Link, Kelly – Elbenhandtasche, Die

Die Lobeshymnen im Klappentext zu Kelly Links Debüt „Die Elbenhandtasche“ sind geradezu überschwänglich. Jonathan Lethem erklärt die Autorin kurzerhand zur |“besten Kurzgeschichten-Autorin der Welt“| und auch Neil Gaiman lässt sich von der Euphorie um Kelly Links Fantasy-Kurzgeschichten anstecken: |“Kelly Link setzt ein Wort hinter das andere und erschafft damit wahre Magie – witzig, bewegend, zärtlich, unerschrocken, gefährlich.“| Grund genug, mal einen genaueren Blick in „Die Elbenhandtasche“ (schon der Titel klingt so schön herrlich skurril) zu werfen.

Das Buch enthält neun Kurzgeschichten, die sich allesamt der Urban Fantasy zuordnen lassen. Was auf den ersten Blick nach ganz normalen Protagonisten und einem ganz alltäglichen Handlungsablauf aussieht, entwickelt stets ganz ungeahnte fantastische Züge. So erzählt in der ersten Geschichte die junge Genevieve die Geschichte ihrer Großmutter, die eine eigenartige Handtasche besessen hat, die nun verschwunden ist. In dieser Handtasche ist schon so mancher Mensch verschwunden, um Jahrzehnte später keinen Tag älter wieder daraus aufzutauchen.

Nicht minder fantastisch ist „Hortlak“, die Geschichte eines 24-Stunden-Supermarktes am Rande einer Schlucht, in dem jede Nacht Zombies ein- und ausgehen. Faszinierend ist auch „Steintiere“, die Geschichte einer ganz normalen Familie, die in ein verwunschenes Haus einzieht und deren Alltag sich dadurch unmerklich und unheimlich zu verändern beginnt. Sehr schön liest sich auch „Die große Scheidung“, eine Geschichte, in der es vollkommen normal ist, dass Menschen Tote heiraten, was natürlich selten zu einer leichten Ehe führt.

Kelly Link beweist mit ihren Kurzgeschichten einen enormen Erfindungsreichtum. Sie versteht sich darauf, ihre Geschichten bis in den letzten Winkel lebensnah erscheinen zu lassen, mag der Plot sich auch noch so abstrus entwickeln. Mit einer bewundernswerten Leichtigkeit erzählt sie von den sonderbarsten Verwicklungen, und wenn man die merkwürdigen Handlungsverläufe mit eigenen Worten wiedergeben wollte, so könnte das nur reichlich unmöglich und verschroben klingen. Link schafft es aber, ihre Geschichten so selbstverständlich und normal erscheinen zu lassen, dass man staunt, wie verrückt sie dabei eigentlich sind.

Nicht selten kranken Kurzgeschichten daran, dass sie nicht ausreichend Tiefe entwickeln, den Leser nicht weit genug in ihren Bann ziehen können und dieser nach Ende der Geschichte seltsam unberührt zurückbleibt. Kelly Link hat damit in den meisten Fällen wenig Probleme. Sie scheint den Leser einzulullen, zieht ihn tief in ihre Geschichten hinein und spinnt ihn ein, in einen Kokon irrsinniger und fantastischer Ideen.

Die Art und Weise, wie sie beispielsweise in der Geschichte „Eingelullt“ die Erzählebenen ineinander verschachtelt, ist schon sehr raffiniert eingefädelt. Sie schafft es, sich auch dabei nicht zu verzetteln und den Leser auf halber Strecke zu verlieren. Man kann ihr auch auf den fantastischsten Pfaden meist noch sehr gut folgen, denn allen Geschichten liegt neben einem Hang zum Absurden und Fantastischen auch einer zum ganz Normalen und Alltäglichen zugrunde.

Dabei bewegt Kelly Link sich stets souverän durch die unterschiedlichen literarischen Gattungen. Mal geht es in Richtung Märchen oder Fabel, mal in Richtung Krimi, mal garniert sie ihre Geschichten mit einer Prise Horror, mal mit einem wunderbar ironischen Unterton. Kelly Link schafft einen gelungenen Genremix und präsentiert eine unterhaltsame Vielfalt an Kurzgeschichten, die allesamt vor allem eines gemeinsam haben: Sie sind viel zu schnell zu Ende. Man möchte ihre Protagonisten am liebsten noch länger begleiten, sehen, was aus ihnen wird und wie sie sich weiterentwickeln.

Lediglich die nur zehnseitige Geschichte „Die Kanone“ kann nicht so ganz überzeugen. Im Stil eines Interviews gehalten, hat sie zwar auch einen gelungenen Moment, wenn quasi eine Geschichte innerhalb der Geschichte erzählt wird, ansonsten bleibt sie hinter den übrigen Erzählungen aber um einiges zurück.

Unterm Strich bleibt aber ein durchaus positiver Eindruck zurück. Ich tue mich sonst oft etwas schwer mit Kurzgeschichten, aber Kelly Link hat es geschafft, das Eis meiner sonstigen Kurzgeschichtenzurückhaltung zu brechen. Sie beweist einen enormen Erfindungsreichtum, fährt herrlich absurde und fantastische Ideen auf und verbindet das Ganze zu einer Vielfalt an unterhaltsamen und farbenprächtigen Kurzgeschichten. Man taucht jedes Mal tief in die Geschichte ein und würde die meisten Protagonisten am Ende gerne noch weiter begleiten. Man darf nach diesem Debüt auf jeden Fall gespannt darauf sein, was Kelly Link in Zukunft noch abliefert. Wenn sie sich ihren Erfindungsreichtum bewahrt, dann steht uns gewiss noch so manche großartige Geschichte ins Haus.

http://www.heyne.de

Dübell, Richard – Tochter des Bischofs, Die

[„Der Tuchhändler“ 2750
[„Der Jahrtausendkaiser“ 3003
[„Eine Messe für die Medici“ 3288
[„Die schwarzen Wasser von San Marco“ 3323
[„Das Spiel des Alchimisten“ 3380

Wir befinden uns im Aquitanien des 12. Jahrhunderts. Raymond le Railleur ist ein Vagant, ein Sänger. Und leider mag er auch gerne spöttische Versduelle zum Besten geben, die ihm nicht so gut bekommen. Aufgrund seines letzten, sehr unglücklich verlaufenen Auftrittes befindet er sich nun auf den Weg nach Poitiers, um den mächtigen Bischof Jean Bellesmains aufzusuchen.

Er erhofft sich von ihm die Chance, zu spielen und eine Empfehlung für den Hof des jungen König Henri Plantagenet zu bekommen, um seinem Beruf weiter nachgehen zu können. Doch der Bischof hat von seinem Ruf und auch von seiner letzten Pleite bereits gehört, und um dessen Empfehlung zu bekommen, muss Raymond einen Auftrag erfüllen. Der Assistent des Bischofs, Firmin, ist verschwunden; sollte Raymond ihn zurückbringen, wäre seine Zukunft gerettet. Widerwillig nimmt der Sänger den Auftrag an.

Glücklicherweise folgt der zweite Arbeitgeber auf der Stelle. Der ehrgeizige Ritter Robert Ambitien möchte, dass Raymond für ihn ein Fest ausrichtet, bei dem auch der Bischof eingeladen werden soll. Dankbar, einen Grund zu haben, um in der Gegend zu bleiben und Firmins Spur aufzunehmen, begibt sich Raymond auf Roberts Anwesen und verliebt sich prompt in dessen Frau Suzanne, die nicht nur wunderschön ist, sondern auch über ein scharfes Zünglein – vor allem gegenüber dem Klerus – verfügt.

Raymond, als Sänger natürlich verpflichtet, die Hausherrin anzubeten, schwankt nun zwischen zwei Aufträgen und seinen stetig wachsenden Gefühlen. Zu allem Übel findet er heraus, dass Firmin nicht nur verschwunden, sondern sogar ein Mörder ist. Als er selbst als Mörder gesucht wird, wird eines ganz deutlich: Dieser Auftrag hat es mächtig in sich, und seine Liebesgefühle sind nicht gerade förderlich für seine Situation …

„Die Tochter des Bischofs“ ist nun der fünfte Roman von Richard Dübell, den ich genießen durfte. Zwar stand mir diesmal nicht der Kaufmann Peter Bernward zur Seite, aber Raymond le Railleur ist mir auch ein wenig ans Herz gewachsen. Insgesamt ist der Roman meiner Meinung nach nicht so gelungen wie die Bernward-Romane, aber eine Lektüre wert ist er allemal – unterhaltsam, spannend, flüssig lesbar. Der Plot steuert gradlinig auf den Höhepunkt zu, nur eine Überraschung erwartet den Leser, und das natürlich am Ende der Erzählung.

Sprachlich fasziniert der Autor immer wieder mit pointierten Sätzen, zielgerichteten Beschreibungen und gut gesetzten Metaphern und Vergleichen. Das unterhält und verleitet zum Weiterlesen. Oft habe ich einen Satz ein zweites Mal gelesen – nicht, weil ich den Sinn nicht verstanden hätte, sondern weil der Satz einfach schön und harmonisch klingt. Das weiß zu gefallen!

Die Dialoge sind zum einen sehr spritzig, weil Raymond einen sehr sarkastischen, aber treffenden Humor besitzt, der ihm natürlich bei den Spottversen sehr zugute kommt. Zum anderen dienen die Dialoge aber natürlich auch dem Voranschreiten der Handlung, und auch hier beweist der Autor sein handwerkliches Geschick.

Nur die Charaktere sind mir etwas zu blass geraten. Ich kann noch nicht mal sagen, dass mir etwas an ihnen direkt fehlen würde, aber ich konnte mich bei weitem nicht so intensiv in sie hineinversetzen wie bei den anderen Romanen des Autors. Der bereits erwähnte Humor von Raymond ist die einzige Ausnahme, ansonsten verlaufen sich mir die Figuren doch zu sehr ins Klischee: der mächtige, grollende Bischof, der geifernde Pastor, die wunderschöne und kluge Rittersfrau, die natürlich nicht von ihrem Mann geliebt wird, sondern von dem Held der Geschichte. Ja, klar, Liebe gehört dazu, aber irgendwie hat man das in dieser Form doch schon allzu oft gelesen.

Raymonds Spurensuche kann der Leser gut folgen, durch dessen Gedanken auch gut mitziehen. Das Buch ist zwar in der dritten Erzählperspektive geschrieben, aber eindeutig aus Sicht des Sängers; es gibt auch keinen Moment, der den Leser von Raymonds Seite weichen lässt, dadurch wirkt alles fortlaufend und geradeaus geführt. So entdecken der Sänger und der Leser Stück für Stück das Geheimnis des verschwunden Mönches, und dadurch kommt entsprechende Spannung auf. Man will halt nicht nur wissen, wie Raymond Firmin schnappt, sondern auch, was der Bischof mit seinem abtrünnig gewordenen Untertan anstellt. Und nebenbei kann man dann ja auch noch erfahren, was nun mit den Gefühlen zwischen Suzanne und unserem Held sein wird. Happy End oder gebrochenes Herz auf Lebensende?

Insgesamt lässt sich sagen, dass mir „Die Tochter des Bischofs“ ganz gut, aber eben nicht herausragend gefallen hat. Ich habe das Buch gelesen, werde es aber kein zweites Mal zur Hand nehmen. Es ist zwar eher eines der mäßigeren dieses Autors, dafür aber immer noch deutlich besser gelungen als die vergleichbare Masse auf dem Buchmarkt.

Homepage des Autors: http://www.duebell.de
http://www.bastei-luebbe.de/
http://www.ehrenwirth.de

Feldhoff, Robert / Borsch, Frank / Effenberger, S. A. / Hagitte, Chr. / Bertling, S. / Sieper, M. – mediale Schildwache, Die (Perry Rhodan – Sternenozean, Folge 18)

_Jackpot: Perry schleppt ein Mädel ab_

|Lübbe Audio| vertont die Abenteuer des Kadetten Kantiran und des Sternenadminstrators Perry Rhodan, die in der Unterserie „Sternenozean“ im Perry-Rhodan-Universum spielen. Bislang sind achtzehn Hörspiele veröffentlicht, doch will Lübbe offenbar vierzig Hörspiele produzieren. Dies ist die dritte Staffel.

Folge 18, Fortsetzung von Folge 16: Der Planet Baikhal Cain muss in aller Eile evakuiert werden: Der Großangriff der Kybb-Cranar steht unmittelbar bevor. Während sich die Bionischen Kreuzer der Motana dem unausweichlichen Kampf stellen, beginnt Perry Rhodan mit einer Suche im ewigen Eis: Dort verbirgt sich die geheimnisvolle Mediale Schildwache … (Verlagsinfo)

_Die Reihe_

„Perry Rhodan“ ist die größte SF-Heftchen- und Roman-Reihe der Welt. Eine Vielzahl von Autoren schreiben seit Jahrzehnten für die Reihe, und koordiniert wird dieser Aufwand vom |Pabel|-Verlag in Rastatt. Auch Andreas Eschbach fühlte sich geehrt, einen oder zwei Bände beitragen zu dürfen.

Es gab vor der aktuellen |Lübbe-Audio|-Reihe schon Vertonungen der PR-Silberbände, doch nicht in der stilvollen Inszenierung des |STIL|-Tonstudios. Die Vorlage für das vorliegende Abenteuerhörspiel lieferten die Romane „Der Bionische Kreuzer“ von Robert Feldhoff und „Zuflucht der Motana“ von Frank Borsch.

Die 1. Staffel:

1) [Der Sternenbastard 3030
2) [Die Mascantin 3031
3) [Der Hyperschock 3035
4) [Planet der Mythen 3058
5) [Havarie auf Hayok 3263
6) [Das Blut der Veronis 4468

Die 2. Staffel:

7) [Der Gesang der Motana 3627
8) [Sonderkommando Kantiran 3639
9) [Tau Carama 3656
10) [Überfahrt nach Curhafe 3664
11) [Entscheidung in Vhalaum 3682
12) [Die Femesängerin 3699

Die 3. Staffel:

13) [Der Flug der Epha-Motana 4589
14) [Terraner als Faustpfand 4592
15) [Die Sekte erwacht 4595
16) [Der Todbringer 4609
17) [Kampf um den Speicher 4633
18) Die mediale Schildwache

_Die Inszenierung_

Erzähler: Christian Schult (Richard Belzer in „Law & Order: New York“)
Perry Rhodan: Volker Lechtenbrink (Schauspieler, Sänger, Synchronsprecher: Kris Kristofferson, Burt Reynolds als ‚Logan‘)
Atlan: Volker Brandt (Stimme von Michael Douglas)
Zephyda: Claudia Urbschat-Mingues (Stimme von Angelina Jolie, Maria Bello)
Mediale Schildwache: Yara Blümel-Meyers
Echopage: Peter Schiff (Louis de Funès, Stimme von ‚HAL 9000‘)
Hekhet: Andreas Bisowski
Nerine: Katrein Frenzel
Epassar: André Sander

Volker Lechtenbrink wurde 1944 in Cranz/Ostpreußen geboren. Bereits als Achtjähriger sprach er im Kinderfunk und stand zwei Jahre später auch schon auf der Bühne. 1959 wurde er durch den Antikriegsfilm „Die Brücke“ (Regie: Bernhard Wicki) bundesweit bekannt. Er besuchte die Schauspielschule in Hamburg und ist heute in zahlreichen TV-Serien zu sehen. Darüber hinaus ist er am Theater tätig, geht auf Tourneen oder wirkt als Intendant. (Verlagsinfo)

Die Hörspieladaption stammt von S. A. Effenberger. Regie, Musik, Ton und Programmierung lagen in den Händen von Christian Hagitte und Simon Bertling vom Ton-Studio |STIL|. „Die Musik wurde exklusiv für die Perry-Rhodan-Hörspiele komponiert und vom Berliner Filmorchester unter der Leitung von Christian Hagitte live eingespielt. Die elektronischen Klänge und Effekte wurden speziell für die Hörspiele vom |STIL|-Team durch den Einsatz von Computertechnik generiert“, heißt es im Booklet. Executive Producer der Reihe ist Marc Sieper.

Am Schluss erklingt der Song „The World is Growing Loud“ von der Band |Covenant|. Der Originaltitel stammt von Eskil Simonsson und Joakim Montelius, zwei Schweden, die über info@covenant.se zu erreichen sind.

_Vorgeschichte_

Perry Rhodan und sein arkonidischer Freund Atlan sind auf einem Minenplaneten der bösartigen Kybb Cranar in deren Gefangenschaft geraten. Die igelförmigen Aliens verpassten ihnen metallene Halsringe, die mit einem Giftstachel bewehrt sind: die Krynn Varid. Bei Widerstand kann das Gift per Fernsteuerung injiziert werden. Nur aufgrund ihrer persönlichen Zellaktivatoren können die beiden Gefährten das Gift neutralisieren, doch jedes Mal kostet es sie mehr Kraft.

Sie schaffen es zu den einheimischen Motana, wo sich Atlan in die adlige Wegweiserin Zephyda verliebt. Sie führt sie zur Planetaren Majestät, die sie willkommen heißt. Doch als die Kybb Cranar auch die Residenz der Majestät angreifen, gelingt Rhodan, Atlan und Zephyda nur mit knapper Not die Flucht, als ein Nomade namens Rorkhete sie in seinem Schweber mitnimmt.

Das Quartett flieht, bis sie schließlich vor acht Wesen stoppen müssen, die vor ihnen über dem Boden schweben. Rorkhet bezeichnet sie als „Orakel“, und sie wollen helfen. Die Wesen teleportieren die vier auf eine andere Welt, wo sie erst einmal mitten im Ozean landen. Es dauert eine ganze Weile, die riesigen Wellen zu verlassen und zum Strand der Vulkaninsel Ore zu finden. Perry und Rorkhete sind zwar verletzt und erschöpft, können aber das unbekannte Land erkunden.

Unterdessen gelangen Atlan und seine Freundin Zephyda woanders an den Strand. Eine Gruppe Motanakrieger, angeführt von der Amazone Halkorate, nimmt sie in ihre Mitte und teilt Atlan mit, sie seien auf der Welt Ash-ir-tumo gelandet, auf der Insel Ore, und sie werde sie nun nach Oreshme bringen, wo ihre Lokale Majestät über sie richten werde. Atlan bittet um schnelle Behandlung der Wunden, die Zephyda erlitten hat. Die Heilerin Phylatoke nimmt sich Zephydas an und bringt sie in ihre Hütte, die auf einem 20 Meter hoch über die Ebene emporragenden Plateau liegt.

Nachdem Atlan auch Perry und Rorkhete gefunden hat, beschließen die Gefährten, mit einem Schiff über den Ozean zu dem Kontinent Curhafe segeln zu wollen. Vom dort gelegenen Raumhafen aus wollen sie zurück in den Weltraum, um die anstehenden Angelegenheiten zu regeln. Er überredet die Motana, mit ihm zusammen ein zehn Meter langes Boot zu bauen, das in einer geschützten Montagehalle entstehen soll.

Zehn Tage später ist Zephyda wieder auf den Beinen, wenn auch noch etwas wackelig. Da spürt sie in ihrem Geist, dass eine Riesenwelle auf die Insel zurollt, noch bevor sie sie sehen kann. Sie warnt die Motana, die sich sehr über diese Frau wundern. Denn um die anrollende Tau Carama spüren zu können, muss man eine Irtumo-Lauscherin sein, eine wie Intake, die Lokale Majestät. Der Alarm, den Zephyda ausgelöst hat, rettet eine Menge Leben. Dennoch donnert der Tsunami über das Land und droht sogar die Inselstadt Oreshme unter sich zu begraben …

Zephyda segelt mit den beiden Fremden und ein paar Freunden zu jenem Kontinent Curhafe, auf dem sich die Hauptfestung der Kybb Cranar erhebt. Die Kybb Cranar haben die Welt Ash Irthumo und das Volk der Motana unterjocht. Während sich Zephyda unter die verfemten Motana mischt und dort ihre Telekinesekräfte schult, versuchen Perry und Atlan, die Festung der Kybb Cranar von innen heraus zu knacken. Das haut nicht ganz hin und die Kybb-Cranar unterziehen Perry der Elektrofolter …

Nach dem Sieg der Motana über die Kybb Cranar ist es ihnen möglich, ein Raumschiff flottzumachen und mit vereinten Geisteskräften in den Weltraum zu bringen. Schließlich verfügen sie nun nicht nur über eine, sondern gleich zwei Epha Motana. Diese sind in der Lage, ein Schiff ohne Treibstoff anzutreiben und so die allgegenwärtige Hyperraum-Impedanz zu überwinden, die sonst das schnelle Springen von Stern zu Stern unmöglich machen würde. Doch zunächst einmal finden sie einen alten Bionischen Kreuzer der Motana, tief unter dem Meer …

_Handlung_

Perry Rhodan sucht in den arktischen Gefilden Baikhal Cains den Zugang zu der Station der Medialen Schildwache. Die Mediale Schildwache wird dringend benötigt, um weitere Motana zu Schutzherren zu weihen. Dann können die Motana das ihnen von den Kybb Cranar entrissene Sternenreich Yamondi zurückerobern. Immer wieder erscheint Perry das Traumbild einer schönen jungen Frau, die haucht, sie heiße Lyrissea. Doch wo ist der Ursprung dieser Visionen? Als er auf eine Felswand stößt, die sich als illusionäre Projektion erweist, stürzt er dahinter ins Bodenlose …

Unterdessen sind vom Planeten mit Hilfe der 61 Bionischen Kreuzer, die Zephyda, die Epha Motana, aktiviert hat, rund 70.000 gefangene Motana befreit und evakuiert worden. Die Bastion der Kybb Cranar wurde geschleift, nun soll auch ihr heiliger Berg gesprengt werden, Schauplatz zahlreicher Verbrechen an den Motana. Jede Stunde erwarten die Motana unter Zephyda und ihrem arkonidischen Berater Atlan den Gegenangriff der Kybb Cranar. Der Berg birst in einer gigantischen Explosion und fällt in sich zusammen, überschattet von einer Pilzwolke.

Die Erschütterungen lassen Perry Rhodan in seinem unterirdischen Verlies aus seiner Benommenheit erwachen. Zum Glück ist er unverletzt, allerdings hat er keinen Funkkontakt mehr. Er gelangt durch Kammern aus transparentem Material in die kugelförmige Kammer, wo die Mediale Schildwache bereits auf ihn wartet. Sie stellt ihm mit strenger Miene eine Reihe von bohrenden Fragen …

In der Kreisbahn über dem Planeten entdecken die Abtaster von Zephydas Bionischem Kreuzer die sich nähernde Raumflotte der Kybb Cranar. Es handelt sich um die bekannten würfelförmigen Fahrzeuge, doch dahinter befinden sich sechseckige Objekte: die Kybb Draken. Sofort stimmen die Epha Motana der Motana-Flotte den Angriffschoral an und die Todbringer machen sich bereit, ihre tödliche Energie auf die Kybb Cranar abzufeuern.

Die Erfolge sind größer als erwartet, doch dann krümmt sich Zephyda vor Schmerzen. Die Dinge laufen auf schreckliche Weise schief …

_Mein Eindruck_

Endlich erfolgt die krönende Raumschlacht! „Star Wars“-Freunde dürfen sich hier an Action und Dramatik erfreuen. Natürlich müssen sie sich die Bilder selbst vorstellen. Außerdem finden keine Energiestrahlengefechte statt, da die Todbringer auf beiden Seiten nur mit geistiger Energie feuern. Die Igelwesen verlieren 177 Schiffe.

Doch diesmal haben die Kybb Cranar irgendeine Geheimwaffe dabei, die den Motana auf Psi-Ebene schwere Verluste zufügt. Tja, dass sich das Schlachtenglück wendet, war wohl zu erwarten. Das kommt davon, wenn man nur auf Gewalt setzt. Die Natur dieser Geheimwaffe wird nicht näher erklärt – es hätte uns auch gewundert. Vielmehr stehen die Kybb Cranar auf einer Stufe mit den frühen Entwürfen für die Klingonen: primitiv, brutal, skrupellos, auf Vernichtung getrimmt. Klarer Fall, dass wir ihnen den Sieg nicht gönnen.

Während die Schlacht auf Messers Schneide steht, kommt daher Perry Rhodans Mission im Untergrund von Baikhal Cain eine möglicherweise entscheidende Bedeutung zu. Er findet die Mediale Schildwache, doch sie stellt ihm wichtige Fragen nach seiner Moral, seinem Standpunkt und seiner Loyalität. Allerdings dürfte Nicht-PR-Fans der Begriff „Kosmokraten“ nicht geläufig sein. Wieder mal tauchen also irgendwelche mysteriösen Superwesen auf, denn „kosmos“ bedeutet auf Altgriechisch so viel wie „Weltordnung/Universum“ und „kratein“ „herrschen“ (Aristokratie ist daher die „Herrschaft der Besten“ und Demokratie die „Herrschaft des Volkes“).

Perry hat Schwein: Er hat den Jackpot gewonnen und darf das Mädel abschleppen! Mit einem Bagger – schon wieder ein phallisches Symbol – bohrt er sich durch die Eisdecke und gelangt in Reichweite eines rettenden Motana-Kreuzers. Aber ist das Mädel ihm dafür dankbar? Nicht unbedingt. Sie nennt sich Lyressea – die Sprecherin haucht diesen Namen immer wieder auf sehr erotisch-mystische Weise – und fühlt sich befreit. Ihrem Befreier dankt sie trotzdem nicht. Aber die Motana-Chöre jubilieren.

_Unterm Strich_

Insgesamt bildet „Die Mediale Schildwache“ einen befriedigenden Abschluss des Motana-Erzählstrangs in der dritten Staffel. Die Hörspielserie „Perry Rhodan: Sternenozean“ wird offenkundig von Profis produziert, von mancher bekannten Hollywoodstimme gesprochen und liefert einen soliden Gegenwert für den Preis von rund acht Euronen.

Jugendliche beiderlei Geschlechts zwischen 14 und 17 Jahren dürften sich rasch mit den Helden identifizieren, und das ist eine der besten Voraussetzungen, ein treues Publikum aufzubauen. Auch Zephyda ist eine solche Identifikationsfigur, und ich hoffe, dass sie möglichst lange Teil des Serienpersonals bleibt.

Was die Qualität des Inhalts angeht, so darf man wohl kaum tiefschürfende und daher langweilige Monologe erwarten. Vielmehr sind kämpferische Action und romantische Exotik angesagt – das ist genau die Mischung, die auch „Star Wars“ so erfolgreich gemacht hat.

|74 Minuten auf 1 CD|
http://www.perryrhodan.org
http://www.luebbe-audio.de
http://www.stil.name
http://www.perry-rhodan-game.com
[Ausführlicher Überblick über diesen Zyklus der Heftromanserie]http://www.perrypedia.proc.org/Der__Sternenozean__%28Zyklus%29

Caveney, Philip – Sebastian Dark – Der falsche König

Um Geld für sich und seine Mutter zu verdienen, will Sebastian Dark in die Fußstapfen seines Vaters treten, der ein begnadeter Narr war. Nur hat Sebastian von seinem Vater diese Kunst leider nicht geerbt – niemand lacht über seine Witze. Trotzdem macht er sich zusammen mit dem sprechenden Büffelop Max hoffnungsvoll auf den Weg nach Keladon, wo er Hofnarr am Königshof von König Septimus werden will.

Auf dem Weg dorthin trifft er auf Cornelius, der zwar sehr klein ist, aber sehr gut kämpfen kann. Da dieser ebenfalls nach Keladon will, um dort in die Armee des Königs einzutreten, reisen sie zu dritt weiter. Auf dem Weg durch die Prärie werden sie Zeugen, wie eine Kutsche von einer Horde wilder Briganten überfallen wird. Ohne lange zu überlegen, greifen die beiden ein und jagen die Räuber in die Flucht. Erst als sie einen Blick in die Kutsche werfen, wird ihnen klar, wen sie da gerettet haben: Prinzessin Kerin von Keladon, die Nichte von König Septimus!

Obwohl Kerin anfangs sehr zickig reagiert, erklären sich Cornelius und Sebastian bereit, sie zurück nach Keladon zu bringen. In Keladon angekommen, wird die freudige Nachricht sofort König Septimus überbracht, der sehr erleichtert zu sein scheint, seine Nichte heil wiederzubekommen. Doch obwohl König Septimus Kerins Rettern gegenüber so zuvorkommend ist, traut Sebastian ihm nicht, und bald schon wird sein Verdacht, dass der König die Prinzessin eigentlich aus dem Weg schaffen will, bestätigt …

Obwohl Philip Caveney mit „Sebastian Dark – Der falsche König“ die Jugend-Fantasy sicherlich nicht neu erfindet, ist die Story doch interessant und weiß von Anfang an zu fesseln. Die Geschichte ist nicht besonders anspruchsvoll, sodass man während der Lektüre auch als jüngerer Leser nicht allzu viel nachdenken muss und sich entspannen kann.

Die Charaktere sind nicht besonders tiefgründig ausgearbeitet, aber trotzdem kann man mit dem Protagonisten wunderbar mitfiebern, und auch die restlichen Charaktere wirken sympathisch. Obwohl Prinzessin Kerin anfangs wie eine verzogene Göre beschrieben wird, ändert sich das immer mehr, je weiter die Lektüre voranschreitet und sich die Prinzessin mit ihren Gefährten anfreundet. Sehr gut hat mir auch der Charakter des sprechenden Büffelops gefallen (erklärt, was genau ein Büffelop ist, wird in dem Buch nicht, aber ich schätze mal, dass es irgendeine Art Fabelbüffel oder Minotaurus ist). Er redet am laufenden Band, und die Dialoge zwischen ihm und Sebastian haben mich häufiger zum Lachen gebracht. Der einzige Charakter, der mir nicht allzu gut gefallen hat, war König Septimus. Zwar wird erklärt, weshalb er böse ist und Prinzessin Kerin aus dem Weg schaffen will, aber einige Charakterzüge sind dann doch irgendwie unpassend. Außerdem wird der König an einigen Stellen ins Lächerliche gezogen, was mir für einen Bösewicht auch nicht gerade zugesagt hat.

Wie schon erwähnt, hat das Buch einige sehr amüsante und witzige Stellen vorzuweisen, vor allem wenn sich Sebastian und Max unterhalten. Die beiden mögen sich zwar, streiten und diskutieren aber beständig miteinander. Eine sehr lustige Unterhaltung, an der aber Cornelius auch beteiligt ist, spielt sich beispielsweise ab, als es um die Frage geht, was für eine Form die Welt hat. Dabei kamen Theorien auf wie: Die Welt ist ein großes Schild, das von einem mächtigen Krieger gehalten wird, der auf einem Teppich durch das All fliegt. Irgendwann wird er keine Lust mehr haben, den Schild zu halten, und wird ihn wegwerfen, was das Ende der Welt bedeuten wird. Eine andere Theorie ist, dass die Welt ein großer Ring ist, der durch die Nase eines riesigen Büffelops führt. Solche amüsanten Stellen finden sich des Öfteren.

Der Schreibstil weist keine Besonderheiten auf, so wie man es von den meisten Jugendbüchern eben gewohnt ist. Er ist nicht sehr kompliziert gehalten und die Schrift ist auch relativ groß, sodass das Buch sehr flüssig und schnell lesbar ist. Wie schon bei dem Büffelop, gibt es zu unbekannten Daseinsformen allerdings kaum Erklärungen, was aber nicht wirklich der Rede wert ist. Wie bei dem Büffelop kann man sich eigentlich sehr gut vorstellen, worum es sich dabei handelt. Philip Caveney lässt, was derlei angeht, Freiraum für die eigene Fantasie.

Was sich kritisieren lässt, ist, dass „Der falsche König“ einfach ein wenig kurz geraten ist und man aus der Geschichte ein wenig mehr hätte machen können. Wäre das Buch ein wenig länger gewesen und gäbe es mehr Umwege und Abenteuer zu bestehen, wäre der Gesamteindruck ein besserer gewesen. So hatte man eher das Gefühl, dass den Protagonisten nie irgendein Stein in den Weg gelegt wird und sie alles mit Links erreichen.

_Fazit:_ Auch wenn das Buch jetzt nicht zu den Besten seiner Art gehört, hat es mir doch überraschend gut gefallen. Es ist sehr humorvoll und interessant geraten. Lustig finde ich auch die Idee mit dem Spiel im Schutzumschlag. Außerdem kann man das Spielfeld noch als Karte verwenden, um sich in der Gegend, in der sich die Protagonisten gerade befinden, zu orientieren.

_Der Autor_ dieses Buches ist Philip Caveney. Er wurde 1951 in Nord-Wales geboren und lebt heute mit seiner Frau und seiner Tochter in Manchester. In seiner Kindheit reiste er viel herum, und das nicht nur in Großbritannien und Nordirland, sondern auch Malaysia und Singapur. Er schreib zahlreiche, erfolgreiche Romane für Erwachsene, „Sebastian Dark – Der falsche König“ ist sein erstes Jugendbuch und Fortsetzungen sind in Planung.

|Originaltitel: Sebastian Darke – Prince of Fools
Originalverlag: Random House UK
Aus dem Englischen von Mareike Weber
Ab 10 Jahren
Gebundenes Buch, 352 Seiten|
http://www.randomhouse.de/specialskids/caveney__sebastiandark/

Wyss, Johann David – Schweizer Familie Robinson, Die (Europa-Originale 44)

_Besetzung_

Vater – Joachim Rake
Mutter – Marianne Kehlau
Fritz – Andreas von der Meden
Papagei – Charles Brauer
Rawley – Rainer Brönnecke
Bremman – Wolfgang Geerden
Leutnant – Hans Daniel
Wache – Arnulf Doehring

Regie: Heikedine Körting

_Story_

Das schweizerische Personenschiff ’Dolores’ kentert während der Überfahrt nach Australien auf einem Riff. Kurz vor dem Untergang können sich der Kapitän und seine Mannschaft noch in die Boote retten. Lediglich die Familie Robinson bleibt hilflos zurück, schafft es aber dennoch, sich schwimmend an das nächste Ufer zu retten.

Dort wartet das Quintett lange Jahre auf ein weiteres Schiff, welches die Robinsons wieder zurück in die Heimat bringen könnte. Doch außer einem Piratenmaster, dessen Besatzung zwei der Kinder für einige Wochen verschleppt, bleibt die verborgene Insel unentdeckt. Die Familie findet sich langsam mit ihrem Schicksal ab und lernt, die natürlichen Begebenheiten zu nutzen und aktiv landwirtschaftlichen Anbau zu betreiben, um das Überleben zu sichern. Nach zehn langen Jahren reift schließlich der Gedanke, man habe unverhofft eine neue Heimat gefunden, ohne dies vorab wahrgenommen zu haben. Aber ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt naht endlich ein britisches Schiff …

_Inhalt_

Es ist unverkennbar: Die Geschichte, welche wiederum auf einem Roman von J. D. Wyss aus der Jahrhundertwende um 1800 basiert, ist unheimlich nahe an das Schicksal von [Robinson Crusoe 2160 angelehnt, so dass die Parallelen im Titel der eher unbekannten Story sicher nicht von ungefähr kommen. Allerdings ist die Erzählung, zumindest im Hörspiel, bei weitem nicht so bewegend strukturiert wie der Klassiker von Daniel Defoe, wenngleich ein anständiger Unterhaltungswert sicher nicht abzustreiten ist. Doch ganz zu überzeugen vermag der 44. Part der „Europa-Originale“ letztendlich doch nicht.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang schon der Beginn; der Untergang des Schiffes entbehrt jeglicher Dramatik, die Tragödie will folglich nicht so recht zur Geltung kommen. Alles scheint selbstverständlich und quasi vorherbestimmt, die leichtfertige, eigenständige Rettung, das sofortige Bestehen auf der Insel, ja selbst die unkonventionellen Anbaumethoden, die für eine eidgenössische Familie sicherlich nicht standesgemäß sein dürften. Ein wenig unglaubwürdig ist auch der Kontakt mit den Piraten; die wahre Boshaftigkeit des Kapitäns wird völlig untergraben, das Hin und Her bzw. die Diskussionen zwischen Familie und Besatzung des Piratenschiffs strecken den Plot, nehmen ihm aber nur noch mehr Spannung, da hier, wie auch in vielen anderen Abschnitten, der Ernst der Sache zugunsten einer verharmlosten Darstellung der Ereignisse zurückgestellt wird.

Auf der anderen Seite erledigen die Sprecher, zumeist alte, etablierte Hasen, einen recht guten Job, wenngleich es seltsam anmutet, dass die Kinder der Robinsons auch nach zehn Jahren Inselleben nicht in den Stimmbruch gekommen sind. Aber die Ambitionen stimmen, die Atmosphäre geht in Ordnung und auch die Story wird adäquat transferiert. Dass diese indes nicht die Grundlage für eine begeisternde Abenteuer-Erzählung bietet, kann schließlich nicht auf Kosten der respektabel umgesetzten Produktion gehen.

Insgesamt fällt „Die Schweizer Familie Robinson“ damit unter die Kategorie mäßiger Durchschnitt, was den Inhalt betrifft, bezüglich der Bearbeitung hingegen ist der Gesamteindruck nichtsdestotrotz ein ordentlicher. Neugierig auf die nicht ganz so bekannte literarische Vorlage macht das Hörspiel jedoch nicht; dafür fehlt es an Tiefgründigkeit und Detailreichtum, vor allem aber an erkennbarem Potenzial. Wer also einen Abklatsch der „Robinson Crusoe“-Legende befürchtet, liegt grundsätzlich nicht ganz falsch – allerdings mit dem Unterschied, dass Defoes Meisterwerk dem Nachfolgewerk von Wyss meilenweit überlegen ist.

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Canavan, Trudi – Priester (Das Zeitalter der Fünf 1)

Auraya lebt bei ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Nordithania, als sie einen Konflikt mit den kriegerischen Dunwegern gewaltfrei löst. Dadurch werden die fünf Weißen Götter auf das magisch begabte Mädchen aufmerksam und erwählen sie zu ihrer fünften Stellvertreterin.

Damit wird Auraya in den Bund der Weißen aufgenommen und unterrichtet. Lediglich die Trennung von ihrer Familie und dem Traumweber Leiard schmerzen sie. Die junge Frau lernt schnell und darf schon bald verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen. Dazu gehört es, Bündnisse mit anderen Ländern zu schmieden und Kontakt zu den menschenscheuen Völkern des Wassers und der Lüfte aufzunehmen.

Während sie mit den fliegenden Siyee schon bald eine enge Freundschaft verbindet, bleiben die im Meer lebenden Wesen den „Landgehern“ gegenüber weiterhin skeptisch und feindselig. Die neuen Bündnisse der Weißen werden schon bald auf eine harte Probe gestellt, als sich die Schwarzen Magier aus dem Süden daranmachen, eine gewaltige Armee auf die Beine zu stellen, um Nordithania zu unterwerfen und den Bund der Weißen zu zerstören. Die Pentadrianer sind nämlich der Ansicht, den einzig wahren Göttern zu dienen, und schrecken auch nicht vor kaltblütigem Mord zurück, um ihre Ziele zu erreichen.

Dessen ungeachtet muss Auraya sich auch persönlichen Konflikten stellen, denn sie ist in heimlicher Liebe zu ihrem früheren Lehrer und Mentor, dem Traumweber Leiard entbrannt. Doch der Bund der Weißen verachtet die Traumweber wegen ihrer Gottlosigkeit und die Traumweber wiederum meiden die Weißen und ihre Zirkler, da sie diese für den Tod ihres Ordensgründers Mirar verantwortlich machen.

Und dann überrollen die Schatten des grauenhaften Krieges Aurayas inneren Zwist und sie muss erstmalig beweisen, was sie gelernt hat, und sich gegen einen übermächtigen Gegner behaupten …

_Meine Meinung:_

Trudi Canavans neue Fantasy-Trilogie beginnt bereits sehr episch, und geschickt versteht es die australische Autorin, das Interesse an der kleinen Welt Ithania zu wecken. Das kulturelle Leben und die Topographie wurden sehr liebevoll und detailliert entwickelt und dargestellt, so dass man mit den Charakteren schnell warm wird. Ein Übriges tut die flotte und schnörkellose Schreibe Canavans. Die ersten Seiten sind rasch gelesen und man ist immer wieder gespannt darauf, wie es weitergeht und welche neuen Aufgaben auf Auraya warten. Man hat zunächst wirklich nicht den Eindruck, dass die gut 800 Seiten zu viel sein könnten. Im Gegenteil, der Stoff dieses Epos ist so umfangreich angelegt, dass die nächsten beiden Teile ihre Existenzberechtigung unbedingt gerechtfertigt haben. Dabei setzt die Schriftstellerin keineswegs auf Action und Massenschlachten am laufenden Band. Vielmehr geht es um Interessenkonflikte, Diplomatie, Freundschaft und Religion. Selbstverständlich fehlen auch Liebe und Leidenschaft nicht, und insbesondere das Volk der Siyee wird von Canavan sehr intensiv beschrieben.

Hier liegt bedauerlicherweise auch der Knackpunkt des Buches, denn sowohl die Heldin Auraya als auch das kleine Volk der fliegenden Siyee werden von der Autorin so strahlend hell und harmonisch geschildert, dass sich nach einigen hundert Seiten die Langeweile einstellt. Auraya ist über jeden Verdacht erhaben, und selbst ihre verbotene Liebe zu Leiard wird schlussendlich gebilligt. Auraya ist für einen modernen Fantasy-Roman einfach zu glatt gebürstet. Sie ist der Liebling der Götter, der sogar mit der Gabe des Fliegens gesegnet wurde, und im Prinzip gelingt ihr alles ohne große Probleme und Anstrengung. Der groß angekündigte Krieg, auf den das Buch gut 400 Seiten lang hinarbeitet, wird relativ zügig und unspektakulär in einer einzigen Schlacht über die Bühne gebracht, und wer die klassische Helden-Fantasy kennt, weiß auch, wer maßgeblich daran beteiligt sein wird. Dabei mangelt es Canavan sicherlich nicht an interessanten und vielschichtigen Charakteren und Völkern. Allein die wilde Magierin Emerahl und der von den Erinnerungen des Traumweber-Gründers Mirar geplagte Leiard sind es bislang wert, in den kommenden Büchern ausführlicher behandelt zu werden. Die vielversprechenden Übergriffe der Schwarzen Magier mit den todbringenden Worns (riesige, schwarze, wolfsartige Raubtiere) werden später kaum weiterverfolgt und kommen erst wieder am Ende zur Sprache.

Abgerundet wird das Buch durch ein Glossar, in dem Pflanzen, Tiere, Fahrzeuge, Kleidung, Speisen, Getränke und Krankheiten kurz erläutert werden. Hinzu kommt eine Karte von Ithania, welche die Orientierung während des Lesens ungemein erleichtert. Die äußere Gestaltung des Bandes wirkt ebenfalls sehr edel und widerstandsfähig.

_Fazit:_

Trudi Canavan schuf mit dem |Zeitalter der Fünf| eine faszinierende und sehr vielschichtige Welt. Leider verliert die Protagonistin des Buches im Laufe der Handlung viel von ihrem Biss und ihrer Glaubhaftigkeit, dafür geraten einige andere interessante Charaktere und Szenerien ins Hintertreffen. Das Buch strebt unaufhaltsam einem bombastischen Finale entgegen, welches dann schließlich viel zu schnell und unspektakulär daherkommt. 100 bis 200 Seiten weniger wären der Dramaturgie sicherlich zuträglicher gewesen. Was in diesem Einstiegsband bleibt, ist eine gute Fantasy-Geschichte, die zu lesen trotz der erwähnten Mängel Freude bereitet.

|Originaltitel: Priestess of the White (Age of the Five 1)
Originalverlag: Orbit / [Blanvalet]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/344224479X/powermetalde-21
Aus dem Englischen von Michaela Link
Ab 12 Jahren
Taschenbuch, 832 Seiten, 12,5 x 18,3 cm|
[Verlagsspezial zur Trilogie]http://www.randomhouse.de/specialskids/zeitalter/
http://www.trudicanavan.com
http://www.cbj-verlag.de

_Trudi Canavan auf |Buchwurm.info|:_

[„Priester“ 4275 (Das Zeitalter der Fünf 1)
[„Magier“ 4456 ((Das Zeitalter der Fünf 2)
[„Götter“ 4621 (Das Zeitalter der Fünf 3)
[„Die Rebellin“ 3041 (Die Gilde der Schwarzen Magier 1)
[„Die Novizin“ 2989 (Die Gilde der Schwarzen Magier 2)
[„Die Meisterin“ 3065 (Die Gilde der Schwarzen Magier 3)

_Florian Hilleberg_

Westerfeld, Scott – Ugly – Verlier nicht dein Gesicht

Band 1: „Ugly – Verlier nicht dein Gesicht“ (April 2007)
Band 2: „Pretty – Erkenne dein Gesicht“ (September 2007)
Band 3: „Special – Zeig dein wahres Gesicht“ (Mai 2008)
Band 4: „Extras“ (noch kein dt. Titel, Originalausgabe Oktober 2007)

Die Pubertät ist keine einfache Phase. Es verändert sich nicht nur der Körper an und für sich, sondern auch das Selbstbild. Man findet sich zu hässlich, zu dick, zu dünn … Die Palette der pubertären Selbstvorwürfe ist endlos. Der amerikanische Autor Scott Westerfeld hat eine Jugendbuchserie geschrieben, die genau diese Problematik aufgreift. Allerdings benutzt er an keiner Stelle den Begriff „Pubertät“. Stattdessen hat er eine Science-Fiction-Welt erschaffen, die den radikalen Weg wählt: Zum sechzehnten Geburtstag sorgt eine obligatorische, rundumerneuernde Schönheitsoperation dafür, dass sämtliche Probleme mit dem eigenen Aussehen von einem Tag auf den anderen verschwinden.

Doch bevor es so weit kommt, leben die Menschen in dieser Welt als Uglies, also „Hässliche“, in einem separaten Stadtteil. Erst nach der Operation, die sie an den geltenden Schönheitsstandard angleichen soll, dürfen die jungen Menschen in New Pretty Town leben, wo die ganze Zeit nur gefeiert und getrunken wird. Tally Youngblood steht kurz vor ihrem langersehnten sechzehnten Geburtstag, doch die Zeit bis dahin möchte nicht so recht vergehen. Ihr bester Freund Peris wurde bereits operiert und lebt nun auf der anderen Seite des Flusses, bei den Schönen.

Tally langweilt sich, doch eines Tages trifft sie Shay, die es, genau wie Tally, liebt, nachts verbotenerweise durch die Gegend zu streifen. Gemeinsam verlassen sie immer öfter die Stadt und fliegen auf ihren Hubbrettern in die Wildnis, vor der man Tally immer gewarnt hat. Dort gibt es nichts außer ein paar Industrieruinen der Rusties, wie man die heutige Menschheit in Tallys Welt nennt. Das dachte Tally jedenfalls, denn Shay erzählt ihr von Menschen, genauer gesagt von Uglies, die in dieser Wildnis versteckt leben, weil sie sich bewusst gegen eine Schönheitsoperation entschieden haben.

Tally kann das gar nicht glauben, doch kurz bevor Shay und Tally operiert werden sollen, ist Shay verschwunden. Sie hat nur einen Zettel mit einer chiffrierten Wegbeschreibung dagelassen, der ihr zum Verhängnis wird. Die Specials – das Ordnungskommando der Stadt, eine eiskalte Elitetruppe – wollen, dass Tally Shay folgt und die Specials damit zu den Abtrünnigen führt. Tally möchte ihre Freundin nicht verraten, aber man stellt ihr ein Ultimatum: Entweder folgt sie Shays Anweisungen oder sie wird für immer eine Ugly bleiben. Tally muss sich entscheiden …

Westerfelds Idee, dass in weiter Zukunft nur noch die schönen als „richtige“ Menschen gelten, ist nicht neu, sondern häufiger Stoff für Science-Fiction-Bücher. Konsequent setzt er diese Idee auf einer jugendfreundlichen Ebene um, geht dabei aber leider nicht besonders in die Tiefe. Alles wirkt ein bisschen steril, obwohl gut erdacht und sauber konstruiert. Die Idee mit den Schönheitsoperationen und wie dieses Ereignis die Uglies beeinflusst, ist sehr interessant, doch manchmal fühlt man sich als erwachsener Leser ein bisschen unterfordert. Es wäre schön gewesen, wenn der Autor die Abgründe dieser Welt noch etwas deutlicher dargestellt hätte, denn letztendlich bekommt man nur einen sehr oberflächlichen Einblick in New Pretty Town oder Smoke, die Stadt der Ausreißer.

An der Geschichte selbst gibt es allerdings nichts zu meckern. Sie ist fesselnd erzählt und aufgebaut. Obwohl manchmal etwas unscharf umrissen, sind die Schauplätze interessant, und neben einer gehörigen Portion Abenteuer bieten auch die zwischenmenschlichen Beziehungen Spannendes. Routiniert webt Westerfeld Krisen und Konflikte ein, die immer wieder für Aufhänger sorgen. Neben einer Dreiecksgeschichte ist es vor allem Tallys Status als Spionin der Specials, der immer wieder für Gewissenskonflikte und Probleme sorgt.

Überhaupt ist Tally eine wunderbar ausgearbeitete Hauptperson. Sie erzählt aus der dritten Person, ist sehr zugänglich und lässt den Leser an ihrem Gefühlsleben und ihrer Gedankenwelt teilhaben. Obwohl das Buch in einer anderen Zeit spielt, können sich Jugendliche sicherlich mit Tally identifizieren, da ihre Probleme trotz ihres anderen Lebensstils den heutigen doch sehr ähnlich sind, allein schon ihre Klagen über ihr Ugly-Aussehen oder eben das Hin- und Hergerissensein zwischen Verrat, Freundschaft und Liebe. Diese Themen sind jugendbuchtypisch und werden angenehm kitschfrei und authentisch aufbereitet.

„Ugly – Verlier nicht dein Gesicht“ von Scott Westerfeld ist ein sauberer Auftakt seiner Serie um Tally Youngblood. An der einen oder anderen Stelle ist die Welt, die er entworfen hat, vielleicht ein wenig zu seicht geraten, aber die abenteuerliche Handlung in Verbindung mit der sympathischen und schicksalsgebeutelten Heldin sorgt für gute Unterhaltung, die allerdings stark auf Jugendliche zugeschnitten ist und nicht, wie derzeit andere phantastische Bücher für junge Leser, auch Erwachsene wirklich anspricht.

|Übersetzt von Gabriele Haefs
Empfohlen ab 12 Jahren
432 Seiten Klappenbroschur|
http://www.carlsen.de
[Verlagsspezial zur Serie]http://www.carlsen.de/web/jugendbuch/ugly__pretty__special
http://scottwesterfeld.com/

|Siehe ergänzend dazu auch unsere [Rezension 3307 zu Westerfelds Science-Fiction-Epos „Weltensturm“.

Anmerkung: Die „Trilogie“ ist mittlerweile zur Quadrologie geworden. Eine deutsche Veröffentlichung des vierten Bandes „Extras“ ist noch nicht angekündigt.|

James Powlik – Tod aus der Tiefe

In der Tiefsee mutiert eine Lebensform heran, die jegliches Leben grässlich beenden kann. Mutige Wissenschaftler warnen, doch feige Politiker und gierige Geschäftsleute sorgen dafür, dass sich der Unterwasser-Schrecken pandemisch ausbreiten kann … – Katastrophen-Thriller der Mittelklasse; sämtliche Klischees werden abgearbeitet, in Sachen Originalität bleibt das Garn steril: Lesefutter auch für schläfrige Augen.
James Powlik – Tod aus der Tiefe weiterlesen

Salvatore, R. A. / Merlau, Günter – Drizzt – Der Wächter im Dunkel (Die Saga vom Dunkelelf 3)

Dem Haus Do’Urden gelingt es mit Hilfe eines finsteren Söldners und seiner Gefolgschaft, die Fehde mit dem Haus Hun’ett für sich zu entscheiden. Nach dem Recht der Drow muss nun das Haus Hun’ett vernichtet werden, da es einen Angriff auf eine andere Familie startete und eine Niederlage einstecken musste. Doch ein Komplott erwartet die Oberin Malice Do’Urden. Denn das herrschende Konzil entscheidet, dass Si Nafay Hun’ett als nunmehr erste und älteste Tochter von dem Haus Do’Urden aufgenommen wird.

Doch das ist bei Weitem nicht das einzige Problem der Oberin Malice. Denn immer noch ist Drizzt in den Höhlen des Unterreichs verschollen. Um die Gunst der Spinnengöttin aber vollends zurückzuerlangen, muss sie ihren Sohn töten lassen. Als wieder eine Patrouille erfolglos zurückkehrt und ihre Tochter Briza sowie ihr Sohn Dinin gedemütigt aus einem Gefecht mit Drizzt hervorgehen, entschließt sich Malice zu einer folgenschweren Entscheidung.

Folgenschwer für den abtrünnigen Dunkelelf, denn für Malice birgt diese Entscheidung ungeahnte Möglichkeiten. Und so erweckt sie Zaknafein, den Waffenmeister, zu neuem, wenngleich untotem Leben. Grausamer als je zuvor macht er sich auf die Jagd nach Drizzt, der Unterschlupf bei den Swirfnebli-Gnomen gefunden hat …

_Meine Meinung:_

Auch die dritte Folge der Fantasy-Saga „Drizzt“ kann das hohe Niveau der ersten beiden Veröffentlichungen locker halten. Episch, düster und anspruchsvoll gelingt es |Lausch|, den Hörer auch hier wieder bestens zu unterhalten. Ein weiteres Wort über die Glanzleistung der Sprecher zu verlieren, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Der Soundtrack ist durchweg angemessen und sehr martialisch. Das Thema von „Drizzt“ und viele andere Musikstücke brauchen sich hinter den Kompositionen von Soundtrack-Musikern wie Hans Zimmer oder Trevor Rabin nicht zu verstecken.

Die Handlung wird immer dramatischer und spannender, wirkt dabei auch geradliniger und überrascht den Hörer darüber hinaus durch den Tod alter Bekannter aus früheren Folgen.

Eine Spielzeit von 67 Minuten und eine Einteilung in 29 Tracks lassen das Herz eines jeden Hörspielfans höher schlagen. Besonders gelungen ist auch die Aufmachung der CD. Das dunkle, in erdigen Farbtönen gehaltene Titelbild passt hervorragend zu der Philosophie der Drow. Hinzu kommt ein aufwändig gestaltetes Booklet mit Illustrationen, einer Karte des Unterreiches und einem Glossar, in welchem dem Unkundigen die wichtigsten Begriffe erläutert werden.

_Fazit:_ Spitzenmäßige Fortsetzung der Dunkelelf-Saga von R. A. Salvatore. Mit „Drizzt“ ist |Lausch| ein ganz großer Wurf gelungen. Sprecher, Soundtrack und Effekte harmonieren perfekt, Spielzeit und Trackeinteilung lassen keine Wünsche offen. Hinzu kommt ein sehr schön gestaltetes Booklet mit vielen Informationen zur Serie. Die Story ist weiterhin äußerst spannend, aber zum Glück sind die nächsten Folgen ja bereits erschienen.

_Die Inszenierung:_

Drizzt Do’Urden – Tobias Meister
Rizzen Do’Urden – Günter Merlau der Ältere
Briza Do’Urden – Miriam Hensel
Maya Do’Urden – Viola Livera
Oberin Baenre – Dorothea Reinhold
Hatch’nett – Roland Floegel
Jarlaxle – Jürgen Holdorf
Schnicktick – Klaus Dittmann
Malice Do’Urden – Elga Schütz
Dinin Do’Urden – Tim Grobe
Vierna Do’Urden – Nele Jung
Si Nafay Hun’ett – Carla Becker
Yochlol – Dorothea Reinhold
Shar Nadal / Firble – Helmut Gentsch
Belwar Dissengulp – Carlheinz Heitmann
Seldig – Martin Schleiß
In weiteren Rollen:
Katinka Springborn
Kurt Glockzin
Wolfgang Berger
Maren Garn
Günter Merlau

Drehbuch: Günter Merlau nach einer Geschichte von R. A. Salvatore
Regie & Produktion: Günter Merlau
Produktionsassistenz: Udo Baumhögger
Lektorat, Disposition, Regieassistenz: Janet Sunjic
Musik: Günter Merlau / BMG Zomba Production-Music
Layout & Gestaltung: Oliver Graute
Coverillustrationen: Tim Seeley / Blond
Innenillustrationen: Todd Lockwood, Joel Thomas

|67 Minuten auf 1 CD|
http://www.merlausch.de/

Die ersten beiden Staffeln der Serie auf |Buchwurm.info|:

Folge 1: [„Der dritte Sohn“ 2978
Folge 2: [„Im Reich der Spinne“ 3055
Folge 3: [„Der Wächter im Dunkel“ 3082
Folge 4: [„Im Zeichen des Panthers“ 4458
Folge 5: [„In Acht und Bann“ 4422
Folge 6: [„Der Hüter des Waldes“ 4488

_Florian Hilleberg_

Boothby, Ian – Futurama Comics 30

_Inhalt_

|“Der Tod und das Mädchen“|

Fry, Bender, Leela und Co. sind fasziniert von der Fernsehsendung „Die Tür des Grauens“, deren Erzählungen und Berichterstattungen lediglich auf überraschenden Wendungen basieren. Kurzerhand beschließen sie, die Studios aufzusuchen und die Produzenten nach der Entstehung der Serie zu befragen. Man erfährt dabei, dass die Geschichten allesamt auf wahren Begebenheiten fußen, was Bender dazu veranlasst, den Studioinhaber nach Manipulationen der Realität zu fragen und die Tipps auch sofort umzusetzen. Plötzlich befinden sich die ungleichen Freunde in einer seltsamen Parallelwelt wieder, in der seltsame Bekanntschaften, ein Leben nach dem Tod und Nuklearanschläge an der Tagesordnung sind. Alsbald will jeder von ihnen nichts mehr als endlich wieder in die Realität außerhalb der „Tür des Grauens“ zurückzukehren.

_Persönlicher Eindruck_

Die 30. Ausgabe der „Futurama Comics“ ist eine deutliche Anspielungen auf die einstige SciFi-Produktion „The Twilight Zone“, die in den 50ern und 60ern zu den TV-Magneten des amerikanischen Publikums gehörte. In allerlei Szenen werden das Prinzip der Sendung bzw. die raschen Wendungen der Handlung auf die Schippe genommen, wobei Bender und Co. sich parallel hierzu durch eine ganze Reihe merkwürdiger Absurditäten kämpfen müssen.

Die Geschichte ist unterdessen ein wenig verworren aufgebaut und windet sich im Gesamtverlauf mehr oder weniger unbewusst an einem tatsächlichen Höhepunkt vorbei. Im Sinne der überraschenden Umkehrung der Storyline springt man von Szenerie zu Szenerie, wechselt dabei ständig den Standort und lässt auch keine stringente Struktur zu. Dies mag unter Berücksichtigung der vielen starken Gags und dem Prinzip von „The Twiligh Zone“ aber kaum belastend sein, schließlich ist der Verlauf der Geschichte jederzeit nachvollziehbar und die Figuren sind erneut sehr schön in die Story eingewoben. Und dass Linearität sich im Rahmen des üblichen, hier besonders ausgeprägten „Futurama“-Chaos fast schon von selbst ausschließt, darf man in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen.

Dennoch bleibt der Inhalt in erster Linie ausschließlich für Insider greifbar, da die witzigen Elemente ein wenig Vorwissen über die ursprüngliche Serie erfordern. Doch gerade wegen dieser Beharrlichkeit bzgl. nonkonformen Themen und unkonventionellen Handlungsmuster ist auch „Der Tod und das Mädchen“ ein weiteres Highlight der „Futurama Comics“ und zum 30. Jubiläum ein würdiger Vertreter der Reihe, den Liebhaber eben deswegen erneut zu schätzen wissen werden.

http://www.paninicomics.de/futurama-s10311.html

Hegen, Hannes (Hrsg.) / Dräger, Lothar (Text) / Hegenbarth, Edith (Zeichnungen) – Digedags und die Dampforgel, Die (Amerikaserie, Band 10)

Unter der Schirmherrschaft von Hannes Hegen erschienen im „Mosaik“ Monat für Monat die Abenteuer des zwergenhaften Trios bestehend aus den mutmaßlichen Brüdern Dig, Dag und Digedag – kurz: „Die Digedags“. Allerdings nur im Osten der Republik, denn im Westen waren (und sind) die drei umtriebigen Wichte – und Vorväter der etwas bekannteren „Abrafaxe“ – weitgehend unbekannt. Nach der Wiedervereinigung wurde es still um die Digedags, bis 2005 alle bisher erschienenen Geschichten vom wiederauferstandenen Verlag Junge Welt noch einmal als Sammelbände zu je vier Heften komplett neu aufgelegt wurden.

_Die Digedags_

Die drei tauchen in verschiedenen Menschheitsepochen auf und erleben dort ihre Abenteuer bzw. begleiten Persönlichkeiten dieser Ära mit Fleiß, Wissen und Witz. Die stets jugendlich wirkenden Digedags altern nicht und ihr markantes Äußeres bleibt weitgehend unverändert – sämtliche leichten Variationen in ihrem Aussehen sind wohl eher der Weiterentwicklung Edith Hegenbarths als Zeichnerin zuzuschreiben. Die Texte legte ihnen Lothar Dräger in den Mund, das heißt: Nein, nicht direkt. Bei den Digedags herrscht nämlich weitgehend Sprechblasenfreiheit. An die Untertitelung der Panels hat man sich aber schnell gewöhnt und sie schätzen gelernt.

_Die Amerikaserie_

Die Amerikaserie, welche 1979 erstveröffentlicht wurde, ist eine der größten und umfasst 60 Einzelhefte (von 152 bis 211). Diese schafften es, ursprünglich zusammengefasst in insgesamt zehn Sammelbände, bis zur stolzen achten Auflage. Diese erschien noch 1989, kurz vor dem Mauerfall. Die Geschichte der Amerikaserie beginnt in New Orleans 1860, bevor der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, und sie endet in New York vier Jahre später. Bis dahin haben sich die Digedags quer durch den nordamerikanischen Kontinent gewuselt und im Kampf gegen die Sklaverei allerhand erlebt.

_Band 10: Die Digedags und die Dampforgel (Mosaik 188 bis 191)_

Wie nicht anders zu erwarten, gelingt es dem findigen Gauner Coffins wieder einmal, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen. Er und seine Kumpanen kommen durch unerwartete Hilfe von außen aus dem Knast von Buffalo Springs frei. Die Digedags hatten dank Dan Botchers Luftschiff „Königin der Lüfte“ eigentlich unbeabsichtigt aber dennoch höchst erfolgreich in den Gouverneurswahlkampf des Städtchens eingegriffen und dem republikanischen Kandidaten Betterman somit zum Sieg verholfen (vgl. „Die Digedags am Missouri“). Sein fieser und einflussreicher Gegenspieler Mr. Goldner kocht und sinnt auf Rache. Man verschanzt sich auf Goldners Ranch und schmiedet Pläne, Buffalo Springs wirtschaftlich zu ruinieren – möglicherweise gar mit dem Gold der Mine, welche die Digedags in den Rockies entdeckten. Die aufgebrachten Bürger sind allerdings schon auf dem Weg, Goldner den Marsch zu blasen.

Den Tumult nutzt Coffins zur Flucht und schafft es nebenbei, die ehemalige Leibgarde Goldners sowie ein Dampfschiff samt Crew anzuheuern. Das verschafft ihm einen immensen Vorsprung. Die Digedags haben derweil das Nachsehen, holen erst einmal Jeremias und Jenny Joker ab und tuckern zusammen mit ihnen auf der reparierten Barkasse Kapitän Smokys den Beaver-Creek hinauf in die Berge. Dort treffen sie einen alten Bekannten wieder, dessen Begeisterung über das Wiedersehen sich zunächst allerdings in Grenzen hält: Major Pinkerton (vgl. „Die Digedags bei den Indianern“). Den hat man seit ihrer letzten Begegnung hierher an den Arsch der Welt strafversetzt. Man begräbt aber das Kriegsbeil, und Pinkerton verspricht, es mit Colonel Springfield aufzunehmen. Der hatte zusammen mit Old Abe Gunstick und Mrs. Jefferson ja versprochen, die Indianer-Insel in eine Festung zu verwandeln (vgl. „Die Digedags und Häuptling Rote Wolke“), und Coffins darf man erst recht nicht unterschätzen.

_Eindrücke_

Das kurze und zudem vergleichsweise langweilige Intermezzo in Buffalo Springs findet in diesem Band sein orgelndes Finale, und die Geschichte um den Goldfund auf der mysteriösen Indianer-Insel in den Rocky Mountains geht endlich weiter. Dan Botcher, Doc Snyder, Betterman, Goldner, Lobby, General Knocker und auch die beiden Geheimdienstagenten Clever und Sniffler verschwinden somit endgültig aus dem Dunstkreis der Digedags. Sie spielen in der Serie keine Rolle mehr, waren sie doch eh nur Füllmaterial. Allenfalls Clever und Sniffler hätten vielleicht einen etwas ausführlicheren Abgang verdient, denn die beiden Figuren waren interessant aufgezogen und gestaltet. Dafür bekommt der Leser einen beinahe geläuterten Major Pinkerton sowie Jeremias und Jenny Joker wieder.

Als ebenbürtiger Haupt-Gegenspieler bleibt der falsche Reverend Coffins erhalten und erweist sich überdies den Digedags hier um eine deutliche Nase voraus. Drei weitere altbekannte Gestalten halten nach einigen Bänden wieder Einzug in die Geschichte: das erprobte Triumvirat Jefferson-Springfield-Gunstick. Zwar auch nicht unbedingt große Freunde der drei Wichte, aber im Gegensatz zu Coffins eher harmlos, weil leicht plemplem und in ihrer Gold-Gier sich selbst ständig im Weg stehend. Die drei bilden einen humorigen, fast schon sympathischen Gegenpol zum Erzgauner.

Band zehn ist gegenüber seinem Vorgänger wesentlich temporeicher und spannender erzählt, wobei der typische Witz darunter nicht leidet, auch wenn es vielleicht streckenweise etwas ernster zugeht. In den vier Kapiteln wird jede Menge Stoff durchgebracht, doch der Showdown in den Bergen muss bis zum nächsten Buch warten.

_Fazit_

Die ursprüngliche Geschichte nimmt wieder Fahrt auf und der rote Faden wird endlich weitergesponnen. Nebencharaktere verlassen die Bühne und lieb gewonnene Figuren aus der Vergangenheit der Serie tauchen stattdessen aus der Versenkung auf. Wären Preisgestaltung und – gegenüber der DDR-Originalausgabe – geänderte Aufteilung der Neuauflage nicht so daneben, so würde dieser seit 2005 neu hinzugekommene Zwischenband sich glatt eine Fünf-Stern-Wertung einhandeln. So bleibt dem geneigten Leser nichts anderes übrig, als wenigstens noch einmal zähneknirschend rund 13 Euro zu investieren, um zu erfahren, wie es in den Rocky Mountains weitergeht.

_Die Buchdaten auf einen Blick:_

„Die Digedags und die Dampforgel“ – Amerikaserie, Band 10
Enthält die Mosaik-Hefte 188 bis 191
© 1980 und (Neuauflage) 2005 – Buchverlag Junge Welt, Berlin
Herausgeber: Hannes Hegen
Text: Lothar Dräger
Figurinen: Edith Hegenbarth
ISBN: 3-7302-1882-4 (neu)

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Clauß, Martin – Atem des Rippers, Der

London im Jahr 1903: Der sterbende Priester Henry Ouston gesteht auf dem Totenbett der Krankenschwester Ellen, dass er die Identität des legendären Jack the Ripper kennt, der das ganze Land vor fünfzehn Jahren mit seinen grauenvollen Frauenmorden im Stadtteil Whitechapel in Angst versetzte. Kurz darauf stößt der Kunstmaler Walter Sickert in London auf ein Tagebuch, das offenbar von Jack the Ripper verfasst wurde. Hin- und hergerissen zwischen Grauen und Faszination liest er in seiner Herberge die Geständnisse des berühmten Mörders, die im Jahr 1888 beginnen.

Im Jahr 1881 reist der englische Assistenzchirurg Alan Spareborne durch Norditalien. In Padua trifft er am Namenstag des Heiligen Antonius einen Geistlichen und kommt mit ihm ins Gespräch. In lateinischer Sprache unterhalten sie sich über ihre Lieblingsthemen, Reliquien und Chirurgie. Der Geistliche bittet ihn, die Echtheit eines konservierten Organs zu überprüfen, bei dem es sich um die Leber des Heiligen Antonius handeln soll. In Gegenwart des angereisten Papstes entlarvt Spareborne das Organ als Fälschung und ergreift im anschließenden Tumult die Flucht.

Von nun an erfährt Sparebornes Lebens eine radikale Wende. Er betrachtet sein Erlebnis als göttliches Zeichen, tritt zum Katholizismus über, studiert Theologie und wird Priester. Sein besonderer Schwerpunkt ist die Erforschung von Reliquien – und vor allem ihre Beschaffung. Eine Serie von Frauenmorden nimmt ihren Anfang …

Nach wie vor ist der unbekannte Mörder, den man „Jack the Ripper“ genannt hat, eine dankbare Inspirationsquelle für mediale Verarbeitungen aller Art, und allen an dieser legendären Gestalt Interessierten bietet der Kurzroman von Martin Clauß eine spannende und lohnenswerte Schilderung, die versucht, einen etwas unkonventionellen Weg einzuschlagen.

|Verwobene Handlungsstränge|

In den nur knapp über 100 Seiten, die das Büchlein umfasst, steckt ein Komplex aus mehreren Handlungsebenen, die eng miteinander verknüpft sind. Die Geschichte beginnt im Jahr 1903 mit dem schockierenden Geständnis eines Mannes, der weiß, wer sich hinter Jack the Ripper verbirgt und wo dieser sich heute befindet. Unmittelbar nach diesem Paukenschlag schwenkt die Handlung um auf Mandalay, die Hauptstadt Burmas, in die sich der Ripper zurückgezogen hat.

Ein weiterer Handlungsstrang konzentriert sich auf den Kunstmaler Walter Sickert, der im Mai 1903 wieder in England einkehrt und das Tagebuch eines gewissen Geistlichen namens Alan Spareborne findet, dessen Einträge von 1888 bis 1902 reichen. Den größten Teil der Erzählung nehmen schließlich die Tagebucheinträge selbst ein. Gemeinsam mit Walter Sickert verfolgt der Leser den Werdegang von Jack the Ripper, dessen Leben ganz gewöhnlich beginnt, ehe er sich erleuchtet fühlt und ihn ein immer wieder ausbrechendes Fiebergefühl zu den grausamen Morden zwingt.

Interessant ist an dieser Konstellation vor allem, dass dieser Jack the Ripper weit davon entfernt ist, ein Frauen- oder Prostituiertenhasser zu sein, wie man es in der Forschung allgemein annimmt. Folglich fühlt sich Spareborne von der Presse missverstanden, denn niemand ahnt etwas von der religiösen Motivation für seine Taten. Die Suche nach dem Täter konzentriert sich auf Männer, die eine krankhafte Abscheu gegenüber Frauen haben, und nicht auf einen katholischen Geistlichen. Spannend für den Leser ist vor allem die Frage, welches Schicksal Alan Spareborne in der Gegenwart von 1903 widerfährt, nachdem der sterbende Henry Ouston seine Identität preisgegeben hat, und wie Walter Sickert mit den Erkenntnissen aus dem Tagebuch umgeht.

|Sorgfältige Fakteneinbindung|

Auch wenn Tagebuch und Gestalt des Alan Spareborne als Ripper fiktiv sind, finden sich viele historische Fakten im Roman wieder. Die Tagebuchaufzeichnungen bestätigen die allgemein meistvertretene Theorie der „kanonischen Fünf“, die Mary Ann Nichols, Annie Chapman, Elizabeth Stride, Catherine Eddows und Mary Jane Kelly zu den Opfern zählt. Auch Martha Tabram, die nicht wenige Experten als sechstes Opfer hinzuzählen, findet Erwähnung, wird aber von jemand anderem getötet. Sehr schön gelungen sind die Bedeutung, die den Todestagen zugewiesen wird, sowie die Erklärung für das Entwenden der Organe, über das noch heute gern gerätselt wird.

Eine besondere Stellung nimmt Tagebuch-Finder Walter Sickert ein, ein berühmter Kunstmaler zwischen Impressionismus und Moderne, der wegen seiner gewaltdarstellenden Gemälde und seiner Bekanntschaft mit der später ermordeten Mary Jane Kelly in wenig beachteten Theorien als Tatverdächtiger genannt wurde, zuletzt von Kriminalautorin Patricia Cornwall in [„Wer war Jack the Ripper?“. 957 Mit dem Okkultisten Robert Donston Stephenson und dem Quacksalber Francis Tumblety treten zudem noch zwei weitere Verdächtige auf und natürlich die legendären Ripper-Briefe, die an die Polizei geschickt wurden und über deren Authentizität noch heute diskutiert wird. Es gelingt dem Autor, die Handlung glaubwürdig mit dem historischen Kontext zu verschmelzen. Fakten und Fiktion ergeben vermischt ein ansprechendes Gebilde, das dem bewährten Jack-the-Ripper-Thema eine durchaus originelle Seite abgewinnt.

|Nur kleine Schwächen|

Angesichts der Komplexität, bedingt durch die verschiedenen Handlungsstränge, ist es schade, dass das Werk so knapp ausfällt. Gerne würde man die Ereignisse noch etwas detaillierter auf hundert bis zweihundert weiteren Seiten verfolgen, denn verdient hätte dies die Handlung auf jeden Fall. Ein bisschen Einlesearbeit erfordert zudem der umständliche, gestelzte Stil der Tagebucheinträge, im Gegensatz zu den sehr flüssig geschilderten anderen Handlungsebenen. Letztes kleines Manko ist ein fehlendes Glossar. Verfügt der Leser nämlich über keine Hintergrundkenntnisse zum Fall „Jack the Ripper“, entgehen ihm sicher manche der historischen Gestalten, die eingearbeitet werden.

_Als Fazit_ bleibt eine gelungene und sehr lesenswerte Variante zum immer noch beliebten Jack-the-Ripper-Thema, das trotz seines geringen Umfangs eine verschachtelte Handlung mit mehreren Ebenen aufweist. Historische Fakten werden gekonnt mit Fiktion verwoben, der Hauptcharakter glaubwürdig dargestellt. Abgesehen von sehr geringen Schwächen eine empfehlenswerte Lektüre für alle Kriminalfans.

_Der Autor_ Martin Clauß, Jahrgang 1967, studierte Japanologie in Tübingen und unterrichtet seit 1998 an der Volkshochschule Esslingen am Neckar. 2005 veröffentliche er bei |BoD| „Das große Anime-Lösungsbuch“, 2007 „Das Schloss der Geister“, den ersten Band der Serie „Falkengrund“, und Anfang 2008 erschien der phantastische historische Asien-Roman [„Die Saat der Yôkai“]http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3800054000/powermetalde-21 in Zusammenarbeit mit Maho Clauß bei |Ueberreuter|.

http://www.atlantis-verlag.de/
http://martinclauss.blogspot.com/

Paasilinna, Arto – Adams Pech, die Welt zu retten

_Der finnische Prometheus und seine Eva_

Der finnische Kleinunternehmer Aatami Rytmättylä hat den Weg aus der drohenden Energiekrise gefunden: einen schokoladentafelgroßen Akkumulator, der Strom im Überfluss liefern kann. Bald zeigt sich aber, dass die umweltfreundliche Energiequelle Aatamis nicht uneingeschränkt auf Gegenliebe stößt. Die Ölscheichs sehen darin eine Gefahr für ihren Reichtum und setzen einen Killer auf ihn an …

_Der Autor_

Der 1942 geborene Lappe Arto Paasilinna hat bisher über dreißig Bücher veröffentlicht, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde, u. a. in Frankreich und Italien. Einige davon wurden bereits verfilmt. Paasilinnas Spezialität ist die humorvolle Parodie, die bestimmte Charakterzüge der Finnen und umgebenden Völkerschaften ironisch thematisiert.

Auf Deutsch erschienen sind bisher:

* Vorstandssitzung im Paradies 2004 (Paratiisisaaren vangit, 1974)
* Das Jahr des Hasen 1999 (Jäniksen vuosi, 1975)
* Die Rache des glücklichen Mannes 2002 (Onnellinen mies, 1976)
* Im Jenseits ist die Hölle los 2004 (Herranen aika, 1980)
* Der heulende Müller 1999 (Ulvova mylläri, 1981)
* Im Wald der gehenkten Füchse 2000 (Hirtettyjen kettujen metsä, 1983)
* Der Sohn des Donnergottes 1999 (Ukkosenjumalan poika, 1984)
* Die Giftköchin 1998 (Suloinen myrkynkeittäjä, 1988)
* Der wunderbare Massenselbstmord 2002 (Hurmaava joukkoitsemurha, 1990)
* Der Sommer der lachenden Kühe 2001 (Elämä lyhyt, Rytkönen pitkä, 1991)
* Nördlich des Weltuntergangs 2003 (Maailman paras kylä, 1992)
* Adams Pech, die Welt zu retten 2008 (Aatami ja Eeva, 1993)
* Ein Bär im Betstuhl 2005 (Rovasti Huuskosen petomainen miespalvelija, 1995)
* Ein Elefant im Mückenland 2006 (Suomalainen kärsäkirja, 2005)

|Arto Paasilinna auf Buchwurm.info:|
[„Der wunderbare Massenselbstmord“ 3554
[„Nördlich des Weltuntergangs“ 1573
[„Im Jenseits ist die Hölle los“ 640
[„Vorstandssitzung im Paradies“ 637
[„Adams Pech, die Welt zu retten“ 4586

_Die Produktion_

Der Sprecher Jürgen von der Lippe begann seine Karriere beim Fernsehen Anfang der 1980er Jahre und erreichte den Durchbruch als Moderator bei „So isses“. Er ist Komiker, Musiker und gehört zu den beliebtesten Entertainern des deutschen Fernsehens. Er unterhält mit zahlreichen Shows wie „Geld oder Liebe“ und „Extreme Activity“. Er tourt mit eigenen Bühnenprogrammen, spielt in Filmen und sammelt Auszeichnungen. (Verlaugsinfo)

Die Bearbeitung des Textes erfolgte durch Gabriele Kreileder-Heitz, die Aufnahme nahm Jan Mallmann in den |d.c. Studios|, NRW-Berlin, vor, die Musik trug Michael Marianetti bei. Regie führte Kerstin Kaiser.

_Handlung_

Aatami Rytmättylä hat zwar kein Geld, doch er tüftelt weiterhin in seiner Werkstatt für Autobatterien in Tataarisuo. Schließlich soll er ja eigentlich die Alimente für seine Kinderschar zahlen, die er mit drei Frauen hat – alle sind weg. Heute hat ihn wieder mal das Mechanikerglück verlassen, denn die Werkstatt fliegt in die Luft. Der Wasserstoff muss sich wohl entzündet haben. Nur die Nerven behalten, sagt er sich und steckt sich eine Zigarette an. Aatami ist auf Batteriewartung spezialisiert, doch seit die Wirtschaft in Finnland darniederliegt (man schreibt die neunziger Jahre), reparieren die Autofahrer ihre Wagen lieber selbst.

Doch Aatami lässt sich nicht unterkriegen, denn er hat einen Traum. Er will als großer Erfinder in die Geschichte eingehen, genau wie Thomas Alva Edison. Er entwickelt einen neuartigen, leichten Akkumulator, der länger Strom liefert und alle möglichen Arten von Geräten antreiben soll – vom Kinderspielzeug bis zum Weltraumsatelliten. Grenzenlos verfügbare Energie – das wäre sein Traum. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, weiß Aatami, denn er hat im Erfinden schon jahrelange Erfahrung.

Der Gerichtsvollzieher Jutilainen ist inzwischen ein alter Bekannter bei ihm. Heute lässt er das Ordnungsamt die restlichen 500 Batterien aus Aatamis Werkstatt abholen und verspricht, erst in zwei Monaten wiederzukommen. Und der Erfinder zeigt dem Mann seiner Exfrau, was ein rechter Haken ist. Dann führt er seine Erfindung weiter, arbeitet wie besessen an einer neuen Idee, auf die ihn Jutilainen gebracht hat: organische Chemie. Das Endprodukt ist 95 Prozent leichter als herkömmliche Akkus und abbaubar.

Als er von einer Vorführung in einer Fabrik für Elektroautos zurückkehrt, brennt seine Werkstatt. Es ist nichts mehr zu retten. Im Gegenteil: Die Flammen setzen auch sein Auto in Brand. Die Feuerwehr weigert sich inzwischen wegen der häufigen Brände zu kommen. Nur die Klamotten und die Akkus, die er am Leib trägt, sind ihm geblieben. Die Bullen buchten ihn sofort ein: wenigstens ein Dach über dem Kopf. Einen anonyme Anzeige beschuldigt ihn des Versicherungsbetrugs. Am vierten Tag gelingt es der Helsinkier Rechtanwältin Eeva Kontupohja, ihn rauszuholen. Jutilainen gewährt ihm für eine Nacht Unterschlupf, doch als Aatami am anderen Morgen liest, dass der Gerichtsvollzieher Todesanzeigen seiner „Klienten“ sammelt und Todesfälle voraussagt – unter anderem auch für Aatami -, hält es der Erfinder nicht mehr aus.

Eeva interessiert dieser stämmige Mittvierziger mit dem robusten Nervenkostüm und dem Streben, die Welt zu verbessern. Als er ihr darlegt, wie seine Akkus die Welt verändern könnten, realisiert sie, wie genial er im Grunde ist. Die Autos könnten alle mit Strom fahren, und nur die Kraftwerke, in denen die langlebigen Akkus aufgeladen werden, müssten Öl verbrauchen, sonst niemand. Die Umweltverschmutzung würde drastisch zurückgehen, die Preise für Öl fallen. Man bräuchte keine anfälligen Kabel, Stromleitungen usw. mehr, und überall auf der Welt könnten Sonnenkollektoren Akkus speisen, was für die Entwicklungsländer billige Energie und sauberes Trinkwasser durch Wasseraufbereitung bedeuten würde. Was Eeva aber noch herausfindet: Diese Erfindung ist ein Milliardenmarkt – pro Jahr! Und sie will daran teilhaben …

Nachdem der Deal zwischen den beiden perfekt ist (sie bekommt zehn Prozent an seiner Firma, es sei denn, sie heiraten) und er bei ihr einzieht, schickt sie ihn auf einen Fachkongress über das Akkuwesen – in Neuseeland. Und kommt gleich mit. Leider hat Eeva ein kleines Alkoholproblem und versumpft in den Kneipen der Stadt, wo sie die Lieder der Gäste mitgrölt. Die Polizei bringt sie zurück. Da enthüllt sie ihm, dass er auf der Rednerliste steht! Er muss den Vortrag erst noch schreiben und übersetzen lassen. Beides klappt unter Hochdruck, und er kann die Rede halten. Sie schlägt ein wie eine Bombe.

Die Japaner sind Feuer und Flamme – auf ihre höfliche, zurückhaltende Art. Doch die Ölproduzenten und die Autobauer sind alarmiert. Wenn das alles stimmt, was dieser finnische Hinterwäldler – wo liegt dieses Finnland überhaupt? – da erzählt, dann könnten die Ölpreise bald ins Bodenlose fallen und niemand mehr ein Auto mit Verbrennungsmotor kaufen wollen. Wozu auch? Es gibt ja bald einen supergünstigen Elektroantrieb. Die OPEC und Automafia müssen etwas unternehmen. Aber was?

Nachdem alle anderen Optionen fehlgeschlagen sind, einigen sich die OPEC-Fürsten und ihre Autoverbündeten darauf, einen Killer auf Aatami anzusetzen, einen bewährten Sizilianer namens Luigi Rapaleore. Die Japaner sind inzwischen mit Aatami handelseinig geworden und stellen ihm zwei Leibwächter zur Seite. Der Wettlauf um die Milliarden der Zukunft beginnt.

_Mein Eindruck_

Obwohl diese Geschichte schon 1998 veröffentlicht wurde, kommt sie uns doch heute wie gerufen, nachdem der Ölpreis – wieder mal – auf einem Rekordhoch ist und der Klimawandel alle Industrien zum Umdenken zwingt. Aber die Kräfte der Ölproduzenten und Autohersteller sind wohl doch stärker, als sie in Paasilinnas Buch geschildert werden. Na ja, wenn sie wirklich stärker wären, dann könnte der Autor nicht den unaufhaltsamen Aufstieg seines Helden Aatami Rymätilää schildern und die Geschichte wäre schon bald zu Ende.

Aatami hat viel von einem Yankee an sich, und Robert A. Heinlein hätte sich sicherlich über einen solchen Selfmademan gefreut. Die privatwirtschaftliche Eigeninitiative ohne Einmischung der – ohnehin völlig verarmten und verbürokratisierten – Regierung ist Heinleins Ideologie, und wie es aussieht, pflichtet ihr auch Paasilinna bei. Dagegen ist nichts einzuwenden, angesichts der verknöcherten Strukturen und Abläufe in den Ministerien und Konzernzentralen. Die besten Erfindungen werden meist in den klein- und mittelständischen Betrieben gemacht. Das ist in Finnland sicher nicht anders.

Allerdings mutet der kometenhafte Aufstieg Aatamis wie ein modernes Märchen an. Vielleicht hat der Verlag deshalb das Buch zurückgehalten. Der Autor nimmt dieses Märchen, wie es sich gehört, selbst nicht ganz ernst. Er stellt Adam eine Eeva an die Seite, die diesem nicht nur ordentliches Kapital, sondern auch viel Selbstvertrauen und Beziehungen verschafft. Dabei ist sie allerdings keine Samariterin, sondern hat ein gehöriges Alkoholproblem, das sie mitunter komplett ausrasten lässt.

Die Welt ist, wie sie ist: Sie gönnt dem Guten keinen Sieg, sondern verschwört sich gegen ihn. Daher taucht alsbald der Killer in Finnland auf. Allerdings ist es vielleicht nicht so ein guter Einfall, einen Sizilianer an den Polarkreis zu schicken. Luigi, der Ärmste, verliert ein erfrorenes Bein und drei Zehen vom anderen. Allerdings sinnt er nun auf Rache und versucht sein Glück immer wieder. Ich verrate nicht, ob ihm dies schließlich gelingt.

Das Problem des Buches ist, wie so häufig bei Paasilinna, ein Mangel an dramatischer Handlung. Vielmehr scheinen sich die Ereignisse mehr oder weniger zufällig aneinanderzureihen, bis es schließlich nicht mehr weitergeht. Dahinter steht sicherlich eine Weltsicht des Autors, die der Entwicklung eines dramaturgisch geschickten Plots entgegensteht. Seine Handlungsabläufe entwickeln sich vielmehr organisch, manchmal mit langem Anlauf.

Doch heftige Konflikte sind Paasilinnas Sache nicht. Es scheint in Finnland einen Grundkonsens zu geben, dass man einander das Leben wesentlich einfacher machen könnte, wenn man nicht versuchen würde, sich gegenseitig den Schädel einzuschlagen. Da ist was dran, zweifellos. Und wenn es mal zu einer Notlage kommt, dreht Aatami nicht durch, sondern organisiert – ein Yankee, wie er im Buche steht.

Und so ist es wohl zu erklären, dass sich Aatami mehrfach stark für die Bedürftigen einsetzt, wovon es in Finnland nicht wenige zu geben scheint: die obdachlose Bettlerin, die dem Ex-Staatspräsidenten ein Staatsgeschenk klaut; die Arbeitslosen, die zu Weihnachten 500.000 Schneemänner bauen, um Aatami für seine Wohltätigkeit zu danken; die Züge, auf denen Suppe ausgegeben wird; und viele weitere. Nicht zu vergessen die Welt an sich, welcher der leichte organische Akku das Ende der Selbstvergiftung zu bescheren scheint. Zeit war’s ja auch.

|Der Sprecher|

Jürgen von der Lippe liest ruhig und langsam. Er betont jeden Satz richtig und spricht die Wörter deutlich aus. Das ist auch notwendig, denn das deutsche Gehör muss sich erst an die vielen ungewohnten finnischen Namen gewöhnen. Später kommen noch russische, englische und französische usw. Namen hinzu. Ich konnte keine Aussprachefehler feststellen, aber ich bin auch kein Experte für diese Sprachen (außer Englisch). Einmal ist ein dicker arabischer Akzent festzustellen.

Aatami weist ein ganz normale Stimmlage auf, allerdings tut dies Eeva auch, und wenigstens sie sollte eine höhere, weibliche Stimmlage aufweisen. Dem ist aber nur am Anfang so, später nicht mehr (oder es fiel mir nicht auf). Höhere Stimmen haben lediglich Laura, Aatamis Ex, und diverse Wichtigtuer, darunter auch der Gerichtsvollzieher Jutilainen.

Aatami ist gemütsmäßig der Normalo in Person, daher fällt es dem Sprecher leicht, ihn zu charakterisieren, wenn er in bestimmten Situationen auftritt. Er schmunzelt oder schnaubt schon mal, wenn es angebracht ist. Eeva ist da schon abwechslungsreicher. Besonders gut gefiel mir der Sprecher, wenn er Eeva heftig lallen und nuscheln lässt – das kann er ausgezeichnet.

In den Einsteckkarton sind die obligatorischen Angaben über die Mitarbeiter an dieser Produktion gedruckt, aber auch touristische Informationen über die Orte Helsinki, Töölö, Tuusuula und Seurisaara. Diese finden sich nicht in der Buchfassung, weil sie dort in den Text eingearbeitet sind.

_Unterm Strich_

Das Märchen von der Beglückung der Menschheit durch eine neue Erfindung ist so alt wie die Legende von Prometheus, der den Göttern das Geheimnis des Feuers stahl. Aatami ist ein weiterer Urvater und ganz im Sinne der biblischen Tradition stellt ihm sein Schöpfer eine Eeva zur Seite, die den armen Kerl, der ohne eigene Schuld aller materiellen Güter beraubt wurde, wieder auf die Beine hilft. Es ist eine Art Wiederauferstehung. Und in der Folge schafft es Aatami mit Hilfe seiner Eva, der Welt das Licht, pardon, den Akku zu bringen, der die Welt vor sich selbst rettet.

Doch der Widersacher schläft nicht, und die dunklen Mächte, welche die Ausbeutung und Vergiftung der Welt ins Werk gesetzt haben, können einen solchen Retter nicht dulden, würde er ihr Werk doch zunichte machen. Doch ob ihnen dies gelingt, soll hier nicht verraten werden. Die Pointe ist recht ironisch und, typisch für den Autor, zugleich versöhnlich.

Was der Geschichte fehlt, ist vielleicht die dramatische Wendung, der heftige Konflikt. Dies ist die Sache des Autors ganz und gar nicht. Die menschlichen Interaktionen entwickeln sich eher organisch, und entweder der Held schafft es, bis zum Schluss durchzuhalten, oder er schafft es eben nicht. Wir erfahren zwar einiges über die finnische Kultur und Gesellschaft, aber viel ist es nicht. Und mit der neuen Wirtschaft, für die ein Weltkonzern wie |Nokia| steht, hat der Autor absolut nichts am Hut.

|Das Hörbuch|

Das Hörbuch ist ebenso unspektakulär wie das Buch, aber Jürgen von der Lippe bemüht sich redlich, es dem Zuhörer möglichst schmackhaft zu machen. Allerdings kann auch er nicht verhindern, dass das letzte Drittel mangels Handlung einfach nur so dahinplätschert und den Hörer einlullt.

|Originaltitel: Aatami ja Eeva, 1993
Aus dem Finnischen übersetzt von Regine Pirschel
316 Minuten auf 4 CDs|
http://www.luebbe-audio.de/

Tucker Coe (= Donald E. Westlake) – Der Wachsapfel

coe wachsapfel cover 1987 kleinDas geschieht:

Ex-Cop Mitchell Tobin, der sich seinen Unterhalt aufgrund widriger Umstände nunmehr als privater Ermittler verdienen muss, checkt für seinen aktuellen Auftrag ins Midway-Sanatorium ein. Hier erholen sich 22 gesundende, aber psychisch weiterhin labile Ex-Geisteskranke, bevor sie endgültig ins Alltagsleben zurückkehren. Dr. Frederick Cameron, Gründer und Leiter der Einrichtung, muss seit einiger Zeit um die notwendige Ruhe der Patienten fürchten: Ein Unbekannter stellt ihnen Fallen. Noch blieb es bei leichten Verletzungen, aber die Unruhe steigt.

Tobin soll den Täter fassen. Er hat gerade seinen Koffer abgestellt und will das ihm zugewiesene Zimmer verlassen, da stolpert er über einen Draht und poltert eine Treppe hinunter, wobei ihm ein Arm bricht: Der Fallensteller hat ihn offensichtlich schon erwartet; anonym lässt er ihm ein Fläschchen Bourbon und ein Entschuldigungsschreiben zukommen. Tucker Coe (= Donald E. Westlake) – Der Wachsapfel weiterlesen

Merlau, Günter – Caine – Mordendyk (Folge 6)

Folge 1: [„Das Amulett von Kyan’Kor“ 2050
Folge 2: [„Todesengel“ 2569
Folge 3: [„Collin Drake und die Bruderschaft“ 3532
Folge 4: [„Dunkelheit“ 3666
Folge 5: [„Rebellion“ 4619

In San Francisco müssen sich Colin Drake und seine Bruderschaft einem Angriff der monströsen Aganoi erwehren, während Steven Caine auf Kyan’Kor durch ein Orakel erfährt, dass er der dunkle Prophet ist, der für den Tod Hunderttausender von Lebewesen verantwortlich sein wird. Eine Information, die den ehemaligen Profikiller an den Rand des Wahnsinns treibt – und darüber hinaus …

Auf Aramatos, dem Heimatplaneten der Aganoi, treiben Sergeant Kilkenny und die Kyan’Kor Dhalarin die Rebellion weiter an. Dabei macht der ruppige Polizeibeamte die Bekanntschaft einer weiteren Sklavenrasse der warzigen Aganoi. Der Schamane dieser Sklaven, Jon-Jon, hat neue Hoffnung für Kilkenny parat, denn er weiß, wo der Weltenwanderer zu finden ist, mit dem eine Flucht von Aramatos möglich ist. Doch der Weg dorthin steckt voller Gefahren und der Tod wartet schon …

_Meine Meinung:_

Auch die sechste Folge von „Caine“ ist ein echtes Hörspiel-Brachiat. Der Sound der Metal-Band LIMBOGOTT (alle Titel stammen von ihrem aktuellen Album „Pharmaboy“) passen ideal zu den abgedrehten und bizarren Szenarien dieser unvergleichlichen Serie. Dabei steuert die Handlung auf ein dramatisches Finale zu. Der Angriff auf die Erde wird mit äußerster Konsequenz durchgeführt und fordert viele Opfer, alles unterlegt von erstklassigen Effekten.

In mehreren Rückblicken erfährt der Hörer, wie Colin Drake die Bruderschaft gründete und Art Jeffries einstellte, der übrigens wunderbar von Günter Merlau verkörpert wird. Das Allroundgenie ist aber nicht nur ein erstklassiger Sprecher, sondern auch verantwortlich für die Produktion, die Regie, das Skript und am Cover hat er auch noch mit gewerkelt. Diese Folge ist aber besetzungstechnisch sowieso von sehr hoher Qualität. Neben den Stammsprechern Torsten Michaelis, Lutz Riedel, Karl Schulz, Klaus Sonnenschein und Claudia Urbschat Mingues, erfreuen die Hörspiellegenden Rainer Schmitt und Reinhilt Schneider die Ohren der Lauscher. Schmitt bleibt den Hörspielfans als PSA-Agent Larry Brent in ewiger Erinnerung und macht seine Sache auch dieses Mal bestens. Schade, dass er nur so einen kurzen Auftritt hat; immerhin darf er einen wirklich grandiosen und komischen Dialog sprechen.

Das originelle Skript ist auch in diesem Fall einer der Hauptgründe für den Erfolg des Hörspiels. Die Charaktere nehmen kein Blatt vor den Mund, auch wenn es nicht ganz so schnoddrig zugeht wie in Folge 3 „Colin Drake und die Bruderschaft“, die in Sachen deftiger Sprüche unterhalb der Gürtellinie die Nase weit vorne hat. Dafür dürfen Caine und Kilkenny wieder in beißendem Sarkasmus schwelgen, und der Profikiller führt sogar einen interessanten Monolog über das Gewissen und den Fall Phineas Gage, der sich 1848 bei einem Unfall selbiges quasi wegsprengte.

Die interessanteste Nebenrolle indes ist der kauzige Schamane Jon-Jon, gesprochen von niemand anderem als Hennes Bender; der bekannte Comedian hört sich dabei nicht minder schräg an als Gollum aus „Herr der Ringe“.

Einziges Manko der knapp einstündigen CD ist die ein wenig kitschige Sterbeszene eines der Mitstreiter von Sergeant Kilkenny, ansonsten bietet auch diese Folge beste Unterhaltung.

_Fazit:_ Hier stimmt fast alles. Sieht man einmal von einer übertrieben melodramatischen Todesszene ab, erhält der Hörer eine weitere erstklassige „Caine“-Folge mit Spitzensprechern, sattem Heavy-Metal-Soundtrack und genialen Dialogen. Hoffentlich geht’s bald weiter.

|63 Minuten auf 1 CD|
http://www.stevencaine.de
http://www.merlausch.de

_Florian Hilleberg_

Matthew Skelton – Endymion Spring: Die Macht des geheimen Buches

Mainz, 1452:

Zwei Gestalten – eine davon zieht eine schwere Truhe durch den Schnee – erscheinen in einer Winternacht in Mainz. Einer der beiden stellt sich als Johann Fust heraus, der andere als sein Gehilfe. Die beiden sind auf dem Weg zu Johannes Gutenberg, der in seiner kleinen Werkstatt erste Druckversuche der Bibel anfertigt. Johann Fust unterbreitet ihm einen Vorschlag: Er finanziert Johannes Gutenbergs Druckerei, wenn er die Druckerei anschließend ebenfalls benutzen darf.

Matthew Skelton – Endymion Spring: Die Macht des geheimen Buches weiterlesen

Gardner, Lisa – Lauf, wenn du kannst

Der Aufbau-Verlag preist „Lauf, wenn du kannst“ der amerikanischen Autorin Lisa Gardner mit den Worten „Nie war Spannung weiblicher“ an. Doch was ist bitteschön „weibliche Spannung“? Es fällt schwer, sich etwas unter diesem Begriff vorzustellen. Allerdings ist das auch nicht unbedingt notwendig – viel interessanter ist doch erst mal die Frage, ob das Buch überhaupt spannend ist oder nicht.

Bobby Dodge ist Polizist und gehört außerdem einer Elitetruppe von Scharfschützen an, die zu Einsätzen mit Geiselnahmen gerufen wird. Eine solche findet Bobby vor, als er eines Abends zum Haus von Catherine und Jimmy Gagnon gerufen wird. Er, besoffen, bedroht seine Frau und den gemeinsamen vierjährigen Sohn mit einer Pistole. Alles weist darauf hin, dass er bereit ist abzudrücken. Doch bevor er dies tun kann, erschießt Bobby ihn. Es ist sein erster Toter, und er hat härter daran zu knabbern, als er glaubt.

Dankbar nimmt er daher die Hilfe einer Psychologin in Anspruch, denn der Fall verfolgt ihn – im wortwörtlichen Sinne. Während seine Kollegen ihn beglückwünschen und sagen, er hätte genau richtig gehandelt, will ihn der Vater des Verstorbenen dazu zwingen auszusagen, dass Catherine Jimmys Tod inszeniert hat. Gleichzeitig bekommt er einen Anruf von Catherine, die ihn um Hilfe bittet. Sie fühlt sich verfolgt, denn Jimmys Vater, ein einflussreicher Richter, versucht alles, um seinen Enkelsohn Nathan zu bekommen. Er streut sogar Gerüchte, dass Catherine diesen misshandeln würde. Dass der Junge an einer mysteriösen, schweren Krankheit leidet, unterstützt seine Behauptung nur noch. Bald weiß Bobby nicht mehr, was wahr und was gelogen ist – und ob er wirklich berechtigt geschossen hat.

Bobbys Verwirrung überträgt sich auch auf den Leser – im positiven Sinne. Gardner erzählt eine spannende Geschichte, die sich allmählich steigert und keine Längen aufweist. Sie verzichtet dabei auf blutige Gewalttaten und fesselt stattdessen mit psychologischen Spielereien und doppelbödigen Charakteren. Immer mehr Details, die sowohl für oder gegen Catherine und Bobby sprechen, kommen zum Vorschein. Zusätzlich haben beide Hauptfiguren eine dunkle Vergangenheit und scheinen mit etwas hinter dem Berg zu halten. Wie viel darf man ihnen also glauben? Was ist Wahrheit, was Intrige?

Gardner sorgt dafür, dass sich diese Frage erst ganz zum Schluss beantworten lässt. Sie baut während ihrer Erzählung nicht ab, sondern steigert sich immer mehr ohne dabei zu sehr ins Fantasieren zu geraten. Im Gegenteil ist die Geschichte stichhaltig und weist eine gewisse psychologische Spannung auf, der es gelingt, auf der eine Seite durchaus fachlich zu wirken, aber auf der anderen nie zu abgehoben zu werden. Die Autorin meistert diesen Spagat auf wunderbare Weise und verleiht ihrer Geschichte damit einen glaubwürdigen Anstrich.

Sie verteilt ihre Geschichte auf wenige Perspektiven. Neben Bobby und Catherine kommen außerdem ein Killer und die Psychologin, die Bobby nach dem Todesschuss auf Wunsch seines Vorgesetzten konsultiert, zum Einsatz. Gerade Letztgenannte ist ein feiner Schachzug, da sie dem Leser die Möglichkeit gibt, Bobbys Psyche näher kennenzulernen. Bobby und Catherine stehen allerdings im Vordergrund des Geschehens und erweisen sich als dieses Platzes würdig. Sie sind vielschichtig und interessant dargestellt und wunderbar ausgearbeitet. Sie vermitteln dem Leser viele Gedanken und Gefühle, so dass er direkten Zugang zu ihrem Inneren erhält. Dadurch bekommt der Thriller stellenweise eine geradezu beklemmende Stimmung, die der Spannung sehr zuträglich ist.

Im Gegensatz zu der unterschwelligen Spannung steht der eher nüchtern gehaltene Schreibstil, der aus der dritten Person geschrieben ist und selbst Gedanken und Gefühle sehr sachlich schildert. Trotzdem entsteht dadurch kein Widerspruch. Vielmehr unterstreicht dieser routinierte Stil die Spannungsentwicklung. Lisa Gardner schreibt zwar nüchtern, schafft es aber dennoch, genügend Informationen einfließen zu lassen, um einen sehr dichten und vor allem fesselnden Thriller zu entwerfen.

Um noch einmal auf die Einleitung zurückzukommen, konnte nicht geklärt werden, was denn nun „weibliche Spannung“ sein soll. Was allerdings geklärt werden konnte, ist die Tatsache, dass es sich bei „Lauf, wenn du kannst“ um einen spannenden, unblutigen (vielleicht ist das mit „weiblich“ gemeint) und bodenständig erzählten Thriller von seltener Qualität handelt.

http://www.aufbau-verlagsgruppe.de

_Lisa Gardner auf |Buchwurm.info|:_
[„Der Schattenmörder“ 875

Trugenberger, Luca – Angriff der Schatten, Der (Die Wege des Drachen 3)

Band 1: [„Der magische Dorn“ 3227
Band 2: [„Das Siegel des Schicksals“ 3848

Damlo steckt immer noch mittendrin in der Bemühung, die Intrige des Fürsten Norzak von Suruwo zu vereiteln. Aber ehe er die Sache zu Ende bringen kann, wird er verraten und an den Fürsten ausgeliefert. Der will zunächst nur mit mehr oder weniger Gewalt herausfinden, wo Damlo den Wagen mit der wertvollen Fracht versteckt hat, entdeckt bei dieser Gelegenheit aber auch die seltsame Doppelnatur Damlos und beschließt augenblicklich, sich diese zunutze zu machen. Er umgarnt Damlo, um ihn für sich zu gewinnen, und verspricht, ihm zu zeigen, wie er den Drachen in seinem Inneren bändigen kann. Eine ungeheure Verlockung für Damlo …!

_Die Personen_, die in diesem Band des Zyklus |Die Wege des Drachen| neu eingeführt werden, bleiben allesamt Nebenfiguren. Zumindest, wenn die Aussage des Verlages stimmt, dass der Zyklus mit dem dritten Teil abgeschlossen sei.

Eine der beiden Personen ist Stukos, ein ehemaliger Legionär und Karawanenführer. Ein eiserner, aber freundlicher Mann, dessen Weitsicht und Klugheit Damlo im entscheidenden Augenblick das Leben rettet.

Die andere ist Ailaram, der Magiarch des weißen Turms, der erstmals auftaucht. Ein würdiger alter Mann mit weißem Haar und Bart, körperlich nicht mehr allzu kräftig, aber geistig stark. Sozusagen das Abbild des Zauberers schlechthin.

Das klingt ein wenig mager, aber beide Figuren nehmen nicht genügend Raum ein, um ein persönliches Profil für sie herauszuarbeiten. Die übrigen bekannten Personen aber, soweit sie vorkamen, haben sich ihr Eigenleben und ihre Ecken und Kanten durchaus erhalten.

_Die Handlung_ wird vor allem von dem Duell zwischen Damlo und Norzak bestimmt. Das ist gar nicht schlecht gemacht. Die angedeutete Trauer Norzaks über den Tod seines Sohnes verleiht ihm jenen letzten Rest von Menschlichkeit, der Damlo die Entscheidung darüber, ob er Norzaks Angebot annehmen soll oder nicht, so schrecklich schwer macht. Dabei mag Norzaks Überredungskunst einem Erwachsenen durchaus lächerlich und leicht durchschaubar erscheinen. Für einen Jugendlicher wie Damlo ist sie weniger offensichtlich, zumal Norzaks Worte keine einzige Lüge enthalten. Die Szene ist fast schon ein Lehrstück darüber, wie man die Gedanken eines Menschen lenkt, ohne wirklich etwas zu sagen.

Auch der Showdown im Gebirge war sehr gut gemacht, obwohl die Identität des Ersten Dieners nicht wirklich eine Überraschung war. Es wurde im Gegenteil nur allzu deutlich darauf hingewiesen, doch die Person war so nebensächlich, dass sie neben all den wichtigen Personen wie Norzak, Ticla und Baldrin einfach unterging. Der zeitliche Abstand, mit dem die Bücher erschienen, tat ein Übriges. Dafür blieb auf diese Weise die Spannung ein wenig länger erhalten. Und Spannung gab es diesmal eine Menge. Nicht nur das geistige Duell zwischen Damlo und Norzak war interessant gemacht, auch die Hetzjagd durchs Gebirge, bei der Damlo in immer größere Bedrängnis gerät, ließ den Spannungsbogen kontinuierlich steigen.

Schade nur, dass es bis dahin so lange gedauert hat. Ich gebe ja zu, dass meiner Erinnerungen an das genaue Ende des zweiten Bandes ein klein wenig Auffrischung gutgetan hat. Die Auffrischung erfolgte leider auch diesmal dadurch, dass zu Beginn des Buches Erinnerungen aus beiden Vorgängerbänden in die Handlung eingeflochten wurden. Wie schon bei Band zwei hat das auch hier zu einem seltsam umständlichen Handlungsverlauf geführt, der erst nach hundert Seiten überstanden war.

_Ich frage mich allerdings ernsthaft_, ob das wirklich dem Autor zuzuschreiben ist. Denn die Stellen, an denen die einzelnen Bände abbrachen, waren wieder einmal absolut ungeeignet für eine solche Unterbrechung, vor allem zwischen den Bänden zwei und drei, wo die Handlung einfach mittendrin abreißt. Und mir drängt sich der Verdacht auf, dass diese Trennung wieder einmal auf die Kappe des Verlages geht! Das würde auch erklären, warum der Klappentext diesen dritten Band als „abenteuerliches Finale“ bezeichnet, obwohl die Geschichte ganz offensichtlich noch nicht zu Ende ist. Sie kann gar nicht zu Ende sein, denn bisher wurde lediglich der Erste Diener enttarnt. Enttarnt, nicht besiegt. Von einem echten Sieg über den Schatten sind Damlo und seine Freunde noch weit entfernt.

Im Italienischen, aus dem das Original stammt, gibt es nur „Il Risveglio dell’Ombra“ (Das Erwachen der Schatten). Die weiteren Romane Luca Trugenbergers, „Il Predatore di Magia“ (Der Zauberdieb) und „Il Ruggito dell’Ombra“ (Das Heulen der Schatten), erzählen von Ereignissen, die nach dem „Angriff der Schatten“ stattfinden. Mit anderen Worten: Es spricht alles dafür, dass |Die Wege des Drachen| ursprünglich kein dreiteiliger Zyklus, sondern ein Gesamtband war, und zwar der erste von dreien. Diese Zerteilung durch den Verlag war umso überflüssiger, als |Piper| bereits 2005 unter dem Titel „Damlo und der Weg zum Glück“ den Gesamtband als Hardcover veröffentlicht hat. Was in aller Welt verspricht der Verlag sich davon, wenn er seine Leser verärgert, indem er Bücher nur häppchenweise und im Abstand von mehreren Monaten veröffentlicht?

Um auf die vielen, den Erzählfluss störenden Erinnerungen am Anfang zurückzukommen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese auch im Original enthalten sind, denn da wären sie schlicht überflüssig. Wo aber kommen sie dann auf einmal her? Vom Verlag? Wenn ja, wer kam auf die Idee, die Problematik auf diese Weise zu lösen? Eine kurze Zusammenfassung der vorhergehenden Bände als Einführung am Anfang, außerhalb der eigentlichen Erzählung, hätte denselben Zweck erfüllt, wäre wesentlich weniger Arbeit gewesen und hätte nicht die Lektüre der Geschichte gestört. Warum also hat der Verlag sich so viel Mühe gemacht? Ich glaube, ich will die Antwort gar nicht wissen.

Auch das Lektorat ließ sehr zu wünschen übrig. Zwei Verben im selben Satz, aber an unterschiedlichen Stellen, lassen darauf schließen, dass bei einer Änderung der ursprünglichen Formulierung etwas übersehen wurde, und das mehrmals. Auch fehlende Buchstaben und Zeitfehler sind mir begegnet. Irgendwie hat |Piper| sich bei dieser Veröffentlichung an den falschen Stellen angestrengt.

_Dabei ist die Geschichte_ um Damlo durchaus lesenswert. Sie mag sich mit ihren Orks, Trollen und Ellfen, ihrem Schatten und seinem Diener in ziemlich eingefahrenen Fantasy-Bahnen bewegen. Aber sie ist nicht ohne Spannung, die Charaktere sind lebendig und eigenständig, Damlo ist vor allem für Jugendliche eine gute Identifikationsfigur, und die Idee von der Mischung aus Mensch und Drache bietet noch eine Menge Möglichkeiten. Luca Trugenberger hat bestimmt nicht das Genre revolutioniert, trotzdem ist das Buch eine nette und unterhaltsame Lektüre. Ich würde allerdings jedem Interessenten empfehlen, sich die Hardcoverausgabe mit dem Titel „Damlo und der Weg zum Glück“ zu kaufen. Sie kann kaum schlechter als die drei Taschenbuchschnipsel sein.

_Luca Trugenberger_ lebt in Italien. Nach seinem Medizinstudium arbeitete er einige Zeit als Schauspieler, um dann doch wieder zur Medizin zurückzukehren. Heute ist er in Rom als Psychotherapeut tätig. „Il Risveglio dell’Ombra“ ist sein erster Roman und der einzige, der bisher auf Deutsch erschienen ist. Da aber für die beiden Folgeromane bereits deutsche Titel feststehen, dürfte auch deren Veröffentlichung bei uns nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.

http://www.piper-verlag.de/

Remin, Nicolas – Masken von San Marco, Die

Elisabeth, die Kaiserin von Österreich, war beileibe nicht die verklärt romantische Figur, wie sie in den bekannten Sissi-Filmen präsentiert wird. Und Nicolas Remin traut sich in seinem neuesten Roman „Die Masken von San Marco“ wieder einmal, Elisabeth als diejenige Person hinzustellen, die sie (vermutlich) wirklich gewesen ist, nämlich als die Ehefrau, der die ehelichen Pflichten zuwider waren und die ihren Göttergatten Franz Joseph längst nicht so angehimmelt hat wie er sie. Elisabeth war eine eigensinnige Frau, welcher der höfische Pomp lästig war, die nicht gerne in der Menschenmasse stand und die sich tagtäglich an ihren Turngeräten in der Hofburg gequält hat, um ihre göttlich schlanke Taille zu bewahren. Und genau in dieser Rolle treffen sie nun wieder.

_Tod dem Kaiser_

Die österreichische Monarchie ist den Einwohnern Venedigs ein Dorn im Auge, das Ansehen des österreichischen Kaisers ist schlecht und es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich Franz Joseph aus Venedig zurückziehen muss. Doch Franz Joseph hat bereits einen Plan, um sein Ansehen wieder zu steigern: So plant er einen Venedig-Aufenthalt, zu dem ihn auch Ehefrau Elisabeth begleiten soll. Während einer Ansprache auf dem Markusplatz schließlich soll ein vermeintlicher Attentäter mit Platzpatronen auf Franz Joseph schießen, der als Einziger die Ruhe bewahren wird – da er ja weiß, dass es kein echter Anschlag ist – und dessen Ansehen dadurch rapide steigen wird.

So beauftragt er Oberst Hölzl und Graf Crenneville damit, alles Erforderliche in die Wege zu leiten. Die beiden haben jedoch schon Informationen darüber, dass ein echtes Attentat geplant ist. Sie wissen aber auch, mit welchem Zug der Attentäter nach Venedig einreisen wird und wie er verkleidet ist, damit seine Auftraggeber ihn erkennen. Also beschließen sie, einen eigenen Mann einzuschleusen, der den Attentäter ersetzt und die Strippenzieher rechtzeitig ans Messer liefert.

Von all dem ahnt Commissario Tron noch nichts, als er vom Polizeipräsidenten von Spaur erfährt, dass die venezianische Polizei nicht zum Schutz des Kaisers und der Kaiserin beitragen soll. Das soll das Militär übernehmen. So erfährt Tron auch nichts von den genauen Reiseplänen des Kaiserpaars. Als jedoch eine Leiche aus dem Ponte dei Mendicanti gezogen wird, sind Tron und sein Kollege Bossi gefordert. Die Obduktion ergibt schließlich, dass ein Profikiller am Werke gewesen ist, der seinen Widersacher mit einem gezielten Genickbruch in den Tod befördert und ihn aus dem Zug ins Wasser geworfen hat. Schnell erfahren Tron und Bossi, dass der Killer den Ermordeten ersetzt hat. Dieser war mit einem Zinksarg nach Venedig eingereist, dem Tron und Bossi derweil nachforschen. Eine Exhumierung fördert dann zutage, was der unbekannte Tote tatsächlich nach Venedig befördert hat, nämlich lediglich einen Sandsack und einen Haufen Sprengpulver, von dem noch einige Reste im Sarg verblieben sind. Plant tatsächlich jemand ein Attentat auf das Kaiserpaar?

Eberhard von Königsegg, der sich bereits im Palazzo Reale befindet und auf die Ankunft des Kaisers wartet, plagen derweil ganz andere Sorgen, nämlich seine horrenden Spielschulden. Doch hat Königsegg sich eine Lösung parat gelegt; er weiß von einer kostbaren Goldkette, die der Kaiser als Geschenk für seine geliebte Elisabeth im Tresor des Palazzo aufbewahrt. Da der Geburtstag des Kaisers der Schlüssel zum Tresor ist, entwendet Königsegg kurzerhand das kostbare Geschmeide und begibt sich damit zu einem dubiosen |professore|, der das teure Schmuckstück mithilfe von Quecksilber verdoppeln will. Anhand eines Rings hat er Königsegg bereits bewiesen, dass seine Apparatur hervorragend funktioniert, sodass Königsegg hier die Lösung für seine Spielschulden sieht. Als der |professore| das Schmuckstück allerdings in seine Apparatur getan hat, öffnet sich die Tür zum Labor und zwei bewaffnete Polizisten stürmen das Zimmer, welche die beiden Herren kurzerhand festnehmen.

Königsegg ist verzweifelt; wie soll er erklären, wer er ist und wie er in den Besitz des kaiserlichen Geschmeides gekommen ist? Als sich ihm dann die Gelegenheit zur Flucht eröffnet, nutzt er diese, auch wenn er das Schmuckstück zurücklassen muss. Darum will er sich später kümmern. Also wendet er sich kurz darauf an Commissario Tron, der allerdings zu berichten weiß, dass es in der fraglichen Nacht gar keinen Polizeieinsatz gegeben hat. Königsegg wurde reingelegt und steht nun mit Schulden, aber ohne Kette da. Was nun?

Zeitgleich schleust der Profikiller sich in die Gruppe Männer ein, die das Sprengpulver nach Venedig geschmuggelt hat. Der kaiserliche Besuch rückt näher, aber Tron ist den Attentätern immer noch nicht auf die Spur gekommen; die Zeit drängt …

_Schauplatz Venedig_

In Commissario Trons vierten Fall überschlagen sich erneut die Ereignisse: Der österreichische Kaiser Franz Joseph plant zur Aufpolierung seines eigenen Ansehens ein gestelltes Attentat auf sich und die Kaiserin, aber es scheint auch irgendeine Gruppe zu geben, die tatsächlich Sprengpulver nach Venedig schmuggelt, um dort den Kaiser anzugreifen. Doch das sind nicht die einzigen Probleme, die Tron quälen, denn die Renovierungsarbeiten im Palazzo Tron gehen langsam voran, was die Laune seiner geliebten Mutter trübt und sie stets alte Brötchen kaufen lässt, aber auch seine Verlobte hat Sorgen, denn ihr Pressglas verkauft sich so hervorragend ins Ausland, dass Österreich plant, Einfuhrsteuern zu erheben, die das gesamte Geschäft kaputtmachen würden. So bittet die Principessa Tron, das Attentat auf den Kaiser zu verhindern, um sich Elisabeths Gunst zu sichern und sie zu überreden, die Einfuhrsteuer abzuwenden. Kein einfacher Plan, da die venezianische Polizei eigentlich von den Ermittlungen ausgeschlossen ist und auch die Zeit arg knapp wird, um die Attentäter noch rechtzeitig aufzuspüren.

Die Handlung spielt sich an verschiedenen Schauplätzen ab. So treffen wir Franz Joseph, der frohen Mutes ist, weil er sich in Sicherheit wähnt und seine Reaktion auf das vermeintliche Attentat probt. Elisabeth dagegen plant ihren Venedig-Aufenthalt etwas anders; sie packt unauffällige Kleider ein, um erneut in Person der Gräfin Hohenembs die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um Eberhard von Königsegg, dessen Sorgen immer größer werden, denn nun hat er nicht nur Spielschulden, sondern muss auch noch das Verschwinden der teuren Kette erklären. Doch wie der Zufall es will, hat er die Schulden bei einem guten Freund Trons gemacht.

Und natürlich hängen die einzelnen Handlungsstränge zusammen, denn Trons Ermittlungen in Sachen Königsegg führen ihn in ein gewisses Casino, in welchem auch einer der nun Toten gearbeitet hat, dessen Ableben Tron aufklären will. Die Ermittlungen nehmen schließlich richtig Fahrt auf, als sich zumindest dem Leser die wahren Zusammenhänge erschließen, denn wir haben den Vorteil, dass wir nicht nur die Drahtzieher des geplanten Attentats kennen, sondern auch den Profikiller, der auf dem Weg nach Venedig einen Mitreisenden mit gebrochenem Genick aus dem Zug befördert hat. So sind wir Tron immer mindestens einen Schritt voraus, sodass wir nur hoffen können, dass er rechtzeitig die richtigen Schlussfolgerungen ziehen wird, um am Ende alle Fälle erfolgreich aufklären zu können.

_Italienische Beschaulichkeit_

Nicolas Remins Kriminalromane rund um Commissario Tron strahlen eine gewisse Ruhe aus, daher ist Ehrgeiz etwas, das Tron völlig zu fehlen scheint. Lieber liest er auf der Arbeit in seinem geliebten Blatt |Emporio della Poesia|, das er selbst herausgibt. Auch schickt er immer wieder Bossi los, um die unangenehmen Nachforschungen zu erledigen. Als es schließlich an die Exhumierung geht, ist Tron es, der die Laterne hält, während Bossi sich mit der Schaufel abplagt und dann auch den Sarg öffnen darf. Doch natürlich ist das Schicksal auf Trons Seite, denn immer wieder fügt sich für ihn alles geschickt zusammen, sodass er als der strahlende Held dasteht.

In diesem vierten Fall des Commissario Tron haben wir diesen und seine Kollegen bereits bestens kennengelernt. Tron ist ein Genießer, der zum Frühstück gerne ein halbes Dutzend süße Teilchen nascht anstelle der alten Brötchen, die ihm seine Mutter immer wieder vorsetzt – natürlich nur aus Geiz, denn Geld hat sie eigentlich genügend, seit die Pressglasproduktion so gut läuft. Für die Geschäfte und das Finanzielle hat Tron seine Verlobte, die ihn aber auch gerne immer wieder darauf hinweist, wie teuer die Speise ist, die Tron gerade unüberlegt verdrückt. Doch ihn lässt das recht kalt, er bleibt gelassen, lächelt und genießt. Das macht Tron immer wieder überaus sympathisch, auch wenn er ohne Hilfe seiner Principessa kein so gediegenes Leben führen könnte.

Auch die anderen Figuren gefallen ausgesprochen gut, beispielsweise Eberhard von Königsegg, mit dem wir eigentlich nur Mitleid haben können, da er vom Pech verfolgt ist. Denn kaum hat er endlich einen Ausweg aus der Schuldenfalle gefunden, lässt er sich von einer fingierten Polizeikontrolle hereinlegen und verliert nun auch noch die kostbare Kette. So ein Pech! Doch gibt er nicht auf und stellt dann seine eigenen Nachforschungen an, aber ohne Trons Hilfe wäre er vermutlich nicht weit gekommen.

_Atmosphärisch und sympathisch_

Nicolas Remin verzaubert uns regelrecht mit seiner Lektüre, versetzt uns ins 19. Jahrhundert und nimmt uns in diesem Buch mit nach Wien an die Hofburg und auch wieder mit ins alte Venedig, wo die berühmten Demel-Pralinen allerdings nicht weniger beliebt sind als in Wien. Er beschreibt in wunderbaren Worten die bezaubernden Schauplätze und seine Figuren, sodass man direkt in die Situationen hineinversetzt wird. Natürlich leidet darunter ein wenig der Spannungsbogen, da das gesamte Buch vermutlich dank Tron eine gewisse Beschaulichkeit ausstrahlt, die einen packenden Spannungsbogen irgendwie verhindert. Doch stört dies hier gar nicht, ganz im Gegenteil, Nicolas Remins Kriminalromane sind sympathisch und einfach angenehm geschrieben. In wunderbaren Worten findet hier jedes Detail Erwähnung, wie zum Beispiel die Fliege, die sich in Trons Frühstücksmarmelade verirrt hat, oder die zu feste Konsistenz des Brötchens:

|Nach dem Frühstück – denn das musste er noch hinter sich bringen. Und so wie es aussah, war das nicht ganz einfach. Das Brötchen, in das er biss, nachdem es ihm gelungen war, das Tier aus der Konfitüre zu entfernen, war uralt. So alt, dass seine Zähne nicht einmal einen Fingerbreit eindrangen. Er drehte es um und probierte sein Glück auf der anderen Seite – ohne Erfolg. Tron ließ entnervt das Brötchen sinken und stellte fest, dass ihn die Contesa bereits stirnrunzelnd beobachtete. […] „Weißt du, was dir völlig abgeht, Alvise?“ Nein, das wusste er nicht. Biberzähne für die Brötchen? Geschmack an toten Fliegen?|

Insgesamt gefiel mir das vorliegende Buch ausgesprochen gut. Natürlich muss man in punkto Spannung ein paar Abstriche machen, dafür zaubert Nicolas Remin dem Leser mit seinem herrlichen Schreibstil immer wieder ein Lächeln ins Gesicht, zumal er wunderbar sympathische Figuren zeichnet. Der zu lösende Kriminalfall ist sicherlich nicht der ausgefeilteste, aber die Idee fand ich sehr unterhaltsam, da sie doch die Intrigen, die am kaiserlichen Hof geschmiedet wurden, wunderbar auf die Schippe nimmt. „Die Masken von San Marco“ ist ein Krimi für Liebhaber exotischer, netter und beschaulicher Literatur, eigentlich genau die richtige Lektüre für einen lauen Frühlingsabend.

http://www.kindler-verlag.de/

_Nicolas Remin auf |Buchwurm.info|:_
[„Schnee in Venedig“ 1987
[„Venezianische Verlobung“ 2326

Joachim Castan – Der Rote Baron. Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen

Ein Mann für Mythen

Er flog wie ein Gott und kämpfte wie ein Teufel in seinem feuerrot angemalten Dreidecker, schoss im ritterlichen Kampf 80 feindliche Flugzeuge vom Himmel und nahm seine besiegten Gegner am Boden persönlich in Empfang, um mit ihnen ein Glas Sekt auf das tolle Gefecht zu heben – das war Manfred Freiherr von Richthofen (1892-1918), der „Rote Baron“, gefürchtet und bewundert sogar von seinen Gegnern, die ihm das gebührende Heldenbegräbnis ausrichteten, als sie ihn endlich erwischten.

Legenden werden nicht ohne Grund geboren. Auf diese Weise gerät die lästige Wahrheit außer Sicht. Unzählige Bücher wurden über von Richthofen geschrieben. Sie stellen den Flieger in den Mittelpunkt und stützen sich biografisch auf fragwürdige Quellen, die viel zu oft der Verklärung dienten und den Menschen Manfred von Richthofen verzeichneten. Joachim Castan – Der Rote Baron. Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen weiterlesen