Cabot, Meg – Eternity

_Es ist einfach nicht_ Meena Harpers Tag. Morgens geht sie noch voller Vorfreude zur Arbeit, die Beförderung zur Head-Autorin der beliebten Fernsehserie „Eternity“ ist so gut wie sicher. Auf dem Weg zum Sender lernt sie im Zug die bildhübsche Yalena kennen. Was daran den Tag verderben kann: Meena weiß, dass Yalena bis zum Ende der Woche tot sein wird. Meena hat die Gabe, den Tod anderer Menschen voraussagen zu können. Keine schöne Gabe, vor allem da ihr kaum jemand glaubt und sie oft als Spinnerin verspottet wurde. Lediglich ihr Bruder und ihre beste Freundin wissen daher um die Gabe und vertrauen Meena.

Auch im Büro wird es für Meena nicht besser. Die so sichere Beförderung zur Head-Autorin platzt, nicht sie, sondern das Party-Girl Shoshona wird befördert, ausgerechnet die Person, die bisher alle Arbeit durch Meena hat machen lassen. Eine Nacht mit dem Produzenten sowie verwandtschaftliche Beziehungen haben Shoshona den Weg geebnet. Doch nicht nur das treibt Meena zur Verzweiflung, auch verlangt Shoshona, dass künftig Vampire in der Serie „Eternity“ einen festen Platz bekommen sollen. Meena kann nur denken: „Ausgerechnet Vampire“ und versucht den Produzenten von dieser, ihrer Meinung nach hirnrissigen Idee, abzubringen. Ohne Erfolg, auch der Produzent ist von Shoshonas Idee angetan.

Am Abend kehrt Meena wütend in ihre Wohnung zurück, im Kopf allerdings schon die Idee, wie sie den Vampiren in Eternity schnell den Garaus macht, die Figur des Vampirjägers nimmt schon Gestalt in ihrem Kopf an.

Schlafen kann Meena nur sehr schlecht und so geht sie nachts noch mit ihrem Hund Jack Bauer eine Runde spazieren. Als sie an einer verfallenen Kirche vorbeikommen, werden Meena und Jack Bauer plötzlich von einem riesigen Schwarm Fledermäuse angegriffen. Gerade als Meena sich schützend über ihren Hund wirft, kommt ein geheimnisvoller und sehr attraktiver Fremder und beschützt Meena vor den angreifenden Fledermäusen. Der Fremde stellt sich als Lucien vor und begleitet Mena noch bis zu ihrer Wohnung, danach ist er verschwunden. Am nächsten Morgen ist Meena nicht sicher, ob sie geträumt hat oder das ganze Wirklichkeit war.

Tags darauf lernt Meena Lucien dann noch mal kennen, auf einer Party ihrer Nachbarin Mary Lou und sie beginnt, sich sehr für den gutaussehenden und charmanten Lucien zu interessieren.

Weiter im Plan den Vampir, der nun in „ihrer“ Serie spielen soll, umkommen zu lassen, ist sie mehr als überrascht, als am folgenden Tag ein Mann in ihre Wohnung eindringt und behauptet, ein eben solcher zu sein! Was aber noch schlimmer ist, er behauptet, dass ihr Lucien der Sohn von Dracula ist. Meena, die die Nase von Vampiren und Co. mehr als voll hat, glaubt dem Vampirjäger Alaric kein Wort. Vampire gibt es nicht … oder doch?

_Kritik_

Mit „Eternity“ hat Meg Cabot ihren ersten Roman im Genre der Romantic Fantasy geschrieben. Mit ihrem aus mittlerweile 40 Büchern bekannten humorvollen und leicht zu lesenden Schreibstil zieht die Autorin den Leser in den Bann. Auch wenn das Genre Romantic Fantasy für die Autorin Neuland sein dürfe, bewegt sie sich in diesem wie ein alter Hase. Sie hat das Gespür für das, worauf es ankommt.

Der Roman ist in verschiedene, anfangs recht kurze Kapitel unterteilt. In diesen lernt man das Leben der unterschiedlichen Charaktere Meena, Lucien und Alaric kennen und bekommt auch eine Ahnung was diese bewegt und welches Ziel die Protagonisten verfolgen. Die Ziele der Gegenspieler bleiben dabei erst einmal unklar, was der Spannung sehr zu Gute kommt.

Sehr geschmackvoll wird auch die Liebesbeziehung von Meena und Lucien beschrieben, auf allzu intime Sexszenen wird verzichtet und der Leser gelangt nur bis zur Schwelle des Schlafzimmers. Dieses ist eine sehr angenehme und nicht weniger erotische Abwechslung zu den üblichen Romanen dieses Genres.

Die Umgebung und die Orte der Handlung werden plastisch beschrieben. Auch die jeweiligen Stimmungen passen gut ins Bild und harmonieren mit den Ereignissen, die gerade stattfinden. Der Leser findet sich so leicht in die Geschichte ein und nimmt die Geschichte reell wahr.

Die Spannung baut sich in der Handlung in kurzen aber intensiven Abschnitten konstant weiter auf, sodass die Charaktere sich immer tiefer dem Ende entgegen entwickeln können. Gegen Ende des Romans wird es dem Leser immer mehr bewusst, dass das Finale sich gleich in einem Feuerwerk entlädt.

Die Figurenzeichnung in „Eternity“ ist psychologisch vielfältig. Das zeigt sich vor allem darin, dass die Autorin ihren Protagonisten mit viel Feingefühl, eine breite Bühne gibt, um sich zu entwickeln und sich damit für einen Fantasy Roman auch glaubhaft zu präsentieren.

Meena, eine junge Frau, die Autorin der erfolgreichen Fernsehserie „Eternity“ ist, fühlt sich in der paranormalen Welt nicht besonders wohl. Als bodenständige Frau ist sie äußerst skeptisch, was übernatürliche Wesen angeht. Sie selbst allerdings trägt ihr eigenes Geheimnis, was für sie mehr Fluch als Segen bedeutet. Sie hat die „Gabe“ den natürlichen wie auch unnatürlichen Tod bei ihren Mitmenschen zu erkennen. Somit erkennt sie, ohne es wirklich zu wollen, dass ihr Gegenüber dem Tode geweiht ist. Dass die sensible junge Frau nur schwer mit dieser Verantwortung umgehen kann, versteht sich von selbst. Wer möchte schon jemanden kennenlernen, der fröhlich und höflich auftritt, und ihn wenig später auf möglichst vorsichtige Art und Weise vor dem Tod warnen? Was Meena verwirrt, ist, dass sie in der Gegenwart Luciens nichts, aber auch wirklich gar nichts Außergewöhnliches wahrnehmen kann.

Die weiteren Charaktere sind ebenfalls vielschichtig und interessant gezeichnet. Jeder Figur kann der Leser die erzählte Geschichte abnehmen, und da sich die Hauptpersonen weiterentwickeln und auch aus dem Geschehen lernen, wirkt das Ganze sehr glaubwürdig und realistisch.

Die Gestaltung der Covers ist sehr ansprechend gelungen, auf schwarzem Hintergrund sieht der Leser eine Frau, die ein Abendkleid trägt. Dieses wirkt schon durch die Farben Schwarz und Blutrot sehr ansprechend. Den Hintergrund verzieren ebenfalls schwarze, verschlungene Ranken, die durch Spotlack hervorgehoben werden. Der Titel und der Name der Autorin sind farblich hervorgehoben.

_Fazit_

Meg Cabot schafft es in „Eternity“ die bekannten Elemente der Romantic Fantasy neu zu mischen und es kommt eine sehr originelle und unterhaltsame Story dabei heraus. Sie erfindet das Genre nicht komplett neu, schafft es aber trotzdem dem Leser in Erinnerung zu bleiben.

Mit viel Humor und Sarkasmus, einer schönen Liebesgeschichte mit einem überraschenden Ende und einer gehörigen Portion Spannung schafft es die Autorin eine Geschichte zu entwickeln, die nicht nur Vampirfans begeistern wird.

Ich habe diesen Roman verschlungen und hoffe sehr auf eine Fortsetzung, das Ende spricht doch sehr dafür.

_Autorin_

Meg Cabot (* 1. Februar 1967 in Bloomington, Indiana; eigentlich Meggin Cabot, Pseudonyme auch Jenny Carroll und Patricia Cabot) ist eine US-amerikanische Autorin und Illustratorin.

Cabot arbeitete nach ihrem Philologiestudium zunächst als Illustratorin, bevor sie unter dem Pseudonym Patricia Cabot einige historische Frauen-Romane schrieb. Inzwischen hat Meg Cabot mehr als 40 Romane verfasst, darunter die erfolgreiche Jugendbuch-Reihe „Plötzlich Prinzessin“. Die Bücher „Plötzlich Prinzessin“ sowie „Power, Prinzessin!“ wurden beide vom Regisseur Garry Marshall unter den Titeln „Plötzlich Prinzessin“ und „Plötzlich Prinzessin 2“ verfilmt. Meg Cabot heiratete in einem kleinen Dorf in Italien und lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Katzen in New York City und Florida. (Quelle Wikipedia)

|Broschiert: 512 Seiten
Originaltitel: Insatiable
ISBN-13: 978-3764503772|
[www.randomhouse.de/blanvalet]http://www.randomhouse.de/blanvalet

_Nadine Warnke_

D’Lacey, Joseph – Entsorgt

_Das geschieht:_

Shreve ist eine gesichtslose Stadt irgendwo in den englischen Midlands. Die einzige ‚Sehenswürdigkeit‘ bildet eine gewaltige Müllkippe, auf der die Abfälle des gesamten Landkreises gesammelt werden. Korruption und Gleichgültigkeit führen dazu, dass kaum kontrolliert wird, was da täglich (und vor allem heimlich in der Nacht) angeliefert wird. Tief im Boden schwappt daher eine giftige aber unheilvoll fruchtbare Suppe, in der organische und anorganische Elemente seltsame Verbindungen eingehen.

Eines Tages ist es soweit: Ausgerechnet in Shreve gelingt die abiogenetische Urzeugung bisher unbekannten Lebens. Aus Unrat und Schrott entstehen formlose aber bewegliche, instinktgesteuerte und hungrige Kreaturen. Sie ernähren sich von Blut und sind ständig damit beschäftigt, ihre Mischkörper zu modifizieren und zu verbessern. Bei guter Ernährung wachsen sie schnell – und sie sind intelligent, wie der Einsiedler Mason Brand zufällig herausfindet, als sich eines Abends eines der Wesen in seinen Garten verirrt. Statt es zu töten, nimmt es der neugierige Mann auf, füttert und versteckt es. Ungestört kann der „Fäkalith“ sich entwickeln; er nimmt sich dabei seinen ‚Vater‘ zum Vorbild.

Andere Bürger begegnen den Artgenossen des Fäkalithen. Ohne Schutz und Förderung mutieren diese zu fressgierigen, aggressiven Ungeheuern, die unvorsichtigen Haustieren und bald auch Wanderern auflauern. Als der Fäkalith seine Entwicklung abgeschlossen hat, schwingt er sich zum Anführer auf. In seinem Auftrag fallen die Kreaturen über Shreve und seine Einwohner her. Sie säen Angst & Schrecken, und sie nutzen den Rohstoff Mensch mit nie gekanntem Einfallsreichtum. Die Außenwelt wird aufmerksam, Militär marschiert auf. Unbarmherzig werden Müll-Monster und ‚infizierte‘ Menschen ausgelöscht, ohne dem Phänomen auf den Grund zu gehen – das typisch grobe Vorgehen eines Establishments, dem dadurch entgeht, dass es dem bizarren Gegner in die Hände bzw. Tentakeln arbeitet …

_Horror der wahrhaft schmutzigen Art_

|“Geld stinkt nicht“|, wies der römische Imperator Vespasian (9-79 n. Chr.) Kritiker in die Schranken, als er ausgerechnet die öffentlichen Toiletten mit einer Latrinensteuer belegte. Sein Plan war ebenso einfach wie genial, sodass er aufgehen musste: Der Mensch kann nicht existieren, ohne Dreck zu verursachen, um den er sich – dies ist der nächste logische Gedankenschritt – tunlichst nicht selbst kümmern möchte.

Was stört, wird ausgelagert. Wer sich in dieses anrüchige Geschäft wagt, lässt sich gut dafür bezahlen. Der Profit steigt, wenn man nicht genau hinschaut, was die Kundschaft heranschafft, sondern es einfach dort stapelt oder vergräbt, wo es aus den Augen und damit aus dem Sinn gerät.

Leider bleibt der richtig gefährliche, grässliche Dreck oft nicht dort. Ungestört sickert er ins Erdreich, ins Grundwasser, verseucht Pflanzen und Tiere und landet letztlich doch wieder bei seinen Verursachern. Joseph D’Lacey dreht diese Schraube einige Windungen weiter und erfindet einen Müll, der sich seiner fauligen Haut zu wehren beginnt. Da es seiner Natur entspricht, geht er (der Müll, aber auch D’Lacey) dabei überaus garstig zu Werke.

Wer sich fragt, was damit gemeint ist, wird im letzten Drittel des hier vorgestellten Romans so offen ins Bild gesetzt, dass keine Frage mehr, sondern nur noch Übelkeit bleibt. Autor D’Lacey hat sich viel Mühe gegeben und tief im Wortschatz seiner Sprache geschürft, um die blutigen Exzesse kotig-brandiger Schreckgestalten möglichst anschaulich zu schildern. Vom Ehrgeiz gepackt, blieb ihm der Übersetzer nichts schuldig.

|Die Stadt als Spiegelbild der Müllkippe|

Obwohl man es angesichts der bizarren Handlung weder erwarten würde noch es zunächst bemerkt, hat diese Geschichte eine Moral. D’Lacey hat gelernt und serviert sie den Lesern nicht mehr wie in seinem Romanerstling „Meat“ mit der ganz groben Kelle. Gesellschaftskritik wird geübt, aber D’Lacey ordnet sie dieses Mal seiner Geschichte unter.

Der „Garbage-Man“-Horror setzt ähnlich schleichend und trügerisch ein wie ein weicher Furz. (Dieser Roman erzwingt solche Assoziationen.) Die halbe Geschichte vergeht für den Leser mit dem Kennenlernen immer neuer, generell unsympathischer Figuren und ihrer banalen, abstoßenden Geheimnisse. Immer lauter fragt man sich, wann dies endet und endlich der Horror beginnt.

Erst allmählich schält sich D’Laceys Intention heraus: Müllkippe und Stadt Shreve bilden Spiegelbilder, wobei der eigentliche Schrecken zunächst nicht von der Gift-Deponie ausgeht. In der Stadt ist das Leben aus den Fugen geraten. Sämtliche Figuren sind kriminell, psychisch gestört, ausgebrannt oder stecken in einer anderen Sackgasse fest. Nicht nur die Abfälle, die sie täglich verursachen, finden ihren Weg auf die Kippe. Hinzu kommt emotionaler Ballast, der das ohnehin geschädigte Erdreich zusätzlich tränkt.

Auf diese Weise schaffen die Menschen sich ihre Monster selbst. Als der Müll seine Kreaturen freigibt, sind diese zwar gefährlich aber nicht bösartig. Sie wollen nur leben, und dafür müssen sie fressen. Erst im Laufe ihrer Entwicklung verändern sie sich. Sie bauen ihre Körper und Hirne mit weiterem Unrat auf. Unabsichtlich verleiben sie sich dabei noch mehr Negatives aus Menschenhand und -hirn ein, was nicht folgenlos bleibt: Die Kreaturen wachsen, sie werden intelligent – und aggressiv.

|Müll mit Mission?|

An diesem Punkt weicht D’Lacey leider von seiner fröhlich-anarchischen Linie ab. Der lebende Müll entsteht nicht einfach. Er wird von Gäa, der personifizierten Mutter Erde, ins Leben gerufen. Gäa hat die Nase voll von den schmutzigen Umtrieben der Menschen, die ihre ‚Haut‘ mit Abfällen und Giften aller Art besudeln. Sie wirft die Evolutions-Maschine an und schafft den Fäkalithen und seine Brut.

Mit dieser Idee gerät „Entsorgt“ auf ein unerquickliches Nebengleis. Die Story verträgt so, wie D’Lacey sie erzählt, keinen Ernst. „Entsorgt“ ist dem „Toxic Avenger“ des Trash-Filmstudios Troma zu nah. Als der Verfasser seinem Garn eine Botschaft unterlegen will, macht er sich unnötig lächerlich. Grober Horror und esoterisches Fein-Gefasel vertragen sich nicht, weshalb man die entsprechenden Passagen am besten nur überfliegt, ausblendet und sich auf die rabiaten Szenen konzentriert, für die der Verfasser ein weitaus besseres Händchen hat.

P. S.: Das Cover-Zitat „Joseph D’Lacey rocks“, angeblich gesprochen von Stephen King, sollte der Leser mit der angemessenen Nichtachtung solcher Plump-Werbung strafen; es findet sich genauso bereits auf dem Cover von „Meat“, D’Laceys Roman-Erstling (der übrigens gar nicht rockt).

_Autor_

Joseph D’Lacey wurde in London geboren, lebte aber die meiste Zeit in den englischen Midlands. Auch heute lebt und arbeitet er in der mittelenglischen Grafschaft Northamptonshire – und zwar hauptberuflich nicht als Schriftsteller, sondern als Inhaber einer eigenen Praxis für Akupunktur. Als Autor trat er lange vor allem online in Erscheinung. Der Erfolg seines Romanerstlings „Meat“ sorgte dafür, dass D’Laceys Werke verstärkt im Druck erscheinen.

|Taschenbuch: 416 Seiten
Originaltitel: Garbage Man (London: Bloody Books, Beautiful Books 2009)
Übersetzung: Stephan Glietsch
ISBN-13: 978-3-453-43510-0|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

von Michalewsky, Nikolai (als Mark Brandis) – Mark Brandis: Testakte Kolibri (Weltraumpartisanen – Band 7)

_Mark Brandis:_

Band 1: [Bordbuch Delta VII]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6535
Band 2: [Verrat auf der Venus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6539
Band 3: [Unternehmen Delphin]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6536
Band 4: [Aufstand der Roboter]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6618
Band 5: [Vorstoß zum Uranus]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6630
Band 6: [Die Vollstrecker]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6636

_Band 7: Testakte Kolibri_

Als der |Herder|-Verlag Anfang der Siebziger eine kleine Jugend-SciFi-Reihe von drei bis vier Bänden bei Nikolai von Michalewsky (1931 – 2000) in Auftrag gab, war der Erfolg keineswegs absehbar. Dieser brachte unter seinem Pseudonym „Mark Brandis“ bis 1987 insgesamt 31 Bände der Weltraumabenteuerserie mit dem gleichnamigen Helden unters begeisterte Volk. Das heißt, ein 32. Band („Ambilvalente Zone“) wurde in seinem Todesjahr via |Books on Demand| veröffentlicht, hat aber – bis auf einige Eckpunkte – auch kaum noch etwas mit der eigentlichen Figur gemein.

Schon lange Zeit vor diesem eher umstrittenen Revival war es still um die deutsche Kultserie geworden. |Bertelsmann| machte sich seit Bestehen der Reihe zwar zwischenzeitlich immer wieder mal an einen Aufguss der ursprünglichen Serie mittels Doppelbänden, welche teils über den hauseigenen Buchclub vertrieben wurden, stellte die Versuche aber im Jahr 2000 endgültig ein. 2008 nahm sich der |Wurdack|-Verlag dem Kleinod mit dem gebührenden Ernst an und präsentiert seither jedes Quartal je 2 Bände als broschierte Sammlerausgabe mit frischer Aufmachung.

_Vorgeschichte_

Der Weltraum unseres Sol-Systems wird bereist und die nächsten Himmelskörper sind auch bereits kolonisiert. Die Zeiten einzelner Nationalstaaten sind lange vorbei. Nur zwei große Machtblöcke belauern sich auf dem Mutterplaneten Erde noch: Die Union Europas, Afrikas und Amerikas (EAAU) und die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR). Usurpator Smith, der sich im Jahr 2069 an die Macht putschte (vgl. Band 1 bis 4), ist Geschichte. Nicht zuletzt auch durch den tüchtigen Einsatz von Commander Mark Brandis und des Widerstandes. Die Venus-Erde Gesellschaft für Astronautik (VEGA), für die Brandis & Co. ihre Testflüge brandneuer Raumschiffprototypen durchführen, ist längst wieder eine zivile Institution – worauf man dort stolz ist.

_Zur Story_

Die VEGA hat ein Problem mit dem brandneuen Mehrzweckflieger des Typs „Kolibri“. Diese sehr vielversprechende Konstruktion ist in der Lage, sich sowohl im Weltraum als auch in planetarer Atmosphäre sowie unter Wasser bewegen zu können. Dabei ist der mit Atomantrieb ausgestattete Einsitzer höchst agil und entsprechend flink unterwegs. Das prädestiniert die Baureihe geradezu, sie als wertvolle Expeditionsausrüstung für etwaige Forschungsflüge zu unbekannten Planeten mit zu führen. Leider scheint irgendwo in seinen hochentwickelten Eingeweiden der Wurm zu sitzen, und zwar einer, der bereits einigen Testpiloten das Leben kostete. Dabei schlägt er stets unter den gleichen Bedingungen zu, ist aber seltsamerweise trotzdem nicht reproduzierbar.

Erst verhalten sich die Maschinen lammfromm, werden sogar nach einigen Testzyklen jedes Mal komplett auf Herz und Nieren gecheckt, allerdings neigen dennoch einige Triebwerke dazu bei einer Tauchtiefe von exakt 2500 Metern den Dienst zu versagen und sich urplötzlich nicht mehr starten zu lassen. Der jeweilige Kolibri sackt in der Folge entweder durch und wird vom Wasserdruck zerquetscht oder aber sein Pilot aktiviert in letzter Sekunde den Notstarter. Das katapultiert ihn jedoch unweigerlich und auf Nimmerwiedersehen ins All, da dann kurioserweise das Triebwerk gnadenlos auf Vollschub blockiert und sich durch nichts deaktivieren lässt. Es ist wie verhext, doch das Projekt zu wichtig, um es einfach aufzugeben.

Man steht unter Erfolgsdruck, die Versuchsreihe endlich erfolgreich abzuschließen, damit das Modell in Serie gehen kann. Regierung und Presse sitzen der VEGA im Nacken. Mark Brandis ist bekanntlich VEGA-Chef John Harris‘ bester Mann und soll’s „freiwillig“ mal wieder richten. Er wird als Einsatzleiter nach Espiritu Santu beordert, den Fehlerteufel zu ertappen und zu eliminieren. Auf der kleinen Pazifikinsel, von wo aus die Vorserienmodelle getestet werden, steht es, auch Dank des bereits bezahlten Blutzolls, moralisch nicht zum Besten. Zudem gehört die Testcrew auch nicht grade zur ersten Garnitur der VEGA. Nahezu jeder der Piloten hat irgendeinen Knacks weg. Die mysteriöse Unfallserie geht indes munter weiter – auch Brandis selbst macht unliebsame Bekanntschaft mit dem Geist in der Maschine.

_Eindrücke_

Die Geschichte ist ein kleiner Meilenstein innerhalb der Serie, denn die Figur des verwegenen Zigeunerpiloten Grischa Romen betritt erstmals die MB-Bühne. Heute würde man das übrigens wohl so nicht mehr schreiben, da es eigentlich – und nicht nur political correct – Sinti oder Roma heißen müsste. Wie dem auch sei, das etwas naiv-romantische Klischee des heißspornigen, fiedelnden Vagabunden des Alls erinnert irgendwie an Karl Mays Winnetou – auch dort wird dem edlen Weißen (hüben wie drüben mit deutschen Wurzeln) ein nicht minder edler „Wilder“ zur Seite gestellt. Grischa Romens Herkunft sowie seine musikalischen Fähigkeiten werden in vielen weiteren Romanen überdies noch häufiger Thema und nicht selten das Zünglein an der Waage sein, daher sei dieser Umstand hier auch so deutlich hervor gehoben.

Scheinbar hatte NvM nicht nur eine besondere Vorliebe für den Volksstamm aus der Puszta, sondern auch eine starke Aversion gegen Rassismus und diverse Vorurteile, gegen die er permanent anschreibt. Dabei bedient er sich grade für seine Hauptfigur ebensolcher, nämlich der allgemein als „typisch deutsch“ angesehenen Eigenschaften wie Pflichtbewusstsein, Gründlichkeit, Besonnenheit und ein gewisser Hang zur überzogenen Selbstkritik. NvM nennt Mark Brandis in seinen Büchern gelegentlich den „verdammten Preußen“, womit er sich eigentlich selbst charakterisiert, denn Autor und Figur sind fast untrennbare Zwillinge. Die verwendete Ich-Form passt daher sehr gut ins Gesamtbild. Auch wenn Brandis‘ teutonische Tugendhaftigkeit manchmal etwas moralisierend und over the top wirkt, so ist die Figur nicht minder sympathisch.

_Achtung: Spoilerwarnung!_

NvM behauptete stets kein richtiger SciFi-Autor zu sein. „Testakte Kolibri“ legt beredt Zeugnis darüber ab, dass daran viel Wahres ist. Kaum einer seiner MB-Romane ist vom Setup her so unplausibel bzw. unausgegoren wie dieser. Es ist u.a. nicht nachvollziehbar, dass trotz der sich häufenden Unfälle bei immer wieder der gleichen Wassertiefe die Tests nicht einfach schon einmal in seichtere Gewässer verlegt werden, wo ein eventuelles Absinken auf den Grund vergleichsweise ungefährlich wäre. Ein eigens für Notfälle vorgesehenes Rettungs-U-Boot kommt sowieso irgendwie immer zu spät, was ziemlich konstruiert anmutet. Ein einziges Mal schafft es die rechtzeitige Ankunft, wobei der Pilot in über 3000 Metern Wassertiefe von „Tauchern“ (!) heraus geholt und munter in die Mitte genommen wird. Das ist weder logisch noch physikalisch haltbar.

Auch ins All katapultierte Kolibris, zu denen die Funkverbindung abbricht und welche hernach nicht mehr geortet oder geborgen werden können, wollen nicht so recht einleuchten. In Zeiten, in denen insbesondere die VEGA einen dermaßen hoch entwickelten Fuhrpark hat, wäre es wohl sicher, dass ein schneller Raumer bei einem Prestigeobjekt dieser Größenordnung abgestellt würde, eventuelle Kolibri-Streuner zu verfolgen und nötigenfalls mit einem gezielten Schuss aufs Triebwerk zu stoppen. Es fallen selbst weniger technisch versierten Naturen bestimmt noch eine weitere Reihe von Maßnahmen ein, die den Bodycount erheblich hätten reduzieren könnten. Dies waren jetzt nur die Kardinalschnitzer, im Detail finden sich noch ein paar weitere – mehr oder weniger grobe – Ungereimtheiten. Das betrifft nicht nur die technische Seite, sondern auch den generellen Aufbau der Geschichte.

Natürlich übersteht Brandis selbst einen Unfall, wenig überraschend, als einziger lebend. Dass nichts anderes als Sabotage hinter der Unfallserie stecken muss, wird auch dem fantasielosesten Leser so schnell klar, dass man Brandis ob seiner anhaltenden Betriebsblindheit ein paar weckende Klapse auf den Hinterkopf geben möchte. Ungerührt geht das Zehn-kleine-Negerlein-Spielchen mit zum Teil arg überzogen spinnert-schrägen – zudem leider höchst stereotypen und schablonenhaften – Figuren im kleinen Inselcamp weiter und weiter. Und das so lange bis sich auch das letzte bisschen Dramatik abgenutzt hat und man dem Verlust eines jeden weiteren Kolibri allmählich schon fast mit einer gewissen Gleichgültigkeit begegnet. Wirkliche Tiefe will sich nicht einstellen – und beim hastig hingebastelt wirkenden Ende erst recht nicht.

_Spoiler Ende_

Wie man es bereits vom vorangegangenen Band 6 der Sammleredition her kennt, gibt es am Ende des Buches auch diesmal einen kleinen Extrabeitrag zur Serie. Dabei handelt es sich um die Illustration bzw. einen technischen Aufriss des Namen spendenden „Kolibri“-Mehrzweckfliegers. Keine leichte Aufgabe für den Illustrator, denn „offizielle“ Darstellungen gibt es nicht. Die Beschreibung im Buch beschränkt sich hauptsächlich auf das vage Attribut „flunderförmig“. Der kreative und professionell gestaltete Entwurf dazu ist nett anzuschauen. Allerdings könnten Pedanten anmerken, dass dieses Design für ein VTOL (Vertical Take Off and Landing – sprich: die bei MB ausnahmslos vorkommenden Senkrechtstarter) wohl allein schon von der Triebwerks- und Tragflächenanordnung her eher ungeeignet zu sein scheint.

_Fazit_

Es ist in vielerlei Hinsicht einer der unausgegorensten MB-Romane. Nikolai von Michalewskys teils bekannte Schwächen als SciFi-Autor treten hier auch vielleicht deswegen so deutlich hervor, da keine – sonst so treffende – Gesellschaftskritik die massiven Probleme beim Zusammenspiel von Story, Timing, Logik und Technik zu überdecken vermag. Von der flachen, oft sogar schmerzhaft pathetischen Figurengestaltung mal ganz zu schweigen. Somit ist dieser für die Serie glücklicherweise nicht repräsentative Band für Quereinsteiger zwar prinzipiell geeignet, jedoch nicht zu empfehlen. Fans werden ihn sich wahrscheinlich sowieso ins Regal stellen, sofern noch nicht geschehen.

|190 Seiten, Broschur
ISBN: 978-3-938065-40-2|

Classic Shop

MacBride, Stuart – Dark Blood

_Der Opfergang des Monsters, eine Tragikomödie_

Der Seniorenschänder Richard Knox aus Newcastle hat seine Gefängnisstrafe abgesessen, doch in seinem neuen Domizil am Rande Aberdeens wird er entdeckt und zum Objekt gewalttätiger Proteste. Die Aberdeen Cops müssen hinnehmen, dass ein Kommissar aus Newcastle „ein Auge auf die Dinge hat“. Als jedoch Knox verschwindet und Danby entführt wird, gerät die Lage völlig außer Kontrolle.

_Der Autor_

Stuart MacBride war schon alles Mögliche: Ein Grafikdesigner, dann ein Anwendungsentwickler für die schottische Ölindustrie und jetzt Kriminalschriftsteller. Mit seiner Frau Fiona lebt er in Nordostschottland. Seine Krimis um Detective Sergeant Logan McRae spielen in Aberdeen. Mehr Infos finden Sie unter [www.stuartmacbride.com]http:// www.stuartmacbride.com

|Werke:|

1) „Cold Granite“ (2005) = [„Die dunklen Wasser von Aberdeen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2917
2) „Dying Light“ (2006) = [„Die Stunde des Mörders“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3739
3) „Broken Skin“ (2007) = [„Der erste Tropfen Blut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4940
4) „Blind Eye“ = „Blinde Zeugen“
5) „Flesh House“ (2008) = [„Blut und Knochen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5792
6) „Halfhead“ (2009) – noch ohne dt. Titel
7) _“Dark Blood“_ (2010) – noch ohne dt. Titel
8) „Shatter the Bones“ (2011) – noch ohne dt. Titel

_Handlung_

Der Jahresanfang in Aberdeen ist diesmal saukalt, und ständig fegen Schneegestöber über Hügel, Straßen und Küste. Doch auch in diesem Dreckswetter soll Detective Sergeant Logan „Lazarus“ McRae nach einem Elektriker namens Steve Polmont suchen. Schließlich ist Steve so etwas wie der Neffe von Logans Vorgesetzter Detective Inspector Steel. Dieser lesbischen Hexe kann Logan einfach nichts entgegensetzen. Als rumpelt er jetzt mit seinem alten klapprigen Fiat auf die Baustelle, wo der Edinburgher Gangster Malcolm „Malk the Knife“ Maclennon mehrere hundert Reihenhäuser errichtet, mitten in Aberdeens grüner Lunge.

|Betonleichen|

Im ersten Anlauf findet Logan nur mehrere Hinweise, dass Steve Polmont vor ein paar Tagen verschwunden ist. Der Polier weint ihm keine Träne nach, weil Polmont angeblich einige Dinge mitgehen ließ. Dass Logan vom Handlanger des Poliers, einem verdächtigen Individuum mit einem Rottweiler, unsanft gedrängt wird, die Baustelle zu verlassen, macht ihn erst stutzig und dann ärgerlich. Er kommt mit einem Leichenhund wieder – und wird fündig.

Sehr zum Missvergnügen des Baustellenleiters lässt er mit Spezialwerkzeug einen ganzen Betonblock aus dem Fundament eines Hauses schneiden – und siehe da: Unter dem Klotz klebt eine Leiche. Die Gerichtsmedizinerin Isobel Macalister, Logans Ex und frischgebackene Mama, erklärt die Leiche für die von Steve Polmont. Aber wer hat den kleptomanen Elektriker auf dem Gewissen? Logan hat da einen leisen Verdacht …

|Der Schänder muss weg!|

Allerdings wird Logan einem anderen Team zugeteilt, das damit betraut ist, den entlassenen Häftling Richard Knox zu bewachen und zu bemuttern. Knox hat in Newcastle und den schottischen Lowlands mehrere Senioren geschändet, sodass ihn deren Angehörigen lieber tot als frei sehen, selbst noch nach Dutzend Jahren. Knox wählt als erstes Domizil das Haus seiner Großeltern. Angeblich hat er Gott gefunden. Er betet jedenfalls oft genug vor dem elektrischen Kaminfeuer.

Dem Kommissar, der aus Newcastle gekommen ist, erzählt er jedenfalls nichts über seine damalige Zeit. Danby hängt trotzdem herum, um „ein Auge auf die Dinge zu haben“, wie er behauptet. Doch auf die direkte Frage Logans antwortet er, Knox habe seinen Freund Billy Adams auf dem Gewissen, zumindest moralisch, wenn schon nicht physisch.

Doch von seinem Freund Colin Miller bei der Zeitung erfährt Logan eine ganz andere Story: Knox war der Kassenwart des Newcastler Gangsters „Mental Mikey“ und habe in dessen Auftrag mehrere Millionen Pfund beiseitegeschafft. Hinter diesem Nest-Ei seien jetzt einige Leute aus Newcastle her, nachdem Mental Mikeys gerade den Löffel abgegeben hat. Und wer weiß, denkt Logan: Vielleicht will ja auch DSI Danby seinen Schnitt dabei machen.

|Doppelter Verschwindeakt|

Während vier Cops auf Richard Knox aufpassen, soll Logan eine rätselhafte Überfallserie auf Juwelierläden sowie das Auftauchen von Falschgeld und gefälschten Waren aufklären. Das hält ihn einigermaßen auf Trab, doch unversehens geraten die Dinge an der Medienfront außer Kontrolle: Als Colin Miller den Aufenthaltsort von Richard Knox von dessen alter Englischlehrerin erfährt, weiß es sofort ganz Aberdeen. Die Protestmenge versammelt sich, gibt sich aber schon bald nicht mehr mit Protest zufrieden: Benzinbomben fliegen, kurz nachdem Knox unter Bewachung das Haus verlassen hat.

Unter dem Bildmaterial, das die Medienmeute geschossen hat, stößt Logan auf zwei bekannte Gesichter: Es sind die Angehörigen von zweien der Opfer. Späte Rache – oder steckt mehr dahinter? Als erst Knox aus dem neuen Versteck verschwindet und dann auch noch DSI Danby aus seinem Hotel entführt wird, gerät die Lage vollends außer Kontrolle. Und Detective Inspector Steel ist unabkömmlich, weil gerade das erste Kind ihrer Lebenspartnerin zur Welt kommt, eine Frühgeburt.

Offensichtlich ist wieder alles der Initiative von DS Logan McRae überlassen, um einen Fall nach dem anderen aufzuklären, inklusive eines Showdowns auf jener unheilvollen Baustelle …

_Mein Eindruck_

„Dark Blood“ soll eigentlich eine Geschichte über ein Monster sein. Das Monster ist Richard Knox, der sich an mehreren älteren Herren sexuell vergangen haben soll. Nun ist Knox freigelassen worden und diverse Herrschaften der zwielichtigen Unterwelt – aber auch andere – hätten gerne mal ein Wörtchen mit ihm gesprochen. Das ist eine der vier Seiten im Umgang mit einem Monster: Man will es entweder benutzen, heilen, wegsperren oder töten. Alle vier Aspekte sind im Buch zu finden, so etwa der gewalttätige Protest der Menge vor Knox‘ Haus.

Während sich die Cops aufgeregt auf diesen Protest konzentrieren und dümmlich durch die ausgebrannte Ruine des Hauses stolpern, sollten sie sich viel besser um die unsichtbare Gefahr kümmern: um jene Leute, die das Monster für ihre Zwecke benutzen wollen. Die Schwierigkeit der Cops dabei besteht allerdings darin, diese Leute überhaupt zu erkennen. Dummerweise sind die meisten Cops derartig betriebsblind und in eigene Querelen verstrickt, dass sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Als die Katastrophen hereinbrechen, kommt natürlich jede Vorkehrung zu spät.

Diesen Mechanismus kann man mit einem weinenden Auge beklagen und anprangern (das erledigt bereits Colin Miller in der Tageszeitung) oder verlachen. Dazu verleitet uns der Autor in seiner Geschichte. Die besten Cops wie etwa Logan McRae werden von ihren Vorgesetzten zusammengestaucht, wenn sie auch nur die geringste Initiative zeigen, und getadelt, wenn sie die Vorschriften verletzen.

Nicht genug damit, gibt es in der Truppe auch Pappenheimer, die sich Lorbeeren verdienen wollen und dafür über Leichen gehen. Einer dieser Saubermänner fälscht beispielsweise McRaes Unterschrift, um sein verhängnisvolles Treiben zu tarnen. Verständlicherweise ist McRae stocksauer, als er dies herausfindet, und will dem Saubermann an die Wäsche. Dafür gibt es einen Rüffel für unkollegiales Verhalten.

Während sich die Cops ständig selbst ein Bein stellen und McRae wie Don Quichotte gegen Windmühlen kämpft, machen sich die bösen Jungs über Knox und Danby her. Dieses Trio begleitet die Handlung ständig. Aber der Leser darf sich vom Autor nicht an der Nase herumführen lassen. Das Denken in Klischees wird vom Autor regelmäßig mit bösen Überraschungen bestraft. Die bösen Jungs entpuppen sich als die Guten – sofern es das überhaupt gibt.

So scheint DSI Danby zu den Kerlen mit den weißen Hüten zu gehören. Aber auch er will nur Knox dazu benutzen, an die Millionen von Gangsterboss Mental Mikey heranzukommen. Dies macht ihn zumindest zu einem Angehörigen der Grauzone. Merke: So wie die Cops um McRae nur Menschen sind, so trifft dies auch für Egoisten in den oberen Rängen zu. Jeder will sein Pfund Fleisch von Knox abhaben, egal ob der nun ein Monster ist oder nicht. Die Welt ist, wie sie ist: egoistisch, voller Täuschungen und stets darauf aus, dir ein Bein zu stellen. Selbst der Showdown findet in einem wütenden Schneesturm statt.

|Humor ist, wenn man trotzdem lacht|

Aber es kann auch lustig zugehen – wenn man schottischen Humor mag. Und der kann ganz schön sarkastisch und schräg sein. So befragt McRae in einer wundervollen Szene einen mutmaßlichen Juwelendieb in dessen schäbigen Wohnwagen. Danny Saunders lebt mit seiner Freundin Stacy Gardner zusammen, die ein Kind erwartet. In einer nahezu bizarren Entwicklung von Klamauk-Horror stellt sich nicht nur Danny als hammerschwingender Polizistenschreck heraus, sondern auch die harmlos erscheinende Stacy. Eine Bratpfanne schwingend versetzt sie Logan McRae eins auf die Rübe, bis er seinem zweiten Vornamen „Lazarus“ alle Ehre machen muss.

Ein weiteres Dauerelement, das für Ironie sorgt, ist McRaes Vaterschaft. Oh ja, in „Blind Eye“ hat er sich von seiner Chefin Steel dazu „überreden“ lassen, ihrer Lebensgefährtin Susan, die niemals selbst auftritt, ein Kind zu machen. Während Steel eifersüchtig und neidisch auf seine Zeugungsfähigkeiten ist, wacht sie mit Argusaugen über die Schwangerschaft ihrer Ehefrau Susan. Bis dann endlich der große Tag der, äh, Früh-Geburt kommt und Steel fortan unabkömmlich im Krankenhaus über „ihr“ Erstgeborenes wacht. McRae hat Glück, dass er zur Begutachtung des Ergebnisses eingeladen wird. Voilà, dies ist Jasmine! Na, stolz?

_Unterm Strich_

„Dark Blood“ hat mich zunächst dadurch enttäuscht, dass es längst nicht die emotionale Wucht von „Flesh House“ entfaltet. Die Fälle von Richard Knox und Steve Polmont scheinen eher der skurrilen Art des Verbrechens anzugehören. McRaes Verfolgung von Lappalien wie Falschgeld, Juwelenraub und gefälschten Markenartikeln wirkt auch nicht gerade schwerwiegend und zielführend.

Im Gegenteil: Sie wirken eher ablenkend, so als ob die zentrale Story um die Entführung von Knox und Danby vom Autor als zu dünn erachtet wurde, um einen Roman komplett zu tragen. Glücklicherweise hängt einiges zusammen, und im Rahmen des Polizeialltags dürfen auch Lappalien nicht fehlen. Sie dienen der Auflockerung, leider lenken sie auch vom Wesentlichen ab.

Allerdings erklären sie, wieso McRae, unser Held à la Don Quichotte, ständig Zusammenhänge übersieht, Botschaften missversteht, Nachrichten unterdrückt und ignoriert und auch sonst überaus unzureichend erscheint. Der Autor scheint der Meinung zu sein, dass auch Cops wie McRae nur allzu menschlich sind. Sie sind keine einzelgängerischen Übermenschen wie Inspector Rebus oder andere Superschnüffler. Ganz im Gegenteil: Allzu oft kommen sie unter die Räder. Und am Schluss wird McRae natürlich – wieder mal – gekreuzigt. Buchstäblich.

|Taschenbuch: 469 Seiten
ISBN-13: 978-0007244621|
[www.harpercollins.com]http://www.harpercollins.com

Döring, Oliver – Don Harris, Psycho-Cop – Triaden-Terror (Folge 8) (Hörspiel)

_|Don Harris – Psycho Cop|:_

Folge 1: [„Das dritte Auge“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3907
Folge 2: [„Der Club der Höllensöhne“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3922
Folge 3: [„Das schwarze Amulett“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6690
Folge 4: „Das Erbe der Wächter“
Folge 5: [„Das Killer-Kommando“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6701
Folge 6: [„Das Glastonbury-Rätsel“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6709
Folge 7: [„Drei Gräber in Sibirien“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6711
Folge 8: _“Triaden-Terror“_

_Story:_

Als Don Harris in seiner Wohnung einen geflochtenen Seidenschal entdeckt, scheint ihm die Botschaft unmissverständlich. Die Triaden haben es auf den Psycho-Cop abgesehen, doch Don kann den aktuellen Affront absolut nicht deuten. Sein Kollege Terry Sheridan empfiehlt den Kontakt zu seiner Bekannten Li, die im Stammlokal des ESI-Agenten arbeitet und dort zu einer engen Vertrauten Sheridans gereift ist. Doch schon der erste Besuch bei Li entwickelt sich zum inszenierten Schlachtfeld: Ein Gaunertrupp der asiatischen Mafia zerlegt das Restaurant und richtet die volle Aufmerksamkeit auf Harris. Doch die Spuren verwischen sich, denn im Eifer des Gefechts werden die Zeugen ermordet, und auch Elliot Hackman, der als Anwalt der erschossenen Ganoven auftritt, scheint nicht durchsichtig genug, um den Ursprung des Verbrechens zu analysieren. Erst als weitere Opfer erbracht werden müssen und Li in Gefangenschaft von Dons neuen Häschern gerät, lichtet sich das Dunkel – doch es scheint ganz so, als würde der Blutzoll der Triaden noch nicht ausreichend entlohnt worden zu sein …

_Story:_

Erzähler – Douglas Welbat
Don Harris – Dietmar Wunder
Elektra – Claudia Urbschat-Mingues
Terry Sheridan – Gerrit Schmidt-Foss
Jack O’Donnell – Bernd Rumpf
Elliot Hackman – Oliver Stritzel
Li – Tanja Geke
Stevens – Martin Kessler
Tan Lu – Thomas Petruo
Zhu De – F.G. Beckhaus

Buch: Gerry Streberg & Oliver Döring
Regie: Oliver Döring
Seounddeisgn & Schnitt: ear2brain productions
Produktion: WortArt / AS Hörspiel GmbH
Realisation: Pe Seimon
Illustration: Vladimir Bondar
Artworkgestaltung: Friedemann Weise
Product Management: dp
Musik: Universal Publishing Production Music GmbH

_Persönlicher Eindruck:_

‚Na also, geht doch!‘, werden sich Liebhaber des Psycho-Cops Don Harris dieser Tage sagen. Nachdem die Hörspielproduktion um Dörings zweiten Liebling eine gefühlte Ewigkeit auf Eis lag und der Release-Rhythmus nach einjähriger Pause ziemlich ins Wanken geraten war, legen die Macher der Audio-Fassung im Herbst nun direkt doppelt nach. Ein knapper Monat ist seit der Veröffentlichung des waghalsigen und vor allem actionreichen Sibirien-Trips des Protagonisten vergangen, nun kämpft Harris auch schon wieder an vorderster Front, und zwar gegen einen weiteren Frischling in der Reihe, der mal wieder vollen Einsatz auf Seiten des Psycho-Cops fordert. Und es dauert auch nicht lange, bis sich das Gefühl herausbildet, die Sprecher und Hintergrundakteure hätten eine ganze Menge Schwung mitgenommen, um das Comeback (im kleinen Rahmen) mit richtig viel Elan anzugehen.

Dabei ist die aktuelle Story inhaltlich eher gewöhnlich, vielleicht an manchen Stellen reißerisch, in diesem Sinne aber definitiv nicht spektakulär. Der Kampf gegen die Triaden ist ein bekanntes Motiv für eine Action-Story, und im Falle von „Don Harris“ geschehen eigentlich auch kaum Dinge, die hier vom traditionellen Schema abweichen. Selbst Harris‘ Visionen, die ihn einige Male retten und vor den jeweiligen Anschlägen warnen, sind nur kleine Ergänzungen zu einer temporeichen Erzählung, aber nichts Außergewöhnliches, was den Plot jetzt aus dem bekannten Raster heraustrennen könnte.

Stattdessen liegt es einmal mehr an den Sprechern, aus dem Standard eine Top-Story herauszuschlagen, was diesmal vor allem dem Hauptdarsteller mit einem superben, sehr souveränen Auftritt gelingt. Harris steht in Episode Nr. 8 nicht mehr im Schatten seiner Partnerin Elektra, die in „Triaden-Terror“ lediglich für einen Kurzeinsatz abgerufen wird. Aber auch Terry Sheridan, der erstmals im Zentrum des Geschehens geparkt wird und sich in dieser Ausgangssituation wirklich prächtig verkauft, wird von Gerrit Schmidt-Foss würdig vertreten und seiner Hauptrolle vollends gerecht.

Schade ist lediglich, dass die Geschichte in vielen Passagen zu stark vorhersehbar ist und die überraschenden Momentaufnahmen nicht in dem Maße ausgereizt werden, dass es der Spannung wirklich zuträglich wäre. Auch die Verbindung zu den Höllensöhnen, die hintergründig ebenfalls ihre Finger in der Sache haben, wird nicht ganz befriedigend ausgearbeitet, sondern dient hier nur dem Zusammenhalt des in den ersten sieben Episoden mühsam aufgebauten Gesamtkonstrukts. Aber auch das geht in Ordnung, hätte aber nicht zwingend in die Handlung eingeflochten werden müssen.

Schließlich ist „Triaden-Terror“ ein gutes Hörspiel, ein solider Vertreter einer zumeist überzeugenden Serie, vielleicht nicht herausragend in seiner Ausarbeitung, aber definitiv unterhaltsam und mit einer angenehmen Geschwindigkeit versehen. Man hat Don Harris und sein Team zwar schon spektakulärer in Action gesehen; aber das hohe Tempo, die toll aufgelegten Sprecher und die knallharten inhaltlichen Wendungen entschädigen für all das, was unter der Überschrift ‚Spektakel‘ nicht vollkommen abgerufen wird!

|Audio-CD mit 49 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 0602527369945|
[www.universal-music.de]http://www.universal-music.de
[www.folgenreich.de/donharris]http://www.folgenreich.de/donharris

Minninger, André – Hanni & Nanni: Das Original-Hörspiel zum Film

_Story:_

Hanni und Nanni haben es nicht leicht: Ständig den Erwartungen ihrer Mitschülerinnen unterworfen nutzen sie ihr Zwillingsleben hin und wieder dazu, den Leuten in ihrer Umgebung einen Streich zu spielen und ihre gravierende äußerliche Ähnlichkeit zu missbrauchen. Als hierbei eines Tages ein Diebstahl im Kaufhaus begangen wird, in dem die beiden Schwestern just zuvor ihren Schabernack getrieben haben, kommt es für Hanni und Nanni knüppeldick: Auf Empfehlung ihrer Schule werden die beiden in das streng geführte Mädcheninternat ‚Lindenhof‘ verwiesen, wo das Zwillingspärchen zunächst absolut keine Akzeptanz findet – aber auch nicht darum kämpfen mag. Erst als ihre neuen Freundinnen wahrnehmen, dass die hitzköpfige Hockey-Dauerbrennerin Hanni und ihre ambitionierte, musikinteressierte Schwester Nanni ein echter Gewinn für das Eliteinternat sind, wendet sich das Blatt. Doch dann erfolgt eine plötzliche Wende; der Diebstahl wurde aufgeklärt und Hannis beste Freundin Oktavia als Täterin entlarvt. Für die Mädchen bedeutet dies eine Rückkehr in ihre alte Schule – doch davon sind die beiden plötzlich gar nicht mehr so begeistert …

_Sprecher:_

Erzähler – Lutz Mackensy
Hanni – Sophia Münster
Nanni – Jana Münster
George Sullivan – Heino Ferch
Jule Sullivan – Anja Kling
Frau Theobald – Hannelore Elsner
Frau Mägerlein – Suzanne von Borsody
Mademoiselle Bertoux – Katharina Thalbach
Rüdigeer Hack – Oliver Pocher
Direktor Werner – Joram Voelklein
Jenny – Zoe Thurau
Erika – Aleen jana Kötter
Suse – Lisa Vicari
Kathrin – Ricarda Zimmerer
Oktavia – Emelie Kundrun
Antonia – Eva Haushofer
Linda Turn – Davina Schmid
Sophia – Franca Bolegno
Winni – Amina Heinemann
Letitia – Maxine Göbel
Silke – Sophia Thomalla

Drehbuch: Adnré Minninger
Redaktion: Hilla Fitzen
Regie: Heikedine Körting
Musik: Alex Geringas & Joachim Schlüter

_Persönlicher Eindruck:_

Enyd Blytons beliebte Kinderbuchfiguren in einem moderneren Setting: Das schien im Zeitalter der Remakes auf Dauer unvermeidlich. Und dennoch hätte „Hanni & Nanni“ nicht einfach bloß ein zeitgemäßes Märchen mit vielen witzigen Pointen sein dürfen; die Erwartungen waren berechtigt groß, denn immerhin ging es darum, zwei der populärsten Figuren der Mädchenbuch-Literatur in einer Art und Weise in Szene zu setzen, die dem Original gerecht wird, gleichzeitig aber auch in die Jetztzeit passt.

In diesem Sinne muss man den Machern des gleichnamigen Kinostreifens also durchaus zugestehen, einen sehr guten Job gemacht zu haben, auch wenn die sprachliche Performance in manchen Passagen wieder übermäßig reißerisch erscheint. Ganz nach dem Vorbild der wilden Fußball-Kerle greifen in den Dialogen Facetten, die bei Teilen des jugendlichen Publikums sicher gut ankommen werden, die inhaltlich aber nichts weiter sind als erzwungene Phrasen, auf die man zumindest phasenweise gut hätte verzichten können. Allerdings gehört genau diese Entwicklung wohl auch ganz klar in das aktuelle Jahrzehnt, wobei man auch an dieser Stelle wieder bedauern muss, dass mit solchen Stilmitteln versucht wird, einige erzähltechnische Defizite auszugleichen – zumal die Erzählung als solche wirklich lückenlos gut ist.

Sieht man nämlich mal davon ab, dass die Entwicklungen innerhalb des Plots zu großen Teilen vorhersehbar sind und es bei Weitem nicht viele Optionen gibt, in welche Richtung die gegenläufigen Entscheidungen der beiden Schwestern laufen, ist die Inszenierung spannend aufbereitet und in vielen Passagen witzig transferiert. Die Szene, in der Hanni beispielsweise das Internat heimlich verlässt, während Nanni parallel dazu im Waschraum und Musikunterricht zugegen sein soll, hat etwas von besonderer Situatuionskomik und beschreibt wohl auch das, wofür Filme und allgemein Produktionen mit Zwillingsgeschwistern seit jeher stehen. Und genau diese Szene zeigt auch charakteristisch für viele andere Parts im Hörspiel, dass der Transfer der klassischen „Hanni & Nanni“ prima funktioniert hat, dass man sich einerseits nicht anbiedert, andererseits aber wirklich die elementaren Stränge des Originals adaptiert, um eine lose, aber immerzu notwendige Verbindung herzustellen.

Natürlich hat die moderne Fassung – und hier landen wir schließlich wieder im Lichtspielhaus – diverse Tücken, die unabdingbar mit der Erwartungshaltung der angesprochenen Zielgruppe zusammenhängt. Und wieder ist es die Sprache, aber auch Utensilien wie Laptops, Smartphones etc., von denen Enyd Blyton zu Lebzeiten nicht mal hatte ahnen können, dass sie eines Tages die Jugend bestimmen könnten, die natürlich einzelne Zweifel an der Authentizität der Adaption offenlegen. Aber in diesem Sinne sei darauf verwiesen, dass der Anspruch heuer ein anderer ist – und dass die Macher von Film und Hörspiel diesem in nahezu allen Belangen gerecht werden. Im Zweifelsfall ist die audiovisuelle Version zwar vorzuziehen; aber das Hörspiel als Ergänzung für unterwegs ist durchaus eine nette Sache!

|Audio-CD mit 79 Minuten Spieldauer
ISBN-13 0886976870126|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de

Dark, Jason – John Sinclair – Das Erbe des Schwarzen Tods (Folge 59) (Hörspiel)

_Verhängnis aus Atlantis: die Sense des Todes_

„Geisterjäger“ John Sinclair ist Oberinspektor in einer Sonderabteilung von Scotland Yard, die sich mit übersinnlichen Fällen befasst. Sinclair wird von einem Kreuz beschützt und gewarnt, das vom Propheten Hesekiel selbst stammt. Zur doppelten Sicherheit trägt er auch eine Beretta-Pistole mit sich, die mit Silberkugeln geladen ist. Werwölfe und ähnliches Gelichter mögen so etwas gar nicht. Heißt es.

Folge Nr. 59 entspricht dem Band 199 der Bastei-Heftromanserie.

Die Hörspiele dieser Reihe sind Vertonungen der gleichnamigen Bastei-Heftserie. Mit der Folge 60 feiert die Hörspielreihe ein weiteres Jubiläum – mit einem Online-Gewinnspiel. Der Verlag empfiehlt sein Werk ab 16 Jahren.

_Der Autor_

Der unter dem Pseudonym „Jason Dark“ arbeitende deutsche Autor Helmut Rellergerd ist der Schöpfer des Geisterjägers John Sinclair. Am 13. Juli 1973 – also vor 37 Jahren – eröffnete der Roman „Die Nacht des Hexers“ die neue Romanheft-Gruselserie „Gespenster-Krimi“ aus dem Hause Bastei. Inzwischen sind über 1700 John-Sinclair-Romane erschienen, die Gesamtauflage der Serie beträgt laut Verlag über 250 Millionen Exemplare.

_Die Sprecher/Die Inszenierung_

Frank Glaubrecht spricht den Geisterjäger himself und ist die deutsche Stimme von Al Pacino.
Joachim Kerzel, die deutsche Stimme von Jack Nicholson und Dustin Hoffman, spricht den Erzähler.
Suko: Martin May
Sir James Powell: Karlheinz Tafel
Glenda Perkins: Ilya Welter
Bill Conolly: Detlef Bierstedt
Sheila Conolly: Daniela Hoffmann (Stimme von Julia Roberts)
Johnny Conolly: Frederik Döring
Myxin: Eberhard Prüter
Kara: Susanna Bonaséwicz
Erik Hansen: Simon Jäger (Stimme von Josh Hartnett, James Duvall, Balthazar Getty, River Phoenix u.a.)
Harry Cumberland: Peter Flechtner
Gil Meier: Oliver Kalkofe
Cliff: Jan Spitzer
Zack Zacharry: David Nathan (Stimme von Johnny Depp u.v.a.)
Phil Green: Ingo Albrecht
Dschinn: Jörg Hengstler
Charles: Ingo Oschmann
Ansage: Fred Bogner

_Der Regisseur_

… ist Oliver Döring, Jahrgang 1969, der seit 1992 ein gefragter Allrounder in der Medienbranche ist. „Als Autor, Regisseur und Produzent der John-Sinclair-Hörspiele hat er neue Maßstäbe in der Audio-Unterhaltung gesetzt und ‚Breitwandkino für den Kopf‘ geschaffen“, behauptet der Verlag. Immerhin: Dörings preisgekröntes Sinclair-Spezial-Hörspiel „Der Anfang“ hielt sich nach Verlagsangaben wochenlang in den deutschen Charts.

Buch und Regie: Oliver Döring
Realisation: Patrick Simon
Tontechnik und Schnitt: ear2brain productions
Hörspielmusik: Christian Hagitte, Simon Bertling, Florian Göbels
Produktion: Alex Stelkens (WortArt) und Marc Sieper (Lübbe Audio)

_Handlung_

Zack Zacharry ist ein Forscher und lässt sich in der Antarktis von Cliff herumkutschieren. Sie stoppen mitten im Schneesturm, als Zack eine grüne Wolke erspäht. Eine grüne Wolke, die sich gegen die Windrichtung auf sie zubewegt! Der Schnee beginnt grün zu leuchten. Weil das Schneemobil feststeckt, müssen sie aussteigen, um es freizuschaufeln. Staunend stellen sie fest, dass der Wind zu pfeifen aufhört. Ein merkwürdiges Geräusch erklingt – wie von einer gigantischen Sense. Dann spürt Zack, wie etwas Scharfkantiges aus Metall mit großer Wucht in seinen Körper fährt …

Unterdessen in London. John Sinclair flucht über den Bericht, den er für Sir Powell schreiben soll. Da lässt ihn der Chef zu sich rufen, und zusammen mit Suko vernimmt John die erstaunliche Nachricht, dass am Südpol ein Forscher zusammen mit seinem Fahrer tot aufgefunden worden sei. Die Wunden stammen entweder von einem großen Schwert, einer Machete oder einer Sense. John erinnert sich an die Waffe, die der Schwarze Tod benutzte, den er besiegte. Statt hinzufliegen sollen John und Suko lieber das Medium Kara und ihren Freund Myxin kontaktieren.

Wenig später am stürmischen Kap Hoorn, an der Südspitze Lateinamerikas. Kapitän Phil Green lässt alle Schotten der „Lucky Bay“ dichtmachen. Da bemerkt sein Funktechniker etwas Merkwürdiges auf dem Radarschirm: Etwas bewegt sich gegen die Windrichtung auf das Schiff zu. In Greens Fernglas lässt sich ein grünliches Leuchten erspähen. Und ist da etwa eine Fratze in der Wolke? Doch selbst nach einer Kursänderung folgt ihnen die grüne Wolke. Schon bald befinden sie sich auf Kollisionskurs. Das Radar fällt aus, das Funkgerät ebenso. Die Fenster zerbersten, und eine riesige Sense fegt über die Brücke …

In der Nähe von London wohnen Bill und Sheila Conolly, John Sinclairs Freunde, mit ihrem Sohn Johnny zusammen in einem gemütlichen Heim. Denken sie. Bill stellt die Möbel um, damit Kara und Myxin einen Landeplatz im Wohnzimmer haben. Sheila macht Bills Verhalten nervös. Und er hat eine Waffe. Sie zuckt zusammen, als Geheul erklingt. Bill geht hinaus auf Veranda und Rasen. Er erblickt zwei helle Augen, die sich dem Bannkreis weißer Magie nähern, und ein Knurren: ein Wolf! Sheila ruft nach ihm, doch Bill warnt sie, im Haus zu bleiben. Der Wolf lässt sich durch den Bannkreis nicht davon abhalten, Bill zu Boden zu werfen und ihm an die Gurgel zu fahren …

Nur drei Mann überleben die Katastrophe auf der „Lucky Bay“. Harry Cumberland, ein erfahrener Seemann, lenkt das Rettungsboot, in dem Eric und Gil sitzen, auf eine Insel zu, die er erspäht hat. Sie betreten einen kahlen, leeren Strand unter den Uferfelsen. Noch ahnen sie nichts von den Schrecken, die diese Insel birgt …

Als John und Suko bei den Conollys eintreffen, hören sie die Schreie und eilen in den Bannkreis, um dem am Boden liegenden Bill beizustehen. John zielt auf den Wolf. Doch auch Kara und Myxin sind per Teleportation eingetroffen; sie gebieten John Einhalt: „Nicht schießen!“ Kara erklärt, dass es sich nicht um einen gefährlichen Werwolf handle, sondern um eine Inkarnation von Nadine Bergers Seele (siehe Folge 55, „Fenris, der Götterwolf“). John liebte Nadine einst sehr und trauert immer noch um sie.

Die Wölfin ist gekommen, um John vor großer Gefahr zu warnen. Keinen Augenblick zu früh, denn schon können die Gefährten eine grüne Wolke erblicken, die sich über London bildet und sich in ihre Richtung bewegt. Das verheißt nichts Gutes, und John meint, ein leises Zischen wie von einer Sense zu vernehmen …

_Mein Eindruck_

Die zwei Handlungsstränge führen zu verschiedenen Erkenntnissen und liefern gleich zwei Showdowns. Was die drei Schiffbrüchigen auf der Insel bei Feuerland antreffen, ist ein Lager von Zombies – und das Hauptquartier der Mord-Liga. Das wird in späteren Folgen noch von Bedeutung sein, wie der Schluss vermuten lässt.

Viele eindrucksvoller ist jedoch die Konfrontation auf dem Grundstück der Conollys. Offensichtlich hat es der Sensenschwinger ausschließlich auf John Sinclair abgesehen, der den Schwarzen Tod besiegt hat. Dessen Tod will der Dschinn, der sich als Erbe des Getöteten versteht, blutig rächen. Da gerät er aber an den Falschen. Der Dschinn, ein Wesen aus Atlantis, mag ja eine riesige Sense zur Hand haben, doch John hat ja bekanntlich sein heiliges Kreuz, das allerlei Höllengezücht abwehrt. Äh, wenn er es nicht gerade verlegt hat, so wie jetzt zum Beispiel.

Doch es ist ja nicht das erste Mal, dass John quasi mit heruntergelassenen Hosen erwischt wird. Es muss schon ein wenig brenzlig werden, bevor der Sieg nahe ist. Außerdem: Wozu hat John denn seine Freunde dabei? Eben. Die heruntersausende Sense gibt Suko Gelegenheit, wieder mal seinen weltberühmten Zaubertrick mit der gestoppten Zeit vorzuführen. Nein, damit ist kein Hundertmeterlauf gemeint, sondern der Zeitstopp, den er mit einem magischen Stab veranlasst, den ihm irgendwelche tibetanischen Weisen geschenkt haben.

Gegegn Dschinns, also Geistwesen, helfen bekanntlich weder geweihte Kugeln noch Bazookas. Deshalb braucht John unbedingt sein geweihtes Kreuz. Es müsste hier irgendwo rumliegen, oder? Wie gut, dass die Wölfin jetzt an John Seite wacht. Nadine Berger sorgte schon zu Lebzeiten gut für ihren John, nun kann sie ihm auch diesmal hilfreich beistehen – durch Apportieren beispielsweise.

_Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Macher der „Geisterjäger“-Hörspiele suchen ihren Vorteil im zunehmend schärfer werdenden Wettbewerb der Hörbuchproduktionen offensichtlich darin, dass sie dem Zuhörer nicht nur spannende Gruselunterhaltung bieten, sondern ihm dabei auch noch das Gefühl geben, in einem Film voller Hollywoodstars zu sitzen. Allerdings darf sich niemand auf vergangenen Lorbeeren ausruhen: Bloßes Namedropping zieht nicht, und So-tun-als-ob ebenfalls nicht.

Die Sprecher, die vom Starruhm der synchronisierten Vorbilder zehren, müssen selbst ebenfalls ihre erworbenen Sprechfähigkeiten in die Waagschale werfen. Zum Glück tun Pigulla, Kerzel, Glaubrecht und Co. dies in hervorragender und glaubwürdiger Weise. Statt gewisse Anfänger zu engagieren, die mangels Erfahrung bei den zahlreichen emotionalen Szenen unter- oder übertreiben könnten, beruht der Erfolg dieser Hörspielreihe ganz wesentlich darauf, dass hier zumeist langjährige Profis mit schlafwandlerischer Sicherheit ihre Sätze vorzutragen wissen.

Übertriebene Ausdrucksweisen heben die Figuren in den Bereich von Games- und Comicfiguren. Das kann bei jugendlichen Hörern ein Vorteil sein. Die Figuren schreien wütend, fauchen hasserfüllt oder lachen hämisch. Besonders unheimlich ist die Darstellung des Spuks, eines wirklich mächtigen Dämons. Leider erfahren wir rein gar nichts über seine Herkunft und Entstehung. Auch alle anderen Figuren muss der Hörer bereits kennen, um sie zuordnen zu können. Aber als Fan der Serie kennt man ja Jane Collins, Sinclair, Glenda Perkins, Kara, Myxin usw. bereits.

|Geräusche|

Die Geräusche sind genau die gleichen, wie man sie in einem halbwegs realistischen Genre-Spielfilm erwarten würde, und die Geräuschkulisse wird in manchen Schlüsselszenen recht stimmungsvoll aufgebaut. Insbesondere die Szenen im Garten der Conollys sind akustisch recht eindrucksvoll umgesetzt. Vom Zischen der Sense über die auffälligen Schüsse und Schreie bis hin zum absoluten Sound Overkill, wenn die Macht des Kreuzes auf die Kraft der Sense trifft – Explosionen, die auf einer leistungsfähigen Anlage die Wände zum Wackeln bringen können. So haben wir das gern!

Das Kontrastprogramm dazu bietet das Hörspiel ebenfalls. Die drei Überlebenden der „Lucky Bay“ geraten nämlich in eine unheimliche Szenerie. Leise Töne sind hier angesagt, geflüsterte, verzweifelte Dialoge – und zombiemäßiges Röcheln, Knurren und schließlich Blutspritzen … Während der Showdown in Conolly Garten recht archaisch anmutet, liefert das Geschehen bei Kap Hoorn entsprechend moderne Geräusche: Funksprüche, Motorengeräusche, eine SOS-Rakete und dergleichen mehr.

|Musik|

Die Musik gibt ziemlich genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und leitet in den kurzen Pausen bzw. Übergängen gleich zur nächsten Szene über. Sie wurde von einem Orchester eingespielt, und so entsteht der Eindruck, die Begleitmusik zu einem alten Hollywood- oder British Horror Movie zu hören.

Stets gibt die Musik genau die vorherrschende Stimmung einer Szene wieder und ist mit einem klassischen Instrumentarium produziert. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Titelmelodie der Serie erschallt in einem hämmernden Rock-Rhythmus aus den Lautsprecherboxen. Sehr sympathisch.

Musik, Geräusche und Stimmen wurde so fein aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Dabei stehen die Dialoge natürlich immer im Vordergrund, damit der Hörer jede Silbe genau hören kann. An keiner Stelle wird der Dialog irgendwie verdeckt.

|Booklet|

… enthält im Innenteil Angaben über die zahlreichen Sprecher, die Macher sowie sämtliche Hörfolgen. Auf der letzten Seite weist der Verlag auf den offiziellen JOHN-SINCLAIR-Song „CAIN – Age of Darkness“ hin, der „auf allen bekannten Musik-Downloadportalen“ zur Verfügung stehe.

_Unterm Strich_

In einem reizvollen Wechselspiel von Kontrasten führt diese Episode von Sinclairs Abenteuern zwei separate Handlungsstränge zu ihrem jeweils spektakulären Ende. Der Aufbau der Spannung durch Rätsel einerseits und Horror andererseits lässt den Zuhörer bei der Stange bleiben. Er wird durch einen explosiven Showdown in London belohnt und durch die Ereignisse auf der Feuerlandinsel neugierig auf die Fortsetzung gemacht.

Die Andeutung, dass Atlantis unter dem Südpol zu vermuten ist, machte mich ebenfalls stutzig. Wer weiß, was noch alles unter den tauenden Eismassen verborgen liegt – man hat bereits einen der größten Seen der Welt dort entdeckt. Und Lovecraft wusste in „Berge des Wahnsinns“ von weit faszinierenderen Dingen zu berichten – und sie versprechen nicht geringeren Horror als eine Sinclair-Folge.

|Das Hörspiel|

Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Hollywoodstars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Die Action kommt niemals zu kurz, was die Game-Freunde doch einigermaßen zufriedenstellen sollte.

|Audio-CD mit ca. 56 Minuten Spieldauer
ISBN-13: 978-3-7857-4238-9|
[www.sinclair-hoerspiele.de]http://www.sinclair-hoerspiele.de
[www.wortart.de]http://www.wortart.de

Noch mehr über |John Sinclair| finden Sie in unserer [Rezensionsdatenbank]http://www.buchwurm.info/book .

Paul W. Catanese – Der gefundene Junge (Die Bücher von Umber 1)

Die Handlung:

Als Hap in einer Höhle erwacht, kann er sich an nichts erinnern – nicht einmal daran, wer er ist. Auch der Mann, der sich seiner annimmt, ist ihm unbekannt: Lord Umber, Abenteurer, Erfinder und königlicher Berater. Mit Boroon, einem Wal, der zugleich ein U-Boot ist, bringt Lord Umber ihn nach Kurahaven. Als sie versuchen, etwas über Haps Vergangenheit herauszufinden, stoßen sie auf merkwürdige Dinge. Zum Beispiel kann Hap alle Bücher lesen, egal, in welcher Sprache. Und dann ist da noch diese unheimliche Kreatur, die Hap auf den Fersen ist. (Verlagsinfo)

Mein Eindruck:

Dies ist der erste Teil der „Umber“-Serie. Denn, so interessant das Schicksal des jungen Happenstance (auf Deutsch „Zufall“, so nennen ihn Umber und seine Begleiter) auch sein mag, noch eine Spur mysteriöser ist Lord Umber selbst. Okay, Happenstance kann im Dunkeln sehen, ziemlich weit und hoch springen, unzählige Sprachen sprechen, komplett ohne Schlaf auskommen – und er kann sich an absolut nichts erinnern. Das ist schon mal was. Aber Lord Umber, der ihn mit seinen beiden seltsamen Begleitern aufnimmt, ist und bleibt dennoch der Mittelpunkt der Geschichte. Schließlich heißt die Serie ja nicht „Die Bücher von Happenstance“.

Und während der Hörer nach und nach immer mehr über Happenstance erfährt und darüber, was er für außergewöhnliche Fähigkeiten hat, und dass ihm eine Kreatur auf den Fersen ist, fragt sich der Fantasy-Fan, ob er das nicht irgendwo schon einmal gehört hat. Hat er, mindestens bei den „Harry Potter“-Büchern, die Rufus Beck auch schon einmal vorgelesen hat.

Das war dann aber auch die einzige Gemeinsamkeit mit dem Zauberschüler, denn die Abenteuer, die der Junge zusammen mit seinen neuen Freunden erlebt, sind schon andere. Und die Auflösung, woher Lord Umber eigentlich stammt, war für mich überraschend.

Die Geschichte macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Und für den, der des Englischen nicht mächtig ist, bleibt zu wünschen, dass der Verlag auch die Fortsetzungen auf Deutsch veröffentlichen wird.

Das Hörerlebnis:

Rufus Beck ist einer der Sprecher, die den Hörer von Anfang an in seinen Bann ziehen können. Hat der Hörer in den ersten Minuten noch das Gefühl, dass jemand neben ihm sitzt und ihm von einem Jungen erzählt, der ohne Erinnerungen in einer Höhle erwacht, so steht man kurz danach schon neben dem Jungen und erlebt seine Abenteuer mit.

Auch wenn es hier weder Musik noch Effekte zur Unterstützung gibt, schafft Beck es gekonnt, die vom Autor gewünschte Atmosphäre ins Ohr des Hörers zu bringen. Die Charaktere sind gut zu unterscheiden und auch die Emotionen werden von Beck perfekt transportiert.

Nie wird er zu laut oder zu leise, immer ist der Sprecher gut zu verstehen, und das schafft ein rundum angenehmes Hörerlebnis.

Der Sprecher:

Rufus Beck ist als Hörbuchsprecher vor allem durch „Harry Potter“ populär geworden. Für die Interpretation hat er vier Goldene und vier Platin-Schallplatten sowie 2008 den HÖRkulino im Rahmen des Deutschen Hörbuchpreises bekommen. Er ist bis heute einer der beliebtesten Hörbuchsprecher überhaupt. (Verlagsinfo)

Die Ausstattung:

Die vier CDs ließen sich leicht aus den Trays der Jewel-Case-Box entnehmen. Sie sind mit dem ansprechenden Wal-Cover bedruckt, das sowohl Buch als auch Hörbuch ziert. Das Booklet ist ein kleines Faltblatt, in dem Informationen zu Autor und Sprecher zu finden sind und eine Handlungszusammenfassung, die etwas ausführlicher ist als die von der Rückseite der CD-Box.

Die Serie:

Aus der „Umber“-Serie sind bislang im englischen Original zwei Bücher erschienen. „Happenstance Found“ (2009) und „Dragon Games“ (2010). Das dritte Buch soll am 8. Februar 2011 unter dem Titel „The End of Time“ erscheinen.

Wann und ob in Deutschland mehr als nur der erste Titel erscheinen wird, ist bislang nicht bekannt und womöglich vom wirtschaftlichen Erfolg von „Der gefundene Junge“ abhängig.

Nachtrag vom 24.06.2015: Offenbar hat sich die Geschichte bei uns nicht gut verkauft, denn es ist kein weiterer Teil der Trilogie auf Deutsch erschienen.

Mein Fazit:

Ein schönes Abenteuer für die vom Verlag angepeilte Zielgruppe, das ohne unpassende Gewaltdarstellungen auskommt. Spannend und mit einem offenen Ende, das Lust auf den nächsten Band macht, ohne zu frustrieren. Denn die wichtigen Fragen werden beantwortet und nicht auf die nächste Ausgabe verschoben.

Eine knapp dreiminütige Hörprobe bietet der Verlag hier an.

Gekürzte Lesung auf 4 Audio-CDs
Gesamtspielzeit: 5:05 h
Originaltitel: Happenstance Found (2009)
Aus dem Englischen von Birgit Schmitz
Vom Verlag empfohlenes Alter: 10 – 11 Jahre
ISBN-13: 978-3837105636
www.randomhouse.de/cbjaudio

Der Autor vergibt: (4.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Morgenstern, Jens-Peter – Bob der Baumeister 33: Mixi und die Fledermäuse

_Inhalt:_

|“Baggi weiß alles“|

Bauer Gurke hat eine zündende Idee: Er will sein hohes Sonnenblumenaufkommen nutzen, um einen Vertrieb zu eröffnen und mit dem Öl zu handeln. Allerdings fehlt ihm noch ein Depot, in dem er die Flaschen unterbringen kann. Bob und sein Team nehmen sich der Sache an und bekommen hierbei tatkräftige Unterstützung von der neuen Maschine des Bauers. Doch Lifty, der Gabelstapler, ist noch ein wenig unbeholfen. Und auch Baggi ist verzweifelt, weil Lifty nicht alle Arbeiten so ausführt, wie es eigentlich vorgesehen war …

|“Mixi und die Fledermäuse“|

Bob und seine Mannschaft bekommen den Auftrag, die alte Wassermühle in den Hügeln des Sonnenblumentals zu restaurieren. Doch die Instandsetzung des alten Mühlwerks bringt ein unerwartetes Problem mit sich: In der Mühle hausen Fledermäuse! Bob überlegt, wie er seinen Auftrag ausführen kann, ohne die Tiere zu gefährden, und ruft zwecks dessen den Experten, Herrn Bettermann, zur Hilfe. Vor allem Mixi scheint von dem Gedanken angetan, die Tiere einmal näher zu beobachten und das Projekt harmonisch zu Ende zu bringen – und die kleine Mischerdame wird nicht enttäuscht …

_Sprecher:_

Erzähler – Douglas Welbat
Bob der Baumeister – Fabian Harloff
Wendy – Celine Fontanges
Buddel – Lutz Harder
Baggi – Eberhard Haar
Mixi – Traudel Sperber
Rollo – Bertram Hiese
Heppo – Sven Dahlem
Bauer Gurke – Olaf Kreutzenbeck
Lifty – Simona Pahl
Rumpel – Eric Schäffler
Müller Max – Henry König
Herr Bettermann – Jörg Gillner

Hörspiel: Jens-Peter Morgenstern
Regie: Heikedine Körting
Redaktion und Geräusche: Wanda Osten
Musik: Paul K. Joyce

_Persönlicher Eindruck:_

Die insgesamt bereits 33. Doppelfolge um den geschäftigen Bauarbeiter-Meister Bob und seine sprechenden Maschinen, gehört sicherlich zu den nettesten Episoden aus der Hörspiel-Reihe um die Kinder-Kultfigur. Insbesondere die erste der beiden hier enthaltenen Folgen gefällt mit vielen witzigen Ideen, einigen schönen Wendungen und einer leicht verständlichen, aber dennoch spannenden Geschichte. Das Ganze wird auf kompaktem Raum untergebracht, ist aber dennoch nicht auf das Allersimpelste reduziert, sondern lässt schon noch genügend Spielraum, um der Geschichte einige kleine (und sprichwörtliche) Nebenbaustellen aufzubauen, die wiederum genutzt werden, um die einzelnen Figuren passend in Szene zu setzen. Die Sprecher sind derweil mit dem Herz bei der Sache, speziell Douglas Welbat, der einmal mehr den Erzähler-Posten für die Erzählungen von der Baustelle übernimmt. Man spürt, dass der fehlende Anspruch, den einige der hier beteiligten Redner aufgrund langjähriger Erfahrungen sicherlich an eine Hörspiel-Story haben könnten, der Darbietung keinesfalls im Wege steht. Und das ist für eine Reihe wie „Bob der Baumeister“ definitiv elementar.

Daher kann man auch verkraften, dass die Titelstory im zweiten Abschnitt nicht ganz so überzeugend ist, weil ab und an ein paar recht alberne Entwicklungen eingebaut werden und die Faszination für die Fledermäuse ein wenig Überhand nimmt. Die Unterhaltung ist aber dennoch sehr schön und letzten Endes genau das, was man von einer solchen Produktion erwarten darf.

Unterm Strich sind die kleinen Fans der Serie daher auch wieder bestens bedient. „Mixi und die Fledermäuse“ kann man sich als Liebhaber des kleinen Baumeisters sicherlich blind ins Regal holen!

|Audio-CD mit 43 Minuten Spieldauer
Empfohlen ab 3 Jahren
ASIN: B003EADFQE|
[www.natuerlichvoneuropa.de]http://www.natuerlichvoneuropa.de

Ashwood, Sharon – Hexenlicht

_|The Dark Forgotten|:_

Band 1: _“Hexenlicht“_
Band 2: „Vampirdämmerung“ (erscheint am 10.01.2011)
Band 3: „Seelenkuss“ (erscheint am 07.06.2011)
Band 4: „Höllenherz“ (erscheint am 12.09.2011)

_Die Hexe Holly Carver_ betreibt eine Agentur zum Entfernen von Geistern, Poltergeistern und anderen unerwünschten Hausbewohnern. Sie ist glücklich mit ihrem Freund Ben und schwärmt heimlich für ihren Partner Alessandro Caravelli, doch dieser ist ausgerechnet ein Vampir.

Der Immobilenmakler Steve Raglan beauftragt sie, ein böses Haus zu neutralisieren. Er verschweigt ihr aber, dass es ein berüchtigtes Flanders-Haus ist. Als beide dort ankommen, ist Holly kurz davor, den Job zu schmeißen, allerdings braucht sie das Geld dringend für die Studiengebühren.

Während der Diskussion erfährt Holly, dass bereits vier Studenten und zwei Professoren der nahen Universität in dem Haus verschwunden sind, die Vertreibung des Bösen ist somit dringend und schnell erforderlich.

Als Hollys Partner Alessandro Caravelli eintrifft, betreten die beiden das Haus und die Suche nach den Vermissten beginnt. Der Geist des Hauses macht Holly schwer zu schaffen, und ein Verbergungszauber macht das Auffiinden der Vermissten schwerer als anfänglich erwartet. Als Holly dann den Rucksack von ihrem Freund Ben, der Professor an der Uni ist, findet, gerät sie fast in Panik. Dieser hat sowieso schon ein Problem mit ihrer Magie, wie wird er da erst dieses Haus verkraften?

Endlich finden Holly und Alessandro die Geiseln, und während Alessandro mit der Bergung beginnt, nimmt Holly den Kampf gegen den Geist des Hauses auf. Da Holly seit einem Vorfall in ihrer Kindheit ein Problem mit ihrer Kraft hat, die ihr große Schmerzen zufügt, verliert sie, nachdem sie den Geist gerade niedergezwungen hat, das Bewusstsein.

Es kommt allerdings noch schlimmer, denn nach dem Vorfall im Flanders-Haus verlässt der traumatisierte Ben Holly. Aber noch schlimmer: Überall öffnen sich Portale der Hölle und ein Dämon und andere Wesen bedrohen die Stadt. Wird Holly es schaffen, trotz ihres Problems damit fertigzuwerden?

_Kritik_

„Hexenlicht“ ist der gelungene Auftakt zur |The Dark Forgotten|-Serie von Shanon Ashwood. Zwar erfindet sie das Genre Urban-Fantasy nicht komplett neu, ihr Konzept geht aber in jedem Fall auf.

Spannung, gepaart mit einer kräftigen Dosis Humor und Erotik sowie einem unterhaltsamen Plot können hier punkten. Der Schreibstil mit klarem Satzbau liest sich flüssig und schafft es, den Leser mitzureißen. Die Sprache passt zum Geschehen und den verschiedenen Protagonisten. Die Handlung hangelt sich an einem roten Faden durch das Buch und es kommt zu keinerlei Umbrüchen.

Die Umgebung wirkt teilweise etwas blass, jedoch ausreichend, um ein Bild im Kopf des Lesers entstehen zu lassen. Vor allem wird das besondere Haus von Holly beschrieben, denn durch Magie, die über Generationen auf dieses Haus gewirkt hat, hat es besondere Fähigkeiten entwickelt. Die Stimmungen sind der Autorin durchaus gelungen; ob nun düster, romantisch oder real, dies alles kommt glaubwürdig beim Leser an. Die Dialoge der einzelnen Figuren sind spritzig und sehr unterhaltsam.

Der Spannungsbogen entwickelt sich in einem angenehmen Tempo gleichmäßig und zum Showdown hin ansteigend. Hin und wieder sackt er ab, wenn einzelne Akteure beschrieben werden, doch dies ist für das Verständnis der Geschichte wichtig, und da der Spannungsbogen niemals ins Bodenlose fällt, wird der Lesefluss dadurch nicht gestoppt.

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive einer dritten Person, dem Beobachter. Die Protagonisten kommen alle zu Wort, der Erzählstil wechselt zwischen den einzelnen Charakteren, sodass der Leser den Handlungen gut folgen kann und auch Dinge erfährt, die für die anderen Figuren nicht gleich klar sind.

Die Protagonisten sind facettenreich gezeichnet und bringen eine Menge Charaktereigenschaften mit, die sie sehr lebendig machen. Holly wirkt ansprechend und authentisch, eine Protagonistin, die sehr real wirkt, mit Schicksalsschlägen umgehen kann und nicht abgehoben daherkommt. Sie scheint trotz ihrer Fähigkeiten ein Mensch zu sein, der in jeder beliebigen Nachbarschaft zu finden ist. Ihr Partner Alessandro ist sympathisch und als Mann durchaus glaubwürdig gezeichnet. Trotz seines Vampirdaseins bleibt er lebendig und intelligent gezeichnet. Seine große Liebe möchte er vor allem beschützen, ist aber durchaus bereit, sie in ihren Aufgaben und Besonderheiten zu unterstützen.

Auch die weiteren Charaktere sind sehr glaubwürdig und lebensnah entworfen. Jeden Einzelnen nimmt der Leser als realistisch wahr, keiner wirkt zu abgehoben. Selbst die nicht menschlichen Charaktere wirken in ihrem Verhalten doch sehr menschlich, besitzen jedoch eine Menge Fähigkeiten, die ein normaler Mensch nicht aufbieten kann.

Das Cover ist ein echter Hingucker; mit metallischem Druck und einem größeren Format fällt es ins Auge. Das Bild ist ebenfalls gut gewählt und passt zum Buch.

_Fazit_

„Hexenlicht“ von Sharon Ashwood ist ein äußerst lesenswerter Roman der bei mir den |Ein Kapitel noch … und dann noch eines|-Effekt ausgelöst hat und nur schwer aus der Hand zu legen war.

Sympathische Figuren und ein reizvoller Plot, gepaart mit sprühendem Witz, angenehmer Erotik und einem überzeugenden Finale machen „Hexenlicht“ zu einem sehr ansprechenden und unterhaltenden Roman. Lesern, besonders den weiblichen, der Genres Urban- und Romantic-Fantasy ist „Hexenlicht“ sehr zu empfehlen.

_Die Autorin_

Sharon Ashwood lebt in der kanadischen Provinz British Columbia und arbeitet seit ihrem Universitätsabschluss in Englischer Literatur als freie Schriftstellerin und Journalistin. Schon als Kind war sie an Mythen und Märchen interessiert. Heute setzt die Autorin ihre Faszination für alles Seltsame, Unheimliche und Phantastische in erfolgreichen Romantic-Fantasy-Romanen um. Mehr Informationen im Internet unter: [www.sharonashwood.com]http://www.sharonashwood.com (Verlagsinfo)

|Gebundene Ausgabe: 480 Seiten
Originaltitel: The Dark Forgotten 1: Ravenous
Übersetzerin: Sabine Schilasky
ISBN-13: 978-3426652435|
http://www.droemer-knaur.de

_Nadine Warnke_

MacBride, Stuart – Flesh House

_Hannibal Lecter lässt grüßen_

Als im Aberdeener Hafen ein Container entdeckt wird, in dem sich gefrorenes Menschenfleisch befindet, löst dieser Fund die größte Menschenjagd in der Geschichte der Stadt aus Granit aus. Schon vor 20 Jahren wurde der „Flesher“ als Serienkiller gejagt; er schlachtete seine Opfer im ganzen Königreich, bis Ken Wiseman schließlich hinter Gitter gebracht wurde. Aber elf Jahre später kam er in der Berufung wieder frei. Seitdem sterben wieder Menschen. Und nicht irgendwelche, sondern Angehörige der damaligen Ermittlung. Detective Sergeant Logan McRae kommt es vor, als wäre dieser Fall ein wenig komplizierter, als jeder im Kommissariat zu glauben scheint …

_Der Autor_

Stuart MacBride war schon alles Mögliche: ein Grafikdesigner, dann ein Anwendungsentwickler für die schottische Ölindustrie und jetzt Kriminalschriftsteller. Mit seiner Frau Fiona lebt er in Nordostschottland. Seine Krimis um Detective Sergeant Logan McRae spielen in Aberdeen. Mehr Infos finden Sie unter [www.stuartmacbride.com]http:// www.stuartmacbride.com

|Werke:|

1) „Cold Granite“ (2005) = [„Die dunklen Wasser von Aberdeen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2917
2) „Dying Light“ (2006) = [„Die Stunde des Mörders“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3739
3) „Broken Skin“ (2007) = [„Der erste Tropfen Blut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4940
4) „Blind Eye“ = „Blinde Zeugen“
5) „Flesh House“ (2008) = [„Blut und Knochen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5792
6) „Halfhead“ (2009) – noch ohne dt. Titel
7) „Dark Blood“ (2010) – noch ohne dt. Titel
8) „Shatter the Bones“ (2011) – noch ohne dt. Titel

_Handlung_

Detective Inspector David Insch ist nicht glücklich. Der Zwei-Meter-Hüne mit Übergewicht überwacht eine Durchsuchung von Proviantcontainern im Aberdeener Hafen. Offenbar wurden in den Lebensmitteln, die für die Bohrinseln bestimmt waren, menschliche Überreste gefunden. Was ihn so auf die Palme bringt, ist indes nicht das tiefgefrorene Händchen oder Schenkelchen, sondern Isobel McAlister, die Pathologin, die sich weigert, wie allen anderen zu kuschen, wenn er pfeift. Ganz im Gegenteil: Die „Eiskönigin“, wie sie hinter vorgehaltener Hand genannt wird, stürmt wenige Stunden später in sein Büro und haut ihm eine runter. Er hat angedeutet, sie würde ihre Arbeit nicht korrekt, zu langsam oder gar mit Behinderungsabsicht machen. Fortan nimmt er sich vor ihr in Acht.

Das Fleisch gehört Cash & Carry Thompson, und die wiederum hat es unter anderem von der Metzgerei Andrew McFarlanes. Noch ein wunder Punkt in David Ischs Biographie. Denn McFarlane, der seit dem Verschwinden seiner Frau Kirsty mittlerweile 20 Jahre lang dem Teufel Alkohol huldigt, ist der Schwager von Ken Wiseman – und den hat Insch mehrere Jahre lang gejagt, damals, 1987 bis 1990. Bis Wiseman, der landesweit Menschen getötet und geschlachtet haben soll, wegen eines Verfahrensfehlers freigelassen wurde.

Wenn also jetzt menschliche Überreste in Essen auftauchen, kann eigentlich nur Wiseman dahinterstecken. Darüber braucht Isch nicht zweimal nachzudenken. Für ihn ist und bleibt Wiseman der „Flesher“, der Fleischer. Es gibt sogar ein Buch über den Flesher: „Smoak with Blood“ von James McLaughlin, dem Sohn von zwei Opfern, die 1987 verschwanden (im Prolog).

Aber obwohl er McFarlane in Gewahrsam nimmt und dieser seine Unschuld und Unwissenheit beteuert, kommt es zu weiteren Morden: Inschs damaliger Mentor Brooks unternimmt einen Freiflug vom Dach eines Hochhauses – ohne Fluggerät und mit etwas Nachhilfe von Ken Wiseman. Insch ist sofort auf hundertachtzig und verstärkt die Suche. Er nimmt Wisemans Zellennachbar Robertson in die Mangel und setzt auch Logan McRae auf ihn an. Doch Logan hat ein Problem mit Angus Robertson: Das ist der Mann, der ihm vor wenigen Jahren (in „Cold Granite“), 23 Mal in den Bauch gestochen hat, bis er fast verblutete. Immerhin sagt Robertson, dass Wiseman seinerzeit eine Frau tötete. Aber wer war sie? Robertson will sich nicht erinnern können.

Alle Schritte, die Insch und sein Team unternehmen, werden mittlerweile von dem BBC-Fernsehreporter Alec, einem kleinen fetten Mann, begleitet. Sein Tic ist es, vor einer Aufnahme immer „Action!!“ zu rufen. Das finden die Polizisten völlig unangebracht. Um die Anspannung noch etwas zu steigern, hat Isch den jetzigen Chef des Polizeidezernats West Midlands, Faulds, aufs Auge gedrückt bekommen. Faulds soll mit Insch und Steel, den lokalen Kommissaren, zusammenarbeiten, doch was passiert? Logan wundert es nicht, dass sich die drei erst einmal zoffen, besonders was den Kurs und die Prioritäten dieses Falls angeht. Er selbst ist wieder mal der Dumme: Alle wollen, dass er für sie arbeitet – das bedeutet eine astronoimische Anhäufung von Überstunden.

Nach einer weiteren Rangelei brummt der übergeordnete Detective Chief Superintendent, „Bald Brian“ Bain, Insch zwei Tage Suspendierung vom Dienst auf. Doch als Insch am dritten Tag nicht zurückkehrt, ist jeder insgeheim froh darüber. Am vierten Tag schaut Logan einfach mal so nach dem Rechten. Auf sein Klingeln passiert jedoch nichts: Stille. Am fünften Tag nimmt er Faulds und TV-Reporter Alec mit, um bei Insch nach dem Rechten zu schauen.

Er trifft exakt in jenem Moment vor Inschs Haus auf dem Land ein, als dessen Range Rover losfährt. Logan sofort hinterher, über die Landstraße, an Traktoren und Maschinen vorüber. Dann die Entdeckung: Am Steuer des Range Rovers sitzt gar nicht Insch, sondern ein anderer, wahrscheinlich Wiseman. Was kann er Insch und dessen Familie (Gattin, drei Töchter) angetan haben?

In einer wilden Verfolgungsjagd quer durch die Botanik, die BBC-Mann Alec in helle Begeisterung versetzt, braust Logan Wiseman hinterher …

Tags darauf sind alle überzeugt, den Flesher gefangen zu haben. Während er von allen – außer Steel – gelobt wird, fragt sich Logan jedoch, ob er hätte verhindern können, dass Sophie starb. Wiseman hingegen beteuert seine Unschuld: „Ich bin nicht der Flesher!“ Und lacht Insch aus. Der jedoch sinnt auf blutige Rache für das Erlittene, besonders für den Tod der kleinen Sophie.

Da verschwindet ein neues Opfer, in seinem Haus entdeckt man ein Blutbad. Hat der Flesher erneut zugeschlagen?

|Unterdessen|

Heather Inglis sitzt allein in ihrer dunklen Metallzelle und redet mit den Toten. Heather ist entführt worden, zusammen mit ihrem Mann Duncan. Wo mag ihr kleiner Sohn Justin jetzt sein? Geht es ihm gut, fragt sie sich. Duncan ist verletzt worden, als man sie entführte. Ihm nützt all sein Wettern und Wüten nichts. Sie muss Zeuge seines Sterbens werden. Aber in ihren Tagträumen bleibt er bei ihr. Er nimmt sie vor dem DUNKEL in Schutz.

Das DUNKEL fordert seinen Tribut. So wie von Mr. New, einem Entführten, der auch gewütet hat, bis der Lärm ihrem Kerkermeister, der nie ein Wort sagt und ihr zu essen gibt, zu viel wurde … Nun gehört auch Mr. New zum Chor der Stimmen in Heathers Kopf. Und das DUNKEL fordert weiterhin ihre Unterwerfung. Heather ist zu schwach, um sie zu verweigern. Sie isst …

_Mein Eindruck_

Dreieinhalb Jahre nach seinem fulminanten Erstling „Cold Granite“ von 2005 ist Stuart McBride mittlerweile beim Fernsehen angekommen. Seine Geschichten werden auf dem Kanal ITV3 gezeigt, und dieser zeichnete ihn mit einem Award aus. Also verwundert es den regelmäßigen leser nicht, als auf einmal ein BBC-Reporter im Roman auftaucht, der die Arbeit der Kriminaler von Aberdeen dokumentieren will.

Ein weiteres unübersehbares Merkmal für solche öffentliche Aufmerksamkeit sind die zahlreichen Fotos von Zeitungsmeldungen über die Mordserien des Fleshers und über das Buch „Smoak with Blood“ (aus einem alten Sinnspruch des 17. Jahrhunderts, natürlich aus der Fleischergilde). Diese Fotos suggerieren uns, dass es den Fall des Fleshers, der über 20 Jahre hinweg tätig war – mit 17 Jahren Pause – tatsächlich existierte. Ich habe dies nicht nachgeprüft, aber die Tatsache, dass eine fiktive Figur wie Colin Miller als Autor eines dieser Zeitungsartikel abgedruckt ist, lässt mich an deren Echtheit zweifeln. Wenn sie jedoch alle fiktiv sind, so lässt dies auf einen ungeheuren Aufwand schließen, den sich der Autor diesmal gemacht hat. (Aber er verdient ja auch inzwischen entsprechend viel.)

Fiktiv oder nicht – feststeht, dass der Flesher-Fall, den Detective Inspector Insch mit Ken Wiseman identifiziert, ungeheuer spannend ist. Es ist natürlich unser heimlicher Hel, der sich von solchen Voreingenommenheiten nicht blenden lässt und den Fakten, sowohl in der Gegenwart als auch vor 20 Jahren (1987), auf den Grund geht. Damals wurde ganz klar das Gesetzt gebrochen, um Wiseman hinter Gitter zu bringen. Soll es diesmal genauso laufen? Er weigert sich, dies zuzulassen, was ihn unweigerlich in Inschs Schusslinie bringt …

DI Steel ist wie zuvor darauf bedacht, andere für sich rackern zu lassen und dann den Ruhm einzustreichen. Bis es Logan zu blöd wird, er sich Fauld und DC Rennie schnappt und auf eigene Faust ermittelt. Meist im Schlachthaus. Das Besondere, Magen umdrehende Thema ist diesmal Kannibalismus. Erst werden die Opfer fachgerecht mit einem Bolzenschussgerät getötet, dann fein säuberlich zerlegt und anschließend verwertet, etwas durch Kochen. Als dieser Sachverhalt endlich in den Gazetten von Aberdeen landet, graust es den Leuten, die ach so gerne Schweinekoteletts und Burger essen. Die Drähte laufen bei der Polizei und dem Gesundheitsdienst heiß. Allgemeiner Aufruhr sorgt dafür, dass nur noch Importfleisch, Vegetarisches und Meeresfrüchte auf den Teller kommen.

Passend zu Jonathan Safran Foers Buch „Tiere essen“ führt uns der Autor diesmal ins Schlachthaus. Dort erfahren wir endlich, was eigentlich aus den nicht essbaren Bestandteilen der Viecher wird, die geschlachtet werden. Ich will das hier nicht ausbreiten; es schlägt einem auf den Magen. Im Schlachthaus, dem Abattoir, findet passenderweise auch der furiose Showdown statt, wobei Logan dem Täter dicht auf den Fersen ist. Und hier sehen wir auch Heather Inglis wieder, deren seltsamen Leidensweg wird durch das ganze Buch hindurch mit verfolgen durften.

Hätten Insch und Brooks vor 20 Jahren ihren Job richtig gemacht, wäre der wahre Flesher schon damals gefasst worden. Denn die Fakten waren alle vorhanden; man hätte sie bloß zusammenfügen müssen. Als Logan und Rennie endlich diese Aufgabe erledigen, stellt sich auch die einzige Identität des Täters heraus, die einen Sinn ergibt. Und diese Erkenntnis ist einfach umwerfend. Auch für den Leser, das kann ich versprechen.

|Schräger Humor|

Die scheinbare Objektivität, die die Foto-Dokumentation suggeriert, findet ihr Gegengewicht in der radikalen Subjektivität, die wir mit Heathers Tagträumen, ihrem Wahnsinn, präsentiert bekommen. Und das Gleichgewicht findet sich auch wieder zwischen der harten Polizeiarbeit, die vor allem Logans und Rennies Schulern lastet, und ihrem Privatleben.

Dieses Privatleben sorgt regelmäßig für Erheiterung, allerdings mehr von der ironischen und sarkastischen Sorte – schottischer Humor eben. So läuft beispielsweise eine Wette gegen Insch: Wann wird er durchdrehen und jemandem die Fresse polieren? Dummerweise ist Logan dabei sowohl der Gewinner – er setzt auf den richtigen Tag – als auch der Verlierer: Er ist Inschs Opfer.

Auch Rennie kriegt sein Fett weg. Rennie ist total in die süße Laura verliebt, weil die so einen Kanone im Bett ist. Nach ein paar Wochen schon will er sie heiraten. Logan schaut sich die Kleine mal genauer an und zieht den richtigen Schluss. Er will Rennie, dem Rangniederen, eigentlich nicht den Spaß am Sex verderben, aber dessen Vorwurf, dass er selbst der „dirty old man“ sei, kann er nicht auf sich sitzen lassen. Er zeigt Rennie die süße Laura in ihrem natürlich Lebensraum: An der Schule …

Auch Detective Inspector Steel, sonst immer die taffe Kommissarin, hat ihre liebe Not: Sie hat einen Heiratsantrag bekommen. Oh nein, nicht von Logan, denn Steel ist ja lesbisch, nein, von ihrer Freundin Susan. Während sie sich mit ihrer kratzenden Unterwäsche herumplagt, mal sie sich aus, was wohl als Nächstes kommt: Kinder. Oh Graus, diese kleinen Monster!

Tja, dabei kann ihr Logan nicht helfen, denn er hat ja diesbezüglich sein eigenes Päckchen zu tragen. Er und Jackie haben sich vor 18 Monaten getrennt, genauer: nach dem Fall mit dem Vergewaltiger, der zugleich der Stürmerstar des Aberdeener Fußballvereins war (in „Broken Skin“, s. o.). Logan versucht Jackie Watson, seiner Ex, klarzumachen, dass es nicht an ihrer Fehlgeburt lag, die sie danach erlitt. Er liebe sie einfach nicht, sagt er ihr ins Gesicht. Und bekommt dafür ihre Faust auf die Nase … Man sollte sich nicht mit einem weiblichen Ninja anlegen; Jackie gehört zum schnellen Einsatzkommando (SEK).

_Unterm Strich_

Wem sich beim Thema Schlachthaus und Kannibalismus nicht sogleich der Magen umdreht, wird mit einem trickreich und gekonnt angelegten Kriminalroman belohnt, der am Schluss nicht nur mit überraschenden Wendungen, sondern auch mit einem packenden Showdown aufwartet. Während die Fotostrecken und Zeitungsausschnitte Objektivität und Authentizität suggerieren, führt uns der Wahnsinn Heather Inglis‘ direkt ins Herz der Finsternis. Es erweist sich als einfach unmöglich, das Buch hundert Seiten vorm Schluss aus der Hand zu legen.

|Kannibalismus|

Der Autor weist mit diesem darauf hin, dass es seit 400 Jahren in Aberdeen die Fleischerzunft gibt und dass seitdem das Verhackstücken von Tierleichen eine ehrenwerte Tätigkeit ist. Allerdings zeigen die Zeitungsausschnitte, dass die Zunft ebenfalls einiges auf dem Kerbholz hat. Und vielleicht will der Autor auch den einen oder anderen Leser dazu anregen, mal darüber nachzudenken, was aus all den bedauernswerten Tieren gemacht wird – und das auch Menschen letzten Endes nur Tiere sind, die andere Tiere essen. (Das Fleischessen war nicht immer so intensiv wie heute, aber darauf geht der Autor nicht ein.) Aber in der Höhle des Fleshers wird Heather Zeugin dessen, was es bedeutet, einen Menschen binnen dreißig Minuten in leckeres Bratenfleisch zu zerlegen. (Na, noch hungrig?)

Hannibal Lecter lässt schön grüßen. Kein Wunder, dass er mehrfach genannt wird, wenn es um das Thema Kannibalismus geht. Typisch für den schottischen Humor ist allerdings, dass das grausige Thema nicht nur anrührend, sondern auch mit ätzendem Sarkasmus behandelt wird, der die Absurdität so mancher Situation an den Tag legt. Das habe ich sehr an diesem Roman geschätzt.

|Gestiegener Anspruch|

Dieser Band der Serie ist längst nicht so bissig und witzig wie die Anfangsbände, dafür ist der Ansatz diesmal ein anderer: Dokumentation vs. Tiefenpsychologie, Polizeikritik, Medienkritik („Action!!“), Traditionskritik (die Zunft) und vieles mehr. Der Anspruch, den der Autor an sich selbst stellt, ist offenbar gestiegen, sonst würde er nicht solchen Aufwand treiben. Andererseits wird er inzwischen verfilmt.

Der große Erfolg schottischer Autoren wie Val McDermid und Sir Ian Rankin hat ungeheure Mengen von Geld in die Verlagskassen gespült, die Fernsehsender und Produktionsgesellschaften lechzen nach TV-Erfolgen wie „Die Methode Hill“ (O-Titel „Wire in the blood“). Kein Wunder, dass sich ein Autor wie MacBride solchen Forderungen nicht verschließen kann und will. Mehrfach präsentiert er in „Flesh House“ Szenen wie aus einem Drehbuch, mit verteilten Rollen und Regieanweisungen, einem Maximum an Ökonomie in der Inszenierung aller anderen Szenen.

Das ist meist flott und reich an „Action!!“, aber auch die ruhigen Passagen dürfen nicht fehlen. Das war auch schon in McDermids „Schlussblende“ so, als sie das Schicksal eingesperrter Entführungsopfer schilderte. Es ist also keineswegs alles Show, was MacBride präsentiert. Und am Schluss überlegt es sich der Leser vielleicht zweimal, ob er seinen Sonntagsbraten so wahnsinnig lecker findet …

|Taschenbuch: 595 Seiten
ISBN-13: 978-0007244553|
[www.harpercollins.com]http://www.harpercollins.com

Spillane, Mickey / Collins, Max Allan – Ende der Straße, Das (Lesung)

_Keine Ruhe im Ruhestand: Aschenputtel und die Bombe_

Der pensionierte New Yorker Cop Jack Stang glaubt seine Freundin seit 20 Jahren tot, gestorben bei einer versuchten Entführung. Doch sie lebt und hat alles verloren – außer ihren Feinden. Er besucht sie, um sie zu beschützen, doch gleichzeitig will er die alte Sache von vor 20 Jahren zum Abschluss bringen. Er kommt gerade zur rechten Zeit, wie sich zeigt …

_Der Autor_

Mickey Spillane, geboren 1918, ist der legendäre Schöpfer der Mike-Hammer-Krimis, die mit Stacy Keach in der Titelrolle verfilmt wurden. Seine Bücher haben sich weltweit über 200 Mio. Mal verkauft. Der König des Pulps starb 2006, dieser Roman erschien posthum, vollendet vom bekannten Autor Max Allan Collins.

_Der Sprecher_

Reiner Schöne lebte lange in Hollywood und drehte dort mit Filmgrößen wie Clint Eastwood und Lee van Cleef. Der Schauspieler, Synchronsprecher und Sänger mit der tiefen, markanten Stimme trägt die passende raue Note bei. (abgewandelte Verlagsinfo)

Regie führte Thomas Wolff. Die Buchvorlage erschien 2008 bei Rotbuch Verlag.

_Handlung_

Der New Yorker Ex-Cop Jack Stang ist mit 56 Jahren in Pension gegangen, zuvor war er 30 Jahre lang beim NYPD, und als Captain hat er in Manhattan so manchen Gauner gefasst – und erschossen. Schließlich war Jack mal beim Marine Corps, das bekanntlich nur die härtesten Burschen aufnimmt. Doch Jack ist nie verheiratet gewesen, hat keine Kinder, und liegt an der Geschichte, die ihm vor 20 Jahren passiert ist. Seine Verlobte Betty wurde entführt und kam dabei ums Leben.

Heute stellt ihm sein früherer Kollege Davy Ross den Tierarzt Dr. Thomas Bryce vor, der auf Staten Island eine Tierarztpraxis führt. Jack setzt sich mit Bryce in ein Café und der erzählt ihm eine erstaunliche Geschichte: Betty sei damals gar nicht im Hudson River gestorben, sondern vielmehr auf Staten Island von Bryces Vater gefunden worden. Aber sie hatte bei dem Unfall ihr Gedächtnis an all das verloren, das davor gewesen war, und sie war erblindet. Der Vater zog sie wie seine eigene Tochter auf. Heute lebe Betty in Sicherheit in Florida. Was aber noch mehr sei: Der Vater habe für 100.000 Dollar auch für Jack ein Haus gekauft und zwar gleich neben dem von Betty …

|Blick zurück|

Ist dies ein Neuanfang, fragt sich Jack etwas benommen, während Bryce nach der Überschreibung des Hauses wieder seiner Wege geht. Soll er gleich nach Florida übersiedeln? Was ist, wenn ihn Betty nicht mehr wiedererkennt? Schließlich sind zwei Jahrzehnte eine lange Zeit. Jack zögert. Und dann sind da noch seine Träume von einem Ganoven, dessen Gesicht er nicht erkennt. Eine Sache ist noch unerledigt. Und sie hat mit seiner alten Straße zu tun.

Die Straße, in der einst die Jacks Polizeiwache des 1. Reviers von Manhattans lag, ist ein sehr langer New Yorker Verkehrsweg, und er kannte die Gesichter der Bewohner, die in seinem Abschnitt wohnten. Da ist Mr. Wong, der seinen Laden dichtmacht und zurück nach China will. Da ist die neunzigjährige Bessie, die stets im Fenster hängt und alles beobachtet. Und da ist das unheimlich stille Haus, das früher mal einem Gangsterboss während der Prohibition gehöre. Wer wohnt da jetzt wohl drin, fragt sich Jack und entdeckt frische Fußspuren. Merkwürdig. Er sollte das Haus mal im Auge behalten – und seine Exkollegen um Hilfe bitten.

Betty arbeitete seinerzeit in der Datenerfassung bei der Firma Credential. Jack besucht ihren früheren Boss, Mr. Bernwald. Betty war Mitglied einer Gruppe von Computerspezialisten. Jack fragt, ob sie vielleicht Zugang zu geheimen Daten hatte. Und als Bernwald ihm dies bestätigt, denkt sich Jack seinen Teil: Möglicherweise wurde sie entführt, weil sie etwas über die Mafia herausgefunden hatte. Und die gefundenen Daten hatte sie vielleicht sogar kopiert und anschließend die Kopien versteckt. Bis heute war auch die Mafia auffallend still gewesen. Da wird Mr. Bernwald angeschossen. Offenbar ist die Mafia aufgewacht …

|Florida|

Als Jack in Sunset Lodge sein neues Haus bezieht, ist ihm schon ganz kribbelig. Wird sie ihn erkennen? Betty sieht immer noch umwerfend aus, und in seinen Augen ist sie keinen Tag gealtert. Sie trägt eine Sonnenbrille über den blinden Augen, bewegt sich aber wie ein Sehender, und ein kräftiger Windhund dient ihr als Leibwächter und Führer. Als Jack aus der Mode gekommene Wörter wie „Sweetie“ und „Kleines“ benutzt, will Betty hellhörig. Sie meint sich erinnern zu können, dass jemand, der ihr nahestand, so geredet hat …

Sunset Lodge mag zwar eine Kolonie von Expolizisten sein, doch es ist beileibe keine Insel der Seligen. Es gibt einen Polizeichef namens Kinder, dem sich Jack anvertraut. Kinder merkt, dass sich zwischen Jack und Betty etwas anbahnt und ist gern bereit, ein Auge auf die Lady zu haben. Außerdem erwähnt er noch, dass unweit der kleinen Siedlung die Garrison Estates lägen, und dort hätten sich etliche Mafiosi niedergelassen. Vielleicht fahren deshalb in letzter Zeit so viele Eisverkäufer mit ihren Wägen durch die Straßen der Polizistensiedlung …

Während Jack der Sache von vor 20 Jahren auf den Grund geht und ein sich anbahnendes Verbrechen aufdeckt, zieht sich der Kreis der Mafia um Bettys Haus immer enger. Wird Jack rechtzeitig zur Stelle sein, wenn es darauf ankommt?

_Mein Eindruck_

Als Autor Mickey Spillane 2006 verstarb und in die ewigen Jagdgründe einging, hinterließ er offenbar ein unvollendetes Manuskript. Seine Witwe, nicht faul und wahrscheinlich vom Finanzamt getriezt, bat offenbar den bekannten Autor Max Allan Collins um Vollendung der Vorlage. Collins hat beispielsweise die Romanfassung zum Film „Road to Perdition“ sowie einige Krimis geschrieben. Diese Ausgangslage mag dafür verantwortlich sein, dass der vorliegende Krimi einen so unausgewogenen Eindruck hinterlässt.

Der alte Cop und seine frühere Flamme – ihr Zusammenkommen ist, als würde das Märchen von Aschenputtel wahr werden. Natürlich gilt es vor dem Ausbruch allgemeiner Seligkeit ein paar Hindernisse zu beseitigen, teils in Form der Mafia, teils in Form eines terroristischen Verbrechens, teils in der Rekonstruktion der Vergangenheit. Diese drei Elemente wollen nicht so recht zueinanderpassen.

Doch die Vergangenheit wird mit der Gegenwart durch die Figur des Ganoven Bucky verknüpft. Vor 20 Jahren drehte Bucky schon mal ein Ding, wurde dann vorübergehend bürgerlich, bis ihn eine gewisse Geldknappheit dazu zwingt, auf eine alte Ressource zurückzugreifen: Radioaktives Atommaterial. Diese vor 20 Jahren von einem Transporter gestohlene Beute hat er im Keller des alten Gangsterhauses vergraben. Dass nicht das gesamte Haus grün strahlt, verdankt es nur dem Umstand, dass das Material in einem Tresor gebunkert ist. Jetzt will Bucky es meistbietend an ein paar Araber verkaufen, die nicht sonderlich ehrenwerte Motive haben. Jack vermutet der Einfachheit halber, dass sie Manhattan in die Luft jagen wollen.

Verständlich also, dass der gute alte Jack seiner Reloaded-Braut in Florida immer mal wieder Adieu sagen muss, um sich die Entwicklung der Dinge in seiner alten Straße zu kümmern. Und um Manhattan, das er offenbar als seinen eigenen Grund und Boden betrachtet, vor dem finalen Exitus zu bewahren. Wäre ja auch zu schade um die Wall Street, oder?

Es ist dieser terroristische Hintergrund, der den Schrecken des 21. Jahrhunderts geschuldet ist, der nicht so recht zum Old-School-Tonfall und -Plot des restlichen Romans passen will. Terroristen und Atommaterial einerseits, auf der anderen Seite jedoch das philanthropische Hausgeschenk und der Kampf ums Aschenputtel – die Schieflage der Handlung wird offensichtlich.

_Der Sprecher_

Reiner Schöne war schon vor 30 Jahren in den Hörspielen des Bayerischen Rundfunks zu hören, so etwa in der Titelrolle als Paul Cox, aber auch in etlichen Western. Seine Stimme ist „männlich herb“, tief und etwas rau, also genau richtig für ein kriminelles Milieu, in dem die Sitten ebenso rau sind. Er kann heiser auflachen, aufgebracht aufschreien, und zwar sowohl in einer männlichen wie einer weiblichen Rolle. Wie sich zeigt, kann er durchaus auch in einer hohen Tonlage sprechen, so etwa in der Rolle der alten Bessie.

Für die Charakterisierung der Figuren steht ihm allerdings nur ein begrenztes Instrumentarium zur Verfügung. An Rufus Beck reicht er also nicht heran. Die Charakterisierung erfolgt eher durch Situationen und Emotionen, die eine entsprechende Ausdrucksweise erfordert. In Jacks Verhör des Ganoven Bucky durchläuft Schönes Stimme die ganze Skala zwischen nervös, angstvoll gepresst bis hin zu offener Panik. Das ist ein starker Kontrast zu Jacks eigener Beherrschtheit und Coolness. Nur wenn Jack mit Betty zusammen ist, schleicht sich eine ungewohnte Sanftheit und Zärtlichkeit in Schönes Stimme.

_Unterm Strich_

Trotz aller Schwächen im Aufbau der Handlung (siehe oben) weiß dieser Krimi von Spillane/Collins durchaus zu unterhalten. Die Spannung bleibt aufrechterhalten, die Ironie bleibt durchweg menschenfreundlich statt bissig, und die Romantik kommt nach einem zünftigen Showdown endlich zu ihrem Recht: Amor vincit omnia!

Es bleibt einem Leser des 21. Jahrhunderts nichts anderes übrig, als diesen Märchenplot mit der aufgesetzten Modernisierung mit einem ungläubigen Schmunzeln hinzunehmen – oder das Buch in die Ecke zu feuern. Von der Härte eines Mike Hammer fehlt also jede Spur, und der Autor – welcher auch immer – erfüllt jedes Klischee vom braven New Yorker Bullen und der bösen, bösen Mafia.

|Das Hörbuch|

Reiner Schöne ist fast schon die Idealbesetzung als Erzähler dieser Hardboiled-Krimis, die Argon jetzt bringt. Es mag ihm zwar etwas an Flexibilität hinsichtlich seiner Stimme fehlen, aber dafür ist seine Ausdrucksfähigkeit hinsichtlich bestimmter Szenen und Emotionen sehr vielseitig. Er könnte die Figuren aber noch etwas besser charakterisieren.

|4 Audio-CDs mit 282 Minuten Spieldauer
Originaltitel: Dead Street
Aus dem US-Englischen Lisa Kuppler
ISBN-13: 978-3866105379|

_Mickey Spillane bei |Buchwurm.info|:_
[„Tote kennen keine Gnade“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=376
[„Tod mit Zinsen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=657
[„Das Ende der Straße“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=5307

Bunse, Rolf – Wo ist Dracula? Das außergewöhnliche Wimmelbuch

_Wimmelbuch: Lustiger Zeitvertreib für Entdecker_

Graf Dracula, der Unsterbliche, hat die Nase gestrichen voll vom langweiligen Transsilvanien. Warum immer nur in dunklen Schlössern und feuchten Kellergewölben sein Unwesen treiben (noch dazu in der tiefsten Provinz!), wo es doch noch so viel zu entdecken gibt?

Also nichts wie raus aus den engen vier Sargwänden und mitten hinein ins Menschengewimmel! War der Graf nicht eben noch auf einer Halloween-Party zu finden? Hat er sich etwa auch auf die Filmpremiere eines Vampirstreifens geschmuggelt? Wer genau hinsieht, merkt schnell: egal ob Karneval in Venedig, der Wiener Opernball oder das Metropolitan Museum in New York City – kein Schauplatz der Welt ist vor dem Blutsauger sicher … (abgewandelte Verlagsinfo)

_Der Zeichner_

Der Illustrator Rolf Bunse hat bereits mehrere Wimmelbücher veröffentlicht, darunter „Wo ist der Papst?“.

_Inhalt_

1) |Rummelplatz mit Geisterbahn|

Einleitungslos geht es gleich in die erste Szene, doch der Rummelplatz scheint aus den siebziger Jahren zu stammen: Schiffschaukel, Kettenkarussell, Zuckerwattestand, Wahrsager, Schießbude – all dies scheint heute, im Zeitalter der motorisierten Sensationsmaschinen, völlig antiquiert. Oder vielleicht gerade deshalb um so attraktiver für den Grafen. Insbesondere die Geisterbahn scheint für ihn Attraktionen bereitzuhalten: unheimliche Mönche, blutige Ritter, ein Scharfrichter mit Hackebeil, diverse Monstren. Da kommt Laune auf. Und ordentlich Gruseln. Der Graf indes hat ein Opfer gefunden …

2) |Der Spiegelsaal von Versailles|

Eine enorme Menschenmenge verliert sich zwischen den Spiegelwänden, Marmorstatuen und unter den enormen Kristallüstern. Der Graf ist leicht auszumachen.

3) |Eine Operninszenierung auf der Freilichtbühne einer Burg|

Es ist schwer herauszubekommen, um welches Schaustück es sich hier handelt, aber der Auftritt von degenfechtenden Musketieren gibt einen Hinweis. Sinds die „Meistersinger von Nürnberg“ auf der Burgbühne, so scheint im Vordergrund, der den Orchestergraben wie ein Amphitheater umgibt, eine ganz andere Geschichte dargestellt zu werden. Esel, Schafe, Ziegen treten ebenfalls auf. Mache sich jeder seinen Reim darauf. Der Graf verkneift es sich jedoch zu Singen.

4) |Im Naturhistorischen Museum|

Ein höchst sonderbares Museum: Im Vordergrund ragen furchteinflößende Skelette von Dinosauriern über die Köpfe der zahlreichen Besucher. Doch im angrenzenden Raum sind altägyptische Pharaonenstatuen und Sarkophage ausgestellt – eine Kombination aus Naturkunde- und Kulturgeschichtsmuseum. Rechts oben ist ein Rittergrab samt Statue zu erspähen, rechts unten mehrere Marmorstatuen. Nichts will so recht zueinander passen, wie eine Kreuzung aus Louvre und Senckenberg-Museum. Und Dracula natürlich mittendrin (aber gut versteckt).

5) |Auf dem Opernball|

Mehrere hundert Tanzpaare scheinen auf dem Parkett die Hufe zu schwingen, der Rest schaut von den dreistöckigen Rängen schampusschlürfend zu. Doch nicht alles ist hier Walzer! Mehrere ausgelassene Paare praktizieren den verpönten Rock’n Roll, und es ist nicht nur ein einsames Rebellen-Duo, sondern gleich mehrere. Der Graf hat auch hier ein Opfer gefunden.

6) |Karneval in Venedig|

Der Markusplatz vor dem Dogenplatz erstreckt sich zwischen gondelbesetztem Canale Grande und Säulenlöwen. Sie überblicken die bunt kostümierte Schar der Karneval Feiernden. Ein Festzug mit besonders bunt kostümierten Darstellern, manche auf Stelzen, zieht von rechts nach links, bestaunt und geknipst von modernen Touristen. Der ebenso wie ein Mann des 17. Jahrhunderts aufgetakelte Graf ist hier äußerst schwer auszumachen. Perfekte Tarnung, Euer Durchlaucht!

7) |Horrorfilmpremiere in Hollywood|

Sehr witzig: Hier treten gleich ein halbes Dutzend Draculas auf! Während die Schauspieler des DRACULA-Films den Roten Teppich entlangposieren, um von der versammelten Presse abgelichtet zu werden, betrachten Dracula-Plakate und ein Dracula-Darsteller das von Touristen bestaunte Defilee, das sich dem säulenbewehrten Eingang des Ritz Carlton nähert – vermutlich in Cannes, wo die Filmfestspiele stattfinden. Der richtige Graf – wo mag er sich versteckt haben, unter so vielen falschen …?

8) |Halloweenfeier im Schlossgarten|

Der Höhepunkt des Bandes und sicherlich eines der schwierigsten Suchbilder. Vor der Freitreppe des Schlosses erstreckt sich eine Grünfläche, auf der eine bunt kostümierte Menschenmenge zwischen Blutbrunnen und Orchesterpodium umherquirlt. Allerlei Horrorgestalten aus mindestens 20 verschiedenen Filmen, versuchen den Sterblichen einen Schrecken einzujagen: Knochenmänner, Mumien, Werwölfe, Totenkopfpiraten und viel Gelichter mehr. Leider auch der eine oder andere Vampir in Dracula-Verkleidung. Doch es kann nur einen Wahren geben! Wo ist er?

_Mein Eindruck_

Wozu ist so ein Wimmelbuch überhaupt gut, fragte ich mich vor dem Betrachten dieser acht Bilder. Schließlich sieht man ja bloß herumwimmelnde Figuren, nicht wahr? Aber bis man endlich das Gesuchte gefunden hat, vergeht doch einige Zeit, und bis dahin hat man vielfach Gelegenheit, anderes zu entdecken.

Es sind einfache Entdeckerfreuden, die es hier zu ernten gilt. Und natürlich ist die Freude am größten, wenn man diese Figuren und Dinge noch gar nicht kennengelernt hat. Dann sind sie alle neu und somit eine Überraschung. Der Betrachter müsste dann in unseren TV-gesättigten Breiten aber noch ziemlich jung sein, würde man meinen. Es gibt aber immer wieder Haushalte und vor allem Mütter, die völlig aufs Fernsehen verzichten, aus allen möglichen Gründen. Beispielsweise um ihre Kids vor Bildern der Gewalt und Verrohung zu schützen.

|Steckbrief unnötig|

Vielleicht fragt sich der eine oder andere nun, wie es gelingen soll, einen Mann zu finden, der sich unter Doppelgänger, Schauspieler und Geisterbahnfiguren zu mischen pflegt. Nichts leichter als das! Der Graf, übrigens ein sympathischer Bursche, ist stets mit einem roten Jabot angetan, dessen helle Farbe sich – in der Regel – leicht ausmachen lässt. Und hin und wieder hält er sich neben einer blonden Schönheit auf, der er gerade den Hof macht (warum wohl?). Wenn nur nicht seine Doppelgänger wären, hätte der Sucher leichtes Spiel.

_Unterm Strich_

Das Wimmelbuch lehrt den kleinen wie den großen Betrachter, das Einzelne im Vielen, das Besondere im allgemeinen Meer der Figuren zu suchen und auf dieser Forschungsreise viele Entdeckungen zu machen. So wird der Betrachter zum Navigator der Masse, zum Sucher der Besonderheit.

Diese Besonderheit ist nicht bloß der steckbrieflich gesuchte Graf, sondern auch all jene vertrauten oder unvertrauten Figuren, die sich auf der Geisterbahn, im Filmgeschäft (wo ist da der Unterschied?), auf der Halloweenparty sowie im Museum usw. dem Auge präsentieren. Gestört hat mich lediglich, dass der Graf meist allzu leicht zu finden ist. Das war beim Papst doch wesentlich schwieriger. Außerdem gab es allerlei Merkwürdigkeiten zu bestaunen, so etwa im Museum. Und warum findet sich im Gegensatz zu den Vorsatzseiten keine einzige Fledermaus weit und breit.

|Hardcover: 24 Seiten
ISBN-13: 978-3570139424|
[www.randomhouse.de/cbjugendbuch]http://www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Koontz, Dean / Anderson, Kevin J. – Frankenstein: Das Gesicht

_Die |Frankenstein|-Trilogie:_
Band 1: _“Das Gesicht“_
Band 2: „Die Kreatur“
Band 3: „Der Schatten“

_Das geschieht:_

In der US-amerikanischen Südstaatenmetropole New Orleans verursacht ein Serienmörder der Polizei Kopfzerbrechen: Er tötet Frauen und Männer, denen er jeweils Gliedmaßen oder Organe entfernt. Detective Carson O’Connor und Partner Michael Maddison stehen auch nach dem sechsten Fall vor einem Rätsel bzw. mit indizienleeren Händen da.

Auch auf der anderen Seite der Erdkugel werden die Morde mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. Ins tibetische Kloster Rombuk und damit in die größtmögliche Einsamkeit hat sich jene Kreatur zurückgezogen, die einst der ebenso geniale wie skrupellose Wissenschaftler Viktor Frankenstein aus Leichenteilen schuf. Das „Monster“, wie es einmal genannt wurde, ist inzwischen zweieinhalb Jahrhunderte alt aber weiterhin gut bei Kräften. Es nennt sich Deucalion, hat hart und erfolgreich an seiner Bildung gearbeitet, sich mit seinem grotesken Äußeren abgefunden und ist mit Körper und Geist im 21. Jahrhundert angekommen.

Dies trifft auch auf Frankenstein zu, der zum ultrareichen Konzernboss Helios mit guten politischen Kontakten geworden ist. Ihn verdächtigt Deucalion der Mordserie im Süden der USA. Um ihn zu stoppen, reist er nach New Orleans. Dort gerät er rasch ins Visier von O’Connor und Maddison, die verständlicherweise wenig geneigt sind, an die Existenz einer alten Gruselmär zu glauben. Doch die Not schafft bekanntlich seltsame Bettgenossen: Als seltsame, anscheinend künstliche Wesen ihr Unwesen zu treiben beginnen, offenbart sich ein diabolischer Plan: Frankenstein will eine neue, ‚verbesserte‘ Menschenrasse ins Leben rufen, deren Meister natürlich er selbst sein soll. Ihn aufzuhalten ist schwierig, denn Frankenstein ging bereits erfolgreich in die Massenproduktion und schickt seine Geschöpfe aus, um jene zu jagen und zu töten, die sich ihm in den Weg stellen …

_Ein Kult auf modernen (Ab-)Wegen_

Verrückter Wissenschaftler will die Welt nach seinem Gusto verändern und bedient sich dafür kapital krimineller Methoden, worauf sich ein hoffnungslos unterlegenes Grüppchen aufrechter Gesellen aufmacht, genau dies zu verhindern: Eine Geschichte wird uns hier kredenzt, die wir schon oft gelesen oder als Film umgesetzt gesehen haben. Das geht in Ordnung, wenn sie rasant und ohne Längen erzählt wird, wofür die Namen Koontz & Anderson grundsätzlich garantieren.

Aufmerksamkeit soll in diesem Fall erfolgreich erregt werden, indem besagte Geschichte mit einem Romanklassiker verquickt wird, der über seine literaturgeschichtliche Bedeutung hinaus zu einem festen Bestandteil der Populärkultur geworden ist: Ein echter Kult, der nicht gemacht wurde, sondern aus eigener Kraft wuchs. Baron Frankenstein, der sich gegen Gott versündigte, als er dessen Monopol als Schöpfer von Leben missachtete, und seine Kreatur, die an ihrer Herkunft verzweifelte und ohne Erfolg versuchte, als Mensch unter Menschen einen Platz zu finden, bewegen die Fantasie seit dreihundert Jahren. Die Ankündigung ihres neuerlichen Auftritts stellt bereits ein gewisses Grundinteresse sicher: Was werden sie dieses Mal erleben, da sie im 21. Jahrhundert aufeinandertreffen?

Eigentlich nichts Neues, muss man feststellen. Frankenstein und sein Geschöpf führen ihre Auseinandersetzung fort, die vor vielen Jahren für beide beinahe tödlich geendet hätte. Weiterhin weigert sich Frankenstein einzusehen, dass er intelligente Wesen nicht im Labor ‚bauen‘ darf, um ihnen, ist dieses ‚Experiment‘ gelungen, seinen Willen aufzuzwingen. Das „Monster“, das dieses Schicksal am eigenen Leib erfahren musste, bemühte sich bisher vergeblich, Frankenstein dies klarzumachen. Jetzt geht es ihm darum, seinen ‚Meister‘ zu stoppen.

|Action statt Anspruch: Horror im Höchsttempo|

Der Konflikt beschränkt sich nicht mehr auf Frankenstein und seine Kreatur. Koontz (sein Name wird im folgenden Text allein genannt, da er die treibende Kraft hinter diesem neuen „Frankenstein“-Projekt war) erweitert die Bühne. Die ganze Welt ist nunmehr Spielplatz des globalisierten Barons geworden, was seine Verfolger zwingt, sehr reiselustig zu werden. „Das Gesicht“ fügt sich der Dramaturgie eines „Hit & Run“-Games. Immer geschieht etwas, kaum gibt es jemals einen Moment der Ruhe. Aus Jäger werden Gejagte, wobei die Rollen rasch getauscht werden können. Koontz beherrscht dieses Konzept gut genug, dass kaum jemals der Gedanke beim Leser aufkommt, ob es denn wirklich notwendig ist, dieses Hin und Her auf mehrere Bände auszuwalzen.

Tiefgang dürfen wir folgerichtig nicht erwarten, auch wenn ihn uns Koontz manchmal vorgaukeln möchte, wenn es Frankensteins Monster hier und da über sein Schicksal und seinen Status in dieser grausamen, kalten Welt sinnieren lässt. Es sind trivialisierte Echos jener philosophischen Grundsatzdiskussionen, die Mary W. Shelley, die Autorin des ursprünglichen Romans, Frankenstein und sein ‚Kind‘ vor drei Jahrhunderten führen ließ. „Das Gesicht“ ist dagegen ein moderner Horror-Thriller mit Copkrimi-Einsprengseln, der sich auf die bekannten und bewährten Elemente beider Genres verlässt.

|Unsterblicher Vater-Sohn-Konflikt|

Wie würde ein Frankenstein-Monster – wäre es real – in der modernen Welt leben? Die neue „Frankenstein“-Trilogie basiert zu einem guten Teil auf dieser Frage bzw. den möglichen Antworten. Natürlich gilt es zuvor zu unterscheiden zwischen der zwar hässlichen aber hochintelligenten Kreatur, die Mary Wollstonecraft Shelley 1819 schuf, und dem relativ tumben, schnaubenden Hollywood-Monster, das vor allem in den 1930er Jahren von Boris Karloff gemimt wurde.

Koontzes Deucalion ist Shelleys Kreatur, was bereits die selbstironische Namenwahl belegt: „Deucalion“ war in der griechischen Mythologie ein Sohn des Prometheus, der wiederum als Schöpfer der Menschen und Tiere verehrt wurde. Als „modernen Prometheus“ bezeichnete Shelley Victor Frankenstein, den sein Geschöpf lange Zeit als „Vater“ betrachtete.

Das ist Vergangenheit, „Vater“ und „Sohn“ sind sich schon lange spinnefeind. Deucalion hasst Frankenstein – nicht zwangsläufig, weil der ihn wider die Naturgesetze bzw. Gott in eine Welt gebracht hat, die ihm nur Furcht und Hass entgegenbrachte, sondern weil er sich zum einen feige weigerte, Verantwortung für seine unglückliche Schöpfung zu übernehmen, während er zum anderen seine unheilvollen Experimente fortsetzte. Das eigentliche Monster ist folgerichtig Frankenstein.

Deucalion hat zu sich selbst und seine Nische in dieser Welt gefunden. Vorbei sind die Zeiten, in denen ihn ängstliches, ungebildetes Volk mit Fackeln und Mistgabeln jagte oder er sich als kurioses Scheusal auf Jahrmärkten prostituieren musste. Die Welt ist politisch korrekter geworden. Deucalion zieht noch immer die Blicke auf sich, aber er muss sich nicht mehr verstecken, sondern kann, wenn es nötig ist, ganz modern von Tibet in die USA reisen.

|Frankenstein: Ein Erfolgsmodell|

Frankenstein hat inzwischen nur als Wissenschaftler und Machtmensch dazugelernt. Er kann es in Sachen Langlebigkeit mit seiner Kreatur aufnehmen, sodass auch er auf das Wissen von und die Erfahrungen aus Jahrhunderten zurückzugreifen vermag. In der globalisierten Gegenwart, für die er geboren zu sein scheint, hat ihm seine rücksichtlose Gleichgültigkeit den Aufbau eines milliardenschweren Konzerns ermöglicht. Sein grundsätzliches Interesse ist jedoch geblieben: Frankenstein baut weiterhin künstliche Menschen. Ständige Experimente haben ihn gelehrt, welche ‚Konstruktionsfehler‘ er vermeiden sollte. Seine aktuellen Geschöpfe haben nichts mehr mit dem plumpen, klobigen Deucalion gemeinsam. Sie verschwinden in der Menschenmenge, und genau das sollen sie auch, denn Frankenstein, bei Shelley noch eine durchaus tragische Gestalt, ist unter Koontzes Feder endgültig zum intelligenten „mad scientist“ mutiert, der die Welt erobern bzw. mit seinen neuen, vollkommenen Menschen bevölkern will.

|Cops zwischen Mythos und ‚Realität’|

Überlebensgroße Gestalten benötigen normalmenschliche Begleiter, in die sich der Leser/die Leserin projizieren kann. Diese Rollen übernehmen die Polizisten O’Connor und Maddison, harte US-Cops, die in Wort und Tat praktisch alle aktuellen sowie die meisten zeitlosen Klischees verkörpern, die Film, Fernsehen & Unterhaltungsliteratur jemals erschaffen haben. Detective O’Connor ist ein eisenhartes Frauenzimmer, das ständig beim Chef aneckt, kleine Ganoven gern gleich auf offener Straße vertrimmt und selten im Büro beim Papierkram anzutreffen ist. Natürlich ist sie hübsch, damit es hier und da ein wenig prüdamerikanisch knistern kann. Maddison ist in diesem Roman das Yang zum O’Connorschen Yin; originell soll vermutlich wirken, dass er in diesem Duo den zurückhaltenden Part übernimmt.

Plumpwitz kommt zum Einsatz, wenn Koontz zwei unsympathische Polizistenkollegen „Jonathan Harker“ und „Dwight Frye“ nennt: Der eine ist Graf Draculas erstes Opfer in Bram Stokers berühmtem Roman, der andere heißt nach dem Schauspieler, der in dem klassischen „Frankenstein“-Filmen von 1931 Frankensteins buckligen Laborgehilfen mimte. Solche ‚Einfälle‘ passen gut zu „Dean Koontz’s Frankenstein“, der nichts Neues, Originelles schafft, sondern stets nur imitiert.

|Exkurs: Frankensteins schwere Wiedergeburt|

Ihre neue „Frankenstein“-Geschichte hatten sich Koontz und Anderson ursprünglich für das USA Cable Network einfallen lassen, dem sie als Grundlage für den Pilotfilm zu einer ganzen „Frankenstein“-TV-Serie dienen sollte. Koontz wurde als Ausführender Produzent angeheuert. Ihm zur Seite stand niemand Geringerer als Meisterregisseur Martin Scorsese. Allerdings überwarf sich Koontz bald mit seinem Auftraggeber und verließ das Projekt. „Frankenstein“ wurde 2004 unter der Regie von Marcus Nispel („The Texas Chainsaw Massacre“, „Freitag der 13te“ – das Remake) mit Vincent Perez als Monster und Thomas Kretschmann als Meister verfilmt. Das Ergebnis ist keine Sternstunde des phantastischen Films, bietet aber solide gestaltetes und visuell überdurchschnittliches Handwerk.

Dieser Film erschien in Deutschland als DVD unter dem Titel „Frankenstein – Auf der Jagd nach seinem Schöpfer“. Eine Serie folgte aufgrund der Streitigkeiten, die sich auch nach Koontzes Abgang fortsetzten, nicht mehr. Der sparsame Koontz hat seine Ideen deshalb recycelt und zu einer Romanserie umgearbeitet.

_Autoren_

Dean Ray Koontz wurde am 9. Juli 1945 geboren. Er studierte Englisch und arbeitete bis in die späten 1960er Jahre als Lehrer für eine High School nahe Harrisburg. In seiner Freizeit begann Koontz zu schreiben, doch erst in den 1970er Jahren machte er sein Hobby zum Beruf. In diesen Jahren versuchte er sich in vielen Genres, schrieb außer Horror auch Sciencefiction, Krimis oder Liebesschnulzen, wobei er sich oft hinter Pseudonymen verbarg.

Seinen Durchbruch verdankte Koontz dem Roman „Demon Seed“ (1973, dt. „Des Teufels Saat“ bzw. „Security“), der zwar wenig innovativ aber erfolgreich verfilmt wurde. Sein Publikum liebt Koontz für die simplen aber stringent entwickelten Plots, die überzeugend ‚menschlich‘ wirkenden Figuren und das Geschick, mit dem der Autor diese in solide inszenierte unheimliche Abenteuer verwickelt. Da sich Koontz gern bewährter Klischees bedient, sind seine Romane als Vorlagen für Filme beliebt. „Watchers“ (dt. „Brandzeichen“), „Whispers“ (dt. „Höllenqualen“ bzw. „Flüstern in der Nacht“) oder „Hideaway“ (dt. „Das Versteck“) wurden allerdings unfreiwillig kongenial verfilmt: als unterhaltsame aber völlig unoriginelle B-Movies.

Als Produzent anspruchslosen Lesefutters hat Koontz inzwischen Bestsellerstatus erreicht. Von der Kritik werden seine zahlreichen, oft überhastet und unfertig wirkenden, sich in endlosen Verfolgungsjagden erschöpfenden Werke selten positiv gewürdigt. Seine Leser teilen diese Vorbehalte nicht. Koontz weiß, was er an seinen Fans hat, und versorgt sie regelmäßig mit Informationen auf der [sehr professionellen Website]http://www.deankoontz.com .

Kevin J. Anderson (geb. 27. März 1962) gehört zu den bekannten und gern gelesenen Autoren des Genres Sciencefiction, was vor allem seinem Fleiß, seinem Hang zu simpel gestrickten und bewährten Plots sowie der Verwendung einfacher Worte in ebensolchen Sätzen zu verdanken ist. Diese Fähigkeiten machen ihn zum idealen, weil zuverlässigen Lieferanten von Romanen zu Filmen und Fernsehserien; Anderson produzierte u. a. Lesefutter für anspruchsarme „Star Wars-“ und „Akte X“-Fans. Außerdem verfügte er über die Kühnheit, Fortsetzungen bzw. Prequels zu Frank Herberts klassischer „Dune“-Saga zu verfassen, die nicht nur ebenso umfangreich sind, sondern zur Freude des Verlags sehr viel schneller auf den Buchmarkt geworfen werden können als die Originale. Selbst ausgedacht hat sich Anderson die Second-Brain-Space-Opera „Saga of Seven Suns“, die es auf bisher sieben Bände (plus eine Vorgeschichte) gebracht hat. Über sein quasi stündlich wachsendes Werk informiert Anderson auf dieser Website: [www.wordfire.com]http://www.wordfire.com

|Taschenbuch: 382 Seiten
Originaltitel: Dean Koontz’s Frankenstein, Book One – Prodigal Son (New York : Bantam Dell, a division of Random House, Inc. 2005)
Übersetzung: Ursula Gnade
ISBN-13: 978-3-453-56504-3|
[www.randomhouse.de/heyne]http://www.randomhouse.de/heyne

_Dean Koontz bei |Buchwurm.info|:_
[„Die Anbetung“ 3066
[„Seelenlos“ 4825
[„Schattennacht“ 5476
[„Meer der Nacht“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5942
[„Meer der Finsternis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6119
[„Todeszeit“ 5423
[„Todesregen“ 3840
[„Irrsinn“ 4317
[„Frankenstein: Das Gesicht“ 3303
[„Kalt“ 1443
[„Der Wächter“ 1145
[„Der Geblendete“ 1629
[„Nacht der Zaubertiere“ 4145
[„Stimmen der Angst“ 1639
[„Phantom – »Unheil über der Stadt«“ 455
[„Nackte Angst / Phantom“ 728
[„Schattenfeuer“ 67
[„Eiszeit“ 1674
[„Geisterbahn“ 2125
[„Die zweite Haut“ 2648
[„Meer der Finsternis“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6119

Interview mit J. J. Preyer

|Buchwurm.info| sprach mit J. J. Preyer, einem österreichischen Autor von Sherlock-Holmes- und Jerry-Cotton-Romanen – aber natürlich nicht nur.

_Buchwurm.info:_
Wie geht es Ihnen? Wo sind Sie? Was machen Sie gerade?

_Preyer:_
Es ist 4:40 Uhr. Ich habe soeben meinen Hund aus dem verschneiten Garten geholt und beginne jetzt zu schreiben, wie jeden Tag früh am Morgen. Mein Kopf muss ausgeruht sein, um vernünftig arbeiten zu können. Und ich bin ausgeruht heute morgen, voll Tatendrang.

_Buchwurm.info:_
Wie sind Sie zur Schriftstellerei gekommen? Haben Sie schon davor einen Beruf ausgeübt?

_Preyer:_
In meiner Kindheit lief nicht alles so, wie man sich das wünschen würde, also lernte ich, in eine Fantasiewelt abzutauchen, der ich durch das Schreiben Festigkeit verlieh. Die Zeitung unserer Stadt – es handelt sich um Steyr in Österreich – druckte, als ich vierzehn war, eine meiner Weihnachtsgeschichten. Ich las damals C. H. Guenters „Kommissar X“ und schrieb selbst einen ersten Krimi in ein liniertes Schulheft. Der Roman enthält schon viele Elemente meiner späteren Krimis.

Mit sechzehn erhielt ich das Angebot eines Redakteurs, bei seiner Wochenzeitung einzusteigen, er sehe Talent bei mir. Meine Eltern stellten sich quer, also beendete ich das Gymnasium, studierte Germanistik und Anglistik in Wien und wurde Gymnasiallehrer für Deutsch und Englisch. Und diesem Beruf ging ich lange Jahre nach, mit gelegentlichen Versuchen auszubrechen, unter anderem einem Jahr in Großbritannien, wo ich erst so richtig Englisch sprechen und schreiben lernte.

_Buchwurm.info:_
Warum und wozu wurden Sie auch Verleger?

_Preyer:_
Verleger wurde ich im Jahr 1996, als ich mich meinem ursprünglichen Berufswunsch wieder annähern wollte. Ich verlegte übrigens auch einen Roman des Journalisten, der meine erste Weihnachtsgeschichte veröffentlichte; ich machte den Wohnort C. H. Guenters ausfindig und brachte seine späten Romane heraus. Aber jetzt bin ich am eigentlichen Ziel angelangt: Ich schreibe wieder selbst, und das sehr intensiv, in den frühen Morgenstunden. Siehe oben.

_Buchwurm.info:_
Was ist Ihr bevorzugtes Literaturgenre? Wahrscheinlich Belletristik – und welches Untergenre?

_Preyer:_
Belletristik. Kriminalromane.

_Buchwurm.info:_
Sie haben drei Sherlock-Holmes-Abenteuer veröffentlicht. Was finden Sie an dieser Figur besonders interessant und anziehend?

_Preyer:_
Mich reizt das gesamte Personal der von Conan Doyle erfundenen Geschichten: Gut – Böse, Gescheit – Dumm aufgeteilt auf verschiedene Personen, ausgemalt mit verschiedenen Farbtönen zwischen den Extremen. Die Paarung Holmes – Watson wiederholt sich ja oft in Literatur und Film. Denken wir an Don Quixote und Sancho Pansa, an Laurel und Hardy, an Wiener Doppelconferencen*, an Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar.

*: Die Wiener Doppelconference bestand und besteht aus Kabarettnummern, in denen ein Gescheiter gegen einen Dummen antritt, mit den köstlichsten Verwicklungen, wobei meist am Schluss der Gescheite die Nerven wegwirft. Die besten Nummern waren die mit Karl Farkas und Ernst Waldbrunn. Auch ein Wikipedia-Artikel widmet sich in knappen Worten diesem Phänomen: http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelconf%C3%A9rence

_Buchwurm.info:_
Wollten Sie sich in die Annalen der Holmes-Literatur einschreiben?

_Preyer:_
Nein, das kann auf diesem Weg nicht gelingen. So etwas wäre nur mit völlig Eigenständigem möglich, an dem ich natürlich ebenfalls heftig arbeite. Weniger an schriftstellerischem Ruhm als an den Texten.

_Buchwurm.info:_
Wie ist es Ihnen gelungen, als Autor für die Jerry-Cotton-Heftromane schreiben zu können?

_Preyer:_
Ich schrieb einen Cotton-Roman und sandte ihn an die Redaktion. Dr. Florian Marzin sah Potenzial im Text, sandte mir exakte Anleitungen für einen nahezu perfekten Cotton zu, und ich versuchte das umzusetzen. Der Roman wurde veröffentlicht, und diesem folgten bisher drei weitere, die immer wieder in Kontakt mit dem Lektor auf Cotton-Linie gebracht wurden.

_Buchwurm.info:_
Was sind Ihre liebsten Freizeitbeschäftigungen?

_Preyer:_
Ich bin ein unruhiger Mensch, ich muss in Bewegung sein. Ob dies innere Bewegung ist, wie beim Schreiben, beim Ausdenken von Geschichten, bei langen Spaziergängen oder meinen monatlichen Reisen. Der Hund und ich begeben uns jeden Monat eine Woche auf eine Reise, um neue Eindrücke zu gewinnen.

_Buchwurm.info:_
Wagen wir einen Ausblick. Woran arbeiten Sie gerade? Wann erscheint Ihr nächstes Buch?

_Preyer:_
Mein nächster umfangreicher Roman erscheint Ende März 2011 im Wiener Verlagshaus |Hernals|. Titel: „Ludwigsmord“. Thema: Eine moderne Auseinandersetzung mit den Rätseln um den Tod König Ludwigs II. (des „Kini“, der Neuwschwanstein erbauen ließ.)

Soeben abgeschlossen habe ich einen Krimi, der in meiner Heimatstadt spielt. Und jetzt befasse ich mich mit einem möglichen vierten Fall meines Sherlock Holmes. Die jeweils neuesten Projekte J. J. Preyers verrät meine Homepage: [www.oerindur.at/preyer.htm.]http://www.oerindur.at/preyer.htm

_Buchwurm.info:_
Werden Sie weitere Holmes-Abenteuer verfassen?

_Preyer:_
Wenn mir etwas Interessantes einfällt und wenn der jetzige Holmes ([„Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic“,]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3898402916/powermetalde-21 die Red.) einigermaßen gut ankommt, wäre das möglich.

_Biografie:_

J. J. PREYER, geboren 1948 in Steyr, Österreich, als Josef Johann Preyer, laut Taufschein.

Ab dem 14. Lebensjahr literarische Veröffentlichungen.

Studium Deutsch, Englisch in Wien.

Lehrtätigkeit in der Jugend- und Erwachsenenbildung.

1976 Auslandsjahr in Swansea in Wales.

1982 Initiator des Marlen-Haushofer-Gedenkabends, der durch die Teilnahme des Wiener Kulturjournalisten Hans Weigel den Anstoß zur Wiederentdeckung der Autorin gab.

Mitarbeit an der Kinderzeitschrift „KLEX“ von Peter Michael Lingens.

1996 gründete J. J. Preyer den |Oerindur|-Verlag, einen Verlag für lesbare Literatur und Krimis.

J. J. Preyer schreibt seit Jahresbeginn 2010 für die Romanserie JERRY COTTON im [|Bastei|-Verlag.]http://www.bastei-verlag.de/

_J. J. Preyer auf |Buchwurm.info|:_
[„Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5513

MacBride, Stuart – Dying Light

_McRae, der Loser: Erfolgreich gegen jede Hoffnung_

In Abderdeen ist Detective Sergeant Logan McRae mit gleich drei Fällen befasst. Es beginnt mit Rosie Williams, ausgezogen und zu Tode geprügelt, die man unten an den Docks findet. Am anderen Ende der Stadt verbrennen sechs Menschen in einem Haus – jemand hat die Haustür zugeschraubt und Benzinbomben in die Fenster geworfen. Menschen verschwinden spurlos. Und schließlich muss sich Logan fragen, wie so sich ein angesehener Journalist wie sein Freund Colin Miller mit einem Typen einlässt, der offenbar für einen Gangsterboss aus Edinburgh arbeitet …

_Der Autor_

Stuart McBride war schon alles Mögliche: ein Grafikdesigner, dann ein Anwendungsentwickler für die schottische Ölindustrie und jetzt Kriminalschriftsteller. Mit seiner Frau Fiona lebt er in Nordostschottland. Seine Krimis um Detective Sergeant Logan McRae spielen in Aberdeen. Mehr Infos finden Sie unter [www.stuartmacbride.com]http:// www.stuartmacbride.com

|Werke:|

1) „Cold Granite“ (2005) = [„Die dunklen Wasser von Aberdeen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2917
2) „Dying Light“ (2006) = [„Die Stunde des Mörders“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3739
3) „Broken Skin“ (2007) = [„Der erste Tropfen Blut“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4940
4) „Blind Eye“ = „Blinde Zeugen“
5) „Flesh House“ (2008) = [„Blut und Knochen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5792
6) „Halfhead“ (2009) – noch ohne dt. Titel
7) „Dark Blood“ (2010) – noch ohne dt. Titel
8) „Shatter the Bones“ (2011) – noch ohne dt. Titel

_Handlung_

Zuerst schraubt der Pyromane die Haustür zu, solange keiner was merkt, dann wirft er die Benzinbomben durch die Fenster im oberen Stockwerk des heruntergekommenen, besetzten Hauses. Während die Schreie anfangen und das Dach nach unten zu sinken beginnt, öffnet er seinen Hosenschlitz und holt sich munter einen runter. Ah, wie sie brutzeln und schreien …

Detective Sergeant Logan McRae von der Polizei in Aberdeen hat sich schon mal besser gefühlt, als er diesen Morgen seinen Dienst antritt. Bei seiner letzten Aktion gegen Diebe oder Hehler – es gab nur einen Tipp – ist sein Kollege Trevor Maitland schwer verwundet worden und liegt auf der Intensivstation. Die Dienstaufsicht in Gestalt von Mr. Napier droht, ihm den Arsch aufzureißen, gibt ihm aber noch eine letzte Chance: In der Vermassler-Schwadron, die von Detective Inspector Steel befehligt wird. Steel ist nicht nur eine Kettenraucherin, sondern auch eine Lesbe, die an ihren männlichen Kollegen stets etwas auszusetzen hat. Kann es schlimmer kommen? Es kann.

Unten bei den Docks, nahe dem Straßenstrich, wurde die Leiche von Rosie Williams gefunden, einer Prostituierten, die Logan kannte. Der Killer hat sie ausgezogen und zu Tode geprügelt. Als sie Rosies Freund Jamie McKinnon suchen, stoßen Logan und Steel erst auf Susie, Jamies Schwester. Die führt sie unwissentlich direkt zu Jamie, dessen Flucht sie zu verhindern wissen. Haben sie ihren Prostituiertenkiller?

Kurz nach diesem Erfolg ruft Inspector Insch Logan zu der Sache mit dem niedergebrannten Haus hinzu. Logan fällt sofort auf, dass dies genau jene Gegend ist, in der die Bande, die Maitland niederschoss, ihr Hauptquartier hatte. Logan verfügt über die seltene Fähigkeit, sich in den Täter hineinzuversetzen. Was würde er tun, wenn er Feuer gelegt hätte und auf die Schreie lauschte? Genau. Logan findet das vollgespritzte Taschentuch in der einzig möglichen Ecke. Immerhin haben sie jetzt eine DNS-Probe.

Wenige Tage später findet eine Spaziergängerin im „Wald der Skulpturen“ eine weitere erschlagene Prostituierte, Michelle Wood. Nicht weit davon liegt ein toter Labrador in einem Koffer – eine Fingerübung, wie Logan es nennt: Der Killer hat die Hurenmorde geübt. Mittlerweile ist der Straßenstrich in Aufruhr: Warum tun die Bullen nicht endlich was? Das Einzige, was Logan einfällt und was er Steel vorschlagen kann: Als Prostituierte verkleidete Polizistinnen sollen den Täter anlocken und so fangen. Steel, die Ketteraucherin mit dem faulen Mundwerk, wird sofort sarkastisch und tauft diese Schnapsidee „Operation Cinderella“. Sie haben maximal fünf Tage Zeit.

Unterdessen wird in einem weiteren Haus Feuer gelegt. Während sich beim Ersten herausstellte, dass ein bekannter Drogendealer dabei ums Leben kam, ist es diesmal eine scheinbar völlig unbescholtene Familie. Logan ist der Erste, der die Leiche hinter der eingeschlagenen Haustür findet. Mittlerweile befindet sich Jamie McKinnon im Krankenhaus: Er hat versucht, sich im Gefängnis umzubringen. Aber er kommt vom Regen in die Traufe: Zwei Gentlemen statten ihm einen Besuch ab, den er nicht so schnell vergisst, wie Logan und Steel finden. Jamies Finger sind gebrochen und in seinem Enddarm befindet sich ein Viertelkilo bestes Crack-Kokain. Offenbar möchte jemand, dass er das Gefängnis damit versorgt, wenn er dorthin zurückkehrt. Das wissen die Cops zu vereiteln.

Auf dem Ü-Video des Hospitals kommt Logan eines der beiden Gesichter bekannt vor. Er hat den hochgewachsenen Kerl, der Jamie die Finger gebrochen hat, schon in einem Pub im Gespräch mit Colin Miller gesehen. Colin ist Journalist bei der Tageszeitung von Aberdeen und ein Freund. Colin hat auch Logans Ex, die Pathologin Isobel McAlister, „geerbt“. Der Kerl, den Logan, kommt entsprechend seinem Akzent nicht aus der Stadt, sondern aus Edinburgh, wo bekanntlich der Gangsterboss Malcolm Maclennan das Sagen hat, den alle nur „Malk das Messer“ nennen. Was wollen Malks Abgesandte in Logans Stadt aufziehen? Wohl keinen Verein der christlichen Wohlfahrt, sondern eher ein Drogengeschäft.

Während sich Operation Cinderalla hinzieht, kann Logan Colin breitschlagen, ihm die Adresse der beiden Gangster zu verraten. Mit Großaufgebot lässt Steel auffahren und die beiden hopsnehmen. Sie darf sie nach schottischem Recht sechs Stunden ohne Anklage verhören und ohne ihnen einen Anwalt zu geben. Die Zeit wird knapp, als die beiden mauern. Die Cops ahnen nicht, dass sie die beiden Ziehsöhne Maclennans vor sich haben.

Um die Wartezeit totzuschlagen, nimmt sich Logan einer Vermisstenanzige an. Mrs. Ailsa Cruickshank Manns Gavin sei spurlos verschwunden, heißt es. Bei dieser Ermittlung stößt Logan unerwartet auf eine heiße Spur im Fall der toten Nutten …

_Mein Eindruck_

Ermittlungen sind einander in aller Welt etwas ähnlich, was wohl in der Natur der Sache liegt. Deshalb muss ein Krimiautor darauf achten, wer die Ermittler sind und vor allem, wo und unter welchen Umständen sie ihre Arbeit tun. Logan McRae, genannt Lazarus, arbeitet in Aberdeen, einer der reichsten und zugleich mörderischsten Metropolen des Vereinigten Königreichs. Die Ölindustrie hat jede Menge Kohle in die Stadt gebracht, die explosionsartig ins ländliche Umland wuchert, doch das Geld lockt auch Drogenhändler und andere Verbrecher an, die ihren Anteil absahnen wollen. Ob es wohl nur am schlechten Wetter liegt, dass es hier mehr Morde pro Kopf gibt als in Wales und England zusammen?

Ein weiterer wichtiger Unterschied, der Logans Arbeit bestimmt, ist das spezielle Strafverfolgungs- und Justizsystem, das in Schottland gilt. Mehrmals im Buch weist Logan seine „Kunden“ süffisant darauf hin, dass alle die Krimis, die sie so eifrig lesen, nur für England Gültigkeit haben, nicht aber im schönen Schottland. Hier bläst buchstäblich ein anderer Wind. Nur Val McDermid lässt er noch gelten, denn sie stammt aus Kirkcaldy, Schottland.

Eine der Folgen dieses andersartigen Systems ist die, dass ein Verhafteter keinen Anwalt gestellt bekommt. Nein, Sir! Erst wenn es den braven Polizisten gefällt, ihm oder ihr einen Anwalt zuzugestehen. Klingt absurd, ist aber Realität. Eine weitere Besonderheit ist der Titel des Staatsanwalts, der einen Haft- oder Durchsuchungsbefehl ausstellen muss, bevor die Bullen tätig werden können: Procurator Fiscal. Klingt eher nach einem Finanzbeamten als nach dem Vertreter der Anklage. Aber keine Angst: Die Assistentin eines solchen PF kann richtig süß und humorvoll sein, wie Logan bald am eigenen Leib zu spüren bekommt. Und hab ich schon erwähnt, dass (drittens) alle Cops unbewaffnet sind? Nun, das erweist sich, als es hart auf hart kommt, als strategischer Nachteil.

Logan, Steel, Insch und all die anderen sind keine perfekten Ermittlungsmaschinen, sondern vielmehr allzu menschliche Vermassler. Sie können von Glück sagen, wenn sie eine Maus in einer Falle fangen. Hartnäckigkeit und Verbohrtheit scheinen eher die Stärke der hochwohlgeborenen Inspectors zu sein, unter denen Logan zu dienen hat. Sie weisen deutliche Macken auf: Steel ist eine kettenrauchende, lesbische Zynikerin, die an nichts mehr glaubt außer an die Privilegien ihres Standes. Und Insch futtert am laufenden Süßigkeiten, bis er so fett wie ein Elefant ist.

Glasklar, dass solchen Figuren eigentlich kein Erfolg zuzutrauen ist, deshalb tut Logan sein Bestes, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen – was so viel Absurditäten schon schwer genug ist. Er schiebt 22-Stunden-Schichten, bis er halbtot ins Bett fällt, und selbst am Wochenende, wenn er mit der Polizistin Jackie Watson shoppen geht, lässt er sich noch „überreden“, seine Pflicht zu tun. Und es gibt immer ein Druckmittel gegen ihn, beispielsweise die Dienstaufsicht.

|Gewalttätigkeit|

Die Umgebung, in der er sich wie ein Fisch im Wasser bewegt, ist ein raues Pflaster. Aberdeen war schon immer eine Seefahrerstadt, aber jetzt kommen auch noch Neureiche und Drogendealer hinzu. Logan ist an Brutalität gewöhnt und kann selbst mal zuschlagen (wenn keiner zuschaut), aber was er nun zu sehen bekommt, übersteigt jedes Maß: abgefackelte Häuser mit Menschen darin; zu Tode geprügelte Prostituierte; gefolterte Menschen wie seinen Freund Colin Miller. Kein Wunder also, dass ihn Albträume heimsuchen. Es sei denn, Jackie bringt ihn auf andere, interessantere Gedanken.

|Drastische Sprache |

Diese Brutalität ist ein Markenzeichen der Krimis von Stuart MacBride. Der Leser sei gewarnt. Er akzeptiert die grausigen Szenen oder er lässst die Finger davon. Das gilt auch für die raue Sprache des Originals (über die Übersetzung kann ich mir kein Urteil erlauben). Da wird am laufenden Band „shite“, „fuck“ oder „bloody“ gerufen und geflucht, dass ein Henker schamrot werden würde. Hinsichtlich des drastischen Fluchens hält sich der Autor aber auffällig zurück.

|Furien in Mariengestalt|

Das eigentlich so attraktive Markenzeichen, das mir die Lektüre zu einem Vergnügen gemacht hat, ist der sarkastische Sprachwitz. Es gibt jede Menge Beispiele, aber sie hier aufzuführen wäre eine Zumutung für den guten Geschmack. Auffällig fand ich jedoch, dass die drastischsten Sprachbilder von weiblichen Figuren verwendet werden. Die Frauen in diesem Roman stehen den Kerlen in keinster Weise nach, wenns ums Fluchen und Schimpfen geht. Wenn schon mit den Schotten nicht gut Kirschen essen ist – wie ich anno 1984 selbst festgestellt habe – so gilt das für die Frauen aus der Arbeiterklasse noch viel weniger.

Aber der Autor will nicht diskriminierend sein. Frauen der angeblich besser verdienenden Klasse führen sich letzten Endes ebenso mörderisch auf wie die angeblich unter ihnen stehenden Evastöchter. Und das sorgt am Schluss für eine oder zwei schockierende Wendungen.

Dies wäre kein schottischer Krimi, wenn nicht wenigstens ein oder zwei Honoratioren Federn lassen müssten. Ian Rankin hat es mehrfach vorexerziert, z. B. in „Ehrensache“. Der eine Ehrenmann ist Andrew Marshall, ein Stadtrat, der in der Zeitung gerne über die Fehler der Polizei herzieht. Doch wie sich herausstellt, besucht er Prostituierte, um mit ihnen harte Pornospiele zu treiben. Auch wenn die betreffende Prostituierte erst 13 Jahre alt ist. Der andere „Ehrenmann“ ist der vergötterte Ehemann Gavin Cruickshank, der es aber nicht nur mit der Göttergatin trieb, sondern auch mit der Rezeptionistin und einer Stripperin. Der Autor erspart dem bürgerlichen Leser wirklich nichts. Auch nicht in seinen anderen Krimis.

_Unterm Strich_

Logan McRaes drei simultane Ermittlungen sind spannend, abwechslungsreich und grenzen mitunter an Don Quichottes Kampf gegen Windmühlen. Wie in einer absurden Komödie tricksen sich die Figuren gegenseitig aus und einer ist immer der Dumme: Logan natürlich. Er merkt sogar selbst, dass er den anderen dabei hilft, doch als er dann auf eigene Faust ermittelt, Erfolg hat und gelobt werden soll, stellt er sich selbst ein Bein. Sieht so aus, als wäre dieser sympathische Loser selbst sein größter Feind. Aber wozu hat er Freunde wie seine patente und kuschelige Jackie?

|Gewalt|

Die drei Fälle, die ihm (und somit uns) so undurchsichtig erscheinen, sind mehr oder weniger miteinander verwickelt. Und dennoch gilt der alte Ermittlergrundsatz: Es ist alles anders, als es scheint. Die Details mögen blutig erscheinen, doch die Gewalt, wenn sie mal ausgeübt, ist es nicht: Keiner wird aufgeschlitzt, um Tonnen von Blut zu verspritzen. Solche Szenen gehören in Splatter-Romane, und „Dying light“ ist gewiss keiner. Der Grusel entsteht vielmehr im Kopf des Lesers, der sich vorstellen soll, was die Täter – es sind ja mehrere – alles mit ihren Opfern angestellt haben. Diese Vorstellung ist schon schlimm genug.

|Sprachwitz|

Ich möchte nicht verschweigen, dass ich diesen spannenden Krimi in nur zweieinhalb Tagen gelesen, weil er auch sehr witzig ist. Abgesehen von der Absurdität, ist es vor allem der Sprachwitz des Originals, der mir ausnehmend gut gefiel. Die sprachlichen Witze ließen zwar im letzten Drittel zugunsten der Spannung nach, sind aber immer noch sehr ausgefallen.

|Taschenbuch: 528 Seiten
ISBN-13: 978-0007193165|
[www.harpercollins.com]http://www.harpercollins.com

Child, Lee – Trouble (Jack Reacher 11)

_|Jack Reacher|:_

Band 1: „Größenwahn“
Band 2: [„Ausgeliefert“ 905
Band 3: [„Sein wahres Gesicht“ 2984
Band 4: [„Zeit der Rache“ 906
Band 5: [„In letzter Sekunde“ 830
Band 6: „Tödliche Absicht“
Band 7: [„Der Janusmann“ 3496
Band 8: [„Die Abschussliste“ 4692
Band 9: [„Sniper“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5420
Band 10: „Way Out“
Band 11: _“Trouble“_
Band 12: „Nothing to Lose“ (2008; noch kein dt. Titel)
Band 13: „Gone Tomorrow“ (2009; noch kein dt. Titel)
Band 14: „61 Hours“ (2010; noch kein dt. Titel)
Band 15: „Worth Dying For“ (2010; noch kein dt. Titel)

Mit der Figur des eisenharten Jack Reacher hat Lee Child einen Charakter geboren, der an Härte und Gewalt seinesgleichen sucht. Jeder Psychologe würde bei dem geistigen Status des ehemaligen Elitepolizisten zweifelsfrei die Diagnose „Soziopath“ stellen, dazu noch erweitert um ein hohes Maß an ausgeprägter Gewaltbereitschaft. Um es auf den Punkt zu bringen: Jack Reacher ist ein hochgefährlicher Mann, der aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner militärischen Ausbildung zu einer tödlichen Waffe werden kann.

Man ist also besser dran, wenn man diesen Einzelgänger nicht zum Feind hat, sonst steigt die Wahrscheinlichkeit, eines gewaltsamen Todes zu sterben, in exorbitante Höhen.

Lee Child involviert seinen (Anti-)Helden Jack Reacher in seinem neuesten Roman „Trouble“ diesmal viel persönlicher als in seinen letzten Auftritten.

_Inhalt_

Jack Reacher ist ruhe- und rastlos. Persönliches Eigentum oder Statussymbole sind ihm fremd und bedeuten ihm wenig. Weder hat er einen festen Wohnsitz, noch eine Familie, an die er sich bindet. Auf sich alleine gestellt, dabei aber auch nicht unglücklich, lässt er sich durch die Städte treiben, ohne wirklich ein Ziel vor Augen zu haben.

Er lebt von seinen Ersparnissen, die aber langsam zur Neige gehen, und er weiß, dass er bald irgendeinen Job annehmen muss. Jedenfalls ist dies allzu ersichtlich, wenn er seinen aktuellen Kontostand betrachtet. Doch als er eines Tages in Portland, Oregon, auf seinen Kontoauszug blickt, staunt er nicht schlecht, denn sein Kontostand ist durch die Gutschrift einer Bareinzahlung um 1030 $ angestiegen. Nach kurzer Überlegung ist ihm klar, dass es sich hier nicht um einen Irrtum oder einen Fehler der Bank handeln kann. Die Zahl 1030 ist eine persönliche und dadurch direkte Botschaft, die ihn nun erreicht hat. Der ehemalige Offizier einer militärischen Sondereinheit wird mit diesem Notrufcode konfrontiert, den er seit Jahren nicht mehr vernommen hat.

Als Reacher seine frühere Kollegin Frances Neagley kontaktiert und aufsucht, offenbart sich ihm eine verstörende und beängstigende Erklärung: Einer seiner Kollegen und ebenfalls Mitglied der Sondereinheit, die Reacher geleitet hat, ist tot. Calvin Franz wurde gefoltert, seine Beine mit brutalen Schlägen gebrochen, und wenig später wurde er über der Wüste Nevadas aus einem Helikopter in den sicheren Tod gestürzt.

Eiskalte Wut überkommt Jack Reacher. Niemand wirft einen seiner besten Freunde und Kollegen aus großer Höhe kaltblütig aus einem Helikopter. Für Reacher sind die Mörder wandelnde Tote, sie wissen es nur noch nicht. Zusammen mit Frances Neagley ruft er die überlebenden Mitglieder seiner alten Einheit zusammen, doch auch hier, so erfahren sie wenig später, sind nicht mehr alle am Leben. Es gibt Vermisste, die sich trotz aller Anstrengungen nicht mehr auffinden lassen.

Für Jack Reacher und die überlebenden Mitglieder seiner alten Einheit wird es nun persönlich, und getrieben von Wut rüsten sie sich zu einem vernichtenden Rachefeldzug. Egal, wer der Gegner auch sein mag – Reacher wird zum Todesengel …

_Kritik_

Wer schon einige Romane der „Jack Reacher“-Serie aus der Feder des Autors Lee Child gelesen hat, weiß, dass der Sonderermittler nicht zimperlich ist mit seinen Mitteln und Methoden, um gegebenenfalls Gerechtigkeit walten zu lassen.

Doch in „Trouble“ ist der Titel durchaus ernst gemeint und ein Fingerzeig für die Handlung des Romans. Für Jack Reacher wird es nun persönlich, und da versteht der recht zynische und ohnehin humorlose Mann keinen Spaß.

Aber Jack Reacher, so kalt, grausam und brutal er auch immer sein mag – hier werden ihm durch die Einberufung des ehemaligen Teams auch sein eigener Charakter und seine sehr individuelle Entwicklung wie ein Spiegel vor Augen geführt. Seine ehemaligen Kollegen haben Fuß fassen können, draußen in der „normalen“ Zivilisation. Sie haben sich durch hochbezahlte Jobs in der Gesellschaft akklimatisiert. Viele sind verheiratet, haben Kinder und dadurch auch einen festen Wohnsitz. Solche Bindungen kann Reacher nur schwerlich nachvollziehen, doch zeigt es sich, dass hinter einer rauen Schale auch ein weicher Kern existieren kann. In einigen Dialogen wird durchaus offensichtlich, dass Jack Reacher neidisch auf seine Kollegen ist, die ihre Nische gefunden haben, natürlich mit allen angenehmen und auch unangenehmen Begleiterscheinungen des täglichen Lebens.

Jack Reacher ist außerordentlich wütend, und nur noch getrieben von Rachegedanken, ist ihm jedes Mittel recht, um die Mörder seiner Freunde zu liquidieren. „Trouble“ ist um einiges härter, als man es ohnehin schon aus den anderen Bänden der Serie kennt. Dass Rache süß sein kann, interessiert Reacher nicht. Für ihn ist Rache ein Gericht, das entweder scharf gewürzt oder aber auch eiskalt serviert wird, ohne sich den Luxus einer Vor- und Nachspeise zu gönnen. Seine Konzentration und Willenskraft scheint übermenschlich zu sein, und, einem zuverlässigen Uhrwerk gleich, ticken Reacher und sein Team wie eine Zeitbombe.

Auch in „Trouble“ hält sich Reacher nicht lang mit Worten auf. In Sekundenbruchteilen spielt er sich als Ankläger, Richter und Henker auf, sodass der eine oder andere Leser durchaus mit Schrecken feststellt, dass Reacher hier zwar der „Good Guy“ ist, aber manchmal durch einen Ausflug in sein „Bad Boy“-Auftreten nicht gerade durch Sympathie punktet. Auf seinem Rachefeldzug hinterlässt er schon einmal „verbranntes Land“, aber so richtig tangiert es ihn nicht, es ist ihm total egal.

Seine Kollegen dagegen zeigen schon mal Verletzlichkeit und Sensibilität, auch wenn sie wie ihr alter und neuer Chef nur auf Rache aus sind. In „Trouble“ wird offensichtlich, welche Führungsfigur Jack Reacher in seinem alten Beruf war, und mit welcher Person ihn mehr als berufliche Interessen verbanden. Aber das sind auch schon die wesentlichen charakteristischen Merkmale Reachers. Sicherlich mehr als in den anderen Romanen, aber ebenso sicher ist „Trouble“ in erster Linie einer der härtesten Thriller dieser Serie.

Seine drei anderen Kollegen überzeugen durch ganz unterschiedliche, aber auch ausgeprägte Eigenschaften, doch sind sie nichts anderes als willkommene Werkzeuge und lassen sich gerne von Jack Reacher an die Hand nehmen. Die Handlung ist erstklassig spannend, manchmal allerdings gibt es kleinere Klippen, die der Autor aber geschickt umschifft, wenn er dem Leser die Dialoge zwischen den Charakteren vor Augen hält und somit einiges aus der Vergangenheit präsentiert.

Explosiv und auch hier im Verhältnis zu den anderen Romanen wie „Sniper“ und „Way Out“ speziell gelagert, konzentriert sich Lee Child nicht nur auf einen abschließenden Showdown. Als Schwachpunkt anzusehen sind diesmal die Gegner Reachers, die bei ihm Nachhilfestunden in Brutalität und Kaltblütigkeit buchen könnten. Etwas blass und hilflos wirken diese manchmal und mit der Situation sichtlich überfordert. Ein „Bösewicht“, der in der gleichen Liga wie Reacher selbst spielt, ist bestimmt schwierig zu konzipieren, doch es wäre auch interessant zu sehen, wie sich Reacher gegen einen gleichwertigen Gegner verhält!

_Fazit_

„Trouble“ lebt von und mit seiner Figur des Jack Reacher. Mit dieser Figur erschuf Lee Child einen Charakter, der wohl in der literarischen Thrillerwelt seinesgleichen suchen muss.

Spannend und abwechslungsreich, überzeugt „Trouble“, ohne ins Klischeehafte abzudriften. Lee Childs Stil überzeugt, doch wohin soll die Reise von Jack Reacher wohl noch gehen? Wann könnte der Gegner kommen und vor allem, wer könnte der Gegner sein, der den Militärpolizisten wirklich herausfordert? In „Trouble“ konnte der Leser schon erleben, wie psychopathisch Reacher sein kann, und hier zeigen sich erschreckende Züge im Charakter. Aber vielleicht ist das genau der Kernaussage des Autors.

„Trouble“ bietet Spannung und Action auf höchstem Niveau. Brutal, eiskalt, unmenschlich – aber ein Garant für Gänsehaut. Hart, härter – Reacher … eine Steigerung, die Programm zu sein scheint.

Prädikat: Lesen Sie „Trouble“ und lernen Sie weitere dunkle Eigenschaften von Jack Reacher kennen. Kristallklar zu empfehlen.

|Hardcover: 448 Seiten
Originaltitel: Bad Luck and Trouble
ISBN-13: 978-3764503550|
[www.randomhouse.de/blanvalet]http://www.randomhouse.de/blanvalet

Cast,, P.C. & Kristin – Ungezähmt (House of Night 4)

_|House of Night|:_

Band 1: [„Gezeichnet“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6374
Band 2: [„Betrogen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6277
Band 3: [„Erwählt“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6550
Band 4: _“Ungezähmt“_
Band 5: „Gejagt“ (erscheint am 01.02.2011)
Band 6: „Versucht“ (erscheint am 01.05.2011)
Band 7: „Verbrannt“ (erscheint am 01.08.2011)

_Zwei Tage ist es nun her_, dass Zoey Redbird durch ihre Geheimniss, alle ihre Freunde vor den Kopf gestoßen hat, nun redet keiner mehr mit ihr.

Nur Aphrodite und Stevie Rae sind ihr geblieben und die beiden sind nach der Wandlung Stevie Raes verschwunden. So ist Zoey ganz auf sich allein gestellt. Sie kommt gerade von ihrer Stute Persephone, als sie von einer kaum zu benennende Angst überfallen wird. Die Luft scheint anders geworden zu sein und Zoey meint Flügelschlagen zu hören, als sie plötzlich von etwas Schattenhaftem angegriffen wird.

Panisch läuft sie zurück in die Schule und auf ihrer Hand erscheinen rote Striemen. Da sie nichts zu verlieren hat, setzt sie sich dann zum Essen an den Tisch ihrer Clique, wo sie erst einmal völlig ignoriert wird. Sie versucht mit den anderen ins Gespräch zu kommen, wird aber abgelehnt.

Dann endlich taucht Aphrodite wieder auf, allerdings mit schlimmen Nachrichten. Sie hatte wieder Visionen, dieses Mal sah sie Zoey tot und den Krieg, den Neferet den Menschen erklärt hat. Jedes Mal wenn Zoey in ihren Visionen starb, war sie allein, ohne Hilfe und Freunde. Um Zoes Leben zu schützen, redet sie mit den „Zwillingen“ Shaunee und Erin, Damian und Jack, um sie davon zu überzeugen, dass Zoey teilweise keine andere Chance hatte, als ihnen einiges zu verheimlichen.

Dass Zoey stirbt, will selbstverständlich niemand und so wird Zoey wieder in die Mitte ihrer Freunde aufgenommen. In den Visionen Aphrodites taucht außerdem eine alte Legende der Cherokee auf. Ein Anruf bei Zoeys Großmutter klärt es auf und Grandma Redbird steht den Jugendlichen bei und macht sich auf den Weg ins House of Night, um aus der Nähe helfen zu können.

Eine Überraschung gibt es an diesem Abend auch noch, die Anführerin aller Hohepriesterinnen, Shekinah, kommt das Internat besuchen, und nachdem sie feststellt, dass dort einiges im Unreinen ist, beschließt sie eine Weile zu bleiben.

Durch die Visionen Aphrodites steht fest, dass ein Kampf zwischen Gut und Böse immer unausweichlicher wird, sind die Jungvampyre diesem schon gewachsen?

_Kritik_

Mit |Ungezähmt|, dem vierten Teil der „House of Night“-Reihe hat das Mutter-Tochter Gespann P.C. und Kristin Cast den bisher stärksten Band geschrieben und damit ist ihnen eine große Steigerung zu den vorangegangenen Romanen gelungen.

|Ungezähmt| schließt direkt an seinen Vorgänger |Erwählt| an, die Geschichte geht zwei Tage nach den letzten Ereignissen weiter und erzählt auch diesmal nur von wenigen Tagen an dem Vampyr-Internat, die aber sehr ereignisreich verlaufen.

Der Sprachstil bleibt gewohnt jugendlich, reift aber mit den Charakteren. Dem Stil der Autorinnen kann der Leser gut folgen, er ist flüssig zu lesen und leicht zu verstehen. Auch die Spannung kommt nicht zu kurz, von der ersten Seite an wird ein Spannungsbogen erzeugt, der sich steigend durch den Roman zieht und sich erst in einem packenden Showdown entlädt.

Eine große Rolle spielt diesmal eine Legende der Cherokee-Indianer, diese wird geschickt in das Geschehen eingewoben und bringt einen sehr interessanten und geheimnisvollen Aspekt in die Geschichte ein. Dadurch bekommt der Leser auch ein paar interessante Hintergrundinformationen zu Zoey selbst und ihrer Großmutter. Erzählt wird die Geschichte weiterhin aus der Zoey-Perspektive.

Auch eine Organisation, die „Street Cats“ bekommt hier einen wichtigen Auftritt und bereichert die Geschichte ernorm, auf menschlicher sowie auf tierischer Ebene. Die Protagonisten entwickeln sich in diesem Roman deutlich weiter. Lebensnah und glaubwürdig konzipiert, reifen diese mit den Ereignissen, denen die Charaktere ausgesetzt sind.

Über Zoey lässt sich erst einmal sagen, dass sie ohne verschiedene Liebhaber und ihre wirren Gefühle, gleich um einiges liebenswerter und interessanter wird. Der Leser erfährt so mehr von dieser außergewöhnlichen Protagonistin und auch ihr indianischer Hintergrund kommt mehr zum Tragen. Zoey ist durch die Ereignisse der letzten Wochen sehr gereift, wirkt verantwortungsbewusster und kümmert sich wieder mehr um das Wesentliche.

Eine Drehung um 180° hat ihre einstige Konkurrentin Aphrodite gemacht. Von der fiesen Zicke wandelt sich diese zu einer treuen Freundin, die ihr Inneres zwar noch gerne unter einer harten Schale versteckt, ihre positiven Seiten aber mehr und mehr zum Vorscheinen kommen lässt.

Außergewöhnlich ist der Charakter der Anführerin aller Hohepriesterinnen, Shekinah. Recht geheimnisvoll, aber dabei doch sehr vertrauenswürdig, steht sie sowohl Neferet, aber auch Zoey zur Seite.

Auch bekommen die jugendlichen Vampyre wertvolle Unterstützung aus ungewohnter Richtung. Die Nonne Schwester Angela steht Zoey bei einem schlimmen Ereignis zur Seite und bietet Hilfe, wo die Jungvampyre sie niemals vermutet hätten.

Auch die weiteren Charaktere sind vielschichtig und sehr interessant aufgebaut worden. Auch ein Charakter, von dem der Leser eine Wiederkehr erst einmal kaum erwartet hat, ist wieder dabei.

Das Cover ist passend zur Reihe gestaltet, auf dunklem Hintergrund wird eine junge Frau mit einem außergewöhnlichen Tattoo angestrahlt. Verschnörkelte Verzierungen, hervorgehoben durch Spotlack, machen das Cover zu etwas Besonderem. Lediglich der grün gehaltene Titel wirkt nicht besonders passend.

_Fazit_

Mit dem vierten Teil der „House of Night“-Reihe |Ungezähmt| hat das Autoren Gespann P.C. und Kristin Cast eine deutliche Steigerung zu de vorangegangenen Teilen geschaffen.

|Ungezähmt| ist der bisher beste Band der erfolgreichen Reihe und bietet Lesespaß bis zur letzten Seite.

Auch wer von dem dritten Teil |Erwählt| etwas enttäuscht war, sollte hier wieder zugreifen, die Autorinnen bieten eine spannende Geschichte mit unerwarteten Wendungen.

Der fünfte Teil |Gejagt| wird am 01.02.2011 erscheinen.

_Autor_

P.C. Cast und Kristin Cast sind das erfolgreichste Mutter-Tochter-Autorengespann weltweit. Sie leben beide in Oklahoma, USA. „House of Night“ erscheint in über 40 Ländern und hat weltweit Millionen von Fans.

|Gebundene Ausgabe: 538 Seiten
Originaltitel: Untamed. A House of Night Novel
Übersetzerin: Christine Blum
ISBN-13: 978-3841420046|
[www.fischerverlage.de]http://www.fischerverlage.de

_Nadine Warnke_

Kührer, Florian – Vampire – Monster. Mythos. Medienstar

Vampire boomen – immer noch. Im gut sortierten Bahnhofsbuchhandel findet sich unter Umständen sogar ein ganzer Tisch, der unter dem schieren Gewicht der Veröffentlichungen (Marke: triviale Massenware) zusammen zu brechen droht. Doch natürlich ist der Vampir mehr als der momentane Trend und das unbedingte Bedürfnis der Verlage, so viel Blutsauger auf den Markt zu werfen wie dieser nur irgendwie verkraften kann. „Das Thema Vampir, sein Wesen, sein Motiv, ist alles andere als trivial,“ sagt Florian Kührer, Autor des vor kurzem erschienenen Sachbuchs „Vampire. Monster, Mythos, Medienstar“. Recht hat er.

Nun gibt es auch an wissenschaftlicher Literatur keinen Mangel, auch wenn eines der Standardwerke zum Thema, „Von denen Vampiren und Menschensaugern“ von Sturm und Völker, schon seit Jahren vergriffen ist. Wer sich über den historischen, den literarischen, den filmischen Vampir informieren will oder wer an den Gender- bzw. Rassenaspekten interessiert ist, dem stehen eine Fülle an Veröffentlichungen zu Verfügung. Wer jedoch alles in einem gut lesbaren und vor allem aktuellen Buch lesen möchte, dem sei Kührers Rundumschlag ans Herz gelegt.

Leser, die Vorwissen mitbringen, werden schnell den roten Faden erkennen, an dem Florian Kührer sich durch Geschichte und Kunst vorarbeitet. Der Aufbau seines Buchs ist demnach ausgesprochen logisch – man bekommt bei der Lektüre fast den Eindruck, die Geschichte des Vampirs konnte nur so und nicht anders verlaufen, weil Kührer so anschaulich zeigt, wie bestimmte Entwicklungen aufeinander aufbauen. Natürlich startet auch er beim Volksglauben in Ost- und Mitteleuropa und rekapituliert die berühmten Vampirfälle des 18. Jahrhunderts, die – gut dokumentiert von eifrigen Beamten und Ärzten – in die Geschichte eingingen und zu ihrer Zeit den Siegeszug des Vampirs im Westen markierten. In Form von Zeitungs- und Magazinartikeln, die die Vampirseuche beschrieben, wurde die Idee des Vampirs schon damals zum Medienstar. Interessant sind hierbei die Trennlinien, die Kührer zieht. Als Romanist bringt er einen differenzierten Blick mit für die Wechselwirkungen zwischen Ost und West, Fremdartigkeit und Vorurteil. Denn was die damaligen (westlichen) Medien aus dem Wiedergänger der osteuropäischen Nachbarn gemacht haben, hat seiner Meinung nach wenig mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun. Zum einen saugt der osteuropäische Vampir kein Blut (stattdessen beraubt er – in der Regel seine Familie – der Lebensenergie, bis diese ihm ins Grab folgt) und zum anderen ist auch der Begriff „Vampir“ einer, der dem Wesen vom Westen übergestülpt wurde. In Rumänien zumindest, dem Land, das wir gemeinhin als Ursprungsland der Vampire ausmachen, gibt es das Wort gar nicht. Es wurde später sozusagen reimportiert, als das Land feststellte, dass alle Welt annahm, dort auf den Spuren Draculas wandeln zu können.

Die Geschichte geht bei Kührer fast fließend in die Literatur über. In einer Passage, die selbst schon literarisch anmutet, beschreibt er sehr bildlich, wie der Vampir den Sprung zum Medienstar schaffte: “Bevor die Wissenschaft den erst wenige Jahre zuvor als Bündel von Phänomenen entdeckten Vampir endgültig aus ihrem Repertoire der gelehrten Abhandlungen verweisen konnte, zog dieser sich in die Ecken der Bibliotheken zurück, um die Zeit bis zu seiner Neukreation als Text-Monster in den Enzyklopädien und Dictionnaires zu überdauern. Die Literaten des 19. Jahrhunderts sollten ihn wenige Jahrzehnte später finden, die Konstruktion des vermeintlich historischen Vampirs vernichten und aus den vor allem in sprachlichen Metaphern erhaltenen Versatzstücken ein völlig neues Wesen schaffen, das geeignet war, einen Siegeszug als Medienstar anzutreten.” So schön und bildlich wurde der Übergang vom untoten schmutzverkrusteten Wiedergänger aus Südosteuropa zum attraktiv-gefährlichen Vampir wohl noch nie beschrieben. (Außer vielleicht in Anne Rices Roman [„Interview mit einem Vampir“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=68 , doch sie braucht dafür viel mehr Worte.)

Was Kührer hier klar zu machen versucht, ist entscheidend: Dass nämlich der Vampir, wie wir ihn heute kennen, kaum etwas mit dem historischen Volksglauben gemein hat. Trotzdem fußt er in gewisser Weise auf diesem. Ohne diese erste Welle von Artikeln und wissenschaftlichen Abhandlungen zur Existenz von Vampiren hätten die Künstler Westeuropas vielleicht einem ganz anderen Mythos auf den Zahn gefühlt. Und dass der Vampir damals en vogue war, beweist die Liste illustrer Autoren, die sich literarisch mit ihm auseinandersetzten: von Geothe über Tolstoi bis E.T.A Hoffmann ist alles dabei. Allerdings beginnt die literarische Zeitrechnung mit dem ansonsten unbekannten John William Polidori und seiner 1819 veröffentlichten Erzählung [„Der Vampyr“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=5426 . Hier schlägt für den Vampir die Stunde Null, denn hier findet seine Reinkarnation von der puren belebten Leiche zum fühlenden – wenn auch grausamen – Byronic Hero statt. Auch heute noch kann man diesen Vampirtypus in zahlreichen Publikationen finden, man denke nur an den hedonistischen Lestat aus der „Chronik der Vampire“.

Florian Kührer arbeitet alle üblichen Verdächtigen ab. So geht er sowohl auf Le Fanu als auch auf Byron ein und natürlich ist Bram Stoker ein besonderer Platz reserviert. An Aktualität gewinnen Kührers Ausführungen dadurch, dass er auch auf neuere Strömungen eingeht, so zum Beispiel auf die heute allgegenwärtige „Twilight“-Serie. Der Vampir kann heute für alles herhalten: „Er ist Teenie-Schwarm und Werbeträger, Antisemit und Massenmörder – ‚allen ist er alles geworden‘. Läuft der Vampir Gefahr, sich durch seine ausufernde Präsenz selbst zu trivialisieren?“ Kührer beantwortet seine Frage an späterer Stelle mit etwas Wehmut selbst: „Besonders Puristen werden sich angesichts der jüngsten Vampirgeschichten wünschen, dass endlich auch ein Gegentrend zur erzählerischen Trivialisierung und vor allem zur völligen Entgrenzung des Stoffes einsetzt.“ Damit trifft er den Nagel auf den Kopf, denn der Vampir muss heute in der Unterhaltungsindustrie für so ziemlich alles herhalten. Der Staubsauger namens „Vampyr“ ist da noch die harmlose Variante – Florian Kührer hat auch zu diesem Themenkomplex einiges zu berichten.

Natürlich wird auch die Filmkarriere des Vampirs beleuchtet. Dazu kommen Genderaspekte (z.B. zu [„Carmilla“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id_book=993 als der ersten weiblichen Vampirin) und die Beleuchtung der Metapher des Blutes. Alles in allem bietet Kührer einen gut gelungenen – und vor allem fundierten – Rundumschlag, der auch neuere Erkenntnisse der Forschung aufgreift und zum Beispiel ältere Publikationen kritisch untersucht. Besonders genannt seien hier Montague Summers Kuriositätenkabinett “The Vampire in Lore and Legend” und die Veröffentlichungen der beiden Wissenschaftler McNally und Fiorescu, die den historischen Vlad Tepes mit dem literarischen Dracula untrennbar verbanden.

Zu Hochform läuft Florian Kührer auf, wenn er das Spannungsfeld zwischen Ost- und Westeuropa anhand des Vampirs unter die Lupe nimmt. Wie der ursprüngliche Volksglauben in die westlichen Gazetten und von dort zwischen Buchdeckel kam, um schließlich erst im 20. Jahrhundert wieder in Rumänien tatsächlich als „Vampir“ anzukommen – das ist eine faszinierende Geschichte, die einer noch umfassenderen Untersuchung harrt. Vielleicht Stoff für ein nächstes Buch?

|Gebundene Ausgabe: 295 Seiten
ISBN-13: 978-3766613967|

Interview mit Christoph Marzi (11/2010)

_Buchwurm.info:_
Hallo, Herr Marzi, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, uns ein paar Fragen zu beantworten. Würden Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen? Wie ist der Mensch Christoph Marzi?

_Christoph Marzi:_
Ich bin 40 Jahre alt, 1,94 m groß – ach ja, und denke mir Geschichten aus, von denen manche zu Romanen werden und andere zu Kurzgeschichten. Die Beurteilung meiner Person überlasse ich aber lieber anderen Menschen.

_Buchwurm.info:_
Welchen Interessen und Hobbys widmen Sie sich in Ihrer Freizeit?

_Christoph Marzi:_
Ich schreibe Geschichten. Ich lese viel. Ich liebe Filme. Ansonsten führe ich ein ganz normales reales Leben fernab des Internets. Ach ja, seit einem halben Jahr habe ich Yoga für mich entdeckt. Allerdings würde ich das nicht als Hobby bezeichnen.

_Buchwurm.info:_
Wie kamen sie zum Schreiben, gab es da einen bestimmten Auslöser?

_Christoph Marzi:_
Einen direkten Auslöser gab es keinen. Ich habe irgendwann – genau genommen: im Alter von ca. 15 Jahren – einfach damit begonnen, die Geschichten aufzuschreiben, die ich mir bis zu diesem Zeitpunkt nur ausgedacht hatte. Ich weiß, dass das alles ein wenig unspektakulär klingt, aber am Ende ist es genau so passiert.

_Buchwurm.info:_
Wie teilen Sie sich Ihre Zeit zum Schreiben ein, und haben Sie dabei bestimmte Vorlieben?

_Christoph Marzi:_
Ich schreibe, wann immer ich die Zeit dazu finde. Wichtig ist mir, beim Schreiben Musik zu hören. Ich schreibe niemals, ohne das passende Musikstück als Begleitung zu haben. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz.

_Buchwurm.info:_
„Grimm“ ist ja wie „Heaven“ ein Jugendroman. Ist das Schreiben eines Jugendromans leichter oder schwerer als für die Zielgruppe der Erwachsenen–Fantasy? Was reizt Sie an der Fantasy insgesamt?

_Christoph Marzi:_
Wenn ich mich einer Geschichte widme, dann denke ich nicht unbedingt an diese Art der Einteilung. Ich mag dieses Schubladendenken nicht wirklich. Ich glaube vielmehr, dass die Grenzen diesbezüglich fließend sind – und sieht man von Romanen wie „Lyra“ oder „Fabula“ ab, die eindeutig für eine erwachsene Leserschaft gedacht waren, können die Geschichten in jedem Alter gelesen werden. Die Geschichte bestimmt immer der Tonfall, in dem sie erzählt wird. Für mich gibt es keinen Unterschied, erst recht keinen, der sich als „schwieriger“ oder „einfacher“ umschreiben ließe. Dass die Geschichten meist einen phantastischen Hintergrund haben, ergibt sich einfach. Es sind nun einmal diese Geschichten, die ich gerne schreibe, das ist alles. Insofern kehre ich intuitiv in diese Gefilde zurück. Warum? Fragen Sie nicht …

_Buchwurm.info:_
Wie lange haben Sie zum Schreiben für den aktuellen Roman „Grimm“ gebraucht?

_Christoph Marzi:_
Die reine Arbeit am Text hat ca. acht Wochen in Anspruch genommen. Dazu kommt aber natürlich die gesamte „Vorarbeit“, das „Herantasten“ an die Geschichte, die Recherche, all die Dinge, die eine Geschichte greifbar werden lassen. Man muss mit den Charakteren vertraut werden, muss sie kennenlernen. Und dann gibt es natürlich noch die Bearbeitung der ersten Manuskriptfassung. Die Bearbeitung dieser Überarbeitung. Plus das Lektorat. Und einige Pausen, in denen andere Dinge entstanden sind. Sie sehen also, man kann das zeitlich nicht so genau festlegen.

_Buchwurm.info:_
Was hat Sie zu „Grimm“ inspiriert?

_Christoph Marzi:_
Die alte Frage: „Was wäre, wenn …“ – Was wäre, wenn die Geschichten von einst gar keine Geschichten gewesen wären, sondern Wirklichkeit? Was wäre, wenn die Brüder Grimm einige seltsame Dinge getan hätten? Was wäre, wenn nichts mehr so sein würde, wie wir es kennen?

_Buchwurm.info:_
Würden Sie uns etwas über den Roman „Grimm“ erzählen?

_Christoph Marzi:_
Um möglichst geheimnisvoll zu klingen: Es geht darum, dass die Märchen, die wir als Kinder gehört haben, erneut zum Leben erwachen. Alle Kinder fallen in einen tiefen Schlaf. Wölfe und andere Gestalten tauchen auf. Und die siebzehnjährige Vesper Gold befindet sich plötzlich in einer Geschichte, die wie ein böser Traum anmutet. Neugierig geworden? Ich hoffe doch …

_Buchwurm.info:_
Wie zufrieden sind sie bisher mit dem Erfolg Ihrer Romane? Gab es Leserstimmen, die Sie besonders gefreut haben?

_Christoph Marzi:_
Ich schätze mich wirklich sehr glücklich, in den vergangenen Jahren eine treue Leserschaft gefunden zu haben. Was kann man sich Schöneres wünschen?! Und es ist jedes Mal ein aufregendes Gefühl herauszufinden, wie ein Roman oder eine Kurzgeschichte aufgenommen wird.

_Buchwurm.info:_
Was haben die Leser zukünftig zu erwarten, wird es eventuell Fortsetzungen zur uralten Metropole, „Heaven“ oder „Grimm“ geben? Oder schwebt Ihnen etwas Neues vor?

_Christoph Marzi:_
Derzeit arbeite ich an einem Roman, der in einem London spielt, das der Stadt, die einst einen Teil ihres Himmels verloren hatte, sehr ähnlich sieht. Danach werde ich mich einem völlig neuen Roman widmen. Eine Rückkehr in die uralte Metropole ist erst einmal nicht geplant. Aber man sollte ja niemals nie sagen …

_Buchwurm.info:_
Vielen Dank das Sie sich die Zeit genommen haben!

_Christoph Marzi:_
Vielen Dank für Ihr Interesse.

_Christoph Marzi auf |Buchwurm.info|:_

Interview: [»Man sollte Geheimnisse nur in Gedanken flüstern«]http://buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=90
[„Lycidas“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1081
[„Lilith“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=2070
[„Lumen“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3036
[„Malfuria“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=3398
[„Malfuria – Die Hüterin der Nebelsteine“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4167
[„Fabula“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=4503
[„Somnia“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5446
[„Grimm“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=6748

_Nadine Warnke_ für |Buchwurm.info|