privaten Leben eher zurückgezogen und einsam. Detective Jane Rizzoli ist eine ihrer wenigen, aber vielleicht die engste Freundin, die sie hat.

Maura Isles ist unzufrieden mit ihrer Situation, besonders mit ihrem Freund Daniel Brophy, einem Priester, der es noch nicht geschafft hat, sich nach zwei Jahren für sie zu entscheiden. Seine Berufung scheint die Kirche zu sein, die ihm bis jetzt so viel Schutz und Sicherheit geboten hat. In einem offenen Gespräch erkennen beide, dass es so nicht weitergehen kann, doch zu einer finalen Entscheidung, wie immer diese auch auszusehen hat, fehlt anscheinend beiden der Mut.

Auf einer Fachtagung im winterlichen Wyoming kommt Maura auch nicht wirklich innerlich zur Ruhe, doch auf ihrer Konferenz trifft sie auf einen alten Studienkollegen, Doug Comley. Ein Sunnyboy und ein fürchterlich idealistischer, überoptimistischer Mann, der Maura einlädt, ihn, seine Tochter und ein befreundetes Pärchen auf einem Skiausflug zu begleiten. Nach kurzer Überlegungszeit willigt Maura doch noch ein, und zu fünft machen sich sie auf den Weg in die Berge. Maura fühlt sich indessen wie das fünfte Rad am Wagen. Doug Comley ist der unumstrittene Anführer dieser Gruppe.

Doch der Ausflug wird zur Tragödie, als der Geländewagen vom Weg abkommt und sich im Schnee festfährt. Besiegt von den Gewalten der Natur, setzt die kleine Gruppe den Weg zu Fuß fort. In der Hoffnung, Hilfe zu finden, folgen sie einem kleinen Weg, der sie in ein abgelegenes Dorf führt. In dieser unwirtlichen Landschaft wirken die Häuser merkwürdig deplatziert, und noch mysteriöser wird es, als die Gruppe um Maura feststellt, dass hier offensichtlich niemand mehr lebt. Doch die Spuren, die sie finden, weisen darauf hin, dass hier noch vor kurzen Menschen gelebt haben müssen. Die Küchentische sind gedeckt und selbst die Speisen liegen noch auf den Tellern, als wären die Bewohner nur kurz oder plötzlich aus dem Haus gegangen. In den benachbarten Häusern sieht es nicht anders aus, aber hier gibt es am Fuße einer Treppe Blutflecken und sie finden auch den Kadaver eines verendeten deutschen Schäferhundes, der keine offensichtliche Wunden aufzeigt.

Wer und vor allem was ist den Einwohnern hier passiert? Als bei einem Versuch das Auto zu bergen, der Freund von Doug schwer verletzt wird und droht zu sterben, versucht Doug ganz alleine, in die dreißig Kilometer entfernte nächste Siedlung zu gelangen. Maura bleibt zusammen mit Dougs Tochter, dem verletzten Arlo und seiner Freundin in dem verlassenen Dorf zurück.

Inzwischen sorgt sich Mauras Freund Daniel um seine Partnerin, die nicht wie erwartet nach Boston zurückgekehrt ist. Telefonisch ist Maura ebenfalls nicht zu erreichen und auf die Nachrichten auf ihrer Mailbox reagiert sie nicht. Verzweifelt und voller Sorge sucht er Hilfe und Rat bei Mauras Kollegin und Freundin Jane Rizzoli und ihrem Mann Gabriel, der beim FBI tätig ist. Zusammen finden sie schnell heraus, dass der Mietwagen von Maura nicht zurückgegeben wurde. Als wenig später ein ausgebrannter Wagen in einer Schlucht gefunden wird, dessen Insassen nur noch verbrannt geborgen werden können, findet der Bergungstrupp unter den Trümmern auch Teile von Mauras Gepäck, und eine der Toten ist eine Frau im Alter von Maura …

_Kritik_

Der achte Fall des Duos Isle/Rizzoli ist ein recht persönlicher, und in „Totengrund“ ist eindeutig die Pathologin Dr. Maura Isle die Person, um die sich alles dreht und wendet. Auch in ihrem privaten Umfeld kriselt es. Sie hat genug davon, im Schatten der Kirche zu stehen und darauf zu hoffen, dass sich ihr Freund letzten Endes für sie entscheidet.

Tess Gerritsen wählt als Handlungsort das verschneite und unwirtliche Wyoming und lässt Maura unter Lebensgefahr ein Abenteuer bestehen, das in dieser Reihe einzigartig bleiben wird. In der Handlung wird Maura immer wieder vor eine Wahl gestellt und sie muss sich behaupten, gegen die Naturgewalten, gegen ihr Alter Ego, all das führt sie an ihre psychischen wie auch physischen Grenzen.

Auch wenn die Spannung sich auf den knapp 415 Seiten von Kapitel zu Kapitel steigert, so ist das Finale leider allzu offensichtlich. Nein, das ist keine Kritik, denn die Atmosphäre des Romans ist eine besondere, und ganz sicher auch durch das Gespensterdorf mit all seinen Rätseln eine willkommene Abwechslung.

Die Autorin lässt den Leser mit einer beklemmenden Stimmung beim Lesen des Buches zurück. Dass Maura als Hauptdarstellerin in diesem Drama natürlich Opferschutz hat, versteht sich von selbst, aber das Quartett ihrer Mitreisenden steht ständig unter „Beschuss“ und sie selbst im Mittelpunkt des Geschehens. Dass zwischenmenschliche Konflikte innerhalb dieser nicht einfachen Gruppe aufkommen und sich die Lage immer wieder bühnengerecht präsentiert, ist für die Handlung nicht von Interesse, allerdings wird damit den Figuren ein „Hauch“ von Leben gegeben.

Als wirkliche Kritik kann ich nur sagen, dass sich mir das Schicksal der vier Mitreisenden in „Totengrund“ als nicht wirklich aufgearbeitet darstellt. Diese monströse Klippe lässt Tess Gerritsen einfach stehen, und zwischen Leben und Tod schwebend, ist mir der Übergang dann doch zu schnell erfolgt. Auch Dougs aufopfernder Alleingang endet so plötzlich, wie er ihn angefangen hat. Hier wäre es viel vorteilhafter gewesen, wenn man nach dem Splitting dieser Gruppe die jeweiligen Perspektiven besser beschrieben hätte, als sie einfach fallen zu lassen. Dass Jane Rizzoli hier erst im zweiten Teil auftritt, ist nicht weiter verwunderlich oder gar spektakulär, zu sehr wird der Leser von Mauras Gefühls- und Schneewelt eingenommen werden.

_Fazit_

„Totengrund“ von Tess Gerritsen ist ein starker Titel mit einer lebendigen und einer sehr abwechslungsreichen Handlung, die durch Überraschungen und Wendungen zu überzeugen versteht.

Irgendetwas hat man ja immer zu bemängeln, diesmal nicht an der Handlung, sondern es wäre vielleicht mal außer der Reihe positiv gewesen, wenn der Roman an Volumen deutlich ausgeprägter gewesen wäre. Handlungsspielraum gab es zur Genüge.

Geschickt ist allerdings von Tess Gerritsen, dass sie es hier versteht, in der Handlung Haken zu schlagen, quasi vom Weg abzugehen und per Abzweigung einen völlig neuen Handlungsstrang komplett mit Lösung zu übergeben!

Der nächste Roman aus der Reihe könnte auf „Totengrund“ aufbauen, doch gewiss nur, wenn sich die Autorin dazu entschließt, das Privat- und Liebesleben Maura Isles weiter auszubauen und eventuell mit der Haupthandlung zu kombinieren.

„Totengrund“ von Tess Gerritsen ist ein Garant für den vorbildlichen und plastischen Aufbau einer komplexen Handlung, die durch Originalität und Spannung zu überzeugen weiß.

In jedem Fall ist „Totengrund“ eine Steigerung, gemessen an den letzten beiden Titeln der Autorin.

|Hardcover: 416 Seiten
Originaltitel: Killing Place (UK) / Ice Cold (USA)
ISBN-13: 978-3809025764|
[www.randomhouse.de/limes]http://www.randomhouse.de/limes

_Tess Gerritsen bei |Buchwurm.info|:_
[„Roter Engel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1783
[„Akte Weiß: Das Geheimlabor“ (Lesung)]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2436
[„Girl Missing“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6757

Lasky, Kathryn – Entführung, Die (Die Legende der Wächter 1)

_|Die Legende der Wächter|:_

Band 1: _“Die Entführung“_
Band 2: „Die Wanderschaft“
Band 3: „Die Rettung“
Band 4: „Die Belagerung“ (erscheint am 26.05.2011)
Band 5: „The Shattering“ (noch ohne dt. Titel)
Band 6: „The Burning“ (noch ohne dt. Titel)
Band 7: „The Hatchling“ (noch ohne dt. Titel)
Band 8: „The Outcast“ (noch ohne dt. Titel)
Band 9: „The First Collier“ (noch ohne dt. Titel)
Band 10: „The Coming of Hoole“ (noch ohne dt. Titel)
Band 11: „To Be a King“ (noch ohne dt. Titel)
Band 12: „The Golden Tree“ (noch ohne dt. Titel)
Band 13: „The River of Wind“ (noch ohne dt. Titel)
Band 14: „Exile“ (noch ohne dt. Titel)
Band 15: „The War of the Ember“ (noch ohne dt. Titel)

außerdem erschienen:

„A Guide Book to the Great Tree“
„Lost Tales of Ga’Hoole“

Die kleine Schleiereule Soren lebt mit seinen Eltern, dem älteren Bruder Kludd und der frisch geschlüpften Schwester Eglantine im Reich Tyto. Abgesehen davon, dass Bruder Kludd immer recht hinterhältig ist, fühlt sich Soren hier glücklich. Noch ist er flugunfähig, stark auf seine Eltern angewiesen und darf das Nest nicht verlassen.

Eines Nachts fällt er aus dem Nest, während die Eltern ausgeflogen sind. Ehe er gerettet wird, greift ihn eine riesige Eule und bringt ihn weit fort, ins Eulenwaisenhaus Sankt Ägolius. Hier trifft Soren zahlreiche andere Eulenkinder, die wie er entführt wurden. Den kleinen Eulen stehen harte Arbeit und eine Ausbildung zu düsteren Zwecken bevor: Sie sollen willenlos gemacht werden, um sich dem Regime kampflos unterzuordnen.

Soren und seine neue Freundin, die Elfenkäuzin Gylfie, wollen aber nicht aufgeben. Gemeinsam gelingt es ihnen, sich der Kraft der wirr machenden Mondstrahlen zu unterziehen und sich einen wachen Geist zu bewahren. Auch die Legenden über die Eulenritter vom Königreich Ga’Hoole, die sie von ihren Eltern kennen, machen ihnen Mut. Sie hoffen auf eine günstige Gelegenheit, um zu fliehen …

_Eulen als Hauptfiguren_ in einer Fantasyreihe – warum nicht, wenn die Helden so liebenswerte Charaktere wie Soren und Gylfie sind. Der erste Band der Reihe, die es mittlerweile auch auf die Kinoleinwand geschafft hat, versteht es, kleine und große Leser ab etwa zehn Jahren zu verzaubern und sich von dem Abenteuer der kleinen Eulen fesseln zu lassen.

Protagonist Soren ist wenige Wochen alt, als er entführt und in ein spektakuläres Schicksal getaucht wird. Der winzige Schleiereulerich mausert sich in den nächsten Wochen und Monaten zu einem tapferen Eulenkind, das nichts unversucht lässt, um sich dem Regime zu entziehen. Zusammen mit der ein wenig älteren, aber dafür kleineren Elfenkäuzin Gylfie bildet er ein mutiges Gespann, dem man als Leser gerne das Beste wünscht. Soren ist vor allem zu Anfang ein bisschen naiv, sehr gutgläubig, etwas schüchtern und neigt dazu, leicht zu verzagen. Dagegen ist Gylfie ein energisches Eulenmädchen, das wilde Entschlossenheit zeigt und gerne die Führung übernimmt. Die beiden ergänzen sich gut und jeder für sich ist heilfroh, wenigstens einen Verbündeten gefunden zu haben. Weitere gelungene Charaktere sind das emsige Fleckenkauzmädchen Hortense, das die beiden Freunde zunächst nicht recht einschätzen können, die liebevolle Blindschlange Mrs. Plithiver, die bei Sorens Familie als Nesthälterin für Sauberkeit sorgte, der undurchschaubare Aufseher Grimbel, der möglicherweise auf ihrer Seite sein könnte und später noch der draufgängerische Bartkauz Morgengrau.

Auch wenn hier niedliche Eulenkinder die Hauptrolle spielen, ist der Roman keineswegs ein harmloses Märchen. Die Handlung entpuppt sich als wechselhaftes Fantasy-Abenteuer, in dem Gut und Böse einen heftigen Kampf ausfechten. Einige liebgewonnene Charaktere müssen im Laufe der Geschichte ihr Leben lassen, was bereits zeigt, dass man hier mit vielem rechnen muss, auch wenn sich natürlich alle Schilderungen im kindgerechten Rahmen bewegen. Das Eulenwaisenhaus Sankt Ägolius sammelte hunderte von vermeintlichen Waisenkindern, die zu willenlosen Sklaven herangezogen werden sollen. Die Strahlen des Mondes, das Ansprechen mit einer Nummer statt mit Namen und stundenlange Märsche sollen sie „mondwirr“ machen und ihren Verstand brechen, jegliche Fragen sind verboten und werden hart bestraft und vor den ersten Flugversuchen sorgen Fledermäuse dafür, dass die Kleinen dank Blutarmut zu schwach sind, um einen solchen Kraftakt zu vollbringen. Soren und Gylfie finden heraus, dass der Gedanke an die Legenden von Ga’Hoole und dem Eulenbund Glaux sie davon abhalten, mondwirr zu werden und sie geistig wach halten. Gegenüber den Aufseher müssen sie sich rund um die Uhr wie all die anderen Eulenkinder verhalten, die mechanisch sprechen, Befehle ausführen, ohne zu fragen und wie Schlafwandler durch die Gegend laufen. Insgeheim aber planen die beiden Rebellen ihre Flucht. Dafür müssen sie vor dem ersten Blutsaugen davonfliegen, denn danach werden sie zu schwach dafür sein. Immer wieder geraten sie in brenzlige Situationen und die Handlung bleibt bis zur letzten Seite spannend. Das düstere Waisenhaus, die dramatische Flucht und die langen Mondnächte verbreiten eine magische Atmosphäre und das Ende ist zwar gezwungenermaßen offen, da der zweite Teil direkt anschließt, aber ohne Cliffhanger, sodass man den ersten Teil des Abenteuers erst einmal sacken lassen kann – und sich auf den nächsten Band zu freuen, der die Legende um Ga’Hoole vertiefen wird.

Die Eulen werden in der Geschichte natürlich erheblich vermenschlicht, sowohl was Mimik als auch Gefühle betrifft. Trotzdem werden immer wieder Informationen über ihre Spezies eingeflochten. Kinder lernen beim Lesen ein wenig über die Aufzucht und das Heranwachsen von Eulenküken, über die verschiedenen Arten von Schleiereule über Raufußkauz bis hin zur Schneeeule, über ihr verschiedenes Aussehen oder die Nahrungsgewohnheiten. Das alles geschieht immer wie nebenbei, ohne dass man je das Gefühl hätte, belehrt zu werden, zeitweise ist es auch sehr lustig, wenn etwa von den ersten Stationen „Erste-Knochen“, „Erstes Fleisch“ und „Erstes-Fell“ eines Kükens oder von typischen Eulenschimpfwörter wie „Waschbärkacke!“ die Rede ist. Die Vermenschlichung wurde vielleicht an manchen Stellen übertrieben, etwas nervig ist außerdem die öfter auftauchende Formulierung „Bist du gaga?“, die zu salopp für den restlichen Stil des Buches ist. Zudem ist es bei einer Figur etwas zu unlogisch, wie schnell Gylfie merkt, dass sie hier einen Verbündeten vor sich haben, ein paar mehr Hinweise wären schön gewesen, um es realistischer zu machen, dass sie es riskiert, denjenigen direkt anzusprechen. Davon abgesehen gibt es aber so gut wie nichts zu bemängeln. Sehr schön ist auch das Personenverzeichnis am Schluss, das die wichtigsten Charaktere nochmal aufführt.

_Unterm Strich_ ist es der spannende und sehr unterhaltsame erste Teil einer Fantasy-Trilogie für Kinder ab etwa zehn Jahren. Eulen als Charaktere sind originell gewählt, der Leser erfährt einiges über ihre Lebensweise und die Handlung besticht durch Atmosphäre. Ein sehr lesenswertes Abenteuer für alle, die märchenhafte Gut-gegen-Böse-Geschichten im Stil von Harry Potter und Co. mögen.

_Die Autorin_ Kathryn Lasky, Jahrgang 1944 und aufgewachsen in Indianapolis, arbeitete zunächst als Lehrerin, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Sie verfasste eine Reihe von Sachbüchern für Kinder, Bilderbüchern, „The Royal Diaries“ und die fünfzehnbändige Eulen-Reihe, deren ersten drei Teile auf Deutsch erschienen.

|Hardcover: 288 Seiten
Originaltitel: Guardians of Ga’Hoole: The Capture
ISBN-13: 978-3473368075|
[www.ravensburger.de]http://www.ravensburger.de
[www.kathrynlasky.com]http://www.kathrynlasky.com

RICHELLE MEAD – Dornenthron (Dark Swan 02)

Plötzlich Prinzessin! Die Schamanin Eugenie Markham hat aus Versehen ein Königreich in der Anderswelt geerbt. Nun muss sie im zweiten Band der „Dark Swan“-Serie feststellen, dass dessen Pflege gar nicht so einfach ist. Ihre Pläne, sich endlich von den intriganten Feen fernzuhalten, kann sie jedenfalls nicht umsetzen. Dafür hat sie einfach zu viel zu tun.

Die meisten ihrer neuen Aufgaben sind nicht unbedingt angenehm. Anstandsbesuche bei der schwangeren Exfreundin von Kiyo, ihrem Liebhaber, zum Beispiel. Auch dass er neuerdings soviel Zeit mit Maiwenn und dem ungeborenen Kind verbringt, gefällt ihr nicht. Doch sie wird von diesem Ärger abgelenkt, als sie bei einer Reise durch ihr Reich feststellt, dass ihre Untertanen Hunger leiden. Ihre Bemühungen, dies zu ändern, zwingen sie zu einer Zusammenarbeit mit dem Eichenkönig Dorian. Der wiederum möchte Eugenie nur zu gerne in sein Bett ziehen.

Doch diese Probleme treten in den Hintergrund, als in Eugenies Reich, dem Dornenland, junge Feenmädchen entführt werden. Zuerst hält sie eine der herumstreunenden Diebesbanden für die Täter, doch dann findet sie Spuren, die in die normale Welt führen. Doch welchen Zweck hätte es, Feen in die Menschenwelt zu entführen? Und wer steckt dahinter? Bei ihren Recherchen stößt sie auf einige Ungereimtheiten – und gerät selbst in große Gefahr …

„Dornenthron“ ist ohne Frage eine spannende Fortsetzung zum ersten Band von „Dark Swan“. Dabei machen Geschichte und Hauptperson eine starke Entwicklung durch. Eugenie ist nun nicht mehr nur Schamanin, sondern auch Herrscherin des Dornenlands. Das bringt neue Aufgaben mit sich, an die sie sich erst gewöhnen muss. Gleichzeitig muss sie sich damit auseinandersetzen, dass sie die magischen Fähigkeiten ihres verhassten Vaters geerbt hat und lernen, diese einzusetzen. Die einst unbekümmerte junge Frau mit dem frechen Mundwerk wird dabei nicht nur stärker, sondern auch ernster, die Verlegung des Hauptschauplatzes in die Anderswelt gibt der Geschichte Tiefe.

Die Handlung selbst ist recht konventionell. Mead baut keine großen Überraschungen ein, sondern erzählt die Lösung des Entführungsfalls sehr geradlinig. Sie ist allerdings in einige Nebenhandlungen eingebettet, die jedoch problemlos parallel nebeneinander herlaufen. Da es kaum Längen gibt und die Nebenhandlungen zumeist sehr interessant sind, fällt die einfache Haupthandlung kaum ins Gewicht. Wer noch dazu Freude an deftigen Sexszenen hat, kann mit „Dornenthron“ erst recht nichts falsch machen.

Eugenie Markham ähnelt im Prinzip anderen Frauenfiguren aus ähnlichen Büchern: jung, frech und in der Liebe meistens etwas tollpatschig. Abgesehen davon schafft die Autorin es jedoch, sie mit Leben zu füllen. Im Vergleich mit dem ersten Band entwickelt sie sich weiter, muss mehr Verantwortung übernehmen und wirkt alles in allem erwachsener. Da Mead bereits in ihrer Serie „Vampire Academy“ bewiesen hat, dass sie ein gutes Händchen für die Weiterentwicklung ihrer Figuren hat, ist davon auszugehen, dass Eugenie dem Leser auch in den Folgebänden noch viel Freude machen wird.

Geschrieben ist die Geschichte in gewohnt lockerem Tonfall mit einem ausgewogenen Verhältnis von Witz und Ernst. Mead geht dabei vor allem in den Liebesszenen gerne ins Detail. Insgesamt liest sich „Dornenthron“ jedoch sehr flüssig und interessant.

„Dornenthron“ ist eine gelungene Fortsetzung zu „Sturmtochter“. Das Buch ist spannend, die Hauptperson entwickelt sich weiter – was möchte man mehr?

Broschiert: 358 Seiten
Originaltitel: Thorn Queen
Deutsch von Frank Böhmert
ISBN-13: 978-3802582127

http://www.egmont-lyx.de
http://www.richellemead.com

David Moody – Todeshunger (Hater 2)

Eine Seuche teilt die Menschheit in mordgierige „Hasser“ und verfolgte „Unveränderte“. Das Ergebnis ist ein globaler Bürgerkrieg ohne Rücksicht auf Gesetz und Moral … – Anhand einiger Einzelschicksale wird dieser Kampf schonungslos (und natürlich politisch unkorrekt unterhaltsam) dargestellt, wobei der Verfasser die Sicht eines „Hassers“ wählt: eine interessante Entscheidung, durch die der routiniert geschriebene Action-Horror – Mittelteil einer Trilogie – dem Genre neue Aspekte gewinnt. David Moody – Todeshunger (Hater 2) weiterlesen

Donovan, Gerard – Ein bitterkalter Nachmittag

Gerard Donovoan hat seinen letzten Roman „Winter in Maine“ ohne großes Tamtam in die Bestsellerlisten gebracht und damit eine Randerscheinung der modernen Belletristik erschaffen, deren faszinierende Ausstrahlung und Aussagekraft einen der zeitlosesten literarischen Momente der Jetztzeit formte. Dabei schien gerade im fehlenden Spektakel der vergleichsweise brutalen Story die Würze zu liegen – und auch Donovans Ursprung. Bereits fünf Jahre zuvor hatte er sich eher zufällig an ein Buchprojekt gewagt, aus dem erst mit fortschreitender Seitenzahl die Idee zu einem Roman reifte. „Ein bitterkalter Nachmittag“, so der Titel des Autoren-Debüts, ist im Hinblick auf die spontane Geschichte, die dem Projekt zugrunde liegt, jedoch ein unheimlich schwieriges Stück zeitgenössische Literatur – und auch im Hinblick auf die moralischen Aspekte des Buches eine komplexe Arbeit. Doch in Sachen Intensität mangelt es auch Donovans erstem Werk in der Gesamtbetrachtung nicht!

_Story:_

Winter, irgendwo zu irgendeiner Zeit in Europa: Mitten auf einem großen Feld wird ein junger Mann während des umliegenden Kriegstreibens dazu aufgefordert, ein großes Loch auszuheben. Unter der Aufsicht eines einstigen Lehrers, der unter anderem auch den Bruder des Mannes unterrichtete, muss er zum Ende des Tages schaufeln und seine Arbeit fertigstellen – ansonsten droht eine zunächst nicht näher benannte Konsequenz. Doch der Lehrer und sein sich widersetzender Schützling erleben jenen Nachmittag jenseits des bestehenden Autoritätsverhältnisses; in immer abstrakteren Gesprächen tauschen sie sich über Geschichte, Philosophisches und zuletzt auch über die Situation aus, die sie umgibt. Doch niemand ist bereit, Kompromisse einzugehen und sich die Meinung des jeweils anderen aufdringen zu lassen – bis schließlich eine ungeahnte Eskalation droht …

_Persönlicher Eindruck:_

Was für eine sperrige Geschichte! Und sie könnte für diesen Autor, von dem abseits des hier vorliegenden Buches nur der oben angeführte Titel bekannt ist, kaum typischer sein. Erneut ist die vorrangige Auseinandersetzung mit der Situation und den damit verbundenen Charakteren ausschließlich auf einen sehr geringen Personenkreis beschränkt, was grundsätzlich dafür sprechen müsste, dass die Ausgangslage klar definiert und leicht nachzuvollziehen ist. Irrtum! Denn Donovan offenbart sich wieder als Geheimniskrämer vom Dienst, der alles zulässt, aber eben nicht den unmittelbaren Bezug zu seinen tragenden Säulen, in diesem Fall der Bäcker und der Lehrer.

Dabei beginnt alles sehr offen und transparent: Der Bäcker wird aus noch ungeklärten Gründen zu jener Grube gebeten, die er in den nächsten Stunden ausheben soll. An dieser wartet bereits der Lehrer, der aus ebenfalls nicht näher definierter Ursache die Aufsicht für den Grabschauflungs-Prozess koordinieren soll – und die beiden kommen ins Gespräch. Dabei sind die Positionen eigentlich klar, schlussendlich aber nicht wirklich geklärt. Es besteht zwar eine Autorität dahingehend, dass die Aufgabenverteilung der beiden Persönlichkeiten geklärt ist, aber über dies hinaus besteht „Ein bitterkalter Nachmittag“ bis hin zum ziemlich bizarren Finale lediglich aus versteckten Andeutungen, interessanten Dialogen und einem Schriftbild, welches man aufgrund seiner intelligenten Verknüpfungen und Verquickungen durchaus als atemberaubend bezeichnen kann.

Doch was geschieht? Gute Frage, denn ‚es‘ auf den Punkt zu bringen, ist in der Analyse des Donovan-Debüts nahezu unmöglich. Die Dialoge sind das Vordergründige, und sie sind oft faktisch und auf eine ganz perfide Art und Weise auch emotional inszeniert, aber am Ende auch wieder nüchtern und sturköpfig vorgetragen. Die beiden Charaktere sind entschlossen, sich in irgendeiner Form gegen den jeweils anderen durchzusetzen und ihren Standpunkt zu wahren. Doch die Gründe für die Verbissenheit werden eben nicht näher angeführt, bleiben eine leise, stille Ahnung. Erst im allerletzten Abschnitt scheint sich das Ganze aufzulösen, und dies – man muss leider ‚bedauerlich‘ sagen – auf eine recht radikale Art. Der Bäcker präsentiert sich in einem noch finstereren Licht als in den einzelnen Kapiteln der Hauptstory, während der Lehrer eine Zerbrechlichkeit zur Schau stellt, die man nun absolut nicht voraussehen konnte. Die Quintessenz der Erzählung ist dementsprechend erschreckend hart, was man von diesem Autor ja auch genau so gewohnt ist. Aber irgendwie fehlt gerade in jener Endsequenz die Feinfühligkeit, den Plot auch fließend abzurunden und ihn eben nicht in einem Radikalschlag zu beenden. Das, was sich später in „Winter in Maine“ wie die Vollendung einer wunderbar-brutalen Story darstellte, ist in „Ein bitterkalter Nachmittag“ bei Weitem nicht so stark ausgeprägt und führt schließlich dazu (und auch davon kann man nicht absehen), dass man Donovan eine rapide Entwicklung bei der Konzipierung seiner Geschichten attestieren muss – dies aber im unvermeidbaren Vergleich zu deutlichen Ungunsten von „Ein bitterkalter Nachmittag“.

Andererseits ist der erste Roman des aufsteigenden Schriftstellers definitiv eine lohnenswerte Lektüre, zwar nicht das belletristische Meisterwerk, welches man sich nach der brillanten Vorgabe erträumt hatte, aber dennoch ein Roman, der vieles über uns Menschen sagt – und noch mehr über die Verkörperung und Umsetzung von Einstellungen bis hin zum absoluten Überlebenskampf.

|Hardcover: 336 Seiten
Originaltitel: Schopenhauer’s Telescope
ISBN-13: 978-3630873428|
[www.randomhouse.de/luchterhand]http://www.randomhouse.de/luchterhand

_Gerard Donovan bei |Buchwurm.info|:_
[„Winter in Maine“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6004

Lars Kepler – Der Hypnotiseur

Die Handlung:

Vor den Toren Stockholms wird an einem Sportplatz die Leiche eines brutal ermordeten Mannes entdeckt. Kurz darauf werden Frau und Tochter ebenso bestialisch getötet aufgefunden. Offenbar wollte der Täter die ganze Familie auslöschen. Doch der Sohn überlebt schwer verletzt. Als Kriminalkommissar Joona Linna erfährt, dass es ein weiteres Familienmitglied gibt, eine Schwester, wird ihm klar, dass er sie vor dem Mörder finden muss.

Er setzt sich mit dem Arzt und Hypnotiseur Erik Maria Bark in Verbindung. Er will, dass Bark den kaum ansprechbaren Jungen unter Hypnose verhört. Bark hatte sich jedoch wegen eines traumatischen Erlebnisses geschworen, niemals mehr zu hypnotisieren. Aber es geht hier um ein Menschenleben. Es gelingt ihm schließlich, den Jungen zum Sprechen zu bringen. Was er dabei erfährt, lässt ihm das Herz gefrieren …
(Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

In Schweden abgefeiert und in Deutschland vom Verlag als „Der wohl wichtigste Kriminalroman seit Langem“ beworben, geht „Der Hypnotiseur“ von der ersten Seite an in die Vollen. Hier wird nicht auf ein Verbrechen hingearbeitet, es gab schon eins, besser noch, der Leser wird direkt in dem Moment in die Handlung geworfen, als das Blut der grausam ermordeten Opfer noch nicht getrocknet ist.

Nachdem der Leser also erstmal geschockt wurde, erfährt er im Anschluss die offenbar leider nie ausbleibenden Psycho-Thriller-Klischees eines immer von der Gesellschaft oder sonstigen Dämonen gebeutelten armen, armen Protagonisten. Wobei eigentlich Kommissar Joona Linna ermittelt und der Hypnotiseur Erik Maria Bark der mit den Problemen ist. Das bremst immer mal wieder die rasante Thrillerfahrt, denn eigentlich möchte man ja wissen, wer der Täter ist, ob er noch mal zuschlägt und was der auf dem Buchrücken angekündigte Überlebende unter Hypnose zu dem Verbrechen zu sagen hat. Stattdessen haben alle irgendwie so ihre Probleme mit sich, mit den Kollegen oder einfach mit allen.

Warum also erzählen uns die Autoren so viel Unwichtiges über das Umfeld des Hypnotiseurs? Entweder um Seiten zu füllen, oder weil sie noch etwas mit ihm vorhaben. Und das haben sie. Erik Maria Bark hat mehr mit diesem Mordfall zu tun, als ihm bewusst oder lieb ist. Und schnell wird auch sein zuvor immer wieder beschriebenes persönliches Umfeld in Form seiner Frau und seines Sohnes Teil des Ganzen.

Eine spannende Jagd nach einem cleveren Killer hält Linna auf Trab und nicht nur der Hypnotiseur muss um sein Leben fürchten.

Die Autoren

Lars Kepler ist das Pseudonym von Alexandra und Alexander Ahndoril. |Der Hypnotiseur|, ihr Krimidebüt, war in Schweden sensationell erfolgreich und das Buchereignis des Jahres. Der Roman erscheint in über dreißig Ländern. Das Ehepaar lebt mit seinen drei Kindern in Stockholm.
(Verlagsinfo)

Mein Fazit:

Ob dieser Roman wirklich „wichtig“ ist, muss jeder selber für sich entscheiden, spannend ist er allemal, wenn auch ziemlich brutal. Zartbesaitete können die deutlichen Verletzungsbeschreibungen der Opfer problemlos überlesen, Hartgesottene nehmen alles mit, was blutig und abgetrennt ist. Freunde von Sebastian Fitzek greifen hier zu.

Und wenn der Roman in Deutschland und ab nächstem Jahr auch im englischsprachigen Raum so erfolgreich wird wie in seinem Heimatland, dann erleben wir Joona Linna sicher auch bald im Folgeroman „Paganinikontraktet“ in deutscher Sprache.

Hardcover: 638 Seiten
Originaltitel: Hypnotisören (2009)
Aus dem Schwedischen von Paul Berf
ISBN-13: 978-3-7857-2426-2
www.luebbe.de

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)