Heitz, Markus – Blutportale

_Handlung:_

Das Leben von Will Gul dreht sich um einhundertachtzig Grad, als eines Tages eine Frau in seinem Blumenladen erscheint und ihm eine unerhört hohe Summe bietet, wenn er seinen Vermieter und Arbeitgeber dazu überredet, die Villa, in der Will lebt, zu verkaufen. Als sich der indische Blumenhändler weigert, schickt die Anwältin eine Schar skrupelloser Schläger, von denen sich Will allerdings nicht einschüchtern lässt. Doch an dem Abend, an dem Will eine große Party in der Villa feiert, kommt es zur Katastrophe.

Die geheimnisvolle Tür, die es in dem Anwesen gibt und von der Will bis dato nichts wusste, wird durch unheilvolle Einflüsse geöffnet und das Wesen, das daraus hervorbricht, richtet ein Massaker unter den Gästen an. Nur Will und die hübsche Köchin Saskia überleben das Inferno. Saskia steht vollkommen unter Schock und begreift erst viel später, dass nur durch ihre Anwesenheit das Blutportal geöffnet werden konnte, denn die leidenschaftliche Fechterin wurde erst vor kurzem bei einem Duell mit dem geheimnisvollen Maitre mit merkwürdigen Symbolen gezeichnet, die eine ungeahnte Kraft in der jungen Frau weckten.

Als das gegenseitige Misstrauen abebbt, sehen die beiden ungleichen Menschen ein, dass sie nur gemeinsam den Verfolgern entgehen können, die scheinbar mit dunklen Mächten paktieren. Das Blatt wendet sich zu ihren Gunsten, als sie Hilfe von einer unerwarteten Seite erhalten …

_Meine Meinung:_

Markus Heitz‘ vierter Ausflug in die Gefilde der düsteren Phantastik ist nicht minder tempo- und actionreich als der Werwolf-Zweiteiler „Ritus“ und „Sanctum“ oder der Vampirroman „Kinder des Judas“. In „Blutportale“ verlässt der Autor nun das Areal klassischer Gruselmonster und konfrontiert seine Leser und Protagonisten mit der ganzen Palette des Übernatürlichen. Dämonen, Vampire, Wandelwesen und nicht zuletzt Zeitreisen erwecken bisweilen den Eindruck, einen John-Sinclair-Roman der Superlative in Händen zu halten, nur mit dem Unterschied, dass Markus Heitz einen viel rasanteren Stil offenbart und eine härtere Gangart an den Tag legt, was Brutalität und Sex angeht.

Bei Letzterem hält er sich in puncto Quantität erstaunlich zurück und verblüfft den Leser eher durch eine ausgefeilte Handlung und Actionsequenzen, wie sie jedem Hollywood-Actionfilm gut zu Gesicht stünden. Heitz besitzt einen sehr prägnanten visuellen Stil, der jedem Kino-Fan ein Leuchten in die Augen zaubern dürfte. Allerdings leidet darunter auch die Atmosphäre des Romans, denn allein durch Action, flotte Sprüche und blutige Gewalt kann man 666 Seiten nicht zufriedenstellend füllen, ohne dass Längen auftreten. In Anbetracht der Thematik ist die Seitenzahl sicherlich kein Zufall und ein netter Gag am Rande. Auch die Charaktere wirken oft oberflächlich und trivial, was allein schon durch die stereotype Attraktivität kundgetan wird. Bei Markus Heitz gibt es kaum „normale“ Menschen mit Schwächen und Fehlern, höchstens bei den Opfern oder den Bösewichten, und dieser Umstand schafft eine innere Distanz zum Leser, die den Spaß an der Lektüre ein wenig trübt. Selbst der zunächst bieder wirkende Will Gul entpuppt sich in Stresssituationen als kompromissloser Kämpfer. Der geheimnisvolle Maitre, der sich schnell als übernatürliches Wesen outet, besitzt allein durch seine Präsenz eine sonderbare Anziehungskraft und Attraktivität und erfüllt damit sämtliche Klischees, die Teufeln und Dämonen in bestimmten Kreisen düsterer Phantastik angedichtet werden.

Diese Punkte dürfen aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Heitz auch mit diesem Roman ein sehr unterhaltsamer Dark-Fantasy-Thriller gelungen ist, der mit einem originellen Plot zu überraschen versteht. Äußerst faszinierend ist darüber hinaus zu lesen, wie der Autor verschiedene Personen und Ingredienzen der oben genannten Romane in „Blutportale“ einfügte und mit der Werwölfin Justine einen vielschichtigen, sympathischen Charakter reaktivierte, der in kommenden Romanen hoffentlich noch häufig mit von der Partie ist.

In Sachen Aufmachung überzeugt die Werbeagentur |ZERO| erneut durch ein hohes Maß an Kreativität. Der Buchumschlag fügt sich nahtlos in die Phalanx der vorherigen Bände aus dem „Pakt der Dunkelheit“ ein und zeigt eine beeindruckende Dämonenfratze. Satz und Papierqualität bezeugen, dass der Verlag hier einen Bestseller erwartet.

_Fazit:_

Abermals geizt Markus Heitz nicht mit Action, Gewalt und Horror. „Blutportale“ ist rasant, unterhaltsam, stellenweise aber auch ein wenig seelenlos. Hollywood-Kino zum Lesen, bei dem mehr Wert auf Spezialeffekte gelegt wurde als auf Atmosphäre und eine authentische, vielschichtige Charakterisierung.

|665 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-13: 978-3-426-66339-4|
http://www.pakt-der-dunkelheit.de
http://www.knaur.de

Home

_Mehr von Markus Heitz auf |Buchwurm.info|:_

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[„Ritus“ 2351 (Buch)
[„Ritus“ 3245 (Hörbuch)
[„Sanctum“ 2875 (Buch)
[„Sanctum“ 4143 (Hörbuch)
[„Die Mächte des Feuers“ 2997
[„Die Mächte des Feuers“ 4655 (Hörbuch)
[„Kinder des Judas“ 4306
[„Die Zwerge“ 2823
[„Die Zwerge“ 2941 (Hörbuch)
[„Die Rache der Zwerge“ 1958
[„Der Krieg der Zwerge“ 3074
[„Schatten über Ulldart“ 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[„Trügerischer Friede“ 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[„05:58“ 1056 (Shadowrun)
[„Die dritte Expedition“ 2098

_Florian Hilleberg_

Salvatore, R. A. / Merlau, Günter / Elias, Oliver – Drizzt – Der gesprungene Kristall (Die Saga vom Dunkelelf 7)

_Inhalt:_

Als Berater der Zwergenstämme von Zehnstädte ist der Dunkelelf Drizzt Do’Urden seinen neuen Freunden ein mächtiger Verbündeter geworden. Dennoch fehlt ihm die nötige Überzeugungskraft, das Zwergenvolk von der Bedrohung durch die Barbaren zu unterrichten. Erst mit Hilfe des Halblings Regis und dessen magischen Steins gewinnt er die Ohren der Bewohner von Zehnstädte und bereitet gemeinsam mit ihnen und seinem Gefährten Bruenor die Verteidigung vor.

In einer gewaltigen Schlacht gegen die vereinten Kämpfer der Barbaren gewinnen die Verteidiger schließlich den Frieden für Zehnstädte zurück. Lediglich Wulfgar, einer der mächtigsten Gegner dieses Angriffs, überlebt das fürchterliche Gemetzel und bleibt fortan in der Obhut Bruenors.

Doch die Zwerge und ihr Reich bleiben auch weiterhin nicht von Gefahren verschont: Der abtrünnige Zauberlehrling Akar Kessel findet in der Verbannung im ewigen Eis eines der mächtigsten und lange vermissten Relikte der Oberwelt. Mit den Mächten des gesprungenen Kristalls droht Kessel, Zerstörung und Chaos über das Land zu bringen – und wieder ist es Drizzt, der den finsteren Mächten Einhalt gebieten soll …

_Persönlicher Eindruck:_

Mit der dritten Trilogie der Hörspielserie um den Dunkelelfen Drizzt Do’Urden bewegt sich die Handlung erstmals nahezu vollständig in der Oberwelt und führt den Protagonisten auf gänzlich neue Pfade. Bereits mit der ersten Episode, „Der gesprungene Kristall“ ist ein deutlicher Wandel in der Erzählatmosphäre zu spüren, der hier wirklich sehr schön und authentisch aus der Literaturvorlage von R. A. Salvatore transferiert wurde und dank der sehr lebendigen, abwechslungsreichen Präsentation sogar noch stärker herausgehoben wird als im kürzlich erschienenen Comic aus dem |Panini|-Verlag.

Die eigentliche Story büßt unterdessen jedoch keinesfalls an Spannung ein, selbst wenn das komplexe Familiengeflecht des Hauses Do’Urden zunächst einmal aus dem Plot verbannt wurde, um mehr Freiräume für die neuen Handlungsebenen zu schaffen. Letztere bringen jedoch gerade zu diesem Zeitpunkt, in dem die Gefechte aus der Unterwelt hinsichtlich ihres grundsätzlichen Potenzials langfristig in eine Sackgasse zu laufen drohten, etwas richtig Erfrischendes in die Story hinein, nicht zuletzt durch die Wahl vieler neuer Charaktere, die – Salvatore-typisch – sehr individuell und eigenständig beschrieben sind.

Zudem birgt die Story in „Der gesprungene Kristall“ sogar ein noch höheres Maß an Abwechslung, offenbart in den unabhängigen Erzählepisoden, die mehr oder weniger direkt mit dem Handeln Drizzts verknüpft sind und in der späteren Bedrohung durch den zerstörerischen Kristall wieder aufeinander zusteuern. Mit Bruenor, Wulfgar und Regis finden sich hierbei auch wieder entscheidende Personen, die in ihrer Darstellung den Gestalten aus der Welt der Dunkelelfen noch ein Stück weit überlegen sind und der Geschichte ein noch facettenreicheres Profil verpassen. In einschlägigen Kreisen wird in diesem Zusammenhang zwar gerne diskutiert, dass der Autor sich mit der Fortsetzung im Gebiet der Zwerge ein ganzes Stück vom Ursprung der „Saga vom Dunkelelf“ entfernt, doch insgesamt betrachtet wird gerade durch diesen sehr deutlichen erzählerischen Wandel erst klar, dass die Geschichte letzten Endes nur durch diese rapide Frischzellenkur eine weitere Entwicklung ermöglichen konnte, die in der Summe auch sehr erfreuliche Züge annimmt. Denn unbestritten ist das Szenenspiel in der Oberwelt noch lebendiger als in den finsteren Passagen in Drizzts einstiger Heimat.

Für die Hörspiel-Inszenierung war dies ebenfalls ein interessanter, aber auch notwendiger Schritt nach vorn, denn die Euphorie, welche die Handlung hier phasenweise ausstrahlt, hat nicht nur auf die Sprecher, sondern generell auf die positivere Stimmung der Präsentation abgefärbt. Die Ambitionen sind so deutlich wie eh und je zu spüren, aber irgendwie steckt eine ganz neue Leidenschaft in der Sache, die womöglich auf die rasanten Entwicklungen des Plots zurückzuführen sind.

Oder um es auf den Punkt zu bringen: Bevor inhaltlich bzw. darstellerisch überhaupt eine Spur von Stagnation auftauchen konnte, hat man den frischen Wind der Originalvorlage genutzt, um auch das Hörspiel auf eine neue Ebene zu hieven – und dort fühlt es sich insgeheim sogar noch wohler als in den finsteren Schächten der Unterwelt. Das vorläufige Fazit also: Die neue Trilogie, ausgehend von diesem zwar nicht ganz so opulent inszenierten, dafür aber mindestens ebenso mitreißenden Auftakt, ist das bisherige Highlight des |Lausch|-Ausflugs in die Fantaasy-Welten von Signore Salvatore!

_Die Inszenierung:_

|Es spielen und sprechen:|

Tobias Meister, Uwe Hügle, Annabelle Krieg, Gerd Samariter, Ronny Schmidt, Helmut Gentsch, Oliver Elias, Bernd Hölscher, Klaus Dittmann, Peter Woy, Klaus Robra, Jens Pfeifer, Konrad Halver, Roland Floegel, Wolfgang Berger, Günter Merlau, Philipp Otto, Frieder Schölpple, Frederik Bolte, Katinka Springborn, Patrick Holtheuer, Willy Kniep, Thomas Birker, Olaf von der Heydt

Spielbuch: Oliver Elias
Produktion, Regie & Musik: Günter Merlau
Sounddesign & Aufnahmen: Frederik Bolte, Frieder Schölpple, Jens Pfeifer
Layout & Gestaltung: Oliver Graute
Illustration: Tim Seeley, Todd Lockwood, Oliver Graute

|78 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3939600213|
[Verlagsspezial]http://www.merlausch.de/index.php?option=com__content&task=view&id=201&Itemid=1
http://www.merlausch.de/

_Die bisherigen drei Staffeln der Serie auf |Buchwurm.info|:_

Folge 1: [„Der dritte Sohn“ 2978
Folge 2: [„Im Reich der Spinne“ 3055
Folge 3: [„Der Wächter im Dunkel“ 3082
Folge 4: [„Im Zeichen des Panthers“ 4458
Folge 5: [„In Acht und Bann“ 4422
Folge 6: [„Der Hüter des Waldes“ 4488
Folge 7: [„Der gesprungene Kristall“ 5330
Folge 8: [„Die verschlungenen Pfade“ 5396
Folge 9: [„Die silbernen Ströme“ 5431

_Mehr von R. A. Salvatore auf |Buchwurm.info|:_

|Graphic Novels:|

[„Heimatland“ 2498 (Forgotten Realms – Die Saga vom Dunkelelf 1)
[„Exil“ 2843 (Forgotten Realms – Die Saga vom Dunkelelf 2)
[„Der gesprungene Kristall“ 4440 (Die Saga vom Dunkelelf 4)
[„Die silbernen Ströme“ 4497 (Die Saga vom Dunkelelf 5)
[„Der Dämon erwacht“ 4874 (Dämonendämmerung 1)

|Bücher:|

[„Die Invasion der Orks“ 476 (Die Rückkehr des Dunkelelf 1)
[„Kampf der Kreaturen“ 715 (Die Rückkehr des Dunkelelf 2)
[„Die zwei Schwerter“ 2530 (Die Rückkehr des Dunkelelf 3)

Stevenson, Robert Louis / Gruppe, Marc / Bosenius, Stephan – Leichendieb, Der (Gruselkabinett 27)

_Debenham, 1849:_ Vier Männer sitzen regelmäßig in der Gaststube „George“, trinken etwas und unterhalten sich – der Wirt Dick, der Leichenbestatter Alfred, der junge Robert und Fettes. Fettes ist ein heruntergekommener Schotte, über dessen Herkunft niemand etwas Genaues weiß und der sich allabendlich dem Rum ergibt. Die Freunde ahnen nur, dass er medizinische Kenntnisse besitzt und nennen ihn scherzhaft den „Doktor“. Eines Abends erzählt der Wirt, dass ein Gast verunglückt ist und ein Arzt gerufen wurde, ein gewisser Dr. Macfarlane. Fettes erkennt in ihm einen alten, verhassten Bekannten und erzählt seine Geschichte:

Edinburgh 1829: Der junge Fettes studiert mit großem Ehrgeiz Medizin im zweiten Jahr und hofft, die freie Stelle des Hilfsassistenten bei Professor Knox zu erhalten, die sowohl Ansehen als auch gutes Geld mit sich bringt. Sein Freund Macfarlane, der Assistent des Professors, legt ein gutes Wort für ihn ein. Fettes erhält die Stelle, bei der er unter anderen nachts die für Forschungszwecke bestimmten Leichen entgegennehmen muss und die Verantwortung für den Anatomiesaal übernimmt.

Zu seiner Überraschung werden nicht nur, wie vom Gesetz vorgeschrieben, hingerichtete Menschen dafür hergenommen, sondern auch illegal ausgegrabene Leichen. Unwohl akzeptiert er die Sitte und schwört, darüber zu schweigen. Bald darauf aber wird ihm jemand gebracht, den er im Leben gut kannte und der unmöglich an einer natürlichen Ursache gestorben sein kann. Fettes ahnt, dass er einem grausigen Gewerbe auf die Schliche gekommen ist …

Die gleichnamige Erzählung von Robert Louis Stevenson lieferte die Vorlage für dieses überaus gelungene Hörspiel aus dem Hause |Titania Medien|, die 27. Folge der hochwertigen „Gruselkabinett“-Reihe.

|Gelungene Charaktere|

Im Mittelpunkt steht Fettes, der undurchsichtige Schotte, der zum ersten Mal anderen Menschen sein trauriges Schicksal erzählt. Der junge Fettes ist von ganz anderem Schlag als der alte Trunkenbold, ein hübscher, aufgeweckter Mann mit großem Ehrgeiz und einer außerordentlichen Begabung für die Medizin. Obwohl eigentlich zu unerfahren für den Posten, erhält er die Stelle, da in ihm großes Potential gesehen wird. Als Fettes erfährt, dass die Leichen für die anatomischen Studien illegal beschafft werden, regt sich sofort sein Gewissen, doch andererseits versteht er die Argumentation, dass die jährlich zehn Hingerichteten nicht ausreichen, um die Institute zu versorgen. Der Gipfel ist jedoch erreicht, als er ahnt, dass nicht nur Leichen ausgegraben, sondern womöglich auch Lebende nur für den Seziertisch getötet werden. Fettes‘ Schicksal ist bewegend und beängstigend zugleich; er ist Mitwisser und Mittäter wider Willen, eine gequälte Seele, die in grauenvolle Machenschaften verwickelt wird.

Sein charismatisches Gegenüber ist der ebenfalls noch junge Macfarlane, ein eleganter Mann, dessen Freundschaft zu Fettes fast homoerotische Anklänge birgt. Souverän und selbstsicher, wie er ist, vertraut Fettes seinen Handlungen und unterdrückt die eigene Unsicherheit. Umso desillusionierender ist für Fettes die Entdeckung, dass Macfarlane seine Bewunderung gar nicht verdient hat und zu abscheulichen Taten fähig ist. Der dritte wichtige Charakter ist der schmierige Gray, der ehemalige Vorgesetzte von Macfarlane, der ihn nach jahrelanger Suche wiedergefunden hat. Im Beisein des ahnungslosen Fettes lässt Gray eine ironische Spitze nach der anderen auf Macfarlane los und deutet an, dass er ihn erpresst. Gray ist ein aufdringlicher Unsympath, der sich auf Macfarlanes Kosten bewirten lässt und ihn offenbar gleichzeitig in der Hand hat – und Fettes, immer noch einigermaßen naiv, ahnt zunächst nicht, worum es sich dabei handelt.

|Dichte Atmosphäre|

Kaum jemand versteht es besser als R. L. Stevenson, eine unheimliche Stimmung in der Handlung zu erzeugen, und das Hörspiel setzt dies überzeugend um. Obwohl erst kurz vor Schluss ein übernatürliches Element eingebaut wird, läuft dem Hörer durchaus ab und zu ein Schauder über den Rücken. Dafür sorgt allein schon Fettes Aufgabe, nachts oder im Morgengrauen die Leichen entgegenzunehmen, die dann zerschnitten und an die Studenten verteilt werden. Die gruseligsten Momente erlebt man auf einer nächtlichen Fahrt auf einen Friedhof, aber schon lange zuvor hat den Hörer der fatale Verlauf der Handlung in seinen Bann gezogen. Ganz automatisch verbündet man sich mit dem sympathischen, unbedarften Fettes, dessen Erscheinung in so krassem Gegensatz zu seinem aktuellen Auftreten zwanzig Jahre danach steht. Obwohl man weiß, dass Fettes das grauenvolle Abenteuer zumindest überlebt, ist man gespannt, was ihm in seiner Zeit als Hilfsassistent alles widerfährt und wer aus seinem Umfeld möglicherweise sterben muss.

Interessant ist außerdem die Einbindung von Professor Knox, den es tatsächlich geben hat, ebenso wie den kurz von Macfarlane erwähnten hingerichteten Mörder William Burke. Burke ermordete 1827 und 1828 zusammen mit einem Komplizen siebzehn Menschen, um sie anschließend als Anatomieleichen zu verkaufen – vor allem an den bis dato hochangesehen Professor Knox, der daraufhin seine Stelle als Kurator des Anatomiemuseums verlor. Bekannt wurden diese Taten als West-Port-Morde, und der Leichenräuberei wurde mit einem neuen Gesetz von 1832 ein Ende gemacht, da von nun an auch von den Angehörigen freigegebene Leichen verwendet werden durften.

Ab und zu wird die Handlung dezent im Hintergrund mit leiser Musik untermalt, vor allem bei den Szenen, die in Gaststätten spielen, was das Hörspiel besonders authentisch wirken lässt. Gegen Ende auf der Friedhofsfahrt wird die Musik etwas dramatischer, aber nie so laut, dass sie die Dialoge übertünchen würde.

|Sehr gute Sprecher|

Alle Mitwirkenden liefern eine sehr gute Leistung ab. Michael Pan spricht sowohl den jungen als auch den älteren Fettes, und das beides sehr überzeugend. Als älterer Mann ist seine Stimme scheinbar stark vom Alkohol angegriffen, er wird rasch laut im Gespräch und poltert los und wirkt sehr glaubwürdig als Trunkenbold. Der junge Fettes besitzt zwar ebenfalls eine leicht kratzige Stimme, spricht aber viel melodischer, und Pan überzeugt hier als junger, etwas nervöser Mann, der leicht die Fassung verliert. Pans Stimme kennt man übrigens vor allem als Lt. Commander Data aus der Serie „Star Trek – The Next Generation“ oder als deutsche Ausgabe von Martin Short. Pan ist übrigens der Vater von Synchron-Legende David Nathan (Christian Bale, Johnny Depp, zahllose Hörbücher). Hans-Werner Bussinger spricht Professor Knox und verleiht ihm die notwendige autoritäre Ausstrahlung, die keinen Widerspruch seitens Fettes duldet. Bussinger kennt man u. a. aus Nebenrollen bei „Bibi Blocksberg“ und „Benjamin Blümchen“ sowie als Synchronstimme von Lee Majors in „Ein Colt für alle Fälle“, als Titelfigur in „Quincy“ und als Stimme von Michael Ironside oder Jon Voight

Herausstechend in jeder Hinsicht ist Wilfried Herbst als der unangenehme Gray. Seine Stimme ist bekannt als Sekretär Pichler bei „Bibi Blocksberg“ und „Benjamin Blümchen“, aber auch als Synchronisation von Mr. Bean alias Rowan Atkinson. Herbst besitzt eine sehr variable, hohe Stimme, die mal penetrant schrill und mal einschmeichelnd-sanft klingt. Dabei bewegt sich Herbst hart an der Grenze des Erträglichen und wirkt mitunter übertrieben und fast unfreiwillig komisch; obgleich er seine Sache sehr gut macht, ist es von Vorteil, dass er nur einen recht kleinen Part im Hörspiel einnimmt.

|Kaum Schwächen|

Einziges Manko ist die etwas zu ausführlich geratene Rahmenhandlung zu Beginn der Geschichte. Anstatt dass Fettes nur andeutet, dass ihn schlimme Ereignisse mit Macfarlane verbinden, wird aus dem Dialog zwischen ihm und dem Arzt recht viel von den kommenden Geschehnissen ersichtlich. Vielleicht hätte man sogar am besten ganz die Begegnung zwischen den beiden gestrichen und Fettes einfach erzählen lassen. Auf jeden Fall wird zu viel von der Binnenhandlung vorweggenommen, was den Spannungsfaktor unnötigerweise ein wenig mindert. Dazu sei gesagt, dass in der Vorlage von Stevenson diese Andeutungen nämlich wesentlich subtiler sind: Hier spricht Fettes seinen früheren Freund nur ganz kurz an, und dieser verschwindet nach wenigen Worten, sodass der Leser kaum ahnt, worauf Fettes angespielt hat, und dessen Erzählung weniger vorhersehbar ist.

_Als Fazit_ bleibt eine hervorragende Umsetzung der gruseligen Vorlage von Robert Louis Stevenson mit sehr guten Sprechern und intensiver Atmosphäre. Schade ist nur, dass die Rahmenhandlung zu Beginn schon ein bisschen zu viel vorwegnimmt. Ansonsten eine uneingeschränkte Empfehlung für alle Freunde von unheimlicher Literatur; auch für jugendliche Hörer sehr gut geeignet.

_Sprecher:_

Fettes: Michael Pan
Macfarlane: Torsten Michaelis
Prof. Knox: Hans-Werner Bussinger
Gray: Wilfried Herbst
Robert: David Turba
Dick, Wirt: Ernst Meincke
Alfred, Totengräber: Frank Schaff
Skinner: Andreas Mannkopff
Jane Galbraith: Melanie Hinze

_Der Autor_ Robert Louis Stevenson wurde in Edinburgh geboren und lebte von 1850-1894. Zunächst studierte er Technik, später Rechtswissenschaft, widmete sich dann aber der Literatur. Er unternahm aus gesundheitlichen Gründen viele Reisen in südliche Länder, die ihn unter anderen zu seinen Abenteuerromanen inspirierten. Seine bekanntesten Werke sind „Die Schatzinsel“ sowie [„Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. 2349

|Originaltitel: The Body Snatcher, 1884
Aus dem Englischen übersetzt von Harry Rowohlt
68 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3579-4|

Home – Atmosphärische Hörspiele


http://www.luebbe-audio.de

Krökel, Charly – Erwischt

Während Comic-Superhelden wie „Hulk“ oder „Die Spinne“ im Kino auferstehen und „Illustrierte Klassiker“ eben Klassiker sind und bleiben, ist im |HolzheimerVerlag| ein neuer/alter Comic von Charly Krökel erschienen.

Charly Krökel, geboren 1960, ist seit 1987 als freier Künstler, Grafikdesigner und Illustrator tätig. Viele seiner Logos schmücken bekannte Firmen, seine Designs Bühnen oder CDs, wie zum Beispiel Carsten Papes „Große Jungs weinen nicht“.

Alt ist der Comic insofern, als er schon Ende der 80er entstand, damals aber keinen Verleger fand, da der Comicmarkt einerseits stagnierte, der Comic aber vielleicht auch damals aufgrund seiner Frivolität Ablehnung erfuhr. Er ist in diesem Sinne auch kein Mainstream-Comic, denn durch die Textkohäsion und geschlossene, romanhafte Handlung eher das, was man in den USA eine ‚Graphic Novel‘ nennt. Im Gegensatz zu heutigen Veröffentlichungen ist auch zu sehen, dass der Zeichenstil von damals, der doch mehr an den Stil diverser U-Comics erinnert, wesentlich verfeinert wurde.

Die Geschichte könnte das Leben selbst geschrieben haben. Zwei junge Paare, Horst und Vera sowie Kurt und Nicole, mit Kindern, Menschen wie du und ich, sind mit ihrem Leben unzufrieden. Sie sind mehr oder weniger erfolglos, unbefriedigt und schwelgen in der Vergangenheit. Horst hat ein Verhältnis mit Nicole und Vera mit Kurt, wovon ihre Partner jeweils nichts wissen. Doch durch einen dummen Zufall kommt alles bei einem gemeinsamen Essen auf den ‚Tisch‘. Die Partner werden offiziell ‚getauscht‘ und …

Erzählt wird diese Geschichte in sieben Kapiteln. In medias res wird der Leser durch das ‚Vorspiel‘ mittels eines Quickies ‚eingeführt‘, der nicht ohne Folgen bleibt, denn Nicole wird schwanger. Es folgen vier Kapitel, in denen die familiären bzw. zwischenmenschlichen Probleme von jedem Protagonisten erzählt werden. Das sechste Kapitel führt diese vier Personen zu einem gemeinsamen Essen an einen Tisch, wo auch die Wahrheit aufgedeckt wird und die Partner getauscht werden. Das letzte Kapitel zeigt, dass eigentlich alles beim Alten geblieben ist, der Reiz und Zauber des Neuen ist verflogen, Sehnsüchte und ungestilltes Sexualverlangen sind geblieben.

Der moralische Finger wird dabei nicht gehoben, auch wenn in diesem Fall gezeigt wird, dass eine moderne ‚Patchwork‘-Familie nicht unbedingt funktionieren muss. Die Kinder bleiben jedoch nicht ganz außen vor, denn neben Partnertausch wird auch ein ‚Rollentausch‘ vorgenommen, wobei sich Horst um den Haushalt kümmert und Nicole arbeiten geht. Somit wird auch das Rollenverhalten der Kinder aus dem Vorspiel gespiegelt (Sie: „Darf ich mitspielen?“; Er: „Nö, das geht nicht. Feuerwehrautos fahren, das können nur Männer.“)

Die Geschichte wird in einer ihr eigenen Tragik und Komik erzählt, welche die Handlung langsam vorantreibt und bei einem gemeinsamen Essen eskalieren lässt, wobei das Comicelement der Onomatopoetika („klonk“, „Autsch“, „Rabää“), das bis dahin doch mehr im Hintergrund blieb, verbal und farblich sinnvoll ausgeschöpft wird. Die Sprache ist sowohl den Erwachsenen als auch den Kindern angemessen, teils restringiert und teils vulgär. Klischees werden überzogen in eine Komik, die sich durch das ganze Werk zieht. Einfach wunderbar.

Obwohl es für diesen Comic keine eingeschränkte Altersfreigabe gibt, würde ich ihn ob einiger mehr als frivolen Darstellungen für Kinder nicht empfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass Charly Krökel einen weiteren Comic auf den Markt bringt, denn ich habe lange nicht mehr so gelacht.
Mehr Informationen gibt es auch unter der Webseite http://www.erwischt-der-comic.de.

|64 Seiten, schwarzweiß
Paperback mit Farbcover
ISBN-13: 978-3-938297-61-2|

_[Martinus]http://www.my-lands.de/index.php?phantastische-dimensionen _

Wakonigg, Daniela – Mythos & Wahrheit: König Artus. Eine Spurensuche mit Musik und Geräuschen

König Artus: Legende, Sage, Mythos – oder doch nur ein Produkt der heroischsten Phantasien der britischen Zeitgeschichte? Daniela Wakonigg kommt der Legende mit wissenschaftlichen Ansätzen auf die Spur und setzt damit die spannende Reihe „Mythos & Wahrheit“ mit einem der weltberühmtesten und nach wie vor begeisterndsten Mythen überhaupt fort. Erwartungsgemäß nähert sich die Ideengeberin der Sache aber nicht mit der seligen Euphorie literarischer Werke, sondern auf analytischem, wenngleich kaum weniger überzeugtem Wege.

Dabei steigt Wakonigg aber erst einmal mit einem echten Tiefschlag ein und widerlegt die Thesen über die tatsächliche Existenz des Artus, wie er in den Sagen oftmals zitiert wird. Damit sind die Weichen für einen recht spannenden, nicht nur faktisch interessanten Monolog schon in den ersten Minuten gestellt – und in der Tat, dank des richtig starken Vortrags von Sprecher Bodo Primus entwickelt sich alsbald ein sehr eigenständiges, in dieser Form noch unbekanntes Bild der Artus-Legende.

Spannend ist das Ganze insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Darstellung zeigt, wie der Kult mittels fälschlicher historischer Dokumente entstand und stetig um weitere Fabeln erweitert wurde. Das Ganze beginnt mit der formellen Dokumentation des klassischen Artus-Abbilds, wird schließlich ergänzt mit den bekannten Inhalten um Merlin und Uther Pendragon und führt schließlich den Kult der Tafelrunde mit all seinen Nebenerscheinungen ein. Parzival und der Heilige Gral werden angeschnitten, die Sage um Sir Lanzelot und dessen verbotene Liebe aufgegriffen und natürlich auch der Mythos um das sagenumwobene Schwert Excalibur in die Erzählung eingebunden, wobei Primus in den Worten der Autorin schon recht überzeugend belegt, inwiefern Mythos und Scheinrealität hier ineinander übergehen und daher auch so effektvoll in die traditionelle, historische Literatur eingeflochten werden konnten.

Andererseits bringt dies natürlich in gewisser Weise eine seltsame Ernüchterung mit sich, da das Ganze wirklich gut recherchiert ist, damit aber umso deutlicher aufzeigt, warum der Mythos eben ein solcher ist und man ihn dergestalt auch hinnehmen muss. Dafür ist die Darbietung in Wort und musikalischer Untermalung wirklich stimmig und kann den phantasievollen Background rein atmosphärisch unterstützen. Da wird mittelalterliche Musik mit stimmungsvollen Geräuschen vermischt und die Legende genauso lebendig und ambitioniert interpretiert, wie es ihr Status verdient. Hinzu kommt der sehr gut aufgelegte Sprecher, der mit Begeisterung berichtet, aber dennoch den analytischen Unterton beibehält. Dies nimmt der Darbietung den sachlichen Beigeschmack, auch wenn es sich nach wie vor um ein größtenteils wissenschaftliches Projekt handelt, welches nicht bloß der puren Unterhaltung, sondern eher dem Infotainment zuzuordnen ist – und als solches funktioniert dieses knapp 70-minütige, sehr fundiert erzählte Hörbuch wirklich prächtig.

Man mag sich letzten Endes zwar immer noch nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden können, dass diese begeisternde, viel zitierte Sage nicht mehr ist als ein puzzleartig konstruiertes, langsam aufgestocktes Produkt der Phantasie ist. Doch nach der hier gebotenen Möglichkeit, ein ganzes Stück tiefer in den Mythos einzutauchen und zu begreifen, wo genau sich die Unterschiede zwischen Schein und Sein in diesem Klassiker verbergen, wird man doch irgendwie befriedigt. Einerseits wegen der sehr tiefgängigen Recherche, andererseits wegen der erstklassigen Darbietung. Mit dem dritten Teil ihrer „Mythos & Wahrheit“-Reihe ist Daniela Wakonigg daher auch das bislang beste Werk in dieser Serie gelungen!

|68 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-939932-05-5
Sprecher: Bodo Primus, Josef Tratnik, Hans-Gerd Kilbinger, Hans Holzbecher|
http://www.stimmbuch.de

_Mehr „Mythos & Wahrheit“ auf |Buchwurm.info|:_

[„Edgar Allan Poe“ 2933
[„Sherlock Holmes“ 3916

Davis, Stephen – Hammer of the Gods. Led Zeppelin – Die Saga

Ihre himmlische Hymne ‚Stairway To Heaven‘ ist seit ihrer Veröffentlichung der meistgewünschte Titel im amerikanischen Radio, sie waren zu Lebzeiten erfolgreicher und populärer als die |BEATLES| und die |STONES|, ihre Platten retteten manchen Plattenladen vor dem Konkurs, und selbst die 77er-Punk-Revolution und die maskierten Effekte von Gruppen wie |KISS| konnten |LED ZEPPELIN| wenig entgegensetzen. Als Jimmy Page, Robert Plant, John Paul Jones und der Sohn des verstorbenen Schlagzeugers John ‚Bonzo‘ Bonham, Jason, im vorletzten Jahr in London ein gefeiertes, anscheinend aber nur einmaliges Konzert gaben, stand zudem fest, dass es wohl nach wie vor keine Band gibt, die ein so treues Following hat und gleichermaßen nach wie vor ein solch großes Ansehen unter Künstlern, Fans und einfachen Musikliebhabern genießt wie die musikalisch schier unantastbare Ikone. Dennoch: Wer glaubt, die vier Musiker seien ein Paradebeispiel für eine Supergroup, die sich durch nichts und niemanden hat aus der Bahn werfen lassen – den Tod von Bonham mal außen vor gelassen -, der sieht sich mächtig getäuscht. Stephen Davis, der bereits 1985 das erste Exemplar der ZEPPELIN-Biografie „Hammer of the Gods“ herausbrachte, offenbart schonungslos das Skandalleben der vielleicht wichtigsten Rock-’n‘-Roll-Band aller Zeiten und ihres gesamten anrüchigen Anhangs – und schlägt dabei gerne auch selbst über die Stränge …

Dabei will man gar nicht vermuten, dass der bodenständige, von Musik und Gitarren infizierte junge Jimmy Page überhaupt das Potenzial zum völlig unkontrollierten Junkie in sich trägt, als er in den späten Sechzigern gemeinsam mit Jeff Beck bei den |YARDBIRDS| spielt. Seine Passion für den Blues steht über allem anderen, seine Leidenschaft für Robert Johnson und die ersten Musiker dieser Spezies bringt ihn in seinen Ambitionen ständig voran, bis zu jenem magischen Moment, als er mit dem als untalentiert verschrienen Robert Plant, dem begabten Arrangeur John Paul Jones sowie dem als bestialisch bekannten Schlagzeuger John Bonham ein erstes Mal den Proberaum betritt – pathetisch beschreibt Davis, welche Magie in jenem Moment in der Luft lag. Aber man mag ihm trotz der klischeehaften Darstellung sofort glauben …

Der Autor geht nach der kurzen Introduktion der Musiker vor allem auf den Entstehungsprozess der einzelnen Alben ein, spart sich im Laufe seines Berichts aber auch wirklich keine Klischees. Da wird der zwielichtige Manager Peter Grant, ein ehemaliger Wrestler und dementsprechend auch jederzeit gewaltbereit, teilweise als Mitinitiator des steilen Aufstiegs vorgestellt, darüber hinaus der ständige Tourbegleiter Richard Cole, der gemeinsam mit Bonzo Bonham manchen Laden aufgemischt hat und auch ständig für Nachschub in Sachen Drogen und Groupies sorgen durfte, und dazu selbst einige Mädels, die den vier Musikern das Tourleben etwas schmackhafter gemacht haben, während ihre Familien in England darauf warteten, dass ihre erfolgsverwöhnten Gatten endlich wieder von einer ihrer unzähligen US-Tourneen zurückkehrten. Es ist ein absoluter Rundumschlag, der eine Dekade voller Exzesse und Unberechenbarkeiten analysiert, die Diskrepanzen zwischen künstlerischer Genialität und Menschlichkeit aufrollt, dabei die vier Hauptcharaktere und ihr Umfeld in recht diffuses Licht rückt, letztendlich aber auch nur eines zeigt: So viel Rock ’n‘ Roll und Revolution im Blut hatte nach dem Tod von John Bonham keine andere Band in diesem Business.

Die Neufassung des Buches befasst sich in ihrem wesentlichen Inhalt natürlich mit der Karriere des Zeppelins und deren Vorgeschichte, berichtet hautnah von Skandalen und Erfolgen und beschreibt darüber hinaus den persönlichen Wandel der Musiker. Die Alben und Shows werden vertieft, aber ebenso die zahlreichen Nebenschauplätze, bis hin zu jenem tragischen Tag, als der Drummer nach einer erneuten Zechtour an seinem Erbrochenen erstickt und damit den Stempel auf ein Leben setzt, das früher oder später mit einem solch bitteren Finale enden musste. Schade ist allerdings, dass die darauf folgenden Ereignisse nicht mehr mit derselben Intensität geschildert werden. Das letzte Viertel des Buchs, also quasi die Ergänzung, beschreibt zwar die sich stetig entwickelnde Hassliebe zwischen Page und Plant, gibt auch weitere Einblicke in die weitere Biografie, vertieft aber nicht mehr den weiteren Lebensweg der beiden Hauptakteure. Nun gut, nach dem Absturz des Mutterschiffs gab es auch nicht mehr so viele aufregende Dinge zu erzählen, doch insgesamt hätte der Autor hier doch noch ein bisschen mehr Leidenschaft hineinpumpen können, um sein begeistertes, mitreißendes Werk auch bis zum Ende auf einem ähnlich hohen Level zu halten wie die pure Bandbiografie.

Nichtsdestotrotz: Dieses Buch ist auch mit den etwas oberflächlichen Ergänzungen eine der besten, vor allem auch lebendigsten Musiker-Biografien des aktuellen Jahrzehnts und nebenbei mit so vielen humorvollen Anekdoten gefüllt wie wohl kaum ein anderes Exemplar in diesem Genre. Man muss daher nicht dringend Fan dieser Band sein, um „Hammer of the Gods“ genießen zu können. Schließlich wird hier nicht nur eine Karriere, sondern ein elementarer Anteil des damaligen Zeitgeistes offenbart – und das, es sei noch mal betont, auf beeindruckende Art und Weise!

|ISBN-13: 978-3-927638-43-3
409 Seiten, 16 Fotografien|
http://www.led-zeppelin.com
http://www.rockbuch.de
http://www.edel.de

_Mehr |LED ZEPPELIN| auf |Buchwurm.info|:_

[„Led Zeppelin – Talking“ 434
[„Whole lotta Led – Unsere Reise mit Led Zeppelin“ 2855
[„A Tribute to Led Zeppelin – Fotografien“ 4929

Arthur W. Upfield – Der schwarze Brunnen

Upfield Schwarzer Brunnen Cover 2006 kleinDas geschieht:

Ein defektes Flugzeug lässt Kriminalinspektor Napoleon Bonaparte, genannt „Bony“, in der Ödnis des nordwestlichen Australien stranden. Agar’s Lagune besteht aus zehn Wohnhäusern, einem baufälligen Hotel und einer Kneipe; die einzige Sehenswürdigkeit besteht aus einem Ring leerer Flaschen, den trinkfreudige Viehzüchter, Schafhirten und Goldsucher im Laufe vieler Jahre um das Örtchen aufgeschüttet haben.

Aus Bonapartes unfreiwilligem Zwischenaufenthalt wird ein Kriminalfall, als Fernfahrer Sam Laidlaw 170 km nördlich von Agar’s Lagune den Jeep des Polizeiwachtmeisters Martin Stenhouse findet; der Fahrer hockt mit durchschossenem Herzen am Steuer. Allem Anschein nach hat Jacky Musgrave, Stenhouses Fährtensucher – ein Aborigine -, seinen Chef umgebracht und ist anschließend in die Wüste und eventuell zu seinem Stamm geflüchtet. Arthur W. Upfield – Der schwarze Brunnen weiterlesen

Schlunze, Robert / Mignola, Mike / Merlau, Günter – Hellboy: Der Teufel erwacht 1 (Folge 3)

Folge 1: [„Saat der Zerstörung 1“ 5393
Folge 2: [„Saat der Zerstörung 2“ 5413

_Handlung:_

Der Geschäftsmann Zinoo befreit, unter der Führung Rasputins, dessen Nazi-Gefolgschaft aus dem Eis, in dem sie eingeschlossen war: Ilsa Hauptstein, Helmut Kurtz und Leopold Krönen. Rasputin will mit Hilfe dieser Menschen den Vampir Giurescu zu neuem Leben erwecken, der in seiner Burg in Rumänien eine Kammer besitzt, mit der er sich von den schlimmsten Verletzungen und sogar dem Tod regenerieren kann.

Ilsa Hauptstein, Nazi-Offizierin und Geliebte des Untoten, findet den Leichnam Giurescus in einem Wachsfigurenkabinett in den USA und tötet dessen Besitzer kurzerhand. Dadurch wird die B.U.A.P. auf die Ereignisse aufmerksam und schickt ihre Feldagenten nach Rumänien, da drei Burgen zur Auswahl stehen, in denen Giurescu einst sein Unwesen getrieben haben könnte. Hellboy, der als Einziger allein operieren muss, ist natürlich der Glückspilz, der bei seiner Mission fündig wird.

Dass das neue Equipment, welches von einer Firma Zinoos hergestellt wurde, sich als unzuverlässig erweist und in den entscheidenden Momenten explodiert, macht die Einsätze nicht leichter. Wurde die Mission sabotiert? Hellboy stolpert bei seinen Ermittlungen mitten hinein in die Höhle des Löwen und steht bald dem wiedererweckten Giurescu gegenüber …

_Meine Meinung:_

Der Start der neuen Doppelfolge ist eine überaus gelungene Comic-Vertonung mit der entsprechenden Atmosphäre. Die Szenerie wurde insgesamt sehr düster gehalten und die Gegner Hellboys sind kompromisslose, bösartige Individuen, die keine Gnade kennen. Rasputin zeigt sich keineswegs geschlagen und reaktiviert seine einstigen Helfer.

Besonders eindrucksvoll ist die verzerrte Stimme Krönens gelungen. Weniger überzeugend klingt da schon Katinka Springborn als Ilsa Hauptstein. Die junge Schauspielerin wirkt in ihrem Bestreben, die Schurkin herrisch und cholerisch darzustellen, zum Teil sehr bemüht. Wolf Frass als Giurescu hingegen ist einfach brillant, und auch der Spielbuchautor Robert Schlunze überzeugt als der „Unmensch“ auf ganzer Linie, hat allerdings nicht wirklich viel Text. Dafür wurde auch hier eine originelle Stimmverzerrung eingesetzt, die sich wohltuend von dem dumpfen Organ der Dämonen in der Reihe |John Sinclair| unterscheidet.

In die Story wurde so ziemlich alles hineingepackt, was eine abgedrehte Horror-Action-Comic-Story braucht: Ein paar Nazi-Experimente, ein wenig transsylvanischer Vampirismus und die Gestalten der russischen und griechischen Mythologie vereinen sich in diesem Hörspiel zu einem düsteren Potpourri der Phantastik. Auf den ersten Blick, beziehungsweise den ersten Lauscher, mag diese Fülle an Ideen und Figuren zu viel anmuten, doch im Gesamtkonzept wirkt die Mischung überaus innovativ. Die Folge ist von unglaublicher Rasanz und die Handlung wird immer wieder durch die lockeren Sprüche Hellboys belebt. Nicht unerwähnt bleiben sollte der klangvolle Soundtrack, der das Geschehen perfekt untermalt.

Die kantigen Illustrationen Mike Mignolas passen hervorragend zu dem Stil der |Hellboy|-Hörspiele, die den Geist der Comic-Vorlage perfekt wiedergeben.

_Fazit:_

„Der Teufel erwacht 1“ ist ein Horror-Fantasy-Spektakel allererster Güte. Eine Top-Besetzung, ein flottes Drehbuch und eine stimmungsvolle Klangkulisse machen |Hellboy| zu einem Hörspiel, das sich auf dem Markt behaupten wird.

_Besetzung:_

Spielbuch: Robert Schlunze nach den Comics von Mike Mignola
Regie und Produktion: Günter Merlau
Musik: Günter Merlau, eingespielt vom Hamburger Hörspiel-Orchester
Postproduktion und Sounddesign: Frieder Schölpple & Frederik Bolte

|Sprecher:|

Hellboy: Tilo Schmitz (Ron Perlman, Ving Rhames, Michael Clarke Duncan, Djimon Hounsou)
Krönen: Peter Woy
Abe Sapien: Joachim Tennstedt (Doug ‚Abe Sapien‘ Jones, John Malkovich, Mickey Rourke, Michael Keaton …)
Helmut Kurtz: Helmut Gentsch
Liz Sherman: Ranja Bonalana (Renée Zellweger, Selma Blair, Julia Stiles)
Tonbandstimme: Wolfgang Berger
Prof. Corrigan: Simone Ritscher
Zinco: Peter Tabatt
Rasputin: Michael Prelle
I. Hauptstein: Katinka Springborn
Waller: Jürgen Holdorf
Hans Übler: Roland Floegel
Dr. Manning: Klaus Dittmann
Unmensch: Robert Schlunze
Leach: Marco Reinbold
Clark: Stefan Brentle
Hoffman: Achim Buch
Llyod: Wolfgang Berger
Priester: Kurt Glockzin
Giurescu: Wolf Frass

In weiteren Rollen: Martin Wolf, Konradin Kunze, Martin Schleiß, Carlheinz Heitmann, Gerd Samariter und Janet Ivana Sunjic

|67 Minuten auf 1 CD
Empfohlen ab 14 Jahren
ISBN-13: 978-3-939600-49-7|
http://www.merlausch.de
http://www.hellboymovie.com
http://www.cross-cult.de

_Florian Hilleberg_

Ed McBain – Neun im Fadenkreuz

McBain Neun Fadenkreuz Cover 1986 kleinDas geschieht:

In diesen Frühlingswochen wird die Bürgerschaft der US-Großstadt Isola durch eine Mordserie erschüttert: Ein Scharfschütze erschießt mit seinem Präzisionsgewehr offenbar wahllos Menschen. Die Beamten Steve Carella und Meyer Meyer vom 87. Polizeirevier, denen der Fall übertragen wird, können trotz intensiver Ermittlungen keine Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern erkennen.

Der Druck auf die Polizisten steigt mit der Zahl der Leichen. Panik greift um sich, denn der Täter mordet unerbittlich weiter und bleibt dabei unsichtbar. Erst der Zufall zeigt den Zusammenhang: Alle Opfer wirkten vor vielen Jahren in einer College-Theateraufführung mit. Dass diese bizarre Tatsache der Schlüssel zum Geschehen ist, wird den Beamen bewusst, als weitere Darsteller sterben, bevor sie ausfindig gemacht werden können. Ed McBain – Neun im Fadenkreuz weiterlesen

Melzer, Brigitte – Jägerin, Die (Vampyr 2)

In Brigitte Melzers Roman [„Vampyr“ 5459 ließen wir die Protagonisten in einer reichlich prekären Situation zurück: Nach dem alles entscheidenden Kampf mit dem Fiesling war Daeron lebensgefährlich verwundet worden. Catherine, in Ermangelung einer Alternative, machte ihn daraufhin zum Vampir. Im Folgeband „Vampyr. Die Jägerin“ erfährt der geneigte Leser nun, wie es mit Catherine und Daeron weitergeht.

Catherine, schon immer empfindsam, konnte es offenbar nicht ertragen, dass sie Daeron ebenfalls zu einem Leben als Vampir verdammt hat – wenngleich ihre Absichten natürlich redlich waren. Davon überzeugt, dass Daeron sie nun verabscheut, verlässt sie ihn. Sie hofft, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt, die Vampirwerdung praktisch ‚umzukehren‘, und sucht verzweifelt nach dieser Methode, da sie davon ausgeht, dass Daeron ihr nur verzeihen wird, wenn sie ihn vom Vampirismus heilen kann.

Daeron hat derweil lange nicht so viele Probleme mit seinem neuen Zustand, wie Catherine angenommen hat. Er beschließt, sich von Tierblut zu ernähren, und da diese Methode die meisten moralischen Probleme des Vampirimus beseitigt, erfreut er sich ansonsten seiner neu gewonnenen Kräfte. Er sucht verzweifelt nach Catherine, kann sich aber gleichzeitig nicht erklären, warum sie ihn verlassen hat. Als die beiden dann endlich in Edinburgh wieder aufeinandertreffen, ist Catherine mit ihren Nachforschungen schon weit vorangekommen: Um Daeron (und sich) vom Vampirismus zu befreien, muss sie den allerersten Vampir töten. Das gelingt aber nur mit einem bestimmten christlichen Artefakt, von dem allerdings niemand weiß, wo es sich befindet. Doch auch der erste Vampir weiß, dass ihm dieses Artefakt gefährlich werden kann – für ihn Grund genug, es in seinen Besitz zu bringen.

Damit nicht genug, taucht zeitgleich in Edinburgh eine Handvoll Vampirjäger auf, die es auf alles abgesehen haben, was spitze Zähne hat. Doch wäre es nicht eine gute Idee, wenn sich die Jäger mit Catherine und Daeron verbünden würden, um den Obervampir zu vernichten?

Im zweiten Teil von Brigitte Melzers Romanreihe treffen wir altbekannte Charaktere wieder, allen voran natürlich Catherine und Daeron. Allerdings tritt Melzer glücklicherweise nicht erzählerisch auf der Stelle, und so baut sie eine ganze Reihe neuer Charaktere in die Handlung ein, die sie darüber hinaus an einem neuen Schauplatz (Edinburgh) spielen lässt. Das macht „Die Jägerin“ im Ganzen spannender und abwechslungsreicher als den Vorgängerband.

Melzers neue Lieblingsprotagonistin ist offensichtlich die Vampirjägerin Alexandra. Deren Familie wurde vom Unendlichen niedergemetzelt, als sie noch ein junges Mädchen war. Damals schwor sie Rache, und seitdem ist sie mit drei Männern unterwegs, um Vampire zu vernichten. Alexandra ist eine taffe Heldin, ganz wie man sich eine Jägerin eben vorstellt. Dahinter verblasst Catherine zusehends. Anstatt stärker, hat sie der Vampirimus vielmehr schwächer gemacht. Für jeden Handgriff scheint sie Daerons Hilfe zu benötigen, und selbst auf die Idee, sich von Tierblut zu ernähren, kommt sie nicht allein. Da macht es deutlich mehr Spaß, Alexandras Entwicklung zu folgen, der Melzer natürlich – zwischen all der Kämpferei und dem Weltretten – auch noch eine Liebesgeschichte auf den Leib schreibt.

Auch die Beschreibungen der Handlungsorte, im ersten Roman noch ein Schwachpunkt, haben sich stark verbessert. Edinburgh kommt wirklich sehr plastisch daher, und für den Leser ist es einfach, das Setting vor dem inneren Auge erstehen zu lassen. Viel spielt sich in „Die Jägerin“ in einer Close ab, einer engen Gasse, die von der Royal Mile (der damaligen Hauptstraße) hinab zum Nor Loch (wo sich heute – ganz unromantisch – der Bahnhof der Stadt befindet) führte. Diese ganz bestimmte Gasse, nämlich die Mary King’s Close, existiert(e) tatsächlich. Sie wurde freigelegt und kann seit 2003 besichtigt werden (sehr empfehlenswert übrigens). Melzer gelingt es also, schottischen Charme zu versprühen. Die Handlungsorte sind düster und irgendwie unheimlich – was natürlich ein echtes Muss ist, wenn man einen Vampirroman schreibt, der noch dazu in Schottland spielt.

Einige Ungereimtheiten gibt es dennoch. Melzer scheint sich an die Vampirtheorie aus „Lost Boys“ zu halten, nachdem der Obervampir vernichtet werden muss, um alle anderen Vampire wieder zu Menschen werden zu lassen. Woher Catherine und Daeron allerdings das Wissen beziehen, dass es sich gerade bei dem einzigen anderen Vampir, den sie kennen, um den ersten Vampir handelt, das bleibt wohl Melzers Geheimnis. Auch erscheint es ein wenig ‚billig‘, das alte Thema des guten und bösen Zwillings aufzurollen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich Melzer hier eines Kunstgriffes bedient, dessen es nicht bedurft hätte.

Alles in allem ist „Vampyr. Die Jägerin“ jedoch ungleich besser gelungen als der Vorgängerroman. Die Handlung ist verschachtelter und bietet mehr Spannung. Es gibt mehr überraschende Wendungen und detektivischen Einsatz der Charaktere. Außerdem wurde eine ganze Reihe neuer Figuren hinzuerfunden, um die Story frisch zu halten und Raum für weitere Geschichten zu schaffen. Melzer ist ein kurzweiliger Roman gelungen, der zwar nicht mit Tiefgang daherkommt, dafür aber mit einer unterhaltsamen Geschichte.

|Empfohlen ab 14 Jahren
319 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-8000-5350-6|

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http://www.brigitte-melzer.de

Außerdem von Brigitte Melzer auf |Buchwurm.info|:
[„Elyria – Im Visier der Hexenjäger“ 4700

Irtenkauf, Dominik – Holmes und das Elfenfoto (Sherlock-Holmes-Criminal-Bibliothek, Band 6)

_Auf den Spuren Sir Arthur Conan Doyles_

1920 erschien im |The Strand Magazine| ein Artikel unter dem Titel „Epochales Ereignis – Feen fotografiert“. Demzufolge hatten drei Jahre zuvor zwei Mädchen aus der englischen Grafschaft Cottingley mit der Kamera ihres Vaters Aufnahmen voneinander gemacht, auf denen auch lebhafte Feenwesen zu sehen waren. Der Verfasser des Artikels war kein anderer als Sir Arthur Conan Doyle, der sich inzwischen vom Bewunderer des rational analytischen Denkens, wie es auch seine wohl berühmteste Figur, der Detektiv Sherlock Holmes, verkörpert, zum bekennenden Spiritisten gewandelt hatte. Abgesehen davon, dass der Glaube an die Echtheit der Fotos als Beweis der Existenz von Feen den eloquenten Ruf des Autors untergraben hat, gestand die inzwischen 83-jährige Elsie Wright erst Ende des 20. Jahrhunderts ein, dass die Fotos von den „Cottingley Fairies“ mithilfe auf stabilem Karton nachgezeichneter Kinderbuchillustrationen entstanden und damit Fälschungen waren. Für Arthur Conan Doyle kam dieses Geständnis ein halbes Jahrhundert zu spät. Er nahm seine Überzeugung mit ins Grab.

Der Autor Dominik Irtenkauf hat sich zweifellos von dieser Episode im Leben Doyles, die scheinbar im Widerspruch zu dem wissenschafts- und technikbegeisterten Abschnitt der Menschheitsgeschichte zu stehen scheint, für sein Romandebüt „Holmes und das Elfenfoto“ inspirieren lassen. Nachdem sich Doktor Watson eine Zeit lang völlig auf seine Arbeit als praktizierender Arzt und auf seine Ehefrau konzentriert hat, fehlen ihm nach seinem Auszug aus der Baker Street 221b schließlich die Abenteuer, welche er mit seinem Freund, dem genialen Sherlock Holmes, stets auf den Spuren des Verbrechens erlebt hat. Aber es genügt bereits ein spontaner Besuch in der alten Wohnung, und schon befindet sich Dr. Watson wieder mitten ein einem neuen Fall des Detektivs. Dieser hat sich gerade des angesehenen Adligen und Politikers Lord Suffrey angenommen, welcher mit Hilfe von Fotos, die ihn in kompromittierenden Situationen mit leichten Mädchen zeigen, erpresst wird.

Scheinen die Fakten zunächst auf eine gewöhnliche Erpressung hinzudeuten, entwickeln sich jedoch die Beschattung des zwielichtigen Fotografen und der Tatsache, dass eine Mätresse des Lords plötzlich zerstückelt sowie merkwürdig kostümiert und geschminkt im Park aufgefunden wird, zur Jagd auf eine mysteriöse Sekte, welche die Rückkehr des Paradieses in Gestalt des mythischen Elfenlandes Albion im Gegensatz zur unsicheren Zeit der sozialen und politischen Umbrüchen des 19. Jahrhunderts predigt. Nun ist Sherlock Holmes nicht mehr nur auf den Spuren von Erpressern oder eines dubiosen Kunsthändlers unterwegs, sondern muss sich neben der Suche nach einem wahnsinnigen Mörder auch mit den Möglichkeiten der neuen Technik der Fotografie und der Manipulierbarkeit der nur scheinbar die Realität reproduzierenden Bilder beschäftigen.

Der Autor Dominik Irtenkauf mischt in seinem 2009 im |BLITZ|-Verlag erschienen Roman „Holmes und das Elfenfoto“ mit Phantastik und klassischer Detektivgeschichte zwei Genres, die auf den ersten Blick nicht gerade kompatibel erscheinen – jedenfalls wenn man von den Ursprüngen der Geschichten Sir Arthur Conan Doyles als „Erzählungen vom logischen Denken“ ausgeht. Die wenig realitätsbezogene Welt der Feen und Elfen der fantastischen Literatur trifft auf die Welt der Kriminalgeschichte, in der nach Einschreiten des Detektivs alles Mysteriöse oder Rätselhafte auf seine stets irdische und einem menschlichen Plan entsprungene Ursache zurückgeführt wird. Da diese Sherlock-Holmes-Pastiche zeitlich nur ein gutes Stück nach der Heirat Dr. Watsons angesiedelt ist, steckt hinter alledem natürlich das geniale Verbrechergehirn der ewigen Nemesis des Detektivs, seines Erzfeindes Professor Moriarty. Wie Doyle selbst, geht auch Irtenkauf dabei nicht ins Detail, sondern postuliert, dass der Handel mit den vorgeblich künstlerischen erotischen Fotografien vor allem ein Geschäft der Londoner Unterwelt ist und der Napoleon des Verbrechens zweifellos dahintersteckt.

Auf der anderen Seite setzt sich der Autor mit dem Mythos „des kleinen Volkes“ der Elfen auseinander, das die britischen Inseln dereinst gemeinsam mit den Menschen bewohnt haben, von ihnen jedoch verdrängt worden sein soll. Bezeichnend ist, dass die einzigen Personen, die diesen Mythos für zweifelsfrei real halten, ein geistig Behinderter und einige Sektenmitglieder sind. Der Sektenführer benutzt den Mythos, um Macht auszuüben und Bewunderer um sich zu scharen. Um seinen perversen Mordgelüsten nachgehen zu können, macht er sie glauben, dass in den vorgeblich unreinen Prostituierten Elfen eingeschlossen wären, die man aus deren Körpern befreien müsse. Leider versucht der Autor die Existenz der Elfenwelt offenzuhalten und wie Dr. Watson auf eine „Grauzone“ zwischen Realität und Fantasie zu verweisen. Dabei steht innerhalb der Handlung die Feen-Einleitung ebenso isoliert wie das Elfentheaterstück oder die Elfenbücher, die wie der gesamte Mythos nur zur Flucht der Menschen vor den Problemen ihres Alltags in eine andere Welt dienen.

Viel interessanter ist jedoch die Verarbeitung der Hoffnung der Menschen, die in der Technik- und Wissenschaftsbegeisterung des ausgehenden 19. Jahrhunderts den Möglichkeiten der Evolution oder der Fotografie entgegengebracht wurden. Ganz in der Tradition Doyles, der in seinen Kurzgeschichten neueste Innovationen der Technik wie beispielsweise die Bedeutung von Fingerabdrücken aufgenommen hat, spekulieren die Charaktere in „Holmes und das Elfenfoto“ über das Potenzial der Fotografie. Zum einen wird sie als unschätzbar für die Anlage einer Verbrecherkartei gesehen. Es werden jedoch auch Überlegungen dahingehend angestellt, ob man mit ausreichend Fotomaterial bereits vom Aussehen her einen Prototyp des Verbrechers ausmachen könnte. Deutlich wird ebenfalls die rasante Entwicklung, die eben nur Familienporträts bei besten Lichtverhältnissen hervorbringt, aber schon ein paar Jahrzehnte später bereits mithilfe ausgeklügelter chemischer Prozesse Manipulationen in ungeahnten Ausmaßen zulässt, die nur bei sehr gründlicher Untersuchung der Aufnahmen zutage treten und trotzdem nicht bewiesen werden können. Faszinierend scheinen auch die Möglichkeiten, die sich mit Darwins Evolutionstheorie und der beginnenden anatomischen Forschung am Menschen plötzlich bieten. So beschäftigt sich die Wissenschaft in „Holmes und das Elfenfoto“ mit der Rückführung der Arten auf mögliche Urtypen und deren hypothetischem Überleben, wie man es aus Doyles [„The Lost World“ 1780 (1912) kennt. Irtenkauf nutzt die Gelegenheit, einem Wissenschaftler, welcher derlei Spekulationen für absurd hält, einen ironischen Seitenhieb auf Conan Doyles erfolgreiche Publikation in den Mund zu legen.

Solche ironischen Momente gelingen dem Autor, weil er viel kulturelles Hintergrundwissen einbringt und Wert auf Kleinigkeiten legt. Ein weiteres Beispiel dafür ist die semantische Verwandtschaft des namens Suffrey mit dem englischen „to suffer“, das eine Fülle von Assoziationen auslösen kann. Tatsächlich ist es der Lord, der sich „leidend“ dünkt, wobei er materiell mit Geld und Ländereien durchaus sehr gut gestellt ist. Einzig seine Sexualität auszuleben, ist ihm mit seiner traditionell zur Weiterführung des Stammbaums, zur Repräsentation oder zur Bewunderung ihres Ehemannes erzogenen Ehefrau scheinbar nicht gegönnt. Möge mancher Mann auch darunter leiden – ironisch gebrochen an den Problemen der restlichen Charaktere des Romans wirkt selbst dieses „Leid“ schon wieder lächerlich.

Was ebenfalls bereits auf den ersten Seiten der eigentlichen Kriminalgeschichte positiv auffällt, ist, dass der Autor den Ton der ursprünglichen Sherlock-Holmes-Geschichten getroffen hat. So kann der Leser ohne langwieriges Einlesen in den Roman eintauchen. Natürlich steht von Vornherein außer Frage, dass der Detektiv das Rätsel lösen wird und der Reiz der Geschichte in einer Vielzahl von Zusammenhängen besteht, die von Holmes (und dem Leser) entwirrt werden müssen. Dennoch wünscht man sich, der Autor würde den Leser hier etwas mehr an die Hand nehmen, damit er nicht ständig ebenso im Dunkel der mysteriösen Vorgänge herumtappt wie Dr. Watson.

Möglicherweise hat der mit knapp 30 Jahren noch recht junge Autor aus purer Lust am Schreiben und Ausprobieren weitere Erzählstile in den Roman eingeflochten. Doch gerade eine Straffung in diesen Abschnitten hätte dem in Teilen recht langatmigen Werk zu mehr Spannung verholfen. Geeignet wäre beispielsweise eine Reduzierung des Wortlauts der wiedergegebenen Vorträge gewesen. Auch auf die Wiedergabe des Theaterstücks hätte verzichtet werden können, da es den Lauf der Handlung bremst. Der Ausflug in die Irrenanstalt ist eher interessant als dramaturgisch notwendig. Die Darstellung des Lebens von Lords Suffrey in Schottland oder die Überlegungen der Prostituierten hinsichtlich ihrer in Ansätzen emanzipierten Freundin bringen die Handlung ebenfalls nicht voran. Der durch die Reise nach Europa verlängerte Schluss nach der Überführung der Mörder bringt für den Leser keine neuen Erkenntnisse und lässt das erlösende Moment der Überführung des Mörders verpuffen.

Irtenkauf hat sich vorgenommen, Sherlock Holmes wie seinen Schöpfer über „Kräfte auf dieser Welt, die sich vehement dem rationalistischen Zugang entziehen“ stolpern zu lassen und stellt sich damit selbst ein Bein, denn Sherlock Holmes ist nicht Arthur Conan Doyle, und offene Fragen passen nicht zur unfehlbaren Denkmaschine Holmes. Sicherlich besitzt die Verknüpfung von Phantastik und Ratio einen gewissen Reiz, aber es liegt in der Natur der traditionellen Detektivgeschichte, der Holmes und Watson entsprungen sind, dass dem Fantastischen eine rationale Erklärung zugrunde liegt. Demzufolge ist es dem |BLITZ|-Verlag gelungen, das Sherlock-Holmes-Universum mit diesem Roman der „Sherlock-Holmes-Criminal-Bibliothek“ zu bereichern, aber auf die Verknüpfung mit den nicht völlig aufgelösten fantastischen Elementen muss man sich einlassen, um an „Holmes und das Elfenfoto“ gefallen zu finden.

|160 Seiten, Pulp-Paperback
ISBN-13: 978-3-89840-216-3|
http://www.blitz-verlag.de

_Mehr von Dominik Irtenkauf auf |Buchwurm.info|:_

[„Worträtsel“ 4212
[„Der Teufel in der Tasche“ 2657
[„Subkultur und Subversion“ 2656

Richardson, Kat – Greywalker

_Die Privatdetektivin Harper Blaine_ ist gerade noch dabei, dem Leser zu erklären, dass ihr Beruf lange nicht so gefährlich und glamourös ist wie allgemein angenommen, da wird sie auch schon von einem Klienten so heftig zusammengeschlagen, dass sie prompt im Krankenhaus landet. Zwar wird sie bald wieder entlassen, doch plagen sie seitdem seltsame Visionen, die sie schier in den Wahnsinn zu treiben drohen. Schlussendlich stellt sich heraus, dass der Angriff ihres Klienten sie das Leben gekostet hat – zumindest kurzfristig, denn sie wurde wiederbelebt, als die Rettungskräfte eintrafen. Allerdings hat sie einen bleibenden Schaden davongetragen, denn sie ist nun eine „Grauwandlerin“. Sie ist sowohl in der Realität zu Hause als auch im Grau – einem Ort, wo Dämonen und Geister verweilen.

Harper ist von dieser Entwicklung alles andere als begeistert, das Grau tendiert nämlich dazu, ständig und überall in ihren Alltag einzudringen: Während sie spazierengeht, laufen ihr Geister über den Weg, und wenn sie nicht aufpasst, wird sie unangemeldet ins Grau gesogen und muss sich plötzlich gegen seltsame Biester zur Wehr setzen. Harper will einfach nur, dass das alles aufhört, doch stattdessen werden die Bewohner des Grau von ihrer Präsenz angezogen und wollen nur allzu gern ihre Dienste als Privatdetektivin in Anspruch nehmen. Und so sieht sie sich plötzlich genötigt, ein obskures Möbelstück für einen Geist zu suchen und PR-Arbeit für einen Vampir zu leisten.

_Kat Richardson weiß, wie man schreibt_ – sie hat mehrere Jahre als technische Redakteurin gearbeitet und verfasste Rollen- und Computerspiele. „Greywalker“, 2006 in den USA erstveröffentlicht, ist jedoch ihr erster Roman, der gleichzeitig der Auftakt zu ihrer Romanreihe um Harper Blaine ist. Schon nach den ersten paar Seiten des Romans wird klar, dass Richardson mit „Greywalker“ einen astreinen Pageturner geschrieben hat, der nicht nur spannend und originell ist, sondern auch interessante und sympatische Charaktere zu bieten hat.

Da wäre zunächst einmal ihre Ich-Erzählerin Harper Blaine. Nun ist es ja so, dass es – betrachtet man die Urban Fantasy oder die Supernatural Romance – geradezu eine Schwemme von Romanen gibt, in denen Autorinnen weibliche Ich-Erzähler zu Wort kommen lassen. Das wirkt auf Dauer schnell ermüdend, und man hat irgendwann den Eindruck, Bücher vom Fließband zu lesen, die sich nur noch marginal voneinander unterscheiden. Doch obwohl auch Kat Richardson sich für eine weibliche, taffe Heldin entscheidet und diese als Ich-Erzählerin agieren lässt, wirkt „Greywalker“ frisch und überhaupt nicht abgekupfert.

Das ist sicherlich der Meisterschaft und Unverbrauchtheit der Autorin zu verdanken, und so wirkt auch Harper Blaine überraschend erfrischend. Denn was Harper von vielen anderen Dämonenjäger/innen unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie zu Beginn des Romans ein ganz normaler Mensch ist. Ihre Fähigkeit ist ihr nicht angeboren und sie erfährt nur durch Zufall von der Existenz von Vampiren, Dämonen und Geistern. Damit erreicht Richardson zweierlei: Zum einen kann man sich als Leser wunderbar mit Blaine identifizieren – wie sie wagt man vorsichtig die ersten Schritte in das Grau hinein und ist gespannt darauf, was denn da nun kommen mag. Auf der anderen Seiten hat Richardson so eine hervorragende Möglichkeit gefunden, ihr eigenes Universum langsam und geradezu natürlich einzuführen. Schritt für Schritt erfährt man mehr über das Grau, diese parallele Realität, in der sich allerlei seltsame Wesen herumtreiben und die sich fast selbst wie ein Lebewesen verhält.

Doch nicht nur mit Harper freundet man sich schnell an. Richardson hält noch einen ganzen Apparat Nebencharaktere bereit, die jeweils genauso unterhaltsam, originell oder schräg sind. Da wären zum Beispiel die Danzigers, ein Pärchen, das mit seinem kleinen Sohn und seinem Hausgeist Albert in einem glühenden Haus wohnt (weil es auf einer magischen Ader steht) und sich mit allerlei Paranormalem auskennt. Mara Danziger ist Hexe und sich auch nicht zu schade, ihren Kuchen zu verzaubern, damit der Teig nicht anbrennt. Ben Danziger ist eher Theoretiker und wie alle Wissenschaftler überglücklich, wenn er jemandem seine Theorien auseinandersetzen kann. Gemeinsam nehmen sie Harper fortan an die Hand, um ihr zu erklären, wie sie sich am besten im Grau zurechtfindet.

Dann wäre da noch Quinton, eine Art MacGuyer für Alarmanlagen. Er baut innerhalb von Stunden aus drei Drähten und einem Kaugummi eine voll funktionstüchtige Alarmanlage und warnt Harper ganz trocken auch schon mal davor, sich nicht mit diesen Vampiren einzulassen. Quintons praktische und doch irgendwie skurrile Art könnte ihn in zukünftigen Bänden schnell zu Harpers bestem Freund werden lassen. Doch sollte er nicht Will in die Quere kommen, dem Love Interest – denn auch den muss es schließlich geben. Will ist Auktionator, groß gewachsen und ein Mann, wie er im Buche steht. Nur leider kommt Harpers neue Lebensphilosophie ihren Dates wiederholt in die Quere und die meisten Männer lassen sich nicht endlos versetzen …

Ebenso interessant wie Richardsons Charakterentwurf ist ihr Universum, das Grau. Bisher hat Harper nur erste Schritte in diese unbekannte Welt gewagt, und so kann man kaum vorhersagen, welche seltsamen Wesen Richardson noch aus dem Hut zaubern wird. Auf jeden Fall ist das Grau schon jetzt spannend und sicher in zukünftigen Romanen noch ausbaufähig.

Eigentlich gibt es nur einen Kritikpunkt, und auch der ist nicht völlig ernstzunehmen: Für einen Roman, der 2006 veröffentlicht wurde und offensichtlich im Hier und Jetzt spielt, ist es absolut anachronistisch, dass keiner der Charaktere ein Handy besitzt. Stattdessen laufen alle Figuren mit Piepern herum, die eigentlich schon seit zehn Jahren kein normaler Mensch mehr benutzt.

Doch das nur nebenbei… Denn ansonsten ist „Greywalker“ ein wunderbar runder Roman, den man mit Leichtigkeit in ein paar Tagen geradezu verschlingen kann.

_Kat Richardson_, geboren in Kalifornien, arbeitete nach einem Publizistikstudium in diversen Zeitschriftenverlagen in L.A., bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Derzeit lebt die Autorin, zu deren Hobbys Scheibenschießen und Motorradfahren zählen, mit ihrem Mann, zwei Frettchen und einer launischen alten Katze auf einem Segelboot vor Seattle. Ihr Mystery-Debüt „Greywalker“ war in den USA auf Anhieb ein Erfolg.

|Originaltitel: Greywalker
Übersetzt von Franziska Heel
512 Seiten, broschiert
ISBN-13: 978-3-453-43310-6|

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Hinweis: Im Dezember 2008 erschien der Folgeband „Poltergeist“, im August 2009 folgt „Underground“.

Philip Reeve – Gwyna – Im Dienste des Zauberers

In Artors Welt: zwischen Illusion und Drama

Als ihr Hof von Artus‘ Kampftruppe geplündert und niedergebrannt wird, rettet sich die junge Gwyna („Maus“) mit einem Sprung in den kalten Fluss. Sie ist eine exzellente Schwimmerin und Taucherin. Artus‘ Barde Myrddin (= Merlin) findet die Halberfrorene am Ufer und nimmt sich ihrer an, denn er weiß sich ihre Tauchfähigkeit zunutze zu machen. Er ist schließlich auch Artus‘ Propagandaminister und will seinen Herrn zum Herrscher über ganz England machen.

In seinem Auftrag schlüpft Gwyna, die er als Junge verkleidet, in verschiedenste Rollen, darunter als Knappe und als Spionin am Hof der Königin. Doch dann wird die Königin Opfer eines Verrats – und Gwyna schwebt als deren Vertraute unvermittelt in Lebensgefahr …

Philip Reeve – Gwyna – Im Dienste des Zauberers weiterlesen

Sherlock Holmes Collectors Edition IV

Auf den scharlachroten Spuren des Verbrechens

Seit einigen Jahren erscheinen in der Verlagsgruppe Herrmann in regelmäßigen Abständen neue CD-Boxen ihrer Hörspielfassungen der Abenteuer des weltbekannten Meisterdetektivs Sherlock Holmes. Auf der vorliegenden „Sherlock Holmes Collectors Edition IV“ vereinen die Macher einmal mehr drei spannende Kriminalfälle aus der Feder des englischen Schriftstellers Sir Arthur Conan Doyle. Die Wahl ist zudem auf drei Abenteuer gefallen, die einen guten Einblick in die persönlichen Beziehungen und Ansichten von Sherlock Holmes ermöglichen, welche man im Zusammenhang mit der von Watson beschriebenen eigenbrötlerischen Denkmaschine Holmes kaum vermutet. So erfährt der Hörer beispielsweise in „Eine Studie in Scharlachrot“ auf zwei CDs, wie sich Holmes und Watson kennengelernt und die Räume in der Bakerstreet bezogen haben. Dort werden sie schon bald gemeinsam in die Aufklärung des rätselhaften Mordes an Enoch Drebber verwickelt.

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Heitz, Markus – Blutportale

Das Genre der Dark Fantasy lebt in den letzten Jahren wieder auf und erlebt derzeit einen regelrechten Boom. Die erzählerischen Grenzen zwischen Gut und Böse sind dabei fließender geworden. Vampire und Werwölfe, Magier und Dämonen, allesamt können sie hinterhältig und wirklich böse sein, andererseits helfen sie den sterblichen Menschen durchaus und beweisen damit, dass scheinbar artentypische Verhaltensmuster letztlich nur eine Frage der Betrachterperspektive sein können.

Die Frage, ob jemand eine anscheinende böse Tat begeht, ist meistens sehr differenziert und mit Abstand zu betrachten. Die Überzeugung, das Richtige für sich und andere zu tun oder unter Druck in Extremsituationen handeln zu müssen, lässt manchmal keinen anderen Ausweg zu, aber steht dabei auch das Wohl des Einzelnen über dem von vielen?

Markus Heitz konnte schon mit seinem Zwergenepos ein großes Publikum für sich gewinnen, nur wenig später folgten „Ritus“ und „Sanctum“, in denen Wandelwesen das Sagen haben. Mit „Die Kinder des Judas“ verfolgte der Autor die Geschichte eines Vampirclans.

Inzwischen sind der Name Markus Heitz und seine Werke eine feste Größe in der deutschen Fantasywelt. Nun ist der Feder des Autors ein neuer Roman entsprungen: „Blutportale“ und dieser Roman vermengt die Reihe „Ritus“/“Sanctum“ mit „Die Kinder des Judas“ und fügt noch ein paar dunkle Figuren aus dem Reich der Mystery und des Horrors hinzu.

_Inhalt_

Saskia Lange ist eigentlich Chefköchin in einem noblen Restaurant in Hamburg, doch ihre eigentliche Berufung und Leidenschaft ist das Fechten. Diese Kampf- und Schwertkunst, die schon ihr Vater ausübte, fordert ihr einiges ab. In einem anonymen Club mit dem Namen „Union“, der auf strenge Regeln Wert legt, kämpfen zwei Kontrahenten bis zum Blut und manchmal auch bis zum Tod, obwohl es nicht das Ziel ist, seinen Gegner zu töten. Es geht um die Ehre, die Würde des Kämpfers und darum, weiter bis zur Spitze der Union aufzusteigen.

Anführer dieser Rangliste ist der geheimnisvolle und charismatische Maître, der seit Jahren mit seiner außergewöhnlichen Fechtkunst jeden Gegner ohne Anstrengung im Kampf demütigt. Im Kampf gelingt es Saskia zwar, den Maître zu verletzen, aber in Wut geraten, zeichnet er Saskia mit blutigen Schnitten und die junge Frau weiß, dass sie solch einer Schwertkunst und Energie nichts entgegenbringen kann. In Panik und Todesangst gibt sie sich geschlagen.

Ihre Wunden schmerzen und werden vom „Professor“ der Union behandelt, doch sie denkt bereits wieder an eine Revanche. Aber zuerst muss sie auf die Party ihres Blumenhändlers, den sie seit langem kennt – Will Gul. Will ist zum Teil Inder und übt seinen Glauben an Shiva und Kali auch praktisch aus, aber was ihm bald zustoßen wird und womit er konfrontiert werden wird, soll sein gesamtes Weltbild erschüttern. Er lebt in einer großen Hamburger Villa, die er für einen anonymen „Sir“ verwaltet. Als die Villa mit seinen Freunden und Geschäftspartnern gefüllt und auch Saskia zugegen ist, geschieht etwas Schreckliches: Ungewollt öffnet die junge Frau eine rätselhafte Tür, die seltsam verziert ist, und lässt dadurch unabsichtlich einen Schutzgeist frei, der die Besucher als Eindringlinge ansieht und ein Massaker anrichtet, das nur Saskia und Will überleben.

Doch auch etwas anderes wird durch das Portal geschleudert: Justine, eine Werwölfin, die nach ihrem gewaltsamen Tod ihre Seele einem Dämon überließ. Wieder in ihrer physischen Gestalt, ist es ihr nicht mehr möglich, kraft ihres Willens die Bestie in sich zu wecken, die einen wesentlichen Teil ihrer Persönlichkeit ausmacht.

Saskia beginnt zu verstehen, dass der Kampf mit dem Maître – oder Levantin, wie er sich selbst nennt, kein Zufall war. Das Trio gerät zwischen die Fronten verschiedener Gruppen, die alle auf der Suche nach bestimmten verstreuten Artefakten sind und keine Gnade und Menschlichkeit kennen. Sollten diese dämonischen Artefakte zusammengeführt werden, so könnte man das Portal zu einem besonders machtvollen und grausamen Dämon öffnen, und die Menschheit fiele dem Untergang anheim.

Ein Wettlauf durch Raum und Zeit beginnt und die Fronten verändern sich erneut, denn auch Will und Justine besitzen übermenschliche Kräfte und setzen sie manchmal etwas unkontrolliert ein. Dabei sehen sie sich menschlichen und dämonischen Mächten ausgeliefert …

_Kritik_

In „Blutportale“ von Markus Heitz geht es diesmal deutlich actionreicher zu als in seinen bisherigen Mystery- und Horrorthrillern. Heitz weiß, wie man ‚bildlich‘ schreibt; er versteht sein Handwerk. Schon im Prolog bekommt der Leser einen blutigen ersten Eindruck und kann bereits erahnen, wohin der Weg des Grauens führen wird.

Dass Markus Heitz diesmal seine Protagonisten aus „Ritus“/“Sanctum“ und „Die Kinder des Judas“ in einer neuen Erzählung auftauchen lässt, ist gewöhnungsbedürftig und fügt sich erst langsam zu einem stimmigen Bild. Aber dem Autor sind die charakterlichen Ideen nicht ausgegangen. Es gibt neue, bösartigere, intensivere Charaktere, die sich hier ein Stelldichein geben. Originell ist dieser Ansatz in jedem Fall und außergewöhnlich spannend obendrein.

Die Reise unserer Helden ist im wahrsten Sinne des Wortes ‚bewegend‘. Nicht nur örtlich, sondern auch zeitlich verschlägt es sie in andere Ebenen, wenn Saskia ihre besondere Gabe nicht kontrollieren kann und alles aus dem Ruder läuft. Saskia ist die Schlüsselgestalt in „Blutportale“, und sie ist nicht nur talentiert darin, materielle Räume zu öffnen – sie kann noch viel, viel mehr.

Es gibt zwei Handlungsstränge. Der erste lässt uns zusammen mit Saskia, Will und Justine unter Lebensgefahr nach Artefakten suchen, denn immer wieder müssen die drei gegen eine Vielzahl von dämonischen Angreifern kämpfen, die ihnen alles Menschenmögliche abverlangen. Saskia will sich bei ihrem ehemaligen Gegner, dem Maître, revanchieren, der sie verletzt und ihre Gabe anscheinend geweckt hat, und Justine will ihr zweites Alter Ego – die Bestie, die in ihr wohnt – wieder rufen können. Tja, und Will ist auch kein Zuschauer in diesem Drama, schließlich war es ja sein Haus, in dem der Schutzgeist das Massaker angerichtet hat.

Im zweiten Handlungsstrang ist der Maître selbst auf der Suche. Nicht die dämonischen Relikte seine primäre Motivation, nein, er will Saskia, die für ihn ein besonderes Portal öffnen soll. Nach ihr hat er Jahrtausende gesucht und nun sieht er sich seinen langersehnten Ziel sehr nahe. Seine Person ist auch die tiefgründigste und originellste und immer für Überraschungen gut. Dass die Menschen ihm gleichgültig sind und er entsprechend kalt und unnahbar wirkt, wird am Ende des Romans verständlich. Wer seit Jahrtausenden auf einer Welt wandelt, die nicht sein Zuhause ist, kann verbittert und egoistisch reagieren.

Justine war in den Romanen „Ritus“ und „Sanctum“ eine Nebenfigur. Nun muss sie sich beweisen, ohne auf ihre wandlerischen Fähigkeiten zurückgreifen zu können, doch auch ohne Klauen und Zähne ist sie eine beachtenswerte Gegnerin. Alle Fähigkeiten hat sie noch nicht verloren, und sich zwischen den Welten zu bewegen, ist ihr förmlich ins Blut übergegangen. Saskia wäre ohne ihre unfreiwilligen Freunde verloren; sie ist eine Einzelgängerin und wusste sich immer zu behaupten, aber bei dieser Gefahr sieht sie sich überfordert.

Spannend ist „Blutportale“ allemal. Obwohl die Spannung nicht so sehr von den Protagonisten ausgeht, sondern vielmehr von den zahlreichen Schauplätzen beider Handlungsstränge. In der Mitte der Erzählung gibt es einige Längen, die aber durch das Auftauchen des geheimnisvollen Maître/Levantin immer wieder relativiert werden können. Er ist ein (über)mächtiger Gegner und seinen Kontrahenten meistens einen Schritt voraus.

In „Blutportale“ gibt es angenehmerweise nicht das klischeehafte Gut-Böse-Denken. Hinter jeder Gruppe und beinahe jedem Charakter verbergen sich unterschiedliche Perspektiven und Betrachtungsebenen. Moral und Ethik kann man sich hier ohnehin kaum leisten, es bleib einfach keine Zeit dazu. Die Atmosphäre des Buches ist entsprechend auch durchweg pragmatisch zu sehen; es muss gehandelt werden, und Verluste sind in dieser Gleichung durchaus vorgesehen. Aufgrund der spannenden und abwechslungsreichen Handlung bleibt manchmal die Logik im Hintertreffen, doch so atemberaubend die Geschichte voranschreitet, fällt das kaum auf. Die Dialoge sind dabei spärlich gesät; zu sehr entlädt sich hier die Gewalt um die Protagonisten herum.

Zum Ende von „Blutportale“ entfaltet sich die Geschichte in einem gekonnten Höhepunkt, der wirklich extrem aufregend und spannend geraten ist, so dass alle vorherigen erzählerischen Längen vergessen sind. Das Buch endet, wo es begonnen hatte, doch bleibt alles anders, und wir wissen: „Blutportale“ war nur der Auftakt zu einer weiteren dunklen Saga.

_Fazit_

„Blutportale“ von Markus Heitz ist anders als die schon von ihm geschriebenen Romane. Sehr positiv finde ich die realistische Atmosphäre in der Geschichte: Das ‚Böse‘ ist niemals wirklich abgrundtief schlecht, das ‚Gute‘ niemals nur hell und rein, es gibt viele Schattierungen, die uns vor Augen geführt werden und mahnend davon erzählen, dass alles mehrere Perspektiven besitzen kann.

Wer die drei anderen Romane aus dem |Pakt der Dunkelheit| gelesen hat, wird ebenso Gefallen an „Blutportale“ finden; dass Markus Heitz allerdings einige Charaktere entliehen hat, mag erstmal merkwürdig wirken. Das Actionfeuerwerk, das hier gezündet wird, sucht allerdings seinesgleichen, und so gibt neben dem spannenden Nervenkitzel eine Menge Rauch und Feuer, Gewalt und Kampf, und demzufolge auch Opfer und Verlust. Selbst die Liebe kommt nicht zu kurz, und für wen sich der „Finder-Inder“, wie er gelegentlich benannt wird, entscheidet, wird hier nicht verraten.

Für alle Fans mysteriöser und dunkler Gestalten ist „Blutportale“ ein Must-read-Titel. Es ist nicht Heitz‘ bester Roman, da zu wenig von Hintergrund erklärt wird und doch einiges offen bleibt – mag sein, dass sich der Eindruck in einer möglichen Fortsetzung relativiert -, doch ist er in jedem Fall empfehlenswert und bietet spannende Unterhaltung.

|665 Seiten, Klappenbroschur
ISBN-13: 978-3-426-66339-4|
http://www.pakt-der-dunkelheit.de
http://www.knaur.de

Home

_Mehr von Markus Heitz auf |Buchwurm.info|:_

[Interview mit Markus Heitz]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=56
[„Ritus“ 2351 (Buch)
[„Ritus“ 3245 (Hörbuch)
[„Sanctum“ 2875 (Buch)
[„Sanctum“ 4143 (Hörbuch)
[„Die Mächte des Feuers“ 2997
[„Die Mächte des Feuers“ 4655 (Hörbuch)
[„Kinder des Judas“ 4306
[„Die Zwerge“ 2823
[„Die Zwerge“ 2941 (Hörbuch)
[„Die Rache der Zwerge“ 1958
[„Der Krieg der Zwerge“ 3074
[„Schatten über Ulldart“ 381 (Die Dunkle Zeit 1)
[„Trügerischer Friede“ 1732 (Ulldart – Zeit des Neuen 1)
[„05:58“ 1056 (Shadowrun)
[„Die dritte Expedition“ 2098

Schreiber, Joe – Besessen

_Mike Hughes_ ist Mitte dreißig, Familienvater und arbeitet als Arzt im Tanglewood Memorial Krankenhaus. An diesem Abend erwartet die letzten Mitarbeiter ein besonderes Ereignis: Der berüchtigte Serienmörder Frank Snow wird zur Kernspinuntersuchung gebracht. Mehrere Polizisten begleiten ihn, alles läuft unter strengen Sicherheitsvorkehrungen ab. Kurz vor Beginn der Untersuchung steckt Snow Mike einen Zettel zu: „Du hast die Wahl. Bleib hier und mach deinen Job, oder schnapp dir deine Familie und hau ab. Entscheide dich JETZT. Noch eine Warnung kriegst du nicht.“

Noch bevor Mike auf diese seltsame Nachricht reagieren kann, erscheint seine Frau Sarah mit dem kleinen Sohn Eli. Sarah fürchtet schon länger, dass Mike eine Affäre mit seiner hübschen Kollegin Jolie Braun führt und will ihn zur Rede stellen. In diesem Augenblick aber bricht im Untersuchungsraum eine Art Explosion los. Offenbar ist Frank Snow die Flucht gelungen, mehrere seiner Bewacher sind tot.

Zu allem Überfluss spielt auch noch der Strom verrückt, das Licht fällt aus. Mike und seine Familie werden voneinander getrennt. Frank Snow macht seine Jagd auf die letzten Überlebenden in der Klinik – allem Anschein nach unterstützt durch übernatürliche Kräfte …

_Mit seinem Debütwerk_ „Untot“ zog Joe Schreiber die Aufmerksamkeit der Horrorwelt auf sich und stürmte die Bestsellerlisten. Leider ist ein gelungener Erstling noch lange kein Garant dafür, dass auch die nachfolgenden Werke diese Klasse erreichen.

|Wenige Stärken|

Die Zutaten, die Schreiber für seinen Roman verwendet, sind althergebracht, können zu Beginn aber dennoch das Interesse wecken: Ein Serienmörder, dessen Taten offenbar so grauenvoll waren, dass sie nur angedeutet werden, weil sich jeder der Erinnerung verschließen möchte – ein geschickter Zug, der sich angenehm von so mancher Gewaltdarstellung im Buch abhebt; ein Krankenhaus, das erst recht bei Nacht ein unheilvoller Schauplatz wird, eine Drohung und eine Flucht inklusive Jagd auf die Verbliebenen, die sich in den verwinkelten Teilen der Klinik verstreuen. Bei keinem Charakter ist ein Überleben garantiert und man ahnt früh, dass den Leser kein wirkliches Happy-End erwartet.

Interessant ist auch das Verhältnis zwischen Sarah und Mike Hughes. Einerseits ist Sarah überzeugt davon, dass er ein Verhältnis mit der begehrten Jolie pflegt, doch Snows Flucht verhindert eine Aussprache. Anschließend steht Sarah zwischen den Fronten und muss einerseits den verängstigen Sohn trösten, der seinen Daddy vermisst, und sorgt sich selbst um ihren Mann, der sich irgendwo in der Klinik aufhält und womöglich gefangen ist; andererseits ist ihr Schmerz über den vermeintlichen Betrug nicht verraucht und belastet sie in dieser Extremsituation zusätzlich. Ein paar lesenswerte Einblicke in sein Leben erhält man auch beim dem Alkohol zusprechenden Pförtner Steve Calhoun, wenn in flüchtigen Bildern seine unschöne Vergangenheit angerissen wird. Dadurch, dass sich die Handlung fast in Echtzeit abspielt und sich keine Abschweifungen erlaubt, liest sich der Roman außerdem sehr zügig, unter Umständen direkt an einem Stück.

|Zu blasse Charaktere, zu viele Klischees|

Insgesamt aber sind die Charaktere nicht wirklich interessant geraten. Mike Hughes bleibt als Hauptperson unnötig blass, über sein Seelenleben erfährt der Leser wenig, Jolie wird einem im späteren Verlauf sogar unnötig unsympathisch. Der kleine Eli ist ein Abbild jener Kinderfiguren, wie sie gerne in belanglosen Horrorfilmen auftauchen, voller Zutrauen in „Mommy“ und „Daddy“. Er führt klischeehafte Monologe und verhält sich verblüffenderweise fast ruhiger als so mancher Erwachsener. Man möchte meinen, dass ein Kind angesichts des Chaos, des Lärms und der Dunkelheit im Krankenhaus in Panik ausbricht und sich nicht so mustergültig zu beherrschen weiß wie Eli.

Am wichtigsten wäre wohl gewesen, den diabolischen Frank Snow markanter darzustellen; nicht erst seit Hannibal Lecter weiß man, wie sehr Serienmörder die Leserwelt faszinieren können. Nichts davon zu spüren ist jedoch bei Frank Snow. War es noch reizvoll, seine genauen Taten lediglich anzudeuten, muss man nun leider erkennen, dass dieser geheimnisvollen Einführung nichts nachfolgt außer grausamen Massakern. Auch Katz-und-Maus-Spiele eignen sich normalerweise sehr gut, um in Thrillern oder Horrorwerken Spannung zu garantieren, aber dafür fehlt es an einer wirklichen Identifikationsfigur und einem Killer mit Profil.

Bald ist offensichtlich, dass bei seiner Flucht übernatürliche Fähigkeiten eine Rolle gespielt haben. Hier gleitet der Roman von einem scheinbaren Thriller in Horror über, geht dabei aber zu verschwenderisch mit okkulten Elementen und Gewaltszenen um. Zu sehr erinnert die Handlung nunmehr als Groschenromane und lässt sowohl Originalität als auch Subtilität vermissen. Das Ende ist nicht sehr überraschend, wenn man auch zugute halten muss, dass die Fäden zusammenlaufen und das Handeln einzelner Personen plausibel erklärt wird. Der Epilog aber ist dann wieder zu vorhersehbar und abgegriffen und hinterlässt ein Gefühl, Vergleichbares schon hundertmal gelesen zu haben.

_Als Fazit_ bleibt ein belangloser Horrorroman, der rasch in Klischee abgleitet und kaum interessante Charaktere vorzuweisen hat. Die Ausgangslage ist zunächst noch ansprechend, wenn auch nicht originell, die Horrorelemente aber werden zu billig und effektheischend in Szene gesetzt. Dank der temporeichen Handlung und der Kürze lässt sich der Roman schnell lesen, ist aber unterm Strich keine Empfehlung wert.

_Der Autor_ Joe Schreiber wurde in Michigan geboren und lebt heute mit seiner Familie als Mathematiklehrer in Pennsylvania. Bereits vor seinem ersten Roman [„Untot“ 4320 arbeitete er als Ghostwriter und Co-Autor, ehe ihm der internationale Durchbruch als Horrorautor gelang.

|Originaltitel: Eat the Dark
Aus dem Englischen von Ulf Ritgen
253 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-404-15889-8|
http://chasingthedead.blogspot.com/
http://www.bastei-luebbe.de/

Owens, Robin D. – Zauberin von Lladrana, Die (Lladrana 2)

_Eine grausame Kreatur_ der Finsternis hat Jaquars Eltern getötet. Und Jaquar kann nur noch an eines denken: Rache! Doch er selbst kann die Kreatur nicht erreichen. Nur jemand aus der Paralleldimension der Erde ist in der Lage dazu, den Schutzschild um den finsteren Schlupfwinkel zu durchdringen. Die Marschälle von Lladrana haben bereits zugestimmt, eine Beschwörung durchzuführen. Und wen immer sie beschwören, Jaquar wird diese Person für sich beanspruchen, und sie wird seiner Rache dienen!

Marian Harasta hat schon seit längerer Zeit grauenhafte Alpträume. Und da es ihr bisher nicht gelungen ist, die Ursache dafür zu finden, beschließt sie, dem Rat ihrer Freundin zu folgen und eine Beschwörung durchzuführen: mit unerwartetem, aber durchschlagendem Ergebnis!

_Da die Geschichte_ auf der Parallelwelt Amee im Land Lladrana spielt, stammen die meisten tragenden Charaktere logischerweise von dort. Die eigentliche Heldin jedoch stammt von der Erde:
Marian ist Studentin. Und ihr Arbeitseifer geht weit über das übliche Maß an Fleiß hinaus. Marian giert regelrecht nach Wissen, auch nach solchem, das nicht unbedingt wissenschaftlich belegbar ist, wie zum Beispiel New Age. Obwohl der Übertritt nach Lladrana zunächst mal ein Schock ist, stürzt sich Marian auch hier schon bald aufs Lernen und fühlt sich schnell heimisch. Aber nicht nur das fremdartige Wissen und die Magie des Landes faszinieren sie, auch der Zauberer Jaquar übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie aus. Wenn da nicht gleich bei ihrer Ankunft diese warnende Vision gewesen wäre, dass Jaquar Ärger bedeutet! Und wenn da nicht ihr MS-kranker Bruder Andrew wäre, den sie auf keinen Fall im Stich lassen kann! Je länger Marian in Lladrana weilt, desto zerrissener fühlt sie sich …

Ihrem Lehrmeister, dem Zauberer Bossgond, ist noch vor Marian klar, dass sie nicht in der Lage sein wird, sich zu entscheiden. Der alte Mann ist zwar ein besonders mürrisches Exemplar von einem Eigenbrötler, entwickelt aber dennoch rasch väterliche Zuneigung zu seinem jungen Lehrling und ist schnell bereit, ihr bei der Suche nach einem Heilmittel für Andrew zu helfen.

Jaquar entwickelt ebenfalls Zuneigung zu Marian, allerdings weniger die väterliche Sorte. Die rücksichtslose Anwandlung, Marian seiner eigenen Rache zu opfern, verliert sich recht schnell, denn im Grunde ist Jaquar gar kein so übler Kerl und war nur deshalb zu einem solchen Plan bereit, weil er den Verlust seiner Eltern noch nicht verwunden hat.

Und dann wäre da noch Marians Hamster Tuck, der in Lladrana – nicht ohne ein wenig magisches Zutun – ein eigenes Bewusstsein entwickelt und so vom Haustier zum Freund und Gefährten wird, ohne dabei jedoch seine Hamstereigenschaften zu verlieren.

Schade, dass es zu dem zweiten wichtigen Protagonisten, Jaquar, nicht viel mehr zu sagen gibt als zu Marians Hamster, der eigentlich nur ein nettes Detail am Rande darstellt. Nachdem Jaquar sich von seiner rachsüchtigen Anwandlung erholt hat, bleibt von ihm nicht viel mehr übrig als die Begriffe mächtig, sexy und verliebt. Für eine eigene Persönlichkeit fehlt es ganz entscheidend an Tiefe. Ähnliches gilt für Bossgond, der ein wenig zu sehr dem Klischee des brummigen, alten Lehrmeisters entspricht. Marian ist zwar etwas detaillierter gezeichnet, aber auch diese Figur kommt nicht über reine Nachvollziehbarkeit hinaus, erreicht lediglich den Verstand des Lesers, nicht seine Emotionen.

Das ist vor allem deshalb ein Manko, weil die Handlung selbst die Entwicklung der Beziehung zwischen Jaquar und Marian so sehr in den Vordergrund stellt. Immer wieder denkt Marian über Jaquar nach, selbst als sie noch Bossgonds Lehrling ist. Und Jaquar denkt sowieso an nichts anderes als an Marian. Das macht die ganze Angelegenheit ziemlich vorhersehbar.

Außer der sich anbahnenden Liebesgeschichte tut sich zunächst mal nicht viel anderes, denn Marian muss den Umgang mit der Magie ja erst lernen. Vielleicht war das der Grund dafür, dass die Autorin ihre Protagonistin innerhalb von drei Wochen vom völligen Anfänger zur fertigen Zauberin höchster Stufe hat aufsteigen lassen: damit es nicht so lange dauert, bis es endlich zur Sache geht. Ihr Versuch, diese ungewöhnlich kurze Lehrzeit damit zu begründen, dass die Marschälle ja genau so jemanden beschworen hätten, greift nicht ganz, denn nur weil etwas Bestimmtes beschworen werden soll, heißt das ja noch lange nicht, dass es das auch gibt. Im Zweifelsfall bleibt das Pentagramm eben leer.

Auch die Bemühung, der Handlung etwas mehr Spannung zu verleihen, indem die Autorin andere Zauberer Jaquars ursprünglichen Plan weiterführen lässt, greift nicht wirklich. Nicht einmal, als Marian dem Bösen gegenübersteht, kommt so etwas wie Spannung auf; zu kurz ist die Begegnung, zu glatt und ohne Haken spult sich die Handlung ab. Erst gegen Ende des Buches, als Marian um das Leben ihres Bruders kämpft, bekam ich feuchte Hände, wohingegen das finale Duell wieder eher schlaff daherkommt. Vielleicht lag das auch an der Beschreibung des Gegners, die zwar einige unappetitliche äußere Details, aber keinerlei Persönlichkeit lieferte.

_Bleibt zu sagen_, dass Robin Owens zwar einige nette Ideen vorzuweisen hat, und manche sind auch durchaus gut beschrieben, zum Beispiel der Ritt auf dem Blitz. Insgesamt gesehen fehlt es dem Buch jedoch an Flair. Marians rasche, problemlose Ausbildung vermittelt den Eindruck eines Zeitraffers – flutsch und fertig. Die Mängel in der Charakterzeichnung lassen nicht nur die Liebesgeschichte fade und flach wirken, das Fehlen eines ernstzunehmenden Gegners hat auch Spannung gekostet.

Nun ist „Die Zauberin von Lladrana“ nicht der erste Band, wie ich leider erst nach der Lektüre feststellte. Der erste Band des Zyklus heißt [„Die Hüterin von Lladrana“ 5518 und erzählt von der Marschallin Aleyka, die ebenfalls von der Erde nach Amee beschworen wurde. Irgendwie klingt das ziemlich ähnlich … genau wie der Ausblick auf die weiteren Bände, die bisher nur auf Englisch erschienen sind. Wenn ich die Lektüre des ersten Bandes nachgeholt habe, werde ich es wissen.

Sollte sich dabei meine Befürchtung bestätigen: dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn Robin Owens, anstatt für jeden Band ihres Zyklus eine neue Protagonistin zu entwerfen, sich auf eine einzige konzentriert und dafür etwas mehr Sorgfalt auf die Ausarbeitung verwandt hätte – dann werde ich den Lladrana-Zyklus wohl unvollendet zu den Akten legen.

_Robin D.Owens_ schreibt schon lange, der Durchbruch gelang ihr 2001 mit dem Buch „HeartMate“, eine Fantasy-Romanze, der inzwischen sechs weitere folgten. Aus ihrer Feder stammt auch die Anthologie „What Dreams May Come“ sowie der Lladrana-Zyklus, dessen fünfter Band diesen Monat auf Englisch erschienen ist. Außer ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin spielt Robin D. Owens auch Theater. Sie lebt mit ihren Katzen in Colorado.

|Originaltitel: Sorceress of Faith
Aus dem Amerikanischen von Justine Kapeller
540 Seiten, kartoninert
ISBN-13: 978-3-89941-477-6|
http://www.mirafantasyblog.de
MIRA Taschenbuch
http://www.robindowens.com

Owens, Robin – Hüterin von Lladrana, Die (Lladrana 1)

_Alexa Fitzwalter_ hatte keine einfache Kindheit. Umso mehr trifft sie der Verlust ihrer einzigen Freundin Sophie. Kein Wunder, dass sie diesem seltsamen Gefühl nachgibt und unter dem silbernen Bogen hindurchgeht.

Die fremde Welt, die sie damit betritt, und die Menschen dort faszinieren sie. Aber sie muß nur zu bald feststellen, daß ihre Hoffnung, dort neue Freunde zu finden, sich nicht so einfach erfüllen wird …

_Die tragenden Charaktere_ sind zu dritt:

Hauptprotagonistin ist natürlich Alexa. Die junge Frau war schon in ihrer eigenen Welt eine echte Kämpferin, wenn auch eher mit Worten als mit Schwertern. Nicht nur, dass sie sich gegen viele Widerstände bis zu ihrem Diplom durchbeißen musste. Jetzt ist sie Anwältin, also drauf und dran, sich für die Rechte anderer zu „schlagen“. Alexa will gebraucht werden. Und das nicht nur beruflich, sondern auch privat.

Reynardus, der oberste Anführer der Marschälle, die Alexa beschworen haben, hält überhaupt nichts von ihr. Ganz gleich, was sie tut und sagt, er hat nichts als Hohn und Spott für sie übrig, selbst als sie längst bewiesen hat, daß sie für die Aufgabe eines Marschalls wie gemacht ist. Denn zum einen ist Reynardus zu stolz, um Fehler zuzugeben, und zum anderen ist er zu herrschsüchtig, um jemanden akzeptieren zu können, der sich derart seiner Kontrolle entzieht, wie es die Fremde von der Erde tut.

Für Bastien, Reynardus‘ Sohn, dagegen wäre Alexa die perfekte Frau – wenn sie keine Marschallin wäre! Denn von den Marschällen hält Bastien schlicht überhaupt nichts. Der Draufgänger mit der wilden, unbeherrschten Magie rebelliert nicht nur gegen seinen Vater, sondern schlicht gegen alles, und entwickelt dabei einen ausgeprägten Sturkopf.

Außerdem wäre da noch Sinafin erwähnenswert, eine Feycoocu, was auch immer das sein mag. Sie ist in der Lage, jede beliebige Gestalt anzunehmen, und verfügt über mächtige Magie. Die Lladranier begegnen ihr mit Ehrfurcht. Offenbar ist Sinafins einziges Ziel, ihre Welt Amee zu retten. Und obwohl sie sich Alexa angeschlossen hat, um sie zu unterstützen, schreckt sie auch nicht davor zurück, sie gelegentlich ein wenig zu manipulieren …

Im Zyklusauftakt gibt die Charakterzeichnung wesentlich mehr her als im Folgeband [„Die Zauberin von Lladrana“. 5494 Reynardus ist ein wahrer Giftpilz, den der Leser so richtig schön hassen kann, auch wenn Reynardus eigentlich zu intelligent ist, um so unvernünftig zu handeln. Und Bastien wird durch seine entstehende Beziehung zu Alexa nicht auf seine Funktion als Liebhaber reduziert, sondern bleibt stets er selbst. Wirkliche Tiefe, wie man sie bei den Figuren von Anne Bishop oder Jenny-May Nuyen findet, sucht man allerdings noch vergeblich.

_Die Handlung_ lebt vor allem von Alexas Auseinandersetzung mit den Marschällen. Obwohl sie durchaus dazu bereit ist, sich für Lladranas Rettung einzusetzen, gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Marschällen schwierig. Denn niemand scheint es für nötig zu halten, ihr irgendetwas zu erklären, weder Bräuche noch Regeln, geschweige denn Gründe dafür, warum Alexa dies oder jenes tun soll. Alexa fühlt sich manipuliert, zu Recht. Denn selbst Sinafin, die durchaus damit beschäftigt ist, Alexa in eine Richtung zu lenken, die ihren Absichten dient, tut nichts gegen Alexas persönlichen Willen. Sinafin will überzeugen. Dafür glauben die Marschälle keine Zeit zu haben.

Obwohl es auch einige Kämpfe gibt, bleiben sie eher im Hintergrund. Der Antagonist ist noch nicht aufgetaucht, das Böse wird vorerst nur von den ekligen Monstern vertreten, die über die beschädigte Grenze drängen. Eine erste Steigerung bildet dabei der Sangvile, der auch im zweiten Band noch auftaucht, dort aber bereits als minder gefährlich eingestuft wird im Vergleich zu dem Meister, mit dem Marian sich auseinandersetzen muß. Hier zeichnet sich ein allmählicher Anstieg der Bedrohung ab, der mit der langsamen Annäherung an den Kern des Bösen, an den eigentlichen Verursacher, parallel laufen dürfte.

Ob es der Autorin letztlich gelingt, den Spannungsbogen tatsächlich von Band zu Band weiter zu straffen, betrachte ich dennoch mit einiger Skepsis, und zwar deshalb, weil der Sangvile zwar in der Hierarchie unter dem Meister stand, die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Meister aber ebenso glimpflich verlaufen ist wie die mit dem Sangvilen. Spannung fand sich in diesem ersten Band eigentlich nur unmittelbar vor dem Großangriff der Monster. Aber auch die verpuffte relativ rasch, was vor allem daran liegen dürfte, dass Alexa bei dieser Gelegenheit rein zufällig entdeckte, wie die Grenzpfosten repariert werden können, sodass der größte Teil der Armee einfach aus der Schlacht ausgesperrt wurde.

_Alles in allem_ fand ich „Die Hüterin von Lladrana“ etwas besser als [„Die Zauberin von Lladrana“. 5494 Die Charaktere sind nicht ganz so flach ausgefallen, und die Liebesgeschichte, die auch hier eingebaut ist, steht nicht so sehr im Vordergrund, wie es beim zweiten Band der Fall ist. Das ließ Raum für die Welt als solche, und tatsächlich erhält der Leser hier ein paar Informationen, die ich im zweiten Band vermisste. Auch stellte ich fest, dass bereits im ersten Band Personen vorgestellt wurden, die im Nachfolger eine größere Rolle spielten. Dadurch wird der bemühte Eindruck, den ich beim Lesen des Nachfolgers hatte, stark abgemildert, die Geschichte wirkt fließender. Das und die Tatsache, dass die Rettung Lladranas sich als roter Faden durch die Rahmenhandlung sämtlicher Bände zieht, spricht dafür, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

Sofern man sie überhaupt lesen möchte. Denn wirklich fesselnd war auch dieser erste Band des Zyklus nicht. Alexas Reibereien mit den Marschällen sind ja nett zu lesen, aber als Hauptthematik etwas zu mager. Obwohl ständig von der Rettung Lladranas gesprochen wird, führt der Kampf gegen das Böse ein ziemliches Randdasein. Der Autorin gelingt es einfach nicht, die einzelnen Aspekte ihrer Handlung – den plötzlichen Eintritt in eine fremde Welt und die Anpassung an diese Situation, die jeweilige Romanze und die Bedrohung von Außen – zu einer nahtlosen Einheit zusammenzufügen. Die mangelnde Balance hat zur Folge, dass die Geschichte eindimensional wirkt. Die starke Gewichtung des Zwischenmenschlichen zulasten der Gegner nimmt dem Buch die Spannung. Gleichzeitig sorgt die Schwäche in der Charakterzeichnung dafür, dass auch das Zwischenmenschliche den Leser nicht wirklich berührt, geschweige denn gefangen nimmt.

Sprich: Ein netter Lückenfüller für abends im Bett, wenn man keine Lust mehr auf etwas Anspruchsvolleres oder Aufregendes hat. Mehr nicht.

_Robin D.Owens_ schreibt schon lange, der Durchbruch gelang ihr 2001 mit dem Buch „HeartMate“, eine Fantasy-Romanze, der inzwischen sechs weitere folgten. Aus ihrer Feder stammen auch die Anthologie „What Dreams May Come“ sowie der Lladrana-Zyklus, dessen fünfter Band diesen Monat auf Englisch erschienen ist. Außer ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin spielt Robin D. Owens auch Theater. Sie lebt mit ihren Katzen in Colorado.

|Aus dem Amerikanischen von Justine Kapeller
508 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-89941-361-8|
http://www.mirafantasyblog.de
MIRA Taschenbuch
http://www.robindowens.com

Vermes, Geza – Anno Domini. Ein Who\’s Who zu Jesu Zeiten

_Überraschung: Jesus war ein Exorzist, Joseph pädophil_

„Wer waren die VIPs vor 2000 Jahren?“ Obwohl die Zeitenwende bis heute eines der bedeutendsten Ereignisse der menschlichen Geschichte ist, kann kaum jemand diese Frage beantworten. Geza Vermes ist ein renommierter Jesus-Kenner. In seinem Who’s Who zu Jesu Zeiten beschränkt er sich nicht allein auf theologisch relevante Personen, er porträtiert auch römische Politiker wie Pontius Pilatus und andere weltliche Schlüsselfiguren, die in der Bibel kaum oder gar nicht auftauchen, in Kurzbiografien.

_Der Autor_

Geza Vermes, 1924 in Ungarn geboren, studierte Orientalistik und orientalische Sprachen und promovierte in Theologie. Er wurde zum ersten Professor für Jüdische Studien an der Universität Oxford, wo er noch heute als Professor Emeritus wirkt. Seit 1991 ist er Direktor des Forums für Qumran-Forschungen am Zentrum für Hebräische und Jüdische Studien in Oxford. Er ist Mitglied der British Academy und der Europäischen Akademie für Wissenschaften, Kunst und Literatur sowie Träger diverser Ehrendoktorate. Zu seinen Werken zählen „Die Passion. Die wahre Geschichte der letzten Tage im Leben Jesu“ und „Die Geburt Jesu. Geschichte und Legende“.

_Inhalte_

Nach einem Verweis auf die Quellen und Mitarbeiter stellt der Autor stichwortartig die Gruppen von Namen vor, die er später im biografischen Teil seines Who is Who eingehend vorstellt und beurteilt. Zwei Stammtafeln über die Hasmonäer/Makkabäer (Priesterkönige) und die Herodianer (Könige und Statthalter) beschließen diese Einführung.

Ganz wichtig für das Verständnis der Biografien und deren zeitliche Einordnung ist der Überblick „Das Zeitalter Jesu im breiteren Kontext“. Denn hier stellt der Autor erstmals vor, welchen Zeitraum er überhaupt berücksichtigt. Er könnte ja bei Adam und Eva oder Stammvater Abraham anfangen. Nein, sein zeitlicher Blickwinkel ist auf die Jahre 164 vor der Zeitenwende (v. d. Z.) und 135 n. d. Z. begrenzt – zwei einschneidende Daten in der Geschichte des jüdischen Volkes.

Im Jahr 164 v. d. Z. – der Autor spricht niemals von „vor/nach Christi Geburt“, aus Gründen, die bald ersichtlich werden – erlangen die Juden erstmals nach Jahrhunderten der Unterdrückung durch Babylonier, Perser und Griechen ihre politische Unabhängigkeit und wählen Jerusalem als ihre Hauptstadt. Das bereits erwähnte Geschlecht der Hasmonäer erringt nach dem Makkabäeraufstand die politische und religiöse Macht.

Im Verlauf von Machtkämpfen und Erbstreitigkeiten holt man im Jahr 63 v. d. Z. den römischen Konsul und General Pompeius zu Hilfe – ein schwerer Fehler, denn er annektiert einfach das Land als die römischen Provinzen Judäa und Galiläa (später weitere). Während es Galiläa, wo Jesus geboren wird, gelingt, von seiner eigenen Oberschicht regiert zu werden, ist Judäa bald schlechter dran: die Römer herrschen hier direkt und ohne Vermittlung.

Sie unterdrücken diverse aufrührerische Bewegungen, doch ohne durchschlagenden Erfolg, bis es anno 63 n. d. Z. zum Ausbruch des Ersten Jüdischen Krieges kommt, der mit der Eroberung Jerusalems und der Festung Masada anno 66 endet. Es kommt anno 70 zur Zerstörung des Tempels von Jerusalems, womit die Saat für den Zweiten Jüdischen Krieg gelegt wird, der erst 135 n. d. Z. mit einer vernichtenden Niederlage des Ben Kochba endet. Dies führt zur Diaspora, der Zerstreuung des jüdischen Volkes in alle Winde. Somit deckt der Autor rund 300 Jahre Geschichte ab, die außerordentlich gut dokumentiert ist.

Eine CHRONOLOGIE liefert am Ende des Buches nochmals einen Überblick über die diversen kritischen Ereignisse in diesen drei Jahrhunderten. Der Überblick „Das Zeitalter Jesu im breiteren Kontext“ ist in fünf Abschnitte eingeteilt, in denen die jeweils wichtigsten Personen der Zeitgeschichte kurz auftauchen. Der titelgebende Mann, Jesus von Nazareth, lebte ungefähr in der Mitte des beleuchteten Zeitraums, wird aber nur kurz betrachtet, da es ja vor allem die jüdischen und christlichen Bewegungen in seiner Nachfolge waren, die bis heute die Kirchen- und Glaubensgeschichte von Juden- und Christem beeinflussen.

|Das „Who’s Who“|

Es wäre sinnlos, irgendwelche Artikel aus diesen Biografien zur Gänze zitieren zu wollen. Ja, schon der Versuch einer Übersicht muss im Ansatz scheitern. Sinnvoller ist daher, die wichtigsten BEFUNDE der historischen Beurteilungen, die der Historiker Vermes vornimmt, mal kurz in Beispielen vorzustellen. Sein Ansatz ist, wohlgemerkt, völlig unparteiisch und nur der historischen Disziplin verpflichtet. Daher können sehr religionskritische Aussagen dabei herauskommen. Wie der Leser diese Aussagen aufnimmt und bewertet, steht auf einem ganz anderen Blatt.

|Die Apostel|

Es gibt, wie man inzwischen weiß, jede Menge Evangelien (griechisch für „gute Nachricht“), aber nur vier davon wurden vom Konzil zu Nicaea/Nicäa (heute İznik in der Türkei) im 4. Jahrhundert genehmigt: die von Markus, Matthäus, Lukas und Johannes. Dies ist zugleich die chronologische Folge ihrer Entstehung: Markus ist das älteste, das der historischen Figur des Wanderpredigers, Heilers und Exorzisten Jesus von Nazareth am nächsten ist.

Matthäus und Lukas haben gehörig hinzugedichtet und Jesus zu einem Sohn Gottes, einem Messias und und Propheten gemacht. Hier ändert sich bereits die Bewertung der Juden. Und Johannes macht das Maß voll, indem er die Juden in Grund und Boden verdammt, was mit Jesu Botschaft, der sich strikt ans Mosaische Gesetz hielt, rein gar nichts mehr zu tun hat. Vermes hält es für höchst wahrscheinlich, dass der Evangelist Johannes nichts mit dem Apostel Johannes zu tun hat. Und dass Lukas wie auch „Johannes“ Nichtjuden waren.

|Jesus|

Der historische Jesus, den der Autor nach seinen Recherchen für wahrscheinlich, jedoch nicht für gesichert hält, wurde im Jahr 6 vor der Zeitenwende geboren. Von einem Jahr null = Jesu Geburt kann also keine Rede sein! Jesus wurde nach der Begegnung mit Johannes dem Täufer im Jahr 29 n. d. Z. zu einem eifrigen Wanderprediger, der das Kommen eines Reiches Gottes und somit des Messias für höchst dringlich hielt und verkündete. Im Herbst 29 und dem Frühjahr 30 zog er also mit den bekannten zwölf Aposteln durch Galiläa, sprach aramäisch (nicht hebräisch oder gar lateinisch oder neugriechisch) und entfremdete sich von seiner Familie, außer von seinem Bruder oder (je nach Quelle) Stiefbruder Jakobus, der später der erste Bischof von Jerusalem wurde.

Der einzige Grund, den der Autor für Jesu Verhaftung gelten lässt, ist dessen Auftritt im Tempel von Jerusalem kurz vor dem Passah-Fest. Nicht Römer ließen ihn verhaften, sondern jüdische Älteste und Priester. Er wurde von Hannas verhört, von Kaiaphas verurteilt und an den römischen Präfekten von Judäa, Pontius Pilatus, zur Exekution übergeben.

Das Bemerkenswerte an dem Vorgehen des Glaubensrates von Hannas und Kaiaphas: Damals wie auch heute ist es für einen Juden kein Verbrechen, sich als „Sohn Gottes“ zu bezeichnen, alldieweil sich alle Juden als Söhne Gottes betrachten. Auch gibt es kein Gesetz, wonach Personen, die sich als Messias bezeichnen, als Gotteslästerer zu verurteilen seien. Gotteslästerung hätte mit Steinigung geahndet werden müssen. Stattdessen wird Jesus der Aufwiegelung gegen die Römer bezichtigt, was durch Kreuzigung bestraft wurde – für ein Verbrechen, das er gar nicht begangen hatte. Ein politischer Mord unter so vielen.

All dies geschah aber nicht an jenem Feiertag des Passah- oder Osterfestes, sondern, da an diesem Tag Amtshandlungen verboten waren, einen Tag zuvor. Die Kreuzigung fand dann am Karfreitag des Jahres 30 n. d. Z. statt. Jesus war also 36 Jahre alt. Aber wie verhielt es sich mit seiner „Auferstehung“, die ihn zu jenem gottähnlichen Wesen machte, als das er heute verehrt wird? Wie sich herausstellt, beruht dieser Glaube allein auf den „Visionen“ seiner Anhänger.

Die Evangelien widersprechen sich in zahllosen Details zur Auferstehung wie auch zum Prozess und der Passion Jesu. Nur Markus kann man zutrauen, noch Zeuge der Kreuzigung gewesen zu sein oder wenigstens mit Zeugen gesprochen zu haben. Der Autor stellt die verschiedenen Evangelien einander gegenüber, was zu dem erstaunlichen Resultat führt, dass a) der historische Kern kaum noch sichtbar ist und b) 99 Prozent der Passionsgeschichte Legenden, Dichtungen, Verfälschungen und andere spätere Hinzufügungen sind. Meist musste die „gute Nachricht“ den Verkündern in den religionspolitischen Kram passen. Erst sie machten aus dem jüdischen Wanderprediger, der keine Nichtjuden anerkannte, den christlichen Messias und Erlöser, der für alle da ist.

|Maria|

Kann eine Jungfrau wirklich den Sohn Gottes geboren haben? Dies ist seit dem 19. (päpstliche Bulle von 1854) und 20. Jahrhundert (Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel von 1950) die Doktrin der Katholischen Kirche. Die Quellen besagen etwas ganz anderes. Maria soll mit Joseph dem Zimmermann verheiratet gewesen sein und mit ihm sieben Kinder gehabt haben. Jesus, der Älteste, hatte vier Brüder und mindestens zwei Schwestern. Nach späteren, politisch korrekten Versionen der Evangelien war sie bloß die Verlobte oder zweite Frau des Witwers Joseph. Sie lebte in Nazareth.

Die Geburtslegende, die jedes Kind zu Weihnachten erzählt bekommt, ist in höchstem Maße unwahrscheinlich. Erstens gab es im Jahr 6 v. d. Z., Jesu Geburtsjahr, gar keine Volkszählung plus Steuerschätzung, sondern erst zwölf Jahre später. Zweitens hätte Joseph gar nicht nach Bethlehem reisen müssen, sondern entweder in Nazareth oder der Stadt seiner männlichen Vorfahren vorstellig werden müssen. Und eine Flucht nach Ägypten ist reine Legende. Joseph lässt sich sogar als Pädophiler einstufen, allerdings nur nach heutigen Moralvorstellungen. Sobald Maria zwölf Jahre geworden war oder in die Pubertät kam (= geschlechtsreif wurde), wurde sie einem würdigen Mann anvertraut, eben Joseph: verlobt oder verheiratet? Und der war schon etwas älter als die Zwölfjährige.

|Die Anhänge|

Das Buch endet mit einigen Anhängen. Dazu gehört die erwähnte „Chronologie“ ebenso wie eine Landkarte Palästinas im Zeitalter Jesu, ein Glossar mit wichtigen Begriffen, eine Liste der Abkürzungen (zu Quellen und Publikationen) sowie eine Bibliografie. Ein Stichwortregister (Index) erübrigt sich durch die alphabetische Sortierung der Biografien.

_Mein Eindruck_

Dies ist nur eine knappe Übersicht über die Inhalte und erstaunlichen Befunde. Ich habe mich in der Lektüre wirklich wohlgefühlt und an einem Nachmittag die wichtigsten Artikel gelesen, so etwa über die Apostel, Evangelisten und Jesus plus Familie. Unglaublich, wie winzig der historische Kern ist, der im Neuen Testament enthalten ist. Ich sage ausdrücklich „Neues Testament“ und nicht „Bibel“, weil der Autor mit „Bibel“ nur die Hebräische Bibel meint, die einen ganz anderen Inhalt haben kann als die von christlichen Organisationen wie den Kirchen und Sekten verbreiteten Versionen.

Eine weitere Besonderheit ist die Zählung der Jahre. Ich musste mich erst an die nirgends erklärte Bezeichnung „v. bzw. n. d. Z.“ gewöhnen. Z. ist nicht etwa „Zeitrechnung“ wie in der DDR, sondern „Zeitenwende“. Die Muslime haben ja ebenso wie Hindus, Buddhisten etc. anderen Zeitrechnungen und -wenden. Muslime zählen ab der ersten Hedschra des Propheten Mohammed im Jahr 622 n. d. Z. und zwar nach Mondjahren.

|Eignung und Zielgruppe|

Dieses Werk ist von einem Wissenschaftler für andere Wissenschaftler geschrieben worden. Doch auch „Power-User“ der Kultur- und Religionsgeschichte wie etwa Angehörige der klassisch und humanistisch gebildeten Schichten können das Buch mit großem Gewinn lesen. Sie müssen eben Fachbegriffe wie „Konkordanz“, „Apokryphen“ und „Parusie“ notfalls nachschlagen. Der zentrale Begriff „eschatologisch“ wird hingegen im Glossar erklärt.

Abgesehen von dieser Handvoll Fremdwörter konnte ich den Text aber sehr gut verstehen. Die Darstellung ist an jeder Stelle nachvollziehbar. Weil der Autor mit einer Menge Überraschungen aufwartet, macht das Lesen neugierig. Allerdings nur denjenigen, der für solche Überraschungen offen sein kann. Dogmatische Leser dürften erhebliche Probleme damit haben.

Die zähesten Buchteile sind naturgemäß die Anhänge. Man kann aber die Chronologie gut als Einstieg und ersten Überblick lesen. Fast ebenso schwer, aber ungleich unterhaltsam ist der erste „Überblick“, der in fünf Abschnitte unterteilt ist und sich so ebenfalls leichter konsumieren lässt. Den harten Kern, aber eigentlichen Inhalt bildet das „Who’s Who“.

|Übersetzung|

Eine wunderbare Arbeit von Yvonne Badal: sehr verständlich und eindeutig formuliert. Ich konnte keine Druckfehler finden. Der einzige Fehler, auf den ich stieß und der wohl aufs Konto des Autor geht, steht im Artikel über Joseph, „Vater“ von Jesus“ auf Seite 188/89. In einer koptischen Legende ist Joseph bereits 89 Jahre alt, als er Maria heiratet. Er sei nach 22 Jahren Ehe mit Maria im Alter von 101 Jahren gestorben und vom 22-jährigen Jesus begraben worden. Nun ja, 101 minus 89 ergibt bei mir immer noch zwölf statt 22. Aber die Zeit ist ja auch nicht mehr das, was sie mal war.

_Unterm Strich_

Ein Who’s Who bietet einen biografischen Überblick, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Daher kann dieses Buch sowohl ein erster Einstieg in ein spezielles Thema wie etwa die Passions- oder Geburtsgeschichte Jesu sein (die der Autor beide geliefert hat), als auch eine spannende Lektüre über die während der 300 Jahre Betrachtungszeit lebenden historischen Personen. Letzteres fand ich sehr viel unterhaltsamer und aufregender – die Biografien liefern den Anreiz für den Einstieg in die Vertiefung eines Themas.

Die Zielgruppe des Buches sind sicherlich nicht die blutigen Laien, die von Kirchen- und Glaubensgeschichte keine Ahnung haben. Hier wird schon einiges an Bildung vorausgesetzt. Die Texte sind aber schon derart fundiert, dass man sie ohne weitere Prüfung akzeptieren kann, sofern man kein Dogmatiker ist. Der Ansatz ist unparteiisch und undogmatisch, rein von der historischen Methode getrieben und mit dem Wunsch vorgetragen, jene für Christen so wichtige Zeit besser zu verstehen. Das ist dem Autor gelungen.

Zu wünschen wäre eine Onlinepublikation, die mit entsprechenden Links zu anderen Artikeln weiterführt. Die Einträge des Buches sind in sich konsistent, d. h. sie widersprechen einander nicht. Aber häufig tauchen Namen, Orte und Begriffe auf, die man liebend gerne sofort woanders nachschlagen würde.

Fazit: ein Volltreffer.

|Originaltitel: Who’s Who in the Age of Jesus, 2005
Aus dem Englischen von Yvonne Badal
334 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-7857-2347-0|
http://www.luebbe.de

Philip Steele – City of Light. Die Letzten Tage von Jim Morrison

Jim Morrison ist eine Legende, und das liegt unter anderem auch an seinem frühen Dahinscheiden. Der Lyriker und Frontmann der |Doors| starb 1971, mit nur 27 Jahren, unter mysteriösen Umständen in Paris. Seither ranken sich allerlei Theorien um sein Ableben – wenn man denn tatsächlich an seinen Tod glaubt. In regelmäßigen Abständen kursieren nämlich auch angebliche Morrison-Sichtungen. Er soll gar nicht tot sein, sondern auf einer Karibikinsel faul in der Sonne liegen. Wer’s glaubt …

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