Hannes Hegen (Hrsg.) / Lothar Dräger (Text) / Edith Hegenbarth (Zeichnungen) – Digedags und der Seedrachen, Die (Amerikaserie Band 14)

Unter der Schirmherrschaft von Hannes Hegen erschienen im „Mosaik“ Monat für Monat die Abenteuer des zwergenhaften Trios bestehend aus den mutmaßlichen Brüdern Dig, Dag und Digedag – kurz: „Die Digedags“. Allerdings nur im Osten der Republik, denn im Westen waren (und sind) die drei umtriebigen Wichte – und Vorväter der etwas bekannteren „Abrafaxe“ – weitgehend unbekannt. Nach der Wiedervereinigung wurde es still um die Digedags, bis 2005 alle bisher erschienenen Geschichten vom wiederauferstandenen Verlag |Junge Welt| noch einmal als Sammelbände zu je vier Heften komplett neu aufgelegt wurden.

_Die Digedags_

Die drei tauchen in verschiedenen Menschheitsepochen auf und erleben dort ihre Abenteuer bzw. begleiten Persönlichkeiten dieser Ära mit Fleiß, Wissen und Witz. Die stets jugendlich wirkenden Digedags altern nicht und ihr markantes Äußeres bleibt weitgehend unverändert – sämtliche leichten Variationen in ihrem Aussehen sind wohl eher der Weiterentwicklung Edith Hegenbarths als Zeichnerin zuzuschreiben. Die Texte legte ihnen Lothar Dräger in den Mund, das heißt: Nein, nicht direkt. Bei den Digedags herrscht nämlich weitgehend Sprechblasenfreiheit. An die Untertitelung der Panels hat man sich aber schnell gewöhnt und sie schätzen gelernt.

_Die Amerikaserie_

Die Amerikaserie, welche 1979 erstveröffentlicht wurde, ist eine der größten und umfasst 60 Einzelhefte (von 152 bis 211). Diese schafften es, ursprünglich zusammengefasst in insgesamt zehn Sammelbände, bis zur stolzen achten Auflage. Diese erschien noch 1989, kurz vor dem Mauerfall. Die Geschichte der Amerikaserie beginnt in New Orleans 1860, bevor der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, und sie endet in New York vier Jahre später. Bis dahin haben sich die Digedags quer durch den nordamerikanischen Kontinent gewuselt und im Kampf gegen die Sklaverei allerhand erlebt.

_Band 14 – Die Digedags und der Seedrachen (Mosaik 204 bis 207)_

Immer noch sitzen die Digedags auf der kleinen Karibik-Insel San Felipe in der Hand des adligen Despoten Don Manuel di Tornados fest. Der gedenkt auch weiterhin, den Ruhm der spanischen Flibustier-Piraten wieder aufleben zu lassen. Zu diesem Zweck hatte er die Digedags und Pedro dazu verdonnert, die Kanonen einer in einer Bucht gesunkenen spanischen Galeone zu bergen, was diese widerwillig ausführen mussten (vgl. „Die Digedags und die Piraten-Insel“). Auf Pedro können sie bei ihren Fluchtgedanken und -versuchen immer weniger zählen – der hat nur noch Augen für Senorita Isabella, des Dons bildhübsche Tochter. Diese Schwäche nutzen Vater wie Tochter schamlos dazu aus, „den stärksten Mann der Welt“ gefügig zu machen und bei der Stange zu halten – sehr zum Leidwesen der Digedags natürlich.

Das kindische Piratenspiel des verschrobenen Don geht also erst einmal beinahe ungehindert weiter. Aber eben nur beinahe, denn die Digedags spielen ihm immer wieder Streiche, die ihm sein „glorreiches“ Flibustier-Leben vergällen. Als das Maß voll ist, sperrt er das Trio in den höchsten Turm seines Kastells. Doch auch das kann die findigen drei Wichte nicht davon abhalten, sich etwas für ihre Flucht auszudenken. Wie man sie kennt, tüfteln so lange herum, bis sie – unter anderem mit Hilfe eines gelehrigen Affen – auf dem Luftweg aus ihrer Gefangenschaft entkommen können. Ihr Trip endet auf einem englischen Handelsschiff, der „Seedrachen“, wo sie zunächst willkommen geheißen werden. Allerdings entpuppt sich ihre Flucht als Phyrrus-Sieg, denn Lord Flapdoodle ist im Begriff, San Felipe anzulaufen. Die Digedags können den Engländer nicht davon abbringen.

_Eindrücke_

Der weichherzige Pedro, der stärkste Mann der Welt, begleitet die drei nun schon seit einer geraumen Zeit (vgl. „Die Digedags in Panama“), wandelt sich aber langsam zur Marionette der beiden spanischen Adligen – sehr zum Leidwesen der Digedags und natürlich auch der Leserschaft. Zudem ist der „San-Felipe-Zyklus“ mittlerweile unnötig lang geraten; irgendwann gehen einem die Eskapaden und verdrehten Redensarten des Don – so witzig sie zum Teil auch sein mögen – auf die Dauer ein wenig auf den Senkel. Die eigentliche Geschichte um den aus dem Bergsee in den Rocky Mountains geborgenen Goldschatz, den es in New York zu Geld zu machen gilt, um damit den „Sklaven Express“ und somit die Sache der Nordstaaten zu unterstützen, stagniert nun schon seit einigen Kapiteln in der Karibik.

Die schlechte Nachricht zuerst: Auch am Ende dieses Bandes (übrigens wieder ein „eingeschobener“ der Neuauflage, den es früher nicht gab) lungern die Digedags immer noch auf San Felipe herum. Die gute: Dank des Auftauchens von Lionel Flapdoodle kommt etwas Schwung in die Sache, und das hat sogar (indirekt) wieder etwas mit der Hauptgeschichte bzw. dem Bürgerkrieg in den USA zu tun. Das heißt, dass ein Ende dieses Trips auf einem Nebenarm der Story endlich absehbar ist. Allerdings muss sich der geneigte Leser für den endgültigen Schlusspunkt bis zum nächsten Band gedulden. Bis dahin dürfen die drei blitzgescheiten Wichte wieder alle Register ihres Geistes und Könnens ziehen, um dem spanischen Möchtegern-Piraten und dem gar nicht so feinen englischen Gentleman mit dem ihnen eigenen Humor tatkräftig in die Suppe zu spucken.

_Fazit_

Es ist bald geschafft, die Serie befindet sich im Endspurt und auch der etwas in die Länge gezogene Part über den Despoten von San Felipe ist de facto abgeschlossen. Dieser gesamte Teil, der auf der kleinen Karibik-Insel spielt, hinkt dem Rest der Amerikaserie ein wenig hinterher, da er sich zu sehr immer wieder in das gleiche Muster verstrickt. Ein Band wäre okay gewesen, bei der Neuauflage zeiht sich’s jedoch auf deren fast drei, bei der alten DDR-Version waren es „nur“ zwei, was subjektiv schon zäh genug war. Objektiv sind die Kapitel natürlich in Zahl und Inhalt gleich, nur anders auf die Sammelbände aufgeteilt. Eine Leseempfehlung gibt es trotzdem, schon der Komplettserie zuliebe.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die Digedags und der Seedrachen“ – Amerikaserie, Band 14
Enthält die Mosaik-Hefte 204 bis 207
© 1980 und (Neuauflage) 2005 – Buchverlag Junge Welt, Berlin
Herausgeber: Hannes Hegen
Text: Lothar Dräger
Figurinen: Edith Hegenbarth
ISBN: 3-7302-1886-7 (neu)

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Zurdo, David / Gutiérrez, Ángel – 616 – Die Hölle ist überall

In Boston rettet der Feuerwehrmann Joseph Nolan dem minderbegabten Gärtner Daniel bei einem Klosterbrand das Leben. Zuerst steht es schlecht um den alten Mann, doch nach und nach erholt er sich. Nolan besucht ihn des Öfteren und lernt dabei die reservierte Psychologin Audrey Barrett kennen, die auf Wunsch der Nonnen Daniel behandelt. Dabei entdeckt sie bei dem alten Gärtner eine merkwürdige Persönlichkeitsspaltung. Als er ihr Dinge sagt, die er nicht wissen kann, ahnt sie Schreckliches und will es doch nicht wahrhaben. Ist Daniel von einer überirdischen Wesenheit besessen – vielleicht sogar vom Teufel persönlich? Weiß Daniel tatsächlich, wo sich ihr seit fünf Jahren verschollener Sohn befindet?

Zur selben Zeit untersucht der Jesuit Pater Albert Cloister mysteriöse Ereignisse. Einem Priester wurden im geschlossenen Sarg die Knochen gebrochen; Ähnliches geschah einer alten Frau, die immer noch am Leben ist. Auch bei anderen Vorkommnissen steht immer wieder dieselbe Botschaft im Vordergrund: |DIE HÖLLE IST ÜBERALL.|

Je mehr sich Cloister mit dieser Nachricht auseinandersetzt, desto mehr erkennt er, dass er persönlich in diese Fälle verwickelt wird und sich eine unsagbar böse Kreatur mit ihm in Verbindung setzen will …

_Meine Meinung:_

In diesem Roman trifft „Der Exorzist“ auf „Sakrileg“. Die Wissenschaftsjournalisten Zurdo und Gutiérrez schufen einen fundierten und extrem gut recherchierten Mysterythriller, der neben einer Menge subtiler Spannung auch eine interessante Geschichte zu erzählen hat, die mit einer gut durchdachten Pointe aufwarten kann.

Zunächst beginnt der Roman recht verworren und viele Szenenwechsel erfordern eine gewisse Konzentration bei der Lektüre. Doch im Laufe des Buches wächst die Handlung zusammen, und obwohl es so gut wie keine Actionsequenzen im Roman gibt, ist er äußerst spannend und atmosphärisch. Am eindringlichsten und nachhaltigsten sind dabei jene Abschnitte, in denen ein Exorzismus an Daniel durchgeführt wird und Albert Cloister durch Tonbandaufnahmen mit dem Bösen kommuniziert. Die Protagonisten Audrey Barrett, Joseph Nolan und Albert Cloister wurden glaubhaft und vielschichtig dargestellt, so dass man unwillkürlich mit ihnen fühlt und leidet. Der Spannungsbogen baut sich langsam aber kontinuierlich auf, und die Geschichte weist einige überraschende Wendungen im Handlungsablauf auf.

Im Anhang berichten die Autoren über Fakten und Fiktion ihres Werkes, besonders die Wahrheit über die Zahl des Tieres ist überaus interessant zu lesen. Besonders gelungen ist dem |Droemer/Knaur|-Verlag die einmalige Aufmachung: Im Buchdeckel ist die Zahl 616 als Scherenschnitt abgebildet, hinter dem die Flammen des umklappbaren Umschlags zu sehen sind. Das Buch wurde auf hochwertigem Papier gedruckt und die Schrift hat die ideale Größe.

_Fazit:_

„616 – Die Hölle ist überall“ ist ein hervorragend recherchierter Mysterythriller über Besessenheit, die Wahrheit über die Zahl des Tieres sowie Judas Ischariot. Der flüssig lesbare Roman überrascht mit unerwarteten Wendungen und überzeugt durch subtile Spannung.

|Originaltitel: 616 – Todo es inferno
Aus dem Spanischen von Alice Jakubeit
Illustration: FinePic, München
408 Seiten Paperback
ISBN13: 978-3426663165|
http://www.knaur.de

_Florian Hilleberg_

Fielding, Joy – Nur der Tod kann dich retten

Gegen ihren eigentlichen Willen zieht Sandy Crosbie mit ihrem Mann Ian und den beiden Teenagern Megan und Tim in die verschlafene Kleinstadt South Torrance in Florida, wo Sandy als Lehrerin an der einzigen High School arbeitet. Kurz darauf erfährt sie, dass ihr Mann sich wegen seiner Affäre Kerri, einer gelifteten Blondine aus der Stadt, scheiden lassen will. Am liebsten würde Sandy die Stadt sofort wieder verlassen, doch vor allem Megan hat sich gerade erst eingelebt und Freundinnen gefunden.

Für Sandy beginnt ein einsamer Lebensabschnitt. Viele Schüler sind aufsässig und oberflächlich, ihre eigenen Kinder fühlen sich durch die Anwesenheit der Mutter an der Schule gestört und zu allem Überfluss muss Sandy auch noch die Tochter ihrer Rivalin unterrichten, die schüchterne Außenseiterin Delilah. Zudem hofft Sandy immer noch, dass ihr Mann seine Affäre beendet und zu ihr zurückkehrt.

Noch schlimmer wird für Sandy das Leben in Torrance, als ihre Schülerin Liana Martin spurlos verschwindet. Wenige Tage später werden alle Hoffnungen zerstört, als ihre Leiche auftaucht. Sheriff Weber übernimmt die Ermittlungen, ohne dass sich ein Anhaltspunkt findet. Bald fürchtet er, dass auch das verschwundene Mädchen aus dem Nachbarort einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein könnte. Tatsächlich ist ein Serienmörder am Werk, der schon das nächste Mädchen ins Visier genommen hat …

Frau in Gefahr, das ist das Motto eines jeden Joy-Fielding-Romans, so auch bei diesem Thriller.

|Spannende Handlung|

Solide wie üblich versteht es die Autorin, den Leser zu fesseln und die Identität des Mörders lange Zeit im Dunkeln zu halten. Dabei bangt man nicht nur um die Hauptfigur Sandy Crosbie, sondern darf auch rätseln, welches Opfer es als nächstes trifft. Ein paar Verdächtige geraten ins Visier, aber es ist absehbar, dass der wirkliche Täter nicht dabei ist.

Joy Fielding spielt mit Cliffhangern und wechselt häufig die Handlungsstränge, bevor Langeweile einsetzen kann. Mal gerät Sandy in eine brenzlige Lage, mal spielt sich ein Drama bei Kerri und Delilah ab, mal scheint Megan in Gefahr zu schweben. Erfreulicherweise werden keine Gewalt- oder Ekelszenen geliefert, zart besaitete Leser brauchen also vor der Lektüre nicht zurückschrecken, und es sind keine voyeuristischen Szenen dabei – das Werk hat sich vielmehr den Titel Psycho-Thriller redlich verdient.

|Sympathische Charaktere|

Keine der Figuren besitzt außerordentliche Tiefe oder Nachwirkung, dennoch sind einige von ihnen durchaus sympathisch, sodass man als Leser mit ihnen fühlt und sich inständig ein gutes Ende für sie wünscht. Dazu gehört natürlich vor allem Sandy Crosbie, sitzengelassen und einsam, die sich in einem ständigen Widerstreit der Gefühle befindet: Einerseits hofft sie, ihren Mann doch noch zur Rückkehr bewegen zu können, andererseits lässt sie sich von ihrer Freundin zu einem Blinddate überreden. Mit Recht bemerkt ihre irritierte Tochter, dass Sandy sich zeitweise wie ein alberner Teenager aufführt und genau die Fehler begeht, die sie Megan vorwirft.

Ein interessanter Nebenstrang dreht sich um die unansehnliche, unbeliebte Delilah – ausgerechnet die Tochter von Sandys Erzrivalin -, für die sie gegen ihren Willen Mitleid empfindet. Von ihrer Großmutter erntet sie nur zynische Spitzen, ihre zur Barbie-Puppe operierte Mutter schenkt ihr nur flüchtige Aufmerksamkeit, von den Mitschülern hagelt es böse Spitznamen. Sandy fühlt sich verpflichtet, das Mädchen zu ermuntern, obwohl sie zugleich jedes Zusammentreffen schmerzhaft an den Betrug ihres Mannes und sein neues Leben ohne sie erinnert.

Auch Sheriff Weber steht zeitweilig im Fokus. Einen Serienmörder im verschlafenen Torrance zu jagen, bedeutet eine große Aufgabe für ihn, der sich sonst höchstens mit Kneipenschlägereien befasst. Daneben muss er sich um sein kompliziertes Familienleben kümmern. Die Ehe mit Pauline ist eingeschlafen, seine ehemalige Affäre mit Kerri droht öffentlich zu werden und Tochter Amber scheint der Magersucht verfallen.

Neben der Suche nach einem Killer präsentiert der Thriller also auch ein typisches Kleinstadt-Szenario, in dem kein Geheimnis lange verborgen bleibt und alle Einwohner wie Nachbarn zueinander stehen. Die kleinen und großen Sorgen und Ängste der Bewohner werden zum zweiten Hauptthema der Handlung gemacht. Da sind der drängende Wunsch von Megan, endlich vollkommen von ihren neuen Freundinnen akzeptiert zu werden, die ersten Liebeleien und Eifersuchtsprobleme, die Befürchtungen eines Jungen, für schwul gehalten zu werden, das Wetteifern um Schönheit und Beliebtheit unter den Teenagern, lauter Ausschnitte aus dem Leben und Leiden von Highschool-Absolventen, die sich erst noch auf der Welt zurechtfinden müssen.

|Schwaches Ende|

Leider bleibt der positive Aha-Effekt bei Finale größtenteils aus. Zwar ist die Auflösung der Frage, wer sich hinter den Morden verbirgt und welches Motiv den Anlass gab, nicht leicht vorherzusehen. Allerdings ist die Präsentation des Mörders auch gleichzeitig einigermaßen unglaubwürdig. Vor allem die Sequenzen, die zwischendurch aus dem „Totenbuch“ des Täters verfasst wurden, sind in Hinblick auf seine Identität nicht immer stimmig. Die Gedanken, die der Mörder dort preisgibt, erscheinen teilweise unplausibel. Ungeschickt ist zudem, dass man über die Beweggründe und Vorgehensweise des Täters fast nur über dessen Geständnis informiert wird, anstatt dass andere Figuren diese erschließen. Sogar die letzten Zeilen enttäuschen, in denen Raum für eine Fortsetzung gelassen wird oder zumindest ein kleiner Schockeffekt erzielt werden soll. Tatsächlich aber lesen sich die Andeutungen eher aufgesetzt und erinnern an schlechte Horrorfilme, in denen das Monster nie endgültig besiegt wird.

_Als Fazit_ bleibt ein Werk in gewohnter Joy-Fielding-Qualität mit solider Spannung. Zwar bleibt der Thriller nicht lange im Gedächtnis haften und die Täter-Identifikation ist nicht wirklich überzeugend, doch bei nicht zu hohen Erwartungen bietet sich dennoch unterhaltsamer Lesestoff.

_Die Autorin_ Joy Fielding, geboren 1945 in Toronto, Kanada, hatte bereits in ihrer Kindheit großes Interesse am Schreiben. Vor ihrer Karriere als Schriftstellerin studierte sie englische Literatur und arbeitete eine Weile als Schauspielerin. 1991 gelang ihr mit dem Roman „Lauf Jane, lauf“ der internationale Durchbruch. Seitdem landen ihre Frauenthriller regelmäßig auf den Spitzenpositionen der Bestsellerlisten. Weitere Werke sind u. a. „Sag Mammi goodbye“, „Ein mörderischer Sommer“, „Schlaf nicht, wenn es dunkel wird“ und „Träume süß, mein Mädchen“.

http://www.joyfielding.com
http://www.randomhouse.de/goldmann/

_Joy Fielding auf |Buchwurm.info|:_
[„Schlaf nicht, wenn es dunkel wird“ 556
[„Träume süß, mein Mädchen“ 4396

Keene, Brian – lange Weg nach Hause, Der

Steve Leibermann und drei seiner Arbeitskollegen befinden sich auf der Heimfahrt von der Arbeit, als sie eine gewaltige Explosion wahrnehmen und ein Geräusch wie das Trompeten einer riesigen Posaune. Hunderte von Autos geraten in einen Massenunfall, und in dem allgemeinen Chaos fällt erst relativ spät auf, dass mehrere Menschen von einem Augenblick zum anderen spurlos verschwanden.

So auch Steves Kollege Craig. Hector, der Fahrer, stirbt bei dem Unfall, so dass sich Steve und Charlie allein auf den langen Weg nach Hause machen. Steve hat nur den einen Wunsch, seine Frau Terrie wiederzusehen. Der merkwürdige Vorfall scheint sich nämlich auf das ganze Land, wenn nicht die ganze Welt ausgewirkt zu haben. Die Handynetze sind zusammen- und Anarchie ist ausgebrochen, jeder kämpft ums Überleben. Den beiden Kollegen schließt sich der Bauarbeiter Frank an. Gemeinsam machen sich die drei Männer auf den Weg ins Ungewisse …

_Meine Meinung:_

Mit Brian Keene hat der |Otherworld|-Verlag einen Autor an der Hand, der nicht zu Unrecht als neuer Stern am Horror-Himmel gefeiert wird. Mit seinen umfangreichen Büchern „Die Wurmgötter“ und „Im Reich der Siqqusim“ bildet die vorliegende Novelle das bislang kürzeste Werk des Schriftstellers in deutscher Sprache. Auf gerade mal 152 Seiten entwirft Keene ein Horror-Szenario sondergleichen und schafft eine gelungene Endzeitstimmung, die auch ohne menschenfressende Zombies wunderbar eindringlich und atmosphärisch wirkt.

Die Charaktere wurden sehr real dargestellt, und die Schilderung aus der Perspektive Steve Leibermanns hilft dem Leser dabei, sich besser in das düstere Geschehen hineinzudenken. Ebenso wie Leibermann wird auch dem Leser suggeriert, dass am Ende alles gut werden könnte; die Hoffnung bleibt bis zum Schluss erhalten, obwohl die Geschichte durchzogen ist von einem immerwährenden Schleier der Trostlosigkeit und der bangen Erwartung, ob Leibermanns Frau noch lebt oder bereits tot oder verschwunden ist.

Zugleich hat sich der Autor die Gelegenheit nicht entgehen lassen, mit den Arschlöchern des täglichen Lebens abzurechnen und sie literarisch mal richtig zur Ader zu lassen. Der christlich-religiöse Plot der Story ist hingegen Geschmackssache; man muss sich schon zum Ende hin bewusst machen, dass man keine Werbebroschüre der Kirche in Händen hält. Hier liegt das einzige Manko dieser rasanten Achterbahnfahrt zwischen Hoffen und Verzweifeln. Die zuerst als Kurzgeschichte konzipierte Story hätte weitaus besser funktioniert, wenn die Ursache für das Verschwinden der Menschen und das Ausbrechen der Anarchie im Dunkeln geblieben wäre.

Eine kleine Entschädigung für den wirklich sehr kurzen Roman ist das ausführliche Vorwort des Horror-Experten John Skipp, der sich unter anderem mit der Anthologie „Book of the Dead“ (dt. „Das große Horror-Lesebuch“, erschienen im |Goldmann|-Verlag) einen Namen machte, das er gemeinsam mit Graig Spector herausbrachte.

Wie immer glänzt der |Otherworld|-Verlag durch eine ansprechende Aufmachung und hochwertiges Papier. Ein Glossar der handelnden Personen erleichtert das schnelle Nachschlagen und ein ausführliches Autorenportrait ist mittlerweile aus den Büchern des Verlages nicht mehr wegzudenken. Die große Schrift ist zur Abwechslung mal ganz angenehm für die Augen, nur der hohe Preis wirkt abschreckend und ist unangemessen hoch für eine Geschichte in Heftromanlänge.

_Fazit:_

„Der lange Weg nach Hause“ bietet ein düsteres und spannend geschriebenes Endzeitszenario mit glaubhaften Charakteren. Einzig das Ende der Geschichte ist etwas zu religiös ausgefallen. Leider ist das Büchlein mit 8.95 €uro zu teuer für die 160 Seiten geraten. Allerdings bietet das Buch eine kurzweilige Lektüre und lässt sich binnen zweier Stunden wunderbar flott durchlesen.

|Originaltitel: Take the long way home, 2006
159 Seiten Taschenbuch
Aus dem Englischen von Michael Krug
Titelillustration: Claudia Flor
ISBN: 9783902607010|
http://www.otherworld-verlag.com

_ Brian Keene auf |Buchwurm.info|:_

[„Das Reich der Siqqusim“ 3368
[„Die Wurmgötter“ 4469

_Florian Hilleberg_

Sturgeon, Theodore – Milliarden-Gehirn, Das

_Das geschieht:_

„Medusa“ ist eine Kollektivintelligenz aus den Tiefen des Weltalls. Sie schickt Sporen aus, die durch den Raum treiben, bis sie einen Planeten erreichen, auf dem Leben möglich ist. Die Sporen nisten sich in den Hirnen ihrer Wirte ein und kontaktieren Medusa, die anschließend die geistige Herrschaft über diese Spezies übernimmt.

So funktionierte es jedenfalls, bis einer dieser Sporen die Erde erreicht. Nie hat die außerirdische Intelligenz eine Lebensform kennengelernt, die aus separat denkenden und handelnden Individuen besteht. Dieses Konzept ist Medusa völlig fremd, und sie hält es für einen biologischen Defekt, den sie zu beheben gedenkt.

Das ist leichter gesagt als getan, denn der Zufall will es, dass Medusas Spore sich ausgerechnet im Hirn des Säufers und Wirrkopfs Dan Gurlick festsetzt. Sie kann es nicht verlassen und muss sich mit den Verhältnissen arrangieren. Mit Zuckerbrot und Peitsche bringt Medusa den widerstrebenden Gurlick dazu, ihr erstens Informationen über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns und zweitens Rohstoffe und Gerätschaften zu beschaffen, mit denen sie eine Apparatur konstruiert, die es ihr ermöglicht, alle Menschenhirne der Erde ‚zusammenzuschalten‘. Endlich ist es soweit. Gurlick schaltet ein. Die Menschheit verschmilzt zum „Milliardenhirn“ und wird Teil des Medusa-Kollektivs …

_Mancher Plan scheint vollkommen …_

Es beginnt als übliche Geschichte von der Invasion aus dem All, die man schon oft gelesen hat und immer wieder gern liest. Theodore Sturgeon gab ihr den Titel „The Cosmic Rape“, was ja durchaus unheilvoll klingt. Allerdings stellen sich beim Leser rasch Momente der Irritation ein, denn die Story nimmt nur scheinbar den bekannten Verlauf.

Mit „Medusa“ ist Theodore Sturgeon eine besondere ‚Figur‘ gelungen. Invasoren aus dem Weltall haben die Menschheit schon in unzähligen Romanen und Filmen überfallen. Vor allem in den 1950er Jahren stand meist böse Absicht dahinter – in Vertretung der Sowjetunion oder Chinas wollten die Eindringlinge die freien Menschen der Erde (= die Bürger der USA und ihre Verbündeten) unterjochen. Das will Medusa zwar ebenfalls, doch treibt sie eine seltsame Mischung aus Unverständnis und gutem Willen.

Sturgeon konstruiert eine Galaxis, in der das Leben als Kollektiv agiert. Man muss sich das etwa wie in einem Bienenstock oder Ameisenhaufen vorstellen: Das einzelne Insekt ist nichts; erst der Schwarm bringt Gewaltiges zu Stande. Die menschliche Individualität ist in diesem Fall das Fremde. Medusa kann nicht begreifen, dass der einzelne Mensch seine eigenen Entscheidungen trifft und gleichzeitig in der Gemeinschaft lebt, ohne seinen eigenen Willen aufzugeben. Also schafft sie Abhilfe – ihre Invasion ist eher Rettungsaktion. („Star-Trek“-Kenntnisse im Borg-Bereich sind zum Verständnis des Konzepts sehr hilfreich. Übrigens hat Sturgeon 1978 eine eigenen Roman zum Franchise beigetragen.)

Ohnehin kann von einer ‚Invasion‘ nicht geredet werden. Sturgeon macht sehr deutlich, dass Medusas ‚Opfer‘ nicht absorbiert i. S. von aufgelöst, sondern eingegliedert wurden: Ein Kollektiv ging in einem noch größeren Kollektiv auf – ein völlig normaler Vorgang, der nur im Falle der Menschheit zum „cosmic rape“, zur Vergewaltigung aus dem Weltall – so der Originaltitel – wurde.

Schon der Akt der Invasion ist untypisch. Medusas Sporen treiben im ‚Blindflug‘ durch das All; von einer gezielten ‚Eroberung‘ kann also keine Rede sein. Kein Außerirdischer wird die Erde betreten, Medusas gigantischer Kollektivkörper bleibt, wo er ist – nämlich überall und nirgends. Medusa muss nicht körperlich anwesend sein, da sie ihre ‚Glieder‘ per Gedankenkraft lenkt, die sie ungeachtet der Entfernung unmittelbar erreicht.

_… um schließlich vollkommen zu scheitern_

Medusa erleidet Schiffbruch, weil sie nie wirklich versteht, wie die Mensch funktioniert. Deshalb begreift sie auch nicht die Ungunst ihrer Ausgangslage, als sie ausgerechnet Dan Gurlick als Relais verwendet, der nicht nur ein Außenseiter, sondern geradezu der Inbegriff des Einzelgängers ist. Medusa benutzt ihn, aber er reagiert kontraproduktiv. Sturgeon verdeutlicht die Vielfalt der menschlichen Individualität, indem er die Schicksale weiterer Personen schildert: Guido ist eine Kriegswaise in Italien, Mbala ein afrikanischer Ureinwohner, Sharon Brevix ein vierjähriges Mädchen, das in der Wüste verlorengeht. Sie und andere Menschen verlieren als „Milliardengehirn“ keineswegs ihre gedankliche Selbstständigkeit. Stattdessen formen sie das Kollektiv zu einem Instrument um, das die negativen Seiten des Menschseins – Einsamkeit, Missverständnisse, Eigennutz – ausfiltert und ein weltweites Über-Ich bildet, zu dem alle Menschen Zugang haben, ohne dabei ihre Individualität zu verlieren.

Das ist so, wie Sturgeon es schildert, ein erstaunlicher, fast poetischer Vorgang. Nicht einmal Medusa selbst kann sich dem entziehen; sie entwickelt sich gemeinsam mit der Menschheit weiter. Zum Schluss haben alle etwas von dieser seltsamen Invasion. Nationalitäten oder gar Grenzen sind obsolet und der Mensch nicht nur Mensch geblieben, sondern wesentlich menschlicher geworden. Das klingt besonders für den zynischen Leser der Gegenwart möglicherweise naiv oder sogar lächerlich, ist es aber nicht, denn Sturgeon ist ein wortgewandter Autor, der Schmalz und Gefühlsduselei durch starke Bilder und plastische Charaktere ersetzt. Die perfekte Mischung aus Ernst und Leichtigkeit hat sogar die Übersetzung überstanden.

_“Fiction“ ohne „Science“_

Theodore Sturgeon hat sich nie besonders um den Aspekt der technischen Möglichkeit von SF gekümmert; er zog „inner fiction“ vor, die den Menschen der Zukunft in den Mittelpunkt stellte. Folgerichtig drückt er sich um eine ‚logische‘ Erklärung der Mechanismen, mit denen Medusa ihr Invasionswerk vorantreibt. Allerdings zieht sich Sturgeon überaus elegant aus der Affäre: Er beschreibt, wie sich Alien-Technik quasi selbst kreiert, um dies ansonsten unkommentiert zu lassen. Was dort entsteht, ist sichtlich unwichtiger als die Folgen für die Menschheit. So verwundert es nicht, dass Sturgeon auf den „Hard-SF“-Ballast verzichten kann, mit dem die eher naturwissenschaftlich ausgerichteten Autoren des Genres ihre Werke aufblähen. Sturgeon kommt mit dem „Milliarden-Gehirn“ nach 160 Seiten (im Original und in der deutschen Übersetzung) zu einem plausiblen Ende. Greg Bear, der die Menschheit 1985 in „Blood Music“ (dt. „Blutmusik“) ebenfalls ‚verschmelzen‘ ließ, benötigte mehr als das doppelte Volumen, um nur halb so intensiv zu überraschen …

_Anmerkung_

„The Cosmic Rape“ basiert auf der Novelle „To Marry Medusa“, die ebenfalls 1958 in der August-Ausgabe des Magazins |Galaxy Science Fiction“| erschien. Sturgeon baute sie quasi zeitgleich zum Roman aus, der – nichts ist einfach auf dieser Welt – später neu aufgelegt den Titel der Novelle ‚übernahm‘ und seither gern mit dieser verwechselt wird.

_Der Autor_

Theodore Sturgeon wurde als Edward Hamilton Waldo am 26. February 1918 auf Staten Island, New York, geboren. 1929 übernahm er den Nachnamen seines Stiefvaters William Sturgeon und änderte seinen Vornamen vom ungeliebten Edward zu (es fällt schwer dies nachzuvollziehen) Theodore.

Der junge Theodore Sturgeon plante eine Karriere als Trapezkünstler. Parallel dazu wollte er das College besuchen, wurde von seinem Vater jedoch der Disziplin wegen auf eine Militärakademie geschickt. Dieser glücklich entkommen, versuchte sich Sturgeon in einer ganzen Reihe von Jobs und schrieb nebenbei Geschichten. Erste Storys erschienen 1938, und 1939 gelang ihm mit „Ether Breather“ der Durchbruch als Profi in |Astounding Science Fiction|. Sturgeon wurde eine der Größen des Genres, wobei er die zeitgenössischen Space-Operas weitgehend mied und sich auf die ‚menschliche Seite‘ der Zukunft konzentrierte, womit er die SF der 1950er und 60er Jahre vorwegnahm.

Sturgeon gilt als großer Stilist, dessen mehr als 200 Kurzgeschichten den Romanen vorgezogen werden. Allerdings gehört „More Than Human“ (1953; dt. „Baby ist drei“/“Die Ersten ihrer Art“) zu den Klassikern des Genres und wurde 1954 mit einem |International Fantasy Award| ausgezeichnet. Zu seinem Werk gehört auch der innovative Vampir-Roman „Some of Your Blood“ (1961; dt. „Blutige Küsse“).

Theodore Sturgeon erlag am 8. Mai 1985 einer Lungenentzündung. Posthum wurde er mit einem |World Fantasy Award| ausgezeichnet. Mehr über sein Leben und Werk lässt sich folgender Website entnehmen:

http://www.physics.emory.edu/~weeks/misc/sturgeon.html („The Theodore Sturgeon Page“)

_Theodore Sturgeon auf |Buchwurm.info|:_
[„Die Ersten ihrer Art“ 1402
[„Die goldene Helix“ 1721

Erhardt, Stefan (Autor) / Görtler, Carolin (Illustratorin) – Tim will zum Fußball

Kurz vor Beginn der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz ist Fußball in aller Munde. Und wer immer noch nicht weiß, worauf es beim Fußball ankommt und welche Positionen es für die Spieler auf dem Platz gibt, der kann sich dies nun auf unterhaltsame Weise erzählen lassen.

Inspiriert von der |Sportschau|, die sein Papa nie verpasst, peilt der kleine Tim eine Karriere als Fußballstar an. Doch so richtig weiß er noch gar nicht, auf welcher Position er eigentlich spielen will. Also versuchen Vater und Sohn gemeinsam herauszufinden, welche Talente Tim hat und wo er diese am besten einsetzen könnte. Allerdings klappt die Kommunikation nicht so ganz, denn Tim versteht seinen Papa oftmals falsch und glaubt zum Beispiel, dass die Mausefalle aus dem heimischen Keller ihm bei der Abseitsfalle behilflich sein könnte oder dass er nun täglich Bananen essen muss, um bessere Bananenflanken schießen zu können. Am Ende weiß Tim aber, was er werden will, denn er hat auf jeder Position seine Talente entdeckt und kann somit vom Abwehrspieler über den Stürmer bis hin zum Trainer alle Rollen einnehmen.

„Tim will zum Fußball“ ist eine liebevoll illustrierte Geschichte für Kinder, die sich kurz vor der Europameisterschaft noch genauer über Fußball informieren möchten. Stefan Erhardt erzählt die Geschichte eines Gesprächs zwischen Vater und Sohn, das den Fußball und die notwendigen Talente der einzelnen Spieler zum Inhalt hat. Im Grunde genommen ist die Geschichte sehr simpel gestrickt, denn Tims Vater erzählt seinem Sohn, welche Möglichkeiten es im Fußball gibt und welche Kenntnisse und Talente für die jeweilige Rolle erforderlich sind. Ihren Reiz gewinnt die Erzählung dadurch, dass Tim seinen Vater ganz allerliebst missversteht. Wenn sein Vater ihm sagt, dass der Ball einem Stürmer am Fuß kleben muss, holt Tim schon die große Tube Klebstoff aus seinem Zimmer, um dem Ganzen nachzuhelfen. Und dieses Muster setzt sich auch fort, bis schließlich alle Positionen durchgespielt sind und Tim den Eindruck gewinnt, er könne eigentlich alles machen.

Gelesen ist die Geschichte recht schnell, aber durchgeblättert auf keinen Fall, denn jede Doppelseite ist liebevoll und farbig gestaltet. Carolin Görtler haucht Erhardts Figuren Leben ein und lässt uns dadurch an ihren Emotionen und Handlungen teilhaben. Alle Zeichnungen stimmen bis ins letzte Detail und verbergen viele niedliche Feinheiten, die unbedingt entdeckt werden wollen. Tim und seinen Vater werden so zum Beispiel von zwei lustige Gefährten bei ihrem Gespräch begleitet, und zwar einem Teddybär und einer kleinen Maus. Diese beiden süßen Gesellen werden während des Gesprächs ebenfalls aktiv. Auf dem einen Bild sieht man den Teddybär in voller Fußballfanmontur mit einem Wimpel in der Pfote, auf einem anderen spielen sich Teddy und Maus einen kleinen gestreiften Ball zu, in der nächsten Szene sucht der Bär verzweifelt nach der Maus und kurz darauf trainiert der Teddy seine Sportler-Beine, indem er drei Bücher mitsamt der Maus in die Höhe stemmt. Diese hübschen Details sorgen dafür, dass man jedes Bild minutenlang anschaut, jeden Winkel betrachtet, um auch bloß nichts zu verpassen.

Text und Bild gehen in diesem wunderschönen Buch Hand in Hand; besonders angetan hat es mir die vorletzte Doppelseite, auf der Tim noch einmal rekapituliert, was er eigentlich alles kann und welche Möglichkeiten im Fußball ihm dies eröffnet. Und natürlich setzt es sich hier wieder fort: Er nimmt die Aussagen seines Vaters wörtlich und will dem Gegner mit einer Schere den Weg abschneiden bzw. das Spiel ankurbeln, indem er an einer Kurbel dreht, die am Rande eines Miniaturstadions befestigt ist. Jedes Bild passt wunderbar zu der hübschen Geschichte, doch ohne diese liebevollen Zeichnungen, die Tims Missverstehen noch einmal verdeutlichen, würde die ganze Erzählung nicht funktionieren.

„Tim will zum Fußball“ ist eine allerliebst illustrierte Geschichte für Fußballfans jeden Alters, die irgendwie Kind (geblieben) sind und Spaß daran haben, etwas Neues zu entdecken. Dieses Buch kann man nach dem ersten Lesen gleich noch einmal von vorne beginnen, um den Zeichnungen noch mehr Aufmerksamkeit widmen zu können. Dann nämlich entdeckt man auf einigen Seiten tatsächlich noch etwas Neues.

http://www.titania-verlag.de

Poe, Edgar Allan / Hala, Melchior / Sieper, Marc / Hank, Dickky / Weigelt, Thomas – Flaschenpost, Die (Poe #26)

Edgar Allan Poe weiß nun um seine wahre Identität. Er ist selbst der große Dichter, den alle Welt für tot hält. Und gerade das ist das Problem. Sollte er damit an die Öffentlichkeit gehen, würde man ihn wieder für verrückt erklären und einsperren. Poe beschließt, mit Leonie ein neues Leben zu beginnen und hält um ihre Hand an.

Gemeinsam suchen sie eine Überfahrt nach England, doch eine grauenhafte Seuche an Bord zwingt sie dazu, vom Schiff zurück an Land zu fliehen. Poe versucht sich indes an neuen Kurzgeschichten und Gedichten, doch das Schicksal holt ihn abermals ein, als ein Leser seines Werkes den gebeutelten Mann beschuldigt, billige Plagiate des großen Dichters Edgar Allan Poe zu fabrizieren. Gerade erst dem teuflischen Dr. Baker entronnen und sich seiner eigenen Identität bewusst, muss Poe erkennen, dass er trotz allem lebendig begraben ist in seinem neuen Leben …

_Meine Meinung:_

Ruhig und besonnen beginnt die neue Staffel der Erfolgsserie „Edgar Allan Poe“, die mit dieser Folge den zweiten großen Handlungsstrang beginnt. Damit, dass Poe in Episode 25 seine wahre Identität erfährt und die Gefahr durch Dr. Baker gebannt wurde, ist der erste große Handlungsbogen abgeschlossen, der stark komprimiert auch als |Bastei Lübbe|-Taschenbuch unter dem Titel „Lebendig begraben“ erhältlich ist. Daher bildet „Die Flaschenpost“ für Neueinsteiger die ideale Startfolge.

Die vorliegende Episode beginnt also sehr ruhig und verhalten; die neuen Abenteuer kommen erst langsam in Fahrt und düstere Andeutungen sprechen dafür, dass Poe auch in Zukunft keinen Frieden finden wird. Exzellent ist einmal mehr die schauspielerische Leistung von Ulrich Pleitgen und Iris Berben, die in ihren Rollen hörbar aufgehen. Sehr eindringlich gestaltet sich vor allem die Szene, in der Poe und Leonie vor dem missgestalteten Dr. Baker stehen. Darüber hinaus bietet das Hörspiel wenig Dramatik und beschäftigt sich zum größten Teil mit den Selbstzweifeln des Protagonisten.

Atmosphäre und Effekte sind von gewohnt hoher Qualität, nur in Sachen Musik gibt es leider nichts Neues zu vermelden – weiterhin werden die bekannten Stücke verwendet. Hier sollte man ein wenig Abwechslung walten lassen, um einem Gewöhnungseffekt vorzubeugen. Mit einer Spielzeit von 74 Minuten, unterteilt in 18 Tracks, werden die Möglichkeiten des Mediums ausreichend genutzt. Als Bonus gibt es den klangvollen Song „Elenore“, gesungen von Christopher Lee!

Booklet und Covergrafik bieten dem Hörer den gewohnten Anblick eines edlen Gothic-Dramas. Inhaltlich hat das Begleitheftchen immer noch wenig zu bieten, außer einer Vorstellung der Hauptdarsteller sowie der üblichen Besetzungsliste und einer Aufstellung der bislang erhältlichen Hörspiele.

_Fazit:_
„Die Flaschenpost“ ist ein verhaltener Beginn der siebten Staffel und des neuen Handlungsstranges um Edgar Allan Poe. Produktionstechnisch und sprachlich bewegt sich die Folge auf dem üblichen hohen Niveau. Lediglich die Musikstücke sind dem Kenner der Folgen bereits bekannt und bieten nichts Neues.

|74 Minuten auf 1 CD|
http://www.poe.phantastische-hoerspiele.de
http://www.luebbe-audio.de

_Florian Hilleberg_

Saviano, Roberto – Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra

Neapel im südlichen Italien ist ein wunderschöner und malerischer Ort. Als drittgrößte Stadt ist sie neben Rom und Mailand ein wichtiges Zentrum, allerdings weniger unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt. Vielmehr gibt es wichtige kulturelle Sehenswürdigkeiten wie Paläste, Burgen, Schlösser, Klöster und Kirchen, Kunstausstellungen und Galerien. zu bestaunen.

Die Arbeitslosenquote von 20 bis 30 Prozent ist für die Größe von einer Million Einwohnern und den kulturellen Reichtum der Gegend eher verwunderlich. Exakte wirtschaftliche Zahlen sind aber schwer zu bestimmen, da die Camorra mit einer Art von Schattenwirtschaft über die ganze Region herrscht.

Die Camorra ist eine Verbrecherorganisation, die ähnlich wie die Cosa Nostra und die sizilianische Mafia strukturiert ist, ein Syndikat, das schon längst alles in der Stadt und der Region steuert. Die Wirtschaft befindet sich fest in der Hand des organisierten Verbrechens, still geduldet von Politikern, Stadträten und Bürgermeistern, die aus Angst und Abhängigkeit nicht reagieren können oder wollen, die Polizei und die Staatsanwaltschaft tragen einen fast aussichtslosen Kampf aus. Erpressung und Einschüchterung tun ihr Übrigens dazu, und immer wieder geraten auch unschuldige Zivilisten in den Bandenkriegen zwischen den Clans und Familien und bezahlen nicht selten mit ihren Leben.

Im Jahre 2006 wurden beispielsweise bis Oktober rund 700 (bekannt gewordene) Morde verübt, und die Politiker erwogen in dieser Extremlage bereits, das Militär in der Stadt einzusetzen. Neapel ist zu einem Schauplatz der Gewalt geworden: Drogenhandel, Prostitution, Produktpiraterie von Luxusgütern, durch Korruption und Erpressung organisierte Großaufträge im Baugewerbe, hinzu kommen der Waffenhandel und auch die illegale Müllentsorgung, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Camorra hat bei alldem keine Angst vor der Staatsanwaltschaft oder dem Innenministerium, natürliche Feind gibt es keine, und wenn sich jemand gegen die Interessen der Clans und Familien stellt, so ist dies gleichbedeutend mit Selbstmord.

Der 28-jährige Roberto Saviano, ein Journalist aus Casal die Principe, hat die Geschäftspraktiken der Camorra in seinem Erstlingswerk „Gomorrha“ beschrieben. Dabei geht er deutlich ins Detail, schildert die Machenschaften und Verflechtungen der organisierten Kriminalität, und hat dennoch keine Furcht davor, die Namen der Oberhäupter der Clans und Familien zu nennen. Gewagt hat so etwas noch niemand ,und Roberto Saviano ist sich durchaus bewusst, dass sein Mut ihn das Leben kosten könnte.

„Gomorrha“ ist ein erschütternder Bericht, kein Roman, aber auch nicht als Sachbuch einzuordnen. Es ist ein gut recherchierter und aufwühlender Tatsachenbericht, der uns Mitteleuropäer beschämen sollte, zumindest aber jeden Menschen, der vielleicht von der organisierten Kriminalität profitiert oder bewusst darüber hinwegsieht. Was müssen die Journalisten der Region über den jungen Mann denken, der einen solchen Mut aufbringt? Schütteln sie den Kopf über seinen Übermut oder zollen sie Roberto Saviano Respekt, wenn auch nur still und anonym?

_Inhalt_

„Gomorrha“ ist ein Buch voller düsterer und erschreckender Tatsachen. Roberto Saviano fesselt seine Leserschaft dabei dermaßen, wie es sonst nur ein atmosphärisch dichter Roman schaffen kann. In Italien erschien „Gomorrha“ tatsächlich als Belletristik; hier liegt die Vermutung nahe, dass das Verlagshaus |Mondadori|, das sich im Besitz des früheren Ministerpräsidenten Berlusconi befindet, von dem Gewicht der Wahrheit um die Camorra distanzieren wollte. Aber dieses Tatsachenwerk gehört definitiv nicht das Genre fiktiver Literatur.

Der Macht der Camorra und dem Strudel aus illegaler Gewalt, Blutrache und globalen Geschäften kann man sich in Neapel nicht entziehen, geschweige denn wegschauen oder ignorieren. Das Buch ist diesbezüglich gründlich recherchiert und atemlos anklagend geschrieben. Alle Fälle sind aktenkundig und zumindest durch Beweise und Indizien in einer Ehrlichkeit beschrieben, die beispiellos ist. Robert Saviano malt ein Schreckensbild und verbindet dies mit eigenen Erinnerungen und Emotionen. Anklagend, wütend und empört beschreibt er Fehden und kriegerische Auseinandersetzungen der Clans. Er beschreibt Drogensupermärkte und erzählt von Schulkindern, die mit kugelsicheren Westen bekleidet Schmiere stehen. Er beschreibt ‚Unfälle‘ ,auf Baustellen deren Opfer vor Übermüdung und Überbeanspruchung von Notärzten nicht behandelt werden, aus Angst davor, sich damit Feinde zu machen. Angeschossene Opfer werden blutend auf der Straße liegen gelassen, aus Angst davor, die Killer könnten zurückkommen.

Seine Reisen durch die neapolitanische Unterwelt unternimmt der junge Autor zu Fuß oder mit seiner Vespa. Manchmal ist er nur Zuschauer, manchmal auch Beteiligter. Als Hafenarbeiter getarnt, schuftet er bei Morgengrauen und löscht Schmuggelware für die Camorra. Wenig später lernt er den Schneider Pasquale kennen, der wie viele seiner Kollegen für einen Hungerlohn Kleider näht, die unter einem berühmten Modelabel weiterverkauft werden, was Unsummen an Profit für die Bosse bedeutet.

Eines Abends beim Fernsehen mit seiner Familie sieht Pasquale im Fernsehen, wie die Schauspielerin Angelina Jolie bei der Oscar-Gala über den roten Teppich flaniert. Sie trägt einen weißen Hosenanzug, den er persönlich entworfen und genäht hat. Für einen Hungerlohn hat er sein Talent eingesetzt und Designs kreiert, die von den Oberen Zehntausend geschätzt werden, aber beweisen kann er es nicht, um Kapital daraus zu schlagen, ansonsten wäre dies sein Tod und vielleicht der seiner ganzen Familie. Pasquales Gehalt beträgt 600 €uro im Monat.

Dies ist nur eine kleine Szene aus „Gomorrha“, doch sie beschreibt die Hoffnungslosigkeit und tiefe Frustration jener Menschen, die mit ehrlicher Arbeit in ihrer Heimatregion nichts erreichen können. Saviano sieht Monate später den Schneider Pasquale wieder; inzwischen arbeitet dieser als Fahrer für die Camorra und wird besser bezahlt, und in seiner Brieftasche trägt er einen Zeitungsausschnitt: Angelina Jolie im weißen Hosenanzug.

Roberto Saviano beschreibt weitere Einzelschicksale, wie z. B. auch das eines 32-jährigen Priesters, der anklagend gegen die Camorra auftritt und gegen die Verbrecherorganisation predigt. Auch er wird das Opfer von Killern und nach seiner Ermordung auch noch in Tageszeitungen verhöhnt und angeklagt.

Diese persönlichen Eindrücke bleiben den Lesern und Hörern am stärksten im Gedächtnis haften. Saviano verzichtet dabei nicht immer auf Effekthascherei. Die Emotionalität der Berichterstattung entspricht seiner Wut, seiner Empörung, seiner Klage gegen diese Organisation, für die Menschen nur austauschbare und minderwertige Figuren auf der kriminellen Bühne sind.

Man fühlt die Wut des Autors förmlich, und seine apokalyptischen Szenen hinterlassen auch beim Leser eine ganze eigene Form von Entrüstung und Entsetzen, z. B. dann, wenn der Autor beschreibt, wie die Clans den Giftmüll aus Norditalien nach Süden verfrachten. Diesen vergraben sie unter kampanischem Ackerland und es entstehen ganze Landstriche und Hügel, in denen Giftmüll lagert. Diese Ländereien werden verseucht an Bauern verkauft, die dies stillschweigend akzeptieren, denn was bleibt ihnen auch sonst anderes übrig? Die Clans verdienen an diesen Geschäftsabläufen doppelt und dreifach und kennen keine Skrupel, denn Moral, Recht und Ethik sind in ihrer Sprache nicht vorhanden. Nach Schätzungen der Justiz entsorgte diese Müllmafia im vergangenen Jahr 26 Millionen Tonnen illegaler Abfälle, einen Großteil davon in den Provinzen Caserta und Neapel.

_Kritik_

Roberto Saviano Erstling ist ein einziges Schreckensgemälde über die vielleicht blutigste und brutalste Region im Süden von Europa. Die Camorra ermordete allein in diesem Jahr 72 Menschen. In und um Neapel terrorisieren 15 Clans die Bewohner und machen Milliardengeschäfte, die in legale Unternehmen reinvestiert werden. Die Camorra ist der wichtigste Arbeitgeber der Region, und mit Hilfe von korrupten Politikern blüht diese immer mehr auf. Über 70 Bürgermeister hat das Justizministerium wegen Amtsmissbrauch abgesetzt – vielenorts finden sich keine Lokalpolitiker mehr, die für die Ämter kandieren wollen.

Saviano beschreibt diese seine Welt für die Tagszeitung |La Repubblica| und das Wochenmagazin |L’Espresso|. „Gomorrha“ hat sich in Italien bestens verkauft und eine gesellschaftliche Debatte ausgelöst, wie man es noch nicht erlebt hat. In vielen Medien und Radiosendungen, auf Websites und auch in Leserbriefen wird immer wieder die Frage gestellt: Wie konnte dies alles geschehen?

Roberto Saviano musste seine Wohnung in Neapel räumen und nach erhaltenen Morddrohungen steht er nun unter Polizeischutz. Ein Schriftsteller, der mit seinem Buch zwar weltberühmt, aber auch zum Vogelfreien erklärt wurde. Saviano schreibt: |“Ich bin geboren im Land Camorra, wo mehr Menschen ermordet werden als irgendwo sonst in Europa, wo Geschäftemacherei und brutale Gewalt unauflöslich miteinander verbunden sind und nur das einen Wert besitzt, was Macht verspricht.“| Denn im Grunde geht es allen Überhöhungen der organisierten Kriminalität, allen Legenden um „Scarface“, allen geheimen Ritualen und mystischen Bünden zum Trotz nur um eines: um Geld. So einfach ist das.

Die Camorra oder auch „il sistema“, das System, ist ein gigantisches Wirtschaftsimperium, und Saviano beschreibt es anklagend mit scharfen Worten. Aber sein Buch ist auch eine Mahnung, eine Aufforderung, die Augen zu öffnen, Stellung zu beziehen und gegen „das System“ anzukämpfen.

_Fazit_

„Gomorrha“ ist ein düsteres Buch. Die Reise in das Reich der Camorra wird aufwühlend und wütend erzählt. Heikko Deutschmann, 1962 in Innsbruck geboren, liest „Gomorrha“ für |Hörbuch Hamburg|, und man merkt ihm sehr gut an, dass das Buch ihn bewegt und nicht kaltlässt. Alleine schon im Vorwort des Chefredakteurs Giovanni di Lorenzo – |Die Zeit| – spürt der Hörer, wie sehr die Erzählung eine Emotionalität aufbaut und unter die Haut geht.

Das Buch ist nichts für schwache Nerven. Es ist kein Thriller, der unserer Fantasie entspringt. Roberto Saviano beschreibt eindringlich seine Heimat und deren kriminelle Realität. Er klagt an und legt Beweise vor. Er schildert das Morden und Sterben in all seiner Erbärmlichkeit und Jämmerlichkeit. Es gibt keine fiktionalen Charaktere, keine schattenhaften, anonymen Schauspieler. Saviano nennt Namen, Strukturen und Details, welche die ganze Organisation mehr bedrohen, als es die italienische Justiz jemals für möglich gehalten hat und sich erhoffen konnte. Saviano hält sich dabei an Fakten, die so atemberaubend sind, dass man sie kaum glauben will. Er glaubt aber auch an die Kraft seiner Worte, die er gezielt als Waffe einzusetzen weiß.

|“Wenn wir die Mafia wirksam bekämpfen wollen, dürfen wir sie weder in ein Monster verwandeln noch denken, sie sei ein Blutsauger oder Krebs. Wir müssen akzeptieren, dass sie uns ähnlich ist“|, schrieb der bekannte sizilianische Richter Giovanni Falcone. 1992 wurde er von der Mafia ermordet. Roberto Saviano führt vor, wie untrennbar Legalität und Illegalität im globalisierten Kapitalismus miteinander verstrickt sind. Wie funktioniert eine kriminelle Organisation? Wer „Gomorrha“ liest bzw. hört, wird dies in Ansätzen verstehen können. Er wird begreifen, wie Drogen verkauft und Gelder gewaschen werden, wie Modeartikel hergestellt und verkauft werden, wie ganze Müllberge verschoben werden und wie Menschen ohne Skrupel getötet werden, weil dies zum Alltag der Camorra gehört. Und es wird transparent, wie eng die Politik, die Wirtschaft und das Verbrechen in Kampanien/Neapel miteinander im Einklag stehen. Im Grunde geht es nur um das Geld für einige Wenige, niemals um das Schicksal und das Leben der dort lebenden Menschen.

Für den Autor Roberto Saviano geht es aber auch ganz unmittelbar um das Überleben. Die Camorra ist nachtragend und wartet nur darauf, dass sich die Wellen der Entrüstung legen, um dann zum tödlichen Schlag auszuholen. Fakt ist es auch, dass Saviano bedroht wird. Er schläft in Kasernen, bewacht wird er ständig von zwei Polizisten, und niemals verbleibt Saviano länger am gleichen Ort. Robert Saviano lebt wie ein Verbrecher – auf der Flucht, im Untergrund, immer in Gefahr.

Seinen Häschern widmete der Untergetauchte jedoch den letzten Satz in seinem Buch: |“Ihr verfluchten Dreckskerle, ich lebe noch!“|

_Details_

Aus dem Italienischen von Friederike Hausmann und Rita Seuß
Gekürzte Lesung von Heikko Deutschmann
4 CDs, 297 Minuten mit 69 Tracks

Die italienische Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel „Gomorrha“
2007 Carl Hanser Verlag München
Vorwort: Giovanni di Lorenzo, Hamburg Januar 2008 (Chefredakteur |Die Zeit|)
Hörbuch Hamburg: HHV GmbH, Hamburg 2008
http://www.hoerbuch-hamburg.de
ISBN-10: 3899034864
ISBN-13: 978-3899034868

_Der Sprecher_

Heikko Deutschmann war nach dem Schauspielstudium Ensemlemitglied an der Berliner Schaubühne und am Hamburger Thalia-Theater, im Schauspiel Köln und im Schauspielhaus Zürich. Außerdem spielte er in zahlreichen Filmen mit und ist ein begehrter Hörbuchsprecher. Für |Hörbuch Hamburg| hat er u. a. „Der Erlöser“ und „Das fünfte Zeichen“ von Jo Nesboe, „Die dunkle Seite des Mondes“ von Martin Suter, Stendhals „Rot und Schwarz“ sowie von Thomas Glavinic „Die Arbeit der Nacht“ gelesen.

Diverse – Bart Simpson Comics 36

_Inhalt_

|“Einer flog über das Altersheim“|

Bart bekommt die folgenschwere Aufgabe, für einen Schulaufsatz Ahnenforschung zu betreiben und seinen Großvater über sein momentanes Leben auszuquetschen. Sein Besuch im Altenheim wird jedoch zum Skandal. Bart erkennt, dass die alten Männer eigentlich ganz cool sind, von ihrer Pflegerin aber menschenunwürdig behandelt werden. Grund genug, sich gegen die strenge Dame zur Wehr zu setzen.

|“Einer für alle und Alpha einen“|

Auf einer Baustelle einer künftigen Luxus-Wohnsiedlung tollen Bart und seine Kumpel ein wenig herum und entdecken dabei eine scheinbar uralte Stammesbibel, die der Legende nach für einen Auserwählten bestimmt sein soll. Bart und Milhouse streiten sich fortan darum, wem nun die Ehre gebührt, das Alphamännchen zu sein, und entscheiden sich schließlich, eine dritte Person ins Boot zu holen. Allerdings bereuen die beiden diesen Zug schon bald wieder …

_Persönlicher Eindruck_

In der 36. Ausgabe der „Bart Simpson“-Comics werden dem Leser gleich vier kurze Geschichten erzählt, von denen zwei allerdings nur den Charakter eines kurzen Strips innehaben. Den Auftakt macht dabei eine offenkundige Parodie auf den Jack-Nicholson-Klassiker „Einer flog übers Kuckucksnest“, welcher hier ein wenig zweckentfremdet dargestellt wird, indes aber nicht über den inhaltlichen Biss des Originals verfügt. Die Geschichte ist zwar recht sympathisch und die Rollen der alten Männer wurden prächtig ins Gesamtgefüge eingeflochten, doch da letztendlich eher die Moral und viel weniger der Unterhaltungswert im Vordergrund steht, bleibt am Ende nur ein eher durchschnittliches Vergnügen.

Nach einer dreiseitigen Fehde mit Bart und seinem inneren Teufel treiben Milhouse und Bart Streiche an einem öffentlichen Briefkasten und sorgen prompt für den bislang vermissten Humor-Nachschub. Die Art der Situationskomik ist genau in dem Maße aufbereitet, wie man es von den Simpsons am Liebsten mag – ein wenig schmutzig, und doch alltagstauglich. Schade, dass genau derlei Aspekte auch in der zweiten, längeren Story abhanden kommen. Die Handlung ist ein wenig plump, die Gags sind erschreckend schwach und auch die Rollenaufteilung geriet nicht wirklich günstig. Oder anders gesagt: Das hat man innerhalb dieser Comic-Reihe alles schon mal viel besser gesehen!

Schlussendlich ist Heft Nr. 36 somit eine weitere Enttäuschung, die einmal mehr gewaltig hinter der offiziellen Serie, den „Simpsons Comics“, zurücksteht. Zum wiederholten Male schleicht sich der Eindruck ein, als seien die Bart-Storys, die in diesem Ableger veröffentlicht werden, lediglich Ausschussware, die anderweitig durchs Qualitätsraster fallen würde. Überzeugend sind die vier hier gebotenen illustrierten Erzählungen jedenfalls nicht!

Gebundene Ausgabe : 136 Seiten
http://www.paninicomics.de

MacBride, Stuart – erste Tropfen Blut, Der

Noch immer muss Logan McRae, Detective Sergeant bei der Grampian Police im ostschottischen Aberdeen, sein berufliches Dasein im „Versagerclub“ des Reviers (s. „Die Stunde des Mörders“) fristen. Unter der Fuchtel seiner ebenso exzentrischen wie energischen Chefin, Detective Inspector Roberta Steel, bearbeitet McRae vor allem Routinefälle, mit denen Detective Inspector Insch, Steels schwergewichtiger Kollege, nicht behelligt werden möchte.

Aktuell sonnt sich Insch im Licht der Medien, weil es der Beamtin Jackie Watson gelang, während eines Undercover-Einsatzes einen gefürchteten Serien-Vergewaltiger zu stellen. Die Freude verflüchtigt sich, als dieser sich als Star-Spieler eines örtlichen Fußballvereins entpuppt. Robert Macintyre leugnet seine Schuld nicht nur hartnäckig, er wird auch von seinen Fans erbittert verteidigt, die ihn für seine Stürmer-Qualitäten lieben. Ausgerechnet McRae verhört im Laufe einer ganz anderen Ermittlung einen Mann, der plötzlich zugibt, eine der Frauen, die Macintyre zum Opfer gefallen sein sollen, vergewaltigt zu haben. Insch steht schlecht da, der Fußballer wird auf Bewährung freigelassen, der Fall wenig später gänzlich niedergeschlagen.

McRae ermittelt weiter im Fall Jason Fettes. Der junge Aushilfs-Pornodarsteller wurde vor einem Krankenhaus aus dem Wagen gestoßen; er verblutete an einer Verletzung, die womöglich als bizarrer ‚Arbeitsunfall‘ zu deklarieren ist. Zu DI Steels Freude führt die Untersuchung tief in das Sado-Maso-Milieu von Aberdeen. McRae kann diese Begeisterung nicht teilen. Der wütende Insch schurigelt ihn, und auch privat gibt es Probleme: Jackie Watson, mit der McRae seit einiger Zeit Tisch und Bett teilt, begibt sich des Nachts auf Streifzüge, über die sie keine Auskunft geben will. Betrügt sie ihn oder beschattet sie auf eigene Faust Macintyre, an dessen Schuld sie wie Insch fest glaubt? McRae weiß nicht, was schlimmer wäre, aber ihm bleibt ohnehin keine Zeit, sich um seine Beziehung zu kümmern: Steel und Insch belegen ihn mit Beschlag, die Ermittlungen treten auf der Stelle, es warten neue, dringende Fälle – ein Wettlauf, der nicht zu gewinnen ist …

Das wahre Glück liegt für die bekennenden Leser von Serienkrimis nicht im stetigen Wandel, sondern in der behutsamen Variation des Bekannten. Stuart MacBride hat diese Grundregel begriffen und beherzigt sie treu. Der neue Fall von Logan McRae ist eigentlich ganz der alte – eine Melange aus klassischer Kriminalstory und moderner Gesellschaftskritik.

Ebenfalls schon bewährt hat sich für MacBride die Verzwirbelung gleich mehrerer Kriminalfälle zu einer Geschichte, die dadurch als Krimi an Stringenz und Dynamik zwar verliert, aber gleichzeitig realitätsnäher wirkt, da auch im wirklichen Leben Ereignisse nicht nach der Reihenfolge sortiert geschehen, sondern sich überlappen. Hier bildet Jackie Watsons Privatfehde mit einem gewitzten und unter Prominentenschutz stehenden Triebverbrecher den ersten Sub-Plot; das düstere Geheimnis eines kindlichen Schwerverbrechers fließt etwas später in die Handlung ein.

Praktisch unverändert bleiben diverse Konstanten: Die Grampian Police ist an der ‚Front‘ überlastet und unterbesetzt; Reformbemühungen entpuppen sich regelmäßig als Augenwischerei oder blinder Aktionismus und werden für Politik und Medien inszeniert. Von allen Seiten gibt es ausschließlich Druck von unfähigen, in Machtkämpfe verwickelten Bürokraten, einer feindseligen, auf Sensationsgeilheit gepolten Presse, den unzufriedenen, sich unbeschützt fühlenden Bürgern und vielen anderen enthusiastischen, aber schlecht informierten Gegnern. Die Ausrüstung der Polizei ist museumsreif und wird von den modern ausgestatteten Gangstern verlacht, Anwälte sind rund um die Uhr damit beschäftigt, eindeutig schuldige Zeitgenossen aus den Zellen zu klagen.

Frustrierte Beamte begeben sich in die innere Emigration oder entwickeln skurrile Züge. Will man MacBride Glauben schenken, arbeiten ausschließlich karikaturhaft verzerrte Exzentriker für die Grampian Police. Ihre diversen Schnurren sorgen erneut für Erheiterung, obwohl dahinter immer wieder deutlich wird, dass hier Menschen ihre eigenen Methoden gefunden haben, um einen Alltag zu meistern, der im Grunde nur noch Chaos ist.

Ohnehin bleibt der Autor dem milde sarkastischen Tonfall treu, der den konzeptionellen Stillstand der McRae-Serie gern vergessen lässt: Diese Bücher lesen sich einfach fabelhaft, weil sie einen Sinn für echten Humor erkennen lassen. Die Übersetzung kann das – die Regel ist das nicht – bewahren und verdient eigenes Lob.

DI Steel benimmt sich weiterhin wie die Axt im Wald und lässt Logan McRae ihre Arbeit erledigen. DI Insch stopft alle möglichen Süßigkeiten in seinen Wanst und inszeniert die schlechteste Amateur-Theatertruppe der Welt. Der dicke Gary hört immer noch alle Revier-Flöhe husten. Sandy Moir-Farquharson behauptet seine Führungsposition als widerlichster Anwalt der Welt. Colin Miller ist als Enthüllungsjournalist die Zecke im Fell der Grampian Police.

Nichts Neues also auch im Bereich der Figurenzeichnung. Das gilt erst recht für Logan McRae, der als Person ohnehin kaum ein eigenes Profil aufweist. Man nennt ihn zwar „Lazarus“, seit er von einem irren Killer aufgeschlitzt wurde und trotzdem überlebte, aber das daraus resultierende Trauma ist längst fadenscheinig geworden. McRae ist vor allem deshalb wichtig, weil es wenigstens eine ’normale‘ Figur geben muss, die für die kriminalistische Arbeit verantwortlich zeichnet. Ohne ihn würde sich die Grampian Police endgültig aus der Realität verabschieden, denn es ist schwer vorstellbar, dass seltsame Gestalten wie Steel oder Insch auch nur einen Fall lösen könnten.

Inzwischen ist McRae also mit Jackie Watson zusammen, womit MacBride den obsoleten Anteil Seife in seinen Krimi einspritzt. Die private Situation in Serie tätiger Polizisten oder Detektive ist heutzutage ebenso wichtig wie die Darstellung eines Verbrechens. MacBride hält sich erfreulich zurück; vor allem weibliche Seriendetektive agieren hart an der Grenze zur „chick-lit“, und die Grenze ist viel zu durchlässig geworden.

Die Beziehung wird in den folgenden Bänden der Serie noch ernsthaft auf die Probe gestellt werden, denn Jackie Watson hat eine unsichtbare Grenze überschritten: die vom Ordnungshüter zum Richter und Vollstrecker. Die Gefahr ist allgegenwärtig in MacBrides Polizeiwelt, die von Frustration gekennzeichnet ist. Wenn die Justiz die Arbeit der Polizisten aushebelt, fühlen sich diese womöglich nicht mehr an ein Gesetz gebunden, von dem sie sich vernachlässigt und verhöhnt wähnen. Schlimmer noch: Ihr Gefühl für Toleranz und Verhältnismäßigkeit hat sich verflüchtigt. Sogar Logan McRae lässt sich in einem Moment der Selbstjustiz dazu hinreißen, einem bereits gefangenen Vergewaltiger Pfefferspray in die Augen zu sprühen.

Denn der Alltag, obwohl von MacBride so humorvoll in Szene gesetzt, hinterlässt seine Spuren: DI Insch frisst sich zu Tode, DI Steel eifert ihm per Zigarette nach. Die Zahl der kollektiven Besäufnisse nach Feierabend ist in „Der erste Tropfen Blut“ beachtlich, die Folgen werden drastisch beschrieben. Ein Privatleben, das als Ausgleich dienen könnte, bleibt auf der Strecke. In McRaes und Watsons gemeinsamer Wohnung stapelt sich der Dreck – ein Alarmsignal, denn der Stress gestattet nicht einmal die Einhaltung simpler hygienischer Standards. Der dicke Gary bringt es auf den Punkt, als er anmerkt, er könne von McRae eigentlich Miete fordern, denn er lebe ja ohnehin auf dem Revier.

Die Maschine frisst auch die jungen Beamten mit Haut und Haaren. Mit Constable Rickards führt MacBride ein neues Gesicht ein. Rickards ist – noch – ein Idealist mit einem privaten Geheimnis, das er – so dumm ist er nicht – gern vor seinen Kollegen gewahrt hätte. Es kommt ans Tageslicht und verwandelt Rickards in ein willkommenes Opfer für Hohn und Spott: Die abgestumpften Polizisten geben nicht einmal einander moralischen Rückhalt, sie zerfleischen sich selbst. Rickards einzige Chance ist es, auf das Erscheinen eines neuen Pechvogels zu warten und sich dann unter denen einzureihen, die ihn bittere Mores lehren. Wir lachen, wenn wir lesen, wie Rickards wieder einmal veräppelt wird – und ertappen uns dabei, Komplizen geworden zu sein. Die Heiterkeit bleibt uns im Hals stecken. Diese Reaktion werden wir oft erleben, denn Stuart McRae ist ein böser Meister, der sie kunstvoll auszulösen versteht. Es sind halt nicht nur Kugeln oder Messer, die durch die Haut gehen – „Broken Skin“ heißt dieser Roman im Original -; auch böse Taten und Worte dringen durch und richten nicht selten größere Schäden an als jede Waffe.

Stuart MacBride wurde (in einem Jahr, das sich nicht ermitteln ließ) im schottischen Dumbarton geboren. Die Familie zog wenig später nach Aberdeen um, wo Stuart aufwuchs und zur Schule ging. Studiert hat er an der University in Edinburgh, die er indes verließ, um sich in verschiedenen Jobs (Designer, Schauspieler, Sprecher usw.) zu versuchen. Nach seiner Heirat begann MacBride Websites zu erstellen, stieg bis zum Webmanager auf, stieg in die Programmierung ein und betätigte sich in weiteren Bereichen der Neuen Medien.

Stuart MacBride lebt heute wieder in Aberdeen. Über Leben und Werk informiert er auf seiner Website [www.stuartmacbride.com,]http://www.stuartmacbride.com die er um einen Autorenblog sowie eigene Kurzgeschichten erweitert hat.

_Stuart MacBride auf |Buchwurm.info|:_

[„Die dunklen Wasser von Aberdeen“ 2917
[„Die Stunde des Mörders“ 3739

http://www.goldmann-verlag.de

Rhiannon Lassiter – Böses Blut

Mary Hoffman und Rhiannon Lassiter beweisen, dass Schreibtalent vererbbar ist. Hoffman, die Mutter von Lassiter, ist vor allem durch ihre Kinderbuchreihe „Stravaganza“ bekannt, während ihre Tochter in Deutschland bislang noch nicht so viel Beachtung gefunden hat. Mit „Böses Blut“, das als Hardcover bei der |Fischer Schatzinsel| veröffentlicht wurde, soll sich das nun ändern.

Verrückter könnte eine Familie nicht sein: Seit Peter und Harriet geheiratet haben, gibt es ständig Streit in der sechsköpfigen Patchworkfamilie. Schuld daran sind die Teenager Katherine und Catriona, während John und der ältere Roley sich gegenseitig ignorieren. Beide Mädchen lassen sich „Cat“ bzw. „Kat“ nennen, doch wem gehört der Spitzname nun? Dieser Streit sorgt für eine gespannte Atmosphäre, auch als die sechs im Urlaub zu dem verwinkelten Haus fahren, in dem Katherines und Johns verstorbene Mutter aufgewachsen ist. Die beiden waren noch nie dort und sie wünschen sich auch schnell, dass es dabei geblieben wäre. Das Haus ist unheimlich, scheint ein Geheimnis zu verbergen. Schließlich passieren seltsame Dinge. Katherine findet eine Geheimkammer mit vielen alten Büchern, in denen die Namen einiger Charaktere herausgestrichen sind, Catriona wird von einer mysteriösen Puppe verfolgt, und dann ist da auch noch Alice, das unscheinbare Mädchen aus dem Dorf, das es Roley angetan hat …

Rhiannon Lassiter – Böses Blut weiterlesen

Anscombe, Roderick – Hinterhältig

Die Zutaten, aus denen Roderick Anscombe seinen Thriller „Hinterhältig“ zaubert, klingen vielversprechend: Man nehme einen forensischen Psychiater in einem Hochsicherheitsgefängnis für psychisch kranke Straftäter, gebe einen gerissenen, schwerreichen, psychopathischen Stalker dazu und schon hat man einen Thriller, der in einem Psychoduell auf Leben und Tod gipfelt.

So ergeht es zumindest Psychiater Paul Lucas, der den schwerreichen Elitestudenten Craig Cavanaugh als neuesten Patienten vor die Nase gesetzt bekommt. Craig hat seiner Professorin Natalie Davis massiv nachgestellt. Mit deren Zurückweisungen kommt er nicht zurecht, und so kommt es, wie es kommen muss: Natalie fühlt sich bedroht und schaltet die Behörden ein, die Craig zu der Auflage verdonnern, sich von Natalie fern zu halten. Natürlich verstößt Craig gegen diese Auflage (was sich aber nicht mit letzter Endgültigkeit beweisen lässt) und da es auch Paul nicht gelingt, dem Gericht glaubhaft zu machen, dass Craig wirklich gefährlich ist, kommt er frei und wird fortan auf eigenen Wunsch von Paul therapiert.

Doch glaubt der Psychiater anfangs noch, er habe die Lage im Griff, so sorgt Craig schon bald dafür, dass Paul die Sache entgleitet. Ohne dass Paul es so richtig bemerkt, gibt auf einmal Craig den Ton an und verwickelt ihn in eine ausgebuffte Intrige, die Paul schon bald nicht nur seinen Job kosten könnte, sondern obendrein sein ganze Leben über den Haufen zu werfen droht …

So weit der grobe Inhalt. Anscombe erzählt den Roman aus der Perspektive von Paul. Paul steht im Mittelpunkt der Handlung, und obwohl Anscombe die Perspektive des Ich-Erzählers wählt, ist der Leser schon bald schlauer als die Hauptfigur. Natürlich ist dem Leser schon beim ersten Zusammentreffen von Psychiater und Stalker klar, dass die Angelegenheit irgendwie aus dem Ruder laufen muss, aber zu Beginn passiert erst einmal nicht viel.

Anscombe versucht sich mit einem ganz subtilen Spannungsaufbau. Er lässt die beiden Kontrahenten einfach aufeinanderprallen, und während sie sich in langen Gesprächen zunächst erst einmal gegenseitig „abtasten“, passiert ansonsten nicht viel. Das sorgt nicht gerade für einen spannungsgeladenen Romaneinstieg. Anscombe blickt auf Pauls Privatleben und auf die Probleme, die er und seine Frau Abby haben, seitdem der Sohn bei einem Autounfall starb.

Obwohl der Autor dabei auch teilweise das Innenleben seines Protagonisten entblättert, bleibt die Figur des Paul Lucas überraschend blass. Das alles sieht eben mehr nach durchschnittlicher Kost aus, von der man nicht sonderlich viel Tiefe erwarten kann. Dementsprechend baut sich dann auch der weitere Plot auf. Da Paul Lucas als Protagonist also ein wenig konturenlos bleibt, fiebert man als Leser auch nicht sonderlich stark mit ihm mit.

Erschwerend kommt hinzu, dass man Paul am liebsten immer für seine Blindheit ohrfeigen möchte. Der Leser überschaut enorm viel, kann Teile der Handlung gar vorhersehen und ist somit weder vom Handlungsverlauf sonderlich überrascht, noch kann die Intrige, mit der Paul sich konfrontiert sieht, besonders fesseln. Es ist halt etwas schade, wenn man als Leser immer einen entscheidenden (und mitunter ziemlich großen) Schritt voraus ist, und der Autor dann nicht einmal für wirklich überraschende Wendungen sorgt, die dem Leser demonstrieren, dass er eben doch nicht alles durchschaut hat.

Die Richtung des Romans ist schon recht bald klar, und so wartet der Leser eigentlich nur ungeduldig darauf, wann auch Paul Lucas endlich begreift, in welcher Lage er sich befindet und wie sein Lösungsansatz für diese Misere aussieht. Vermutlich war es Anscombe auch gar nicht so wichtig, ganz banale Spannung zu erzeugen, bei der auch der Leser mal im Dunkeln tappt. Anscombe ist von Haus aus selbst Gerichtspsychiater, und so dürfte für ihn logischerweise das Psychoduell der beiden Hauptfiguren den Reiz der Geschichte ausmachen.

Anscombe stellt Paul Lucas als Mann mit hohen Idealen dar, der sich stets der Wahrheit verpflichtet fühlt und ganz persönlich schon mit einer kleinen Notlüge Probleme hat. Zu beobachten, wie solch ein Mensch sich in einem schier ausweglosen Psychoduell gegen einen skrupellosen Stalker verhält, mag also seinen Reiz haben. Paul muss feststellen, dass ihm bei der Bewältigung dieses Problems seine eigenen Ideale im Weg stehen, und muss seine Handlungsweise entsprechend entgegen seinen eigenen Moralvorstellungen anpassen.

Mit der Anpassung seiner Ideale treibt Anscombe es dabei sehr weit – für meinen Geschmack zu weit. Das Finale wirft eine ganze Reihe moralischer Fragen auf, die Paul Lucas aber anscheinend nicht wirklich schlaflose Nächte bereiten und am Ende auch offen im Raum stehenbleiben. Das lässt dann Pauls Charakterskizzierung etwas unausgegoren wirken und man kann sicherlich darüber streiten, inwiefern diese charakterliche Wandlung gelungen ist bzw. eben nicht. Für meinen Geschmack wirkt sie eher wenig überzeugend.

Und so ist „Hinterhältig“ dann leider auch eher ein Thriller, der im unteren Mittelmaß anzusiedeln ist. Spannung wird eher wenig aufgebaut, da der Plot für den Leser zu durchsichtig ist und Protagonist Paul Lucas eine dermaßen lange Leitung hat, dass es schon fast ein wenig nervt.

Lediglich zum Showdown schafft Anscombe es, den Leser zu fesseln, greift dann aber zu etwas moralisch fragwürdigen charakterlichen Veränderungen an der Figur des Paul Lucas, so dass auch das Finale trotz einiger Spannung Bauchschmerzen verursacht. Und so bleibt eben auch die Figurenskizzierung irgendwo im Mittelmaß stecken. Unterm Strich also ein Thriller, der zwar eigentlich eine interessante Thematik zugrunde legt, diese aber eher schwach umsetzt.

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John Connolly – Der brennende Engel [Charlie Parker 5]

Die Suche nach einer vermissten Frau wird für den Privatdetektiv Charlie Parker zum Krieg mit einem gefallenen Erzengel und seinen höllischen Helfershelfern … – Der fünfte Band der Parker-Serie verzichtet nicht auf die ‚realistischen‘ Elemente des Thrillers, erzählt aber eine gänzlich phantastische Geschichte, die zwar die üblichen Strickmuster moderner „Mystery“ bemüht, jedoch aufgrund der erzählerischen Qualitäten des Verfassers und einer Flut bizarrer Einfälle außerordentlich spannend ist.
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John Flanagan – Der eiserne Ritter (Die Chroniken von Araluen 3)

Enttäuschender Übergangsband

Sein ganzes Leben hat der 15-jährige Waisenjunge Will davon geträumt, ein Ritter zu werden wie sein Vater. Weil er aber zu klein und schmächtig ist, wird er dem geheimnisvollen Waldläufer Walt als Lehrling zugeteilt. Als das Königreich Araluen von einem altem Feind und dessen ungeheuerlichen Kreaturen angegriffen wird, muss Will sich bewähren und stellt fest, dass das Leben eines Waldläufers viele Herausforderungen, aber auch besondere Möglichkeiten birgt …

Band 2: Der Angriff Morgaraths geht weiter, doch die Waldläufer wissen nicht, wo. Will ist bereits einige Zeit bei den Waldläufern König Duncans, die sowohl Krieger als auch Späher und Agenten sind. Da schickt sein Lehrmeister Walt den jungen Bogenschützen auf eine Mission in das entlegene Nachbarland Celtica. Aber Celticas Dörfer und Kupferminen liegen ausgestorben da. Doch mitten in der Wildnis erhebt sich eine gigantische neue Brücke über einer Schlucht, die das Land Morgaraths begrenzt. Sie wurde offensichtlich erbaut, um heimlich in Araluen einfallen zu können. Wenn Will nicht schnell handelt, ist das Königreich, das Morgarath woanders erwartet, in höchster Gefahr.

Band 3: Der Waldläuferlehrling Will ist mit der Prinzessin Cassandra, die sich Evanlyn nennt, in die Gefangenschaft von nordischen Söldnern Morgaraths geraten. Auf einer stürmischen Insel in Skandia hofft Evanlyn darauf, dass sie freigekauft wird, doch dann erfährt Will, dass Jarl Ragnak ihrem Vater einen Racheschwur geleistet hat. Erführe er, wer Evanlyn in Wahrheit ist, wäre das ihr Ende – und wohl auch das von Will. Unterdessen reitet Walt zusammen mit Wills Freund Horace los, um Will zu suchen und zu befreien.

Der Autor
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Téhy / Vax / Vee, J. M. – Yiu 3 – Die Kaiserin der Tränen

Band 1: [„Die Armee des Neo-Mülls“ 4289
Band 2: [„Die Auferstehung des Unreinen“ 4290

_Story_

Ihr neuester Auftrag führt Berufskillerin Yiu in die Feste von Jesus Frans Verbruggen, einem Prälaten des Klerus, der wegen seiner Beteiligung an mehreren Snuff-Produktionen nun durch die Hand der Agentin das Zeitliche segnen soll. Nach monatelangen Vorbereitungen scheint der Tag X gekommen, doch ausgerechnet jetzt wird Yiu durch einen Überfall auf ein Jerusalemer Krankenhaus aus dem Konzept gebracht.

Dort ist auch ihr Bruder Ji-A nebst einigen anderen tragischen Fällen untergebracht, sodass die Killerin keine weitere Zeit verstreichen lassen kann. Blitzschnell und entgegen allen Abmachungen macht Yiu kurzen Prozess und hinterlässt eine Welle der Verwüstung, beendet ihre Mission jedoch erfolgreich. Auf eigene Faust eilt sie daraufhin zum Szenario des Terrorakts, stellt den Anführer und erfährt von ihm, dass er die immens große Samenbank, das Wunder der menschlichen Schöpfung, zerstören will. Einige Morde später schließt Yiu aus ihren Ermittlungen jedoch, dass die Wahrheit hinter dem Anschlag von weitaus größerer Tragweite ist.

_Persönlicher Eindruck_

Nach dem ziemlich schwachen Auftakt der Action-Reihe nehmen die neueren Kapitel aus Téhys Comic-Serie „Yiu“ langsam aber sicher akzeptable Formen an. Den Höhepunkt dessen markiert vorläufig die dritte Episode „Die Kaiserin der Tränen“, gleichzeitig Beginn eines Zweiteilers, der nicht zuletzt aufgrund seiner quantitativen Freiräume weitaus mehr Tiefgang auffährt als die bisherigen Veröffentlichungen. Zwar bleiben das sehr hohe Erzähltempo sowie die uneingeschränkte Action nach wie vor Mittelpunkt des Plots, jedoch gewinnt dieser durch die wachsende Komplexität seiner Stränge ein Potenzial, welches man bislang noch nicht erahnen konnte – und das darf man getrost als sehr positive Überraschung werten.

Nichtsdestotrotz verzichtet Téhy auch in den aktuellen Sequenzen nicht auf maßlose Gewalt, teils vulgäre Sprache und schonungslose Auseinandersetzungen. In „Die Kaiserin der Tränen“ ist der Blutzoll erneut sehr hoch, wobei dieser nicht mehr der Handlung übergeordnet ist. Diese nimmt nämlich langsam aber sicher konkrete Strukturen an, lässt sich auch von der x-ten Schießerei nicht unterbuttern und steht auch nicht im Schatten der futuristischen Zeichnungen, die dieses Mal ebenfalls einen Qualitätssprung verzeichnen konnten. Somit ist zumindest ein Mindestmaß an Handlung gewährleistet, welches später Hand in Hand mit der kompromissfreien Action geht, einige feine Wendungen beinhaltet und mitsamt des anständigen Cliffhangers auch eine mehr als passable Überleitung in den Folgeband gewährleistet. Dies ist an der Stelle definitiv mehr, als man erwarten konnte.

Das dritte Kapitel der „Yiu“-Reihe nun allerdings in den Himmel zu loben, wäre völlig unangebracht, da auch weiterhin die bekannten Schwächen, wenn auch nicht so ausgeprägt, vorherrschen. Der Aufbau der Story könnte beispielsweise insgesamt noch etwas zielstrebiger sein, die Charakterzeichnungen hingegen missen weiterhin wichtige Details, sodass eine Identifikation mit Figuren und Szenerie nur sehr behäbige Entwicklungen unternimmt. Außerdem ist in „Die Kaiserin der Tränen“ auch die Rollenverteilung ein wenig unstet und sorgt im mittleren Part der Story für ein wenig überflüssige Verwirrung.

Trotzdem können diese erneuten Makel nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Serie langsam ein respektables Format annimmt und sich aus den anfänglichen Schatten hinauskämpft. Zumindest die Spannung ist über dieses Kapitel hinaus auf einem richtig guten Level angesiedelt, weshalb der dritte Band sogar am Rande einer Empfehlung steht. Und dies ist, ich mag mich wiederholen, durchaus mehr, als nach den enttäuschenden Vorgänger-Episoden zu erwarten war!

http://www.splitter-verlag.de

Wilson, Paul F. – Handyman Jack – Schmutzige Tricks (Folge 1)

_Taffer Handwerker: Zorro trifft Bruce Willis_

Wenn der Abfluss mal verstopft ist, sollte man Handyman Jack lieber nicht rufen. Jack repariert nämlich andere Sachen: Probleme, mit denen sonst niemand fertig wird. Er kümmert sich für gutes Geld darum, dass Unrecht bestraft wird. Dabei verlässt er sich auf eine Kombination aus Können und Dreistigkeit. Handyman Jack ist ein Held – aber auch ein Rätsel. Er lebt im Untergrund. Niemand kennt seine Identität. Jack verkörpert eine tödliche Mischung aus „Zorro“ und Bruce Willis.

Folgende Geschichten von F. Paul Wilson finden sich auf diesem Thriller-Hörbuch:

1) Zwischenspiel im Drugstore
2) Ein ganz normaler Tag
3) Familiennotdienst

_Der Autor_

F. (Francis) Paul Wilson (geboren 1946) ist ein US-amerikanischer Besteller-Autor von Mystery-, Thriller- und Horror-Romanen. Wilson studierte Medizin am Kirksville College of Osteopathic Medicine und ist heute immer noch praktizierender Arzt. Wilsons bekannteste Romanfigur ist der Anti-Held Handyman-Jack (engl. Repairman-Jack). Neben Mystery-, Science-Fiction- und Horror-Romanen schreibt Wilson auch Medizin-Thriller. Außerdem ist er ein großer Fan von H. P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos und hat auch selbst ein paar Storys in Anlehnung an diesen Mythos geschrieben. F. Paul Wilson lebt mit seiner Frau, zwei Töchtern und drei Katzen an der Küste von New Jersey.

Stephen King ist laut Verlag der Präsident des Handyman-Jack-Fanclubs.

„Schmutzige Tricks“ ist das erste Hörbuch über Handyman Jack. Das nächste trägt den Titel „Der letzte Ausweg“.

F. Paul Wilson auf |Buchwurm.info|:

[„Das Kastell“ 795
[„Tollwütig“ 2375
[„Die Gruft“ 4563

_Der Sprecher_

Detlef Bierstedt ist Schauspieler und Synchronsprecher. Als deutsche Stimme von George Clooney verleiht er diesem Lässigkeit und Charme. Seit 1984 hat er über 600 Synchron-Rollen gesprochen und war als Schauspieler in der TV-Serie „Tatort“ zu sehen. Als Spezialist für spannende Thriller hat er auch „Diabolus“ von Dan Brown vorgetragen. Nun haucht er Handyman Jack Leben ein. (Verlagsinfo)

_Die Macher_

Für Regie, Produktion & Dramaturgie zeichnet Lars Peter Lueg verantwortlich, für Schnitt, Musik & Tontechnik Andy Matern.

Lars Peter Lueg ist der exzentrische Verlagsleiter von |LPL records|. Der finstere Hörbuchverleger hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Grauen aus kalten Kellern und feuchten Grüften hinaus in die Welt der Lebenden zu tragen. LPL produziert alle Hörbücher & Hörspiele selbst und führt auch Regie. Er erhielt als Produzent einen Preis für „Das beste Hörbuch/Hörspiel des Jahres 2003“. Eine seiner Regiearbeiten wurde vom renommierten |hörBücher|-Magazin mit dem Prädikat „Grandios“ ausgezeichnet. Außerdem erhielt er beim Hörspielpreis 2007 eine Auszeichnung für die „Beste Serienfolge“. (Verlagsinfo)

Andy Matern ist seit 1996 als freiberuflicher Keyboarder, Producer, Remixer, Songwriter und Arrangeur tätig. Er kann mehr als 150 kommerzielle CD-Veröffentlichungen vorweisen. Darunter finden sich nationale und internationale Chart-Platzierungen mit diversen Gold- und Platin-Auszeichnungen. Andy Matern wurde als „Bester Hörspielmusiker des Jahres 2005“ ausgezeichnet. Sein neuestes Edelmetall wurde ihm für die Musik zu den Dan Brown-Hörbüchern „Illuminati“ (Doppel-Platin) und „Sakrileg“ (Platin) verliehen. (Verlagsinfo)

_Die Erzählungen_

_1) Zwischenspiel im Drugstore_

Jack feiert am 19. April immer den King-Kong-Tag. Er besteigt das Empire State Building und legt für die noble Bestie einen Kranz nieder. Leider muss er an diesem Feiertag alle seine Waffen zu Hause lassen, und dieser Umstand erweist sich als verhängnisvoll.

Seine alte Bekannte Loretta, ein recht stämmiges Frauenzimmer mit ständig schlechter Laune, zieht es in einen Drugstore in der New Yorker Innenstadt. Sie ist hungrig. In dem verwinkelten Regalaufbau des Gemischtwarenladens verlieren sie sich aus den Augen. Plötzlich bedroht ein großer Schwarzer Jack mit einem Revolver und befiehlt ihm, sich zu den anderen Gefangenen zu legen. Jack braucht nicht lange, um zu kombinieren, dass hier gerade ein Raubüberfall stattfindet.

Der Schwarze hat noch drei Komplizen, und ihr Anführer scheint der Mann aus Ecuador zu sein, der Loretta so anzüglich angesprochen hat. Mister Ecuador lässt den Stellvertreter des Geschäftsführers holen, damit dieser den Geldsafe öffnet. Doch Mr. Patel ringt verzweifelt die Hände, denn er beteuert, dass er die Safekombination nicht kenne. Da schnappt sich Mister Ecuador ausgerechnet Loretta, um ihr eine Pistole an den Kopf zu halten. Glücklicherweise ist Loretta so geistesgegenwärtig, nicht Jack um Hilfe anzuflehen, denn wäre er erpressbar geworden.

Immerhin lenkt Jack das Augenmerk des Anführers auf die allgegenwärtigen Überwachungskameras an der Decke. Als sein Helfer die ersten davon zerschießt, ergreift Jack die Gelegenheit beim Schopf und verdrückt sich in die Gänge. Verzweifelt sucht sein Blick in den Regalen nach Dingen, die sich als Waffen gegen vier schwer bewaffnete Räuber einsetzen lassen. Auch das Sprinklersystem will nicht anspringen, somit fällt das Anrücken der Feuerwehr flach.

Da fällt Jacks Blick auf Campingausrüstung. Damit kann selbst ein unbewaffneter Mann, sofern er kluge Einfällen hat, schon einiges anfangen, findet er. Eine lange Schlacht im Supermarkt beginnt …

|Mein Eindruck|

In diesem turbulenten Auftakt zu dieser Storyauswahl betätigt sich Handyman Jack als eine Art New Yorker Innenstadt-Rambo. Über den Ausgang soll hier nichts verraten werden, aber man kann davon ausgehen, der er in der Lage ist, noch weitere Abenteuer zu erleben.

Dies ist die erste Story, die ihn charakterisiert, daher seien ein paar Worte über ihn verloren. Das Wichtigste, das man über ihn wissen muss: Er sieht völlig durchschnittlich aus. Tatsächlich ist ihm seine Durchschnittlichkeit so wichtig, dass er sich stets der Menge, der Mode, der Stadt und dem Stadtviertel anpasst, als wäre er ein Chamäleon. Unauffälligkeit und Verstellung sind seine zwei wichtigsten Helfer, um seinen Job tun zu können.

Sein Job besteht darin, außerhalb des Polizeiapparates und der Verbrecherorganisationen bedrängten Bürger in Not zu helfen. Nicht unentgeltlich, versteht sich. Er ist halb Bürgermiliz, halb Privatdetektiv, doch die Zusammenarbeit mit den Bullen scheint er strikt abzulehnen, warum auch immer. Sein bevorzugtes Arbeitsgebiet scheint die Lower Westside zu sein, eine frühere Arbeiterwohngegend, in der sich zunehmend schnöselige Yuppies breitmachen, sehr zu Jacks Missfallen.

In der nächsten Episode legt er sich mit Schutzgelderpressern und der Drogenmafia an. Eine knifflige Aufgabe, so zwischen allen Fronten …

_2) Ein ganz normaler Tag_

Vor lauter Langeweile lungert Jack müßig in seinem schäbigen Hotelzimmer, in dem nichts auf seine Identität hinweist, und erschlägt mit japanischen Wurfsternen eine Kakerlake nach der anderen. Da schlägt plötzlich ein Schuss durch sein Fenster, verfehlt ihn jedoch. Er eilt in Deckung, sieht den Scharfschützen mit seinem Gewehr davoneilen. Das findet Jack schon mal bemerkenswert. Ein Scharfschütze sollte doch stets in der Lage sein, sein Ziel zu treffen, oder? Es sei denn …

Sein Pieper geht los: George Kouropolis, der Besitzer des „Highwater Diner“, ruft ihn zu Hilfe, wie ausgemacht. Er braucht zwei Minuten, um in den Keller zu rasen und über die Gasse in Georges Lagerraum und anschließend die Küche zu treten. Da merkt er schon, dass die Kacke heftig am Dampfen ist. Zwei fiese Typen sind gerade dabei, die rechte Hand des guten George in seinen eigenen Fleischwolf zu stecken, um – was wohl? – zu machen.

Jack zeigt ihnen erstmal, wo der Hammer hängt, und begibt sich ins das Zentrum der Gewalt, den Gastraum. Hier beherrschen Matt Rileys Männer die Lage. Jacks Blick fällt auf eine hübsche junge Dame, deren Bluse zerfetzt ist. Sie starrt ihn ebenso erstaunt an wie die anderen. Doch Jacks Gesicht ist maskiert, und auf der Skimaske ist ein Kürbiskopf aufgemalt. Er gibt sich als Jack O’Lantern aus, den guten Geist von Halloween. Dann beginnt er unter dem Sauhaufen der Schutzgelderpresser aufzuräumen.

In Abes Waffenladen „Ischer“ besorgt sich Jack neue Waffen und Munition. Besonders an Wurfsternen braucht er Nachschub: zwei Dutzend. Draußen auf der Straße erwischt ihn um ein Haar ein schwerer Zementsack. Jemand hat es definitiv auf ihn abgesehen, kombiniert er. Aber wer? Julio, Besitzer einer weiteren Kneipe, verklickert ihm, ein Typ namens Ed Surlett habe nach ihm gefragt. Jack erinnert sich an den Passfälscher Tom Levinson, dem er gegen Surlett half, und wie Surlett schließlich hinter Gittern landete. Nun stellt sich heraus, dass Levinson Jack verraten hat. Surlett, wieder in Freiheit, will sich an Jack rächen. Aber warum hat er ihn vorgewarnt? Und woher weiß Surlett so genau, wo sich Jack, der Meister der Tarnung, zu finden ist?

Als ihn ein alter vietnamesischer Wäschereibesitzer namens Tranh um Hilfe gegen die Drogenmafia bittet, kommt eine weitere Sache ins Rollen. Tranhs Ex-Boss Tony Capisi hat den Löffel abgegeben und ist von Aldo D’Amico abgelöst worden. Doch Tranh ist Aldo zu nichts verpflichtet und will aussteigen. Schon am nächsten Tag will Aldo wieder mit einer Rauschgiftladung bei Tranh vorbeischauen.

Hm, Jack kombiniert lange, wie er gleich drei Angreifer – denn auch Riley will sich rächen – auf einen Schlag loswerden kann. Als er endlich den rettenden Einfall hat, bereitet er sich auf eine lange, bleihaltige Nacht vor …

|Mein Eindruck|

Diese Erzählung ist der längste und komplexeste Beitrag auf diesem Hörbuch. Schließlich hat es Jack diesmal mit gleich drei Gegnern zu tun, wovon einer unsichtbar bleibt. Jedem gegenüber muss er sich anders verhalten. Rileys Schlägern gegenüber markiert er den starken Mann und trickst sie durch Täuschung aus. Auch bei Aldo d’Amico spielt er Theater, allerdings ist er diesmal der durchgeknallte Spinner, mit dem man sich besser nicht anlegt. Und um alle drei Gegner gegeneinander auszuspielen, muss er sich nur richtig blöd stellen. Anschließend erschlägt er dann wohl wieder Kakerlaken mit Wurfsternen.

_3) Familiennotdienst_

Eigentlich hatte sich Jack geschworen, nie einen Fall anzunehmen, in dem es um enge menschliche Beziehungen geht. Doch beim lukrativen und verlockenden Angebot des New Yorker Baulöwen Oscar Schaffer, Mitte 50, macht er eine Ausnahme. Er hätte es ablehnen sollen.

Shaffers Firma hat eine geschäftliche Beziehung zu der Firma, in der sein Schwager Gus arbeitet. Doch Gus verprügelt Shaffers Schwester Celia regelmäßig. Sie erträgt diese Misshandlung seit zehn Jahren, weiß Gott warum. Einmal wollte Oscar Gus eine Lektion erteilen, wurde aber leicht abgewehrt. Seitdem kann Oscar nicht mehr selbst einschreiten, denn er wäre sofort der Hauptverdächtige, sollte Gus etwas zustoßen. Also bleibt nur, sich an einen externen Helfer zu wenden. Und hier kommt Jack ins Bild. Jack hält sich bedeckt, sagt aber zu, einer Dame in Not zu helfen. Gegen einen saftigen Vorschuss.

Als Gus und seine Frau Celia eines Abends heimkehren, sieht der schon seit Tagen auf der Lauer liegende Jack sofort, dass etwas in der Luft liegt: dicke Luft. Wenig später linst er durchs Fenster in das Haus der beiden Turteltäubchen. Gus hat seine Hände umwickelt und boxt seine Frau in die Nieren. Nur damit man keine blauen Flecken sieht. Jack weiß, was Nierenschläge anrichten. Celia würde Blut pissen und tagelang Schmerzen haben. Er beschließt, in Aktion zu treten.

Als Gus den Lärm in seinem Wohnzimmer hört, lässt er von seiner Folter ab und stürzt zur Quelle des Lärms. Da steht ein Mann mit Baseballkappe in seinem Haus. In seinem Haus! Offenbar ein Einbrecher. Der Typ entschuldigt sich auch und will sogar wieder abhauen, aber da hat Gus noch ein Wörtchen mitzureden. Er greift an …

Als Jack seinen Auftraggeber anderntags wiedertrifft, benimmt Shaffer sich verächtlich. Er knallt ihm das restliche Honorar vor die Füße und will verduften. Aber das lässt Jack nicht zu, denn schließlich steht sein Ruf auf dem Spiel. Er zwingt Shaffer auszuspucken, was los ist. „Was los ist!“ schreit ihn Shaffer an – und knallt ihm den Bericht des Gerichtsmediziners vor den Latz.

Gus Kesselman ist tot?! Jack fasst es nicht. Als er Kesselmans Haus verließ, lag Kesselman lediglich mit gebrochenen Beinen am Boden, aber völlig lebendig. Und er ließ den Schrank, in den er Celia gesperrt hatte, offen stehen. Wie also kann das sein? Dann geht ihm ein Licht auf. Celia hatte im Verlauf der Auseinandersetzung erfahren, dass ihr Mann, dessen Schläge sie ertrug, sie nie geliebt, sondern vielmehr ihren Tod herbeigesehnt hatte …

|Mein Eindruck|

Diese Erzählung unterscheidet sich radikal von den beiden anderen. War in der ersten Story nur Action gefragt, in der zweiten aber auch schon psychologisches Gespür und raffinierte Taktik, so ist hier vor allem Psychologie gefragt. Natürlich geht es im Laufe der Auseinandersetzung auch handfest zur Sache, aber die entscheidenden Wendungen erfolgen doch im Innern der Figuren. Es ist ein Psychodrama nach allen Regeln der Kunst, mit einer fiesen Pointe. Diesmal stößt Jack an seine Grenzen und gelobt, künftig die Finger von Ehestreitereien zu lassen.

_Der Sprecher_

Das Hörbuch wird von Detlef Bierstedt kompetent und deutlich artikuliert vorgetragen, so dass man dem Text mühelos folgen kann. Er muss sich nicht besonders anstrengen, denn die amerikanischen und italienischen Namen auszusprechen, ist eigentlich kein großes Kunststück für einen Mann mit Allgemeinbildung. Mehrmals war ich dennoch von seiner Kenntnis der Aussprache bestimmter Begriffe und Namen beeindruckt.

Da sich die Anzahl der Figuren sich in Grenzen hält, gerät man nie in Gefahr, die Übersicht zu verlieren. Bierstedt versucht sein Möglichstes, die Figuren zu charakterisieren. Die wichtigste Figur ist natürlich Handyman Jack selbst, der Ich-Erzähler. Er klingt zwar nicht wie Bierstedts Synchronfigur George Clooney, aber doch einigermaßen cool und abgebrüht, wie ein Nachfahre von Philip Marlowe.

Der Vietnamese Tranh erhält von Bierstedt eine hohe Stimmlage zugewiesen, als wäre eine Art Mandarin aus China. Seine Ausdrucksweise ist leise und kultiviert. Die New Yorker Schurken hingegen sind das genaue Gegenteil: hart und rau, mit einer tiefen Stimmlage. Ganz besonders Aldo D’Amico gehört zu dieser Kategorie. Frauenfiguren sind dünn gesät, doch auch sie weiß Bierstedt mit sanfter Sprechweise und höherer Stimmlage darzustellen. Einmal spricht sogar die junge Tochter Vicky von Jacks Freundin Gia, und hier geht Bierstedts Stimme ganz hoch. Die Kleine klingt erst dann auch wirklich wie ein Kind.

Bei so wenig Abwechslung in den Stimmlagen kommt es darauf an, die stimmliche Expressivität der jeweiligen Szene anzupassen und so den Ausdruck emotionaler und abwechslungsreicher zu gestalten. Dies gelingt dem Sprecher wesentlicher erfolgreicher, und so kann sich der Hörer über Jammern, Verzweiflung, Hysterie, Schniefen, Stammeln, Verlegenheit, Angst, Spott, Arroganz, Sarkasmus, Nervosität, Erleichterung, Erschütterung, Aufregung, Besorgnis, Freude und viele andere Gefühlsausdrücke freuen. Ganz eindeutig ist dies Bierstedts eigentliche Stärke. Hörbar macht ihm dieser Aspekt seiner Arbeit am meisten Spaß.

_Musik_

Das Intro stimmt den Hörer bereits auf eine spannende, dynamische Handlung ein und erinnert von fern an Film-noir-Musiken. Das Outro entspricht dem Intro. Dazwischen hören wir immer wieder Musik, um die Pausen zu füllen, beispielsweise um einen Szenenwechsel anzudeuten. So etwas wie Hintergrundmusik ist nur in inszenierten Lesungen und Hörspielen üblich, wird daher hier nicht praktiziert.

_Unterm Strich_

Die erste Story stellt den Helden und Ich-Erzähler als eine Art Ein-Mann-Bürgerwehr vor, die zwar stets auf der „richtigen Seite“ kämpft, aber dabei vor allen Arten von Gewaltanwendung nicht zurückschreckt. Seine Opferzahl – wenn auch nicht immer Leichen – ist beachtlich. Vielleicht muss man Amerikaner oder zumindest New Yorker sein, um das besonders toll zu finden.

Die zweite Geschichte, die längste dieser Auswahl, ist recht komplex aufgebaut und verlangt vom Hörer ein gutes Gedächtnis. Nicht immer ist angesichts vieler Akteure in einer Szene, wie etwa im „Highwater Diner“, sichergestellt, dass man sich alle Namen merken kann. Dann muss man sich die Szene eben nochmals anhören. Der Schluss ist clever und fies eingefädelt, die Behandlung seiner Gegner fällt bei Jack gewohnt ruppig aus – siehe oben. Aber am besten ist es natürlich, wenn sie sich wie hier gegenseitig erledigen.

In Story Nummer drei findet Jack quasi seinen Meister, aber nicht etwa hinsichtlich der Action oder moralischer Niedertracht, sondern lediglich hinsichtlich der Brutalität. Diese ereignet sich quasi off-screen und wird nicht dargestellt, doch allein schon die Andeutungen können einem sensiblen Hörer auf den Magen schlagen. Zu diesem Zeitpunkt dürfte man aber schon durch die vorangegangenen Erzählungen entsprechend vorgewarnt und abgebrüht sein.

Handyman Jack hat durchaus das Zeug, um Freunde hartgesottener Geschichten zu erfreuen. Seine Moral lässt ihn immer wieder auf der Seite der Guten stehen. Und sein Humor ist nicht durchgehend schwarz, sondern auch ein wenig schräg, so etwa, wenn Jack seinem Freund Julio nachfühlen kann, dass die Yuppies in der Gegend überhand nehmen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind. Insgesamt ist er also ein Bursche, dessen Aktionen zwar an Superhelden wie Spider-Man erinnern, der aber im Gegensatz dazu immer schön auf dem Teppich bleibt. Das fand ich relativ sympathisch.

|Das Hörbuch|

Das Hörbuch wird von Detlef Bierstedt in gewohnter Weise kompetent gestaltet, bietet aber ansonsten keine Zutaten wie etwa Musikuntermalung oder gar eine Geräuschkulisse. Musik füllt lediglich die Pausen für die Szenenwechsel.

Fortsetzung folgt: „Handyman Jack – Der letzte Ausweg“.

|3:30 Stunden auf 3 CDs
Übersetzung vom Festa-Verlag
ISBN 978-3-7857-3552-7|
http://www.lpl.de
http://www-luebbe-audio.de
http://www.festa-verlag.de

Sparks, Kerrelyn – Wie angelt man sich einen Vampir?

Der Vampir Roman Draganesti ist der Erfinder synthetischen Blutes, welches es Vampiren ermöglicht, sich zu ernähren, ohne dabei menschliche Leben zu gefährden. Um seine Erfindung noch zu optimieren, erfindet seine Firma Romatech Industries eine Sexpuppe, durch die das synthetische Blut fließen und die den Vampiren ein möglichst echtes Beißgefühl übermitteln soll. Doch als Roman diese Erfindung testet, bricht ihm bei dem Biss in die Gummipuppe einer seiner Fangzähne ab!

Damit sein Fangzahn nicht für immer verloren ist, muss er noch in derselben Nacht zu einem Zahnarzt, doch da es laut den „Schwarzen Seiten“ keinen Vampir-Zahnarzt zu geben scheint, bleibt Roman nicht anderes übrig, als zu einem normalsterblichen Dentisten zu gehen. Er landet bei der hinreißenden Dr. Shanna Whelan, die aber ganz andere Probleme hat als einen Patienten mit einem abgebrochenen Fangzahn: Sie wird von einem gefährlichen Auftragskiller verfolgt. Als sich herausstellt, dass es sich bei dem Auftragskiller um keinen Geringeren als den Vampir Petrovsky handelt, den Erzfeind Romans, der sich noch immer von menschlichem Blut ernährt, rettet Roman Shanna und bringt sie in sein Haus, das von Vampiren wie auch Menschen bewacht wird.

Dort lässt er sich von Shanna behandeln und stellt sie unter seinen Schutz. Es dauert nicht lange, bis Petrovsky erfährt, wer Shanna unter seine Fuchtel genommen hat, und Rache plant. Zu allem Überfluss merkt Roman, der der Liebe eigentlich schon vor langer Zeit abgeschworen hat, dass seine Gefühle für Shanna von Tag zu Tag wachsen – doch wie soll eine Beziehung zu einer Sterblichen funktionieren, wenn Shanna nicht einmal Blut sehen kann?

Bereits die Inhaltsangabe lässt vermuten, dass es sich bei „Wie angelt man sich einen Vampir?“ von Kerrelyn Sparks um eine Vampir-Komödie handelt, und diese Vorstellung wird auch schon nach den ersten Seiten des Buches nicht enttäuscht. Es hat den Anschein, als hätte sich Kerrelyn Sparks zur Aufgabe gemacht, so viele Vampirklischees wie möglich in ihrem Buch zu vereinen und diese dann gehörig durch den Kakao zu ziehen. Ob nun die oben erwähnte Sache mit der Gummipuppe, welche nicht nur die Natur der Vampire, Menschen zu beißen und ihr Blut zu trinken, sondern auch ihre Erotik veralbert, die Tatsache, dass Vampire weder in Spiegeln zu sehen sind noch auf Fernsehaufnahmen, oder ihre Angewohnheit, tagsüber zu schlafen wie ein Stein – Kerrelyn Sparks bedient sich beinahe jedes Klischees, das über Vampire bekannt ist, und bindet diese so in ihre Geschichte ein, dass sich dadurch nicht nur für die Vampire ein Problem entwickelt, sondern auch bei den Lesern für den ein oder anderen Lacher gesorgt ist.

In der ersten Hälfte des Buches jagt ein Scherz den anderen und unterhält den Leser bestens. Vor allem die ersten paar Kapitel wurden so lustig geschrieben, dass nicht nur die Handlung, sondern auch die Charaktere ins Lächerliche gezogen werden. Der Humor, den Kerrelyn Sparks in „Wie angelt man sich einen Vampir?“ eingebaut hat, ist nicht jedermanns Sache und wird auch nicht jeden begeistern können. Dadurch, dass die lustige Atmosphäre des Buches teilweise sehr aufgesetzt wirkt und nicht jeder Scherz wirklich überzeugen kann, wird nicht jeder etwas mit diesem Roman anfangen können. „Wie angelt man sich einen Vampir?“ ist kein Buch, wegen dem man aus dem Lachen fast nicht mehr herauskommt, sondern eines, das in der ersten Hälfte der Geschichte mit einigen Witzen punkten kann. Wer „Wie angelt man sich einen Vampir?“ lesen möchte, der muss sich auf den Humor, der nicht immer der beste ist, einlassen können und dabei auch mal den einen oder anderen schlechten Witz übersehen.

Nach der ersten Hälfte vollführt die Geschichte eine mehr oder weniger abrupte Wendung. Aus der Komödie, die zu keiner Sekunde ernst genommen werden kann, wird nun bitterer Ernst. Dort finden die veralberten Vampirklischees und die zahlreichen Witze ein Ende und die Geschichte entwickelt sich in eine völlig neue Richtung. Auch wenn mir die lustige Variante und die ernste eigentlich gleich gut gefallen haben, fand ich den Wechsel ein wenig störend, da dadurch auch der ganze Sinn der anfänglichen Geschichte über den Haufen geworfen wird. Während in der ersten Hälfte die Charaktere gnadenlos ins Lächerliche gezogen werden und auch die Geschichte selbst ein einziger Witz ist, so gewinnen die Charaktere in der zweiten Hälfte an Ernsthaftigkeit und die Geschichte verbannt jeden weiteren Witz. Zwar bleibt die Handlung durchgehend spannend, aber dennoch hätte sich Kerrelyn Sparks vorher entscheiden sollen, ob ihr Buch nun eine Vampir-Komödie oder eine ernste Vampir-Geschichte werden soll.

Wie eben schon erwähnt leiden unter den ständigen Witzen in der ersten Hälfte die Charaktere. Ob nun Roman, Shanna oder die Nebencharaktere, kein Charakter ist dort auch nur im Ansatz ernst zu nehmen. Weil möglichst viele lustige Szenen in das Buch eingebaut wurden, wirken dafür die Charaktere sehr oberflächlich und teilweise auch nur wenig realistisch. Weder die Gefühle noch die Reaktionen oder die Dialoge sind manchmal wirklich nachvollziehbar und erscheinen daher sehr aufgesetzt. So, wie die Charaktere in „Wie angelt man sich einen Vampir?“ teilweise reagieren, würde einfach kein normaler Mensch agieren oder fühlen. Wer also viel Wert auf die Charaktere legt, der wird der ersten Hälfte des Buches nicht allzu viel abgewinnen können, da sich die Protagonisten erst in der zweiten Hälfte zu normalisieren scheinen. Die Reaktionen werden realistischer, die Gefühle nachvollziehbarer.

Ein großer Pluspunkt, den Kerrelyn Sparks neben ihrem humorvollen Stil ausspielt, ist die Spannung. Hier spielt es keine Rolle, ob es sich nun um die erste oder die zweite Hälfte des Buches handelt, der Spannungsbogen bleibt während des kompletten Buches gleich straff. Die Geschichte wird zu keiner Zeit langweilig, da der Leser entweder mit humorvollen Szenen, Gefahren oder auch der Liebe, die sich zwischen Roman und Shanna anbahnt, bestens unterhalten wird. Wer einmal angefangen hat zu lesen, der kann dabei schnell einmal die Zeit vergessen, und auch wenn das Buch an sich nicht gerade perfekt ist, liest es sich sehr zügig und man hat seinen Spaß dabei.

Das Ende des Buches ist zwar an sich nicht schlecht, aber selbst mir fast ein wenig zu kitschig und zu viel Happy-End. Auf den letzten paar Seiten lösen sich sämtliche Probleme auf, Wunder geschehen und alles wendet sich zum Guten, sodass jeder glücklich ist. Happy-End hin oder her, man kann es auch ein bisschen übertreiben, und Kerrelyn Sparks hat mit „Wie angelt man sich einen Vampir?“ die Grenze ganz knapp überschritten. Details dazu werde ich keine verraten, aber einiges war einfach zu viel des Guten, sodass das Ende ein wenig ins Lächerliche und vor allem noch stärker ins Kitschige abgedriftet ist.

_Fazit:_

Wer von „Wie angelt man sich einen Vampir?“ von Kerrelyn Sparks erwartet, es handele sich dabei um eine pure Vampir-Komödie, der liegt falsch. Nach der ersten Hälfte des Buches wird die Geschichte ernst und hat nichts mehr von dem Witz in der ersten Hälfte vorzuweisen. Dennoch ist das Buch lesenswert, da der Spannungsbogen konstant bleibt und die Geschichte gut unterhält.

_Die Autorin:_

Kerrelyn Sparks war Französisch- und Geschichtslehrerin an einer High School, bis sich im Jahre 2002 ihr Traum endlich erfüllte: Ihr erstes Buch wurde veröffentlicht. Mittlerweile ist sie Bestsellerautorin und lebt mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern im Großraum Houston, Texas.

|Originaltitel: How to marry a Millionaire Vampire
Aus dem Amerikanischen von Justine Kapeller
460 Seiten
ISBN: 978-3-89941-450-9|
MIRA Taschenbuch

Harrison, Mick / Ross, Dave – Star Wars 67: Dark Times II – Parallelen

_Inhalt_

|“Parallelen – Teil 1″|

19 Jahre vor der Schlacht von Yevin: Der Stand des Jedi-Ordens ist aufs Äußerste bedroht. Das Imperium hat einen Feldzug gegen die Macht gestartet, dem viele tapfere Ritter zum Opfer gefallen sind. Auch die alten Meister K’Kruhk und Jeisel müssen schmerzlich erfahren, wie deutlich sich das Blatt gewendet hat. Ihr Auftrag, einige Padawane zu schützen, droht zu scheitern, als die begleitenden Klonkrieger sie an Ort und Stelle verraten. Für Jeisel kommt dabei jede Hilfe zu spät.

Unterdessen hat Bomo Greenbark an Bord der Uhumele Zuflucht gefunden, ist aber immer noch von starker Trauer um seine verlorene Familie gezeichnet. Aber auch die Tatsache, dass der Schiffseigner Heren noch kein Vertrauen zu ihm fasst, setzt ihm schwer zu. Lediglich die junge Begleiterin Crys scheint imstande, ihm vorübergehend Trost zu spenden – bis die Sprache auf Dass Jennir kommt …

_Persönlicher Eindruck_

Nach den folgenschweren Ereignissen und dem leider etwas abruptem Ende des vorangegangenen Mehrteilers „Der Weg ins Nichts“ scheint es nur allzu konsequent, die Geschichte um den verzweifelten Bomo Greenbark und seinen einstigen Gefährten Dass Jennir weiter fortzuführen. Allerdings wird die neuerliche Fehde im ersten Kapitel nicht direkt in den Fokus genommen. Stattdessen widmet sich Autor Mick Harrison vorwiegend dem drohenden Untergang des Jedi-Ordens, der nicht nur das Schicksal des neuen Hauptdarstellers K’Krukh auf eine harte Probe stellt, sondern grundsätzlich der Aufhänger für allerlei neue Konflikte zu sein scheint. Das Imperium ist infolge der Order 66 auf dem Vormarsch, die Hatz auf die Jedi-Ritter hat begonnen, und somit ist ihr Fortbestehen und Wachstum besonders für die Meister oberste Prämisse.

Angesichts dieser Tatsache stürzen die drei Protagonisten K’Krukh, Crys und auch Bomo in eine tiefe Krise. Erstgenannter macht sich selbst dafür verantwortlich, den Verrat der Klonkrieger nicht rechtzeitig gespürt und den Tod seiner langjährigen Freundin Jeisel verschuldet zu haben, während Crys verbittert über den Verlust ihres Sohnes ist, der ihr einst von den Jedi im Glauben, er sei ein geeigneter Padawan, genommen wurde. Bomo gerät indirekt in die Szenerie hinein, verlangt allerdings zunächst nichts anderes als Schutz und Ruhe, um seine verheerenden Opfer zu verarbeiten. Allerdings steht er trotz allem noch gewissenhaft hinter seinem ehemaligen Jedi-Kumpan und forciert somit eine weite Auseinandersetzung mit seiner nunmehr einzigen engeren Vertrauten, die den Jedi überhaupt nicht gut gesonnen ist. Doch nicht nur dieser Umstand bringt Greenbark beinahe um den Verstand – bis er schließlich doch noch zeigen kann, was wirklich in ihm steckt.

Die Geschichte nimmt also einen ganz neuen Verlauf, stützt sich aber in bestimmten Aspekten ganz klar auf die Vorgänger-Story, die allerdings nicht als bekannt vorausgesetzt wird. Darüber hinaus scheinen die Inhalte dieses Mal ein ganzes Stück komplexer, da sich der Plot einer größeren Anzahl unabhängiger Handlungsstränge bedient. Positiv sticht diesbezüglich die sehr schöne Ausarbeitung der einzelnen Ebenen heraus, weil Harrison stellenweise sehr ausführlich auf die Charaktere eingeht, dennoch aber stetig aufs Tempo drückt. Die Voraussetzungen für eine actionreiche, bisweilen auch recht tiefgängige Story sind somit geschaffen und die Weichen für einen versönlicheren Abschluss als der in „Der Weg ins Nichts“ gestellt. Zwar sei fairerweise erwähnt, dass die letzte Erzählung um Jennir und Greenbark ähnlich stark begann, nur eben scheint das gesamte Gerüst dieses Mal noch besser ausgearbeitet. Mehr soll die Zukunft zeigen; bis dato jedoch ist „Parallelen“ absolut vielversprechend!

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Franz, Andreas – Spiel der Teufel

Kommissar Sören Henning und seiner Partnerin Lisa Santos stehen besonders unangenehme Ermittlungen bevor. Ihr Freund und Kollege Gerd Wegner wird tot in seinem Auto gefunden, offenbar Selbstmord durch Kohlenmonoxid-Vergiftung. Es existiert jedoch kein Abschiedsbrief und niemand kann sich vorstellen, dass er sich umgebracht haben sollte. Vor allem seine schöne Witwe, die Russin Nina, glaubt nicht an die Selbstmord-Theorie.

Kurz darauf taucht die Leiche einer jungen Asiatin am Kieler Hafen auf, genau an jenem Ort, an dem sich Gerd kurz vor seinem Tod aufgehalten hatte. Weggeätzte Fingerkuppen deuten auf eine Auftragskillerin hin, die von ihresgleichen beseitigt wurde. Henning und Santos wittern einen Zusammenhang. Der Mordverdacht erhärtet sich, als sich herausstellt, dass Gerd verdeckte Ermittlungen für das Landeskriminalamt führte, die ihm womöglich zum Verhängnis wurden.

Leider stellen Henning und Santos auch fest, dass Gerd ein Doppelleben führte. Eine Frau meldet sich, die sich als seine Geliebte ausgibt, zudem kassierte Gerd anscheinend Schmiergelder, die ihm ein luxuriöses Leben ermöglichten. Die Spur führt zu einer russischen Organhandel-Organisation, die in ganz Europa Stützpunkte unterhält – und auch zu einer Kieler Schönheits-Klinik, in der illegale Operationen vorgenommen werden …

Nach „Unsichtbare Spuren“ gibt es in diesem Buch ein Wiedersehen mit dem Kieler Kommissar Sören Henning, das erfreulicherweise an die positiven Erwartungen des Vorgängers anknüpfen kann.

|Spannung bis zum Schluss|

Es ist in mehrfacher Hinsicht ein besonders aufreibender Fall für Sören Henning und Lisa Santos. Nicht nur, dass das Mordopfer ihr geschätzter Kollege Gerd Wegner ist, sondern im Laufe ihrer Ermittlungen erhärtet sich auch noch der Verdacht, dass die Mittäter in den eigenen Reihen zu finden sind. Brisant ist auch das Thema Organmafia, das im weiteren Verlauf die Handlung dominiert.

Schnell ist dem Leser ebenso wie den Ermittlern klar, dass der angebliche Selbstmord von Gerd Wegner fingiert wurde, doch die Frage nach dem Täter bleibt spannend. Ein persönlicher Racheakt ist ausgeschlossen, bleibt also nur noch die Möglichkeit, dass Gerd aufgrund von Ermittlungen ausgeschaltet wurde. Seine verdeckte Nebentätigkeit und der Verdacht der Korruption bringen Henning und Santos ins Wanken, immerhin betrachteten sie Gerd als einen ihrer engsten Freunde und wollen kaum glauben, dass der zuverlässige, ruhige Familienvater in dubiose Machenschaften verwickelt war. Für Bestürzung sorgt auch das Obduktionsergebnis, nach dem er kurz vor seinem Tod Sex mit einer Frau hatte, die unmöglich Ehefrau Nina gewesen kann, die sich zu der Zeit in Hamburg befand. Henning und Santos rätseln, ob die mysteriöse Geliebte an seinem Tod beteiligt war oder zumindest als Zeugin helfen kann. Besonders im letzten Viertel ist der Roman reich an überraschenden Wendungen. Sogar der Epilog kann noch mit neuen Ergebnissen aufwarten, sodass man sich bis kurz vor Schluss nie sicher sein kann, wie die Dinge wirklich liegen.

In einem Nebenstrang wird immer wieder zu den Organhändlern geschaltet. Durch leere Versprechungen von einem besseren Leben lotsen sie Kinder und junge Leute aus dem Armutsvierteln in St. Petersburg auf ein Schiff, das sie nach Deutschland führt. Anstatt jedoch von liebevollen Familien in Empfang genommen zu werden, erwarten sie eine ärztliche Untersuchung, eine Betäubungsspritze und der Tod auf dem OP-Tisch, wo ihnen wichtige Organe entnommen werden. Mit eiskalter Kalkulation wickeln die Macher ihre Geschäfte ab, ohne Scheu, den Immigranten ins Gesicht zu lügen.

Andreas Franz verzichtet bewusst auf Szenen mit Gewaltdarstellung; seine Schilderungen lösen dennoch beim Leser heftige Beklemmung aus. Inständig wünscht man sich, dass die jüngsten Opfer des Organhandels noch rechtzeitig gerettet werden können, während man verfolgt, wie den eingepferchten Gefangenen nach ihrer Ankunft langsam eine Ahnung aufsteigt, dass sie in eine Falle gelaufen sind. Die Verwicklung höchster Kreise von russischer Politik, Justiz und Polizei in das organisierte Verbrechen schockiert nicht zuletzt dank des Wissens, dass Andreas Franz sich hier mehr an recherchierten Fakten denn an Phantasie orientiert und das totgeschwiegene Thema Organhandel präsenter sein dürfte, als es einem lieb ist. Der Leser sei vorgewarnt, dass er sich auf ein sehr düsteres Werk einlässt, das dicht an der traurigen Realität bleibt.

|Gelungene Hauptcharaktere|

Sören Henning ist auch hier gerade durch seine überlegte Art ein Sympathieträger, von dem man sich noch viele weitere Romane wünscht. Kenntnisse über das Vorgänger-Werk sind nicht notwendig, denn die wichtigsten Informationen fließen wie nebenbei in die Handlung ein. Sören Henning ist ein geschiedener Kommissar Anfang vierzig, der sehr unter der Trennung von seinen Kindern leidet. Seine Ex-Frau stellt unablässig finanzielle Forderungen, während sie im Gegenzug versucht, jeden Kontakt zwischen Henning und den Kindern zu vermeiden.

Einziger Halt ist, wie schon im letzten Band, Lisa Santos, mit der er inzwischen eine Beziehung führt, die in Einklang mit dem Alltagsstress gebracht werden muss. Die Liebesbeziehung steht aber angenehm im Hintergrund. Franz benutzt sie weder, um Sexszenen noch Eifersüchteleien einzubauen. Einziger Konfliktpunkt ist Santos‘ ältere Schwester Carmen, die vor über zwanzig Jahren bei einem brutalen Überfall schwerste Gehirnverletzungen davontrug und seither im Wachkoma liegt. Für Henning ist es schwer zu akzeptieren, dass Carmen für Lisa den wichtigsten Punkt in ihrem Leben darstellt und sie nicht davon abrückt, sie mehrfach die Woche zu beobachten, obwohl wenig dafür spricht, dass Carmen ihre Gegenwart überhaupt registriert. Davon abgesehen werden Henning und Santos als gleichwertige Partner präsentiert, die einander in einem besonders belastenden Fall gegenseitig eine Stütze bieten. Der Fokus liegt eindeutig auf den Ermittlungsarbeiten statt auf dem Privatleben der Kommissare.

|Kleine Schwächen|

Auf der Gegenseite sind die Charaktere nicht ganz so überzeugend gelungen. Sowohl beim Leiter der Klinik als auch bei seinen niederen Handlangern vermisst man Züge abseits der Klischees. Der Leiter besticht nach außen hin durch Charme und weltmännisches Auftreten, um hintenrum seine grausamen Geschäfte abzuwickeln. Da gibt es keine Überraschungen in Verhalten oder Motivation der Figuren; die oberen Drahtzieher sind geld- und machtbesessen, die Untergebenen werden genötigt, da ihnen bei Zuwiderhandlungen der Tod oder der eines Familienangehörigen droht.

Etwas weniger Schwarzweiß-Malerei und etwas differenzierte Darstellungen wären schön, vor allem ein paar schwankende, an ihrer Tätigkeit zweifelnde Charaktere auf der Seite der Bösen hätten der Handlung gut getan. Und obwohl die Wendungen und der Ausgang generell sehr überraschend sind, gibt es zumindest zwei Personen, deren nähere Beteiligung man schon etwa in der Mitte des Buches zu erahnen beginnt, sodass die Bestätigung am Ende nicht allzu überraschend ausfällt.

_Als Fazit_ bleibt ein sehr düsterer und realistischer Krimi über das brisante Thema Organmafia. Auch das zweite Werk mit den Kieler Kommissar Sören Henning überzeugt durch interessante Hauptcharaktere und Spannung inklusive Wendungen bis zum Schluss. Die kleinen Schwächen fallen dagegen kaum ins Gewicht.

_Der Autor_ Andreas Franz wurde 1956 in Quedlinburg geboren. Bevor er sich dem Schreiben widmete, arbeitete er unter anderem als Übersetzer, Schlagzeuger, LKW-Fahrer und kaufmännischer Angestellter. 1996 erschien sein erster Roman. Franz lebt mit seiner Familie in der Nähe von Frankfurt, wo die meisten seiner Krimis spielen. Weitere Werke von ihm sind unter anderem: „Jung, blond, tot“, „Das achte Opfer“, „Der Finger Gottes“, „Letale Dosis“, „Das Verlies“, „Teuflische Versprechen“ und „Unsichtbare Spuren“.

Mehr über ihn auf seiner Homepage: http://www.andreas-franz.org.

http://www.droemer-knaur.de

_Andreas Franz auf |Buchwurm.info|:_
[„Teuflische Versprechen“ 1652
[„Unsichtbare Spuren“ 3620

Brian Keene – Der lange Weg nach Hause

Das geschieht:

Was wie eine normale Heimfahrt nach einem langen Büroarbeitstag aussah, endet für die Freunde Steve, Charlie, Hector und Craig aus dem Städtchen Shrewsburg im US-Staat Pennsylvania als Katastrophe. Ein greller Trompetenton schallt über den Erdball, Millionen Menschen lösen sich in Luft auf, Flugzeuge fallen ohne Piloten vom Himmel, Atomkraftwerke explodieren, auf den Straßen rammen sich fahrerlose Kraftwagen in endlosen Massenkarambolagen.

Auch unserem Quartett ergeht es übel; nach einem Unfall ist Craig spurlos verschwunden, Pechvogel Hector tot. Benommen finden sich Steve und Charlie unter den verwirrten Überlebenden eines in seinem Ausmaß unbekannten Desasters wieder. Haben Terroristen zugeschlagen? Das Telefonnetz ist zusammengebrochen. Keine Polizei erscheint, Krankenwagen fahren nicht. Das Chaos regiert und verstärkt sich, als den Menschen dämmert, dass Hilfe ausbleiben wird. Brian Keene – Der lange Weg nach Hause weiterlesen