David Grashoff / Mayer, Daniel / Mauruschat, Fabian – Ratten!

_Allgemein_

„Ratten!“ ist ein Rollenspiel aus der Independent-Rollenspielschmiede |Projekt Kopfkino|, das jetzt im |Prometheus|-Verlag als richtige Print-Ausgabe erschienen ist. Es ist das erste „Pocket-RPG“ des Verlags. Das 72 Seiten umfassende Regelwerk ist in Vollfarbe, eignet sich wegen der Größe (DIN A5) wirklich für die Hosentasche und ist mit elf €uro, zumindest was den Rollenspielsektor angeht, sehr günstig. Besonders positiv fallen die vielen, sehr gelungenen Illustrationen auf, die in einer solchen Qualität nicht unbedingt zu erwarten waren.
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Point Whitmark – Am Tag der großen Flut (Folge 24)

Kurzbeschreibung:

Vor der Küste Point Whitmarks braut sich ein bedrohliches Unwetter zusammen. Doch der nahende Sturm ist nicht das eigentliche Problem, welches auf Jay und Tom wartet. Hatten sie eben noch das Dach von Dr. Weatherby repariert, werden sie kurz darauf mit den Brüdern Rourke konfrontiert; zwei wirklich üblen Verbrechern, die ihre Bewacherin Seargent Gibbons unschädlich machen konnten und nun vor der Justiz türmen wollen. Da kommen ihn die beiden Jungen gerade gelegen, da diese sich an der Küste bestens auskennen.

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Nicole Drawer – Das Messer in der Hand

Bei einer, die es wissen muss, liest man doch gleich um so lieber. Autorin Nicole Drawer war früher Oberkommissarin in Hamburg und hat unter anderem Psychologie studiert. Mit „Das Messer in der Hand“ erscheint bereits der zweite Band um die Polizeipsychologin Johanna Jensen, und auch dieses Mal ist für ein gewisses Maß an Spannung gesorgt.

Eines Nachts wird in Hamburg eine blutüberströmte Frau mit einem Messer in der Hand aufgegriffen. Nicht weit von ihr entfernt findet man die Leiche eines Privatdetektivs, doch Manuela Kranz ist verwirrt, leidet an einer retrograden Amnesie. Sie kann sich an nichts erinnern, doch trotzdem ist die Sachlage für die Polizei so gut wie klar. Alle Indizien sprechen dafür, dass Manuela, die Frau eines reichen Bauunternehmers, die Täterin ist. Doch Johanna glaubt an solch eine einfache Lösung nicht. Sie betreut die Frau und versucht ihr zu helfen, sich an besagte Nacht zu erinnern.

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Iain Banks – Die Sphären

Nach seinem letzten großartigen Roman »Der Algebraist«, der ein neues Universum mit Leben füllt, widmet sich Iain Banks mit dem vorliegenden Buch wieder seinem KULTUR-Universum. Der Heyne-Verlag preist diese Erzählung als »Opus Magnum« des Autors an und bietet mit dem Trade-Paperback eine schöne Plattform zwischen Taschenbuch und Hardcover. Die Titelbildgestaltung bedient sich eines Motivs aus dem Prolog des Romans und veranschaulicht wunderbar die Arbeit einer wichtigen Person des Geschehens.

Das war’s dann auch schon an Pluspunkten für den Verlag. Man schlägt das Buch auf und sieht große, angenehm lesbare Schrift auf dickem Papier, dem ein breiter unbedruckter Rand gelassen wird. Schon allein ohne diesen Rand bleibt die Größe eines Taschenbuchs, was sich natürlich im Preis widerspiegeln würde, denn mit 16 Euro ist er doch sehr hoch gesteckt.

Wie man bei der Lektüre feststellen wird, trifft der Klappentext in seinen wichtigen Aussagen daneben. Der Roman ist kein Trip durch die Galaxis in diesem Sinne. Wichtigste Bühne ist die Welt Sursamen. Die KULTUR, zu der auch die Menschen und ihre Modifikationen gehören, besteht keineswegs nur aus Menschen und widerlegt so die Behauptung, die Menschheit wäre bei ihrem Aufbruch ins All auf die Schalenwelten gestoßen. Und die Schalenwelten sind nach dem Tenor des Romans keinesfalls eine gigantische Falle für die menschliche Zivilisation.

Vielmehr handelt es sich um eine königliche Familiengeschichte voller Intrigen, Flucht und Suche nach Hilfe, in deren Begleitung eine äonenalte Gefahr für die ganze Welt befreit wird und bekämpft werden muss. Dabei entwickelt Banks neue interessante Facetten der Gesellschaftsform der KULTUR und der galaktischen Gemeinschaft und wirft neue Fragen auf, die nicht alle in dieser Geschichte beantwortet werden.

Trotz Banks‘ unbestreitbaren Hangs zu wortreichen Beschreibungen gibt es in Bezug auf technische Details keine unnötig pseudowissenschaftlichen Abhandlungen. Es wird nicht die Funktion beschrieben, sondern der Effekt, so dass von dieser Seite der Erzählfluss nicht verzögert wird. Anders ist es mit anderen Beschreibungen: Vor allem die Örtlichkeiten werden so detailliert und weitschweifig geschildert, dass man sich zeitweise gebremst fühlt und versucht ist, den Absatz zu überspringen. So wandern die Protagonisten mal durch einen endlosen Gang und verlieren sich in Gedanken über die Vergangenheit (teilweise wichtig zur Charakterisierung der Figur) oder komplett zusammenhangslosen Überlegungen. Hier hätte man sich einen rotstiftverliebteren Redakteur gewünscht.

An Sprache, Vokabular, Kreativität, Individualität und bewundernswerter Fantasie gibt es nichts zu kritteln. Es ist eine typisch Bankssche frische Erzählung von hohem Unterhaltungswert und mit diesem Adrenalin ausschüttenden Sog, der keine Müdigkeit zulässt.

Betrachtet man den Erzählungsverlauf, fällt Folgendes auf: Es läuft alles ganz zielgerichtet und flüssig und dreht sich auf zwei Ebenen um den Versuch der zwei Parteien, sich zu treffen. Hintergrund ist der Mord am König und Vater der beiden Personen. Der Weg dieser beiden Gruppen ist natürlich mit Problemen gepflastert. Ab dem Moment ihres Treffens strebt alles plötzlich dem Finale entgegen und wandelt sich in das kosmisch umfangreiche Thema, das nicht nur diese Familienkrise betrifft, sondern die ganze Galaxis. Es taucht ein unbemerkt eingeführter Gegner auf und fordert komplexen hochtechnischen Einsatz. Durch gnadenlose Vernichtung von Menschen löst sich der familiäre Konflikt auf und wandelt sich auf diesem letzten Abschnitt in den verzweifelten Versuch, diesen Gegner auszuschalten. Damit wird ein Großteil der erzählerischen Vorarbeit und Entwicklung des Romans in einem Schlag beiseite gewischt. Natürlich erhält das Ende durch seine kosmische Gültigkeit das wahre Flair der Science-Fiction-Erzählung gegenüber einem banalen Aufeinandertreffen von Mörder und Rächer. Aber der Weg dorthin liegt etwas zu sehr versteckt hinter dieser oberflächlichen persönlichen Geschichte.

Auf den Epilog kann man verzichten. Er dient nur als Rechtfertigung für die emotionale Entscheidung der Protagonistin im Prolog und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dem Ende selbst fügt er keine spannende oder zu mehr Befriedigung führende Facette hinzu.

Insgesamt bietet der Roman ein sehr schönes, spannendes und befriedigendes Leseerlebnis in der grandiosen Welt von Iain Banks‘ KULTUR.

Originaltitel: Matter
Übersetzt von Andreas Brandhorst
Paperback, Broschur, 800 Seiten
ISBN-13: 978-3-453-52500-9

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 4,00 von 5)

Hurwitz, Gregg – Blackout

Als Krimiautor Drew Danner im Krankenhaus erwacht, erwarten ihn zwei Nachrichten. Die gute: Er hat einen epileptischen Anfall überlebt und ihm wurde der verursachende Gehirntumor erfolgreich entfernt. Die schlechte: Er wurde in der Wohnung seiner Exfreundin gefunden, die erstochen neben ihm lag. Drew selbst kann sich an nichts erinnern und wird zunächst schuldig gesprochen. In der Berufung erreicht er bald darauf einen Freispruch – wegen Unzurechnungsfähigkeit; sein Tumor wird als Auslöser für die Tat verantwortlich gemacht.

In der Öffentlichkeit wird Drew nach wie vor von vielen als Mörder angesehen, ebenso von der Polizei. Er stellt eigene Nachforschungen an in der Hoffnung, dass vielleicht doch ein anderer die Tat begangen und inszeniert hat. Kurz darauf geschieht ein zweiter Mord an einer Frau mit vielen Übereinstimmungen. Sofort wird Drew verdächtigt – doch er kann ein Alibi vorweisen.

Gleichzeitig geschehen rätselhafte Dinge in seinem Umfeld: Gegenstände verschwinden aus seinem Haus, Türen stehen plötzlich offen und jemand verpasst ihm im Schlaf eine Schnittwunde am Fuß. Immer stärker wird für Drew der Verdacht, dass der wahre Mörder ihm die Tat anhängen will …

Nach seinen Erfolgen mit „Die Scharfrichter“ und dem Nachfolger „Die Sekte“ legt Gregg Hurwitz hier den dritten Streich auf Deutsch vor, erneut ein Thriller, diesmal aber ohne Verbindung zu den früheren Werken.

|Spannung bis zum Schluss|

Gleich in doppelter Funktion wird Drew Banner zum Ermittler: Zum einen gilt es, den Mörder von Kasey Broach zu finden, der alles so arrangiert hat, dass Drew auf den ersten Blick wie der Täter aussehen muss, inklusive seinem Blut am Tatort. Zum anderen drängt es Drew danach, zu erfahren, ob er wirklich in geistiger Umnachtung seine Exfreundin erstochen hat oder ob, so seine leise Hoffnung, schon zu diesem Zeitpunkt jemand die Szenerie manipulierte, um vielleicht eine Reihe von Serienmorden auf ihn abzuwälzen. Dabei stehen Drew glücklicherweise mehr Möglichkeiten zur Recherche zur Verfügung als dem Durchschnittsbürger – als Krimiautor steht er in Verbindung mit Experten, die ihm Untersuchungsergebnisse und Informationen liefern können. Andererseits kämpft er seit seinem Freispruch mit den Blicken und bösen Sprüchen der Öffentlichkeit; nur wenige Bürger ziehen seine Unschuld in Betracht – die Ermittler Kaden und Delveckio machen keinen Hehl daraus, dass sie den Freispruch bedauern, seine Freundin verlässt ihn, Familie besitzt Drew nicht mehr. Was ihm bleibt, ist ein buntgewürfelter Haufen alter Freunde, auf den er sich verlassen muss.

Originell ist vor allem die Grundidee, dass Drew selbst nicht weiß, ob er möglicherweise ein Mörder ist oder nicht, und wie er, wenn es so sein sollte, mit dieser Tat umgehen soll. Der Anklage nach hat ihn eine gehässige Anrufbeantworter-Nachricht seiner Exfreundin so in Rage versetzt, dass er sie erstach; tatsächlich aber kann sich Drew trotz der Trennung nicht vorstellen, Hass auf Genevieve entwickelt zu haben. Stattdessen leidet er unter ihrem Tod und will auch ihretwegen die Wahrheit herausfinden. Bei der Auflösung bleiben keine offenen Fragen für den Leser zurück, das Motiv ist einleuchtend, wenn auch sehr ungewöhnlich für einen Thriller.

|Interessante Nebencharaktere|

Am besten gelungen ist die Darstellung von Caroline, einer klinischen Therapeutin in einer Jugendanstalt. Miss Caroline entpuppt sich als entstellte Schönheit, deren Gesicht von Narben durchzogen ist. Noch bevor Drew den Hintergrund dafür erfährt, ist er fasziniert von der immer noch attraktiven Frau, die sichtlich auf Professionalität bedacht ist und mit der sich allmählich eine Beziehung anbahnt.

Etwas zu klischeehaft geraten ist dagegen Junior, der vierzehnjährige Sprayer aus der Anstalt, der zufällig als Tatortzeuge ein verdächtiges Auto gesehen hat. Junior benimmt sich übertrieben abgeklärt und feuert Drew zu heiklen Nachforschungen an, scheinbar unbeeindruckt von jeglicher Gefahr; eher die Karikatur eines Ghettokids, auch wenn er für witzige Einlagen sorgt. Vielschichtiger sind dagegen Preston und Lloyd, zwei hilfreiche Freunde. Preston ist Drews Verleger, ausgestattet mit übertriebenem Selbstbewusstsein und immer für spitzfindige Bemerkungen gut, dem Drew zufällig im Laufe der Handlung hinter die Kulissen schaut und dabei überraschende Erkenntnisse gewinnt. Lloyd ist Mitarbeiter der Spurensicherung – einst stets als Berater für Drews Romane gut und jetzt Experte der Anklage – hin- und hergerissen zwischen heimlichen Hilfeleistungen für Drew in Sachen Haar- und Fingerabdruck-Analyse, Befürchtung vor Entdeckung durch Kollegen und am schwerwiegendsten der Pflege seiner krebskranken Frau Janice, die mit dem Tod kämpft.

|Kleine Schwächen|

Ein Manko des Romans ist der teilweise wirklich unpassende Humor, den Ich-Erzähler Drew in die Handlung einbringt. Drews selbstironischer Unterton wirkt sympathisch, vor allem, wenn man den Eindruck gewinnt, dass er seine Situation mit Galgenhumor betrachtet. Dagegen ist es kontraproduktiv, wenn er in jeder noch so ungünstigen Lage erst mal eine schlagfertige Antwort gibt. Vor allem gegenüber den ihm schlecht gesonnenen Polizisten Kaden und Delveckio gibt er sich betont locker und macht spaßige Bemerkungen, auch wenn er in Gewahrsam genommen und wie ein Mörder behandelt wird – eine übertriebene Lockerheit, die nicht mehr realistisch ist.

Der andere Punkt ist der teilweise verwirrende Anfang, der mit Rückblenden beginnt. Die Haupthandlung setzt nach seinem Freispruch ein. Der Leser ist zu dem Zeitpunkt noch gar nicht über die vergangenen Ereignisse im Bilde, erfährt erst nach und nach, weshalb Drew überhaupt im Gefängnis saß, sondern konzentriert sich zunächst auf seinen ersten Tag in Freiheit; erst auf Seite 35 setzt dann der Rückblick auf den Mord und seine Verhaftung ein. Dritter Punkt ist eine konstruierte Szene, was Genevieves Tod angeht; so gut sich dieses Element in die nachfolgenden Ereignisse einfügt, so unwahrscheinlich ist es, dass jemand auf diese Weise vorgehen würde.

_Als Fazit_ bleibt ein unterhaltsamer Thriller mit ungewöhnlicher Ausgangslage, der weitgehend spannend ist und mit teilweise interessanten Nebencharakteren aufwarten kann. Ein paar kleine Schwächen wie unpassender Humor schmälern allerdings den guten Gesamteindruck.

_Der Autor_ Gregg Hurwitz wuchs bei San Francisco auf und studierte zunächst Englische Literatur und Psychologie in Harvard und Oxford, ehe er sich dem Schreiben widmete. Dazu verfasste er Drehbücher, veröffentlichte literarische Artikel über sein Spezialgebiet Shakespeare und hielt Lehrgänge über das Schreiben. Auf Deutsch erschienen bisher „Die Scharfrichter“ und „Die Sekte“.

|Originaltitel: The Crime Writer
Aus dem Amerikanischen von Wibke Kuhn
ISBN-13: 978-3-426-19771-4|

Homepage


http://www.droemer-knaur.de

_Mehr von Gregg Hurwitz auf |Buchwurm.info|:_

[„Die Scharfrichter“ 3295
[„Die Sekte“ 4403.

Schlunze, Robert / Mignola, Mike / Merlau, Günter – Hellboy: Saat der Zerstörung 2 (Folge 2)

[„Saat der Zerstörung 1“ 5393

_Handlung:_

Liz Sherman befindet sich in der Gewalt des schwarzen Magiers, und auch Hellboy befindet sich in einer prekären Situation. Der Magier beschwört eine abgrundtief böse Kreatur herauf, die das Ende der Menschheit einläuten soll. Der Magier berichtet Hellboy, dass er es war, der den Jungen aus der Hölle einst herbeirief, und dass die Kräfte, die in seiner steinernen Hand schlummern, für das Gelingen des Rituals obligat sind.

Abe Sapien trifft währenddessen im See unter dem Haus auf eine Entität, die noch eine offene Rechnung mit dem Magier hat. Gelingt es Hellboy und seinen Freunden, die drohende Apokalypse abzuwenden?

_Meine Meinung:_

Nach dem gelungenen Intro, das von Tilo Schmitz genial in Szene gesetzt wurde, geht es gleich mit der eigentlichen Story weiter. Die Geschehnisse aus dem ersten Teil werden nach und nach im Kontext erklärt, so dass der Hörer kein langatmiges „Was bisher geschah“ über sich ergehen lassen muss. Doch leider büßt die Fortsetzung von „Saat der Zerstörung“ einiges von der bisherigen Atmosphäre ein. Szenen lautstarker Action wechseln sich ab mit langen Monologen des Magiers Rasputin, der Hellboy seine Lebensgeschichte und seine Beweggründe darlegt. Die gelangweilten Kommentare des Helden sprechen dem Hörer dabei aus der Seele und lockern die Handlung gekonnt auf.

Das Hörspiel lebt vor allem durch seine eigenwillige Inszenierung und die großartige Leistung der Schauspieler. Hier tun sich wieder mal Michael Prelle und Tilo Schmitz hervor. Ersterer ist auch dafür verantwortlich, dass Rasputins Rede, trotz ihrer Länge, zu fesseln vermag. Bombastische Effekte und eine stimmungsvolle, von Günter Merlau komponierte Musik runden das Hörerlebnis wunderbar ab. Das Team von |Lausch| zeigt, wie Comics auch als Hörspiel funktionieren und die bunten Bilder plastisch vor den Augen des Hörers entstehen können.

Die Titelillustration zeigt Hellboy in den Fängen der Kreatur Ogdru-Jahad. Der Comic-Stil dokumentiert auch äußerlich, dass sich die Hörspiele in erster Linie an den Print-Vorlagen orientieren und erst in zweiter Instanz mit den Filmen zu tun haben.

_Fazit:_

„Saat der Zerstörung 2“ ist erneut ein erstklassig produziertes Hörspiel, das jedoch letztendlich schwächer ist als der Vorgänger und die hohe Qualität nicht auf Dauer halten kann.

_Besetzung:_

Hellboy – Tilo Schmitz
Johnston – C. Heitmann
Abe Sapien – Joachim Tennstedt
Elihu Cavendish – Roland Floegel
Liz Sherman – Ranja Bonalana
Tonbandstimme – Wolfgang Berger
Prof. Corrigan – Simone Ritscher
Saknussem – Martin Schleiß
Rasputin – Michael Prelle
Alien Captain – Klaus Robra
Ekbladth – Achim Buch
Heinrich Himmler – Kurt Glockzin
Dr. Manning – Klaus Dittmann

In weiteren Rollen: Dirk Heinrich, Konradin Kunze, Martin Wolf, Wolfgang Berger, Bernd Hölscher, Carlheinz Heitmann, Janet Ivana Sunjic, Svenja Kimbel und Frieder Schölpple.

|64 Minuten auf 1 CD
Empfohlen ab 14 Jahren
978-3-939600-48-0|
http://www.merlausch.de
http://www.hellboymovie.com
http://www.cross-cult.de

_Florian Hilleberg_

Pevel, Pierre – Drachenklingen

Über die legendären Musketiere der Literatur, drei an der Zahl – Athos, Porthos, Aramis und dem vierten Neuankömmling D’Artagnan -, die alle der Feder Alexandre Dumas dem Älteren entsprangen, existieren drei Romane und noch viel mehr Verfilmungen und Nebengeschichten, in denen einer der vier eine Rolle spielt. Ebenso oft spielt Kardinal Richelieu als Marionettenspieler eine zentrale Rolle und lässt die vier Helden zum vorgeblichen Wohle des Königreichs Frankreichs leiden und bluten. Die vier Musketiere sind zwar Romanfiguren, doch es gab tatsächlich historische Vorbilder, deren Namen auch ähnlich lauteten. Richelieu hingegen war tatsächlich der Lenker und Denker Frankreichs, nicht unumstritten, aber gefürchtet, geachtet von Freund und Feind und ein großer Staatsmann seiner Zeit.

Die Musketiere waren elitäre Fußsoldaten, aber auch Kavalleristen, deren primäre Waffe allerdings die schwere Muskete war, und nicht der elegante Degen. Diese eindrucksvollen und gut ausgebildeten Soldaten waren nur dem König und dem Land verpflichtet und diesen gegenüber sehr loyal. Viele verdingten sich nach ihrer Dienstzeit als Söldner und standen im Dienste der Garde des scharlachgewandeten Kirchenfürsten Richelieu.

Seine Gardekämpfer waren oftmals Auftragsmörder oder gingen der Spionage nach. Ihre Befehle bekamen sie direkt vom Kardinal, und dieser regelte seine Staatsgeschäfte oftmals ohne die offizielle Zustimmung des Königs. Im Jahre 1633 waren Europa und seine Königreiche, Grafschaften, Baronessen und Herzogtümer zwar eine einzige große Verwandschaft, doch mehr noch waren sie zerstritten und wechselten beständig die Herrscher. Religionskriege dienten als Deckmantel für Machtspiele und zahllose Verbrechen, und Frankreich hatte mehr als nur einen Feind: Ihm entgegen standen die benachbarten Königreiche England und Spanien, und auch das Heilige Römische Reich war alles andere als ruhig und friedlich.

Mantel-und-Degen-Geschichten um die Musketiere faszinieren seit jeher zahllose Leser. Der französische Autor Piere Pevel lässt seinen Roman „Drachenklingen“ in genau diesem Genre spielen und debütiert damit auf dem deutschen Buchmarkt. Allerdings verbindet er seinen historischen Roman mit einigen fantastischen Elementen – in diesem Fall sind es geheimnisvolle Drachen.

_Inhalt_

Frankreich, 1633. Louis XIII. ist zwar König dieses Landes, die Staatsgeschäfte und das politische Spielfeld überlässt er jedoch seinem Berater Kardinal Richelieu, der im unruhigen Europa seiner Zeit Ränke schmiedet, um Frankreich zu stärken. Sorgen bereiten Richelieu die Anzeichen, dass eine mysteriöse Loge, die „Schwarze Kralle“, zurückgekehrt und stärker denn je ist. Ihr konspiratives Netz durchdringt inzwischen ganz Europa, und ihr Ziel ist es, einzelne Länder beherrschen zu wollen. Allein Frankreich trotz den Intrigen und der Gefahr, die nicht von Menschen kommen. Die Mitglieder der „Schwarzen Kralle“ sind Nachkommen eines uralten Drachengeschlechtes, welche die äußere Form von Menschen angenommen haben und ihre Magie bedroht ganze Regierungen und Königshäuser ins Chaos zu stürzen.

Richelieu plant einen Kontrakt mit Spanien, um wenigstens im Rücken des Landes etwas Ruhe zu bekommen, doch die Verhandlungen gehen nur langsam voran und Spanien bitte um Hilfe: Ein sehr junger Adeliger aus dem Königreich Spanien ist in der französischen Hauptstadt untergetaucht und soll gefunden und wieder zurückgebracht werden. Richelieu sieht zur Erfüllung dieses Wunsches nur die Möglichkeit, eine nur ihm unterstellte Spezialtruppe einzusetzen: Die Klingen des Kardinals werden noch einmal zusammengerufen, um diesen Auftrag auszuführen.

Seit fünf Jahren sind die alten Kämpfer nicht mehr zusammengekommen. Einige dienen in der Garde der Musketiere, andere hingegen arbeiten als Fechtlehrer in Paris oder leben in den Tag hinein. Doch von ihrer alten Kampfkraft und ihrer Loyalität haben sie nichts verloren, und so sind sie bereit, für Frankreich wieder zum Degen zu greifen. Doch die „Schwarze Kralle“ ist ein brutaler und einfallsreicher Gegner, bei dem selbst die Veteranen der „Klingen“ nicht nur mit Stahl und Feuer, sondern auch mit List und Verstand kämpfen müssen …

_Kritik_

Pierre Pevel erweckt die Geschichte um Ehre, Verrat und Leidenschaft wieder zum Leben. „Drachenklingen“ ist so geschliffen wie die Spitze eines Degens und spannend so actionreich, wie der Titel es schon vermuten lässt. Neben packenden Duellen, düsteren Verfolgungsjagden in den Straßen von Paris und vielen rasanten Kämpfen gibt es eine spannende Geschichte zu erzählen, in der die verschiedenen Protagonisten abwechselnd agieren.

Ähnlichkeiten mit den drei bzw. vier Musketieren sind indes nicht zu überlesen, ganze charakterliche Merkmale und Eigenschaften wurden kopiert, zum Beispiel diejenigen des rauflustigen, etwas heißspornigen Gascogners. Neben Richelieu, bei dem wie gewohnt alle Fäden zusammenlaufen, trifft der Leser auf alte Bekannte wie zum Beispiel Rochefort oder Treville, den Hauptmann der Musketiere und sogar Athos taucht kurz auf, spielt aber in diesem Teil keine tragende Rolle. Obwohl man sich dabei ziemlich schnell die Frage stellt, warum die Protagonisten nicht gleich die vier Musketiere darstellen.

Es gibt nicht viele Nebenhandlungen, und das tut dem Roman recht gut, denn so konzentriert sich das Drama auf den Kreis der Klingen des Kardinals und ihre Gegner, die Loge der „Schwarzen Kralle“. Diese Bezeichnung ist allerdings symbolisch zu sehen, denn hier kämpfen keine Menschen mit dem Degen oder dem Schwert in der Hand gegen krallenbewehrte, feuerspeiende Drachen, sondern nur gegen die Magie dieser Wesen.

Die Protagonisten werden schnell ins Spiel gebracht, und über ihre Vergangenheit und Laufbahn erfährt man in den darauffolgenden Seiten recht viel, obwohl noch viele Details in den nächsten Romanen geklärt werden könnten. Obgleich nicht viele Nebengeschichten abzweigen, so ist die Anzahl der handlungsrelevanten Personen recht groß gewählt, und diese wechseln ihre Schauplätze und Perspektiven mannigfaltig. Doch die Spannung bleibt erhalten, nicht zuletzt wegen der vielen sehr detailreich geschilderten und actionreichen Kämpfe, denen viel Raum gegeben wurde. Die Fantasy dagegen ist wohlweislich gut portioniert und wirkt ausreichend phantastisch, ohne dabei überzogen oder irrwitzig zu erscheinen. Die Figur des undurchschaubaren Richelieu drückt „Drachenklingen“ auch ihren Stempel auf, denn es gibt Intrigen, Verrat und einige Überraschungen, die interessant und einfallsreich inszeniert sind.

Viel an historischen Elementen weist „Drachenklingen“ allerdings nicht auf, und auch die damalige politische Ebene bleibt bis auf wenige Ausnahmen im Schatten. Von dieser Erwartungshaltung, das weiß man nach wenigen gelesenen Seiten, verabschiedet man sich recht schnell.

_Fazit_

Was bleibt? Eine spannende und actionreiche Geschichte, die wohl den Auftakt einer unterhaltsamen Reihe bilden wird. Es hat Spaß gemacht, „Drachenklingen“ zu lesen; besonders, wer gerne Alexandre Dumas und seine Abenteuer rund um die Musketiere gelesen hat, wird von dem Werk begeistert sein.

Das Tempo des Romans ist schnell, und manchmal kann es passieren, dass man den Überblick verliert, aber noch rechtzeitig gelingt es dem Autor, sich zu mäßigen, so dass man der Geschichte gut folgen kann. Ich bin gespannt auf die nächsten Teile, denn das Ende ist eines, das ich so überhaupt nicht vermutet hätte, so dass man, wenn die Lektüre dem Leser gefallen hat, sofort zum zweiten Teil greifen wird.

_Der Autor_

Pierre Pevel, geboren 1968, ist einer der bekanntesten Fantasy-Autoren Frankreichs. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet – unter anderem mit den renommierten Grand Prix de l’Imaginaire. Mit „Drachenklingen“ hat er bisher seinen größten Erfolg gelandet.

|Originaltitel: Les Lames du Cardinal
Aus dem Französischen von Carolin Müller
429 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-453-52485-9|
http://www.heyne.de
http://www.artagnan.de
[Wikipedia]http://de.wikipedia.org/wiki/Die__drei__Musketiere

Gardemann, Jan (alias Korona, Ira) / Gülzow, Susa – schwarze Witwe, Die (Das magische Amulett, Folge 2)

Folge 1: [„Wiedergeburt des Bösen“ 5311

_Inhalt:_

Brenda Logan und Professor Salomon Sloane fahren zu einem verlassenen Schloss, dessen Besitzer verstorben ist. Sie wollen die wertvollen Bücherschätze für das Londoner Museum bergen. Bereits bei der Ankunft beschleicht Brenda ein sonderbares Gefühl, das sich noch verstärkt, als sie die Symbole sieht, mit denen der letzte Schlossherr seinen Besitz beschmiert hat. Hinzu kommen die Gestalten zweier ausgemergelter Mädchen, welche die Amulettforscherin zu beobachten scheinen.

Zu Hause bei ihrem Mann Daniel verfolgen Brenda wieder wirre Träume, in denen ein dunkel gewandetes Wesen die junge Wissenschaftlerin verfolgt. Kurz darauf brechen zwei Mädchen, dieselben, die Brenda bereits beim Schloss gesehen hat, in das Museum ein und versuchen, eines der Bücher zu entwenden, was der Hausmeister Raymond in letzter Minute vereiteln kann. Die Spur führt Brenda in ein Waisenhaus, das von einer herrschsüchtigen und grausamen Frau geleitet wird, die nur unter dem Namen „Die schwarze Witwe“ bekannt ist. Als Brenda erkennt, wer ihre Gegnerin ist, ist es bereits zu spät. Daniel Connors befindet sich im Bann der schwarzen Witwe und gehorcht der dämonischen Frau aufs Wort …

_Meinung:_

Die zweite Folge setzt die Serie um die mutige Amulettforscherin Brenda Logan chronologisch und in demselben Stil wie Folge eins fort. Wieder präsentiert |Nocturna Audio| eine gelungene Mischung aus Hörbuch und Hörspiel, unterlegt mit einer stimmungsvollen Musik, die von Hans-Joachim Herwald gezielt auf die unheimliche Szenerie zugeschnitten wurde.

Die Anzahl der Spielszenen wurde im Vergleich zur ersten Folge ein wenig erhöht, und es sind dieses Mal wirklich sämtliche Sprecher des |Nocturna|-Stammensembles mit dabei. Angefangen natürlich mit Katja Brügger, die mit ihrer glockenklaren, sympathischen Stimme die Protagonistin Brenda Logan spricht und darüber hinaus auch die Erzählertexte liest. Ihr zur Seite steht Robert „Kommissar X“ Missler als Daniel Connors, der dem Arzt mit seiner jugendlich, dynamischen Stimme Leben einhaucht. Für den Part des kauzigen Professors Salomon Sloane ist Wolf Frass die optimale Besetzung. Hausmeister Raymond wird von Tobias R. Schmidt hervorragend verkörpert, während sich Susa Gülzow, Regisseurin und Autorin des Hörspiels, es sich nicht hat nehmen lassen, unter dem Pseudonym Marianne Lund die Rolle der Nachbarin Miss Plumkin zu übernehmen. Sehr schaurig kommt auch der leider jüngst verstorbene Michael Weckler zur Geltung, der den Passulanten spricht, eine sehr mysteriöse und schwer einzuschätzende Gestalt, die Brenda in ihren Träumen folgt. Eine wirklich erstklassige Besetzung, bei der nur das Weglassen einer separaten Sprecherin für die schwarze Witwe stört.

Wie bereits in Folge eins, wurde hier bewusst darauf verzichtet, die Rolle des Bösewichtes zu besetzen, was aber in dem vorliegenden Hörspiel negativ auffällt und sehr zu Lasten der Atmosphäre geht. Diese wird wieder gestützt durch die stimmungsvolle Geräuschkulisse, wie das Plätschern des Regens und das Grollen eines Gewitters. Leider fehlt auch bei diesem Hörspiel ein typisches Intro, um den Hörer gleich auf die Serie und die Heldin einzustimmen.

Die Trackeinteilung ist gegenüber der ersten Folge sehr viel benutzerfreundlicher. Die Handlung ist typisch für eine seichte Gruselgeschichte des „Spannungsromans für die Frau“, als welche die Vorlagen von Jan Gardemann alias Ira Korona bezeichnet werden. Innovativ ist allerdings die Rollenverteilung von Mann und Frau, denn im Gegensatz zum ‚herkömmlichen‘ Gruselheftroman gerät dieses Mal nicht die Frau in die Fänge des Gegners, sondern der Mann. Brenda Logan ist eine starke und dennoch sehr gefühlvolle Frau, die sämtliche Klischees ihrer Geschlechtsgenossinnen ad absurdum führt.

Die Illustration von Ilka Hennemeyer verrät nicht gerade die Gruselgeschichte hinter dem Titel. Dafür wird die unblutige und mystische Atmosphäre der Story großartig wiedergegeben.

_Fazit:_

„Die schwarze Witwe“ ist ein spannendes Gruselhörspiel mit fantastischen Sprechern und gefühlvoller Atmosphäre. Das Nichtbesetzen der Rolle der schwarzen Witwe sowie das Fehlen eines Intros stören ein wenig das Gesamtbild. Ton und Technik sind dafür brillant und lassen den Hörer die kleinen Schwächen verschmerzen.

|58 Minuten auf 1 CD
Titelillustration von Ilka Hennemeyer
Titelgestaltung von Mark Freier|
http://www.nocturna-audio.de
http://www.jangardemann.de

_Florian Hilleberg_

Donald E. Westlake – Mafiatod

Ein junger Ex-Soldat will den mysteriösen Mord an seinem Vater aufklären und gerät zwischen die Fronten eines Mafiakriegs, in dem er sich nur mit äußerster Brutalität behaupten kann und trotzdem hintergangen wird … – Früher Reißer des fleißigen Handwerkers Westlake, dessen zeitloser Schwung den unwahrscheinlichen Plot ausgleichen kann: kein Highlight des Genres aber nie langweilig.
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Meyer, Stephenie – Bis(s) zum Morgengrauen (Bella und Edward 1)

Kaum ein Fantasiewesen fasziniert die Literaturszene so sehr wie ein Vampir – ein Untoter, der sich vom Blut seiner Mitmenschen ernährt, unsterblich ist und oftmals keine Sonne verträgt. Viele Mysterien ranken sich um Vampire – sei es die Frage, ob sie nun in der Sonne sofort verbrennen, des Nachts in Särgen schlafen oder das Blut von Menschen oder Tieren trinken. Jeder Autor greift dabei auf das Grundmuster des Vampirs zurück, den Blutsauger, gönnt seinem Wesen dann aber doch eigene Facetten. In Stephenie Meyers |Twilight|-Saga lebt die Familie Cullen, allesamt Untote, mitten unter den Menschen. Die Cullens sind alle uralt, wollen sich aber unbedingt in die Gemeinschaft integrieren, damit beispielsweise Familienvater Carlisle weiterhin als Arzt praktizieren kann.

Davon ahnt Bella nichts, als sie beschließt, ihre Mutter zu verlassen und zu ihrem Vater ins verschlafene Forks zu ziehen. Für sie bedeutet der Umzug einen Neuanfang, vor dem sie viel Angst hat, der dann aber offensichtlich gelingt. In der neuen Schule findet sie sofort neue Freunde, und zu ihrem Erstaunen muss Bella feststellen, dass ihr in Forks die Jungs reihenweise hinterherlaufen. Nur der Sportunterricht ist weiterhin eine Qual. Am meisten fasziniert sie allerdings der gutaussehende Edward mit seiner blassen Haut, der im Biologieunterricht ausgerechnet neben ihr sitzt. Doch Edward ignoriert Bella vom ersten Moment an und rückt auf seinem Stuhl so weit ab, wie er nur kann. Bella ist verletzt und enttäuscht, da sie sich längst in Edward verliebt hat.

Bei Glatteis rettet Edward Bella schließlich das Leben, indem er sie todesmutig vor einem anrollenden Auto wegzieht. Trotz der Schmerzen und des Schocks wundert sich Bella darüber, dass Edward so schnell an ihrer Seite war und offensichtlich allein mit seiner Körperkraft das Auto aufhalten konnte. Durch Zufall erfährt sie, dass das Gerücht umgeht, die Cullens seien Vampire. Plötzlich ergibt alles einen Sinn – Edwards Ablehnung, seine blasse Haut, sein Fehlen in der Schule bei grellem Sonnenschein und seine übermenschlichen Reflexe.

Die Geschichte nimmt ihren gewohnten Lauf: Bella und Edward finden zueinander, trotz des Hindernisses, dass er ein Vampir ist, der sich nichts sehnlicher wünscht als Bellas Blut …

_Liebe auf den ersten Biss_

Stephenie Meyer versucht mit ihrer Twilight-Saga eine Mischung aus Vampir-, Teenie- und Liebesgeschichte – eine gewagte Mischung, die sicherlich viele Vampirfans vor den Kopf stopfen dürfte. Hier zeigen die Vampire nur ganz selten ihre gefährlichen Zähne, ganz im Gegenteil, sie leben völlig zivilisiert in einer heilen Familie voller schöner Menschen in einer Kleinstadt. Nur einen Auftritt böser Vampire gibt es schließlich zum Ende des Buches hin, und das dürfte auch die einzige Passage sein, in der Stephenie Meyer Spannung aufbaut. Klingt fade? Ist es aber nicht.

Wer zu diesem Buch greift, weil er eine gute Vampirgeschichte lesen will, wird mit ziemlicher Sicherheit enttäuscht sein, denn das Vampirsein steht völlig im Hintergrund, vordergründig geht es einzig und alleine um Edward und Bella, die im Teenageralter zueinander finden, obwohl doch einiges zwischen ihnen steht. Stephenie Meyer verwendet viel Zeit darauf, diese beiden Hauptfiguren vorzustellen, die immerhin auch für eine vierbändige Reihe tragen müssen. Bella ist das hübsche Mädchen, das an seiner alten Schule keine echten Freunde finden konnte und für das der Sportunterricht ein Horror ist. Denn schon beim normalen Gehen hat Bella extreme Probleme mit der Koordination (wieso dem so ist, enthält uns die Autorin leider vor). Sie scheint ein echter Tollpatsch zu sein, was allerdings nicht so ganz zu dem Bild passt, das Edward sich von ihr macht. Ganz anders dagegen der übermenschlich schöne, starke und sensible Edward, der seine vampirische Natur unterdrückt, um seiner Liebsten nah sein zu können. Er ist gebildet, zivilisiert und schön – das sei hier mehrfach betont. Die beiden könnten eigentlich kaum unterschiedlicher sein, dennoch ist es Bellas duftendes Blut, das die beiden zueinander finden lässt, denn in diesen Duft hat Edward sich auf den ersten Riecher verliebt. Seit er 1918 zum Vampir wurde, ist er auf der Suche nach der Liebe, doch bis zur Gegenwart und bis zu Bella musste er sich gedulden.

Die Geschichte, die Stephenie Meyer zeichnet, ist zugegebenermaßen ausgesprochen kitschig und dürfte fast ausschließlich weibliches Publikum ansprechen, aber warum muss das gleich ein Nachteil sein? Meyer widmet sich einer klar umrissenen Zielgruppe, und das finde ich auch völlig legitim, denn diese Zielgruppe bedient Stephenie Meyer ausgesprochen gut.

Der erste Band der |Twilight|-Saga lässt sich ratzfatz durchschmökern und unterhält dabei ausgesprochen gut. Meyers Schreibe ist manchmal etwas redundant (insbesondere in der Figurenzeichnung), aber auch recht einfach. Selbst auf Englisch lässt sich das Buch problemlos und ohne Verständnisschwierigkeiten durchlesen.

Stephenie Meyers Geschichte lädt schlicht und einfach zum Träumen ein. Bella ist die liebenswert unperfekte Hauptprotagonistin, die in ihrer ehemaligen Schule nicht sonderlich beliebt war, aber einen sehr erfolgreichen Neustart hinlegt. Nicht nur findet sie sofort neue Freundinnen an der Schule, sondern auch Verehrer und schließlich auch ihre große Liebe. Bella ist die perfekte Identifikationsfigur, denn dadurch, dass Meyer sie zwar als hübsch hinstellt, aber durchaus nicht als fehlerfrei, kann man sich schnell mit ihr identifizieren, und das möchte man schließlich auch, denn durch Meyers ausführliche Beschreibungen verliebt man sich fast selbst ein bisschen in den schönen Edward. Man gerät einfach ins Träumen und kann völlig in dieser Geschichte versinken.

_Festgebissen beim Lesen_

Im Grunde genommen ist die Geschichte einfach gestrickt: Wir haben zwei Teeniehelden, von denen einer ein Vampir ist. Natürlich bringt das die Liebe der beiden durcheinander, aber diese Liebe ist so groß, dass sie diesen Problemen standhält. Abgesehen von der Vampirfigur ist es eine Geschichte, wie man sie schon tausendfach gelesen hat. Aber durch diese winzige Zutat erhält Stephenie Meyers Saga dann doch etwas Besonderes und einen exotischen Touch, der ihr ausgesprochen gut tut. Ich gebe es gerne zu: Auch wenn dies sicherlich keine hohe Literatur und Meyer bestimmt auch nicht die beste Schriftstellerin ist, fühlte ich mich sehr gut unterhalten und kann es kaum erwarten, gleich zum zweiten Buch zu greifen – „echten Vampirfans“ kann ich allerdings von der Serie nur abraten, da Stephenie Meyers Vampire vermutlich etwas zu „weichgespült“ daherkommen.

http://www.bella-und-edward.de
http://www.twilight-derfilm.de
http://www.carlsen.de

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_Stephenie Meyer auf |Buchwurm.info|:_

[„Bis(s) zum Morgengrauen“ 4600 (Bella und Edward 1)
[„Bis(s) zur Mittagsstunde“ 4647 (Bella und Edward 2)
[„Seelen“ 5363

Thórarinsson, Árni (Thorarinsson, Arni) – Todesgott

Ein kleiner Tapetenwechsel kann doch eigentlich niemandem schaden. Das sieht Einar, der Held aus Árni Thórarinssons Krimi „Todesgott“, allerdings ein wenig anders. Er wird von seinem eingebildeten Chefredakteur ins ländliche Akureyri versetzt, um die dortige Lokalredaktion voranzubringen, und ist nicht gerade glücklich darüber. Die Provinz nervt ihn, die Artikel über Schulaufführungen und Straßenbefragungen ebenfalls. Nur gut, dass die Kleinstadt weit weniger langweilig ist, als Einar erwartet hat …

Alles beginnt damit, dass Einar über den Unfalltod der Frau eines Süßwarenunternehmers zu berichten hat. Die Tote ist bei einem Betriebsausflug aus einem Boot gefallen und ertrunken. Sie war vollgepumpt mit Medikamenten und man sagt ihr nach, sie wäre depressiv und tablettenabhängig gewesen. Niemand glaubt an einen unnatürlich Tod bis auf die Mutter der Verunglückten. Sie lebt im Altersheim und wird von allerlei Zipperlein geplagt. Einar kann ihr den Gefallen nicht abschlagen und beginnt, sich um die Geschichte zu kümmern.

Etwa zur gleichen Zeit verschwindet der Gymnasiast Skarphéinn. Er sollte die Hauptrolle im Theaterstück der Schule spielen und wird wenig später ermordet auf einer Müllkippe gefunden. Einar nutzt seine Kontakte zur örtlichen Polizei und versucht, dem Täter selbst auf die Spur zu kommen. Dies gestaltet sich nicht unbedingt einfach, denn Skarphéinn war unglaublich beliebt, scheint keine Feinde zu haben. Doch Einar, dem in der Provinz sowieso langweilig ist, lässt sich nicht kleinkriegen. Er wirbelt ordentlich Dreck auf, was ihn mehr als einmal beinahe den Kragen kostet …

„Todesgott“ lebt vor allem durch die Hauptperson Einar. Dieser berichtet aus der ersten Person und reichert seine Sichtweise mit einem guten Schuss Humor an. (Selbst-)Ironisch und um keine Sprachspielerei verlegen führt er den Leser durch die Geschichte und bügelt dabei einige Schwächen in der Handlung aus. Einars Bemerkungen über Land und Leute erheitern immer wieder, genau wie die häufige Verwendung von Metaphern. Der Autor tut sich und dem Leser den Gefallen, die Sprachbilder nicht zu bemüht zu gestalten, sondern sehr elegant und sie ganz unbeschwert einzuflechten. Einars Büro wird dementsprechend immer nur als „der Schrank“ betitelt. Den Papagei, den Einar zusammen mit seiner Wohnung gemietet hat, bezeichnet der Journalist immer wieder als seine Frau, was zu der einen oder anderen lustigen Situation führt.

Die Geschichte selbst orientiert sich weniger an der Bezeichnung Krimi. Vielmehr folgt sie Einars Alltag, in den zufällig ein, zwei Leichen integriert sind. Das ist auf der einen Seite originell, auf der anderen aber nicht immer spannend. Wer es gerne von vorne bis hinten schlüssig und stringent mag, der wird an „Todesgott“ nur wenig Freude haben. Dafür ist das Buch zu zerfasert und konzentriert sich zu stark auf Einar. Einige Nebenhandlungen sind überflüssig, und wenn man den eigentlichen Kriminalfall einmal genauer betrachtet, ist dieser auch nicht besonders gelungen. Allerdings kommen all diese Negativpunkte nicht gegen den guten alten Einar an. Sein Humor, sein lustiger Erzählstil und sein sympathischer Charakter sorgen dafür, dass man „Todesgott“ trotzdem gerne liest, auch wenn die Handlung an der einen oder anderen Stelle vielleicht hinkt.

Man darf das jetzt aber nicht falsch verstehen. Der Roman von Árni Thórarinsson ist kein schlechtes Buch. Einar ist ein Protagonist, wie man ihn selten findet, und Thórarinssons Schreibstil ist nicht zu verachten. Die Handlung ist zwar nicht immer gelungen, aber Handlung alleine macht noch kein gutes Buch. „Todesgott“ punktet in anderen Bereichen, und dort nicht zu knapp. Wer es gerne witzig und originell mag, der ist mit diesem Buch mehr als gut beraten.

|Originalitel: Tími nornarinnar
Aus dem Isländischen von Tina Flecken
413 Seiten, Hardcover
ISBN-13: 978-3-426-19743-1|
http://www.droemer.de

Dunthorne, Joe – Ich, Oliver Tate

_Die Mannwerdung hat schon so ihre Tücken …_

… Das ist auch die leidvolle Erfahrung des fünfzehnjährigen Oliver Tate. Oliver lebt mit seinen Eltern in Swansea und weiß alles – zumindest glaubt er das. Und weil er ja schon so gut Bescheid weiß, wird es Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. Das Motto lautet: Weg mit der Jungfräulichkeit! Dabei helfen soll ihm seine Freundin Jordana, die nicht abgeneigt ist, obwohl Oliver küsst, als wolle er Zahnfüllungen spachteln.

Oliver Tate macht es seinen Mitmenschen auch sonst nicht immer leicht. Er sammelt Fremdwörter, ist klug und selbstgerecht, quält dicke Mädchen und hasst Jordanas Hund. Darüber hinaus überwacht er penibel das Sexleben seiner Eltern. Als Oliver feststellt, dass der Dimmerschalter im Elternschlafzimmer schon seit zwei Monaten morgens nicht mehr auf dunkelster Stufe eingestellt ist (laut Oliver ein eindeutiges Zeichen vollzogenen Beischlafs), diagnostiziert er das Ende der Ehe seiner Eltern.

Das kann und will Oliver nicht hinnehmen, und so macht er sich auf, das Eheleben der Eltern in Schwung zu bringen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht, und schon bald schießt er mit seiner Mission ein wenig über das Ziel hinaus …

Erster Kuss, erste Liebe, erster Liebeskummer – das mag literarisch schon ziemlich abgegrastes Terrain sein, dennoch hat Joe Dunthorne mit „Ich, Oliver Tate“ einen durchweg unterhaltsamen Debütroman abgeliefert. Dabei braucht der Roman eine gewisse Einlesezeit. Immer wieder streut Dunthorne in Olivers Erzählung Zitate ein: Kühlschrank-Botschaften, Tagebucheinträge, Lexikondefinitionen. Dadurch wirkt der Erzählfluss anfangs etwas unruhig, hat man sich aber erst einmal auf die Art des Romans eingelassen, macht die Lektüre dann richtig Spaß.

Was Joe Dunthornes gelungenes Debüt besonders ausmacht, ist sein gewitzter Ton. Treffend ironisch beschreibt er Olivers pubertäres Gehabe, lässt ihn nichtsdestotrotz aber immer wieder als den klugen Menschen durchschimmern, der er tatsächlich zu sein scheint. Ihm gelingt die Balance, die Figur des Oliver von allen Seiten zu beleuchten, mit all ihren Macken, ihrer Selbstgerechtigkeit und der Verletzlichkeit, die sich hinter einer Fassade aus Fremdwörtern verbirgt.

Oliver durchlebt ein Wechselbad der Gefühle, erlebt den ersten Sex, muss aber gleichzeitig bangen, dass die Ehe seiner Eltern auseinanderbricht. Dieses drohende Unheil bestimmt sein Denken dermaßen, dass er seiner Freundin Jordana, die eigentlich viel Schlimmeres durchmacht, nicht wirklich eine Stütze ist. Und so folgt auf den unausweichlichen Bruch mit Jordana schließlich auch der unausweichliche erste Liebeskummer – mit Weltuntergang und allem, was dazugehört.

Olivers Leben stellt sich innerhalb weniger Wochen komplett auf den Kopf, und so durchlebt er so manche hoffnungslos absurde Situation. Das verleiht dem Buch eine weitere wunderbar komische Note. Die Methoden, die Oliver anwendet, um die Ehe seiner Eltern zu retten, sind schon herrlich skurril und gipfeln in einem verzwickt schrägen Finale.

Es ist zwar nicht so, dass man bei der Lektüre pausenlos von Lachkrämpfen geschüttelt wird, dennoch gibt es viele Szenen zum Schmunzeln und das ganze Buch ist ein feiner Unterhaltungsspaß. Dunthorne weiß seinen Sprachwitz wunderbar einzusetzen, und so ist „Ich, Oliver Tate“ weniger ein Roman der Schenkelklopfer als vielmehr feinsinnige und schräge Lektüre, die mit jeder Seite Spaß macht.

Bleibt unterm Strich ein positiver Eindruck zurück. Joe Dunthorne hat mit „Ich, Oliver Tate“ einen bemerkenswerten Debütroman abgeliefert. Humorvoll, feinsinnig und anrührend zugleich beschreibt er die Tücken der Pubertät auf wunderbar lesenswerte Art. Bleibt zu hoffen, dass der Waliser uns nicht zu lange auf sein nächstes Werk warten lässt.

|Originaltitel: Submarine
Aus dem Englischen von Mayela Gerhardt
379 Seiten, gebunden
ISBN-13: 978-3-498-01326-4|
http://www.rowohlt.de

Gloge, Andreas / Sassenberg, Volker – Abseits der Wege. Kapitel 5: Jenseits

|»Wo unter Schatten verborgen
Bäche fließen und Wälder rauschen –
wo manche furchtsam vor dem Blendwerk fliehen
und kalte Faiyen ihrer Pfade ziehen –
tief im Dickicht die Unlichen lauschen
dem Wind und dem Flüstern,
nachts und bei Tag –
mit funkelnden Augen … gen Tiefenhag.«|

[„Kapitel 1: Unweit“ 3269
[„Kapitel 2: Stromabwärts“ 4207
[„Kapitel 3: Wehrlos“ 4638
[„Kapitel 4: Verborgen“ 4956

Auf zwölf Folgen ist das Fantasy-Hörspiel „Abseits der Wege“ angelegt. Das fünfte Kapitel „Jenseits“ markiert somit schon fast die Halbzeit der Serie. Waren bisher die drei Tiefenhager Gaston, Dunring und Halmir eine unzertrennliche Gemeinschaft gewesen, haben sich ihre Wege am Ende der vierten Folge erst einmal getrennt – fast so, wie es auch das große Vorbild [„Der Herr der Ringe“ 1330 vorgemacht hat.

_Inhalt_

Die kleine Gruppe um Gaston (Timmo Niesner), Myrell (Diana S. Borgwardt) und den Dieb Ruttgar (Engelbert von Nordhausen) hat die Weinenden Gärten hinter sich gelassen und setzt ihren Weg in die Frostklüfte fort. Ihr Ziel ist Norgond, wo eine Versammlung der Nebelchronisten einberufen werden soll, um die Purpurnen Prüfer doch noch zu stoppen. Diese haben bereits die Rückkehr des Verwesers vorbereitet und stehen kurz davor, die Macht im ganzen Land an sich zu reißen. Die Hauptstadt ist schon von einem purpurnen Kranz eingehüllt. Obwohl der Hauptmann des Königs alle Truppen mobilisiert, ruht die Hoffnung auf Gaston und seinen Gefährten.

Ihr Weg führt sie durch ein tristes Ödland, so karg, dass ihnen keine Menschenseele begegnet. Und den einzigen Wesen, die hier leben, wollen sie besser nicht über den Weg laufen. Nach drei Tagen strammen Marsches erreichen sie endlich eine Brücke. Ausgerechnet ihr einziger Weg, der sie zu ihrem Ziel gen Norden führt, ist zerstört. Dank der purpurnen Verfolger, die ihnen bis hierhin auf den Fersen waren, können sie aber nicht mehr umkehren. So bleibt Gaston, Myrell und Ruttgar nichts anderes übrig als den Abstieg am Berghang zu wagen und in der Tiefe am Fuß der Brücke den Weg fortzusetzen.

Leichter gesagt als getan, denn das Gewächs, an dem sie sich herabhangeln, greift nach ihnen und reißt sie in die Tiefe. Endlich am Boden angekommen, machen sie Bekanntschaft mit dem Volk der Nachtschwärmer. Sie haben allerdings die Rechnung ohne die Schattenfresser gemacht, die diese Gegend kontrollieren. Nur mit Licht können sie bekämpft werden. Doch die Gruppe hat nur noch drei Fackeln im Gepäck, und ihr Ziel in den Frostklüften liegt noch immer in weiter Ferne.

_Bewertung_

Nach einem fulminanten Auftakt enttäuschte die letzte Folge des Fantasy-Hörspiels „Abseits der Wege“. Das fünfte Kapitel Jenseits setzt leider genau daran an. Der Eindruck, die Geschichte durch überflüssige Nebengeschichten in die Länge zu ziehen, macht sich auch hier breit. Zwar sind die Ideen originell und erfrischend und die Schattenfresser eine ernste Bedrohung für die Helden, zur Haupthandlung tragen sie aber nur insofern bei, dass sie ein schnelles Fortkommen der Gefährten unterbinden. Nur durch kurze Intermezzos, welche die weiteren Geschehnisse in der Hauptstadt und den zurückgekehrten Tiefenhagern Dunring und Halmir erzählen, wird der Hauptstrang fortgeführt. Das ist zu wenig, um den Hörer bei Laune zu halten. Es bleibt zu hoffen, dass die Reisegruppe in der kommenden Folge den Versammlungsort erreicht, sich die Ereignisse wieder zuspitzen und dann endlich auch das Potenzial ausgeschöpft wird, das unweigerlich vorhanden ist.

http://www.abseitsderwege.info
http://www.abseits-der-wege.net
http://www.dg-literatur.de
http://www.karussell.de

Thomas, Jeffrey / Merlau, Günter – Punktown Vol. 2 (inszenierte Lesung)

[Volume 1 4905

_Inhalte:_

|Spiegelbild von Geistern|

… ist die Geschichte eines jungen Mannes, der Klone beiderlei Geschlechts von sich selbst züchtet und an zahlungskräftige Kunden verkauft, die an den bedauernswerten Kreaturen ihre abartigen Neigungen ausleben. Dann verliebt sich Drew in seine neueste Schöpfung, doch ein Kunde wünscht sofortige Lieferung nach Terminabsprache …

|Hassmaschine|

Um Frust und unkontrollierte Emotionen abzubauen, gibt es kleine Figuren, an denen man seinen Hass ausleben kann. Und davon hat Cardiff mehr als genug, denn das Leben ist ungerecht und mitunter sehr grausam …

|Sweaty Betty|

Eine Spezialeinheit der Bürgerwehr soll einen Schwarm gewalttätiger Mutantenjungen unschädlich machen. Doch als der Anführer Junk erkennt, woher die Kreaturen tatsächlich stammen, bricht für ihn eine Welt zusammen.

_Meine Meinung:_

Die zweite Sammlung bizarrer, düsterer Kurzgeschichten aus der Metropole Punktown ist nicht minder beklemmend und erstklassig inszeniert als Volume eins. Abermals hat sich das Team um Günter Merlau drei besonders ergreifende Einzelschicksale herausgegriffen, die nicht nur sehr abwechslungsreich und spannend sind, sondern bisweilen auch sehr nachdenklich stimmen. Die Geschichten spielen wieder einmal in der titelgebenden Punktown, einer Großstadt, in der Menschen, Aliens, Klone und künstliche Intelligenzen in einem bunten Potpourri der Emotionen zusammenleben und -existieren. Die Art und Weise, wie die Erzählungen aufgebaut sind, erinnert ein wenig an |Sin City|, auch wenn die Geschichten aus Punktown nicht aufeinander aufbauen.

Abermals präsentiert |Lausch| die Storys als gelungene Mischung aus Hörbuch und Hörspiel. Jede Figur wird von einem anderen Sprecher dargestellt, doch die Erzählertexte wurden nur wenig gekürzt, so dass die düstere Atmosphäre der Geschichten erhalten bleibt. Das Gefühl der Beklemmung wird durch unheilvolle Klänge gestützt, die von Günter Merlau stammen, der auch die Regie führte und in einer kleinen Nebenrolle in „Hassmaschine“ zu hören ist. Die Hauptrollen, die gleichbedeutend mit den Erzählern sind, werden von Gerrit Schmidt-Foß (Leonardo DiCaprio, Giovanni Ribisi), Jürgen Holdorf und Dietmar Wunder (Cuba Gooding jr., Daniel Craig) verkörpert; drei sehr versierten Sprechern, die sich hervorragend in ihre Figuren hineindenken können und sehr überzeugend klingen. Ebenfalls mit von der Partie sind Simone Pahl, Heike Schrötter, Elga Schütz, Jan Spitzer und Bernd Hölscher.

Das einzige Manko ist die geringe Spieldauer der Geschichten. Dauert die erste CD noch knapp 50 Minuten, so muss sich der Hörer bei dem zweiten Hörstück schon mit 40 Minuten und bei dem dritten bereits mit 26 Minuten zufriedengeben. Hier hätten die Kapazitäten weitaus besser genutzt werden können. Doch die hohe Qualität der Produktionen lässt vieles verschmerzen.

Äußerlich passt sich Volume zwei dem Vorgänger an und zeigt drei surreale, an die Kunst eines H. R. Giger erinnernde Illustrationen, die perfekt zu den einzelnen Geschichten passen.

_Fazit:_

Auch „Punktown Vol. 2“ entführt den Hörer in eine düstere, beklemmende Zukunft, in der das Recht des Stärkeren gilt. Ein Horror-Trip in die Abgründe menschlicher und xenomorpher Seelen, kongenial inszeniert und erstklassig besetzt.

|ca. 120 Minuten auf 3 CDs
Titelillustration von Marc Robitzky|
[Verlagsspezial]http://www.merlausch.de/index.php?option=com__content&task=view&id=187&Itemid=183
http://www.merlausch.de
http://www.festa-verlag.de

_Jeffrey Thomas auf |Buchwurm.info|:_

[„MonstroCity“ 2175

_Florian Hilleberg_

Meyer, Kai / Maetz, Stefan / Hagitte, Christian / Bertling, Simon – Alchimistin, Die. Teil 6: Die schwarze Isis (Hörspiel)

_Die Gilgamesch-Vision_

Folge 6: Aura folgt geheimnisvollen Spuren und stößt auf eine bestialische Mordserie. Nicht ahnend, dass zur gleichen Zeit vermummte Kämpfer ihren Sohn und ihre Nichte entführen, gerät sie in einen Strudel von Gewalt und düsteren Visionen. Währenddessen macht sich Gillian, der neue Großmeister der Templer, gemeinsam mit der Ordensschwester Karisma auf die Suche nach dem legendären Schatz seines Ordens. (Verlagsinfo)

_Der Autor_

Kai Meyer, Jahrgang 1969, studierte Film, Philosophie und Germanistik und arbeitete als Redakteur. Er schrieb schon in jungen Jahren und lieferte u. a. ein paar Jerry-Cotton-Abenteuer. Sein erster großer Erfolg war „Die Geisterseher“, eine historische „Akte X“. Seit 1996 ist er freier Schriftsteller und Drehbuchautor. Bisher sind rund 40 Romane von ihm erschienen. Selbst Kritiker waren von seinem historischen Mystery-Thriller „Die Alchimistin“ begeistert, später folgten „Die fließende Königin“ und „Göttin der Wüste“. Bei |Loewe| erschien mit den „Wellenläufern“ ein Jugend-Fantasyzyklus. „Frostfeuer“ aus dem Jahr 2005 ist eigenständiger Jugendroman. Das Buch wurde mit dem internationalen Buchpreis |CORINE| ausgezeichnet.

Die erste Staffel der achtteiligen Hörspielreihe umfasst die Folgen:

1) [Der Stein der Weisen 5052
2) [Das Erbe des Gilgamesch 5155
3) [Die Katakomben von Wien 5220
4) [Das Kloster im Kaukasus 5263

Im August 2008 erschien die zweite Staffel:

5) [Die Unsterbliche 5379
6) Die Schwarze Isis
7) Der Schatz der Templer
8) Der Alte vom Berge

Weitere Titel von Kai Meyer auf |Buchwurm.info|:

[Interview mit Kai Meyer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=11
[„Der Brennende Schatten“ 4506 (Hörspiel)
[„Die Vatikan-Verschwörung“ 3908 (Hörspiel)
[„Die Wellenläufer“ 3247 (Hörbuch)
[„Die Muschelmagier“ 3252 (Hörbuch)
[„Die Wasserweber“ 3273 (Hörbuch)
[„Frostfeuer“ 2111 (Hörbuch)
[„Die Alchimistin“ 73
[„Das Haus des Daedalus“ 373
[„Der Schattenesser“ 2187
[„Die Fließende Königin“ 409
[„Das Buch von Eden“ 890 (Hörbuch)
[„Das Buch von Eden“ 3145
[„Der Rattenzauber“ 894
[„Faustus“ 3405
[„Seide und Schwert“ 3558 (Das Wolkenvolk 1, Hörbuch)
[„Lanze und Licht“ 4549 (Das Wolkenvolk 2, Hörbuch)
[„Drache und Diamant“ 4574 (Das Wolkenvolk 3, Hörspiel)

_Sprecher & Inszenierung_

Erzähler: Friedhelm Ptok (Ian ‚Imperator Palpatine‘ McDiarmid)
Aura Institoris: Yara Blümel-Meyers
Gillian: Claudio Maniscalo (Jimmy ‚The Haitian‘ Jean-Louis)
Tess: Marie-Luise Schramm (Mara Wilson)
Salome Kaskaden: Christine Marx
Lucrecia Kaskaden: Daniela Hoffmann (dt. Stimme von Julia Roberts)
Karisma: Ulrike Stürzbecher (Patricia Arquette, Kate Winslet)
Raffael: Norman Matt (Cillian ‚Scarecrow‘ Murphy, ‚Guybrush Threepwood‘ in den „Monkey Island“-Spielen)
Escriva: Kaspar Eichel (James ‚Scotty‘ Doohan, Richard Dreyfuss)
Und andere, darunter Tilo Schmitz (dt. Stimme von Ving Rhames).

Für Regie, Ton und Musikkomposition zeichnen Christian Hagitte und Simon Bertling vom Studio |STIL| verantwortlich. (Das Hörspiel ist daher Cornelia Bertling gewidmet, die 2007 mit 40 Jahren starb.) Die Musik spielt das Filmorchester Berlin und der Hochmeisterchor Berlin unter der Leitung von Hagitte. Die Hörspielbearbeitung stammt von Stefan Maetz. |Lübbe Audio| produzierte das Hörspiel und nicht etwa ein Rundfunksender.

_Vorgeschichte_

Schloss Institoris, ein düsteres Gemäuer an einer einsamen Küste. Inmitten eines Labyrinths endloser Gänge und Säle wächst Aura heran, die älteste Tochter des Schlossherrn. Sie ist die Erbin eines uralten Rätsels, der Rezeptur des Steins der Weisen. Doch als ihr Vater im Auftrag seines Widersachers Lysander ermordet wird, schlägt die Stunde für Auras Stiefbruder Christopher – er beansprucht das Geheimnis der Unsterblichkeit für sich …

Folge 2: Aura enthüllt das Geheimnis ihrer Familie. Ausgerechnet der Mörder ihres Vaters, der geheimnisvolle Hermaphrodit Gillian, befreit sie aus den Klauen grausamer Mörder. Auf der Spur von Auras entführter Schwester Sylvette reisen sie nach Wien. In den Katakomben unter der Stadt geraten sie in einen Konflikt, dessen Ursprünge weit zurück ins Mittelalter reichen …

Folge 3: Sieben Jahre sind vergangen. Aura hat die Geheimnisse der Alchimie erforscht und das Erbe ihres Vaters angetreten. Doch alle, die ihr etwas bedeutet haben, sind tot. An der Seite ihres verhassten Stiefbruders Christopher muss sie abermals den Kampf gegen den alten Feind ihrer Familie aufnehmen – tief unter der Wiener Hofburg. Zugleich dämmert daheim auf Schloss Institoris eine neue Gefahr: Auras wahnsinnige Mutter Charlotte hat eigene Pläne …

Folge 4: Jenseits des Schwarzen Meeres, in den einsamen Bergen des Kaukasus, liegt die vergessene Festung der Tempelritter. Hier in der Wildnis am Ende der Welt nähern sich Ara Institoris und ihr Stiefbruder Christopher endlich dem Versteck ihres Gegners Lysander. Zugleich reist Gillian, der Hermaphrodit, mit den Institoris-Kindern nach Venedig ins neue Hauptquartier des Templerordens. Sein schwerster Kampf steht ihm noch bevor – gegen Morgantus, den unsterblichen Alchimisten …

Folge 5: Zehn Jahre nach den Ereignissen im Kaukasus in Folge 4. Aura Institoris hat die Unsterblichkeit gewonnen. Doch ihre große Liebe ist daran zerbrochen, ihre Familie in alle Winde zerstreut. Während die Welt in einen großen Krieg taumelt, taucht Aura einsam und verzweifelt in Paris unter. Ein geheimes Zeichen, der blutige Abdruck einer Hand mit sechs Fingern, ändert alles. Auras Nachforschungen führen auf die Fährte eines Mörders, dem jedes Mittel recht ist, um die Geheimnisse der Alchimistin zu offenbaren. (Verlagsinfos)

_Handlung_

In Paris findet Aura den Autor des Buches „Die sechs Finger des Magus“ ermordet in seiner Wohnung vor. Die Leiche muss schon eine Woche lang kalt sein, doch die zwei Hände wurden abgetrennt und zu einer Art Stempel zusammengenäht. Diesen Stempelabdruck hat Aura auf ihrem Betttuch entdeckt. Aber wer hat ihn angefertigt? Sie entdeckt das Bild eines Kastells in den andorranischen Pyrenäen. Sie erkennt es, denn es ist im Besitz ihrer Familie: Von dort stammte ihr Vater Nestor. Eine typische Templerburg, achteckig, trutzig – und voller Geheimnisse.

Die geplante Séance bei den deutschen Zwillingsschwestern Salome und Lucrecia Kaskaden findet ohne den verschwundenen Chevalier de Veldan statt. In der spiritistischen Sitzung sieht Aura vor ihrem geistigen Auge eine schwarz gewandete Frau in den Wehen liegen und einen Sohn mit blauen Augen gebären. Ein Name weht ihr zu: die schwarze Isis. Und sie verbreitet Dunkelheit. Als Aura aus der Vision erwacht, teilen ihr die Zwillinge mit, sie hätten die Vision mitverfolgen können. Es sei die gleiche, die auch der Chevalier hatte.

Als die französische Polizei an die Wohnungstür pocht, um die drei Deutschen festzunehmen und zu internieren, müssen die Damen über die Dächer fliehen und alle möglichen Tricks anwenden, um die Verfolger abzuschütteln. Da staunt auch Aura über den Einfallsreichtum der Zwillinge. Auf dem Gut Philippe Montheillets stellt sie dessen Lover Raffael bei einem Diebstahl und erfährt in dessen Wohnung, dass auch Philippe fortgegangen sei: nach Brest vermutlich. Hier erkennt sie auch, welch armseliges Schicksal Raffael mit seiner kranken Frau teilt. Raffael nennt sie, Aura, eine „Göttin in Schwarz“, genau wie jene Isis. Aura reist nach Andorra, doch jemand scheint sie zu verfolgen.

Unterdessen ist es Tess und Gian nicht gelungen, aus ihrer Gefangenschaft zu fliehen. Und Gillian sucht auf Mallorca nach dem Templerschatz, den schon viele vor ihm gesucht haben. Doch von einem alten Mann namens Escriva erhält er endlich einen wertvollen Tipp und begibt sich zur steilen Nordküste.

_Mein Eindruck_

Im Mittelpunkt dieser Folge steht eindeutig Auras Vision von der schwarzen Isis. Es handelt sich dabei um eine real existierende Person und höchstwahrscheinlich eine Unsterbliche. Könnte sie durch Mittelsmänner und Handlanger hinter den Ereignissen stecken, welche die Figuren der drei Handlungsstränge bewegen? In einer weiteren Vision erblickt Aura die schwarze Isis, wie sie dem König Gilgamesch von Uruk das Kraut der Unsterblichkeit stibitzt. Die Fremde hat also auch die gleiche Kraft wie Aura selbst. Dass die Isis – eine ägyptische Gottheit – in der Legende eigentlich Inanna hieß, soll nicht weiter stören. Beide waren Mond- und Muttergottheiten.

Doch das Rätsel darum, was die Isis mit Aura vorhat, soll erst in der letzten Folge gelüftet werden. Auch der Grund, warum sie die SCHWARZE Isis genannt wird, bleibt vorerst im Dunkeln. Es ist aber nicht abwegig anzunehmen, dass sie das dunkle Gegenstück zu Aura ist. Dass Aura aber auf irgendeine Weise per se gut und somit WEISS sein soll, wird durch keinerlei Taten Auras belegt. Es sei denn, man zählt ihre Bekämpfung der finsteren Tempelritter dazu. Damals setzte sie deren Unsitte, mit ihren Töchtern Nachkommen zu zeugen und deren Blut zu trinken, eine Ende. Hätte sie nicht aufbegehrt, hätte auch ihr Vater sie dergestalt missbraucht.

Recht seltsam fand ich den Auftritt der beiden deutschen Schwestern Kaskaden. Nirgendwo wird erklärt, warum sie empathische Kräfte haben, eventuell wegen einer Verbindung zur Familie Institoris. Offenbar besteht ihre Funktion lediglich darin, Aura zu der Vision der schwarzen Isis zu verhelfen. Auch welche Verbindung sie zum Chevalier de Veldan haben, bleibt unklar. Der Chevalier könnte ebenfalls ein Unsterblicher sein, der früher unter dem Namen Cagliostro an den Fürstenhöfen des 18. Jahrhunderts auftrat.

Aufgrund dieser vielen offenen Fragen bleibt die zweite Folge der neuen Staffel etwas unbefriedigend. Dafür gibt aber mal wieder ein wenig Action (und damit ist kein Sex wie in der ersten Folge gemeint). Die Flucht über Dächer, durch Gassen und verborgene Katakomben hat ihren eigenen Charme und erzeugt eindeutig Spannung – die angesichts der Ereignislosigkeit der anderen Handlungsstränge sehr willkommen ist.

_Unterm Strich_

Diese Folge dient dem Übergang vom Schauplatz Paris zu den Schauplätzen in Spanien. In Paris werden gruselige Szenen wie aus „Das Schweigen der Lämmer“ aufgeboten, aber auch eine spannende Verfolgungsjagd. Eine Vision gibt Aura Rätsel auf: Was hat die schwarze Isis mit den Unsterblichen zu tun? Es ist ein Hinweis auf das Gilgamesch-Epos. Unterdessen gelangen Gian und Tess sowie Gillian und Karisma an interessante Bestimmungsorte. Besonders interessant ist der Hinweis auf die Höhle auf Mallorca, wo der Templerschatz verborgen liegen könnte.

Die professionelle Inszenierung, die filmreife Musik und Stimmen von bekannten Schauspielern einsetzt, bietet dem Hörer ein akustisches Kinoerlebnis, das man sich mehrmals anhören sollte, um auch die Feinheiten mitzubekommen. Auch jungen Menschen, die sich einfach nur für gruselige Audiokost interessieren, die gut gemacht ist, lässt sich das Hörspiel empfehlen. Es ist leicht verständlich, wirkungsvoll inszeniert und die Stimmen der Stars vermitteln das richtige Kino-Feeling. Wer jedoch mit Melodramatik absolut nichts am Hut hat, sich aber trotzdem zünftig gruseln will, der sollte zu härterer Kost greifen.

|69 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-7857-3611-1|
http://www.kai-meyer.com
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name

Zietsch, Uschi – Dämonenblut (Waldsee-Chroniken 1)

_Action-Fantasy: Helden mit Unterleib, freundliche Dämonen_

Rowarn ist kein gewöhnlicher junger Mann. Seit jeher neigt er zu Gewaltausbrüchen. Eines Morgens erwacht er im Wald, neben sich die Leiche einer furchtbar zugerichteten jungen Frau. Schon bald bezichtigen ihn, wie befürchtet, die Dorfbewohner des Mordes und fordern Vergeltung. Rowarn kann sich nicht erinnern, die Tat begangen zu haben. Was er nicht weiß: Er hat eine finstere Vergangenheit, in der uralte Dämonen schlummern – die Dämonen von Valia.

_Die Autorin_

Uschi Zietsch wurde 1961 in München geboren. Nach ihrem Studium von Jura, Theaterwissenschaft, Geschichte und Politik machte sie ihren kaufmännischen Abschluss an der IHK. Bis Mitte 1996 war sie neben ihrem Schreiben hauptberuflich in Marketing/Vertrieb tätig. Seither ist sie freischaffende Schriftstellerin. 1986 veröffentlichte sie ihren ersten Fantasyroman „Sternwolke und Eiszauber“. Bis heute folgten über hundert weitere Publikationen. Im Dezember 2008 wurde ihr für ihre Kurzprosa „Aische“ der „Armin T. Wegner
Literaturpreis Menschenrechte“ von |Amnesty International| verliehen. Zietsch lebt mit ihrem Mann im bayerischen Unterallgäu. Ihr eigener Verlag heißt |Fabylon|.

Die Waldsee-Chroniken:

1) Dämonenblut
2) Nachtfeuer
3) Perlmond
4) Nauraka

_Handlung_

Der 19-jährige Rowarn lebt im idyllischen Wald von Inniu, doch weit abseits des Dorfes bei seinen Muhmen, den beiden Zentauren bzw. Velerii Schattenläufer und Schneemond. Sie vertreten bei ihm die Stelle seiner Eltern, die er nie kennengelernt hat. Doch dies soll sich nun ändern, denn große Ereignisse werfen ihre Schatten nun auch auf seine Region.

Rowarn hat mit Anini, einer Dorfschönheit, eine angenehme Liebesnacht verbracht. Doch als er am nächsten Morgen am Waldrand aufwacht, ist sein Liebeslager voller Blut. Entsetzt springt er in den See, um sich zu reinigen, und statt das Dorf Aninis zu verständigen, irrt er umher. So kommt es, dass man ihn schließlich im Dorf selbst für den Mörder des Mädchens hält, und ihr Bruder Rayem, der Sohn des Wirtes Hallim, würde ihn am liebsten umbringen. Rowarn kann lediglich seine Unschuld beteuern.

Deshalb zieht es ihn weiter hinaus in den Wald, um Frieden zu finden. Dieses Jahr ist der weiße Falke ausgeblieben, der sonst immer die Mitte des Jahres anzeigt, das Kommen des Sommers. Stattdessen stößt Rowarn an seinem Lieblingsbaum auf eine Schar unbekannter Reiter, vor der er sich nicht zu verbergen vermag. Deren Führer stellen sich als Fürst Noirun und Zwerkenkönig Olrig vor. Sie wollen Rekruten für ihren Krieg gegen die Dämonen von Femris anwerben.

Als Rowarn sie zu seinen Zieheltern führt, erfährt er zunächst einiges über die Vorgänge in Ardig Hall, dem Zentrum des Landes Valia auf der Welt Waldsee. Dort wurde ein Mord begangen, an Ylwa, der letzten Angehörigen des magiebegabten Volkes der Nauraka, die einst aus der Tiefe des Meeres kamen. Der Mörder war der Dämon Femris, der Ylwas Bruchstück des Tabernakels, eines mystischen Gegenstandes großer Macht, rauben wollte. Nun erfährt Rowarn von Schneemond unter vier Augen, dass Ylwa Rowarns Mutter war. Ylwa hatte vor 20 Jahren ihr Kind in die Obhut der Velerii gegeben, damit es in Sicherheit aufwachse. Rowarn schwört den Dämonen Rache für den Mord an seiner Mutter.

Doch zuvor gilt es den Mord an Anini aufzuklären. Fürst Noirun und Kriegskönig Olrig erklären sich dazu bereit, bei der Suche nach dem Täter behilflich zu sein. Morwen, die ausgezeichnete Fährtensucherin Noiruns, bemerkt die eindeutigen Spuren um den Tatort: eine Gruppe Dämonen ist bis hierher vorgedrungen, doch raubte sie nur das Herz Aninis. Das deutet darauf hin, so Morwen, dass der Gruppenführer Kraft sammelt, um sich dieses Land untertan zu machen. Folglich müssen die Menschen sich beeilen, die Dämonen zu stoppen, bevor sie so mächtig geworden sind, dass keiner sie mehr bezwingen kann.

Mit der Erlaubnis des Dorfältesten begibt sich die Soldatentruppe des Fürsten auf die Suche nach der Gruppe Dämonen. Rowarn schließt sich ihnen an, denn er bewundert Noirun, Olrig und Morwen und hofft, etwas von ihnen zu lernen. Rayem, Aninis Bruder, bildet mit ihm ein streitsüchtiges Paar Treiber. Als sie in den Höhlen im Wald nichts finden, fällt es Rowarn wie Schuppen von den Augen: Die Dämonen sind zwar hier – aber bereits im Dorf!

Rowarn eilt mit dem keuchenden Rayem ins Dorf zurück, wo sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten. Jetzt heißt es, allen Mumm zusammenzunehmen und die letzten Überlebenden zu verteidigen.

_Mein Eindruck_

Das hört sich vorerst relativ konventionell an, wie eine Kombination aus Detektivstory und Fantasy à la Tolkien. Doch die langjährige Fantasyautorin Uschi Zietsch hat für ihre Waldsee-Chroniken ein eigenes Universum entworfen, das sich dem jungen Helden Rowarn ebenso schrittweise erschließt wie seine eigene Herkunft und Natur. Deshalb ist sein Weg ins Herz dieses Weltentwurfs für ihn wie auch für uns gepflastert mit Entdeckungen. Viele davon sind freundlich, etliche aber auch reichlich unangenehm. Rowarn muss sich seinen ihm zustehenden Platz erst erobern.

Das klingt ein wenig nach Tolkiens [„Herrn der Ringe“. 1330 In der Tat greift die Autorin zunächst auf bewährte Muster zurück, um den Leser in Sicherheit zu wiegen. So macht sich Rowarn wie Frodo mit einem Auftrag auf den Weg, und sein treuer Freund Rayem begleitet ihn. Doch nicht neun Gefährten machen sich von Bruchtal aus auf eine Expedition ins Herz des Feindeslandes, sondern eine ganze Armee. Dass mit dieser Truppe etwas nicht ganz stimmen kann, merkt Rowarn spätestens dann, als die Fährtenleserin der Rekrutenkompanie nachts unter seine Decke schlüpft, um mit ihm Liebe zu machen.

Aber holla, so einen Sauhaufen hätte es bei Professor Tolkien nicht gegeben! Nicht nur Rowarn darf es munter im Schlafsack treiben, sondern auch Rayem und etliche andere. Dies gehört jedoch nicht zum Rekrutentraining, wie es aussieht, sondern ist ein den Rekruten vorbehaltenes Privileg. Aber immerhin bilden sich schnell persönliche Bande und die „faulen Eier“ unter den Rekruten sind schnell aussortiert.

Im Armeelager steht Rowarn, der von Knappen zum persönlichen Adjutanten des Fürsten beförderte Frischling, dem Widerstand der anderen Rekruten gegenüber. Ein erster Versuch, den Streit gütlich beizulegen, scheitert, und er muss seine Kampfkunst demonstrieren. Fortan hat er zwei erste Feinde. Es werden nicht die letzten sein.

|Vorgeschichte|

Fürst Noirun und Kriegskönig Olrig ziehen Rowarn zu ihrem Kämpen heran. Nicht nur das Kämpfen mit richtigen Waffen erlernt der Jüngling, sondern in Unterredungen mit Fürst Noirun auch die Geschichte Valias und Ardig Halls. In Ardig Hall herrschte Rowarns Mutter Ylwa, was er Noirun nicht verrät. Sie hütete einen Splitter des heiligen Tabernakels, das für ganz Waldsee von elementarer Bedeutung ist.

Der Dämon Femris ist bemüht, alle Bruchstücke des Tabernakels an sich zu bringen. Doch wie konnte es ihm gelingen, eine zaubermächtige Nauraka wie Ylwa zu überwinden? Noirun und andere Ritter erzählen Rowarn, wie Ylwa von einem Zwielichtgänger namens Nachtfeuer überwältigt wurde, der in Femris‘ Diensten steht.

|Finale?|

Der Clou an der Geschichte ist jedoch, dass es Femris und seiner Armee nicht gelungen ist, den Belagerungsring, den Noiruns Armee um sie gelegt hat, zu durchbrechen. Folglich kann nur eine Schlacht die Entscheidung bringen, ob Femris den Splitter behält oder an Noiruns Scharen verliert. Rowarn verrät es Noirun nicht, aber einem anderen Ritter: Er sinnt auf Rache für den Mord an seiner Mutter. Also hat er Femris und Nachtfeuer im Visier. Er ahnt nicht, dass auch diese es auf ihn abgesehen haben. Deshalb sorgt der Schluss dieses Bandes für einige handfeste Überraschungen. Die obligatorische Schlacht ist noch lange das letzte Wort in dieser Geschichte.

|Gegen den Strich|

Nicht nur führt die Autorin Fabelwesen wie Zentauren und ziegenfüßige Monster in eine Tolkien-Welt ein, sondern sie revidiert auch die überkommene Tradition der Bilder. Jeder kennt inzwischen aus Jacksons Verfilmung den schrecklichen Balrog von Moria, der an der Brücke von Khazad-dûm Gandalf zum Verhängnis wurde. Nun lässt die Autorin solch ein Monster-Viech auch in ihrer Geschichte auftreten, allerdings auf der Seite der Guten. Diese Wesen werden einfach „Dämonen“ genannt. Dummerweise gibt es aber auch Abtrünnige unter ihnen, die zu Femris halten.

|Erotik|

Wir sind außerdem daran gewöhnt, dass die Recken im „Herrn der Ringe“ vorläufig unbeweibt durch die Gegend latschen. Arwen taucht nur bei Jackson laufend auf, nicht aber im Original. Aragorn lebt also keusch, und zwar monatelang. Dito Boromir und sein Bruder Faramir. Sie haben daheim niemanden, der ihnen ein Süppchen am Herd kocht oder das Bettchen wärmt. (In Mittelerde wurden noch keine Glasfenster erfunden …)

Nicht so Fürst Noirun. Wie Rowarn zu seinem wachsenden Erstaunen feststellt, ist der Fürst keineswegs ein Kostverächter, was weibliche Gesellschaft angeht. Diese Ladys sind weit verstreut in verschiedenen Gasthöfen zu finden. Versteht sich von selbst, dass auch Zwergendamen vom Menschengeschlecht angezogen sind, und die betreffende Lady bedauert sehr, dass sie Rowarn nicht mit ihren Liebeskünsten verwöhnen darf. Er hat nämlich gerade Spione des Feindes belauscht und Wichtigeres vor, als mit ihr ins Heu zu hüpfen. Vielleicht ein anderes Mal, honey! Wie schön, dass diese Helden auch einen Unterleib haben dürfen!

|Die Anhänge|

Die Anhänge enthalten als besonders hilfreichen Teil ein Glossar, das die zahlreichen Namen und Begriffe erklärt, welche die Autorin für ihr Waldsee-Universum erfunden hat. Dieses Glossar wird in den Folgebänden je nach Bedarf weiter ausgebaut. Ein zweiter Text ist die Rede einer Mutter an ihr Kind – es könnte sich um Rowarn handeln -, in der es um den Traum des Schöpfers geht, auf dem das ganze Waldsee-Universum basiert.

_Unterm Strich_

Der erste Band eines neuen Fantasy-Zyklus ist immer etwas heikel. Dieser bildet keine Ausnahme. Für den Leser fängt alles erst ganz gemütlich an, bevor im Mittelteil eine erhebliche Umgewöhnungsphase eintritt. Viele Figuren widersprechen den Klischees, die das Fantasygenre (oder vielmehr die amerikanischen Verlage) für sich eingerichtet hat. Soldaten und Recken haben ein Liebesleben, das sie dennoch nicht lächerlich macht. Und Monster wie Balrogs entpuppen sich als Verbündete, wenn man auch nicht versuchen sollte, mit ihnen Kirschen zu essen.

Das letzte Drittel ist dann wieder vertrautes Terrain: die Entscheidungsschlacht. Dies ist zwar nicht das Ringen der Völker um das Schicksal von Mittelerde, aber die diversen Durchgänge bietet doch eine Reihe von dramatischen Kämpfen gegen ernstzunehmende Gegner. Leider kommt es in den Reihen der Guten zu beklagenswerten Verlusten. Rowarn fällt es schwer, den Befehl seines neuen Dienstherrn Noirun zu befolgen und nur vom Seitenaus zuzuschauen. Wenigstens kann er von dieser Position aus den Überblick über das Geschehen bewahren, wofür ihm der Leser dankbar ist.

Da noch zahlreiche Geheimnisse der Enthüllung harren und Rowarn seinen Racheplan weiterverfolgt, bin ich gespannt, wie der Zyklus weitergeht. Der Weltentwurf der versierten Autorin birgt jedenfalls noch einiges Potenzial, um aufregende Abenteuer mit fremdartigen Wesen zu gestalten.

|415 Seiten
ISBN-13: 978-3-404-28517-4|
http://www.uschizietsch.de
http://www.bastei-luebbe.de
http://www.fabylon-verlag.de

Villatoro, Marcos M. – Mania

FBI-Agentin Romilia Chacón erlebt in „Manía“ nicht den ersten persönlichen Schicksalsschlag. In [„Minos“, 2626 dem zweiten Band der Reihe um die temperamentvolle Agentin, brachte sie den Mörder ihrer Schwester zur Strecke, nun hat sie es mit dem Killer ihres ehemaligen Liebhabers Chip Pierce zu tun – und mit Tekún Uman, einem Drogenbaron, der in ihr die Liebe seines Lebens sieht.

Romilia ist schockiert, als sie nur wenige Stunden, nachdem sie bei Chip war und seinen Heiratsantrag abgelehnt hat, einen Anruf ihrer Chefin erhält. Ihr Liebhaber und Mentor wurde in seinem Haus ermordet und sie war vermutlich die Letzte, die ihn gesehen hat. Alle Indizien weisen darauf hin, dass Tekún Uman, der Drogenboss, Pierce ermordet hat. Uman hat eine Vorliebe für Giftpfeile und Pierce wurde mit einem getötet.

Außerdem hätte Uman auch ein Motiv. Es ist ein offenes Geheimnis in FBI-Kreisen, dass der Dealer schwer in Romilia verliebt ist und jeder glaubt an ein Eifersuchtsdrama. Jeder – bis auf Romilia. Diese ist sich ihren Gefühlen gegenüber Uman zwar nicht sicher, doch sie weiß, dass er nicht so gehandelt hätte. Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass er ihr jetzt sympathischer ist. Als er sie entführen lässt, weil er sie in Gefahr wägt, wird Romilia sogar richtig sauer. Trotzdem hilft sie ihm, Chips Mörder zu suchen und damit den Mann, der Uman ins Verderben stürzen will. Doch wer ist der Täter? Und welche Verbindungen hat er zu einer Sekte fundamentalistische Christen, die bereits einen Bombenanschlag in LA zu verantworten hat?

Fundamentalistische Christen und südamerikanische Drogenbarone – diese Mischung klingt auf den ersten Blick kurios. Auch wenn die beiden Ereignisse anfangs etwas orientierungslos nebeneinander stehen, verbinden sie sich gegen Ende zu einem zumindest befriedigenden Kriminalfall. Wohltuend ist, dass Villatoro nicht noch einmal das Motiv des Serienmörders aufgreift, aber die Handlung ist letztendlich nur mäßig spannend. Einige Dinge werden zu schnell abgehandelt, die Lösung des Falls hätte durchaus länger und verdichteter sein können. Trotz einiger seichter Stellen kommt aufgrund des flotten Tempos keine Langeweile auf, allerdings ist negativ anzumerken, dass „Manía“ ohne Vorwissen der beiden Vorgängerbände nur schwer zu verstehen ist. Einige der Handlungsstränge, die in [„Furia“ 3870 und „Minos“ ihren Anfang nahmen, werden konsequent und sauber weitergeführt. Davon hat der Fan zwar viel – und Villatoro etabliert eine tolle Krimireihe -, es erschwert aber den Quereinstieg.

Nach wie vor fantastisch ist Villatoros Serienheldin Romilia Chacón, die mit ihrer Mutter und ihrem achtjährigen Sohn mittlerweile in L.A. lebt und FBI-Agentin geworden ist. Die temperamentvolle junge Frau ist ruhiger geworden, nachdem sie Minos, den Mörder ihrer Schwester, zur Strecke gebracht hatte, was ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens war. Trotzdem gehen manchmal die Pferde mit ihr durch und Villatoro weiß dies so zu beschreiben, dass man es ihm abkauft und Romilia ins Herz schließt.

Romilia ist gleichzeitig eine sehr nachdenkliche und wagemutige, anpackende Person, was der Handlung neben ruhigen auch einige actionreiche Momente verschafft. Ihre Herkunft aus El Salvador wird sehr häufig thematisiert und beschäftigt sie alltäglich. Dadurch wird ihr Charakter sehr farbig und lebendig, für die meisten deutschen Leser vermutlich auch exotisch. Romilia hebt sich angenehm ab von aalglatten, erfolgreichen und beinahe perfekten Heldinnen vieler amerikanischer Krimis und Thriller. Sie ist bodenständig, gehört einer ethnischen Minderheit an und überrascht dadurch, dass sie die Grautöne, die bei einer Schwarz-Weiß-Zeichnung der Charaktere gerne außer Acht gelassen werden, besonders gut zum Klingen bringt.

Mit Marcos M. Villatoros Schreibstil verhält es sich ähnlich wie mit seiner Protagonistin. Abgesehen von kurzen Einschüben, die Tekún Umans Sicht der Dinge widerspiegeln, erzählt er aus Romilias Perspektive in der ersten Person. Er wählt dazu nüchterne Worte, die eine unaufgeregte, manchmal düstere, aber nie hoffnungslose Stimmung erzeugen. Er schreibt unglaublich dicht und nah an der Hauptperson. Für den Leser ist es so, als ob er direkt in Romilias Kopf säße und sie bei ihren Abenteuern hautnah begleite. Er kann sich mit der jungen Frau identifizieren, was mit dazu beiträgt, dass die Reihe so gelungen ist.

„Manía“ hat vielleicht keine perfekte Handlung zu bieten, aber Hauptfigur und Schreibstil sorgen dafür, dass der Leser sich auch in den dritten Band der Reihe um Romilia Chacón verliebt.[„Minos“ 2626 ist nach wie vor der ungeschlagene Toptitel von Marcos M. Villatoro, doch „Manía“ ist ein würdiger Nachfolger.

|Originaltitel: A Venom Beneath the Skin
Aus dem Amerikanischen von Sigrun Zühlke
Taschenbuch, 318 Seiten
ISBN-13: 978-3-426-63967-2|
http://www.knaur.de

_Marcos M. Villatoro bei |Buchwurm.info|:_

[„Furia“ 3870
[„Minos“ 2626

Nuyen, Jenny-Mai – Rabenmond – Der magische Bund

Mion ist ein Ruinenkind, zerlumpt, hungrig und mit einem Kopf voller Träume von einem besseren Leben. Doch als sie eines Tages mit Pfeil und Bogen auf einen Fuchs schießt, der gar kein Fuchs ist, scheinen ihre Träume jäh zu einem frühen Ende verdammt. Da taucht ein seltsamer Fremder auf, der ihr Rettung anbietet. Aber bedeutet dieses Angebot wirklich Mions Rettung?

Lyrian ist der Sohn des Kaisers. Das hat ihm noch nie besonders gefallen, aber seit der letzten Nacht der Wintersonnwende hat er beschlossen zu fliehen. Seine Freundin Baltipp, die Tochter des Tierpflegers der kaiserlichen Gärten, begleitet ihn. Tatsächlich schaffen sie es bis über das Mitternachtgebirge. Doch dann zeigt sich, dass sie von ihrer Richtung abgewichen sind, mit fatalen Folgen …

Getragen wird die Geschichte hauptsächlich von vier Personen. Mion mag aufgrund der Härten ihrer Kindheit eine raue Schale haben. Sie ist anpassungsfähig, zäh und kann ganz kräftig austeilen. Außerdem spielt sie regelmäßig ein ziemlich hartes Spiel namens Ritus. Aber sie hat einen weichen Kern. Sie hängt sehr an ihrem kleinen Bruder Mirim, und der Schuss auf den Fuchs tut ihr bereits leid, kaum dass sie den Pfeil losgelassen hat. Wie alle Menschen in Elend und Armut träumt sie von einem besseren Leben, doch Mion ist außerdem entschlossen genug, für diesen Traum auch etwas zu riskieren, als sich ihr eine Chance bietet. Diese Mischung aus Rücksichtslosigkeit, Ehrgeiz, Mitgefühl und Sehnsucht wird ihr schließlich zum Verhängnis.

Lyrian ist ähnlich hin- und hergerissen. Auch er besitzt ein freundliches, mitfühlendes Herz, er ist sich seiner Verantwortung als Thronfolger bewusst und voller guter Vorsätze. Leider lässt sich das nicht ohne Weiteres mit dem in Einklang bringen, was seine Eltern und der Adel von ihm erwarten. Die Vorstellungen der Herrschenden darüber, wie ein Kaiser und seine Regierung zu sein haben, laufen Lyrians Denken und Fühlen massiv zuwider. Und sein vages Gefühl, dass da etwas fürchterlich falsch läuft, reicht nicht aus, um den Forderungen seiner Umgebung erfolgreich zu begegnen.

Baltipp ist noch weit weniger geneigt, die herrschende Weltanschauung infrage zu stellen. Für sie sind nur drei Dinge wichtig: ihr Vater, die Tiere, um die sie sich kümmert, und Lyrian. Sie ist weder besonders hübsch noch besonders klug, aber sie ist sehr, sehr treu. Nicht, dass sie sich ernsthafte Hoffnungen machen würde, was Lyrian angeht. Sie ist sich durchaus ihrer Stellung bewusst und zufrieden mit seiner Freundschaft. Andererseits duldet ihre Anhänglichkeit aber auch nicht, dass er sich von ihr entfernt. Als Lyrian sich in ein anderes Mädchen verliebt, ist Baltipp überfordert.

Der rätselhafte, geheimnisvolle Charakter ist in diesem Buch ein Mann namens Jagu. Er ist es, der Mion Hilfe anbietet, als sie wegen des erschossenen Fuchses in der Klemme steckt. Aber über seine Gründe schweigt er. Dass er immer wieder tagelang einfach verschwindet, dass er ständig zwischen Grobheit und Freundlichkeit schwankt, zwischen teilweise brutaler Ehrlichkeit und beharrlichem Schweigen, tut ein Übriges. Mal wirkt er hilflos und verletzlich, mal ist er ausgesprochen kaltschnäuzig und skrupellos. Auch er spielt Ritus, was Mion nicht verstehen kann, denn er ist erfolgreich und wohlhabend und hat es eigentlich nicht nötig, sich in Träume zu flüchten.

Zwischen diesen vier Hauptfiguren entspinnt sich ein kompliziertes Netz aus Beziehungen, Abhängigkeiten und Lügen. Die Charakterzeichnung ist von derselben Intensität, die die Autorin bisher bei all ihren Büchern zu erzeugen wusste; das gilt auch für Nebenfiguren wie Faunia oder die Kaiserin. Sehr gelungen.

Was das Buch aber vor allem interessant macht, ist die eigentliche Thematik. Im Kaiserreich Wynter herrschen die Drachen. Keine feuerspeienden Echsen, sondern Gestaltwandler. Ihre Herrschaft gründet sich auf der Tatsache, dass Drachen denken und Menschen fühlen. Da Gefühle jedoch die Ursache sind für alles Übel, das es auf der Welt gibt, sind alleine die Drachen, die Gefühle nicht kennen, in der Lage, gerecht zu herrschen, denn sie allein sind erhaben über Neid, Ehrgeiz, Rachsucht und Gier. So zumindest lautet die Staatsdoktrin.

Dass diese Ideologie auf einer Lüge basiert, wird nur zu bald deutlich. Drachen fühlen durchaus. Sie fühlen Kummer und Liebe und vor allem Angst! Angst vor der Wahrheit, denn sollte das Volk diese erkennen, wäre es mit der Herrschaft der Drachen vorbei! Und in ihrer Angst verbieten sie, dass das einfache Volk lesen lernt, sie lassen alte Bücher verbrennen und in der Nacht der Wintersonnwende, der einzigen Nacht, in der sie verletzlich sind, kostenlos Wein ausschenken, damit die Menschen sich betrinken und ihnen nicht gefährlich werden können. Gleichzeitig ist Mion der beste Beweis dafür, dass Menschen nicht nur fühlen, sondern auch denken können.

Eines jedoch scheint sich im Verlauf der Handlung zu bestätigen: Gefühle sind die stärksten Triebfedern überhaupt. Und im Fall dieser Geschichte ziehen sie vor allem negative Folgen nach sich. Selbst der völlig uneigennützige Lyrian ist letztlich mitverantwortlich für die zahllosen Toten eines blutigen Massakers, weil er auf sein Herz gehört hat, und nicht auf seinen Verstand. Hier ist es tatsächlich so, dass alles Chaos und alles Blutvergießen seine Ursache in den Gefühlen hat, ganz gleich, ob diejenigen von Menschen oder Drachen.

Jenny-Mai Nuyens Bücher haben sich von Anfang an in keines der gängigen Fantasy-Schemata pressen lassen. Dieses Buch jedoch ist besonders sperrig. Nicht nur, weil es kein Happy End hat, sondern weil es noch einen Schritt weiter geht und sich gegen eine Idee stellt, die auch in anderen Bereichen der Literatur vorherrscht: dass die Liebe allen Widerständen zum Trotz immer siegt und danach alles gut wird. Hier wird nichts gut. Nicht einmal der Sturz der Tyrannen scheint positive Auswirkungen zu haben. Im Kleinen – in der Beziehung zwischen den Hauptfiguren – wie im Großen – in der Politik – münden alle Gefühle und die daraus resultierenden Taten in eine einzige Welle der Zerstörung. Ein Szenario, das sicherlich nicht jedem liegt. So ganz desillusioniert wollen die meisten Leser ihr Buch dann doch nicht zuklappen. Ich fand das Buch jedenfalls sehr gut. Es mag Fantasy sein. Aber es ist trotzdem wahr.

Jenny-Mai Nuyen stammt aus München und schrieb ihre erste Geschichte mit fünf Jahren. Mit dreizehn wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. „Nijura“, ihr Debüt, begann sie im Alter von sechzehn Jahren. Inzwischen ist sie zwanzig und studiert Film an der New York University.

511 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN-13: 978-3-570-16000-8

www.jenny-mai-nuyen.de/
www.randomhouse.de/cbjugendbuch/index.jsp

Der Autor vergibt: (5.0/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (No Ratings Yet)

Saramago, José – Stadt der Blinden, Die

|“[…] ein Mensch wird nicht blind, nur weil er einen Blinden ansieht, Blindheit ist eine private Angelegenheit zwischen dem Menschen und den Augen, mit denen er geboren wurde.“|

_Alles weiß_

In einer namenlosen Stadt springt eine Ampel auf grün. Ein Auto bleibt stehen, und die anderen Autofahrer hupen wild, bis die Worte des Fahrers nach außen dringen – ich bin blind! Urplötzlich hat der Mann – der erste Blinde – sein Augenlicht verloren. Die Blindheit taucht seine Welt nicht in ein tristes Dunkel, sondern in ein helles Weiß. Von nun an herrscht immer Tag für ihn. Ein anderer Mann bietet dem ersten Blinden seine Hilfe an und bringt ihn nach Hause. Dort endet seine Hilfsbereitschaft, denn er nutzt die Blindheit des Mannes aus und entwendet ihm sein Auto. Kurz darauf erblindet auch der Dieb. Zu Hause wartet der erste Blinde auf seine Frau, die ihn schleunigst zu einem Augenarzt bringt. Der Augenarzt und seine Patienten sind die nächsten, die erblinden.

Wie eine Epidemie greift die Blindheit in der Stadt um sich. Die Regierung beschließt, die Blinden und diejenigen, die mit ihnen in Kontakt waren, in einer ehemaligen Irrenanstalt zu internieren, um sie vom Rest der Bevölkerung zu isolieren. Soldaten bewachen die Anstalt und stellen den Internierten dreimal am Tag Lebensmittel vor die Tür. Doch das Essen reicht für die schnell wachsende Gruppe der Internierten hinten und vorne nicht. Lange dauert es auch nicht, bis sämtliche Toiletten verstopft sind und die Blinden ihre Notdurft verrichten, wo sie sich gerade befinden, sei es im Bett, auf dem Flur oder sonstwo. Nur eine Frau ist dort untergebracht, die das ganze Elend, den ganzen Ekel noch sehen kann – die Frau des Augenarztes, die ihre Blindheit nur vorgetäuscht hat, um ihren Mann begleiten zu dürfen. Sie ist der Rettungsanker in der Irrenanstalt, auch wenn niemand außer ihrem Mann weiß, dass sie noch sehen kann.

Die Frau des Arztes versucht unauffällig, das Leben in der Irrenanstalt zu organisieren. Doch als immer mehr Blinde eingeliefert werden, schließt sich in einem anderen Saal eine Gruppe von Männern zusammen, die sämtliche Lebensmittel für sich beanspruchen und von den anderen Internierten Wertsachen als Bezahlung einfordern. Als diese schließlich verteilt sind, verlangen die Männer Frauen als Gegenleistung. Die Situation in der Irrenanstalt läuft nun völlig aus dem Ruder …

_Anarchie, und niemand sieht zu_

Der portugiesische Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger José Saramago zeichnet in diesem Buch ein Schreckensszenario, wie man es sich niemals ausgemalt hätte. Nach und nach erblinden alle Menschen einer Stadt oder sogar eines ganzen Landes. Alle Arbeit liegt brach, niemand kann mehr Auto, Bus oder Straßenbahn fahren und auch kein Pilot lenkt mehr ein Flugzeug. Niemand kümmert sich um die Lebensmittelversorgung, und als schließlich alle Menschen erblindet sind, fällt überall der Strom aus. Die Menschen irren blind durch die Straßen – auf der Suche nach Lebensmitteln und Obdach, denn wenn sie auf der Straße erblindet sind, finden sie ihr Zuhause nicht mehr. Jede Wohnung, jedes Haus oder jeder Laden wird nun zur zeitweisen Unterkunft. Niemand hat mehr eine Heimat.

Davon ahnen die Internierten noch nichts, sie hausen unter unvorstellbaren Bedingungen, haben kein Wasser, um sich zu waschen oder etwas zu putzen. Sie hungern, weil es immer wieder Blinde gibt, die sich bei der Essensverteilung mehrfach anstellen – wer sollte es schließlich sehen und für Ordnung sorgen? Alles stinkt, alles ist verdreckt, sodass es eigentlich ein Wunder ist, dass nicht mehr Menschen in der Irrenanstalt sterben.

Die Blinden führen Krieg untereinander, sie bestehlen sich gegenseitig und misstrauen allem und jedem, denn niemand kann die anderen sehen und sie kontrollieren. Niemand sorgt für Ordnung, niemand sieht die Schuldigen. Und so wundert es nicht, dass eine Gruppe Männer die Führung an sich reißt und sämtliche Lebensmittel für sich beanspruchen kann. In der Anonymität der Blindheit und ausgestattet mit einer Pistole und einem „echten Blinden“ trauen sie sich, sich über die anderen Blinden zu erheben. Niemand sieht sie dabei und könnte hinterher gegen sie vorgehen. Doch zwei gequälte Frauen, die mehrfach brutal von den aufrührerischen Männern vergewaltigt wurden, wagen den Aufstand: Die Frau des Arztes bringt den Anführer um und sorgt für Chaos unter der Gruppe der Männer. Doch diese lassen sich das Zepter immer noch nicht aus der Hand nehmen, und so schleicht sich heimlich des Nachts eine blinde Frau mit einem Feuerzeug zu den Männern und zündet die Barrikade aus Betten im Zimmereingang an.

Nur eine Frau kann dem Elend zusehen und doch nicht helfen, da niemand wissen darf, dass sie sehen kann. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn jemand erführe, dass die Frau sehen kann. Sie müsste sich um alle Kranken kümmern, Menschen zu den nicht funktionierenden Toiletten bringen, andere Menschen trösten oder sich vermutlich vor Angriffen schützen, da andere ihr das Augenlicht neiden würden. So wird sie zur Zeugin, wie die Menschen angesichts der Blindheit zu Tieren werden. Sämtliche Menschenwürde ist verschwunden, als die Blinden beginnen, ihre Notdurft an allen möglichen und unmöglichen Stellen zu verrichten. Männer und Frauen fallen blindlings übereinander her, um sich gegenseitig Trost und Nähe zu spenden, auch wenn sie sich sonst vermutlich nie miteinander abgegeben hätten. Verzweifelt versucht die Frau des Arztes, für Ordnung zu sorgen, doch misslingt es ihr immer mehr. So flüchtet sie sich immer häufiger unter die Bettdecke, um still in sich hineinzuweinen.

_Die Macht der Sprache_

José Saramagos Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig: Kaum Absätze sorgen für Zäsuren, die wörtliche Rede findet sich durch Kommas abgetrennt mitten im Fließtext, und keine Anführungszeichen deuten darauf hin, ob diese Worte wirklich gesagt oder nur gedacht wurden. Dieser Schreibstil (den Andrzej Sapkowski in seiner historischen Trilogie vom Narrenturm ähnlich einsetzt) fordert den Leser heraus, passt aber wunderbar zur Geschichte, denn auch dort fließen Worte ineinander, niemand kann den Sprechenden erkennen, und so wundert es nicht, dass keine handelnde Person einen Namen erhält. Bis zum Ende werden die Personen über Merkmale charakterisiert, mit denen die Blinden etwas anfangen können. Was bedeuten Namen, wenn man die Person ohnehin nicht erkennen kann? Saramagos Figuren stehen für bestimmte Rollen, nicht aber für eine individuelle Person; er will uns keine konkreten Menschen vorstellen, sondern eine grausame Situation zeichnen, in der Menschen mit ihrem Schicksal hadern und um ihr Leben kämpfen. Doch was ist das überhaupt für ein Leben?

Saramagos Sprache ist unauffällig und still, aber manchmal umso poetischer. Seine Sätze sind lang und verschachtelt und beschwören eine spannungsgeladene Atmosphäre herauf. Meist sind es die wenigen Worte, die still und unbemerkt daherkommen, die dem Leser einen Schauder über den Rücken laufen lassen, oder es sind die langen detailgetreuen Beschreibungen. So verwendet Saramago mehrere Seiten darauf, um die schrecklichen Lebensbedingungen in der Irrenanstalt zu schildern – die verstopften Toiletten oder die Gänge, die vor Dreck und Kot überschwemmt sind, Menschen, die schon aus Gewohnheit jeden Winkel des Gebäudes in ein Scheißhaus verwandeln, den Gestank, den jeder einzelne Blinde ausdünstet, sodass auch die morgendlichen Blähungen oder die schweißgetränkten Körper die Luft nicht weiter verpesten könnten.

Der Wechsel aus diesen ausschweifenden Beschreibungen und den Dingen, die nur angedeutet werden, sorgt für eine unglaublich dichte Atmosphäre. Viele Schrecken muss man sich als Leser ausmalen, und manchmal kann die Fantasie noch schrecklicher sein als die Worte, die explizit aufgeschrieben werden. In einer Szene verbrennt eine Frau, und hier beweist José Saramago sein unglaubliches Sprachgefühl, denn er nimmt sich zurück und überlässt es dem Leser selbst, wie er sich diese Situation vorzustellen hat:

|“[…] o ja, sie sind nicht vergessen, die Schreie der Wut und der Angst, das Brüllen vor Schmerz und Agonie, das sei hier erwähnt, es werden auf jeden Fall immer weniger, die Frau mit dem Feuerzeug zum Beispiel schweigt schon seit langem. […] Lieber sterbe ich durch einen Schuß als im Feuer, es schien die Stimme der Erfahrung zu sein, deshalb war es vielleicht nicht er selbst, der sprach, sondern vielleicht hatte durch seinen Mund die Frau mit dem Feuerzeug gesprochen, die nicht das Glück gehabt hatte, von einer letzten Kugel durch den blinden Buchhalter getroffen worden zu sein.“|

Das Schweigen der Frau wird den Schreien der Wut und Angst gegenübergestellt und wirkt dadurch noch dramatischer. Diese Worte, die Saramago fast schon lapidar dahingeschrieben hat, erhalten dadurch eine viel stärkere Wirkung. Erst zwei Seiten später deutet Saramago das Unglück an, das der Frau mit dem Feuerzeug widerfahren ist, denn sie ist bei lebendigem Leibe verbrannt.

Besonders gelungen empfand ich auch Saramagos Beschreibungen des Hausstaubs, der die Abwesenheit der Bewohner genutzt hat, um sich friedlich und still auf den Möbeln zu verteilen. Niemand hat ihn dabei gestört, niemand ihn aufgewirbelt oder gar abgewischt. Kein geöffnetes Fenster hat für Durchzug gesorgt und den Staub verteilt. Erst als die Bewohner zurückkamen, begann der Reinigungsprozess – Finger, die über Möbel wischten und den Staub verteilten und Spuren auf der Oberfläche hinterließen. José Saramagos Schreibstil versetzt den Leser mitten in die Szene, der Autor nimmt uns an die Hand und zeigt uns alles, das er für wichtig erachtet. So kann man tief in diese aufreibende Geschichte abtauchen.

_An der Menschlichkeit festhalten_

|“[…] jemanden mit sehenden Augen unter uns zu haben, die letzten, die geblieben sind, wenn sie eines Tages erlöschen, daran möchte ich gar nicht denken, dann wird der Faden, der uns an die Menschheit bindet, zerreißen, es wird sein, als würden wir uns einer vom anderen im Weltraum entfernen, für immer […]“|

Nur dieses eine zarte Band – die sehenden Augen der Frau des Arztes – ist es, das für einige Blinde Hoffnung bedeutet, doch auch Verzweiflung, denn die Augen sind so empfindlich – und was wäre, wenn auch diese letzten erlöschen würden? Fragen der Hoffnung, der Menschlichkeit, des Zusammenlebens, des Misstrauens und der Freundschaft sind es, die José Saramago hier aufwirft. Nie hätte ich mir die Situation so dramatisch ausgemalt, wenn plötzlich alle Menschen erblinden würden, doch natürlich müsste die Situation eskalieren – zunächst durch die Angst der noch Sehenden und dann durch das Chaos, wenn niemand sich mehr um eine geordnete Lebensmittelversorgung oder um die Elektrizität kümmern könnte. Die Menschen müssten zugrunde gehen, und wie dieses Zusammenleben dann aussehen könnte, stellt uns Saramago eindrucksvoll vor.

„Die Stadt der Blinden“ ist ein Buch, das sehr nachdenklich stimmt. Sind wir wirklich so kurz davor, unsere Menschenwürde aufzugeben und allen Mitmenschen zu misstrauen, wenn uns das Augenlicht verloren geht? Werden wir nicht nur mit den Augen blind, sondern auch mit dem Herzen? Und was bedeutet es, wenn niemand mehr sehen kann – kein Arbeiter, keine Regierung …? Dieses Buch fordert den Leser inhaltlich und sprachlich heraus, erzählt aber eine umso bewegendere Geschichte, die nachwirkt und mich tief beeindruckt hat. Ein Buch, welches das Prädikat ‚besonders wertvoll‘ definitiv verdient hat!

|Originaltitel: Ensaio sobre a Cegueira
Deutsch von Ray-Güde Mertin
398 Seiten, kartoniert
ISBN-13: 978-3-499-22467-6|
http://www.rowohlt.de
[Wikipedia-Eintrag]http://de.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9__Saramago

Covin, Alec – Rückkehr der Wölfe, Die

Fenryders Wölfe sind zurück. Die bösartige Geheimgesellschaft aus Alec Covins Debütroman „Die Augen der Angst“ treibt dieses Mal in New York ihr Unwesen und hofft, ihre Macht ausweiten zu können. Doch es gibt ein paar Leute, die vom Geheimnis der Wölfe wissen und vorhaben, sie zu zerstören …

Tim Molder, Privatdetektiv in New York, und seine Freunde, die durchsetzungsfreudige Sarah und der Künstler Forrest, wissen genau, dass Walter Skoll einer von Fenryders Wölfen ist. Er gibt sich großzügig als Kunstmäzen, aber in dem Gebäude, das er seine Stiftung nennt, scheint etwas Düsteres vorzugehen. Forrest wird dort hineingeschmuggelt. Als gefeierter Künstler soll er seine Werke ausstellen und zugleich hinter Walter Skoll herspionieren.

Gleichzeitig tritt Sarah mit Senator March in Kontakt, der den Ausschuss leitet, der sich mit Sekten beschäftigt und unter anderem auch Informationen über die Wölfe besitzt. Sie erfährt von ihm, dass momentan eine Operation geplant ist, deren eigentliches Ziel ungewiss ist. Sie soll an dem Tag ihren Höhepunkt finden, an dem Forrests Ausstellung eröffnet wird. Gemeinsam mit ihren Freunden und Jodie, einer Sekretärin der Stiftung, bereitet man sich gewissenhaft auf diesen Tag vor und rechnet mit dem Schlimmsten. Es scheint, als ob der mysteriöse Fenryder persönlich dafür sorgen möchte, dass die „Operation Dämon“ gelingt …

„Die Rückkehr der Wölfe“ möchte sich gern mit dem Attribut ’spannend‘ schmücken, aber so einfach ist das nicht, denn dieses Attribut muss man sich verdienen. Das gelingt Alec Covins Zweitling nur in Teilen. Der Aufbau der Geschichte ist recht flach und die Handlung wird dadurch, besonders am Anfang, seicht. Es fehlt an Spannung, fesselnden Ereignissen und überraschenden Wendungen. Die Geschichte plätschert vor sich hin und krankt manchmal an den absatzlangen Erklärungen zu historischen Details oder Erinnerungen. Diese sind nicht besonders geschickt eingefügt und ziehen das Buch unnötig in die Länge. Die wenigen Höhepunkte, welche die simpel gestrickte Geschichte zu bieten hat, finden sich am Ende, wo es dann tatsächlich spannend(er) wird. Es geschehen Dinge, die man so nicht erwartet hat, komplettiert durch ein Set an möglichen Verrätern, welche die Hauptfiguren – und auch den Leser im positiven Sinne – verwirren. Das finale Feuerwerk zündet zwar nicht wirklich, bringt das Buch aber zu einem versöhnlichen Ende.

Die Hauptfiguren der Geschichte entwickeln, ähnlich wie Handlung, zu wenig Tiefe, um mitreißend zu sein. Sie wirken eindimensional und ihre Gedanken und Gefühle hinterlassen wenig Eindruck. Sarah, Tim und Forrest sind noch nicht mal besonders trennscharf. Obwohl sich der Autor redlich bemüht, Tim als raubeinigen Außenseiter darzustellen, wirkt der Detektiv eher blass. Seine Charakterzüge kommen kaum zum Tragen, was letztendlich auch auf alle anderen Charaktere zutrifft.

Wenigstens der Schreibstil funktioniert bei Covin, der gern mit Stephen King verglichen wird. Locker, manchmal fast schon mit persönlicher Note und wortreich schildert er die Erlebnisse der drei Helden. Das Buch lässt sich schnell und flüssig lesen und hängt, im Gegensatz zur Handlung, nicht durch.

In der Summe ist „Die Rückkehr der Wölfe“ zwar nett geschrieben, hinterlässt aber trotzdem keinen bleibenden Eindruck. Dazu ist die Handlung zu flach, hat zu wenig spannende Momente und die Personen sind zu eindimensional.

|Originaltitel: États primitifs
Aus dem Französischen von Monika Buchgeister
477 Seiten, Taschenbuch
ISBN-13: 978-3-404-15933-8|
http://www.bastei-luebbe.de

_Alec Covin bei |Buchwurm.info|:_

[„Die Augen der Angst“ 4560