Morrison, Grant / Quitely, Frank – WE3

_Story_

Hinter den Mauern einer US-Airforce Einrichtung bahnt sich Revolutionäres an: Drei Haustiere, die für eine Testreihe der Kybernetik zu Kampfmaschinen ausgebildet werden sollen, entpuppen sich in der Tat als universell einsetzbare Cyborgs, welche die Kriegsführung der Zukunft maßgeblich prägen sollen. Allerdings sollen die Tiere nur als Prototypen verwendet und im Anschluss an diese Testreihe getötet werden, was ihre langjährige Trainerin Roseanne Berry so nicht akzeptieren möchte. Heimlich befreit sie ihre Schützlinge und ermöglicht ihnen die Flucht.

Aus Furcht vor Entgleisungen und Kenntnisnahme der Öffentlichkeit setzt die Regierung sofort das Militär auf den Hund, die Katze und das Kaninchen an, muss jedoch bald feststellen, dass diese Kampfmaschinen schier unbesiegbar sind und die Angelegenheit vollkommen aus dem Ruder läuft.

_Persönlicher Eindruck_

Grant Morrison gilt gemeinhin als einer der besten und erfolgreichsten Comic-Autoren dieser Zeit, sowohl im Superhelden-Metier als auch in der Sektion der anspruchsvolleren illustrierten Kost. Demnach gehören seine Werke bereits vor dem offiziellen Erscheinungstermin zu den am heißesten ersehnten Exemplaren ihrer Art und sind quasi schon ein Garantieschein für atemberaubende Comic-Action – zumindest bislang.

Mit „WE3“ jedoch hat sich der renommierte Schreiber nun an eine Story herangewagt, die inhaltlich zwar sicherlich innovative Pfade beschreitet, in ihrer Ausarbeitung aber eher dürftig und müde ist. Es fehlt an Stimmung und Atmosphäre, wobei Letztere bisweilen apokalyptische Ausmaße annimmt, aber gerade wegen der mangelhaften Charakterzeichnungen – und hiermit ist auch die Darstellung der kybernetischen Bestien gemeint – vorwiegend steril und unnahbar bleibt.

Die Geschichte birgt dabei sicherlich einiges an Potenzial, ist auch wegen der unterschwelligen Kritik an der Forschung und in Sachen biologischer Aufrüstung sehr gewagt und riskant und könnte gerade deswegen durchaus ein Selbstläufer werden. Auch die Tatsache, dass der Autor mit seinem langjährigen Kollegen Frank Quietly zusammengearbeitet und mit ihm ein illustrativ wirklich fabelhaftes Wechselspiel inszeniert hat, ist gewissermaßen ein Garant für einen spannend strukturierten, außergewöhnlichen Comic, gereicht dem Unternehmen „WE3“ aber ebenfalls nicht zur erwünschten Faszination. Doch woran genau scheitert das Ganze nun?

Tja, die Antwort hierauf ist eigentlich leicht gefunden: Die Story besitzt schlichtweg nicht die gewohnte Tiefe und ist von Anfang an beinahe ausschließlich auf die brutale Action fokussiert. Die drei entflohenen Cyborgs liefern sich eine erbitterte Schlacht mit den ausgesendeten Regierungsbeamten und dem Militär, greifen selbst Zivilisten an, in denen sie eine Bedrohung sehen, und hinterlassen nach nur wenigen Seiten bereits ein Schlachtfeld sondergleichen. Gezüchtet, um ihre Gegner nicht nur zu töten, sondern vollkommen zu vernichten, bündeln sie den Hass auf ihre Verfolger und werden ihrem geplanten Status als Kampfmaschinen vollends gerecht.

Doch zwischen der kompakten Action bleibt letztendlich kaum noch Platz für die Weiterentwicklung der Handlung. Die Dialoge sind aufs Wesentliche beschränkt und letztendlich nur Nebensache, und auch die Charakterbildung der drei tierischen Hauptgestalten kommt im Laufe der Story nicht entsprechend voran und endet in einer Form der Stagnation, die „WE3“ bis zum Schluss nur noch auf die Action reduziert, die Grundaussage der Geschichte hingegen nur dürftig bis unbefriedigend transferiert. Selbst die halbwegs philosophische Schlusssequenz kann diesbezüglich keine Abhilfe mehr verschaffen, mag zwar im Gesamtkomplex der Handlung versöhnlich stimmen, beschreibt aber gleichzeitig auch das Dilemma der mangelnden Tiefgründigkeit, unter der Morrisons Werk leidet.

Was als Endzeit-Thriler mit durchaus realistischem und in seiner zwischenzeitlichen Authentizität auch definitiv erschreckendem Background beginnt, endet schließlich in einer nur lose zusammenhängenden Gewaltorgie, deren versteckte Emotionalität und perfide inszenierte Gesellschaftskritik nicht in dem Maße funktionieren, wie man es von diesem Autor erwarten durfte. Zumindest ist Morrison seinem Grundsatz treu geblieben, Geschichten abseits des Mainstreams zu schreiben. Hinsichtlich der enttäuschenden Durchschnittlichkeit der aktuellen Story ist dies aber nur ein schwacher Trost.

http://www.paninicomics.de

Hensel, Jana / Raether, Elisabeth – Neue deutsche Mädchen

2002 trat Jana Hensels Erinnerungsbuch [„Zonenkinder“ 4989 seinen Siegeszug durch das deutsche Feuilleton und – vor allem – die Bestellerlisten an. Die Idee, die dem Buch vorangestellt war, hatte durchaus Potenzial: Hensel, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung so lange in der BRD wie in der DDR gelebt hatte (als die Mauer fiel, war sie gerade dreizehn), war angetreten, exemplarisch aufzuzeigen, wie es ist, ein Wendekind zu sein. Nur kann man so einen biographischen Knick offensichtlich nicht exemplarisch aufzeigen, und „Zonenkinder“ scheiterte an genau diesem Anspruch. Das kollektive „Wir“, das Hensel während des gesamten Buches beschwor, war nervtötend, anmaßend und schlussendlich falsch.

Mittlerweile ist Jana Hensel irgendwie angekommen im neuen größeren Deutschland und hat sich auch von dem allgemeingültigen Wir verabschiedet. Zusammen mit ihrer Freundin Elisabeth Raether hat sie sich nun noch einmal zusammengetan, um aktuellen Befindlichkeiten nachzuspüren. Wieder ist die zugrunde liegende Idee originell: Hensel mit ihrer DDR-Biographie und Raether als BRD-Kind wollen herausfinden, was es heißt, heute eine Frau zu sein. Alice Schwarzer, deren Name traditionell immer fällt, wenn es um Feminismus in Deutschland geht, spielt dabei eigentlich nur als Aufhänger eine Rolle. Hensel lässt sich zwar zu ein wenig Schwarzer-Kritik hinreißen, aber mit Leidenschaft scheint sie nicht am Werke. Es scheint vielmehr, als fühlten sich die Autorinnen verpflichtet, die große Mutter des Feminismus in Deutschland wenigstens auf einer Seite namentlich zu erwähnen, um dann nahtlos dazu überzugehen, was sie als wichtig empfinden: Liebe oder deren Abwesenheit, Sex, Geld, Arbeit und die Unverbindlichkeit des Berliner Großstadtlebens.

In einzelnen Essays widmen sich Hensel und Raether also verschiedenen Aspekten des Frauseins. Das liest sich durchaus interessant und flüssig. Geradezu anekdotisch erzählen die beiden von (in der Regel missglückten) Affären, von dem Versuch, in der taffen „Männerwelt“ zu bestehen, von der seltsamen Entwurzelung im zusammenwachsenden Berlin. Die Nabelschau hat einen gewissen Tagebuchcharakter: Das Geschehene wird durchaus kritisch betrachtet und analysiert, und doch bleiben die Erzählungen des Scheiterns rein privat. Die Autorinnen sagen „überhaupt nichts aus, was über die jeweiligen Geschichten hinausginge“, meint beispielsweise der Rezensent der |F.A.Z.| und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Hensel und Raether haben ein persönliches Buch geschrieben, ein Buch, in dem sich Frauen ihres Jahrgangs wiederfinden oder auch nicht. Doch über ihre Selbstanalyse hinaus wollen die neuen deutschen Mädchen keine Auskunft darüber geben, wie die Sache mit dem Feminismus denn nun weitergehen sollte. Wenn die Ideen Schwarzers so überkommen sind, womit sollten wir sie ersetzen?

Abgesehen von den persönlichen Betrachtungen, finden sich in dem Buch auch zwei Essays zur Mütterngeneration, die sich durchaus interessant lesen. Da geht es auf der einen Seite um Elisabeth Raethers Mutter, die zunächst eine vollkommen durchschnittliche Mittelschichtenkarriere in der BRD macht: Heirat, Kinder, Hausfrau. Doch dann entscheidet sie, dass das nicht alles gewesen sein kann. Sie lässt sich scheiden, beginnt wieder zu arbeiten, wird ihre eigene Herrin. Für Raether ist diese Mütterbiographie ein Zeichen dafür, dass der Feminismus damals begann, die Mittelschicht zu erobern.

Auch Hensel ist ein Scheidungskind, und auch ihre Mutter steht geradezu beispielhaft für den Lebenslauf vieler Frauen in der noch jungen DDR. Sie arbeitet Vollzeit. Sie zieht aus dem Ledigenwohnheim aus, um zu heiraten. Die kleine Jana wird geboren. Durchaus genau schildert Hensel diese Jahre und analysiert die Unterschiede zur heutigen Zeit. Sie stellt das damalige Denken im „Kollektiv“ dem heutigen Götzen des „Individualismus“ gegenüber. Ihre Mutter, sagt sie, war noch eingebunden in ein großes Ganzes, war ein Rädchen in einer riesigen Maschine. Jana Hensel nennt das „Perspektivlosigkeit“, ist aber gleichzeitig ehrlich genug, einen gewissen Neid zuzugeben. Denn es kann auch sinnstiftend und beruhigend sein, sich als Teil einer Gruppe fühlen zu können. Heute will man das natürlich nicht mehr. Jeder ist sich selbst der nächste. Das Denken kreist nur um das eigene Individuum. Die Frage darf gestattet sein, ob man das, was auch zur Zersplitterung der Gesellschaft beiträgt, nun Fortschritt nennen soll.

Die beiden Mütter-Kapitel bieten den meisten Mehrwert in einem Buch, das ansonsten eher zufällig wirkt. Vielleicht war das auch den Autorinnen klar und sie haben die beiden Essays deshalb in der Mitte des schmalen Bandes platziert. In der Elterngeneration bietet sich die Möglichkeit, eine Rückschau zu halten – eine Sache, die die Analyse ungemein erleichtert. Im Rest des Buches finden sich dagegen kaum Erkenntnisse, die irgendeine Art von Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen könnten.

Das heißt jedoch nicht, dass die Autorinnen sich jeglicher Wertung enthielten. Ganz im Gegenteil! Raether bevorzugt die Innenansicht. Auf geradezu intime Weise nimmt sie den Leser an die Hand und erkundet mit ihm ihre eigene Seelenlandschaft. Geht eine Affäre in die Brüche, so spürt sie den Gründen nach, und der Leser begleitet sie Stück für Stück, wenn ihr Muster in ihrem Verhalten bewusst werden. Jana Hensel ist da anders. Die Gründe für ihr Scheitern (in einer Beziehung, am Arbeitsplatz) sucht sie nicht in erster Linie in sich selbst, sondern in anderen. Und natürlich wird sie fündig. Mal sind es die bösen tradierten Männerstrukturen in einer Berliner Redaktion, dann die reaktionären Familienvorstellungen anderer Leute. Immer jedoch überanalysiert Hensel ihre Deutungsmuster und überreizt sie dadurch.

Was bleibt von „Neue deutsche Mädchen“? Nicht viel, leider. Hensel und Raether haben ein wirklich lesenswertes, ja sogar kurzweiliges Buch über ihr eigenes Leben geschrieben, das sich kaum auf eine ganze Generation verallgemeinern lässt. Sie verweigern sich jeglicher Theorie und konfrontieren den Leser mit ihren persönlichen Geschichten, um ihn dann mit der eventuellen „Deutung“ allein zu lassen. Wie Jana Hensel im Essay „Über eine ostdeutsche Herkunft“ festgestellt hat, geht es nur um das Individuum. Auch „Neue Deutsche Mädchen“ kreist nur um diesen Götzen, und so stellt sich beim Leser leider Leere ein, wo er wohl Erkenntnis erwartet hatte.

http://www.rowohlt.de

Interview mit Boris Koch

|Alisha Bionda führte den ersten Teil eines umfangreichen Interviews mit Boris Koch Ende Mai 2008, das – dreigeteilt – Auskunft über seine Aktivitäten als Autor, Verleger, Musiker und als einer der drei |StirnhirnhinterZimmer|-Männer gibt.|

_Teil I: Der Autor Boris Koch_

_Alisha Bionda:_
Hola Boris, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein ausführliches Interview nimmst. Vorab aber noch einmal Gratulation zu deinem dir jüngst verliehenen ersten Preis, dem „Hansjörg Martin“-Preis für deinen Jugendkrimi „Feuer im Blut“. Wie stehst du zu Preisen und Auszeichungen?

_Boris Koch:_
Danke zur Gratulation. Preise und Auszeichnungen, die ich bekomme, mag ich natürlich (lacht). Aber im Ernst: Prinzipiell finde ich Preise schon gut. Klar gibt es verdammt viele, aber warum auch nicht? Noch gibt es ja viel mehr Bücher als Preise … Und wenn der Preis eher dazu dient, sich selbst mit berühmten Autorennamen zu schmücken, dann weiß ich auch nicht, ob das im Sinn einer Auszeichnung ist- diese Veranstaltungen, auf denen sich die Preisverleiher selbst ebenso sehr auf die Schultern klopfen wie dem Preisträger. Man muss ja nicht jeden Preis gleich ernst nehmen, und allzu ernst sollte man überhaupt keinen nehmen, aber insgesamt ist es doch schön, wenn irgendwer irgendwen ehren will. Der Preisträger freut sich, kriegt im Idealfall noch einen Scheck mit auf den Heimweg, und es gibt eine lustige Party bei der Verleihung. Was mir auf den Keks geht, sind Wahlen zum schlechtesten Film oder schlechtesten Buch oder dem Flop des Jahres. So etwas ist überflüssig.

_Alisha Bionda:_
Wolltest du immer schon Schriftsteller werden oder wie bist du in die „schreibende Zunft“ gekommen?

_Boris Koch:_
Nein. Als Kind wollte ich Fußballspieler werden, in der Bundesliga und Nationalmannschaft natürlich, aber da fehlte mir doch das Talent und wohl auch der Wille, und wahrscheinlich hätte mein Körper das auch nicht mitgemacht. Später wollte ich dann Bassist werden – aber auch hier fehlte Talent und dieses unbedingte tägliche Üben – ich habe mehr Musik gehört als gemacht. Und eine Zeit lang wollte ich tatsächlich Schatzsucher werden.

Geschrieben habe ich bis neunzehn, zwanzig kaum. Ein bisschen Teenagerlyrik für mich, mit fünfzehn eine Kurzgeschichte für ein Rollenspielzine, mit zehn oder so die erste Seite eines Romans, vielleicht auch nur eine halbe. Und dann, mit etwa neunzehn habe ich erstmals versucht, mit Geschichten nach „draußen“ zu gelangen. Die erste Story versagte gnadenlos bei einem Schreibwettbewerb in Augsburg, mit der zweiten hatte ich Glück, sie wurde veröffentlicht. Und mir wurde das Schreiben immer wichtiger. Es lief eine Weile parallel zum Studium, das ich schließlich geschmissen habe. Und so bin ich Stück für Stück in die schreibende Zunft gerutscht.

_Alisha Bionda:_
Was waren deine ersten Texte?

_Boris Koch:_
Mein erster Text war eine kurze, ein- bis zweiseitige Anti-Kriegs-Fantasy-Story mit böser Pointe oder dem, was ich mit fünfzehn für eine böse Pointe gehalten habe. Dann folgten kurze Horrorgeschichten, teils sehr klassisch, und bissige Grotesken.

_Alisha Bionda:_
Hast du eine fest strukturierte Methode, wie du ein neues Projekt „angehst“? Oder lässt du eher den Dingen ihren freien Lauf?

_Boris Koch:_
Nein, keine feste Methode. Die Arbeitsweise hängt auch immer von dem konkreten Projekt ab. Bei einem Krimi wie „Feuer im Blut“ brauche ich eine für meine Verhältnisse relativ feste Struktur, ich muss natürlich wissen, wer der Täter ist, um über das Buch verteilt erste Hinweise zu platzieren, ich muss aber auch wissen, welche Figur was weiß, damit sie entsprechend reagiert, usw. Und ich muss vorher über Polizeiarbeit und anderes recherchieren.

Bei der Fantasy-Parodie „Die Anderen“ bestand meine Recherche darin, die parodierten Werke zu lesen, und mit diesem Hintergrund im Kopf, mehreren Seiten kurzer Stichpunkte und einer viel weniger starren Struktur habe ich losgeschrieben. Ich wusste, wohin ich mit meinen Figuren wollte, was für ein Showdown geplant war, aber was ihnen an den einzelnen Stationen auf dem Weg dorthin passiert, das entstand überwiegend spontan. Gags lassen sich schwer vorausplanen, die leben von Spontaneität. Ich musste dabei aber darauf achten, nicht völlig auszuufern. Dass ich beispielsweise irgendwann eine Kampfszene in Form eines Chatroom-Protokolls schreiben würde, war nicht geplant, aber da der Text von Anfang an Fußnoten hatte und auch fünf Seiten der Handlung in einem Comic erzählt wurden, gehörten formale Spielereien von Anfang an zum Konzept, und es fügte sich während des Schreibens einfach ein.

Bei Kurzgeschichten und Erzählungen mache ich mir gar keine Notizen, da habe ich die Struktur von Anfang an im Kopf oder lasse sich die Geschichte spontan entwickeln.

_Alisha Bionda:_
Schreibst du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht dein Tagesablauf aus?

_Boris Koch:_
Zurzeit schreibe ich lieber tagsüber, beginne direkt nach dem Frühstück und schreibe bis zum späten Nachmittag, und kümmere mich dann um andere Arbeiten, aber dieser Plan wird oft genug durchbrochen, einen richtig festen Tagesablauf habe ich eigentlich nicht. Der hängt immer davon ab, was gerade ansteht.

_Alisha Bionda:_
Bevorzugst du eine bestimmte Atmosphäre wenn du schreibst?

_Boris Koch:_
Auch das hängt vom Projekt ab. Ich schreibe auf jeden Fall am liebsten daheim, wo ich meine Ruhe habe. Und meist mit Musik im Hintergrund. Die Musik wähle ich entsprechend dem Text aus, um die passende Stimmung zu unterstützen. Aber ich stelle keine Kerzen auf oder so …

_Alisha Bionda:_
Schreibst du an mehreren Projekten gleichzeitig oder liegt dir das eher nicht?

_Boris Koch:_
Manchmal ergibt es sich aus irgendwelchen Gründen, dass ich parallel arbeite, aber ich konzentriere mich eigentlich ganz gern auf ein einziges Roman-Projekt. Da laufen ja ohnehin Kurzgeschichten für das |StirnhirnhinterZimmer|, Lesungen, die Arbeit an |Mephisto|, ein Interview wie dieses hier und dergleichen nebenher. Da ist es gut, wenn ich wenigstens nur ein größeres Projekt habe, auf das ich mich konzentrieren muss. Gegen plötzliche Einfälle und Notizen zu anderen oder gar völlig neuen Projekten kann ich mich aber trotzdem nicht wehren.

_Alisha Bionda:_
Welchen Genres ordnest du dich zu? Und welches reizt dich am meisten?

_Boris Koch:_
Keinen. Einzelne Bücher oder Geschichten kann ich bestimmten Genres zuordnen, wenn ich gefragt werde, aber mich komplett als Autor will ich nirgendwo zuordnen. Von daher kann ich – trotz einem Faible für alle möglichen Spielarten der Phantastik – nicht sagen, dass mich ein Genre besonders reizt. Überhaupt reizen mich eher bestimmte Themen oder Ideen, und die werden dann innerhalb eines bestimmten Mediums und Genres umgesetzt. Das Thema, das zentrale Motiv einer Geschichte ist mir wichtiger als das Genre. So ist beispielsweise meine Erzählung „Die Mutter der Tränen“ zwar sicherlich Phantastik, aber in erster Linie ist es für mich eine Geschichte über den Verlust eines geliebten Menschen, über das Zerbrechen einer Familie, über Trauer. Das phantastische Element ist ein Mittel, um dies zu erzählen, es ist nicht die Grundvoraussetzung für die Erzählung.

Ein anderes Beispiel: Natürlich wusste ich, dass ich „Feuer im Blut“ für eine Jugendkrimireihe schreibe, und es ist entsprechend ein Krimi geworden. Aber während des Schreibens ging es darum, Jugendliche, die mit einem Verbrechen konfrontiert werden, möglichst glaubwürdig agieren zu lassen, und dazu gehört auch der Alltag wie der Fußball bei einer Figur und die Musik bei einer anderen, es gibt eine Liebesgeschichte, Schule, Eltern, usw. Es ist ja nichts Weltbewegendes oder Neues, dass sich in einzelnen Büchern oft mehrere Themen und Genres wiederfinden lassen, und ich bin der Meinung, dass man in vielen Fällen – es gibt sicher die berühmten Ausnahmen – sich selbst zu sehr beschränkt, wenn man beim Schreiben allzu sehr darauf achtet, in welchem Genre man schreibt. Ich will eine Geschichte nicht zusammenstutzen, weil irgendwas nicht ins Genre passt. Ich will da kürzen, wo etwas nicht der Geschichte dient. Die konkrete Geschichte ist wichtiger als das Genre.

Einfach mal von mir weg zu einem bekannteren Beispiel: Ich habe neulich mit geschätzten Kollegen über „Harry Potter“ diskutiert, über die Einordnung der Romane in die Fantasy. Gehört es wirklich in diese Schublade? Ausschließlich? Man könnte es ebenso gut als Internatsroman bezeichnen, es hat mindestens so viele Elemente von „Burg Schreckenstein“ wie von „Der Herr der Ringe“, der ja als der Fantasyroman schlechthin gilt.

_Alisha Bionda:_
Deinen Anfang nahmst du mit dem Verfassen von Kurzgeschichten. Es gibt ja etliche Autoren, die sich der Kurzgeschichte eher verschließen, was reizt dich daran?

_Boris Koch:_
Wahrscheinlich, dass man in einer Kurzgeschichte eine Idee, einen Gedanken oder ein Ereignis auf den Punkt bringt. Kurzgeschichten eignen sich zudem wunderbar für Lesungen, weil man dem Publikum da – anders als beim Roman – eine komplette Geschichte präsentieren kann. Es gibt einfach Ideen, die sich nur für die kurze Form eignen. Eine groteske Kurzgeschichte wie „Der adressierte Junge“ funktioniert auf 300 Seiten nicht. Ich kann mit einer solchen Idee dann also eine Kurzgeschichte schreiben oder sie in die Tonne treten.

_Alisha Bionda:_
Hast du eine Kurzgeschichte, die du selbst als deine beste bezeichnen würdest?

_Boris Koch:_
Nein, es gibt nicht die eine Geschichte, die ich über alle anderen stellen würde.

_Alisha Bionda:_
Hast du ein Vorbild? Literarisch oder auch sonst …

_Boris Koch:_
Auch hier ein Nein. Es gibt einige Autoren oder auch Musiker, Maler, Zeichner und andere Künstler, deren Arbeit ich schätze und die mich sicherlich beeinflusst haben, aber ein Vorbild, dem ich nacheifere, gibt es nicht.

_Alisha Bionda:_
Du schreibst ja sowohl allein als auch mit Co-Autoren (z. B. Christian von Aster und Markolf Hoffmann). Was reizt dich mehr? Oder gibt es da keine Gewichtung?

_Boris Koch:_
Wichtig ist mir, beides zu machen. Natürlich kann ich, wenn ich allein schreibe, meine Ideen eigenständiger umsetzen und muss weniger Kompromisse eingehen. Und so möchte ich den Großteil meiner Romanprojekte und Kurzgeschichten umsetzen, aber ich will daneben immer wieder verschiedene Projekte mit anderen zusammen auf die Beine stellen. Sei das mit Zeichnern, Musikern oder anderen Autoren. Es gibt ja Geschichten, die werden in der Zusammenarbeit einfach runder, und die Zusammenarbeiten mit Christian von Aster, Jörg Kleudgen und Kathleen Weise liefen alle unterschiedlich, aber alle sehr schön.

Mit Markolf Hoffmann habe ich übrigens noch keinen größeren Text zusammen geschrieben, lediglich eine kurze Albernheit mit ihm und Christian zusammen fürs |StirnhirnhinterZimmer|. Ansonsten arbeiten wir ja parallel bei der Lesereihe. Aber auch das macht sehr viel Spaß und ist inspirierend.

_Alisha Bionda:_
Was gefällt dir an der Zusammenarbeit mit anderen Autoren?

_Boris Koch:_
Die Kommunikation, das Debattieren um Inhalte, und zu beobachten, wie der andere arbeitet. Zu sehen, was der andere aus einen bestimmten Konstellation macht, wie er eine bestimmte Situation löst, usw. Da kann ich für mein eigenes Schreiben lernen. Und ganz wichtig ist das Gefühl, wenn man fertig ist, dieses „Geschafft“ mit jemandem zu teilen, ist toll. Wie Mannschaftssport (lacht).

_Alisha Bionda:_
Liest du regelmäßig? Wenn ja, was oder wen bevorzugt?

_Boris Koch:_
Ja, und zwar ziemlich querbeet von Comics über diverse Genres bis hin zur allgemeinen Belletristik wie auch das ein oder andere Sachbuch. Aktuell begeistert hat mich Andreas Steinhöfels „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ und ich möchte demnächst endlich Vonneguts „Schlachthof 5“, Ronald Rengs „Der Traumhüter“ und Douglas Adams „Die letzten ihrer Art“ lesen. Allgemein reizt es mich aber gerade, neue, mir unbekannte Autoren auszuprobieren.

_Alisha Bionda:_
Gibt es Menschen, die dich bei deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In deinen Anfängen und jetzt?

_Boris Koch:_
Ja, zahlreiche. Und wahrscheinlich noch mehr, als mir bewusst ist. Ich kriege das ja nicht automatisch mit, wenn mich jemand irgendwo für eine Lesung empfiehlt oder so.

_Alisha Bionda:_

In den letzten beiden Monaten sind mit „Die Anderen“ (|Heyne|), „Feuer im Blut“ (|Beltz & Gelberg|) und „StirnhinhinterZimmer“ (|Medusenblut/Midras|) drei völlig unterschiedliche Titel von dir erschienen. Ist in einen der Titel „besonderes Herzblut“ geflossen?

_Boris Koch:_
Die drei lassen sich nicht vergleichen, ich kann nicht sagen, dass in ein Buch mehr Herzblut als in die anderen geflossen ist.

_Alisha Bionda:_
Wie kam es zu deiner Zusammearbeit mit |Heyne|?

_Boris Koch:_
Ich habe Sascha Mamczak von |Heyne| im September 2006 auf dem |Elstercon| kennen gelernt, auf dem ich unter anderem die Einführung zur Veranstaltung gemacht habe, wo ich die Ehrengäste augenzwinkernd vorstellte. Im Oktober auf der Buchmesse hat er mir dann eröffnet, dass |Heyne| gerne eine Parodie auf die Völkerromane veröffentlichen würde, ob ich Lust hätte, eine solche zu schreiben. Ich hatte. Und habe mir dann ein Exposé überlegt und den Prolog geschrieben, und das hat ihnen so weit zugesagt, dass es tatsächlich zu „Die Anderen“ kam.

_Alisha Bionda:_
Erzähle den Lesern doch im Groben was sie bei den oben genannten drei Titeln zu erwarten haben.

_Boris Koch:_
Okay. Beginnen wir gleich mit „Die Anderen“, das – wie gerade erwähnt – eine Parodie auf „Die Orks“, „Die Elfen“, „Die Zwerge“ und „Die Trolle“ ist, und auf alles mögliche andere, was sich beim Schreiben so ergeben hat. Kein Buch der leisen Töne …

„Feuer im Blut“ ist ein Jugendkrimi mit der Altersempfehlung „ab 12“, aber ich weiß auch von Erwachsenen, die ihn gelesen haben. Es geht um drei Jungs, die gemeinsam eine illegale Schülerzeitung herausgeben, weil ihnen die Zensur des Direktors auf den Keks geht. Als ein Brandanschlag auf die Turnhalle ihrer Schule verübt wird, ermitteln sie selbst. Es geht um den Kriminalfall, aber auch um falsche Verdächtigungen, ums Verliebtsein, um Musik und um Fußball.

[„Das StirnhirnhinterZimmer“ 4957 enthält 18 Erzählungen aus der Lesereihe, je sechs von Markolf Hoffmann, Christian von Aster und mir. Dabei geht es überwiegend grotesk zu, aber auch ernste Texte sind enthalten. Phantastik im weitesten Sinn, von einer mittelalterlichen Reliquien-Groteske über ein düsteres Märchen zu Pinguinen, die die Weltherrschaft beanspruchen. Eine pseudowissenschaftliche Abhandlung ist ebenso enthalten wie untote Prominente aus Berlin.

_Alisha Bionda:_
Willst du den Lesern zum Abschluss dieses Interviewteiles einen ersten Einblick in deine künftigen Projekte gewähren?

_Boris Koch:_
Gern. Als Nächstes erscheint im Oktober der Jugendkrimi „300 kByte Angst“, der wie „Feuer im Blut“ in der Reihe [Schwarzlichter]http://www.schwarzlichter.com bei |Beltz & Gelberg| erscheint und dieselben Hauptfiguren hat wie der erste Krimi. Diesmal beginnt alles mit einem eher weniger lustigen Handyfilm.

Im Dezember erscheint dann bei |Heyne| ein All-Age-Fantasyroman mit dem Titel „Der Drachenflüsterer“, in dem es – große Überraschung – um Drachen geht.

Weitere Projekte sind angedacht, aber noch nicht spruchreif, wie es immer so schön heißt.

_Alisha Bionda:_
Vielen Dank für das Beantworten der Fragen des ersten Teiles des Interviews. In Teil zwei möchte ich gerne mit dir über „Medusenblut“ und deine Aktivitäten als Verleger besprechen.

_Boris Koch:_
Ich danke dir für dein Interesse.

http://www.boriskoch.de
http://www.medusenblut.de
http://www.stirnhirnhinterzimmer.de

|Ergänzend dazu:|

[Lesungsbericht: StirnhirnhinterZimmer oder: Ein ganz besonderer Abend in Berlin]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=57
[Interview mit Chr. von Aster, B. Koch, M. Hoffman: Das StirnhirnhinterZimmer]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=73
[Rezension zu „Der Schattenlehrling“ 3296
[Rezension zu „Der adressierte Junge“ 3249
[Rezension zu „Dionysos tanzt“ 1926

|© Foto: Anna Kuschnarowa|

Ketchum, Jack – Amokjagd

Weil sie jahrelang von ihrem Mann gequält und missbraucht wurde, plant Carole Gardner zusammen mit ihrem Freund Lee Edwards den perfekten Mord. Es läuft auch alles mehr oder weniger wie geplant. Nur ahnt keiner der beiden Täter, dass sie einen Zeugen haben.

Wayne Lock ist seit Jahren auf der Suche nach der richtigen Gelegenheit, um endlich einen Mord zu begehen. Jetzt hat er den Nervenkitzel mit eigenen Augen miterlebt und sieht in Carole und Lee Seelenverwandte, mit denen er zusammen auf Jagd gehen kann. Doch für Carole und Lee war dieser Mord eine Notlösung und eigentlich sinnt das Pärchen auf ein wenig Frieden und ein glückliches Leben. Was die beiden allerdings in den nächsten Tagen erwartet, ist der absolute Psychoterror …

_Meine Meinung:_

Jack Ketchums Name ist mittlerweile ein Garant für den realistischen, unverfälschten Horror, bei dem selbst das Ende immer erschreckend authentisch ist. So auch im vorliegenden Roman, bei dem selbst die Protagonisten Täter sind und niemand wirklich frei von Schuld ist. Ketchums Charaktere sind immer lebensecht und keine strahlenden Helden. Fast jeder trägt ein dunkles Geheimnis und ganz normale, menschliche Schwächen in sich, so auch diesmal Carole Gardner, Lee Edwards und der Polizist Rule. Wayne Lock hingegen ist der typisch amerikanische Psychopath, wie man ihn des Öfteren auch in den Büchern von Dean Koontz und Stephen King trifft; dabei offenbart sich dem Leser das beklemmende Profil eines teuflischen Mörders mit absolut soziopathischen Charakterzügen.

Die Verquickung des wahllos mordenden Amokläufers mit einem kühl und präzise planenden Serienkiller wirkt bei Ketchum äußerst bedrohlich und durchaus denkbar. Dabei frönt der Autor seinem unverwechselbaren Stil, bei brutalen Morden und Vergewaltigungen nicht abzublenden, sondern schonungslos weiterzuschreiben, bis ins Detail. Hier fragt man sich allerdings, ob eine solche Offenheit wirklich nötig ist und vor allem gewünscht wird. „Amokjagd“ liest sich nichtsdestotrotz sehr rasant und weist ein unglaubliches Tempo auf, das bis zum Schluss anhält. Leider wird der Lesefluss an einigen Stellen durch eklatante Druckfehler gestört, wenn beispielsweise ganze Wörter vertauscht werden, wie auf Seite 174: |“In einer weißen Glasschüssel befand sich noch etwa kleine Pfütze Wasser.“|

Auffallend ist die Themenvielfalt des Schriftstellers. „Amokjagd“ ist die dritte deutsche Übersetzung eines Buches von Jack Ketchum. Während sich „Beutezeit“, sein erster publizierter Roman, mit einer Horde Kannibalen beschäftig und [„Evil“ 2151 von der brutalen Folter eines Mädchens handelt, schlägt „Amokjagd“ wieder eine vollkommen andere Richtung ein. Gemein ist den Werken des Autors nur das hohe Maß an erschreckend authentischer Brutalität.

Wen das nicht stört und wer starke Nerven mitbringt, der bekommt einen unheimlichen und gut durchdachten Psychothriller serviert, denn man nicht so einfach verkraften wird. Wer hingegen einfach einen spannenden Unterhaltungsroman sucht, der sollte sich woanders umsehen, denn Ketchums Romane sind real und beklemmend zugleich.

Die Aufmachung des |Heyne|-Verlags ist dieses Mal nicht ganz so gut gelungen wie bei den ersten beiden Werken, die ebenfalls in der Reihe |Heyne Hardcore| erschienen sind. Allerdings stechen der blutrote Schriftzug und der schwarze Einband sofort ins Auge und zeigen dem Leser auch äußerlich, worauf er sich in den kommenden 288 Seiten einrichten kann. Im Gegensatz zu den Bänden [„Beutezeit“ 4272 und „Evil“ gibt es dieses Mal allerdings weder ein Vor- noch ein Nachwort.

_Fazit:_

Erschreckend beklemmendes Horrorszenario mit vielschichtigen Charakteren. Die schonungslose Brutalität ist nicht für jeden Leser geeignet, und wie alle Bücher von Ketchum eignet sich auch „Amokjagd“ nicht als reine Unterhaltungslektüre. Wer sich allerdings näher mit menschlichen Abgründen auseinandersetzen möchte, der wird bei Jack Ketchum anspruchsvoll bedient.

|Originaltitel: Joyride, 1995
Originalverlag: Overlook Connection
Aus dem Amerikanischen von Kristof Kurz
Taschenbuch, 288 Seiten|
http://www.jackketchum.net
http://www.heyne-hardcore.de

_Florian Hilleberg_

Schwartz, Susan (Zietsch, Uschi) / Vlcek, Ernst – SunQuest 1: Fathomless

_Inhalt:_

Shanija Rans Ankunft auf der bizarren Welt „Less“ und der Beginn ihrer Quest mit einer vagen, sehr vagen Hoffnung, ihre Mission doch noch erfüllen zu können, als sie von dem »Schlüssel« erfährt.

Wir schreiben das Jahr 3218 christlicher Zeitrechnung. Die Menschheit stößt auf ein Fremdvolk im Sternbild Schwan – die Quinternen, die die Erde samt Mond und somit die Menschheit zerstören wollen.

Colonel Shanija Ran, Kommandantin der Marine-Eliteeinheit „Wild Rams“, ist mit ihrem Raumjäger unterwegs zur Erde, um das zu verhindern. Denn die Existenz der Menschheit steht auf dem Spiel, der galaktische Krieg gegen die rätselhaften Quinternen scheint verloren – bis jetzt, denn Shanija Ran ist im Besitz von Plänen, die eine entscheidende Wende herbeiführen werden.

Verfolgt von den Quinternen, muss Shanija Ran ein waghalsiges Manöver riskieren – und wird durch eine Anomalie in einem fremden System ausgespuckt, dessen gewaltige Kräfte sich sofort auswirken und sie zur Landung auf einem erdähnlichen Mond zwingen, bei der ihr Schiff völlig zerstört wird. Shanija Ran findet sich in einem unmöglich erscheinenden System wieder – eine Welt mit drei Sonnen.

_“Escensio“_, Teil 1 des Auftaktbandes, bestreitet Uschi Zietsch unter dem Pseudonym Susan Schwartz, ihres Zeichens Autorin und Verlegerin.

Als Shanija auf „Less“ zu sich kommt, muss sie feststellen, dass ihr Jäger, nachdem sie ihn durch die Blaue Sonne steuern ließ, in seine Einzelteile zerlegt wurde und somit eine Rückkehr für Shanija unmöglich ist. Schnell stellt sie fest, dass auf Less keine Technik funktioniert und einiges nicht mehr so ist wie zuvor. So hat sich zum Beispiel „Pong“, ihr hochentwickeltes Computermodul, in einen humorig putzigen Schmuckdrachen entwickelt, der mal unter einem Drachentattoo auf ihrer Brust ruht, dann wieder aus Shanija herauskommt und rülpsend und keck mit seinen gelegentlichen Auftritten die Handlung bereichert und zu eigenständigem Leben erwacht.

Der erste Teil gewährt Einblicke in Shanijas Kindheit, ihre Familie: Vater Barn, Mutter Raje und Bruder Aaron; und der Leser erfährt, dass Shanija eine geborene Tovan ist, sie aber ihren Namen abgelegt hat.

Doch was widerfährt Shanija auf Less? Zuerst trifft sie auf einen wandernden Müllhaufen mit organischem „Innenleben”, wie Rattenwesen und Ameisen, um nur zwei „Gattungen” zu nennen. Er ist somit eine in sich geschlossene Ökologie. Shanija wird von zwei langen Tentakeln, die aus dem Müllhaufen – einer alles fressenden, alles vernichtenden Maschine – erwachsen, an diesen gerissen und gefesselt. Und trifft dort auf das erste menschliche Wesen, das ebenfalls in den Fesseln des wandelnden Schrottberges hängt: As’mala, blond, blauäugig, eine Diebin und Nachfahrin der Besatzung der „Sunquest“.

Den beiden Frauen gelingt es, sich zu befreien und die Flucht und Shanija erfährt, dass auf Less jedes Lebewesen die Gabe der Psimagie besitzt. Shanija fragt sich daraufhin, welche wohl in ihr schlummert und erwachen wird. Sie gelangen in die Stadt Baroma Castata, die wie eine burgähnliche Festung ist. Dort landen Shanija und As’mala in einem Verlies, wohl auch weil As’mala aus dem Baron Castata bei ihrem letzten Besuch der Stadt einen Baron CastRata gemacht hat. Der Baron ist eine zwielichtige Gestalt, die Handel mit Juwelen und Sklaven treibt. Aber auch hier können sich die beiden Frauen befreien – und begegnen sonderbaren Kapuzenwesen, die in Shanija eine starke psimagische Kraft sehen und sie „Die Trägerin der Sonnenkraft” nennen.

Ernst Vlcek bestritt mit _“Terra Incognita“_ den zweiten Part des Bandes

Ranija und As’mala landen nach ihrer Flucht aus dem Verlies der Stadt Castata durch Teleportation im „Niemandsland” und treffen auf den Rebellen Borschkoj, der sich als echter Macho gibt und Ranija sofort suspekt ist, auf den As’mala jedoch, die ohnehin eine stark sexuelle Ausrichtung hat, augenscheinlich anspricht. Gemeinsam machen sie sich auf in ein mystisches Monolithen-Reich, nach „Mandiranei”, ein Königreich und Stadtstaat inmitten eines Monolithen, der in einem See liegt, in welchem es vor Ungeheuern nur so wimmelt. In Mandiranei herrschen der altersschwache König Leeon und seine Gattin Randa, deren Tochter Seiya auf den Thron soll – vor dem eigentlichen Thronerben, ihrem Bruder Tainon.

Ab diesem Teil zwei erhält der Band eine eindeutig phantastische Note. Die drei begegnen auf ihrem Weg Drachenfliegern, Okkuren – auf zwei Beinen aufrecht gehende Eber-Söldner – und werden von Prinzessin Seiya schlussendlich wie Gäste aufgenommen. An ihrer Seite ist ständig Corelius, ein Gnom und Schattenspieler, präsent.

As’mala macht sich jedoch schon bald auf in die Stadt und auf die Suche nach Borschkoj, der sich von den beiden Frauen getrennt und zu den Rebellen, die Prinz Tainon um sich geschart hat, geschlagen hatte. Ihr wird das Mannweib Vosinna als Schutz an die Seite gestellt. Doch As’mala schüttelt diese durch eine List ab und begibt sich in die Unterwelt, in der sie von Yoscan, einem skelettartigen Echsenwesen, zu Borschkoj gebracht wird. Von ihm wird As’mala, die Borschkojs Reizen erliegt, dazu angehalten, eine bestimmte Pforte des Palastes zu öffnen, damit Tainon mit seinen Rebellen den Palast stürmen und die Krönungszeremonie seiner Schwester stören kann, der er nach dem Leben trachtet.

Wieder zurück im Palast, berichtet As’mala der Prinzessin von dem mörderischen Vorhaben ihres Bruders. Die will das jedoch zuerst nicht glauben – doch schließlich gelingt es Tainon tatsächlich, in den Palast einzudringen und seine Eltern und Schwester in die Gewalt zu bringen. Aber Rhanija, As’mala und Seiya gelingt die Flucht und sie kämpfen sich an Borschkojs und Vosinnas Seite durch das felsige Niemandsland, geraten dabei unter anderem in „Strudelfallen”, werden von Säure, die von der Felsdecke tropft, bedroht, erleben, wie eine mörderische Chamäleonzunge plötzlich aus einer scheinbar massiven Wand schießt, und es regnet sogar alle möglichen Skelette. Die drei Frauen stehen zum „guten” Schluss vor einem Abgrund, über den spröde und brüchige Rippenbögen führen. Und am anderen Ende des Abgrunds zeigt sich ihnen ein völlig überraschender Auslöser für all die Gefahren, die ihnen begegnet sind.

_Meine Meinung:_

Phantastischer und rasanter geht es nicht. Somit liegt mit Band eins ein optimaler Einstieg in die Serie vor, der durch ein Glossar im Anschluss an den Romantext erleichtert wird. Auch die Stile der beiden Autoren fügen sich gut ineinander, bedeuten keinen atmosphärischen Bruch, was den Lesefluss wunderbar stützt. „Fathomless“ endet mit einem Cliffhanger, der Appetit auf Band zwei macht. Man möchte einfach mehr über Rhanija und ihre beiden Begleiterinnen lesen, möchte mehr bekommen von der phantastischen Frauenpower, die sich durch den Band zieht.

Bliebe noch die Aufmachung des Romans zu erwähnen, die tadellos ist. Das Papier ist erstklassig, der Satz und das Lektorat sind korrekt und auch die Tatsache, dass es Innenillustrationen gibt, erfreut das Leserherz, wenngleich mir persönlich der Stil, der eher an einen Cartoon erinnert, nicht sonderlich gefällt und nicht so recht zu dem Duktus der Texte zu passen scheint. Doch das bleibt dem Geschmack eines jeden Lesers überlassen und trübt keineswegs den Gesamteindruck des Bandes. Dafür gefällt mir die Idee, dass sowohl die Buchrücken der ersten sechs Bände als auch die Cover – legt man sie nebeneinander – ein Gesamtmotiv ergeben. Auch das Format erfreut. Es ist zwar nicht völlig gängiges Taschenbuchformat, sondern etwas höher, aber – den Höllen sei es getrommelt und gepfiffen – nicht das großformatige Kleinverlagsformat. Dadurch überzeugt auch die Aufmachung der Serie voll und ganz!

_Fazit:_ „Fathomless“ ist ein flott erzählter und optisch sehr ansprechender Auftaktroman zweier Routiniers, der Lust auf mehr diese Serie macht! Sehr empfehlenswert!

|ISBN-13: 9783927071179|
http://www.fabylon-verlag.de
http://www.sunquest-serie.de

Bruen, Ken / Starr, Jason – Flop

Sex & Crime: Achterbahn ohne Handbremse

Wenn du einen Killer für deine Frau engagierst, nimm keinen Psychopathen. Das ist nur eine der bitteren Lektionen für den skrupellosen New Yorker Geschäftsmann Max Fisher. Seine Ehefrau Deirdre ist der Affäre mit der aufregenden Angela im Weg, ein Auftragskiller muss her. Angela empfiehlt ihren „Cousin“. Als sich der Killer „Popeye“ nennt, hätte Max eigentlich klar sein sollen, dass etwas nicht stimmt. Zwei Leichen später weiß Max nicht mehr, wem er noch trauen kann, denn alles gerät außer Kontrolle. Dabei hat Max doch ein so schwaches Herz.

Die Autoren

„(Der Ire) Ken Bruen ist berühmt für seine ‚hardboiled‘-Kriminalromane, für die er bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. Jason Starr schreibt Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke und wurde mit Krimis bekannt. Starr lebt in New York City.“ (Verlagsinfo) Ken Bruen schrieb die Vorlagen für die „Jack-Taylor“-TV-Krimis.

Sprecher & Produktion

Reiner Schöne lebte lange in Hollywood und drehte dort mit Filmgrößen wie Clint Eastwood und Lee van Cleef. Der Schauspieler, Synchronsprecher und Sänger mit der tiefen, markanten Stimme trägt die passende raue Note bei. (abgewandelte Verlagsinfo)

Regie führte Thomas Wolff, den Ton steuerte Oliver Hörth.

Handlung

Max Fisher sitzt in einer Pizzeria und wartet auf den Killer. Der lange Kerl, der schließlich eintritt, ist offensichtlich Ire und Max soll ihn „Popeye“ nennen. Was für ein Witzbold. Und unverschämt: Statt acht verlangt der Kerl jetzt zehn Riesen für den Job. In kleinen Scheinen, im Voraus, und natürlich gleich morgen. Max seufzt: Was tut man nicht alles, um seinen Alte um die Ecke zu bringen und mit der neuen Flamme ganz legal in die Kiste zu steigen.

Angela Petrarkos, Max‘ neue Flamme, ist mit sieben Jahren aus Irland nach New York City gekommen und hat sich schon bald an die Realitätsbedingungen für ein hübsches Mädel für sie angepasst. Nun arbeitet sie im Vorzimmer von Max Fisher und sieht stets scharf aus wie eine Rasierklinge. Doch Max ahnt nicht, dass der Cousin, den sie ihm für den Job empfohlen hat, ihr Lebenspartner Dylan ist, mit dem sie in Queens zusammenlebt. Ein Mädel muss in der großen Stadt schließlich sehen, wo es bleibt. Und mit Dylan scheint sie nicht das große Los gezogen zu haben. In dieser Hinsicht sieht Max schon wesentlich besser aus. Was sie nicht weiß: Dylan hat sie mit Herpes angesteckt.

Dylan macht den Job, allerdings auf seine Art und Weise. Während Max ein wasserdichtes Alibi in einem Klub hat und sich von Angela fernhält, legt Dylan Deirdre Fisher um, wie vorgesehen. Was Max an diesem Abend bei seiner Heimkehr vorfindet und am nächsten Tag in der Zeitung liest, geht aber wesentlich über das Vereinbarte hinaus: Dylan hat auch Max‘ Nichte Stacy Goldenberg umgelegt, eine junge College-Studentin. Er hat Schmuck mitgehen lassen. Und zu guter Letzt hat er einen Scheißhaufen mitten ins Treppenhaus gesetzt. Max‘ Puls geht gegen 200, am liebsten würde er Dylan umlegen. Wenn er bloß nicht so ein schwaches Herz hätte.

Verdacht

Lt. Kenneth Simmons von der New Yorker Polizei kommt Max Fisher sofort wie ein Heuchler vor. Er trauert kaum um seine ermordete Frau Deirdre und die seltsame Sache mit der Alarmanlage in seinem Haus kann der Typ auch nicht zufriedenstellend erklären. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Auftragsmord, doch das muss Simmons erst einmal nachweisen. Hat Fisher eine Geliebte, die er trifft? Er lässt ihn auf jeden Fall mal beschatten.

Nach fast einer Woche sexuellen Entzugs hält es Max nicht mehr ohne Angela aus. Sie verabreden sich: inkognito, in Verkleidung, das volle Programm. Im Hotel entdeckt der Kellner Victor Giametti die vollbusige Schönheit, die hier regelmäßig ihren Macker trifft. Er meldet ihr Auftauchen sofort an seinen alten Kumpel Bobby Roser, der eine Schwäche für gut gebaute Mädels hat und sie im Central Park abknipst, wo niemand einen harmlosen alten Rollstuhlfahrer des Voyeurismus verdächtigt.

Erpressung

Max und Angela sind gerade in Fahrt gekommen, als die Tür ihres Hotelzimmers aufgeht und ein Etagenkellner im Rollstuhl hereinfährt. Er entschuldigt sich sofort und verschwindet wieder. Dass er ein paar Fotos macht, merkt der etwas abgelenkte Max gar nicht. Erst als ihm am nächsten Tag ein Erpresserbrief auf den Schreibtisch flattert, kapiert er, was die Vorstellung sollte. Und der Erpresser begnügt sich nicht mit Kleingeld. Bobby Rosen hat einen Blick in die Zeitung geworfen und Max‘ Gesicht entdeckt, zwei und zwei zusammengezählt und ist auf eine gigantische Summe gekommen: eine Viertelmillion Dollar – für die Unterdrückung ein paar kompromittierender Fotos von Mr. Fisher.

Max zittert nervös. Er könnte klarer denken, wenn nur sein Penis nicht so jucken würde. Seinen Verdacht, dass Angela ihn angesteckt hat, weist sie entrüstet zurück. Allmählich kommt ihm eine gute Idee: Er hätte wieder mal Verwendung für Angelas „Cousin“. Aber Angela fragt sich, was für eine Art von Mann so stark sein kann, den mächtigen Max Fisher in eine solche Notlage zu bringen. Und ein Mädel muss schließlich sehen, wo es bleibt. Sie beschließt, diesem Bobby Rosen einen Besuch abzustatten.

Mein Eindruck

Dies ist Pulp Fiction in unverfälschter und unverminderter Form, weit unter dem Niveau von „Der Pate“, nämlich mitten aus dem garstigen Leben. Männlein und Weiblein treiben das, was sie schon seit Adam und Eva getan haben, und wenn ihnen was dabei in die Quere kommt, holen sie die Keule raus. In diesem Fall hört die Keule auf den Namen Dylan und ist ein psychopathischer Möchtegern-Terrorist, der mit der IRA sympathisiert. Mit so einem Kerl ist nicht gut Kirschen essen, und das merkt auch sein Auftraggeber Max Fisher ziemlich schnell.

Der Bürger als Held

Max Fisher ist ein bürgerlicher Heuchler, der zwar seine Alte um die Ecke bringen lässt, dann aber Gewissensbisse bekommt, wenn zufällig auch seine Nichte draufgeht. Wo gehobelt wird, fallen eben Späne, besonders dann, wenn so grob gehobelt wird wie von Dylan, dem Super-Iren. Im Geschäft mit der Netzwerkinstallation gibt Max den tüchtigen Geschäftsmann, wie ihn sich jeder Unternehmenspräsident zum Schwiegersohn wünscht, doch im Privatleben ist Max ein ganz anderer: ein geiler Bock, der mit der neuen Sekretärin Angela eine schnelle Nummer schieben will. Freudsches Über-Ich und Es, zwischen Anstands-Fassade und Libido liegen stets miteinander im Clinch, und in seiner bürgerlichen Existenz ist Max stets zwischen den beiden zerrissen. Die normale bürgerliche Heuchelei funktioniert ganz gut, sogar noch nach dem Tod seiner Alten.

Nemesis

Jedenfalls bis Bobby Rosen die Karten bzw. Fotos auf den Tisch legt und die Rechnung präsentiert. Während Max schon die ersten Kunden abspringen und die Familie um die Verflossenen trauert, tritt Max‘ Nemesis auf. Max‘ einzige Antwort darauf besteht nicht in Verhandlungen, sondern in einer zweiten Spirale der Gewalt: Er will Rosen umlegen lassen, natürlich wieder von Dylan. Wird es für Max Fisher ein Happy-End oder einen endlosen Teufelskreis geben? Das werde ich nicht verraten.

Humor

Dass der Teufel über eine Menge fiesen Humor verfügt, dürfte sich herumgesprochen haben. Diesmal tritt er zunächst in Form der Geschlechtskrankheit Herpes auf. Wie ein Dingsymbol in einer klassischen Novelle wandert der Herpesvirus von Dylan zu Angela und dann zu Max, als ob er die Spur der Sünde nachzeichnen wolle. Dass Max zwar einen Verdacht hat, aber nicht hartnäckig genug die Spur zur Quelle der Ansteckung verfolgt, soll sich als einer seiner vielen Fehler herausstellen. Wie so oft lügt er sich auch hier selbst in die Tasche. Und der Teufel, der ihn an seinem „besten Freund“ piesackt, lacht sich ins Fäustchen.

Die Amazone

Angela ist eine interessante Figur. Statt nur eine Nebenrolle zu spielen, wie das in vielen Krimis – auch in „Der Pate“ – der Fall ist, steigt sie zu einer mächtigen Akteurin auf, die das Schicksal in ihre eigenen Hände nimmt. Sie erinnert mich an Lauren Bacall in Film-noir-Filmen wie „The Big Sleep“. Würde die amerikanische Zensur eine solche Figur in einem Fantasyroman zulassen (was ich stark bezweifle), dann wäre sie eine Kombination aus Zauberin, Kurtisane und Amazone.

Diese kräftige Mischung verfolgt ihre eigenen Pläne, wie sich leicht denken lässt. Ob Max Fisher und Dylan gegen sie bestehen können, ist eine spannende Frage. Und ob Bobby Rosen ihr Feind wird oder ihr Verbündeter, entscheidet über das Schicksal von Max und Dylan. Angela ist leicht auszurechnen: Sie ist sich selbst die nächste und sucht bei jedem Mann, den sie ausnutzt, ihren eigenen Vorteil, und sei er noch so gefährlich.

Klischees

Eine etwas klischeehafte Figur gibt die Polizei ab, vertreten durch den ehrgeizigen Lt. Kenneth Simmons. Er ist so ehrgeizig, dass er zwar den richtigen Riecher hinsichtlich des bürgerlichen Max‘ hat, aber bei seiner Verfolgung Angelas auf den unberechenbaren Dylan stößt, Dann ist ist er nicht nur mit seinem Latein am Ende. Welches Ende Dylan finden wird, ist eigentlich schon früh absehbar. Er ist zwar skrupellos, aber leider auch dumm wie Bohnenstroh. Warum sonst sollte er seinem Klienten einen Haufen ins Haus kacken? Figuren wie er erleben selten das Ende des Stücks.

Auch wenn es nicht um Rauschgift geht, so ergibt sich ein Bild der menschlichen Gesellschaft, die von niederen Instinkten beherrscht wird: Pulp Fiction pur. Man wähnt sich in den finsteren dreißiger und vierziger Jahren, die im Film noir eingefangen wurden, und doch ist der Schauplatz der Handlung völlig in der Gegenwart verankert. Denn die niederen Instinkte bleiben ja stets die gleichen – und sorgen so für gehörige Spannung.

Der Sprecher

Reiner Schöne war schon vor 30 Jahren in den Hörspielen des Bayerischen Rundfunks zu hören, so etwa in der Titelrolle als [Paul Cox. 4972 Seine Stimme ist „männlich herb“, tief und etwas rau, also genau richtig für ein kriminelles Milieu, in dem die Sitten ebenso rau sind. Er kann heiser auflachen, aufgebracht aufschreien, und zwar sowohl in einer männlichen wie einer weiblichen Rolle. Einmal muss er stottern und flüstern, und Angela muss natürlich verführerisch klingen. Null problemo.

Für die Charakterisierung der Figuren steht ihm allerdings nur ein begrenztes Instrumentarium zur Verfügung. An Rufus Beck reicht er also nicht heran. Die Charakterisierung erfolgt eher durch Situationen und Emotionen, die eine entsprechende Ausdrucksweise, wie oben aufgelistet, erfordern. Als Ergebnis ist mir nie ganz klar geworden, ob Angela, immerhin eine Hauptfigur, nun eine eher durchtriebene und hinterlistige oder eher eine ängstliche bzw. mutige Person ist. Mit Sicherheit ist sie keine göttliche Übermutter, sondern einfach ein Mädel in der großen Stadt, das stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist.

An einer Stelle wurde das Hörbuch etwas zu stark gekürzt. Bevor Angela Bobby Rosen besucht, muss sie seine Adresse erfahren. Entweder habe ich gepennt, oder die Art und Weise, wie sie an diese Adresse gelangt, wird wirklich nicht erwähnt. Dann wäre das ein kleiner Logikfehler.

Unterm Strich

Entgegen seinem Titel ist diese Pulp-Fiction-Geschichte aus dem Universum, aus dem Hardboiled-Krimis kommen, überhaupt kein Flop, sondern hat mir tierisch Spaß gemacht. Zum einen liegt es daran, dass etliche Restriktionen der Mainstream-Romane nicht mehr gelten, besonders was die Darstellung von sexuellen Beziehungen und „bad language“ betrifft.

Zum anderen ziehen die Autoren alle Register, um die Handlung sowohl mit allen möglichen Kicks zu versehen (Showdown, Verführung, Tricks) als auch sie möglichst unvorhersehbar verlaufen zu lassen. Das gelingt ihnen vollauf, und so blieb ich bis zuletzt bei der Stange, um zu erfahren, ob Max Fisher doch noch die gerechte Strafe ereilt und was wohl aus der scharfen Angela wird. Der Originaltitel „Bust“ ist vieldeutig, aber eine der Bedeutung lässt sich auf jeden Fall mit Angelas Oberweite in Verbindung bringen.

Das Hörbuch

Reiner Schöne ist fast schon die Idealbesetzung als Erzähler dieser Hardboiled-Krimis, die |Argon| jetzt bringt. Es mag ihm zwar etwas an Flexibilität hinsichtlich seiner Stimme fehlen, aber dafür ist seine Ausdrucksfähigkeit hinsichtlich bestimmter Szenen und Emotionen sehr vielseitig. Er könnte die Figuren aber noch etwas besser charakterisieren.

Diese neue Reihe des |Argon|-Verlags ist für unvoreingenommene Leser von Krimis, die auf Bildungsanspruch pfeifen, ein gefundenes Fressen, und ich werde sicher noch weitere Titel der Reihe vorstellen.

Originaltitel: Bust, 2005
Aus dem US-Englischen übersetzt von Richard Betzenbichler
275 Minuten auf 4 CDs
ISBN-13: 9783866104556

http://www.argon-verlag.de

Hamilton, Donald – Wenn alle Stricke reißen

_Das geschieht:_

Student David Young sieht sich vier Jahre nach Ablauf seines Wehrdienstes wieder einberufen. Der junge Leutnant der US-Marine muss per Anhalter zu seinem Stützpunkt reisen, nachdem er sein Reisegeld für ein alkoholgetränktes Abschiedswochenende zweckentfremdete. Unter den Nachwirkungen leidet er noch, sodass es leicht ist, ihn in eine Falle zu locken: Der Schiffskonstrukteur Lawrence Wilson ist beruflich und privat in der Krise, seit er als potenzieller ‚Kommunist‘ auf der schwarzen Liste steht. Sein Fahrgast kommt ihm gerade recht; spontan beschließt Wilson, in Youngs Haut zu schlüpfen. Er schlägt den Offizier nieder, zieht im seine Kleider an und türkt einen Unfall, bei dem sein Wagen – und Young – in Flammen aufgeht.

Aber Young kann sich retten. Mit Brandverletzungen wird er ins Krankenhaus gebracht. Als er erwacht, muss er verwirrt feststellen, dass ihn alle Welt für Lawrence Wilson hält – seine ‚Gattin‘ Elizabeth eingeschlossen, die ihn sogleich ins gemeinsame Strandhaus in Bayport transportieren lässt. Dort gesteht sie Young, in Notwehr ihren Mann erschossen zu haben, als dieser sie zwingen wollte, den Betrug zu unterstützen, und bittet den Verletzten um Hilfe, da sie nicht ins Gefängnis wandern will.

Young erklärt sich wider Erwarten bereit, die Täuschung aufrechtzuerhalten. Er hat seine Gründe, und außerdem wird er neugierig, als er Wilsons Papiere durchstöbert und dabei auf eine mysteriöse Liste mit Schiffsnamen stößt. War Wilson tatsächlich ein Spion? Das will Young feststellen, so lange ihn sein Gesichtsverband noch schützt, und Bonita Decker aushorchen, die offenbar nicht nur Wilsons Geliebte, sondern auch seine Komplizin war. Dieses Doppelspiel ist freilich gefährlich, denn Elizabeth gedenkt nicht, ihren ‚Ehemann‘ ziehen zu lassen. Dass es noch weitere Beteiligte gibt, die nicht lange fackeln, erkennt Young, als in der Nacht auf ihn geschossen wird …

_Kleiner Krimi mit großen Rätseln_

Ein Krimi-Kammerspiel, das in einem einsamen Strandhaus spielt. Es gibt nur wenige Mitspieler, und mindestens ein Verbrechen ist begangen worden. Dennoch ist „Wenn alle Stricke reißen“ (für den blöden deutschen Titel kann der Autor nichts) kein „Whodunit?“, denn nicht nur der Täter, sondern überhaupt bleibt unklar, was eigentlich vorgeht. Es gibt nur Andeutungen, die sich immer wieder als nicht zutreffend oder relevant erweisen. Gemeinsam mit dem Helden irren wir durch das Geschehen – einem ‚Helden‘ allerdings, der selbst recht suspekt wirkt.

Warum macht er das? Gemeint ist David Young, der den Leser verblüfft, als er die seltsame Scharade, in die er sich verwickelt sieht, erst einmal mitspielt, statt sich sofort als Unfall- und Fast-Mordopfer zu offenbaren. Verfasser Hamilton lässt uns einige Zeit im Ungewissen, doch als Young dann spricht, zeigt sich umgehend, dass er sehr gut in den Kreis seiner ‚Kidnapper‘ passt: Der Seemann hat kein Bedürfnis, auf ein Schiff zurückzukehren. Seit er im Krieg einen Untergang knapp überlebte, leidet er unter einer Psychose und befürchtet zu versagen, sollte er seinen Dienst wieder antreten müssen.

Als er sich besinnt und sich seiner Verantwortung stellen möchte, ist es zu spät: Für alle Welt ist er Larry Wilson, und damit das so bleibt, wird dem nunmehr in seiner Rolle gefangenen Young mit dem Tod gedroht; schließlich ist er offiziell gestorben, und es wäre hilfreich, ihn noch einmal und dieses Mal endgültig von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Das Spiel mit der Identität ist riskant, denn man kann in eine Person schlüpfen, die man erst recht nicht sein möchte – und ein Zurück ist manchmal nicht möglich!

_Frauen sind undurchsichtige Geschöpfe_

Zwar schwört Elizabeth Stein & Bein, genau dies nicht zu planen, doch Young bleibt verständlicherweise misstrauisch. Das Verhalten seiner ‚Gattin‘ ist in der Tat merkwürdig: Sie wirft sich ihm in die Arme und lügt doch wie gedruckt. Als Young sie zur Rede stellt, zeigt sie deutliche Anzeichen einer psychischen Störung.

Young ist in Bayport ein Außenseiter. Das ermöglicht ihm den klaren Blick hinter die Kulissen. Larry Wilson gehört zum alten Maryland-‚Adel‘, ist per Geburt wohlhabend und doch ein Gefangener seiner Herkunft. Mit seiner Frau bewohnt er ein Haus, das kein Heim, sondern Museum ist. Jedes Möbelstück ist Zeuge der Familiengeschichte und ist als solches zu behandeln. Elizabeth hatte nie eine Chance, dem Haus ihren Stempel aufzudrücken. Nur die Küche ‚gehört‘ ihr, und deshalb hält sie sich am liebsten hier auf.

Bonita Decker ist die zweite weibliche Schönheit, der mit Vorsicht zu begegnen ist. Sie weiß offensichtlich mehr über Wilsons Treiben, und sie lässt sich auch nicht durch Young täuschen. Auf welcher Seite sie steht, bleibt eine offene Frage. Andererseits ist Young ohnehin im Nachteil, weil er keine Ahnung hat, was es bedeutet, sich auf eine Seite zu schlagen …

_Das hässliche Gesicht einer Demokratie_

Die erste Hälfte der 1950er Jahre standen in den USA politisch im Zeichen eines rigiden, hysterischen und hässlichen Antikommunismus‘, dem der korrupte Senator Joseph McCarthy das passende Gesicht verlieh. „Wenn alle Stricke reißen“ spielt in dieser Zeit und wird von ihr geprägt, was dem heutigen Leser wahrscheinlich nicht auffällt, auch wenn er sich manchmal über das wundert, was er liest.

So kann man sich (glücklicherweise) kaum mehr vorstellen, dass bereits der Verdacht, mit ‚unerwünschten‘ Ansichten zu liebäugeln und entsprechenden Institutionen nahe zu stehen, einen Menschen beruflich und privat zerstören konnte. Gnadenlos wurde auf mutmaßliche Mitglieder der „Fünften Kolonne“ Jagd gemacht; sie wurden bespitzelt, auf schwarze Listen gesetzt, vor Ausschüsse und Gerichte gezerrt, ihre staatsbürgerlichen Rechte mit Füßen getreten. Unter diesem Aspekt wirkt Lawrence Wilsons Verhalten plötzlich verständlich; ihm kann die Aufmerksamkeit, die er, der ‚Kommunist‘, erregt hat, nur schaden bei dem, was er tatsächlich vorhat.

Auf der anderen Seite steht David Young, der plötzlich den Patrioten in sich entdeckt und eine Anklage als Deserteur oder den Tod riskiert, um das Geheimnis zu lüften, hinter dem sich womöglich eine sowjetische Schliche verbirgt. Er muss sich entscheiden und tut es – ein scharfer Schnitt, der ihn vom Fahnenflüchtling zum patriotischen Bürger aufwertet, was in dieser naiven Radikalität heute kaum mehr funktionieren würde. Aber letztlich erweist sich das Motiv des Landesverrats als „MacGuffin“, d. h. als für die eigentliche Handlung im Grunde nebensächliches oder unwichtiges Element. Im Vordergrund steht stattdessen der klassische Kampf zwischen Gut & Böse, den Autor Hamilton mit erfreulichem Hang zum Verwischen der Grenze in Szene zu setzen weiß. Wer welche Rolle übernimmt, ist entweder unklar oder wechselt unvermittelt: So bleibt das an sich kammerspielähnliche Geschehen bis zum Schluss spannend.

_Autor_

Donald Bengtsson Hamilton wurde am 24. März 1916 im schwedischen Uppsala geboren. Als Achtjähriger emigrierte er 1924 mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten. Ab 1942 leistete Hamilton Kriegsdienst in der Navy. Er brachte es bis zum Offizier, kam aber nicht zum aktiven Einsatz, sondern blieb in Annapolis stationiert, wo er in Marineakademie der Vereinigten Staaten tätig war. Zwei erste Romane entstanden in dieser Zeit, die allerdings unveröffentlicht blieben. Hamilton hielt die Erinnerung an seine Militärzeit wach; immer wieder wurden ehemalige oder noch aktive Marine-Offiziere seine Helden, die in lebensbedrohliche, meist durch Mord eingeleitete Krisen gerieten, in denen sie auf ihre militärischen Erfahrungen zurückgreifen konnten.

Hamilton schrieb Kriminalgeschichten. 1946 gelang ihm ein erster Verkauf an „Collier’s Magazine“. In den nächsten Jahren verkaufte er zahlreiche Storys an ähnliche Publikationen. Hamiltons Romandebüt „Date with Darkness“ von 1947 war ebenfalls ein Krimi – ein klassischer, d. h. düsterer „Noir“-Thriller mit Figuren, die sämtlich gefährliche Geheimnisse hüteten. Moralische Ambivalenz, aber ein persönlicher Ehrenkodex zeichneten zukünftig den typischen Hamilton-‚Helden‘ aus.

1960 suchte der Verlag Fawcett für seine „Gold Medal“-Reihe einen neuen Serienhelden im Stil des zu diesem Zeitpunkt in den USA allerdings noch fast unbekannten James Bond. In „Death of a Citizen“ beginnt Matt Helm seine literarische Karriere. Zwischen 1960 und 1993 veröffentlichte Hamilton 27 Romane der Reihe. Ihr Erfolg war phänomenal; die Auflagenhöhe durchbrach bereits Anfang der 1980er Jahre die 20-Millionen-Grenze.

Nachdem Hamilton die meiste Zeit seines Lebens in Santa Fé, New Mexico, verbracht hatte, kehrte er nach dem Tod seiner Ehefrau in den 1990er Jahren in seine schwedische Heimat zurück, wo er sich in Visby auf der Ostseeinsel Gotland niederließ. Dort ist er am 20. November 2006 im Alter von 90 Jahren gestorben.

diverse Autoren – Simpsons Super-Spektakel 2

[Simpsons Super-Spektakel 1 4117

_Inhalt_

|“Die Liga der außergewöhnlichen Barts“|

Bartman, Törtchenboy und Stretch-Dude werden von Sideshow-Bob in eine Paralleldimension transferiert, um dort den bösen Schurken Bart zu bekämpfen und das gemeine Volk aus seiner Tyrannei zu befreien. Blöd nur, dass alle Figuren den gleichen Ursprung haben …

|“Bongos“|

Sheldon Phillips ist von Beruf Fotograf und immer auf der Suche nach dem perfekten Bild. Doch jede noch so perfekte Gelegenheit wird von einem Superhelden-Zwischenfall zunichte gemacht – und bringt den genervten Phillips auf die Idee, Comic-Karikaturen der Superhelden zu erschaffen.

|“Das Erscheinen von Gastritus“|

Gastritus befehligt seinen Herolden, ihm neues Planetenfutter zu beschaffen, um seinen großen Hunger zu stillen. Doch Silvery Skateboarder, Hairwalker und Mova vermögen nicht, ihn zufriedenzustellen.

|“Das Verbrechen der verrückten Katzenlady“|

Die verrückte Katzenlady überfällt ausgerechnet zu dem Zeitpunkt eine Bank, als Lure Lass ihren Termin im Schönheitssalon wahrnimmt. Zwar ist ihre Kollegin Weasel Woman sofort zur Stelle, zieht jedoch gegen die Ganovin den kürzeren, weil sie unter einer Katzenhaar-Allergie leidet. Zeit für Lure Lass, das Blatt zu wenden.

|“Eine Liga für sich“|

Stretch-Dude, Clobber Girl und Bouncing Battle Baby sehen schweren Zeiten entgegen: Die Liga der weiblichen Wählerinnen bringt ein Verbot für das Bestehen von Superhelden durch und entlässt die drei Nachwuchshelden in die Arbeitslosigkeit. Als die Schurken jedoch das Ruder übernehmen und die Stadt ins Chaos stürzen, packt das Trio die Kostüme wieder aus.

_Persönlicher Eindruck_

Auch im zweiten „Simpsons Super-Spektakel“ hagelt es massenhaft Parodien auf die Comic-Superheldenriege, wobei dieses Mal ganz besonders der renommierte |Marvel|-Verlag sein Fett wegbekommt. Gleich zwei Geschichten beziehen sich ziemlich direkt auf dessen Historie bzw. wichtige Stammfiguren des Superhelden-Verlags, und dies natürlich mit dem ureigenen Charme von Groenings bester Autoren- und Zeichner-Abteilung.

Den Anfang macht dabei noch die unscheinbarste Story, in der die drei Superhelden-Inkarnationen von Bart gegen diesen in einer Paralleldimension kämpfen müssen. Zwar wird dies nicht ganz so effektreich in Szene gesetzt wie die offensichtlich parodierte „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“, doch da hier wirklich alle elementaren Figuren der TV-Serie in den Plot einbezogen werden, sei es auch nur als Sklaven oder Hilfsarbeiter, entwickelt die Story sofort einen ganz speziellen Reiz.

„Bongos“ wiederum bezieht sich auf den damals publizierten Selbstläufer „Marvels“, der mal einen Blick hinter die Kulissen des |Marvel|-Universums bot. Gleiches wird auch hier versucht, wobei die Hauptfiguren nicht Spider-Man und Co., sondern eher Radioactive Man und seine schurkischen Kontrahenten sind. Hier sticht vor allem das kunstfertige zeichnerische Gesamtbild hervor, welches sich ganz klar vom üblichen Simpsons-Stil unterscheidet und damit auch die eher langweilige Story auffängt. Ähnliches lässt sich im Übrigen auch für den Plot um den Galactus-Ableger Gastritus sagen, dessen witzigster Inhalt wohl in der humoristischen Bezeichnung der Helden besteht. Silvery Skateboarder statt Silver Surfer ermutigt schon zum Schmunzeln, Gastritus hingegen geht echt aufs Zwerchfell.

In den letzten beiden Strängen kommt dann auch ein wenig mehr Action ins Spiel, darüber hinaus aber auch gänzlich neue Figuren wie Lure Lass und Weasel Woman, denen zunächst keine vergleichbare Figur aus Springfield zugrunde liegt. Dies macht jedoch auch nichts, denn ihre Story ist womöglich auch die beste im Rahmen des zweiten „Simpsons Super-Spektakel“. Den Abschluss markiert dann ein eher gewöhnlicher Plot, in dem sich erstmals auch Lisa und Maggie kostümiert versuchen dürfen und somit eventuell auch den Grundstein für ein neues Superhelden-Trio legen. Interessant wäre es allemal, da Radioactive Man und Bartman langsam aber sicher ausgedient haben.

Nun denn, insgesamt ist diese zweite Ausgabe sicherlich ganz ordentlich und birgt eine ganze Reihe netter Ideen. Schade ist allerdings, dass den Geschichten bisweilen die Spannung fehlt und gerade die Vergleiche mit den realen Helden ein wenig bemüht wirken. Andererseits sollte der Wagemut der Autoren belohnt werden, die hier gänzlich neue Wege in der gelben Welt einschlagen und Figuren erschaffen, die durchaus Potenzial für weitere Comics besitzen und diese neue Serie auf Dauer auch halten könnten. Dieses Spektakel ist nämlich eine völlig eigenwillige Alternative zur üblichen Comic-Reihe – und angesichts solch erfrischender Ideen auch eine durchaus willkommene.

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Handeland, Lori – Wolfskuss (Geschöpfe der Nacht 1)

Die junge Polizistin Jessie McQuade sorgt in der verschlafenen Kleinstadt Miniwa für Recht und Ordnung. Als sie eines Nachts an einen Unfallort gerufen wird, bei dem eine junge Frau namens Karen Larson einen Wolf angefahren hat, ahnt Jessie noch nicht, was ihr bevorsteht: Als Karen Larson am nächsten Tag wieder zur Arbeit geht, erleidet sie einen Tollwut-Anfall und muss erschossen werden. Doch wie kommt es, dass die Frau schon so früh der Tollwut verfallen ist, obwohl diese normalerweise erst nach Monaten auftritt? Und was hat das indianische Wolfstotem am Unfallort zu bedeuten?

Um all den Rätseln auf den Grund zu gehen, beschließt Jessie, einem indianischen Professor namens William Cadotte einen Besuch abzustatten, der sich das Totem genauer ansehen soll. Während die beiden versuchen, die Bedeutung des Totems zu ergründen und sich dabei näherkommen, kommt es in Miniwa zu weiteren Vorfällen: Nicht nur, dass weitere Opfer dieser speziellen Art von Tollwut verfallen und die Leichen sich auf merkwürdige Art und Weise verformen, irgendjemand scheint es auf das Totem abgesehen zu haben. Zusammen mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, einem alten Mann, der sich auf die Jagd von Wölfen spezialisiert hat, kommt Jessie hinter ein lange gehütetes, furchtbares Geheimnis – und bald weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann …

Bücher aus dem Bereich „Fantasy Romance“ sind in letzter Zeit immer angesagter. Dabei wird oftmals nicht nur Fantasy mit Liebesgeschichten vermischt, sondern es gibt auch noch eine gute Grundlage für weitere, bisher noch wenig verbreitete Genremischungen. Auch „Wolfskuss“ gehört in diese Sparte. So findet man hier auch einige Aspekte, die stark an das Krimigenre erinnern, zugleich sind auch einige indianische Mythen darin zu finden. „Wolfskuss“ bietet also eine große Anzahl verschiedener Genre-Richtungen, was schon im Voraus vermuten lässt, dass es sich hierbei um keine altbekannte Geschichte handelt.

Das muss man der Geschichte auf jeden Fall lassen: Sie ist ohne Zweifel etwas Neues und kann auch mit vielen ungewohnten und guten Ideen überzeugen. Auch die Auflösung und die Erklärung für das Wolfs-Problem wird innovativ und interessant präsentiert. Dennoch benötigt die Geschichte eine Weile, bis sie wirklich spannend wird. Zwar ist sie auch am Anfang nicht gerade langweilig, doch dem Buch fehlt noch das gewisse Etwas, das den Leser dazu bringt, es beinahe gar nicht mehr aus der Hand legen zu können. Später wird das spürbar besser, auch wenn es dem Buch nicht gelungen ist, mich ganz und gar zu überzeugen.

Was mich allerdings gestört hat, war der Großteil der Charaktere. Vor allem die Nebencharaktere in „Wolfskuss“ sind überladen mit Klischees, was nicht wirklich dazu beiträgt, dass die Charaktere real oder sympathisch wirken. So ist der Sheriff von Miniwa beispielsweise ein Wildwest-Gesetzeshüter, wie er mit Kugelbauch, Kautabak und einer rauen Umgangsart typischer nicht sein könnte. Genauso ist es mit dem Jäger-Sucher Mandenauer, der mit seinem Alter einen hervorragenden Schatz an Erfahrungen besitzt und überdies gelegentlich an einen kühlen Rambo erinnert, der die Situation stets im Griff hat. Genau so sieht es auch mit den meisten anderen Nebenfiguren aus. Allesamt erscheinen sie wie pure Klischeeträger und entwickeln dabei keinen wirklich eigenen Charakter. Das wäre ja weiter nicht schlimm, wenn einige von ihnen am Schluss hin nicht noch eine größere Rolle zu spielen hätten. So wirken einige der Personen die meiste Zeit über wie aufgestellte Pappkameraden am Wegesrand, aber wenn das Buch auf die Zielgerade geht, dann sollen sie auf einmal als reale, wichtige Person in den Mittelpunkt der Geschichte treten. Dass das nicht einwandfrei funktioniert, ist wohl offenkundig.

Ebenso bedauerlich ist, dass der Charakter von Cadotte in der Geschichte ziemlich untergeht. Man hat kaum die Gelegenheit, ihn wirklich kennen zu lernen, wodurch er für den Leser zu blass bleibt. Gelegentlich habe ich mich gefragt, was er in der Geschichte eigentlich zu suchen hat. Es scheint so, als wäre er nur für die Liebesgeschichte mit Jessie im Spiel, denn wirklich eine wichtige und tragende Rolle spielt er nicht. Es fällt sehr schwer, Cadotte einzuschätzen, vor allem seine Beweggründe blieben mir die meiste Zeit schleierhaft. Zwar trägt das insofern zu der Geschichte bei, als Jessie bald nicht mehr weiß, ob sie ihm trauen kann oder nicht, aber leider werden die ganzen Umstände später, wenn sich alles geklärt hat, auch nicht wirklich durchsichtiger. Man weiß immer noch nicht wirklich, was er an Jessie findet, und auch nicht, warum er die meiste Zeit nackt durch die Gegend läuft.

Die einzige wirklich gelungene Person ist Jessie. Sie macht sich als Protagonistin sehr gut, ist nicht mit Klischees überladen und wirkt auch nicht zu blass. Mit ihrer lustigen, aber auch verletzlichen Art wirkt sie auf den Leser sofort sympathisch. Ihr ganzes Leben hat sie der Verbrecherjagd in Miniwa verschrieben und daher mit Männern nicht viel am Hut. Sie wird nicht allzu perfekt dargestellt, und das ist genau das, was sie als Protagonistin so faszinierend macht. Obwohl sie als nicht besonders schön und auch nicht attraktiv beschrieben wird, wirkt sie mit ihrem Charakter einfach sympathisch, und die Tatsache, dass sie bei den typischen Protagonistinnen solcher Genrebücher aus der Reihe tanzt, macht sie in gewisser Weise auch zu etwas Besonderem.

Das Ende war leider auch nicht so gelungen, wie ich es mir erhofft hatte. Zwar sind die Ideen, die Lori Handeland in ihren Roman eingebaut hat, wirklich gut, doch diese hat sie nicht völlig ausgeschöpft und auch mit einigen anderen Ideen, die nicht ganz so gut zur Geschichte gepasst haben, wieder ein wenig abgeschwächt. Und natürlich ist das Ende, wie man es leider bei vielen Büchern aus der Fantasy Romance immer wieder vorfindet, ein wenig zu kitschig. Jedes Problem löst sich ins Nichts auf, und dann ist alles wieder perfekt.

Was dagegen zu gefallen weiß, ist der Schreibstil. Die Geschichte wird in der Ich-Form aus Jessies Sicht erzählt, was sehr gut passt. Jessies Art zu erzählen ist sehr lebendig und unterhaltsam und kann für den Gesamteindruck einige Mängel wieder wettmachen.

_Fazit:_

Alles in allem hat Lori Handeland mit „Wolfskuss“ ein gutes Werk aus der Fantasy Romance vorgelegt. Zwar gibt es das ein oder andere zu bemängeln, aber letztendlich hat mir der Auftaktband gefallen. Lori Handeland hat viele gute Ideen eingebaut und die Protagonistin kommt sympathisch rüber.

_Lori Handeland:_

Die Autorin Lori Handeland wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in Southern Wisconsin und schreibt seit 1993 historische und zeitgenössische Liebesromane. Ihr neuster Roman „Wolfskuss“, der Auftakt der „Night Creatures“-Serie, wurde in den USA mit großer Begeisterung aufgenommen und gewann 2005 den |RITA Award| der |Romance Writers of America|. 2007 folgte der |RITA| für „The Mommy Quest“. „A Soldier’s Quest“ gewann 2005 den |Romantic Times Reviewers‘ Choice Award|.

http://www.lorihandeland.com

|Night-Creatures|:

Band 1: Wolfskuss
Band 2: Wolfsgesang (August 2008)

|Originaltitel: Night Creatures vol 1: Blue Moon
Originalverlag: St. Martin’s Press, New York, 2005
368 Seiten Klappbroschur|
http://www.egmont-lyx.com

Michalewsky, Nikolai von / Redeker, Jochim-C. / Weymarn, Balthasar von – Mark Brandis: Verrat auf der Venus (Hörspiel, Folge 2)

_Verrat auf Luna, Rebellen auf der Station_

Das Jahr 2120: General Gordon B. Smith beherrscht nach seinem Putsch die halbe Erde – auf seinem Weg zur Weltherrschaft stehen ihm nur noch die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) und die kleine Kolonie auf der Venus im Weg. Seitdem die Venus sich symbolisch von der Union losgesagt hat, muss sie mit der Invasion der religiösen Bewegung der „Reinigenden Flamme“ rechnen. Smiths Anhänger werden zuschlagen, aber keiner weiß, wo zuerst.

Mark Brandis ist nun Commander der |Delta VII|, eines revolutionär schnellen Raumschiff-Prototyps. Obwohl dieses Schiff dem General nicht in die Hände fallen darf, wird ausgerechnet Brandis für eine Geheimdienstmission ausgewählt, die ihn und seine Crew direkt vor die Höhle des Löwen führt: auf den Erdmond …

_Der Autor_

Nikolai von Michalewsky (1931-2000) war bereits Kaffeepflanzer, Industriepolizist, Taucher und Journalist gewesen, als sein erster Roman 1958 veröffentlicht wurde. Am bekanntesten wurde er ab 1970 mit den Mark-Brandis-Büchern, der bis heute (nach Perry Rhodan) mit 31 Bänden erfolgreichsten deutschsprachigen SF-Reihe.

Seine konsequente Vorgehensweise, Probleme der Gegenwart im Kontext der Zukunft zu behandeln, trug Michalewskys Serie eine treue Leserschaft und hohe Auflagenzahlen ein. Seine besondere Zuneigung galt besonders dem Hörspiel. Er gehörte zu den meistbeschäftigten Kriminalhörspiel- und Schulfunkautoren Deutschlands. Ihm und seiner Frau Reinhild ist dieses Hörspiel gewidmet. (Verlagsinfo)

_Die Macher / Die Sprecher / Die Inszenierung_

Die Macher und Regisseure sind |Interplanar.de|:

Jochim-C. Redeker: Sounddesign, Musik und Schnitt
Balthasar von Weymarn: Dramaturgie, Wortregie und Schnitt

Jochim-C. Redeker, geboren 1970, lebt seit 1992 in Hannover. Gelernt hat er das Produzieren in der SAE Frankfurt, seither arbeitet er als Tonmeister für Antenne Niedersachsen. An zwei Virtual-Reality-Projekten hat er als Sounddesigner gearbeitet. Er gibt Audio- und Hörspielseminare und arbeitet als Werbetexter und Werbesprecher für zahlreiche Unternehmen sowie für Kino- und Radiowerbung. Musikalisch betreut er neben seinen eigenen Projekten auch Jingle- und Imageproduktionen. Bereits 1988 brachte ihm eine frühe Hörspielarbeit mit Balthasar den Sonderpreis der Jury für akustische Qualität beim Maxell-Momentaufnahmen-Wettbewerb ein.

Balthasar von Weymarn, geboren 1968, lebt seit 2006 im Taunus bei Frankfurt. Ausgebildeter Dramaturg und Filmproduzent (Filmstudium Hamburg); arbeitet auch als Skriptdoktor, -autor und Ghostwriter für Unternehmen wie Bavaria Film, Odeon Pictures, Tandem Communications, Storyline Entertainment u. a.

Die Aufnahmeleitung lag in den Händen von Thomas Weichler.

Die Sprecher und ihre Rollen:

Michael Lott spricht: Commander Mark Brandis
Martin Wehrmann: Lt. Iwan Stroganow (sein Waffenoffizier
Rasmus Borowski: Lt. Antoine Ibaka (sein Bordingenieur)
Holger Umbreit: Cpt. Robert Monnier
Dorothea Anna Hagena: Ruth O’Hara, Brandis‘ Gattin
Christine Mühlenhof: Bordcomputer CORA (Central Oral Response Avatar)
Daniela Hoffmann: Angelica Nelson (dt. Stimme von Julia Roberts)
Wolfgang Kaven: Lt. Karwik
Leon Boden: Prof. Westhoff, Venus
Thomas Vogt: Major Bogdan Bjelowski, Geheimdienst
Martin Kunze: Colonel Larriand
Michael Westphal: Kommissar Malamud, Venus
Ulrike Kapfer: Iris, Station
Robert Vogel: Sven Björnsen
René Wagner: VEGA Venus
Wolf Frass: Prolog
u. a., darunter Reinhild von Michalewsky.

Das Hörspielmanuskript schrieb Balthasar v. Weymarn nach dem gleichnamigen Roman von Nikolai von Michalewsky.

_Hintergrund und Vorgeschichte_

Die Mark Brandis-Hörspielreihe begann 2005-2007 mit [„Bordbuch Delta VII“. 4995 Inhaltlich unterscheidet sie sich in einigen wichtigen Punkten von den Büchern.

* Die Geschichten sind um 50 Jahre in die Zukunft verlegt, die Saga beginnt also 2119;

* Die Kürzel EAAU und VOR sind zu „die Union“ und „die Republiken“ geworden;

EAAU: Die Europäisch-Amerikanisch-Afrikanische Union (EAAU) ist ein transkontinentaler Staatenverbund und wurde als Zusammenschluss der drei Kontinente Europa, Amerika und Afrika ca. 1999 gegründet – ihr assoziiert ist Australien. Während Europa der Kontinent ist, der über die längste Tradition verfügt, haben sich Afrika und Amerika zu den industriell bedeutendsten Kontinenten entwickelt.
Flagge: ein Ring goldener Planeten um drei kleeblattartig angeordnete grüne Kontinente auf weißem Grund.
Hauptstadt: Metropolis

VOR: Die Vereinigten Orientalischen Republiken (VOR) sind ein transkontinentaler Staatenverbund und umfassen zwischen Ural und der Pazifikküste die asiatischen Staaten einschließlich Ozeaniens.
Flagge: zwei gekreuzte Mongolenschwerter vor einer gelb-roten Sonne.
Hauptstadt: Peking

* Computer müssen nicht jedes Mal neu programmiert werden, sondern kümmern sich selbständig um ihre Aufgaben (daher kein „Technobabble“). |Delta VII| besitzt eine sprechende „Persönlichkeit“ mit dem Namen CORA, die von jedem Ort im Schiff aus zu erreichen ist;

* Die |Delta VII| besteht aus Brücke, Aufenthaltsraum/Messe, Maschinenraum und den Quartieren, dazu noch zwei Schleusen (Hauptschleuse kielseits und Dingischleuse deckseits); sie ist außerdem kein raketenartiger Vertikalstarter mehr;

* Mark Brandis und Ruth O’Hara können sich „Videobriefe“ schreiben; sog. Homeservice-Tapes (erinnert sich hier wer an „Das Arche Noah-Prinzip“?***) und sind bereits verheiratet, dafür hat Lt. Antoine Ibaka seine Frau Lydia erst auf der Venus kennengelernt;

* Die Geschichte ist gestrafft – so beginnt sie bereits mit dem Anflug auf die Erde (statt dem Anflug auf die Venus);
* Die „Reinigende Flamme“ hat bereits einmal (vor dem ersten Band) versucht, die Macht in der EAAU zu übernehmen. Da dieser Putsch damals vereitelt wurde, sind Mitglieder der Regierungen der Bedrohung gegenüber nachlässig geworden;

* Tom Collins‘ Rolle als Wegbereiter Smiths ist ausgedehnt;

* Alexander Repin ist nicht „Vorsitzender des Rates für Innere und Äußere Sicherheit“ auf der Venus, sondern Gouverneur;

* Die Venus leitet Energie aus dem Treibhauseffekt per Fernübertragung an die Erde;

* |Delta VII| kann in der SK-Konfiguration bis zu acht schwere Raketentorpedos neben den Energiewaffen abfeuern;

* Robert Monnier hat eine medizinische Zusatzausbildung;

* Die Technik der Gehirntransplantation (Brigadegeneral Rodriguez) ist durch ein verfeinertes Scanning-Verfahren ersetzt;

* Der Frachterkapitän Nelson (vgl. Aufbruch zu den Sternen) hat eine Tochter, die als Reporterin arbeitet.

***: Am Anfang seiner Spielfilmkarriere ging es Roland Emmerich um eins: Um die Umwelt. Das ARCHE NOAH PRINZIP (1984) könnte man als Öko-Klimakatastrophen-Science-Fiction-Thriller bezeichnen.

|Die Venus-Kolonie|

Die Chinesen errichteten auf dem Mars die erste Kolonie, deshalb wollte die westliche Union lieber die Venus besiedeln. Erst mit der Entdeckung einer chemischen Konstante Mitte des 21. Jahrhunderts gelang ein Durchbruch, und seither macht die Zersetzung von Schwefelsäure und Kohlendioxid in der Venus-Atmosphäre Fortschritte, wird aber erst Ende des 22. Jahrhundert abgeschlossen sein. Aufgrund der hohen Oberflächentemperatur von zunächst 450 °C und der langen Venustage (1 Tag entspricht 5832 Stunden) war und ist eine Besiedlung nur in Polnähe möglich. Bis 2095 wurde eine Strafkolonie unterhalten. Ein Schirm wurde errichtet, Forscher und Zivilisten folgten. Bodenwärme wurde in Energie umgewandelt, und die Venuskolonie prosperiert. (aus dem Booklet, abgewandelt)

_Handlung_

Fünf Monate nach der Unabhängigkeitserklärung der Venus will die Reporterin Angelica Nelson Brandis interviewen, der von Gouverneur Repin zum Commander der |Delta VII| ernannt worden ist, nachdem sich Brandis‘ Vorgänger Commander John Harris bei einem heroischen Einsatz auf der Erde geopfert hat. Doch Brandis lehnt das Interview ab, weil Nelson die Tochter des Kapitäns der |Barbarossa| ist, der sich nun auf der Erde befindet – in der Gewalt von General Smith. Wer weiß, ob er nicht der Gegenseite in die Hände spielen würde.

Als Brandis zusammen mit der Reporterin im Gleiter sitzt und sie durch die Stadt fliegen, ertönt plötzlich der Notalarm. Brandis befiehlt Nelson auszusteigen, doch sie hat zu große Angst vor dem Sprung und stürzt mit dem Gleiter ab. Doch wer oder was hat den Absturz verursacht, fragt sich Brandis, der noch rechtzeitig mit dem Fallschirm „ausgestiegen“ ist. Gibt es Spione und Saboteure auf der Venus?

Brandis wird zu Gouverneur Repin gebeten. Er ist froh, dass Repin die Bitte General Smiths, Stützpunkte auf der Venus errichten zu dürfen, abgelehnt hat. Man hat auch den Heckenschützen gefunden, dem Nelson zum Opfer fiel, doch der Vorfall wird als Unfall vertuscht. Repin will Smith offenbar keinen Grund zur Aggression geben. Die Besetzung droht.

Larriand, der Stellvertreter Repins, macht Brandis klar, dass die Venus einen Spion in der Nähe Smiths habe und man diesen Spion auf dem Mond treffen müsse. Da der Direktor der VEGA, Westerhoff, diese Mission unterstützt, erklärt sich Brandis bereit, den Geheimdienstler Major Bjelowski hinzufliegen. Der Haken daran: Als Pilot wird Brandis sein alter Feind Robert Monnier zugeteilt. Na, das ja heiter werden, denkt der Raumschiffkapitän im Stillen.

Auf dem Mond landen sie bei Camp Luna Fünf. Major Bjelowski steigt aus, um den Abgesandten der VOR-Republiken, General Rodriguez, zu treffen. Doch da tauchen unbekannte Schiffe auf, die die |Delta VII| unter Beschuss nehmen. Sie wurden verraten! Es gelingt Brandis bei einem Alarmstart noch, Rodriguez an Bord zu nehmen, doch was ist mit Bjelowski? Die |Delta VII| schießt die feindlichen Zerstörer, die von der Union kommen, ab. Verblüfft hört Brandis die Stimme eines Totgeglaubten: Commander John Harris! Eine weitere Überraschung wartet auf ihn: Brigadegeneral Rodriguez ist eine Frau.

Als sie zur Venus zurückfliegen, wird Leutnant Ibaka stutzig: Etwas stimmt dort nicht. Ist die Venus bereits von Smiths Sturmtruppen besetzt worden?

_Mein Eindruck_

Selbst ein kleiner Abstecher nach Luna kann doch recht aufregend sein. Leider aber auch verwirrend. Man muss also Zuhörer schon aufpassen wie ein Schießhund und Ohren haben wie ein Luchs, will man dem rasanten Gefecht über der Mondoberfläche einigermaßen folgen. Am besten hört man sich diese Folge mindestens zweimal an.

Hinzu kommt ein zweiter Handlungsschwerpunkt im Anschluss an die Beinahe-Rückkehr zur Venus, die ja mittlerweile nicht mehr anlaufbar ist. Die |Delta VII| braucht eine neue Basis, um weiter operieren zu können. Eine Raumstation zur Nachrichtenübermittlung und Wetterbeobachtung ist mit dem Treibstoff noch erreichbar. Doch auch dort findet ein heftiges Gefecht mit den Smith-Truppen statt. Dies kann Brandis‘ Mannschaft zusammen mit den Widerstandskräften der Station jedoch für sich entscheiden.

In einer „normalen“ Serie hätten die Produzenten diese doppelte Handlung auf zwei Folgen verteilt, doch hier wollte man offenbar die Geschichte auf einer positiven Note enden lassen, wie schon im Vorgänger. Mit dem Erfolg der Rebellen auf der Station ist dies gegeben, und der Hörer kann sich zufrieden zurücklehnen: Brandis & Co. haben mal wieder das Weltall vor dem Schlimmsten bewahrt.

Allerdings muss der Hörer für diese zwei Handlungsschwerpunkte, die nur durch eine actionlose Durststrecke verbunden sind, einen langen Atem mitbringen: Die Episode ist ganze 76 Minuten lang, also rund 20 Minuten mehr Zeit als für eine durchschnittliche |Perry Rhodan|-Folge aufgewendet wird. Aber man kann ja mal eine kleine Pause in der Mitte einlegen, damit man für die zweite Hälfte wieder aufnahmefähig ist. Hab ich natürlich aus Zeitmangel nicht gemacht, sondern mental die Zähne zusammengebissen und bis zum bitteren Ende mitgeschrieben.

_Die Inszenierung_

|Die Sprecher|

Ich fand, dass die Sprecher nicht besonders gut zur Geltung kamen. Das liegt daran, dass sie alle nur sehr kurze Sätze zu sprechen haben. Ich hatte den Eindruck, als würde alles zerhackt werden, um den Eindruck von Dynamik und Entwicklung zu erwecken – was ja auch voll gelungen ist. Diese Vorgehensweise degradiert die Sprecher jedoch zu Lieferanten von Sprechblasen.

Ausdrucksstarke Momente sind dünn gesät, so etwa, als Daniela Hofmann mit ihrer verführerischen Julia-Roberts-Stimme dem harten Raumfahrer Mark Brandis auf die Pelle rückt, oder als die Rebellin Iris sich mit Brandis auf der Raumstation verbündet. Der Rest des Textes besteht meist aus verbalem Schlagabtausch. Ich habe den Verdacht, dass dieser Stil für männliche Zuhörer ganz in Ordnung ist, beim weiblichen Publikum jedoch auf weit weniger Gegenliebe stoßen dürfte. Denn dieses mag es lieber emotional, wenn nicht sogar romantisch. Mit dem Auftreten dreier weiblicher Nebenfiguren dürfte das weibliche Publikum diesmal wesentlich besser bedient sein als im Vorgänger.

|Die Geräusche|

Die Geräuschkulisse erstaunt den Hörer mit einer Vielzahl mehr oder weniger futuristischer Töne, so etwa die Triebwerke der |Delta VII|, doch wenn man ein Fan von SF-Fernsehserien ist, dann dürfte einen dies nicht gerade umhauen, sondern eher ganz normal vorkommen. Immerhin trägt der gute Sound dazu bei, den Hörer direkt ins Geschehen hineinzuversetzen, und das kann man von den wenigsten SF-Fernsehserien behaupten.

Die meisten wie etwa „Classic Star Trek“ oder „Raumpatrouille Orion“ sind viel zu alt für solchen Sound, und „Babylon 5“ oder „Andromeda“ klingen zwar toll, spielen aber in abgelegenen Raumgegenden, wo irdische Ereignisse kaum eine Rolle spielen. Dadurch hebt sich „Mark Brandis“ im Hörspiel bemerkenswert von solchen TV-Produktionen ab, von SF-Hörspielen ganz zu schweigen. Nur „Perry Rhodan“ von |STIL / Lübbe| kann in dieser Liga mitspielen.

|Musik|

Ja, es gibt durchaus Musik in diesem rasant inszenierten Hörspiel. Neben dem Dialog und den zahllosen Sounds bleibt auf der Tonspur auch ein wenig Platz für Musik. Sie ist wie zu erwarten recht dynamisch und flott, aber nicht zu militärisch. Allerdings schrammt sie manchmal hart am Marschrhythmus entlang. Vermutlich ergibt sich aus der Nähe zur militärischen Hierarchie, die auf den Schiffen umgesetzt wird, und dem Zwang des Produzenten, dem Hörer zu suggerieren, dass „unsere Jungs im All“ das Kind schon schaukeln werden.

Hier setzt sich für mich die alte Heinlein-Ideologie fort, wonach es dem Menschen bestimmt sei, den Weltraum zu erobern, und zwar egal, mit welchen Mitteln. Zum Glück setzt sich rechtslastige Ideologie in der Handlung nur auf der Gegenseite durch, und so können Brandis und Co. weiterhin für demokratische Werte eintreten.

_Unterm Strich_

Diesmal wird das Hörspiel von zwei Handlungsschwerpunkten bestritten, die einmal auf dem Erdmond, zum anderen auf einer Raumstation stattfinden. Eigentlich hätte man gut und gern zwei separate Hörspiele daraus gestalten können, so aber ist das Hörspiel zu Überlänge aufgeblasen worden: 76 Minuten. Das erste Hörspiel [„Bordbuch Delta VII“ 4995 war nur 62 Minuten lang, was ein durchaus erträglicher Umfang ist. Bei 76 Minuten sollte der Zuhörer jedoch eine Pause einlegen, um noch aufnahmefähig bleiben zu können. Ansonsten gibt’s mal wieder Action satt.

Ähnlich wie manche Handlungsstränge der „Perry Rhodan“-Hörspiele greift auch die Mark-Brandis-Serie politische Themen auf statt nur auf die Karte der abenteuerlichen Erforschung fremder Welten zu setzen. Das finde ich schon mal sehr löblich, denn so kann der Hörer die gezeigten Vorgänge mit seinen eigenen sozialen und politischen Verhältnissen vergleichen und sie, mit etwas Verstand, auch kritisch bewerten. Unterschwellig warnt der Autor dieses Stoffes vor einer faschistischen Diktatur.

„Mark Brandis“ ist als Hörspiel professionell inszeniert, spannend, stellenweise actionreich und mitunter sogar bewegend. Leider wird ein wenig zu viel auf zu wenig Platz gepackt, und dies degradiert die Sprecher zu Lieferanten von Sprechblasen. Nur selten können sie ernstzunehmende Emotionen ausdrücken, bevor die nächste Attacke von Musik oder Soundeffekten ihren Text unter sich begräbt. Dieser Stil ist zwar auch in „Perry Rhodan“ anzutreffen, aber nicht in den qualitativ höherwertigen POE-Hörspielen. Je nach Stil-Vorliebe dürfte sich dann das Publikum entsprechend entscheiden.

Ich selbst fand das Hörspiel unterhaltsam, aber wegen seiner Überlänge ganz schön anstrengend. Und an die Handlung könnte ich mich ohne meine Notizen beim besten Willen nicht mehr erinnern.

Fazit: vier von fünf Sternen.

|76 Minuten auf 1 CD
ISBN-13: 978-3-88698-773-3|
http://www.sprechendebuecher.de
http://www.markbrandis.de
http://www.interplanar.de

Woo, John / Ennis, Garth / Kang, J. – John Woo\’s 7 Brothers

_Story_

Im Jahre 1421 brach die chinesische Flotte auf, um während einer großen Expeditionsreise die Welt zu erkunden und die Geheimnisse der verborgenen Kontinente zu entschlüsseln. Doch Kaiser Zhu Di steckte all seine finanziellen Mittel in die Reise und zwang den Staat damit in die Knie, so dass die Rückkehr der Flotte in einem Fiasko endete und der Handel seinen Tiefpunkt erlebte. Lediglich eine Person profitierte von den Reisen, ein besessener Hexer, der sein Wissen über die Drachenlinien und die energetischen Knotenpunkte der Erde auszubauen lernte und schließlich über die Kontrolle dieser Linien nach der Herrschaft über die Welt trachtete. Seinerzeit konnte ihn ausgerechnet sein Schüler Fong stoppen und die bevorstehende Machtübernahme verhindern.

Nun jedoch ist der Sohn der Hölle zurückgekehrt und aus seinem verborgenen Versteck befreit worden. Und nach Fongs Tod ist es nun an dessen zahlreichen Nachfahren, ihm ein für allemal das Handwerk zu legen. Sieben entfernte Nachfahren sowie eine Ur-Enkelin der x-ten Generation sammeln ihr Wissen und ihre besonderen Kräfte, die ihnen vererbt wurden, um dem Sohn der Hölle gegenüberzutreten, und bis auf einen ist ihnen auch allen ihre Rolle in diesem dramatischen Spiel klar. Erst als die sieben Brüder vorzeitig den Tod finden, wird ihnen bewusst, welche Rolle Ronald spielt – er ist der Schlüssel zur endgültigen Vernichtung des erbarmungslosen Hexers.

_Persönlicher Eindruck_

Es mag überraschen, dass ausgerechnet Action-Regisseur John Woo die Idee zu einer Story vorgelegt hat, die historische Inhalte mit der Handlung eines modernen apokalyptischen Thrillers verbindet und darüber hinaus auch noch im Rahmen eines Comics realisiert wurde. Verinnerlicht man dann jedoch, dass die asiatische Hollywood-Ikone mit niemand Geringerem als Garth Ennis zusammengearbeitet hat und somit letztendlich zwei absolute Visionäre an einen Tisch gebracht wurden, scheint der Erfolg dieses Unterfangens vorprogrammiert – und sollte es ob des fantastischen Inhalts auch sein!

„7 Brothers“, das Resultat dieser ungewöhnlichen Kollaboration, ist alles in allem nämlich ein souveränes, gerade atmosphärisch unheimlich dichtes Album geworden, welches einerseits auf einem sehr soliden, ausgeklügelten Background fußt, andererseits aber auch immer wieder Freiräume aufdeckt, in denen die vereinzelten Lücken der Story sich noch einmal zusätzlich entfalten können. Alles beginnt mit einem spektakulär aufgebauten Mysterium, das inhaltlich sehr weit ausholt, anschließend einige merkwürdige Kontraste aufwirft und gerade bei der Einführung der eigenartigen Hauptgestalten klarmacht, dass der Story absolut keine Grenzen gesetzt sind. Vulgärsprache trifft auf eine philosophische Rahmenhandlung, der Teufel kommt mit Gestalten aus dem Ghetto zusammen, chinesische Historie verbindet sich mit dem modernen Leben in Los Angeles, und mittendrin entwickelt sich ein derart homogener Plot, dass man vor der fließenden Zusammenfügung all dieser divergierenden Versatzstücke nur den Hut ziehen kann.

Natürlich darf und muss Woo innerhalb dessen auch seinen persönlichen Stempel ganz markant setzen, was angesichts der massiven Action, die hier zum Tragen kommt, aber auch kein großes Opfer für die Story darstellt. Es geht merklich zur Sache, und all diese Konflikte sind mitunter auch blutig und radikal, doch spiegelt gerade dies die Konsequenz wider, mit welcher das Team Ennis/Woo hier gearbeitet hat bzw. wie der Comic-Autor die recht freizügige Original-Vorlage letztendlich umgesetzt hat. Selbst in den Sorgenmomenten, in denen die Geschichte droht, aus dem Ruder zu laufen – beispielsweise bei der kurzzeitigen Verbannung in die Hölle -, findet der Co-Regisseur der Story die erforderliche Souveränität, um das Ganze glaubwürdig und erfinderisch fortzuführen und schließlich auf dieses begeisternde Finale zuzusteuern, welches sich am Ende manifestiert. Klarer Fall, das ist wirklich ganz große, innovative Klasse!

Doch ehrlich gesagt: Was hätte man auch anderes erwarten sollen? Woo lieferte seinem Scriptautor eine Riesengeschichte und auch ein Gros an frei interpretierbaren Freiräumen, die sowohl Ennis als Schreiber als auch Kang als Zeichner brillant ausnutzen. Selten habe ich ein solch stimmiges, spannendes und eben auch interessantes Gesamtpaket auf dieser Ebene erlebt, also quasi das Gefühl, einer weiteren Sternstunde der illustrierten Kunst beigewohnt zu haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies daher auch ganz klar, dass „7 Brothers“ definitiv in jedem Schrank stehen sollte, in dem anspruchsvolle Comic-Kunst einen Ehrenplatz verdient. Dieses Meisterwerk sollte man wirklich keinesfalls verpassen!

http://www.paninicomics.de/virgin-s10537.html

Hoffmann, Horst – Dorlog (Titan-Sternenabenteuer 28)

Die Emotionsrebellen der Cadschiden – kurz Emorebs – unter der Führung Dorlogs sind unbemerkt mit einer Invasionsflotte auf der Erde gelandet und warten auf den Befehl zum Angriff. Doch Dorlog ist der einzige Überlebende seines havarierten Schiffes und wird schwerverletzt von einer gottesfürchtigen Farmerfamilie aufgefunden, die zusammen mit ein paar anderen Familien völlig autark in einer einsamen Gegend wohnt. Für Dorlog steht fest, dass er bald zu seiner Flotte zurückkehren muss, doch die Fürsorge der Farmerfrau weckt ungeahnte Gefühle in dem Cadschiden …

Zur selben Zeit landet die |Titan| unter dem Kommando von Vanessa Modesta auf dem Heimatplaneten der Invasoren. Die Besatzung des havarierten Space-Police-Raumers kann nur noch tot geborgen werden. Zwischen den Emorebs und den „Gefühlstoten“, wie die normalen, nicht empfindungsfähigen Cadschiden genannt werden, tobt ein mörderischer Krieg, in dem die Besatzungen der |Titan| und der |Wallenstein| zwischen die Fronten geraten …

Mit „Dorlog“ gibt der bekannte deutsche Science-Fiction-Autor Horst Hoffmann seinen Einstand, der bereits in der Serie „Perry Rhodan“ einschlägige Erfahrungen in dem Genre sammeln konnte und mit [„Die galaktische Rallye“ 2378 bereits einen Science-Fiction-Roman im |BLITZ|-Verlag veröffentlichte. Dies kommt dem vorliegenden Buch sehr zugute, das sich flüssig lesen lässt und hervorragend in die laufende Thematik einfügt, auch wenn die Handlung sich zunächst einem komplett neuen Schauplatz zuwendet und den Leser in Sachen „Shalyn Shan“ und „Anake Takagawa“ im Ungewissen lässt. Das ist vielleicht auch gut so, denn so kann sich der Autor in Ruhe mit dem „Titan“-Universum vertraut machen, bevor er sich an die Hauptakteure heranwagt. Die Kultur und Entwicklung der Cadschiden, allen voran der titelgebende Dorlog, sind dem Autor jedenfalls bestens gelungen und vertiefen die Eindrücke, welche S.H.A. Parzzival in seinen Büchern vorlegte.

Während die Geschehnisse auf Terra sich viel mit der emotionalen Reifung Dorlogs beschäftigen, geht es auf Cadschid richtig zu Sache. Die Crew der |Titan| muss mit den Leuten der |Wallenstein| um ihr Überleben und das der ganzen Menschheit kämpfen. Dass es dabei nicht nur um das simple Gut-und-Böse-Schema geht, beweist, dass die Serie anspruchsvolle und vielschichtige Science-Fiction zu bieten hat. Das ist gleichzeitig auch einer der Knackpunkte des Bandes, denn der wird als Dark-Fiction-Thriller angepriesen und verkauft. Doch dunkel ist allenfalls der Weltraum, nicht aber die Handlung, auch wenn es zu einigen Todesfällen kommt. Einigen Lesern wird der Bruch innerhalb der laufenden Thematik sicherlich ein Dorn im Auge sein, sollte aber nicht allzu sehr überbewertet werden.

Auch diesmal sind die Innenillustrationen von Andrä Martyna hervorragende Computergrafiken, welche den Cadschiden erstmals ein Gesicht geben.

_Fazit:_ Der Einstieg von Horst Hoffmann erweist sich als gelungener Schachzug und präsentiert dem Leser ein anspruchsvolles und temporeiches Stück Science-Fiction-Literatur.

http://www.blitz-verlag.de

_Florian Hilleberg_

diverse Autoren – Bart Simpson Comics 35

_Inhalt_

|“Die Rückkehr von Brummisaurus“|

Als Bart erfährt, dass Otto bei der Reparatur seines Schulbusses Hilfe benötigt, begleitet er den unbeholfenen Rocker zum Schrottplatz und wird dort sofort auf einen stählernen Saurier aufmerksam. Begeistert nimmt er die Offerte an, das Teil behalten zu dürfen, falls es ihm gelingen sollte, den Brummisaurus vom Gelände zu befördern, und entfesselt alsbald eine Godzilla-ähnliche Maschine, mit der er die Sicherheit von ganz Springfield bedroht …

|“Versager der Grundschule“|

Bei einer feierlichen Gala der Springfielder Grundschule stiehlt Bart seinem Rektor mit einem unverhofften Nacktauftritt die Show und wird daraufhin umgehend von der Schule suspendiert. Zunächst noch erfreut über diesen Freischein, schleicht sich bald Langeweile in Barts Leben ein. Sein Entschluss, wieder auf die Schulbank zurückzukehren, obliegt allerdings einigen Hindernissen – bis er Skinners Mutter kennenlernt und plötzlich Mitglied des Haushalts seines einstigen Rektors wird.

_Persönlicher Eindruck_

Zwei typische Bart-Plots – so lautet das Resümee zur 35. Ausgabe der „Bart Simpson Comics“, in der unser beliebter Titelheld mal wieder äußerst freizügig seinem Schabernack nachgeht und den Humorlevel nach einer längeren Durststrecke wieder langsam gen Maximum führt. Insbesondere die erste Geschichte ist dabei ganz nach dem Geschmack der Fans der ersten Stunde und orientiert sich serienhistorisch an den ersten Staffeln, als „Die Simpsons“ noch eine reine Jungenserie war und der derbe Humor noch nicht so stark Einzug in die Handlung hielt. Nichtsdestotrotz hat sich James Bates die Gelegenheit, einige feine Seitenhiebe einzubauen, nicht nehmen lassen und bietet gerade in den rasanten Schlusssequenzen einige humoristische Volltreffer.

Nach zwei weniger spektakulären Mini-Storys folgt mit „Versager der Grundschule“ schließlich ein weiteres Highlight aus der Feder von Earl Kress, der mal wieder das angespannte Verhältnis zwischen Bart und der Schule im Allgemeinen bzw. zwischen dem kleinen Simpson und Rektor Skinner im Speziellen aufrollt. In diesem Fall nimmt der Autor allerdings kein Blatt vor den Mund und treibt die Fehde bis zuletzt auf die Spitze. Wieder einmal ist es dabei Skinners offenherzige Mutter, die das Zünglein an der Waage darstellt und dem Plot die nötige Würze gibt. Ergo: Eine wirklich gute Erzählung, die auch im TV-Format perfekt funktionieren dürfte.

Damit darf man der Nr. 35 auch ganz klar attestieren, im qualitativen Wechselspiel der Comic-Serie einen Spitzenplatz einzunehmen. Die „Bart Simpson Comics“ mögen zwar unter den Serien um die gelbe Familie diejenige mit den gewaltigsten Qualitätseinbrüchen sein – doch solange sie mit solch anständigen Geschichten aufwarten wie in der vorliegenden Ausgabe, darf man weiterhin beherzt zugreifen.

http://www.paninicomics.de/simpsons-s10310.html

Sassenberg, Volker – Abseits der Wege. Kapitel 4: Verborgen

[„Kapitel 1: Unweit“ 3269
[„Kapitel 2: Stromabwärts“ 4207
[„Kapitel 3: Wehrlos“ 4638

Die Charaktere sind eingeführt, die Hintergründe grob umrissen und die Handlung hat, vor allem gegen Ende der letzten Folge, an Fahrt gewonnen. „Abseits der Wege“, das Fantasy-Hörspiel von Volker Sassenberg und Andreas Gloge, geht mit „Verborgen“ in die vierte Runde.

_Inhalt_

Gaston Glück ist mit seinen Freunden Halmir und Dunring dank der Hilfe der Königstochter Myrell aus dem Gefängnis der Purpurnen Prüfer geflohen. Während sie das Weite suchen, müssen sie jedoch eine grauenvolle Entdeckung machen: Der Verweser, ein Geschöpf aus einer längst vergangenen Epoche, ist zurückgekehrt und bedroht das Gleichgewicht der Welt. Zum einen zieht das Welkenwerk immer größere Kreise und bedroht die Grundfesten des Reiches, zum anderen greifen die Purpurnen Prüfer nach der Macht und wollen ihren Einfluss mit der Kontrolle des Verwesers unterstreichen. Es ist schwer, in Zeiten solch rascher Veränderungen noch zwischen Freund und Feind zu unterscheiden, denn jeder spielt sein eigenes Spiel, um seine Pläne durchzusetzen.

Immerhin scheint Myrell, die Gaston bereits von einem früheren Besuch in seinem Heimatdorf Tiefenhag kennt, endlich ihre Maske abzulegen und die Wahrheit aufzudecken. Sie steht auf Gastons Seite und der seines Vaters Tebald, der als Nebelchronist die Welt vor Gefahren beschützen soll. Jeder Nebelchronist, so Myrell, besäße ein schwarzes Pergament. Die Seiten müssten in Zeiten des wiederkehrenden Chaos gebunden werden, um den Schutz, den diese Seiten ermöglichen, zu erneuern. Das Buch könne jedoch nur an einem bestimmten Ort gebunden werden. Dumm nur, dass dieser ausgerechnet in den Frostklüften, einem schwer zugänglichen Gelände, liegt.

Obwohl Gaston noch unschlüssig ist und am liebsten zurück nach Tiefenhag möchte, willigt er schließlich ein, Myrell zu begleiten. In einer Kutsche macht er sich mit Myrell, Dunring und Halmir auf den Weg. Doch ihre Fahrt wird abrupt gestoppt: Ein fallender Baum – etwa der Einfluss von Welkenwerk? – kracht auf sie hernieder und lässt die Kutsche einen Abhang hinunterschlittern. Als Dunring und Halmir wieder die Augen öffnen, erwachen sie getrennt von den anderen. Verletzt sind sie nicht, so dass sie die Gegend erkunden und sich in den Weinenden Gärten wiederfinden. Doch ihre Erkundung währt nicht lange, denn wenig später fallen sie in einen unnatürlichen Schlaf.

An einem anderen Ort, nur unweit entfernt, aber doch außer Sichtweite, erwacht auch Myrell neben Gaston, doch auch sie ermüdet sofort wieder. Nur Gaston, der unwissentlich einen Splitter von Welkenwerk in seiner Brust trägt, ist gegen den Einfluss des Ortes gefeilt. Er schafft es, seine Begleiterin aus der Gefahrenzone zu bringen, kommt allerdings nicht weit. Denn ganz in der Nähe des Unfallortes gelangt das Duo in eine von Hecken und Beeten hergerichteten Anlage, in dessen Zentrum ein altes Gemäuer steht. Das Anwesen entpuppt sich als das der Oberen Evoría, die den Gästen eine Unterkunft anbietet. Doch steht sie wirklich auf ihrer Seite? Und wo sind Hamlir und Dunring geblieben, die noch immer nicht aufgetaucht sind?

_Bewertung_

Mittelteile haben – sei es als Roman, Film oder eben als Hörspiel – einen entscheidenden Nachteil: Sie weisen weder einen richten Anfang noch ein richtiges Ende auf. Stattdessen müssen sie eine Brücke zwischen Beginn und Abschluss schlagen, die Spannung aufrechterhalten und diese am besten noch erhöhen. Aber sie dürfen bloß nicht zu viel vorweg nehmen, um den finalen Höhepunkte im letzten Teil nicht zu zerstören.

Trotz dieser Schwierigkeiten sind Trilogien und mehrteilige Reihen im fantastischen Genre die bevorzugte Veröffentlichungsform. Ein ertragreiches Produkt will natürlich ausgeschlachtet werden. Autoren und Regisseure scheitern dabei jedoch immer wieder, denn oftmals ist der Mittelteile einer Trilogie der dramaturgisch schwächste. Oder, im Fall einer langen Serie, verliert der Autor seine ursprüngliche Idee aus den Augen oder ergeht sich in belanglosen Nebenhandlungen, bis er nicht mehr weiß, wie er alle Handlungsfäden wieder schlüssig zusammenführen soll.

Der Bezug zu „Verborgen“, dem vierten Teil von Abseits der Wege, ist schnell hergestellt, denn nach den einleitenden Episoden und dem Auftauchen des Verwesers zum Ende des dritten Teils geht die auf zwölf Folgen ausgelegte Hörspiel-Serie nun zu den Folgen des Mittelteils über. Die Ereignisse um Gaston Glück, die Nebelchronisten und das Welkenwerk sollen sich behutsam steigernd bis zum Finale zuspitzen. Das gelingt mit Folge vier jedoch nur teilweise.

Die ersten Kapitel der CD sind noch äußerst spannend und knüpfen direkt an die vorangehende Episode an. Myrell und die drei mehr durch unglückliche Zufälle ins Abenteuer geratenen Tiefenhager Gaston, Halmir und Dunring sind soeben den Fängen der Purpurnen Prüfer entkommen und befinden sich auf der Flucht. Der Aufbruch ist dramatisch und rasant in Szene gesetzt und packt den Hörer von der ersten Minute an. Zudem gibt Myrell einige Informationen preis, die es Gaston wie auch den Hörer ermöglichen, einige vorausgehende Entwicklungen in einem neuen Zusammenhang zu betrachten.

Mit dem Unfall der Kutsche, der ihre Flucht vorerst stoppt, geht jedoch ein Bruch daher. Produzent Volker Sassenberg drosselt merklich das Tempo und lässt die Protagonisten, nur noch zu Fuß unterwegs, die ungewohnte Umgebung erkunden. Die Weinenden Gärten und die Szenen im Anwesen der Oberen Evolía sind atmosphärisch dicht erzählt, können die aufgebaute Erwartungshaltung der bisherigen Handlung aber nicht befriedigen. Vielmehr wirkt die Begegnung mit der charakterlich undurchsichtigen Frau wie ein Zwischenstück, das eingeschoben worden ist, um die Folge auf sechzig Minuten Länge zu ziehen. Denn das eigentliche Ziel der Reise, die Frostklüfte, nehmen Gaston und Myrell erst wieder auf, als die Abschlussmusik ertönt: ein passender Cliffhanger für den folgenden Teil.

Ob die Ereignisse in „Verborgen“ doch in einem größeren Kontext stehen, vermögen erst die Folgeepisoden zu klären. Der Aufbau dieser Folge lässt dies jedoch eher nicht vermuten. So bleiben also ein leicht fader Nachgeschmack hinsichtlich der eingebauten Nebenhandlung und nur die Hoffnung, dass es in Teil fünf auf dem gewohnt hohen Niveau mit den im Mittelpunkt stehenden Ereignissen weitergeht. Wenn „Verborgen“ als kaum Brücken schlagender Mittelteil der Serie eine Ausnahme darstellt und das Hörvergnügen zukünftig nicht weiter gestreckt wird, kann „Abseits der Wege“ diese Folge ohne weiteres verkraften. Der Regelfall sollte so aber nicht aussehen.

http://www.abseitsderwege.info
http://www.abseits-der-wege.net
http://www.dg-literatur.de
http://www.karussell.de

[„Kapitel 5: Jenseits“ 5389

Autorenkollektiv – Heroes 1

Im Oktober 2007 begann ein deutscher TV-Sender die erste Staffel der preisgekrönten (Nominierung für den |Emmy| und den |Golden Globe|, |People’s Choice Award| etc.) amerikanischen Serie „Heroes“ auszustrahlen, welche sich in den USA zu diesem Zeitpunkt bereits eine große Fangemeinde gesichert hatte. In dieser Serie werden sich scheinbar ganz normale Personen ihrer Superkräfte bewusst, wie man sie aus Comics oder in jüngster Zeit aus Comicverfilmungen wie „X-Men“ kennt. Auch in „Heroes“ spricht man von Mutanten, welche beispielsweise über seherische Fähigkeiten verfügen, durch Wände gehen können, übermenschliche Selbstheilungskräfte besitzen sowie fliegen oder Zeitreisen können.

Als die Vernichtung New Yorks unmittelbar bevorsteht, schließen sich einige von ihnen zusammen, um dieses Ereignis zu verhindern. Noch spannender wird die Geschichte dadurch, dass die Mutanten neben diesem Problem und der Tatsache, dass sie ihre Fähigkeiten unauffällig in ihr tägliches Leben einbinden müssen, gleichzeitig gegen eine unheimliche Organisation zu kämpfen gezwungen sind. Welche Rolle dabei der mysteriöse Lindermann – der wie Noah Bennet in seiner Geheimnisumwittertheit zunächst an den Zigarettenraucher aus den guten alten X-Files-Tagen erinnert – spielt und ob die Mutanten sowohl private Probleme als auch die Verhinderung der drohenden Katastrophe geregelt bekommen (also zu Helden werden), sieht man sich am besten auf DVD an.

Während die einzelnen Folgen in Amerika ausgestrahlt wurden, erschienen im Internet parallel dazu wöchentliche Comics, welche die Handlung der TV-Serie weitersponnen, Vorgeschichten erzählten oder Ereignisse wiedergaben, welche im TV nur schwer realisierbar gewesen wären. Zunächst waren diese Comics ausschließlich online verfügbar und zum freien Download auf nbc.com eingestellt. Später hat der weltgrößte Comicbuchverlag |DC Comics| (u. a. „Superman“, „Batman“) die Rechte zur Vermarktung erhalten. Aufgrund der Erscheinungsweise als Buchform und nicht als Comicheft spricht man von diesem „Heroes“-Sammelband auch als Graphic Novel. Die deutsche Ausgabe der „Heroes“-Comics ist nun bei |Panini| erschienen.

Für die 34 Kurz-Comics von je vier bis sechs Seiten konnte NBC etablierte Zeichner wie Steven Seagle („It’s a Bird“, „Sandman Mystery Theatre“), Joe Kelly („Superman“, „Supergirl“) oder Duncan Rouleau („The Nightmarist“) gewinnen. Alle drei arbeiteten bereits für die in Amerika sehr erfolgreiche Animationsserie „Ben 10“ zusammen. Hinzu kommen weniger bekannter Zeichner, denen es eine Ehre war, gemeinsam mit diesen Profis an den „Heroes“ zu arbeiten. Dadurch erhalten die einzelnen sich an amerikanischen Superheldencomics orientierenden Geschichten einen unverwechselbaren Zeichenstil, was jedoch die Tatsache gut unterstreicht, dass jeweils andere Charaktere dargestellt werden. So gibt es eine Geschichte, die im Märchenstil erzählt wird, welcher durch die Typografie in einer altertümlich anmutenden Schrift unterstrichen wird. Die schnelle Action in der Episode von Clair Bennets Autocrash ist beispielsweise in weniger detailliert ausgearbeiteten Bildern oder Nahansichten mit wenigen Strichen umgesetzt worden.

Kurz aber bedeutsam sollen die Geschichten die „Heroes“-Welt vertiefen. Man muss sie nicht gelesen haben, um die Serie zu verstehen, aber sie füllen einige Wissenslücken. Lesen sollte man sie am besten parallel zur Serie, da manche Zusammenhänge aufgrund der äußerst knappen Erzählweise sonst weniger gut hergestellt werden können. So findet man die im TV nur gestreifte Figur der „Wireless“ vertieft und stark ausgebaut. Außerdem erfährt der Leser, wie sich Lindermann und Petrelli in Vietnam kennengelernt haben, wie Bennet an Claire gelangte oder die Vorgeschichte zu Isaacs Fähigkeit, die Zukunft malen zu können. Wer sich schon immer gefragt hat, warum Niki Sanders, die Frau mit der gespaltenen Persönlichkeit, bei ihrem ersten Auftritt in der Wüste Leichen ausgräbt, erfährt in den Comics, warum sie das tut. Sogar der Fiesling Sailor erhält seinen Raum.

Zusätzlich zu den Bildergeschichten wurden ein Vorwort von Masi Oka (Hiro Nakamura) und ein Interview mit den Zeichnern Aron Eli Coleite und Joe Pokaski über die Entstehung des Comics in den broschierten Sammelband aufgenommen. Das Ende Mai 2008 erschienene Buch ist hochwertig auf gutem und stabilem Papier sowie in satten Farben aufgelegt; für Fans der Serie eine gute Ergänzung zu den DVDs und anderen Merchandise-Produkten, welche das „Heroes“-Universum inzwischen hervorgebracht hat.

http://www.paninicomics.de/heroes-s10567.html
http://www.nbc.com/Heroes/
http://de.heroeswiki.com/

Wilson, Kevin / Launius, Richard – Arkham Horror – Das Grauen von Dunwich / Dunwich Horror

Es war eigentlich lange überfällig, dass Lovecrafts |Cthulhu|-Mythos in irgendeiner Form in einem Brettspiel verewigt würde, und nachdem sich Spielautoren weltweit vor der vielschichtigen Thematik gesträubt hatten, nahmen Richard Launius und Kevin Wilson zur Mitte des aktuellen Jahrzehnts endlich das Heft in die Hand und konzipierten mit [„Arkham Horror“ 4085 nicht nur eines der interessantesten, sondern sicherlich auch eines der besten komplexen Strategiespiele, welche auch über die Verlagsgrenzen von |Fantasy Flight Games| hinaus erschaffen wurden.

Allerdings deckte das zunächst veröffentlichte Grundspiel nur einen kleinen Teil der Mysterienwelt und ihrer Kulte ab. Dementsprechend ließen die ersten Erweiterungen nicht lange auf sich warten und fanden in den letzten Monaten nun endlich auch den Weg auf den deutschsprachigen Markt. Mit „Das Grauen von Dunwich“ publizierte der |Heidelberger Spieleverlag| nun das zweite von bislang fünf veröffentlichten Upgrades in deutscher Sprache, damit allerdings auch das zweifellos umfangreichste. Eine Spielschachtel in Größe des Basisspiels verrät bereits einiges über die Quantität des „Dunwich Horror“; aber auch die vielschichtig ergänzte Spielregel macht punktgenau deutlich, dass diese Erweiterung großen Erwartungen gerecht zu werden verspricht …

_Spielidee_

In „Das Grauen von Dunwich“ verlagert sich das Geschehen auf einen weiteren Stadtteil in der Welt von Arkham, was natürlich auch bedeutet, dass die potenzielle Bedrohung durch die monströsen Geschöpfe nun noch umfangreicher ist. Neun neue Schauplätze, Optionen wie Dimensionsrisse, die selbst verschlossene Portale wieder öffnen, sowie das Monster von Dunwich höchstpersönlich warten auf die erfahrenen Ermittler und machen ihnen das Leben regelrecht zur Hölle.

Andererseits bieten sich durch das Absolvieren von kniffligen Missionen Möglichkeiten, dem Spiel ein vorschnelles Ende zu bereiten und somit den Großen Alten zuvorzukommen. Doch der Terror ist allgegenwärtig und die Aussichten sind durch die Erweiterung des finsteren Arsenals bzw. der zusätzlichen Einschränkungen noch düsterer als in der regulären Mission. Ergo ist das erneuerte Konzept auch gar nicht mehr so komplex, schließlich gilt es lediglich, das Grauen unter noch härteren Rahmenbedingungen auszumerzen. Aber gerade darin besteht eine Herausforderung enormen Ausmaßes!

_Spielmaterial_

• 1 Spielregel
• 1 Erweiterungsspielbrett
• 8 Ermittler-Charakterbögen
• 8 Ermittler-Marker
• 8 Standfüße für die Ermittler-Marker
• 24 Invaliditätskarten
• 24 Geistesstörungskarten
• 15 einfache Gegenstände
• 25 besondere Gegenstände
• 21 Zaubersprüche
• 11 Fertigkeiten
• 5 Verbündete
• 20 Spezialkarten
• 4 ‚Großer Alter‘-Bögen
• 63 Arkham-Standortkarten
• 42 Dunwich-Standortkarten
• 36 Mythoskarten
• 32 Torkarten
• 7 Grauen von Dunwich-Karten
• 28 Monstermarker
• 3 Grauen von Dunwich-Marker
• 4 Tormarker
• 7 Trümmermarker

Das gesamte Spielmaterial orientiert sich weitestgehend am Basisspiel; größtenteils handelt es sich hierbei um weitere Ergänzungen bei den Ermittler-Karten sowie ein ausgebautes Repertoire auf Seiten der Großen Alten. Prunkstück ist dabei zweifelsohne der neue Spielplan, der direkt an die große Arkham-Welt angelegt wird und sich dort grafisch problemlos einfügt. Apropos Grafik: Auch hier ist „Das Grauen von Dunwich“ genreintern mal wieder Referenzklasse und offenbart sich insbesondere im Hinblick auf das Kartenmaterial als wahrlich prachtvoll. Kurz gefasst: Bewährte Qualität und somit allerhöchstes Niveau!

_Die Erweiterung – Neuerungen und neue Herausforderungen_

Erst einmal eines vorweg: Auch wenn ein Ausbau eines erfolgreichen, richtig guten Spiels für jeden Besitzer des Originals reizvoll erscheint, so sollten vor allem Gelegenheitsspieler etwas vorsichtig bei der Investition sein. „Das Grauen von Dunwich“ fordert seinem Publikum nämlich eine ganze Menge ab, vor allem aber einige taktische Kniffe, die auf dem Wissen aller Tücken und Hintertürchen des Regelwerks beruhen. Wer also (noch) nicht mindestens ein halbes Dutzend Erfolge gegen die Großen Alten des Standardspiels vorweisen kann, sollte erst hier einmal seine Lehren ziehen, bevor er sich an diese definitiv als ultimativ zu bezeichnende Herausforderung heranwagt. Und dies gilt natürlich für jeden der bis zu acht Beteiligten einer Partie.

Unter besagter Grundvoraussetzung öffnet sich schließlich eine weitere Blaupause für die perfekte Verbindung aus Atmosphäre, Taktik und Abwechslungsreichtum. Ziel des Spiels ist es weiterhin, die Welt Arkhams und nun auch Dunwichs vor der finsteren Bedrohung zu beschützen und den jeweiligen Großen Alten auszuschalten. Dementsprechend hat sich auch der Mechanismus nicht verändert. Das Spiel gliedert sich in eine Unterhalts- und Bewegungsphase, der schließlich eine Begegnung sowie der Mythos folgen, welche wiederum darüber entscheiden, welche Anforderungen an den Ermittler gestellt werden. So tauchen immer wieder neue Monster auf, Tore öffnen sich und warten darauf, wieder versiegelt zu werden, und gleichzeitig sollte man auch darauf achten, dass die Terrorleiste nicht expandiert. Insofern bleibt also alles beim Alten.

Dann jedoch kommt das neue Spielbrett ins Spiel, welches man nur per Bahnfahrt (kostet genau einen Bewegungspunkt) erreichen kann. Dort befinden sich zwei neue Schauplätze der Anderen Welt, neun weitere Orte und insgesamt vier weitere Möglichkeiten, ein neues Portal entstehen zu lassen. Viel interessanter ist allerdings das personifizierte Grauen von Dunwich, welches regelrecht danach lechzt, endlich entfesselt zu werden. Dies geschieht immer dann, wenn die zugehörige Leiste mit drei Markern belegt ist und somit die Inkarnation des Monsters hervorruft. Marker wiederum gelangen genau dann nach Dunwich, wenn ein Monster sich in einen in Dunwich befindlichen Dimensionswirbel hineinbegibt. In diesem Fall wird zum einen die Terrorleiste mit einem weiteren Marker bestückt, aber auch die Leiste des Dunwich-Horrors – der nach besagtem System schließlich ins Spiel kommt. Ist dies der Fall, gilt es schnell zu handeln, um weiteres Grauen abzuwenden. Dabei zeigt sich das Monster immer mit anderen Vitalwerten, je nachdem, welche Karte gerade gezogen wurde. Dementsprechend gibt es auch keine universellen Strategien, da der Gegner bis zuletzt unberechenbar scheint. Mit einem Sieg über diese Ausgeburt ist man aber immer noch nicht am Ende angelangt, denn drei weitere Bewegungen auf die Dimensionswirbel bewirken ein erneutes Auftauchen des vermeintlichen Endgegners.

Um diesem enormen Widerstand aber auch genügend entgegensetzen zu können, werden auch die Ermittler mit neuen Fähigkeiten ausgestattet. Eine Vielzahl neuer Helfershelfer kommt ins Spiel und bietet besonders in den schwierigen Missionen den nötigen Support. Außerdem ist es möglich, seine Charaktere vor dem Ableben in die Invalidität zu schicken oder als geistesgestört zu deklarieren. Zwar hat dies für den weiteren Spielverlauf auch einige unschöne Folgen für die Betroffenen, doch in dem Moment, wenn die Figuren nicht mehr ausreichend zu führen sind, schickt man sie nun einfach vorzeitig in den Ruhestand und besorgt sich einen neuen Ermittler, bevor der alte endgültig verschlungen wird.

Doch genauso hilfreich wie für die Ermittler ist Gros der neuen Optionen für die Seite des Bösen. Monster können sich nun auf benachbarte Felder heranpirschen, ein Dimensionsriss zerstört ältere Zeichen und öffnet bereits versiegelte Portale in die Anderen Welten, und wenn es hart auf hart kommt, treten Maskenmonster und neue Formen der Ausgeburten ins Spiel ein und machen einem das Leben schwer. In all diesen Wirren noch Bodenhaftung zu bewahren, während man ständig auf der Grenze zwischen Leben und Tod balanciert, fordert dem Spieler alles ab – aber schließlich ist die Abenteuerlust in kaum einem anderen Spiel so ausgeprägt wie eben in „Arkham Horror“ und ganz besonders in dieser Erweiterung. Daher: Sollte sich die Gelegenheit bieten, sich einer der vielen neuen Herausforderungen zu stellen, sollte nichts und niemand die Spieler hierbei aufhalten.

_Persönlicher Eindruck_

Grundsätzlich spricht die Auflistung und Darstellung der umfangreichen neuen Optionen schon Bände; „Das Grauen von Dunwich“ verleiht dem bewährten Spielkonzept weitere entscheidende Impulse und ermöglicht eine Weiterentwicklung auf nahezu allen Ebenen. Bewegungsabläufe wurden in der Konzeption noch einen Schritt weitergesponnen, die Zugabe des Kartenmaterials macht das Spiel durch die noch kontrastreichere Auswahl weitaus unberechenbarer, und nicht zuletzt wegen der insgesamt vier neuen bösen Charaktere liegt dem Karton schon eine Bereicherung bei, die für unzählige weitere spannende Partien birgt.

Allerdings muss man ganz klar sagen, dass diese Erweiterung wirklich sehr fokussiert zusammengestellt ist: Angefangen bei den Dimensionsrissen bis hin zu der neuen Bedrohung in Dunwich hat man an vielen entscheidenden Stellen des Spiels wertvolle Zusätze eingebaut, welche die Tiefe des Basisspiels noch deutlich verstärkt haben. Jeder einzelne Schritt scheint noch vehementere Konsequenzen zu haben, jeder Fehler wird noch härter bestraft, und jegliche unüberlegte Risikobereitschaft kann zu einem bitteren Fiasko werden – und doch ist man irgendwie darauf angewiesen, zu gegebenen Zeitpunkten alles auf eine Karte zu setzen.

Aus diesem Grunde wiederhole ich mich gerne auch noch einmal: „Das Grauen von Dunwich“ ist eine echte Herausforderung für jeden, der epische komplexe Spiele mag und auch bei vielfachem Scheitern nicht frustriert aufgibt. Oder um es anders zu sagen: Wer atmosphärisch dichte Strategie sucht, wird derzeit kaum eine bessere Kombination finden als die hier vorliegende!

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http://www.heidelberger-spieleverlag.de/

Ennis, Garth / Robertson, Darick / Snejbjerg, Peter – The Boys 2 – Der glorreiche Fünfjahresplan

Band 1: [„Spielverderber“ 4112

Garth Ennis liebt das Derbe. Über seine neue Serie „The Boys“ freut er sich wahrscheinlich wie ein kleines Kind. Die Superhelden bekommen darin richtig übel auf den Sack. Pardon wird nicht gewährt.

Der zweite Band von „The Boys“ enthält zwei separate Geschichten: „Eingelocht“ und „Der glorreiche Fünfjahresplan“. Die Grundidee bleibt – wie im ersten Band – die Konfrontation mit den Superhelden, am besten eine möglichst derbe und brutale. Wenn die Heroen in Strumpfhosen Mist bauen, sind The Boys zur Stelle, um ihnen auf die Finger zu klopfen. Das ganze Szenario könnte auch das |Marvel|- oder |DC|-Universum sein, nur halt einen Touch bösartiger. Anspielungen auf die populären Welten der Großverlage gibt es in „The Boys“ wie Sand am Meer. Gut leiden kann Autor Garth Ennis die ‚Supies‘ nicht. Denn die fliegenden Übermenschen in „The Boys“ sind pervers, hochmütig und asozial. Ihre Kräfte verdanken sie entweder teurer Hochtechnologie oder dem Wirkstoff V, einer Art Superhelden-Serum.

Die wichtigsten Figuren von „The Boys“ sind sicherlich Butcher und Hughie. Der eine ist ein undurchsichtiger Fiesling mit derbem Humor, der andere ein Grünschnabel, der Schüler sozusagen, der noch nicht viel von den Abgründen der äußerlich so strahlenden Superhelden-Welt weiß. Butcher zeigt ihm, was er wissen muss. In „Eingelocht“ gehen die beiden einem Todesfall auf den Grund. Ein schwuler Junge hat sich vom Hochhaus gestürzt. Die Polizei geht von Selbstmord aus und ist nicht sonderlich interessiert an dem Fall. Butcher und Hughie wissen jedoch, dass die beiden Superhelden Tek-Knight und Swingwing darin verwickelt sind. Grund genug, misstrauisch zu werden und Nachforschungen anzustellen. „Der glorreiche Fünfjahresplan“ führt die wilde Truppe gen Osten, nach Russland. Dort geht es um Staatsgeschäfte in der postkommunistischen Ära. Sowohl Washington als auch die russische Mafia wollen ein Stück von dem großen Kuchen abhaben. Eigentlich eine Agentengeschichte, kommen die Superhelden hier doch eher am Rande vor und sind lediglich Mittel zum Zweck.

Nachdem im ersten Band die Grundidee, das Setting und die Charaktere vorgestellt wurden, geht es nun um den Plot und die Richtung, in die „The Boys“ will. Es bleibt natürlich derb. Gastauftritte haben beispielsweise ein mit Sprengstoff gefütterter Vibrator, Sperma im Kaffee und ein abgerissenes Gesicht auf einer Pizza. Solche Art Humor ist sicher nicht für jeden etwas. Wer Ennis kennt, ahnt, dass die Abrechnung mit der schillernden Welt der Superhelden nicht besonders intelligent oder feinfühlig ausfällt. Ein großer Dekonstruktivist wie beispielsweise Alan Moore oder Frank Miller ist Garth Ennis nicht. Er ist eher ein kleines Kind, das Kacke an die frisch gestrichene Hauswand wirft. Man muss diesem derben, extrem sexistischen Humor etwas abgewinnen können, um an „The Boys“ Spaß zu haben. Die Grundidee ist seit Band 1 verheizt, die Handlung funktioniert, trägt alleine aber nicht weit genug.

Unterm Strich: „The Boys“ ist bestimmt die unterhaltsamste Klolektüre, die ich derzeit im Schrank stehen habe. Aber auf dem Küchentisch meiner Wohngemeinschaft würde ich diesen Comic nicht unbedingt liegen lassen.

http://www.paninicomics.de/?s=Wildstorm

Oliver, Simon / Moore, Tony – Exterminators 1 – Käferkiller

Kakerlaken sind eklig. Aber auch interessant. Das Cover von „Exterminators“ ist jedenfalls ein Blickfang. Zu sehen ist eine Kakerlake in voller Pracht, wie sie Beine und Fühler ausstreckt. Sowas möchte niemand in seiner Küche haben. Zum Glück gibt es die tapfere Truppe von |Bug-Bee-Gone|. Die Kammerjäger ziehen jeden Tag aufs Neue aus, um die Zivilisation vor dem Untergang zu bewahren. Denn das Chaos ist auf dem Vormarsch. Und es ist hungrig.

Henry fährt mit einem gelben Pick-up durch die Gegend und vernichtet Ungeziefer. Nicht gerade ein Traumjob. Ungeziefer, das bedeutet: Ratten, Kakerlaken und Waschbären. Der gelbe Pick-up gehört seinem Stiefvater Nils, der Chef eines kleinen Ladens namens |Bug-Bee-Gone| ist („Excellence in Terminating“). |Bug-Bee-Gone| ist ein Sammelbecken für alle möglichen Sorten von Sonderlingen. AJ, der neben Henry im Pick-up sitzt, ist ein sexistisches Schwein und jagt sich gerne blaues Vertilgungsmittel in die Venen. Stretch trägt einen Cowboyhut und glaubt an Karma und die Wiedergeburt. Und Kevin, na ja – ist eben Kevin …

Henry passt da gut rein, obwohl er es noch nicht so richtig wahrhaben will. Er ist ein Ex-Knacki, auf Bewährung draußen, der versucht, mit dem Job sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Irgendwie glaubt der Leser von der ersten Seite an nicht, dass daraus tatsächlich etwas wird. Denn |Bug-Bee-Gone| ist nicht einfach nur ein Sammelbecken für soziale Außenseiter. Hinter den gelben Pick-ups, den Vertilgungsmitteln und den Atemmasken schlummert die geistige Haltung, mehr zu sein als ein Team von Kammerjägern. Die Jungs von |Bug-Bee-Gone| sind die Elite im Überlebenskampf der Menschheit. Ihr Gegner: Ratten, Kakerlaken und Waschbären. Mensch gegen Natur, Ordnung gegen Chaos. Nicht grundlos wird gleich zu Beginn der Untergang des Römischen Reiches beschworen. Alles, was von dem Weltreich blieb, waren Ratten, denen die Pest im Fell saß.

Der erste Band von „Exterminators“ fühlt sich an wie der Auftakt zu einer großen, wirklich guten Geschichte. Der Plot setzt sich aus verschiedenen kleinen Handlungen zusammen, liebevoll verbunden durch originelle Details wie einen Skarabäus oder eine Schatulle mit vier Schlüssellöchern. Immer wieder hat man das Gefühl, den ganz normalen Alltag von Kämmerjägern mitzuerleben, immer wieder das Gefühl, als würde es um etwas ganz anderes gehen. Bemerkenswert ist, dass das Ungeziefer immer dort auf dem Vormarsch ist, wo der sozialen Verantwortung die Puste ausgeht: In verfallenen Mietshäusern, in den Ghettos oder in einer halb vergessenen Nervenklinik. Es ist eine liebevolle Geschichte über Außenseiter, folgerichtig ist der einzige wirkliche Bösewicht – neben den Kakerlaken – ein gewissenloser Großkonzern. Und dazu stimmt die Optik. Zeichner Tony Moore ist bekannt dafür, sich viel Zeit für seine Panels zu nehmen. Für die Zombies in „The Walking Dead“ studierte er eigens den Verfallsprozess von menschlichen Leichen. Dieses Mal hat er bestimmt Käfer und Kakerlaken observiert.

„Exterminators“ beeindruckt durch eine witzige Idee, gut ausgearbeitete Charaktere und tolles Artwork. Die recht ungewöhnliche und unterhaltsame Geschichte über Kakerlaken und ihre Jäger geht hoffentlich bald weiter. Denn noch ist die Menschheit nicht aus dem Schneider. Der Kampf gegen das Chaos geht weiter.

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Prinz, Matthias – Six

Es gibt diese Art von Spielen, an denen schaut man immer wieder gerne vorbei, weil ihre Aufmachung schlichtweg zu unspektakulär ist und alleine schon die Tatsache, dass eine Sanduhr, Würfel und nummerierte Karten Teil des Schachtelinhalts sind, ausreicht, um sie als unwürdig abzustempeln. Derlei Vorurteile und Antipathien sind natürlich de facto völliger Unsinn, gerade dann, wenn man bedenkt, wie viele Klassiker gerade im Kartenspielbereich mit kleinsten Bemühungen und geringem Aufwand entstanden sind. Gerade im Katalog von |Amigo| tummeln sich dementsprechend zahlreiche Titel, die auf den ersten Blick nicht unbedingt ansprechend erscheinen, nach einer ersten Testrunde aber fast schon suchtgefährdend sind. Wie zum Beispiel die Frühjahrsneuheit „Six“, die unlängst auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorgestellt wurde …

_Spielidee_

In „Six“ geht es vornehmlich um Tempo und darüber hinaus darum, die drei Würfel möglichst schnell seinem linken Nachbarn weiterzureichen, um selbst wieder an der Punktevergabe teilnehmen zu können. Gespielt wird in insgesamt drei Durchgängen, in denen die Mitspieler drei oder mehr Karten mit Werten zwischen 1 und 18 vor sich auszuliegen haben, und die es durch entsprechende Würfelsummen auf die eigene Ablage zu befördern gilt, wo sie später Punkte bringen. Doch derjenige, der gerade würfelt, kann nicht punkten – und sollte er ausgerechnet eine Summe werfen, die gerade in der eigenen Auslage liegt, beginnt seine Würfelphase von vorne -, während die Sanduhr unerbittlich weiterläuft.

_Spielmaterial_

• jeweils 5 Kartensätze mit den Werten 1-18 in den fünf Spielfarben
• 3 Würfel
• 1 Six-Röhre
• 1 Sanduhr
• 1 Spielanleitung

Wie eingangs bereits erwähnt, ist die Wahl der Spielmittel recht schlicht und aufs Nötigste begrenzt. Dies gilt einerseits für die Reduzierung auf das Wesentliche, andererseits aber auch ganz klar für die Optik der Karten, die eher zweckdienlich und weniger auffallend gestaltet sind. Alles andere würde dem Spiel aber auch eine unnötige Hektik bescheren und gerade das hohe Tempo merklich beeinträchtigen. Man halte also fest: Es muss nicht immer quietschig bunt und außergewöhnlich sein. Manchmal, und eben auch hier, ist die Wahl der einfachen Dinge definitiv vorteilhafter.

_Spielvorbereitung_

Vor jeder Partie erhalten die Spieler ihren persönlichen Kartensatz und mischen ihn gut durch. Der nun gebildete Nachziehstapel wird verdeckt abgelegt, bevor dann die ersten drei Karten nebeneinander ausgelegt werden. Die Sanduhr wird bereitgestellt und mit Spielbeginn ebenfalls verdeckt in die Six-Röhre befördert. Sobald ein Startspieler ausgemacht wurde, der die drei Würfel an sich nimmt, wird die Röhre samt Spieluhr umgedreht, und das Spiel kann beginnen.

_Spielablauf_

„Six“ – da ist der Name schon Programm. Im Optimalfall beträgt die Nettospielzeit einer Partie ganz genau sechs Minuten und orientiert sich dabei am Zweiminutentakt der Sanduhr. Diese ist nämlich genau auf einen Rhythmus von zwei Minuten eingestellt, also diejenige Zeit, die eine der drei Spielrunden andauern soll.

Ist die Uhr nun gewendet, beginnt der Startspieler mit dem Würfeln. Er nimmt zunächst alle drei Würfel, dann nur noch zwei und als Letztes einen Würfel und benennt die jeweiligen Würfelsummen laut. Alle Spieler, die nun in ihrer Auslage eine dieser Summen zu liegen haben, dürfen die jeweilige Karte sichern und in ihre persönliche Ablage schieben. Brisant wird es indes, wenn der aktive Spieler eine Summe würfelt, die sich in seiner eigenen Auslage befindet. In dem Fall darf er die Karte nämlich nicht sichern, sondern muss mit dem Würfeln wieder von vorne, also mit allen drei Würfeln beginnen. Dies kann zur Folge haben, dass man schier endlos würfelt und selber nicht die Gelegenheit bekommt, Karten während der Würfelphase eines anderen Spielers loszuwerden.

Wer hingegen dreimal hintereinander ohne ein solches Ergebnis würfeln konnte, übergibt die Würfel an seinen linken Nachbarn mit dem Wort ‚Wechsel‘. Alle Spieler außer dem zuletzt Würfelnden müssen nun eine Karte nachziehen und in ihre Auslage legen. Sollten dort immer noch drei Karten nebeneinander liegen, muss nun eine davon verdeckt werden; es ist also nicht erlaubt, mehr als drei Kartenstapel aufzubauen. Karten, die sich nun in der zweiten Reihe befinden, werden bei entsprechendem Würfelergebnis nicht freigespielt und müssen darauf hoffen, wieder aufgedeckt zu werden.

Der Knackpunkt ist schließlich bei Verstreichen der zwei veranschlagten Minuten erreicht. Sobald die Würfel wechseln, hat der nun aktive Spieler die Möglichkeit, die Röhre zu heben und nachzusehen, ob die Sanduhr abgelaufen ist. Ist dies tatsächlich der Fall, muss sein Vordermann eine der bereits gesicherten Karten zurücknehmen. Andernfalls widerfährt diese Strafe dem Spieler, der auf diese Weise die Zeit kontrolliert hat.

Das Spiel wird nun exakt so lange gespielt, bis die Sanduhr dreimal aufgedeckt wurde. Anschließend werden die gesicherten Karten gewertet, wobei die Karten je nach Wahrscheinlichkeit eines Treffers natürlich unterschiedliche Punktzahlen bringen. Wer nun am besten abschneidet, hat die Partie gewonnen – und wird wahrscheinlich schon auf eine Fortsetzung brennen!

_Persönlicher Eindruck_

Ich muss ehrlich sagen, dass mich das Spielprinzip bzw. die ungewöhnliche Interaktion in „Six“ völlig positiv überrascht haben. Ein Spiel, das einen solch hohen Spielwitz mit einer vergleichbar simplen Spielregel kombiniert und wirklich über unzählige Partien zu fesseln vermag – ja, das findet man in der überfüllten Karten- und Brettspiellandschaft in der Tat sehr selten. Überzeugend ist vor allem, dass man ohne lange Einführung ins Spiel kommt, die Krux sofort begriffen hat, man aber dennoch oftmals in einige Handlungsnöte gerät. Welche Karte beispielsweise soll abgedeckt werden, wenn eine vierte, fünfte oder eventuell sogar sechste nachgezogen werden muss? Und wann genau sind diese verflixten zwei Minuten nun um? Wie viel soll man generell riskieren?

Natürlich, letztendlich entscheidet bei „Six“ natürlich fast ausschließlich das Glück, aber die geringen Einflussmöglichkeiten verleihen dem Ganzen noch einmal einen zusätzlichen Reiz, der den neuen Titel von Matthias Prinz zu einem echten Allrounder für wirklich jeden Spieltisch macht. Wer also immer noch nicht davon überzeugt ist, dass es häufig erst die schlichten Ideen sind, die langfristig begeistern, sollte sich von „Six“ eines Besseren belehren lassen. Hier ist die Mischung aus Witz, Tempo und Interaktion wirklich optimal!

http://www.amigo-spiele.de/

Krajewski, Marek – Kalenderblattmörder, Der

Bereits Susanne Goga hat mit [„Leo Berlin“ 1597 bewiesen, dass die Zwanzigerjahre einen durchaus reizvollen Krimi-Schauplatz abgeben. Ein zweiter Autor, der sich dieser Zeit als Hintergrund seiner Romane widmet, ist der Pole Marek Krajewski. Seine Romane um den eigenwilligen Kriminalrat Eberhard Mock spielen dagegen jedoch in Breslau und nicht in Berlin. Doch seine Einblicke in die Gesellschaft und den Geist der damaligen Zeit lassen ein ganz ähnliches Bild entstehen.

Es ist das Jahr 1927, als Kriminalrat Eberhard Mock eine Reihe recht mysteriöser Morde aufzuklären hat. Ein Musiker wird lebendig eingemauert aufgefunden und ein Stadtrat baumelt kopfüber mit einer Klaviersaite befestigt von einem Kronleuchter. Doch dies sind nicht die beiden einzigen Mordfälle, die Mock zu schaffen machen. Was Mock und seinen Kollegen besonderes Kopfzerbrechen bereitet, sind die abgerissenen Kalenderblätter, die der Mörder an den Leichen zurücklässt. Worauf spielt er damit an? Nachdem Mock lange Zeit im Dunkeln tappt, deutet eine Spur bis weit in die Vergangenheit Breslaus …

Derweil plagen Mock aber auch noch ganz andere Probleme. Seine Ehe läuft nicht besonders gut. Mock hat einen Hang zum Alkohol und geht nicht immer ganz sanft mit seiner Frau um – bis selbige ihn eines Tag Hals über Kopf verlässt. Mock versucht herauszufinden, was seine Frau hinter seinem Rücken treibt, und dazu werden auch schon mal die Kollegen zur Observierung der werten Gattin beordert …

Marek Krajewski skizziert das Breslau der 20er Jahre als ein Ort des Umbruchs. Die feine Gesellschaft genießt das Leben in vollen Zügen. Alkohol und Kokain wird dabei gerne mal reichlich zugesprochen und man vergnügt sich auch schon mal mit einer kleinen Orgie. Auch Mocks Frau scheint dem nicht abgeneigt zu sein und sucht den Spaß außerhalb des Ehebettes und der rustikalen Zuneigung des Kriminalrats Eberhard Mock. Die Schilderungen um die Erlebnisse von Mocks Frau spiegeln die Dekadenz der damaligen Oberschicht wider. Hinter den Türen der noblen, gut betuchten Breslauer Bürgerlichkeit tun sich Abgründe auf. Kaum ein Tabu bleibt ungebrochen.

Hinter dieser Dekadenz verbirgt sich aber auch eine zunehmende Verkommenheit, die in vielen Bereichen der Geschichte immer wieder durchschimmert. Alkoholismus ist salonfähig und geradezu alltäglich – auch unter Mocks Kollegen bei der Polizei. Und dass ein Eberhard Mock selbst im Ehebett derart rustikal zu Werke geht, dass das Wort Vergewaltigung keinesfalls übertrieben ist, und er obendrein seinen Posten dazu missbraucht, Kraft seine Amtes seiner Frau hinterherspionieren zu lassen, scheint ebenfalls niemanden zu kümmern. Auch sein Umgang mit Zeugen lässt nicht unbedingt die besten Manieren erkennen.

Das macht es dem Leser bzw. Hörer natürlich alles andere als leicht, den ungehobelten Kriminalrat ins Herz zu schließen. Mock ist kein Sympathieträger und schon gar kein strahlender Held im Dienste der Gerechtigkeit. Er ist ein sperriger Typ, dessen ungehobelte Art einem immer wieder gegen den Strich läuft. Da die Lesung von Hans-Werner Meyer obendrein gekürzt ist, fällt es schwer, sich so richtig auf Eberhard Mock einzulassen, und da er nun mal im Zentrum der Handlung steht, sorgt das für eine Distanz, die man bis zum Ende der Geschichte nicht so recht zu überwinden vermag.

Der Fall an sich ist durchaus spannend erzählt. Tappen Mock und seine Kollegen noch anfänglich komplett im Dunkeln, so offenbart sich mit der Zeit die Möglichkeit, dass die Taten irgendwie mit der Geschichte der Stadt verflochten sind. Und so entwickelt die Geschichte im Laufe der Ermittlungen noch einigermaßen Spannung. Etwas irritierend ist hingegen die Auflösung. Zum Ende hin bleibt einiges auf äußerst unbefriedigende Art offen im Raum stehen, und die mystische Note, die bei dieser Auflösung mitschwingt, hinterlässt einen recht unschönen Nachgeschmack. Dieser „Mystery-Faktor“ ist nicht nur unbefriedigend, sondern wirkt auch unstimmig.

Die 20er Jahre sind an sich eine verlockende Zeit voller Gegensätze, die einen hervorragenden Hintergrund für einen Roman abgibt. Ich hatte mir von diesem Hörbuch aber dennoch etwas mehr Atmosphäre erhofft. In der Kürze des Hörbuchs (gerade mal zwei CDs gegenüber 336 Buchseiten), scheint genau diese nämlich etwas auf der Strecke zu bleiben. Man merkt der Geschichte an, dass hier fleißig gekürzt wurde, und das ist sehr schade.

Hans-Werner Meyer macht als Erzähler seine Sache allerdings sehr gut. Er versteht sich darauf, die unterschiedlichen Figuren mit unterschiedlichen Stimmen zu lesen und lässt so im Kopf des Hörers ein Bild der unterschiedlichen Figuren entstehen.

Bleibt unterm Strich ein mittelmäßiger Eindruck zurück. Hans-Werner Meyer macht seine Sache als Vorleser sehr gut, wohingegen die Geschichte etwas zu straff erzählt scheint. Zu einer ohnehin schon so sperrigen Figur wie Eberhard Mock kann man so kaum eine Beziehung aufbauen, und daher bleibt in jedem Fall eine große Distanz zwischen Hörer und Figuren bestehen. Der Fall an sich ist zwar spannend, die mystische Note, die nach der Auflösung noch vieles im Unklaren lässt, stört hingegen.

Somit ist „Der Kalenderblattmörder“ leider nur ein allenfalls durchschnittliches Hörvergnügen. Im Zweifelsfall kann es also vielleicht sinnvoller sein, bei Marek Krajewski direkt zum Buch anstatt zum Hörbuch zu greifen.

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