Perry Rhodan – Der Flug der Epha-Motana (Sternenozean 13)

Sternenflug mit Geisteskraft

Lübbe Audio vertont die Abenteuer des Kadetten Kantiran und des Sternenadminstrators Perry Rhodan, die in der Unterserie „Sternenozean“ im Perry-Rhodan-Universum spielen. Bislang sind achtzehn Hörspiele veröffentlicht, doch will Lübbe offenbar vierzig Hörspiele produzieren. Dies ist die dritte Staffel.

Folge 13, Fortsetzung von Folge 12: Der Planet Ash Irtumo ist befreit. Vor der ehemals mächtigen bastion der Igelwesen blieb ein würfelförmiges Raumschiff zurück. Mithilfe ihrer geistigen Stärke versucht Zephyda, die Epha-Motana (Femesängerin), das Unglaubliche: Sie möchte das Raumschiff mit ihren Geisteskräften zum Fliegen bringen … (Verlagsinfo)

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Crisse, Didier / Keramidas, Nicolas – Luuna 1: Die Nacht des Totems

_Story_

Luuna, die Häuptlingstochter der Paunamoks, steht vor ihrer bislang größten Ehrerbietung. Der Rat ihres Stammes ist sich einig, dass die hübsche junge Dame endlich ihrem Totem begegnen soll, und sendet sie in einer verheißungsvollen Nacht in den Wald aus. Jedoch avanciert diese Prüfung alsbald zu einem bitteren Akt; noch bevor die Unterredung mit dem Herrn des Schicksals über ihren persönlichen Werdegang und ihr Totem stattfinden kann, tauchen Abgesandte des Unkui auf, um die Zeremonie zu manipulieren.

Machtlos ergibt sich der Wächter des Waldes dem gewaltigen Unkui und schließt einen Pakt, demzufolge Luuna fortan einen finsteren und einen leuchtend weißen Totem an ihrer Seite führen soll. Dieses unverhoffte Schicksal bringt sie jedoch in einen Zwiespalt; eine Rückkehr zu ihrer Familie scheint unter diesen Bedingungen ausgeschlossen, also beschließt sie, den weisen Hirschen Kauyumari nach Rat zu fragen. Doch wiederum greifen die Krieger des Unkui ein, um die Nacht, wie bereits angekündigt, zu seinem Freudenfest zu machen. Dieses Mal jedoch setzen sich Luuna und ihre treuen Gefährten zur Wehr, bezahlen dies jedoch mit einem Preis, der Luuna bereits in der ersten Nacht auf die Seite ihres bösen Totems schlägt. Hat der Unkui bereits Besitz von ihr ergriffen?

_Persönlicher Eindruck_

Didier Crisse ist Comic-Freunden im Allgemeinen und Verfechtern der hochwertigen Ausgaben des |Splitter|-Verlags im Speziellen als Visionär unter den franko-belgischen Künstlern bekannt. Zuletzt verzauberte er sein Publikum noch mit Serien wie „Ishanti“ und „Canari“ und der leider nach wie vor nicht abgeschlossenen Antike-Reihe „Atalante“.

Nun wagt er sich gemeinsam mit seinem neuen Zeichner Nicolas Keramidas an eine neue Fantasy-Serie heran, die einerseits zwar seinen teils jugendlich-naiven Stil beibehält, andererseits aber auch regelmäßig mit übergreifenden Genres kokettiert. „Luuna“ ist nicht nur der Titel dieser Serie, sondern zugleich auch – man ist es in dieser Form nicht anders gewohnt – der Name der Protagonistin, die einmal mehr als einflussreiche Tochter einer bedeutsamen Person ins Abenteuer zieht und (selbst das kennt man von Crisse) sich bei weitem noch keine Vorstellung von den Konsequenzen ihrer Mission machen kann.

Grob betrachtet breitet der beliebte Autor also weitestgehend bekannte Strickmuster aus und leitet einen Teil der Story aus mehr oder weniger deutlichen Zitaten vorhergegangener Werke ab. Insbesondere die Rollenverteilung erscheint in diesem Zusammenhang mal wieder prägnant, da die Szenerie zum größten Teil von Außenseitern und vermeintlichen Anti-Helden gesäumt wird, die jedoch in ihrem wechselseitigen Zusammenspiel erstaunlich gut harmonieren – zumindest, wenn man die teils ungewöhnlichen Züge ins Visier nimmt, welche die Handlung vor allem im zweiten Teil der Debütausgabe „Die Nacht des Totems“ durchlebt.

An dieser Stelle setzt dann auch die Kritik an, die sich einerseits mit dem erweiterten Verwirrspiel beschäftigt, das den stringenten Plot auseinanderreißt, sich andererseits aber auch der immer schwerer wiegenden Ziellosigkeit widmet, mit welcher die Story bisweilen zu kämpfen hat. Nach den vielversprechenden Anfängen und der kurzen, jedoch markanten Charaktereinführung beginnt Crisse nämlich, auf inhaltlicher Basis zu schwimmen. Die verschiedenen Stränge und die Vielfalt der zunächst schwer zuzuordnenden Figuren sorgen erst für Verwirrung, später dann für den Mangel an Linearität, der dem Plot stellenweise auch die Spannung raubt. Der Autor ist bemüht, in vergleichsweise wenigen kleinen Kapiteln ein breit gefächertes Comic-Gebilde zu konstruieren, bleibt dabei anfangs auch auf einem guten Weg, überfrachtet die Story schließlich aber mit den zahlreichen Wendungen, indem er das Erzähltempo über die eigentliche Geschwindigkeit der zumutbaren Eindrücke und Bilder hinwegsetzt – und genau dieser Punkt trübt den Genuss mit wachsender Lesedauer gewaltig.

Dennoch darf man gewissermaßen auf die Fortsetzung gespannt sein, zumal die eigentliche Basisidee äußerst ansprechend ist und Crisse auch trotz der genannten Schwächen ein fantastischer Geschichtenerzähler bleibt. Weiterhin bedingt durch den unterschwelligen Humor, der die Handlung durchzieht, und die sympathische, märchenhafte Atmosphäre ist „Die Nacht des Totems“ daher dennoch ein ganz anständiger, in vielerlei Hinsicht aber definitiv ausbaufähiger Comic und somit auch fernab vom Status eines Crisse-Meisterwerks. Dies lässt sich allgemein auch für die gewöhnungsbedürftigen, schlichten Illustrationen anführen, die nicht zu den besten Kooperationswerken des Urhebers gehören. Aber letztendlich überwiegt doch irgendwie der Charme, der die Protagonistin begleitet, ihren Charakter ausmacht und schließlich ein halbwegs positives Resümee hervorlockt. Jenes allerdings in der festen Überzeugung, dass dieser Sympathie-Bonus nicht ewig währt!

http://www.splitter-verlag.de

_Crisse auf |Buchwurm.info|:_

[„Canari 1: Die goldenen Tränen“ 3179
[„Canari 2: Die letzte Welle“ 4073
[„Ishanti 1: Die Tränen der Isis“ 3344
[„Atalante 1: Der Pakt“ 3630
[„Atalante 2: Nautiliaa“ 3631
[„Atalante 3: Die Wunder von Samothraki“ 3632

Brent Ghelfi – Russisches Abendmahl

Ghelfi Abendmahl Cover kleinDer Raub eines Gemäldes führt zum blutigen Krieg zwischen diversen Fraktionen der Moskauer Unterwelt. Koalitionen entstehen und zerbrechen, während Doppelspiele und Verrat die Zahl der Opfer sogar für russische Verhältnis bedenklich ansteigen lässt … – Spannend-lakonischer, an (manchmal etwas zu) detailliert geschilderter Gewalt nie sparender Thriller, der in einem Russland spielt, in dem der Kapitalismus mit krimineller Anarchie und der Missachtung sämtlicher Menschenrechte eine unheilige Dreifaltigkeit bildet.
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Sardou, Romain – Kein Entrinnen

Viele Leute fühlen sich dazu berufen, ihr Leben niederzuschreiben, in der Hoffnung, dass sich jemand dafür interessiert. Doch nur mal angenommen, jemand würde sich ein Leben konstruieren, es nach seinen Vorstellungen nachspielen und dann aufschreiben? Das ist sicherlich eine harmlose Spinnerei – es sei denn, sie passiert in dem Thriller „Kein Entrinnen“ des Franzosen Romain Sardou.

Überraschenderweise spielt das Buch aber nicht in Frankreich, sondern in den USA, wo Sardou eine ganze Weile als Drehbuchschreiber in Los Angeles gewohnt und gearbeitet hat. Es spielt allerdings nicht in der tobenden Großstadt, sondern in einer ruhigen Gegend. Das Örtchen New Hampshire ist an und für sich sehr beschaulich, so dass Chief Inspector Stu Sheridan selten wirklich viel zu tun hat. Doch dann werden an einem Wintertag 24 Leichen auf einmal an einer Baustelle gefunden.

Alle Opfer starben auf die gleiche Art und Weise und besitzen kaum gemeinsame Merkmale, sie sind noch nicht mal aus der Gegend. Sheridan wird sehr schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt. Ein verabredeter Massenselbstmord? Das Werk einer Sekte? Der gesetzte Gesetzeshüter schaltet das FBI ein, obwohl er deren Art, solche Fälle sofort an sich zu reißen, eigentlich nicht leiden kann. Und tatsächlich nimmt das FBI sich nicht nur dieses Falles sofort an, sondern verhängt auch noch eine Nachrichtensperre und schließt Sheridan völlig aus den Ermittlungen aus. Dieses totale Abriegeln kommt ihm dann doch etwas eigentümlich vor. Was hat das FBI zu verbergen, dass es noch nicht mal die Familien der Toten benachrichtigt? Verbotenerweise ermittelt er mit zwei Kollegen weiter.

Währenddessen zieht der junge Professor Frank Franklin an die nahe Universität, wo er Kreatives Schreiben unterrichten soll. Ihm gefällt der beschauliche Ort, doch er merkt schnell, dass das Universitätsgelände ein paar Geheimnisse verbirgt. Wenig später findet Sheridan endlich eine Gemeinsamkeit bei den Opfern des Massenmordes: Sie alle waren Fan eines Schriftstellers. Um an diesen heranzukommen, kontaktiert Sheridan Franklin und bittet ihn um seine Mithilfe, nicht ahnend, dass wesentlich mehr hinter dem Mord steckt, als er je gedacht hätte …

Der Klappentext von „Kein Entrinnen“ weist auf eine großangelegte Verschwörung hin, doch welcher Thriller schmückt sich heutzutage nicht damit, eine Verschwörung aufzudecken? Kann das Buch von Sardou so viel Neues bieten? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn zum einen ist „Verschwörung“ ein dehnbarer Begriff geworden und zum anderen präsentiert Sardou zwar eine ausgefallene Handlung mit einigen Überraschungen, aber leider auch einigen vorhersehbaren Strecken. Das nimmt dem Buch einiges an Spannung, auch wenn es immer wieder jähe Momente gibt, die den Leser beinahe die Luft anhalten lassen. Diese Wendungen sind es, die „Kein Entrinnen“ letztendlich aus der Masse hervorstechen lassen; diese Wendungen und Sardous trockener Erzählstil.

Die Nüchternheit, mit der Sardou von den Geschehnissen berichtet, wirkt in der Perspektive von Sheridan beinahe emotionslos, während er Franklin weit mehr Freiraum in Form von Gedanken, die nicht direkt mit dem Fall in Zusammenhang stehen, gewährt. Dadurch entsteht ein leichtes Ungleichgewicht, und da der Tonfall sehr sachlich ist, wirken Franklins Gedanken manchmal ein wenig überflüssig. Trotzdem schreibt Sardou sehr angenehm, mit einem großen Wortschatz und genau dem richtigen Maß an Details und Wissensfetzen. Er schiebt immer wieder Zwischenbemerkungen ein, welche die Geschichte satter erscheinen lassen und den Leser bei Laune halten.

Der Schreibstil, der auf der einen Seite einen großen Teil der sauberen und durchdachten Unterhaltung ausmacht, wird für die Personen zur Stolperfalle. Sie können sich nicht wirklich entfalten, und das, obwohl sie eigentlich gut durchdacht sind und beispielsweise im Falle von Franklin auch eine sehr interessante Biografie vorweisen können. Doch der Funke kann nicht überspringen, was es vielleicht auch der Handlung erschwert, über weite Strecken mitreißend zu sein.

Dennoch bietet „Kein Entrinnen“ einen gut lesbaren Thriller, der sich durch überraschende Spannungsmomente und eine saubere Ausarbeitung auszeichnet. Zudem ist das Thema, das behandelt wird, interessant aufgebaut und Sardou schafft es, die eine oder andere unerwartete Wendung einzubinden, die zum Weiterlesen animiert.

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Grangé, Jean-Christophe – Herz der Hölle, Das

Gibt es den Teufel? Oder wer ist für das Schlechte auf der Welt verantwortlich? Wie kann eine Nahtod-Erfahrung einen Menschen prägen? Und wie kann eine Leiche an den verschiedenen Körperteilen unterschiedlich stark verwest sein? All dies sind die Fragen, die der französische Bestsellerautor Jean-Christophe Grangé in seinem neuesten packenden Thriller aufwirft, und wieder einmal ist seine Mischung anders, sie hebt sich vom Mittelmaß ab und weiß über knapp 800 Seiten zu begeistern – so viel sei schon einmal vorweg genommen.

_Vom Teufel besessen_

Mathieu Durey ist bereits seit Jahren mit Luc Soubeyras befreundet. Sie haben sich kennengelernt, weil sie beide strenggläubig waren. Sie wollten Gott dienen und das Böse auf der Welt bekämpfen. Doch während Mathieu seinen Glauben immer weiter stärken kann, fühlt Luc sich immer mehr dem Bösen zugeneigt. Er hinterfragt die Existenz des Teufels und wendet sich von Gott ab. Nach seinen prägenden Kriegserfahrungen beschließt er, dem Guten lieber als Polizist zu dienen. Mathieu kann dies zunächst nicht nachvollziehen, doch nachdem er in Ruanda selbst etliche Gräuel erlebt hat, die er sich zuvor in seinen schlimmsten Albträumen nicht hätte ausmalen können, folgt er Luc auf seinem Weg. Mathieu kehrt seinem Priesterseminar den Rücken zu und wird ebenfalls Polizist. Im Gegensatz zu Luc jedoch besucht er weiterhin regelmäßig den Gottesdienst und lebt seinen Glauben aus.

Doch dann geschieht das Unmögliche: Luc versucht, sich das Leben zu nehmen. Mit Gewichten beschwert, will er sich ertränken. Dank des kalten Wassers und da er nicht ertrunken, sondern früh genug ohnmächtig geworden ist, kann Luc aber wiederbelebt werden. Fortan liegt er im Koma und Mathieu steht mit seinen Fragen alleine. Wie kann Luc als gläubiger Katholik diese Todsünde begehen? Und wieso ist er mit Einstichstellen an den Armen aufgefunden worden? Mathieu kann nicht glauben, dass Luc Drogen genommen hat und nicht mehr leben wollte. Etwas Schreckliches muss passiert sein. Eine Münze, die Luc bei seinem Selbstmordversuch in den Händen hielt, ist es, die Mathieu schließlich auf die Spur des Teufels bringt.

Schritt für Schritt versucht Mathieu, Lucs Selbstmordversuch auf die Spur zu kommen. An welchem Fall hat Luc zuletzt gearbeitet? Wo hat er sich aufgehalten? Und was kann ihn dazu veranlasst haben, sich das Leben zu nehmen? Schon bald erfährt Mathieu, dass Luc regelmäßig nach Besançon gefahren ist. Lucs Frau Laure befürchtet, dass Luc dort schon seit längerem eine Freundin hat. Zu häufig ist er vor seinem Selbstmordversuch verreist, zu oft hat er seine Frau und seine beiden Töchter zurückgelassen, um sich davonzustehlen. Doch auch dies kann Mathieu einfach nicht glauben. Er durchsucht Lucs Arbeitszimmer und findet eine umfangreiche Aktensammlung, welche die grausamsten Kriminalfälle dokumentiert. Diese Aktenordner und die Münze sind es, die Mathieu nach Mordfällen suchen lassen, die auf satanistische Praktiken hindeuten. Dabei stößt er auf den Fall der getöteten Sylvie Simonis aus Sartuis, der viele Rätsel aufwirft. Die örtliche Polizei versucht, den Fall zu verschweigen und versorgt auch die Presse nicht mit Informationen. Doch Mathieu kann schließlich herausfinden, dass Sylvies Leiche für Aufsehen gesorgt hat. Während ihr Gesicht noch klar erkennbar war, wiesen ihre anderen Körperteile starke Verwesung auf. Alle Verwesungsstadien waren an nur einer Leiche zu finden, sie war übersät mit Maden, Fliegen und anderem Getier.

Je weiter Mathieu nachforscht, umso mehr Fragen wirft er dabei auf, denn Sylvies Leben ist von vielen Geheimnissen umgeben. Nicht nur ihr Mörder ist unbekannt, auch ihre Tochter Manon ist Jahre zuvor unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Damals gab es zwar drei Verdächtige, doch verurteilt wurde niemand. Außerdem gehen Gerüchte um, dass Manon vom Teufel besessen war. Hatte etwa Satan seine Finger im Spiel? Zumindest sind es teuflische Morde, auf deren Spur Mathieu nach und nach kommt. Denn Sylvie war nicht die einzige Leiche, die unterschiedlich stark verwest war, in Europa gab es noch weitere Fälle. So führen Mathieus Nachforschungen ihn bald nach Sizilien, wo er eine Frau im Gefängnis besucht, die vor Jahren nach einer Pilgerfahrt nach Lourdes geheilt wurde. Ihr Fall wurde sogar durch den Vatikan als Wunder anerkannt, doch nun wurde sie als Mörderin ihres Mannes verurteilt. Es ist eine teuflische Schnitzeljagd, auf die Mathieu sich begibt. Und immer war Luc schon vor ihm dort, immer war er ihm einen Schritt voraus …

_Eine teuflische Schnitzeljagd_

Nicht etwa ein Mord ist es, der Anlass für Mathieu ist, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, sondern es ist der versuchte Selbstmord seines besten Freundes Luc. Dies ist schon zu Beginn des 800 Seiten starken Buches eine kleine Überraschung, die vom gewohnten Thrillermuster abweicht. Doch schnell wendet sich Jean-Christophe Grangé dem bekannten Muster zu, denn ungewöhnliche Mordfälle sind es, die es schließlich aufzuklären gilt. Bis Mathieu jedoch zu dieser Einsicht gelangt, muss er einen im wahrsten Sinne des Wortes weiten Weg gehen. Denn seine Ermittlungen führen ihn bald über die Grenzen Frankreichs hinaus; zunächst begibt er sich nach Sizilien, um Agostina Gedda kennenzulernen, die für den Mord an ihrem Ehemann verurteilt wurde, obwohl sie doch von Gott auserwählt ist, da sie nach einer Pilgerreise nach Lourdes von einer tödlichen Krankheit geheilt wurde. Geheimakten aus dem Vatikan sind es an dieser Stelle, die Mathieu auf negative Nahtod-Erfahrungen aufmerksam machen, die nicht vom Licht handeln, auf das man sich zubewegt, sondern von einer schreckenerregenden Gestalt, in der die Menschen den Teufel vermuten. Kann diese Begegnung mit dem Teufel eine solche Persönlichkeitswandlung hervorrufen? Obwohl alle Hinweise darauf hindeuten, will Mathieu die Existenz des Teufels nicht anerkennen und sucht nach einer logischen Erklärung für die Taten der Verurteilten.

Immer sind es nur winzige Hinweise, die ihn voranbringen. Es ist eine mühsame Spurensuche, auf die sich Mathieu begibt, zumal seine Ermittlungen in Sartuis von der örtlichen Polizei auch noch behindert werden. Niemand will ihm Informationen über Sylvie und ihre Tochter geben, alles wird unter Verschluss gehalten, und wieder einmal ist es der Zufall, der Mathieu die Lösung von Manons Tod zuspielt. Mathieu ist schockiert, als er den wahren Mörder der kleinen Manon identifiziert, doch langsam fügen sich die Puzzleteile zusammen. Ganz allmählich entsteht ein immer klareres Bild von den Taten, von den bösen Dingen und schließlich auch vom Mörder. Doch Mathieu ist klar, dass Luc noch mehr gewusst haben muss, erst spät erkennt Mathieu, was Luc in den Selbstmord getrieben hat.

Im Mittelpunkt der gesamten Geschichte steht die Figur des Teufels. Schreckliche Nahtod-Erfahrungen scheinen es zu sein, die der Vatikan gerne verschweigen möchte, die aber dazu führen, dass die Menschen wahrlich teuflische Taten begehen. Der Teufel scheint es zu sein, der den Mördern die notwendigen Informationen zuspielt, denn woher sollen die Mörder sonst wissen, wie man eine Leiche zu präparieren hat, damit diese unterschiedlich stark verwest ist? Woher bekommen die Mörder das dazu nötige Getier? Es scheint keine logische Antwort auf diese Fragen zu geben, es muss etwas Übersinnliches im Spiel sein, so zumindest scheint es. Doch als gläubiger Katholik will Mathieu das nicht wahrhaben, für ihn darf es keinen Teufel geben, der Teufel muss für ihn Menschengestalt haben, doch wie kann das sein? Agostina Gedda beispielsweise wurde verurteilt für den Mord an ihrem Ehemann, nichts deutete auf einen anderen Mörder hin, den Agostina nun decken möchte. Sie muss einfach vom Teufel besessen gewesen sein, oder?

Mathieu stellt für uns die Frage nach der Existenz des Teufels und stimmt uns selbst nachdenklich, denn woher kommt das Böse auf der Welt, wenn es denn keinen Teufel gibt? Mathieu kennt seine Antwort auf diese Frage, doch wird sein Glauben durch die Nachforschungen stark erschüttert.

_Gläubiger Held_

Held der gesamten Geschichte ist Mathieu Durey, den wir bei all seinen Schritten stets begleiten. Wir sind bei ihm, während er auf Spurensuche geht, und haben daher den gleichen Kenntnisstand wie er. All seine Gedanken fühlen wir nach, wir stellen uns die gleichen Fragen und empfinden wie er das gleiche Entsetzen. Im Laufe der Geschichte lernen wir Mathieu zwar immer besser kennen, doch bleibt stets eine gewisse Distanz, da uns sein unerschütterlicher Glaube nicht immer nachvollziehbar gemacht wird, auch seine Lebensweise ist uns fremd. Obwohl er dem Priesterseminar den Rücken gekehrt hat, lebt er einsam und alleine, lässt keine Frau an sich heran und wünscht sich offenbar auch keine Familie. Später soll sich dies zwar ändern, doch dann sind es andere Punkte, die uns nachdenklich stimmen. Er lernt eine Frau kennen und lieben, beginnt eine Affäre mit ihr, obwohl doch alle Beweise gegen sie sprechen. Alle anderen sind überzeugt, dass sie schuldig ist, einen Mord begangen zu haben, doch Mathieu vertraut ihr blind, und das, obwohl er selbst noch keine Lösung für den fraglichen Mord hat. Aber vielleicht macht Liebe auch wirklich blind?

Obwohl wir Mathieu auf Schritt und Tritt begleiten, bleibt doch immer eine gewisse Distanz zwischen ihm und dem Leser. Jean-Christophe Grangé stellt nicht seine Figuren in das Zentrum seiner Erzählung, sondern die Taten und vor allem natürlich die vielen kleinen Hinweise, die es zu verfolgen und zu finden gilt. So kommt es, dass wir trotz des Umfangs dieses Buches kaum eine Figur wirklich gut kennenlernen, doch merkwürdigerweise – obwohl ich dies sonst immer ankreide – stört mich die distanzierte Charakterzeichnung hier nicht, da es so viel anderes zu entdecken und aufzuklären gibt, dass bei mir keine Wünsche offen geblieben sind.

_Reise durchs Grauen_

Die ganze Geschichte nimmt in Frankreich ihren Anfang und beginnt zunächst recht gemächlich. Mathieu hat noch keinen Anhaltspunkt, er ist fassungslos und kann sich rein gar nicht erklären, was Luc zu seinem Selbstmord getrieben haben kann. Längere Zeit braucht es, bis er auf die Spur des Teufels und auf den Mordfall Sylvie Simonis stößt. Doch je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr packt Grangé seine Leser. Das Bild, das er uns eröffnet, könnte kaum komplexer sein. Viele Figuren sind es, die uns begegnen, und viele Verbrechen, die aufzuklären sind. So fiebert man stets mit und bemüht sich, im Dschungel der Ereignisse nicht den Überblick zu verlieren. Ich muss gestehen, dass ich ab und an zurückblättern musste, wenn Grangé einen alten Fall nochmals aufgerollt und ich nicht mehr alle Details parat hatte. Jean-Christophe Grangé bietet uns exzellente Thrillerunterhaltung, verlangt im Gegenzug aber auch ein gutes Maß an Aufmerksamkeit (das man ihm aber nur zu gerne schenken mag).

Insgesamt gibt es nur Winzigkeiten zu bemängeln, etwa die Fülle an Figuren, die ein Personenverzeichnis durchaus sinnvoll gemacht hätte, oder die fehlende Tiefe der Charakterzeichnung. Dem gegenüber stehen ein perfekt inszenierter Spannungsbogen und eine komplexe Handlung, die es wahrlich in sich hat und den Leser spätestens nach den ersten hundert Seiten vollkommen aufsaugt, fasziniert und mitreißt. Selten habe ich einen so gut ausgeklügelten Plot erlebt, der zu meiner großen Freude logisch aufgeklärt wurde, ohne dabei ins unnötig Mystische abzudriften.

http://www.ehrenwirth.de

|Siehe ergänzend dazu unsere [Rezension 4404 zur Lesung bei Lübbe Audio.|

Rodgers, Eric – Futurama Comics 29

_Inhalt_

|“Ein ziemlich fauler Kern“|

Bender und Fry staunen nicht schlecht, als ein mächtiger Wirbelsturm dazu führt, dass selbst der TV-Empfang nicht mehr möglich ist. Eine Krisensitzung beim Professor schafft Klarheit; der Erdkern wurde von einem überdimensionalen Bohrer angegriffen, und das ist einzig und allein Benders Verdienst. Der irrwitzige Roboter hat nämlich beim letzten Hofflohmarkt ein Exemplar aus der Forschungsreihe des Professors an ein mutiertes Lavavolk veräußert und diesem nun freie Bahn ins Erdinnere geebnet. Alsbald begeben sich Fry, Leela und ihr nichts taugender Partner auf eine Mission zum Kern, um dort für Klarheit zu sorgen. Doch die Lavabrüder sind alles andere als begeistert vom Besuch ihrer offensichtlichen Konkurrenten …

_Persönlicher Eindruck_

Die „Futurama Comics“ sind im rein visuellen Bereich die wohl beharrlichste Konstante, weil in all den bislang veröffentlichten Ausgaben das mit Abstand niedrigste Qualitätsgefälle zu verzeichnen ist. Selbst die geliebten |Simpsons| mit all ihren neuen Serien und Comic-Publikationen können hier nur bedingt mithalten, auch wenn Groenings wohl größer illustrierter Geniestreich sich auch eher selten Ausnahmen erlaubt.

Die Oktober-Story aus der Zukunft fügt sich nun in diese makellose Bilanz beispielhaft ein. Erneut treffen Bissigkeit, zynischer Humor, eine völlig abstrakte Story und mal wieder toll in Szene gesetzte Charaktere aufeinander, passen sich in den hitzigen Dialogen die abstrusesten Dinge zu und kreieren zum wiederholten Male einen völlig eigenständigen, ideenreichen Plot. Was will man grundsätzlich mehr?

Vereinzelt grenzen die Einfälle von Autor Eric Rodgers gar an kleine Geniestreiche, gerade was die Kaltschnäuzigkeit des Tunichtguts Bender anbelangt. Der hoffnungslos einfältige Roboter zeigt sich als Schmierenkomödiant sondergleichen, gerade im zweiten Teil, der Mission zum Erdkern, die aufgrund des sich mehrenden Magnetismus zu erheblichen Fehlfunktionen in seinem Betriebssystem führt. Das Highlight hierbei: Der Hemmschwellen-Generator wird ausgeschaltet und bringt einige Wahrheiten zutage, die mal wieder ziemlich derbe unter die Gürtellinie gehen. Ganz zu schweigen vom penetranten Singsang, den der fehlgeleitete Blechkasten plötzlich anstimmt und kaum mehr einstellen will. Hier wird kurzzeitig die Schmerzgrenze selbst härter gesottener Fans getestet, wobei man manchmal sogar froh ist, dass die Comics keine Soundausgabe haben. Jedenfalls nicht in der Realität, die außerhalb des |Futurama|-Universums existiert …

Erfreulich ist letzten Endes auch die Reduzierung des Reklame-Anteils im Heft. Abgesehen von den handelsüblichen Erklärungen der zweideutigen Zitate des Comics und einiger brauchbarer Rubriken hat man sich hier auf ein Mindestmaß beschränkt und einen mehr als akzeptablen Maßstab für folgende Exemplare angelegt. Dies in Kombination mit der starken Geschichte sorgt wiederholt zur erwarteten Kaufempfehlung für Heft Nr. 29 der „Futurama Comics“. Hier gilt ganz klar das Fazit: Stark wie eh und je!

http://www.paninicomics.de/futurama-s10311.html

Kayser, Marc – Trias

Wo man nur hinschaut, da sind die explodierenden Energiepreise ein Thema, das alle Gemüter erregt. Auch literarisch bietet das Thema Stoff für energiegeladene Lektüre, wie Andreas Eschbach z. B. mit [„Ausgebrannt“ 3487 bewiesen hat, seinem Roman vom Ende des Erdölzeitalters. Ein anderer, der sich der Problematik annimmt, ist Marc Kayser, dessen Roman „Trias“ dennoch überhaupt nicht mit Eschbachs düsterem Szenario vergleichbar ist.

„Trias“ spielt nur wenige Jahre in der Zukunft. Die Rohölpreise steigen explosionsartig, der globale Wettkampf der Konzerne um die beste Position im Geschacher um die knapper werdenden Rohstoffe bestimmt den wirtschaftlichen Alltag. Es ist die Zeit kurz vor einem wichtigen G8-Gipfel im beschaulichen deutschen Ostseebad Marienstrand, als mehrere tödliche Attentate die Regierungen in Berlin, Washington und Moskau erschüttern. Zunächst wird in Deutschland das Dienstfahrzeug von Stefan Rumpf, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, in die Luft gesprengt. Dann stürzt das Flugzeug des stellvertretenden russischen Außenministers Viktor Kirijenko unter höchst verdächtigen Umständen ab.

Diese beiden Todesfälle sind nur der Auftakt zu einer Reihe weiterer Attentate, die alle Personen betreffen, die an einem streng geheimen Vertrag arbeiten, der am Rande des G8-Treffens von Moskau, Washington und Berlin unterzeichnet werden soll: Trias. Trias ist ein Vertrag, mit dem sich drei rohstoffhungrige Großmächte zusammentun, um sich selbst für die nächsten Jahrzehnte eine Vormachtstellung am Energiemarkt zu sichern. Klar, dass dies ein Vorhaben ist, mit dem man schnell die halbe Welt gegen sich aufbringt, nicht nur die arabischen Öllieferanten, sondern auch andere europäische Nationen und vor allem die aufstrebende Großmacht China.

Die Hintergründe der Anschläge sind extrem undurchsichtig und keiner weiß so recht, wer die Drahtzieher sind. Markus Croy, Undercover-Agent des BKA, taucht in einen Sumpf aus Intrigen und perfiden Machtspielen mit gezinkten Karten ein, um die Täter zu entlarven. Ein riskantes Spiel, in dem mehr als nur ein Mitspieler falsch spielt und Croy und dem BKA läuft die Zeit davon. Bis zum G8-Gipfel muss der Fall geklärt sein, damit das Treffen nicht zu einem blutigen Fiasko wird …

Das Szenario klingt für sich genommen erst einmal sehr spannend. Ein Thriller, der im undurchsichtigen Geflecht zwischen Wirtschaft, Geheimdiensten, Politik und zwielichtigen Verbänden angesiedelt ist, ein Fall, der obendrein in einen Wettlauf gegen die Zeit gipfelt – das sind genau die Zutaten, die für reichlich Spannungsmomente sorgen. Die Grundlage des Trias-Vertrages ist eine raffinierte und faszinierende Idee, mit der Marc Kayser einen interessanten Denkansatz offenbart. Drei wirtschaftlich bedeutende Nationen schließen sich zusammen zu einem Bündnis, das ihnen die Versorgung mit Energie für die nächsten Jahrzehnte sichert – auf Basis einer raffinierten Übereinkunft, der allen Vertragspartnern Vorteile bringt.

Doch eine Sache bleibt in Kaysers Szenario etwas blass: Warum Deutschland? Das habe ich mich bei der Lektüre immer wieder gefragt. Warum messen Amerikaner und Russen den Deutschen, die ja nicht einmal so ernst zu nehmen sind, dass sie einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat verdient hätten, auf einmal eine so herausragende Bedeutung zu, dass sie ein Exklusivbündnis nur mit ihnen eingehen? Darauf hat auch Kayser keine wirklich zufriedenstellende Antwort, und das ist ein Glaubwürdigkeitsmangel, der während der gesamten Lektüre einen ziemlich langen Schatten auf den Plot wirft.

Kaysers Roman jongliert mit vielen Komponenten und vielen Figuren, von denen viele zudem ein doppeltes Spiel spielen. Er wechselt ständig Perspektive und Handlungsort, und das macht den Einstieg in die Lektüre nicht unbedingt leichter. Kaysers Schreibstil ist sehr nüchtern, fast ein wenig farblos, und so wirken auch die Figuren in den ersten Kapiteln noch irgendwie blutleer.

Immer wieder benutzt Kayser recht eigentümliche Worte. So beschreibt er Personen immer wieder als „alert“ oder lässt sie mit den Füßen „schurren“. Nervig (obwohl glücklicherweise nicht all zu häufig auftauchend) ist sein Hang, deutsche Wörter in vollkommen sinnfreier Art und Weise durch Anglizismen zu ersetzen. Was ist so schlecht an einem Wort wie „Büro“, dass man stattdessen „Office“ sagen muss? Oder was ist an „Basement“ besser als an „Keller“?

Man kann sich „Trias“ als Film wunderbar darstellen: viel Action, schnelle Schnitte, undurchsichtige Figuren, ein strahlender Held und ein explosives Thema. Für einen Roman lässt Kayser dann aber doch immer mal wieder die nötige Tiefe vermissen. Markus Croy wirkt am Anfang wie die kleine BKA-Ausgabe von James Bond. Als Croy eine Spur nach Prag verfolgt und dort schon von den Häschern der Gegenseite erwartet wird, die überlegene Art, wie er sich aus dieser misslichen Lage herausmanövriert, und die Souveränität, mit der er sich durch Prag bewegt, lassen den Leser immer wieder an eine so unwirkliche Figur wie James Bond denken. Das macht es aber leider auch schwer, mit dem Protagonisten mitzufiebern. So wie er stets Herr der Lage ist, trägt man gar keine Sorge, dass die Sache der Guten scheitern könnte, und das ist ein Faktor, der vor allem in der actiongeladenen ersten Romanhälfte ein wenig die Spannung untergräbt.

Ein menschlicheres Profil entwickelt Croy erst im weiteren Verlauf der Geschichte, und dazu bedient sich Kayser ganz simpel und klischeehaft natürlich einer Liebesgeschichte. Als Leser springt man zumindest halbwegs darauf an, auch wenn man den Kniff durchschaut, und so kommt die Spannung zum Ende hin doch noch etwas in Fahrt. Den Showdown gibt es dann erwartungsgemäß zum G8-Gipfel, wo Croy wieder einmal mehr oder weniger im Alleingang agiert und man sich schon fragt, ob das BKA eigentlich nur einen einzigen fähigen Beamten aufzubieten hat. Croys Liebschaft zu der Journalistin Katja Kirchner ist am Ende, trotz ihrer Bedeutung im Mittelteil des Buches, schon wieder in der Versenkung verschwunden. Gekrönt wird das Ganze noch von einem relativ offenen Ende (obwohl der Plot in sich abgeschlossen wirkt), das den Leser vermutlich auf die Fortsetzung neugierig machen soll, an der Kayser derzeit schreibt.

Was unterm Strich bleibt, ist also in erster Linie ein interessantes, wenn auch nicht restlos glaubwürdiges Szenario. Kayser denkt in eine ganz ungewöhnliche Richtung ,und das ist es, was die Lektüre interessant macht. Auch die Einblicke in den Alltag des politischen Machtapparates haben noch ihren Reiz. Als Thriller ist „Trias“ jedoch nicht mehr als Mittelmaß.

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Edwards, Blake / Rohrbeck, Oliver – Richard Diamond, Privatdetektiv: Fall 5 & 6

_Locked Room Mystery_

Die amerikanische Radio-Krimiserie der 1950er Jahre aus der Feder von Blake Edwards („Der rosarote Panther“) wird von der |Lauscherlounge| wieder zum Leben erweckt und mit bekannten Stimmen als Hörspiel vertont – den Stimmen von George Clooney, Ben Stiller und Reese Witherspoon.

Der smarte New Yorker Privatdetektiv Richard Diamond gerät in seinen abenteuerlichen Fällen an fiese Verbrecher, mysteriöse Mörder und verführerische Frauen. Aber er kehrt immer wieder zu seiner geliebten Helen zurück.

1. Staffel (Dezember 2007):
Fall 1: Die schwarze Puppe
Fall 2: Der braune Umschlag
Fall 3: Der Fall Ed Lloyd
Fall 4: Der Mordauftrag
Fall 5: Der Mord am Barbier
Fall 6: Der Gibson-Fall

2. Staffel (Juli 2008):
Fall 7: Die rote Rose
Fall 8: Der Karussell-Fall
Fall 9: Der graue Mann
Fall 10: Gute Nacht, Nocturen
Fall 11: Der Nachtclub-Fall
Fall 12: Mr. Walkers Problem

_Die Inszenierung_

Die Rollen und ihre Sprecher

Richard Diamond: Tobias Kluckert (dt. Stimme von Tyrese Gibson, Adam Baldwin in „Firefly“)
Helen Asher: Ranja Bonalana (dt. Stimme von Julia Stiles, Renée Zellweger, Reese Witherspoon)
Lt. Walt Levinson: Detlef Bierstedt (dt. Stimme von George Clooney, Bill Pullman, Robert ‚Freddy Krueger‘ Englund)
Sgt. Frazer: Oliver Rohrbeck (dt. Stimme von Ben Stiller, Michael Rapaport)
Sowie Ernst Meinke, Andreas Müller, Michael Iwanek, Ulrike Lau, Tanja Fornaro, Uli Krohm und Roland Hemmo. Im 6. Fall kommen hinzu: Cornelia Meinhardt, Tim Möseritz, Ann Vielhaben, Jürgen Kluckert, Rainer Fritzsche und Andrea Aust.

Regie führte Oliver Rohrbeck, die Musik komponierte Dirk Wilhelm, für Sounds/Mischung/Mastering war Tommi Schneefuß zuständig, die Geräusche trug Jörg Klinkenberg bei, die Aufnahme erfolgte im Hörspielstudio |Xberg|.

Mehr Info: http://www.lauscherlounge.de.

_Der Fall 5: Der Mord am Barbier_

Um einen ordentlichen Haarschnitt zu bekommen, geht Rick mal kurz rüber zum Ashley Hotel. Dort begibt er sich durch die Lobby in den Laden von Tony, dem Friseur, seinem Stammbarbier. Dessen Mitarbeiter Barney Kingston soll Rick bedienen. Doch als Barney jemanden in der Lobby sieht, läuft er davon, als ob er jemanden treffen wolle. Rick schaut ihm nach und folgt ihm voll Sorge. Barney steht in einer Telefonzelle, doch seltsamerweise wird er immer kleiner. Als Rick die Zelle öffnet, bricht Barney vollends zusammen, denn in seinem Rücken steckt ein Messer. Sein letztes, gehauchtes Wort lautet „Faschetti“ …

Als Rick die Telefonverbindung wiederherstellt, hört er die bekannte Stimme seines Exkollegen Walt Levinson. Der ist verwirrt, denn der Mann, der ihm einen Tipp versprochen hat, ist plötzlich verstummt. Rick informiert ihn, was passiert ist. Levinson trifft wenig später ein und fragt sich wie Rick: „Wer würde denn einen Friseur umbringen?“ Rick erwähnt Faschetti. Das sei ein Mörder gewesen, der vor drei Jahren des Landes verwiesen wurde, sagt Walt. Auf dem Revier gehen sie dessen Akte durch. Faschetti sollte eigentlich in Genua leben, zusammen mit Lilian Barnett, die mal Sängerin in dem Klub namens „The Happy Hour“ war.

Als Rick diesen Klub besucht, findet er dort wider Erwarten Lilian vor, die gerade einen Song zum Besten gibt. Als er Faschetti erwähnt, wird sie abweisend. Da ihr Wachhund ihn fernhält, begibt er sich zu ihrem Apartment. Mit dem Trick, er bringe ihr Blumen von einem Verehrer, verschafft er sich Einlass durch die Mieterin Miss Adelaine Jones. Diese muss allerdings auf ihn warten, denn er begibt sich stattdessen zu Lilians Wohnung. Dort übersieht er allerdings den Revolvermann, der ihn sogleich in Gewahrsam nimmt und in Lilians Wohnung bringt. Dort wartet schon – Überraschung! – ein gewisser Mr. Faschetti auf ihn.

Dieser gibt dem Revolvermann den Auftrag, Mr. Diamond diskret zu entsorgen …

|Mein Eindruck|

Eine ganze Weile wird dem Hörer nicht klar, worauf dieser Fall hinauswill. Das liegt daran, dass der Schurke im Stück, Bruno Faschetti, nicht deutlich genug charakterisiert wird. Am Schluss wissen wir lediglich, dass er das Land, das ihn ausgewiesen hat und in das er illegal zurückgekehrt ist, wieder klammheimlich verlassen will. Das Finale dreht sich nun darum, ihn daran zu hindern. Zu diesem Zweck verkleidet sich Rick als Steward auf einem Schiff. Wieder mal gibt es eine hübsche Schießerei …

Wie in allen Episoden kehrt auch diesmal Rick zu seiner Helen heim, doch statt der erhofften Belohnung erntet er nur Unglauben und muss als Preis für ihre Liebe ein Stück auf dem Klavier spielen. Der ironische Humor, mit dem die Beziehung zwischen Helen und Rick behandelt wird, sorgt für einen vergnüglichen Ausklang. Aber manchmal würde ich mir ein Plus an sinnvoller Handlung wünschen.

_Der Fall 6: Der Gibson-Fall_

PROLOG. Virginia und Harvey streiten sich, denn sie will aus der Stadt verschwinden, während Harvey noch ausharren will. Doch wenn man vom Teufel spricht … Da tritt er auch schon ein: Mr. Leland Gibson in Person. Und er ist nicht in friedfertiger Stimmung. Es kommt zu einem Kampf mit dem alten Mann …

Miss Esther Blodgett wendet sich verzweifelt an Rick Diamond. Eine Leiche sitze auf ihrem Hepplewhite. Zuerst versteht Rick dahingehend, dass der tote Mann Hepplewhite heiße, doch sie meint allen Ernstes, der Stuhl heiße so. Na, so was! Ein Stuhl mit einem Namen. Wie auch immer: Sie hat nicht die Polizei gerufen, weil sie um ihren guten Ruf als Lehrerin fürchte. Sie sei im Sommerlager gewesen, und nach Wochen heute erst zurückgekehrt, nur um eine Leiche auf ihrem Hepplewhite … Ja, ja, schon gut.

Bei der Durchsuchung der Leiche, die er mit Levinson vornimmt, findet sich ein Dokument, das auf den Namen Leland Gibson ausgestellt ist. Der Mann wurde schwer geschlagen und ist mit braunen Fusseln bedeckt. Ein Stoff, der sich nicht in Miss Blodgetts Wohnung findet. Also starb Gibson nicht hier. Was aber noch seltsamer ist: Wenn alle Fenster und Türen fest verschlossen waren, wie konnte er dann hierher gelangen?

Gibsons Tochter weiß noch nicht, dass ihr Vater tot ist, und Rick bringt es ist ihr relativ schonend bei. Dad sei vor drei Wochen aus der Wohnung ausgezogen, um im Adams Hotel mehr mit seiner neuen Geliebten zusammen sein zu können. Auch dort weiß man noch nichts vom Ableben des werten Gastes. Gibson habe mit der Kellnerin Virginia Palgrim angebandelt, bis diese vor zwei Wochen gekündigt habe. An der Adresse Virginias erfährt Rick von der Vermieterin, dass Virginia auch mit einem anderen, jüngeren Herrn Umgang gehabt habe. Von dieser Frau aber habe sie nichts mehr gesehen.

Das wiederum bringt Rick ins Grübeln. Könnte es sich um eine Erpressung in einer Dreiecksbeziehung gehandelt haben? Er muss zurück zum Ausgangspunkt: in Esther Plodgetts Apartment. Und wenn er daran denkt, wie die Lehrerin ihn anhimmelt, dann tut er dies nur zu gern.

|Mein Eindruck|

Zunächst bietet der verzwickte Fall eine läppische Verwechslung: Wer ist dieser Hepplewhite? Dann folgt ein klassisches Locked-Room-Mystery und eine Suchaktion quer durch die ganze Stadt. Durch hartnäckiges Fragen und eine brillante Kombination verfällt Rick schließlich auf die richtige Lösung – und der Zuhörer wundert sich. Auf elegante Weise schließt der Handlungsverlauf den Kreis, indem die im Prolog offengebliebene Frage beantwortet wird, wo und wie denn die beiden Erpresser die Leiche von Mr. Gibson in aller Eile entsorgt haben.

Dies ist eine der spannendsten und überzeugendsten Episoden. Der Abschluss verläuft wie gehabt. Helen erpresst ihren Freund dazu, ihr ein Klavierstück vorzuspielen und sogar zu singen. Dann kommt ein Anruf von Esther Blodgett und eine letzte Frage bleibt im Raum stehen: Wer, zum Kuckuck, ist Hepplewhite?

_Die Inszenierung_

Es ist schon unterhaltsam, wenn man in einem Serienhörspiel all jene Schauspieler sprechen hört, die man sonst mit bildschirmfüllenden Actionkrachern oder großartigen Romanzen in Verbindung bringt: Reese Witherspoon, Ben Stiller und George Clooney. Das hebt die Handlung, die ansonsten leicht etwas trivial hätte wirken können, doch gleich eine Stufe höher, verleiht ihr den Glanz von Hollywood.

Tobias Kluckert, 1972 geboren, ist Schauspieler und Synchronsprecher. Er lieh u. a. Joaquin Phoenix als Johnny Cash in dem Film „Walk the Line“ seine Stimme, ist aber auch die deutsche Synchronstimme von Colin Farrell in „The New World“, von 50 Cent in „Get rich or die tryin'“ und Brian Krause als Leo in „Charmed“.

Kluckert trägt mit seiner Darstellung der Hauptfigur das ganze Hörspiel und macht Diamond zu einem sympathischen Burschen, der tagsüber für Recht und Ordnung sorgt und – meistens, nicht immer – abends zu seiner Herzensdame zurückkehrt. Er will immer cool erscheinen, doch seine Aktionen sprechen eher dafür, dass er seinem Herzen gehorcht, so etwa, als er den Mord an seinem Lieblingsfriseur aufklärt.

Ranja Bonalana, die deutsche Stimme von Reese Witherspoon, spricht Helen Asher und somit zwar eine Nebenfigur, aber eine feste Konstante in der Besetzung. Die Wortgeplänkel, die sich Helen mit Diamond liefert, gehören zum Feinsten, das Blake Edwards je geschrieben hat. Leider sind sie allzu kurz, denn sie gehören nicht zum jeweiligen Fall. Ich habe nie herausbekommen, was Helen Asher tagsüber macht. Wahrscheinlich füttert sie die Katze.

|Geräusche|

Alle Geräusche sind natürlich aus der Realität entnommen und verleihen der Handlung den Anstrich von Filmqualität. Aber sie kommen nie den Dialogen in die Quere, sondern sind in dieser Hinsicht zurückhaltend. Wir hören also sowohl Straßenverkehr und Hintergrundstimmen als auch altmodisches Telefonklingeln und Nebelhörner usw. In den diversen Wohnungen sind Standuhren, miauende Katzen (bei Helen) und natürlich Türen zu hören.

Musik

Die Musik von Dirk Wilhelm fungiert meist als Pausenfüller, um so die Szenen voneinander zu trennen, aber auch um die Stimmung der nächsten Szene einzuleiten. Der Musikstil erinnert an nichts so sehr wie an die Filmmusik von [„L.A. Confidential“. 1187 Zu hören sind also gedämpfte Trompeten oder Posaunen, eine gedämpftes Klavier und sehr dezente Streicher. Von Jazz kann also keine Rede sein, vielleicht sollte man einfach nur von „Cool“ sprechen.

Die Ausnahme von dieser Regel sind Ricks selbst vorgetragene Stücke, die er am Klavier für seine Helen spielt.

_Unterm Strich_

Nach dem Erfolg von „L.A. Confidential“ und „Die schwarze Dahlie“ feiern Nostalgie-Krimis wieder Erfolge. Andere Hörbuchverlage haben dies mit diversen Serien – Lester Powells Damen-Krimis, Stahlnetz, Tatort, Derrick, Dr. Mabuse, Francis Durbridge u.v.a. – vorexerziert. Höchste Zeit also, dass auch |Lübbe Audio| so etwas Entsprechendes in sein Angebot aufnimmt.

Die letzte Episode hat mir am meisten Vergnügen bereitet, denn mit der vorausgehenden Episode „Der Mord am Barbier“ hatte ich ein wenig Mühe. Beim zweiten Hören klärten sich allerdings einige Ungereimtheiten auf. „Der Fall Gibson“ hingegen bietet ein klassisches Locked-Room-Mystery, wie man es bei den besten Krimiautoren findet, etwa bei Jeffery Deaver in [„Der faule Henker“. 602 Und die Auflösung ist vom Feinsten. Außerdem fand ich es köstlich, wie die Lehrerin Esther Blodgett ihren Helden Rick Diamond anhimmelt und wie dieser sich möglichst elegant aus der Affäre zu ziehen versucht, da er ja bereits vergeben ist.

Das Hörspiel ist von Rohrbecks |Lauscherlounge| sorgfältig produziert worden und ich habe an der Technik nichts auszusetzen. Die Stimmen der Hollywoodschauspieler verleihen der gewohnt abwechslungsreichen Handlung etwas Filmglamour. Da „L.A. Confidential“ einer meiner Lieblingsfilme ist, konnte ich mich im Ambiente von Rick Diamond sofort zurechtfinden und die Produzenten brauchten keinerlei Erklärungen zum kulturellen Hintergrund mehr zu liefern.

Mag sein, dass die Figuren in ihren männlichen und weiblichen Geschlechterrollen recht überholt sind, aber herrje, das sind die Karl-May-Geschichten schließlich auch und doch werden sie weiterhin von Millionen Lesern und Zuschauern verschlungen. Helen Asher ist keineswegs das häusliche Heimchen am Herd, sondern sie weiß ihren Rick durchaus zu nötigen, ihr zu Gefallen zu sein. Die Katze im Hintergrund ist nicht umsonst ihr Haustier, denn es heißt, Katzen seien unabhängig. Diese Rollenbilder sind also weit entfernt von der moralischen Korruption, die in den Noir-Filmen der dreißiger und vierziger Jahre gespiegelt wurde.

|70 Minuten auf 1 CD
Aus dem Englischen übersetzt von Andrea Wilhelm|

lauscher news


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Krueger, William Kent – Indianischer Winter

Aurora, 3.752 Einwohner, eine Kleinstadt im US-Staat Minnesota, beschaulich gelegen am Lake Iron inmitten ausgedehnter Wälder, beliebt als Urlaubsort im Sommer, romantisch verschneit im langen Winter – ein Winkel also, in dem die Welt noch in Ordnung ist.

Bei näherer Betrachtung verflüchtigt sich dieser Eindruck allerdings rasch. Aurora ist keine kitschige TV-Idylle und war es auch niemals. Wohl niemand weiß dies besser als Corcoran O’Connor, denn er hat in den letzten zwölf Monaten alle schlechten Seiten seiner Heimatstadt kennengelernt.

O’Connor ist ein Mann, der stets zwischen allen Stühlen sitzt. Schon seine Herkunft stempelt ihn als Außenseiter ab: Die Großmutter war eine Indianerin vom Stamme der Anishinaabe, der seit jeher neben den Ojibwe an den Ufern des Iron Lake siedelt. Für die meisten Indianer ist Connor ein ‚Weißer‘, während ihn die Nachfahren der weißen Siedler als ‚Roten‘ mit leiser Verachtung strafen.

Ohnehin ist die Situation am Iron Lake gespannt. Seit einigen Jahren pochen die Ojibwe verstärkt auf jene Privilegien – Besitz- und Nutzungs-, Jagd- und Fischereirechte -, die den amerikanischen Ureinwohnern von Staats wegen zustehen. Ihr Einfluss wächst mit dem Wohlstand, den ein großes Spielcasino am Seeufer ihnen bringt. Das schafft böses Blut in Aurora und mündete vor einem Jahr in einem gewalttätigen Zusammenstoß zwischen Rot und Weiß, der zwei Menschen das Leben und O’Connor seine Stellung als Sheriff von Aurora kostete.

Seitdem ging alles schief für ihn. Nancy, seine Ehefrau, betrügt ihn mit dem zwielichtigen Bauunternehmer Sandy Parrant und hat ihn vor die Tür gesetzt. Die Kinder leiden unter der Trennung. Connor schlägt sich mühsam mit einem kleinen Imbiss und Andenkenshop durch. Er vermisst nicht nur seine Familie, sondern auch die Polizeiarbeit. Daher kann er sich nicht zurückhalten, als eine grausame Mordserie Auroras Bürger in Aufregung ersetzt. Sandys Vater, der ebenso mächtige wie unbeliebte Richter Robert Parrant, ist das erste Opfer, dem bald weitere folgen. Nie ist O’Connor weit entfernt, wenn dies geschieht, was seinen Nachfolger, Sheriff Wally Schanno, naturgemäß wenig begeistert.

Wer bringt den Tod nach Aurora? Ist es tatsächlich der Windigo, ein böser Naturgeist und Menschenfresser mit einem Herz aus Eis, wie die Indianer sagen, oder sind es doch eher irdische Mächte, die hier ihr Unwesen treiben? Militante indianische Aktivisten und schwer bewaffnete faschistoide Milizen machen O’Connor buchstäblich das Leben schwer. Zudem beginnt er einen mörderischen Sumpf aus Korruption, politischer Willkür und Erpressung aufzudecken, in den alle prominenten Bürger Auroras verwickelt zu sein scheinen – seine eigene Gattin eingeschlossen …

Weihnachtszeit, Schnee auf allen Tannenspitzen und dann auch noch Indianer, die Gutmenschen des politisch und ökologisch korrekten (Pseudo-)Intellektuellen mit gehobenem Einkommen und „Greenpeace“-Sticker am Kombi-Volvo – das kann doch nur eine Kombination von zwei der drei Lieblingsgenres des deutschen Krimifreundes sein! Trifft also der gemütliche Landhauskrimi englischen Stils auf den esoterischen Ethno-Thriller? Tut sich Sherlock(ina) Holmes zusammen mit „Der-mit-Mutter-Erde-tanzt“, dem weisen Mustermensch-Medizinmann, um die böse Tat nach einer Ringvorlesung zum Thema „Zurück zur Natur und den wahren Werten“ und unter Zusammenführung diverser heiratslustiger Verdächtiger aufzuklären?

Fehlanzeige in allen Punkten – Manitu sei Dank! Stattdessen lesen wir einen ‚richtigen‘ Thriller, der außergewöhnlich spannend und stimmig in einer übersichtlichen, aber meisterhaft konstruierten Kulisse abrollt. Für Begeisterung beim routinierten und oft klischeegebeutelten Leser sorgt darüber hinaus die ungewöhnlich dreidimensionale Figurenzeichnung. Corcoran O’Connor ist als Kriminalist zwar motiviert, aber nicht unbedingt immer eine Leuchte, sein Privatleben ein Scherbenhaufen, an dessen Errichtung er – ganz wie im richtigen Leben – tüchtig selbst mitgearbeitet hat. Folgerichtig gibt’s für ihn auch kein Happy-End.

Auch Indianer sind auch nur Menschen: Dass sie über eine reiche, uralte Tradition verfügen und von der Geschichte in Gestalt der weißen Siedler und ihrer Nachfahren wahrlich übel traktiert wurden, macht sie nicht automatisch zu Heiligen. Den Anishinaabe und Ojibwe vom Iron Lake sind Eigennutz, Vorurteile und Rachsucht durchaus nicht fremd. Krueger traut sich sogar – der Große Geist verfluche ihn! -, kriminelle Indianer zu präsentieren, die unter dem Deckmantel des schlechten Gewissens, das den Weißen Mann des 21. Jahrhunderts plagt, höchst kriminelle Energien entfalten. (Freilich verlässt ihn die eigene Courage bald wieder; Kruegers rote Bösewichter schurken letztlich doch nur zum Wohle ihrer geknechteten Reservats-Brüder und -Schwestern …)

Keine Längen, kein Seitendreschen, kein Moralisieren, keine Rührseligkeiten – kaum zu glauben, aber „Indianischer Winter“ ist tatsächlich ein Erstlingswerk! William Kent Krueger hat sich sichtlich lange und sorgfältig vorbereitet, bis er der Öffentlichkeit seinen ersten Roman präsentierte – sie kann ihm dankbar dafür sein. Vier Jahre hat er an seinem Debüt gearbeitet und konnte anschließend mit berechtigtem Stolz von sich behaupten, sein Handwerk zu verstehen. Seit 1998 ist Krueger hauptberuflicher Schriftsteller, und sein Arbeitstempo hat sich erheblich gesteigert. Pro Jahr erscheint ein Buch, und da die Kritiker jenseits des Großen Teiches immer noch zufrieden sind, geht der deutlich erhöhte Ausstoß offensichtlich trotzdem nicht zu Lasten der inhaltlichen Qualität. Hierzulande können wir Leser das leider nicht nachprüfen, denn die deutschen Verlage zieren sich, weitere Krueger-Werke in ihr Programm aufzunehmen.

Die kleine Stadt Aurora hat Krueger inzwischen zum Zentrum einer ganzen Serie von Kriminalromanen ausgebaut, in der Corcoran O’Connor und die anderen aus „Indianischer Winter“ bekannten Figuren (sofern sie denn ihren ersten Auftritt überlebt haben …) neue Abenteuer erleben.

Für „Indianischer Winter“ wurde William Kent Krueger 1999 von seinen Schriftsteller-Kollegen in Milwaukee mit dem „Anthony Award“ für das beste Erstlingswerk eines Krimi-Autoren ausgezeichnet. Weitere Angaben zur Person William Kent Kruegers kann und möchte ich mir an dieser Stelle sparen, denn er informiert ausführlich auf seiner Website:
http://www.williamkentkrueger.com.

http://www.goldmann-verlag.de

Cathala, Bruno / Laget, Serge – Flinke Feger

_Hexen hexen …_

… oder reiten vorzugsweise auch schon mal auf ihren Besen durch die Lande und liefern sich einen erbitterten Wettkampf, der nicht nur über Schnelligkeit, sondern vor allem über die Kunst des Zauberns ausgetragen wird. Zumindest in „Flinke Feger“, der aktuellen Messeneuheit aus dem Hause |Pro Ludo|, in der die Spieler in die Rollen der beliebten Hexen schlüpfen und in sich ein heißes Rennen durch den Waldparcours liefern.

Mitsamt ihres fliegenden Besens raffen sie sich auf, neue Formeln zu erlernen, sie alsbald einzusetzen und somit möglichst weit auf der vorgegebenen Rennstrecke vorzurücken. Doch dort, wo Hexen toben, ist auch schwarze Magie nicht weit. Zu eifrige Besenritter werden verwünscht, andere wiederum werden trotz guten Fortschritts bestraft, weil auch so mancher Tanz auf dem Fortbewegungsgerät Bonuspunkte gibt und somit nicht zwingend die erste Hexe, die einen Zieleinlauf absolviert, das Spiel gewinnen muss. Schließlich siegt nämlich hier tatsächlich, wer den flinkesten Feger bedient …

_Spielmaterial_

• 26 Spielplankarten
• 6 Miniatur-Hexen
• 1 Plättchen Verwünschung
• 9 Würfel mit Zauberformeln
• 6 Sets zu je 9 Zauberkarten
• 27 Karten Schwarze Magie
• 1 Würfelfeld
• 1 Spielanleitung

„Flinke Feger“ bedient sich eines Mechanismus, der in jüngster Zeit scheinbar in Mode gekommen ist, optisch aber auch einiges bietet. Die Spielschachtel wurde nämlich einem Buch nachempfunden und macht sich dementsprechend nobel im heimischen Regal. Davon abgesehen ist auch das eigentliche Material eine Augenweide. Das Design ist prächtig und sorgt für eine sehr ansprechende Atmosphäre, die Grafiken sind darüber hinaus brillant und der flexible Spielplan sowie die grundsätzlich stabile Ausstattung Anlass zum Lob. Dies gilt im Übrigen auch für das sehr schön strukturierte Regelwerk, dessen anschauliche Beschreibungen in diesem Genre absolut vorbildlich sind.

_Spielvorbreitung_

In „Flinke Feger“ wird nicht nur der Inhalt der Schachtel ausgepackt, auch der Karton selber wird in der Tischmitte platziert und verwendet, nämlich in diesem Fall als Würfelfeld. Dies ist übrigens ganz angenehm, wenn man des Lärms der prasselnden Würfel überdrüssig ist, aber das nur nebenbei.

In direkter Nähe zur Schachtel legt man nun das Kartenmaterial bereit. Die Karten der schwarzen Magie werden gemischt und als verdeckter Stapel abgelegt. Die übrigen Karten werden aufgeteilt. Jeder bekommt neun Karten seiner zugehörigen Hexe. Als Letztes baut man das Spielfeld auf, und zwar in der Reihenfolge der Werte der Spielplankarten, welche übrigens mit dem Tiefstwert -2 beginnen. Die Spieler platzieren nun ihre Hexenfiguren auf der 0-Position. Alternativ können jüngere Spieler oder Unerfahrene etwas weiter vorne beginnen, um die Chancen wieder auszugleichen. Sicher keine schlechte Idee.

_Spielablauf_

Es beginnt entweder derjenige Spieler, der im Parcours den letzten Rang belegt (falls dies überhaupt der Fall ist) oder ein beliebig gewählter Starter. Dieser nimmt nun die Würfel an sich und leitet die erste von vier Spielphasen ein, die für alle Teilnehmer gleichsam relevant sind. Das Spiel gliedert sich dabei wie folgt:

|1.) Zauberphase 1: Der Blick ins Buch der großen Magie|

Der Startspieler würfelt nun die neun Würfel in das offene Buch hinein. Alle Beteiligten haben jetzt die Möglichkeit, sich die Symbole auf den Würfeln so lange anzusehen, bis ein Spieler das Buch zuklappt und diese Phase vorzeitig beendet. Dabei sollte er sich aber sicher sein, dass er sich einen genauen Überblick über alle orangefarbenen und schwarzen Symbole verschafft hat, denn dies ist die Voraussetzung, um in den weiteren Runden zu bestehen.

|2.) Zauberphase 2: Eine Formel schreiben|

Die Spieler wählen nun eine der beiden Farben aus, suchen die gesichteten Symbole in ihrer Kartenhand und legen sie verdeckt ab. Allerdings ist darauf zu achten, dass Symbole, die sowohl in orange als auch in schwarz vorhanden waren, in der späteren Wertung herausfallen und daher nicht gefordert werden. Das heißt also, dass man sich zwar bei der Wahl der Zauberformel für eine Farbe entscheiden muss, aber dennoch alle neun gewürfelten Symbole kennen sollte. Alles andere könnte für den weiteren Verlauf verheerende Folgen haben.

|3.) Zauberphase 3: Überprüfen der Formel|

Die ausgelegten Karten werden aufgedeckt, die Spannung steigt. Das Buch wird also aufgeklappt, die Würfel werden daraufhin sortiert. Gleiche Symbole in zwei Farben werden herausgenommen. Anschließend geht es an die Wertung.

|4.) Zauberphase 4: Die Wirkung der Zauberformel umsetzen|

Die letzte Phase gleicht einer Wertung und bestimmt, wie viele Felder bzw. ob man seine Hexe überhaupt weiterbewegen darf. Sollte sich beispielsweise in der Formel ein falsches Element oder eines einer anderen Farbe eingefunden haben, ist die Formel ungültig, und die Hexe muss stehen bleiben. Ist die Formel indes unvollständig, enthält aber ausschließlich richtige Symbole, darf man seine Figur um die Zahl dieser richtigen Übereinstimmungen fortbewegen. Der Optimalfall besteht natürlich in einer vollständigen, lückenlosen Übereinstimmung, also einer perfekten Formel. Auch hier darf man den richtigen Karten entsprechend Felder weiterziehen. Darüber hinaus wird man aber auch noch zünftig belohnt, da sich derlei Luftakrobatik auch im Hexenmetier immer auszahlt. Sollte die perfekte Formel eine rein schwarze gewesen sein, darf man sich so viele schwarze Karten wie Übereinstimmungen vom Kartenstapel nehmen und eine davon behalten. Orange Formeln bringen hingegen den Vorteil, die Hexe um zwei zusätzliche Felder weiterbewegen zu dürfen. Man muss also auch dies berücksichtigen, wenn man die Formeln erlernt, und sich dennoch möglichst schnell dazu entschließen, bestenfalls als Erster das Buch zuzuklappen. Wobei auch hier eine Strafe winkt, wenn man nachher versehentlich eine falsche Formel angibt. Derjenige, der das Buch geschlossen hat, muss dann zwei Felder zurückziehen.

Im Anschluss an die vier Zauberphasen wird der führende Spieler verwünscht. Dies heißt, er wird in der nächsten Runde nicht von einer perfekten Formel profitieren können. Des Weiteren können nun Karten der schwarzen Magie gespielt und Zauber ausgeführt werden. Haben die Spieler ihre Optionen genutzt, beginnt eine neue Runde.

_Spielende_

Sobald ein Spieler das Zielfeld erreicht hat, ist das Spiel zu Ende. Er erhält für diesen Erfolg 25 Punkte für die Wertung im Besenrennen. Alle anderen Spieler, die noch in der gleichen Runde das Spielziel erreichen, erhalten jeweils einen Punkt weniger. Die übrigen Teilnehmer, die ihren Besen nicht über die Ziellinie gebracht haben, zählen indes den Wert, der auf ihrem momentanen Aufenthaltsort abgedruckt ist. Anschließend werden noch Punkte hinzugefügt, die man in den Bonuskarten der schwarzen Magie erhalten hat. Die Endsumme wird nun verglichen und dadurch der Sieger ermittelt – und das ist beileibe nicht immer diejenige Hexe, die als Erste durchs Ziel geflogen ist.

_Persönlicher Eindruck_

„Flinke Feger“ ist eines dieser Spiele, welche schon vor der ersten Partie einen stimmigen Eindruck hinterlassen und alleine schon wegen der außergewöhnlichen, tollen Optik das Interesse des Strategiespiel-Publikums auf sich ziehen. Dabei wirkt das Spielsystem an sich recht anspruchslos und simpel, bisweilen sogar gewöhnlich, entpuppt sich aber im Laufe einer Partie zu einem echt beweglichen, vielschichtigen Element, welches darüber hinaus auch für reichlich Tempo und eine ausgewogene Dynamik sorgt.

Überraschend ist allerdings, dass das Spiel tatsächlich auch strategisch aufgebaut ist, scheinen doch zunächst nur eine gute Kognition sowie eine ausgeprägte Merkfähigkeit gefordert zu sein. Doch in „Flinke Feger“ geht es um mehr als bloß um Schnelligkeit und ein gutes Gedächtnis. Es ist entscheidend, wie man seine Karten einsetzt, ob man sich wirklich dazu entschließt, das Feld anzuführen, oder doch lieber hinten abwartet und überhaupt, ob man nicht mal riskiert, den Deckel auf gut Glück zu schließen, um die Konkurrenz ein wenig zu verwirren. Allerdings sollte man mindestens zu dritt sein, um das Spiel bzw. dessen Potenzial auch gänzlich ausreizen zu können. Ein Duell zu zweit ist zwar grundsätzlich auch möglich, jedoch den Erfahrungen nach nicht die erstrebenswerteste Variante, weil die strategische Komponente doch ein ganzes Stück zurücksteckt. In allen anderen Fassungen entwickelt sich der rasante Kampf der „Flinken Feger“ hingegen zu einem Spaßgaranten mit starkem Konzept, vorbildlichen Ideen und einem genialen Mechanismus.

Nach dem sagenhaften [„Kleopatra und die Baumeister“ 3549 beweist Autor Bruno Cathala einmal mehr, welch Talent in seiner Federführung steckt. „Flinke Feger“ ist rückblickend definitiv eines der Highlights der Essener Messe gewesen und als solches ein echter Geheimtipp für Allround-Spieler.

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Siemen, Sven (Redaktion) – Multi-Mania 16

Mikis Wesensbitter empfängt die MM-Leser in gewohnt munterer Manier, und der MM-Stammleser fühlt sich gleich „zu Hause“ und sieht mit Spannung den Informationen entgegen, die das MM-Team wieder zusammengetragen hat.

Doch vorher schweift mein Auge auf Seite vier über die Fragen und Antworten, die in jeder Ausgabe in die Neigungen und Abneigungen eben jenes Teams Einblick gewähren. Witzig – ich sehe z. B. Gemeinsamkeiten mit Mikis Wesensbitter, der sich auch empfänglich für den Charme der zwar älteren, aber nicht minder amüsanten Serie „Ausgerechnet Alaska“ zeigt.

Auf Seite sechs starte ich dann meine Info-Rundreise durch das immer wieder beeindruckende Magazin, beginnend mit den MOVIE & DVD-NEWS von Olaf Brinkmann, unter anderem über „Frankenstein – Der Schrecken mit dem Affengesicht“, einer auf 2000 Stück limitierten Metal-Pack-Edition. Olaf bestreitet auch die KOLUMNE: SPLATTER CLASSICS, dieses Mal mit dem Film „Die Stunden der grausamen Leichen“, der im Original 1973 in Spanien anlief und eine Offenbarung für Anhänger des trashigen Euro-Horrors aus den 70er Jahren sein soll.

Freudig lese ich die IM SCHATTEN DES GRAUENS-KOLUMNE von Mikis Wesensbitter, der erst einmal über das Leben ohne Melanie, sein Singledasein, das ihn nicht „kickte“, und eine Zugfahrt mit einer schönen Unbekannten namens Melodie plaudert, bevor er zu dem neu als DVD bei |good movies| erschienenen „Urlaub vom Leben“ überleitet, der nach Mikis Ansicht jedem gefallen müsste, der junges deutsches Kino mag.

In KINO geht es um die Titelstory zu „Halloween“, der in den USA sehr erfolgreichen „Halloween“-Neuinterpretation von Rob Zombie, und beleuchtet die Hintergründe des Films und seinen Ursprung. Ab Oktober 2007 machten die Killer mit der Maske auch in Deutschland die Leinwand unsicher und erfreuten die Horrorfans. Weiter geht es mit Robert Rodriguez‘ „Planet Terror“- einem filmischen Schrecken planetaren Ausmaßes, der sich wunderbar in die Grindhouse-Erwartungen (jenem amerikanischen Schmuddelkino der 60er und 70er Jahre) einfügt und am 23. August 2007 in den deutschen Kinos startete. Auch „Zimmer 1408“, die gelungene King-Verfilmung, „Die letzte Legion“, der lt. Markus Mirschel wohl kein Klassiker wird, und „Ratatouille“, der perfekt inszenierte Animationsfilm, an dem sich jeder weitere messen lassen muss, finden Erwähnung, aber auch „Death Sentence“, „Hallam Foe“ und „Wächter des Tages“

In DVD geht es dieses Mal in einem einseitigen Artikel um „Sunshine“ – atmosphärisch, äußerst spannend und schlicht das Schönste, was derzeit im Bereich Sci-Fi zu bekommen ist.
Auf satten neun Seiten REVIEWS: DVD fasst das MM-Team Wissenswertes des DVD-Marktes zusammen – abgerundet von der Vorstellung der DVD „Storm“, von der Mikis Wesenbitter befindet, dass sich der Film von der gängigen Massenware abhebt und man ihn gesehen haben sollte. Doch das sind nicht alle Artikel im DVD-Bereich, aber lesen Sie selbst!

Interessant sind auch wieder die NEWS:SERIEN, in denen Robert Vogel Neuigkeiten über „Battlestar Galactica“, „Eureka“, „Farscape“, „Jericho“, „Stargate Atlantis“ und mehr zusammengetragen hat. Abgerundet wird dieser Bereich durch einen Bericht über die „Federation-Con 2007“.

In HÖRSPIELE wird |LPL records| vorgestellt und ein Interview von Dominik Irtenkauf mit Lars Peter Lueg (LPL), dem Kopf hinter dem Label, gebracht. Es folgen vier Seiten REVIEWS: HÖRSPIELE.

Elina Lydia Müller verfasste im LITERATUR-Bereich einen einseitigen Artikel über „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“. Markus Mirschel hingegen berichtet über „Kai Meyer“ und stellt ihn als einen Vertreter der fantastischen Jugendliteratur vor. Es folgen zwei Seiten REVIEWS: LITERATUR.

Im MUSIK-Teil werden die Gruppe „Nightwish“ und Richard Z. Kruspes (Gitarrist von „Rammstein“) neuestes Projekt „Emigrate“ vorgestellt.

Darüber hinaus gibt es in dieser Ausgabe wieder Verlosungen, Poster im Mittelteil, Wissenswertes aus den Bereichen GAME, fünfeinhalb Seiten REVIEWS: GAMES, ROLLENSPIEL: DUNGEONS & DRAGONS 4.0, ROLLENSPIEL, REVIEWS: ANIME & COMICS, NEWS: ANIME & MANGA und einen Bericht über die „Animagic 2007“ und vieles, vieles mehr …

Es ist immer wieder beeindruckend, wie viele Informationen – in ansprechendem Layout – die MULTIMANIA in einer Ausgabe bietet. Und das für schlappe 2.90 €. Damit ist sie immer noch ein herausragendes Beispiel auf dem Magazinmarkt, wenn es um das Preis-Leistungsverhältnis geht. Meine Empfehlung: Kaufen oder gleich abonnieren!

| Ausgabe 16
Devil Inc. Presseverlag Saarbrücken, August 2007
DIN-A4, Magazin für Serien, Kino, DVD, Anime, Comic, Games, Technik, Hörspiele, Rollenspiele, 84 Seiten, 2,90 €
URL des Verlags: http://www.multi-mania.net/ |

Baker, Kyle / Moore, Terry / Powell, Eric / Groening, Matt / Morrison, Bill – Bart Simpsons Horror Show 11

_Inhalt_

|“Homers Arche!“|

Homer wird betrunken vom Blitz getroffen und wacht in Gottes Himmelreich wieder auf. Dort bekommt er den Auftrag, die große Küchenschabenplage zu bekämpfen und hierzu eine Arche zu bauen. Unermüdlich arbeitet Homer 40 Tage und 40 Nächte an diesem Projekt und erregt dabei das Aufsehen der ganzen Stadt. Als es dann tatsächlich ans große Sprühen gehen soll, gerät das sich mehrende Publikum des Archenbaus außer Kontrolle.

|“Der Blutfluch der bösen Elfen!“|

Weil Homer den Fernseher kurzzeitig unschädlich gemacht hat, sieht sich Bart genötigt, seine kleine Schwester Maggie mit einem Märchenbuch zu unterhalten. Dort entdeckt er die Geschichte einer unschuldig eingesperrten Elfe, die nach ihrer Befreiung ihren Blutfluch in die Tat umsetzt. Und wie es nicht anders sein kann, ist auch hier der Märchen-Homer das Ziel des Fabelwesens.

|“Willie: Portrait eines Hausmeisters“|

Bart und Milhouse treiben sich mit einem Schmierblättchen in der Schule herum, als plötzlich Skinner und Hausmeister Willie auftauchen. Schnell reißen sie die wichtigsten Coupons heraus und überlassen das Heft seiner selbst. Der Hausmeister stößt alsbald auf die Zeitschrift und ordert sich ein weibliches Emu als neuen Partner. Dies entgeht auch Homer nicht, der bei einer Fernsehsendung triebgesteuert nach neuem Futter Ausschau hält. Da kommt das Emu gerade recht …

_Persönlicher Eindruck_

Die Horror-Geschichten aus Matt Groenings gelber Welt sind mittlerweile schon legendär und haben über verschiedene Sondereditionen im audiovisuellen und im Comic-Bereich längst Kultstatus erlangt. Dementsprechend groß waren die Erwartungen an den neuen Sonderband aus der Reihe „Bart Simpsons Horror Show“, der drei neue Storys aus der Welt der durchgeknallten Familie aufbietet, andererseits aber auch nicht geringer die Enttäuschung darüber, dass dieses eher selten erscheinende Magazin in diesem Fall dazu verdammt ist, ein echter Rohrkrepierer zu sein.

Die größte Kritik verdient in diesem Zusammenhang das visuelle Erscheinungsbild der Geschichten. Eine alternative Herangehensweise mag zwar im zeichnerischen Bereich erfrischende Wirkungen zeigen, jedoch sollte hierzu vorausgesetzt sein, dass man sich zumindest an den bekannten Strukturen orientiert. Dies ist bereits in der ersten Erzählung nicht mehr der Fall. Terry Moore skizziert sehr freizügig, aber auch ziemlich grob und präsentiert die bekannten Gesichter mit gealterten, teils blassen Mienen. Außerdem fehlt es hier an Detailschärfe bei den Personenzeichnungen, die selbst vor dem Hintergrund der Themenüberschrift schlichtweg inakzeptabel sind. Und da machen auch die biederen Bilder von Kyle Baker und der Graphic-Novel-mäßige Output Eric Powells im letzten Plot keinen Unterschied aus.

Davon abgesehen mangelt es den Storys auch zunehmend an Witz. Sind die Anspielungen in „Homers Arche!“ noch für den einen oder anderen Lacher gut, will das blutrünstige Treiben in der zweiten Geschichte ebenso wenig begeistern wie das zynische Gesamtbild der abschließenden Handlung. Gute Ideen sind Mangelware, der bekannte Biss ist selbst zwischen den Zeilen und Zeichnungen nicht zu spüren. In Kombination mit den schwachen Illustrationen ist die Wirkung schließlich fatal. Die Oktober-Ausgabe der „Bart Simpsons Horror Show“ kann auf keiner Ebene überzeugen und ist ein erheblicher Schwachpunkt innerhalb der zuletzt durchweg starken Publikationen um die gelbe Familie.

http://www.paninicomics.de/simpsons-specials-s10499.html

Wilson, F. Paul – Gruft, Die (Handyman Jack 1)

Wenn dir Unrecht geschah und weder die Polizei noch ein Privatdektektiv oder sonst jemand dir mehr helfen kann, holst du dir „Handyman Jack“, den Handwerker für alle Fälle. Er regelt die Sache, ohne sich um die Einschränkungen zu kümmern, die das Gesetz dem Normalbürger auferlegt – körperliche Beeinträchtigungen deines Widersachers eingeschlossen.

Zur Zeit bearbeitet Jack zwei ‚Fälle‘. Nummer eins scheint schnell gelöst: Der Inder Kusum Bakhti beauftragt ihn mit der Wiederbeschaffung einer Halskette, die seiner ‚Großmutter‘ gestohlen wurde. Jack hat Glück, erwischt den Täter und händigt Bakhti die erstaunlich wertlos wirkende Kette aus. Leider ist er abgelenkt, sonst hätte er sich ein wenig intensiver um einige Ungereimtheiten gekümmert.

Doch Jack hat sich vor zwei Monaten von Gia DiLauro, der Liebe seines Lebens, getrennt, die nun wieder Kontakt zu ihm sucht: Grace Westphalen, eine Tante ihres untergetauchten Ex-Gatten, ist vor einige Tagen spurlos verschwunden. Jack sucht zwar normalerweise nicht nach vermissten Personen, will Gia aber nicht abweisen.

Unter Graces persönlicher Habe findet er ein Fläschchen mit verdächtigem Inhalt. Es enthält eine Art Lockstoff, mit dem der uns bereits bekannte Kusum Bakhti Personen markiert, um die sich seine ‚Diener‘, die dämonischen Rakoshi, kümmern sollen. Als Priester des „Tempels-in-den-Bergen“ dient Bakhti der indischen Todesgöttin Kali. Im Jahre 1857 hatte der skrupellose Sir Albert Westphalen, Captain der Königlich Bengalischen Füsiliere, den besagten Tempel beraubt und geschändet, wofür Kalis Priester ihm und seinen Nachfahren ewige Rache schworen. Bakhti und seine Rakoshi sollen sie nun erfüllen.

Kusum wird von seiner jüngeren Schwester Kolabati begleitet. Nachdem Jack die Kette ihrer Großmutter beschaffen konnte, hat sie mit ihm angebändelt. Sie fragt sich, ob Jack ihr helfen kann. Längst empfindet sie den Racheauftrag als Fluch. Kolabati will frei sein, doch für Kusum ist dies Verrat, der mit dem Tod zu ahnden ist. Er setzt Kolabati auf seine Liste, an deren Ende die Letzte der Westphalens vermerkt ist: Vicky, Gia DiLauros kleine Tochter, für die Jack wie ein Vater empfindet. Keinesfalls wird er ihren Tod dulden, doch zwischen ihm und dem bald entführten Kind stehen Bakhti und geifernde Rakoshi in unerwartet großer Zahl …

Das Unheimliche sucht die Vereinigten Staaten wieder einmal aus der Fremde heim, die der US-Bürger bekanntlich gern mit dem „Reich des Bösen“ gleichsetzt. Dabei trifft es dieses Mal Unschuldige; die eigentlichen Schurken stammen aus dem alten Europa. Sie sind aber längst tot bzw. ihre Nachfahren in die Neue Welt aufgebrochen. Also muss sich Kusum Bakhti mit seinen Rakoshi auf den weiten Weg dorthin machen.

Der Gedanke daran, wie er dabei logistisch vorgeht und welche Motive ihn treiben, bringt den Leser auf gefährlich dünnes Eis: „Logik“ ist ein Wort, das in der „Gruft“ lieber nicht fallen sollte. Die ungewöhnlich sorgfältige Charakterisierung, die Wilson seinen Figuren angedeihen lässt, weckt falsche Erwartungen: Dies ist kein ‚literarischer‘ Roman, sondern ein triviales, handwerklich sauber gesponnenes Gruselgarn, dem sein Verfasser ein wenig zu aufdringlich Bedeutsamkeit einblasen will.

Schade, denn die Story kann sich lesen lassen. Indischer Teufelspriester mit Cäsarenwahn und der Möglichkeit, diesem mit dämonischer Nachhilfe Taten folgen zu lassen, begibt sich auf eine mörderische Rachemission. Sein wackerer Gegenspieler gerät zufällig in den Strudel der Ereignisse, die er nur langsam, aber angenehm überzeugend zum erschreckenden Gesamtbild zusammensetzen kann. Wie Jack Bakhti auf die Schliche kommt, ist spannend und überraschend, ohne dass Wilson den Zufall bemühen muss. Hier ist ein Verfasser am Werk, der seinen Job versteht. Als Leser erkennt man das sogleich, fühlt sich wohl und verzeiht gewisse Längen, die womöglich auf die komplexe Genese dieses Romans zurückgehen.

Denn dieser erste Auftritt von Handyman Jack ist eine verwirrende Angelegenheit. Als F. Paul Wilson ihn 1984 schuf, geschah dies im Rahmen einer ganz anderen Serie, und es sollte bei diesem einen Auftritt bleiben. Die Serie trägt den Titel „Adversary“ und schildert das Wirken einer bösen Macht, die es in diversen Masken danach drängt, die Menschheit zu unterjochen sowie die ihr vor Urzeiten streitig gemachte Weltherrschaft zurückzuerobern. „The Tomb“ war der zweite Teil der insgesamt sechsbändigen Serie und erschien sechs Jahre später als „Die Gruft“ auch in Deutschland.

Schon damals gab der Titel Rätsel auf, da eine Gruft sich zwar während eines kurzen Flashbacks auftut, für die eigentliche Handlung jedoch unerheblich bleibt. Problematischer wurden für Wilson allerdings seine Leser, die energisch eine Rückkehr des ihnen lieb gewordenen Jack forderten. Das geschah freilich erst 1998, und dieses Mal plante Wilson eine eigene „Handyman Jack“-Serie, in die sich „Die Gruft“ jedoch nicht so einfach einpassen ließ, zumal Wilson keine 14 Jahre zwischen Jacks erstem und zweiten Auftreten ‚aufarbeiten‘ wollte. Also nahm er sich „Die Gruft“ noch einmal vor und verlegte das Geschehen in die Gegenwart der 1990er Jahre, wobei er gleichzeitig diverse Fehler und Anachronismen des Originals tilgte.

„Handyman Jack“ wurde berühmt und erfolgreich und „The Tomb“ mehrfach neu aufgelegt. Zum 20-jährigen Jubiläum bearbeitete Wilson den Roman ein weiteres Mal und gab ihm einen neuen Titel: „Rakoshi“. Um die Verwirrung komplett zu machen, erscheinen aktuelle Neuauflagen wieder als „The Tomb“.

„Handyman Jack“ trägt nur in Deutschland diesen ‚Namen‘, auf den man ihn einst im |Goldmann|-Verlag getauft hat, obwohl ihn F. Paul Wilson als „Repairman Jack“ in die populärliterarische Welt brachte. Bei |Festa| behielt man dies wohl bei, um Jacks deutsche Fans nicht zu verwirren.

Ungeachtet der Irritation um seinen ohnehin gefälschten Namen zählt Jack zu den faszinierenden Gestalten der Phantastik. Er, der so große Sorgfalt darin investiert, keinerlei Alltagsspuren zu hinterlassen, gehört zu den Helden des Genres, die mit einem reichen Innenleben gesegnet – oder geschlagen – sind. Für einen Mann, der so viel Wert auf seine staatsbürgerliche Unsichtbarkeit legt, ist Jack sozial erstaunlich stark eingebunden. Dieser Zwiespalt macht ihn sympathisch und interessant, denn Jack erwachsen aus seiner Treue zu Familie und Freunden ständig Probleme. Sein geheimes Leben lässt sich – Spiderman würde da zustimmen – schwer mit dem Privaten in Einklang bringen. Die Regeln des ’normalen‘ Lebens hat Jack gegen die eines selbst geschaffenen Kodex getauscht. Paradoxerweise ist dieser in vielen Punkten sogar strenger formuliert. Das muss so sein, denn nur so kann Jack die Kontrolle behalten.

Denn es gibt da eine andere, dunkle Seite in Jacks Wesen. Das Lösen heikler Aufgaben ist ihm genauso Job wie Sucht, denn sein ‚Handwerk‘ dient als Ventil für die ihm innewohnende Brutalität. Jack schlägt gern zu, auch wenn er sorgfältig darauf achtet, dass es nur diejenigen trifft, die es ‚verdienen‘. Das zu entscheiden, obliegt jedoch ihm, und in Momenten der Muße – die Jack nicht grundlos schwer erträglich findet – weiß er durchaus, dass er sich etwas vormacht. Das hat ihm zuletzt Gia sehr deutlich gesagt, nachdem sie hinter sein Doppelleben gekommen war.

Für einen Horrorroman erstaunlich ausführlich und ernsthaft beschäftigt sich „Die Gruft“ mit Jack und Gia, den beiden Königskindern, die einander nicht finden können, obwohl sie es doch so sehr wollen. In der Tat übertreibt es Wilson mit diesem beinahe seifenoperlichen Konflikt, dem sogar ein zweites Problemverhältnis – das von Jack und seinem Vater – folgt. Diese Passagen lassen sich überspringen, ohne dass die eigentliche Handlung davon beeinträchtigt wird – kein gutes Zeichen und ein Indiz dafür, dass ihr hier etwas übergestülpt werden soll, das nicht mit ihr harmoniert.

Wenn’s in diesem Bereich sogar faulig süßelt, so liegt es daran, dass Gias Töchterlein Victoria des Dreiecks letzte Seite bildet, deren offensiv kulleräugige Unschuld fürchterlich nervt. „Kleinkind in Gefahr“ – da schrillen bei jedem echten Gruselfreund die Alarmglocken, denn Kinder und Hunde, so lautet eine alte und kluge Hollywood-Weisheit, reißen die Aufmerksamkeit stets an sich. Das ist im Buch so wie im Film und wird als mechanisch zuverlässiges Handlungselement gern von faulen Autoren eingesetzt. Wilson möchte man solches Kalkül nicht unterstellen, weil er sich mit der Figurenzeichnung sonst große Mühe gibt. Dennoch würde niemand Vicky vermissen, wenn zwischen den Zeilen ein Rakosh sie sich greifen würde …

Gia DiLauro ist als „love interest“ ein Objekt der Begierde, das nicht wechselhaft umworben und gerettet werden will bzw. muss, sondern eine erwachsene Frau mit dem Problem, dass der Mann ihres Herzens alles andere als eine ’sichere Partie‘ ist. Mit den daraus resultierenden Fragen plagt sich Gia viele Seiten, was sie aber keineswegs daran hindert, sich aktiv in die finale Rauferei mit den Rakoshi einzumischen. Ohne Gia wäre Jack besser dran, so mag mancher Leser insgeheim denken, doch ihre Existenz prägt diesen Jack entscheidend.

Das ist auch deshalb wichtig, weil es Jacks Beziehung zu Kolabati bestimmt. Diese ist – damit verrate ich sicherlich kein Geheimnis – nicht diejenige, die zu sein sie Jack vorgibt. Er vermag sich trotz des ehrlichen Versuches nie vollständig auf sie einlassen und ahnt nicht, dass ihm das letztlich sein Leben als Individuum rettet.

Als wir Jack verlassen, sitzt er verlassen und schwer verletzt in seiner Wohnung. Er braucht dringend Hilfe, und 1984 blieb offen, ob er sie erhalten wird. Dieses offene Ende behielt Verfasser Wilson trotz zweimaliger Bearbeitung des Romans bei, weil es dramatisch und wirkungsvoll ist. Es verliert allerdings erheblich an Wirkung, wenn man um die lange Reihe der „Handyman-Jack“-Abenteuer weiß, die der „Gruft“ inzwischen gefolgt sind und noch folgen werden …

http://www.festa-verlag.de

_F. Paul Wilson auf |Buchwurm.info|:_
[„Das Kastell“ 795
[„Tollwütig“ 2375

Loeb, Jeph / McGuinness, Ed / Finch, David / Cassaday, J. – Fallen Son – Der Tod des Captain America (Marvel Exklusiv 71)

_Ein Ereignis verheerenden Ausmaßes_

Die letzten Crossover aus dem Hause |Marvel| schienen inhaltlich revolutionär und die bisherige Krönung aller übergreifender Serien, die der renommierte amerikanische Superhelden-Comic-Verlag in den vergangenen Jahren publiziert hat. Zunächst war es das „House Of M“, dessen anschließende Aufarbeitung jedoch leider etwas dürftig ausgefallen ist, und dann natürlich der alles übertreffende „Civil War“, an dessen Ende es erstmals glaubwürdig bewerkstelligt wurde, einen echten Umschwung in der Superhelden-Branche zu schaffen. Letzteres bleibt vor allem als epochalen Ereignis in Erinnerung, weil eine der populärsten |Marvel|-Figuren dabei das Zeitliche Segnete. Captain America alias Steve Rodgers erlag einem hinterhältigen Anschlag kurz vor einer geplanten Inhaftierung und hinterlässt das Comic-Universum und dessen weltweite Fangemeinde in einem ergreifenden Schockzustand. Selbst die ganz großen Medien berichteten über den Tod des sympathischen, kritischen Patrioten, in dessen Person sich in allen Phasen der Comic-Geschichte der jeweils aktuelle Zeitgeist widerspiegelte, und so manifestierte sich sogar der Glaube – oder vielleicht auch die Hoffnung –, der Verlag sei konsequent und würde diesen einerseits traurigen Event auch nicht wieder in irgendeiner Form, sprich in einer späteren Wiederauferstehung, relativieren.

„Fallen Son“, die inoffizielle Laudatio auf das Leben des berühmten Charakters, soll hierüber bereits erste Aufschlüsse geben. Niemand Geringerer als Jeph Loeb, der lange erprobte |Marvel|-Schreiber, der kürzlich selber den Tod seines verunglückten Sohnes verkraften musste, stellte sich der schweren Aufgabe, sein Vermächtnis adäquat am Leben zu erhalten und mittels einer würdigen Verabschiedung zu krönen.

_Story_

Amerika trauert um den treuesten Sohn der Staaten, den Verfechter von Gerechtigkeit und Ehre, der infolge der Wirren um das Registrierungsgesetz hinterrücks ermordet wurde. Doch die Gefühle sind gespalten, Iron Man Tony Stark bemüht sich um nüchterne Souveränität, Wolverine stürzt sich alsbald in eine rachsüchtige, blutige Mission und Spiderman wiederum ist am Boden zerstört, da seine persönliche Ikone sich nun völlig unerwartet aus dem Leben verabschieden musste. Während die Misere ganze Landstriche befleckt, klammert sich Stark an seinen verbliebenen Zweckoptimismus. Als schließlich der ebenfalls tot geglaubte Hawkeye plötzlich wieder auftaucht, bietet Iron Man ihm das Kostüm des gefallenen Sohnes an, wohl wissend, dass Hawkeye seit jeher nach seiner wahren Identität gesucht hat. Doch kann es unter moralischen Aspekten überhaupt einen Nachfolger geben?

_Persönlicher Eindruck_

Man muss Jeph Loeb zugute halten, dass die sich bietende Herausforderung in „Fallen Son“ einiges an Mut vom betroffenen Autor abverlangte, da bei dieser Story wirklich eine ganze Menge auf dem Spiel stand. Nach den vielen abgeschwächten bzw. begrenzten Verabschiedungen, die man bei den beiden Comic-Größen |DC| und |Marvel| innerhalb der letzten Jahre hat miterleben dürfen, stellte sich nämlich auch im Falle des Captains die Frage, ob sich der Verlag tatsächlich einen Radikalschlag zutrauen würde. Und wie „Fallen Son“, quasi die direkte Fortsetzung an die Ermordung des Superhelden, schon ziemlich klar andeutet, scheint auch dieser Abschied nur zeitweilig zu sein.

Loeb hat bereits einen potenziellen Ersatzkandidaten gefunden, der in diesem Sonderband auch gleich einmal kurz in das Kostüm des Verstorbenen schlüpft, dort aber zu diesem Zeitpunkt einfach keine Akzeptanz erwarten kann. Insofern scheidet Hawkeye prinzipiell schon einmal als tatsächlicher Nachfolger aus, da dies schlichtweg zu vorhersehbar wäre und ein solcher Schritt den Lesern definitiv nicht entgegenkäme – zumindest erwecken die ersten Erfahrungen an dieser Stelle einen solchen Eindruck.

Davon abgesehen ist die Story ein sprichwörtliches Trauerspiel. Mit teils weniger glaubhaftem Pathos verarbeiten die Beteiligten den Todesfall und gleichen in ihrer Darstellung einem Schatten ihrer selbst, besonders Spiderman, der in „Fallen Son“ ein regelrechtes Häufchen Elend abgibt. Inhaltlich sieht es leider auch kaum besser aus; die Geschichten mögen zwar interessant sein, als Ruhmesrede auf den Verstorbenen jedoch selten wirklich würdig. In diesem Sinne ist lediglich der schleichende Wandel des undurchdringlichen Tony Stark erwähnenswert, der in der nahen Zukunft wahrscheinlich die Schlüsselrolle im |Marvel|-Universum einnehmen wird. Ansonsten ist das meiste vorhersehbar; überproportionierte Emotionen zieren die letzten Seiten, und auch wenn die Zeichnungen um die Grabfeier kurzzeitig für Gänsehaut sorgen, vermag die Story kaum zu begeistern, nicht einmal mehr in der klischeebesetzten Abschiedsrede von Falcon, der in Kurzform die inspirative Wirkung des Lebenslauf des Captains aufarbeitet und dabei nicht vor aufdringlichem Pathos haltmacht. Dies war zwar zu erwarten, allerdings hätte man sich insgeheim doch gewünscht, Loeb würde sich diesbezüglich nicht ganz so emotional-getrieben zeigen, sondern den Mythos in stillem Gedenken lebendig halten.

Dementsprechend zwiespältig ist auch das Resümee zu „Fallen Son“; es fehlt der Mut zum radikalen Einschnitt genauso wie die Vision, die mitunter härtere Gangart der letzten Monate auch in derartigen Phasen konsequent in die Handlung zu transferieren. Somit ist dieser Sonderband lediglich ein Aufguss all dessen, was grundsätzlich schon ausgesprochen war, nur eben mit dem Unterschied, dass der gestorbene Held nun einen anderen Namen trägt wie seine zahlreichen, mittlerweile wieder auferstandenen Kollegen. Trotz der Einbeziehung der gesamten Superhelden-Riege, der treuen Ergebenheit zu den Ereignissen im „Civil War“ und reihenweise interessanter Ideen ist „Fallen Son“ schließlich eine eher durchschnittliche Ehrerbietung an den Cap und garantiert nicht von dem Wert, wie es dieser tragischen Figur gerecht würde. Am Kaufargument, dies sei dennoch die Dokumentation eines entscheidenden Wendepunkts in der |Marvel|-History, lässt sich deswegen zwar immer noch nicht rütteln, doch bleibt zweifellos festzuhalten, dass diese Laudatio auch mit ihren bravourösen Zeichnungen hinter den großen Erwartungen beträchtlich zurückbleibt. Leider!

http://www.paninicomics.de/marvel-exklusiv-s10357.html

Alec Covin – Die Augen der Angst

Das geschieht:

Tusitala, ein kleines Städtchen im US-Staat Louisiana, soll für das gebeutelte Ehepaar Baldwin zur Stätte ihres beruflichen und privaten Neuanfangs werden. John hat gerade einen Schlussstrich unter seine gescheiterte Hollywood-Karriere gezogen und will das alte Fortier-Anwesen in ein Ferienhotel verwandeln. Deutlich weniger enthusiastisch ist ihm Gattin Laureen in die Provinz gefolgt. Ihr fehlt die Großstadt, und sie sorgt sich um Scotty, den fünfjährigen Sohn, den sie nach Ansicht des Vaters zu sehr verhätschelt.

Das Hotel der Baldwins wird zur Goldgrube. Scotty durchstreift die naturbelassene Wildnis der Umgebung. Dabei stößt er auf einen Spielkameraden, den er als Gespenst identifizieren könnte, hätten ihn seine Eltern über die unheimliche Vorgeschichte des Fortier-Hauses informiert: In den 1930er Jahren erhob sich hier die Villa der reichen und mächtigen Familie McNeice, bis es während eines glanzvolles Festes mit allen Gästen in Flammen aufging. Alec Covin – Die Augen der Angst weiterlesen

Arleston, Christophe / Labrosse, Thierry – Morea 2: Das Rückgrat des Drachen

Morea 1: [„Das Blut der Engel“ 4350

_Story_

Nachdem Morea endgültig Gewissheit über ihr Schicksal und ihre Bestimmung erlangt hat, versucht sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Doch ihre Häscher lassen ihr keine Chance und verwandeln ihren Alltag weiterhin in Chaos. Ein Anschlag in ihrem Konzern löst schließlich die nächste Verfolgungsjagd aus; der skrupellose Wissenschaftler Lambert tötet seine Kollegin, als diese mit Erfolg das Projekt zur Terraformierung des Mars vorantreibt, und bringt das zugehörige Programm in den Besitz seiner Auftraggeber, der Engel.

Gemeinsam mit ihrem ritterlichen Gefährten Terkio reist Morea in die Vereinigten Staaten, um das Eigentum der DWC zurückzuerlangen, gerät dabei aber alsbald in den Konflikt mit den kompromisslosen Behörden des Kontrollstaats USA. Und während Terkio und Morea die Seite der Drachen in einem anschwelenden Konkurrenzkampf vertreten und gegen die amerikanischen Obrigkeiten kämpfen, beginnt innerhalb der DWC das große Stühlerücken. Die in Kuba verbliebenen Direktoren planen einen firmeninternen Komplott und erhoffen, in Moreas Abwesenheit an die Spitze des wirtschaftlichen Machtapparats zu kommen. Allerdings habe sie hier die Rechnung ohne die Wirtin gemacht – und die heißt in diesem Fall erneut Morea.

_Persönlicher Eindruck_

Eigentlich könnte die Rezension zum zweiten Band der auf insgesamt fünf Episoden angelegten Serie eine Blaupause des Debütwerks sein, jedoch mit dem Unterschied, dass die kritischen Punkte von dereinst diesmal etwas abgeschwächter in die Waagschale geworfen werden müssen. Arleston tut sich nämlich in „Das Rückgrat des Drachens“ bei weitem nicht mehr so schwer, die Identität seiner Protagonisten zu festigen bzw. sie auch von den üblichen Schemen des Action-Comics zu lösen.

Morea und vor allem ihre zahlreichen direkten und indirekten Gefährten gewinnen an Profil und Glaubwürdigkeit und sind nun endgültig etabliert. Allerdings birgt dies die Gefahr, dass sich der Autor damit das Potenzial überraschender Wendungen nimmt, da die Rollenverteilung bis auf weiteres wirklich eindeutig zu sein scheint. Die Serie entpuppt sich bereits zu diesem Zeitpunkt als ein vorgezeichneter Schlagabtausch zwischen Gut und Böse, wenngleich die Feinheiten bzw. die Actionhandlung hier noch recht variabel strukturiert sind. In diesem Fall hat Arleston allerdings lediglich einen Aufhänger gesucht, um einen erneut tempo- und spannungsreichen Thriller zu inszenieren, denn wie auch schon in „Das Blut der Engel“ liegen der Geschichte keine sonderlich kreativen Ideen zugrunde. Dies scheint bisweilen aber auch gar nicht erforderlich, da sich der Plot inmitten der vielen bekannt anmutenden Zitate relativ eindrucksvoll entwickelt und eben wegen der hohen Erzählgeschwindigkeit den Mangel an Eigenständigkeit weitestgehend kaschieren kann.

Nichtsdestotrotz wird sich der Autor noch steigern müssen, will er die bis hierhin ganz akzeptablen Eindrücke auch weiterhin ausgebaut bekommen. Der eigentliche Konflikt zwischen Engeln und Drachen bedarf eines viel breiter gestreuten Nährbodens, die mystische Komponente gehört viel stärker betont und auch die Charakterzeichnungen sollten noch deutlicher präzisiert werden, um die Handlung über alle fünf Bände spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Möglicherweise ist durch das daraus resultierende Mehr an Individualität auch die Forcierung eines eigenständigeren Gesamtbildes möglich. Abgesehen von einigen kleinen Nuancen besteht dieses nämlich bislang noch nicht. Was aber nicht bedeutet, dass man den zweiten Band der Serie nun nicht auf den Einkaufszettel vermerken sollte. Wer nämlich an „Das Blut der Engel“ seine Freude hatte, wird auch „Das Rückgrat des Drachen“ mögen.

http://www.splitter-verlag.de/

Balent, Jon – Tarot – Witch of the Black Rose 5: Holiday-Hexen

[Band 4 4150

_Story_

Tarot und Raven Hex sehnen sich nach ein paar Urlaubstagen zwischen all den anstrengenden magischen Kämpfen der letzten Zeit. Doch die Sippe der Schwarzen Rose wird dennoch nicht mit Ruhe belohnt, sondern sieht sich alsbald neuen Konflikten gegenüber. Eine Halloween-Feier gerät zur hoffnungslosen Jagd auf eine Horde Lebkuchen-Zombies, ein Saunabad in winterlicher Umgebung hingegen endet im Racheakt einer Winterfee, die sich Ravens Provokation zu Herzen genommen hat und mit ähnlichen Mitteln zurückschlägt.

Erst als Tarots neuer Liebhaber Job die Hexen nach Hawaii ausführt, scheint endlich Urlaubsstimmung in Sicht. Doch die Reise, die der frisch Verliebte dazu nutzen möchte, seiner Herzdame einen Heiratsantrag zu machen, verwandelt sich alsbald in einen Horror-Trip, der in einem verzwickten Kampf gegen einige Meeresungeheuer resultiert …

_Persönlicher Eindruck_

Man mag zum pseudoerotischen, klischeebesetzten Inhalt der „Tarot“-Ausgaben stehen wie man will, eine gewisse Faszination übt die nunmehr bereits im fünften Sammelband veröffentlichte Serie aus der Feder Jim Balents in gewisser Weise dennoch aus. Zwar waren noch die letzten Eindrücke zur vorangegangenen Veröffentlichung äußerst mäßig und entlockten dem Rezensenten einige scharfe kritische Worte, doch war dies nicht gleichbedeutend mit einer generellen Abneigung gegen die Geschichten um die meist barbusigen Hexenmädels. Dieser Umstand wird in „Holiday-Hexen“ nun mit einigen teils witzigen, wenn auch betont fleischeslüsternen Storys belohnt. Die neue Sonderedition enthält fünf weitere Kurzgeschichten, darunter einen Zweiteiler, und bietet zumindest über weite Strecken ganz anständige, wenn auch stellenweise bedenkliche Unterhaltung auf akzeptablem Niveau.

Dieses Mal nutzt Balent die Klischees vorwiegend zur Etablierung eines ziemlich eigenwilligen Humors. So entpuppt sich bereits der merkwürdige Kampf gegen die zombiehaften Lebkuchen-Inkarnationen als unfreiwilliger Spaßgarant, der seine Höhepunkte gerade dann hat, als ein parodierter Harry-Potter-Verschnitt mit magischen Mitteln die Oberlebkuchendame zerschlägt – Trash der feinsten Sorte. Nicht minder witzig (ein anderes Wort will dem Leser in diesem Zusammenhang nicht in den Sinn kommen) ist das unsittliche Vergehen Ravens in der zweiten, direkt anschließenden Episode. Tarots Schwester vergreift sich zu Unrecht an einer Eis-Fee, die ihre Brüste hat einfrieren lassen, und muss nun mit den fürchterlichen Konsequenzen leben. Zack!, gibt es mit eisigen Schlägen etwas auf den Hintern, und schon ist die Szenerie wieder aufgelöst. Köstlich, wenn auch nicht im entferntesten Sinne gehaltvoll.

Die Hawaii-Story indes macht den Kern von „Holiday-Hexen“ aus und wird einerseits von Jons heimlichen Vorhaben, andererseits aber auch vom unverhofften Kampf gegen die streiteslustigen Meerbewohner dominiert. Hinzu kommen einige Albereien infolge unfreiwilliger Entblößungen und Enthüllungen, die ihren Teil dazu beitragen, dass selbst die illustrativ horrendsten Darstellungen nie wirklich schockierend sein können, da sie einfach nicht die passende Atmosphäre in der Erzählung wiederfinden. Und dennoch wirken derlei Diskrepanzen irrelevant, da sie spürbar zum Unterhaltungswert beitragen.

Lediglich die letzte Story flacht ein wenig ab und unternimmt den verzweifelten Versuch einer philosophischen Betrachtung des Hexendaseins bzw. des Schicksals, welches die Protagonisten seit ihrer Kindheit durchleben. Zeichnerisch ist die Story – wie im Übrigen auch im gesamten Band – prima eingefangen, inhaltlich hingegen zeigt sich, dass die Geschichten zumeist auf dumpfen Plattitüden basieren und gegenüber den eindeutigen Posen der Hauptdarstellerinnen einfach zurückstecken müssen. Allerdings ist dies der potenziellen Käuferschicht auch vorher bekannt.

Nach den enttäuschten Eindrücken des Vorgängers darf man in „Holiday-Hexen“ also mit einigen sehr positiven Überraschungen rechnen. Die Geschichten verquicken Witz und Action sehr gekonnt miteinander, die Zeichnungen sind wie gehabt perfekt und das Thema im Rahmen des Möglichen ziemlich gut eingefangen. Ob der übertriebene Symbolismus indes erotisch oder dergleichen ist, muss dennoch jeder für sich entscheiden. Balent neigt nämlich wiederum dazu, seine Modelle völlig überproportioniert darzustellen, was letztlich eher abtörnt als aufreizt. Spätestens in dem Moment, in dem man selber realisiert, dass man außer Busen und nackter Haut nichts anderes mehr wahrnimmt, wird einfach klar, dass der visuelle Teil des Heftes zur Maßlosigkeit neigt und somit das künstlerische Niveau ein Stück weit untergräbt – und genau dies wäre bezogen auf die zufriedenstellenden Episoden absolut nicht notwendig gewesen. Effekthascherei um jeden Preis hat sich schließlich noch nie ausgezahlt.

http://www.paninicomics.de/tarot-s10288.html

Bonné, Mirko – eiskalte Himmel, Der

Es gab eine Vielzahl von Expeditionen in die Antarktis. Das Ewige Eis wurde von vielen Abenteuern und Entdeckern, die nach Ruhm strebten, unterschätzt, viele fanden den Tod oder blieben verschollen. Plötzliche Witterungsänderungen, Schneestürme, Mangel an Nahrung und die großen Entfernungen, die zurückzulegen sind, forderten zahlreiche Opfer. Neben Roald Amundsen und Robert Falcon Scott zählt auch Ernest Henry Shackelton zu denjenigen, die als Polarforscher in die Geschichte eingegangen sind.

Auch im 21. Jahrhundert ist die Polarforschung noch lange nicht abgeschlossen. Zwar verfügen die Wissenschaftler und Forscher inzwischen über eine ganz andere Ausrüstung als ihre Vorgänger, doch die Wetterbedingungen und die Gefahren sind dennoch nicht zu unterschätzen. Die Polargebiete (Arktis und Antarktis) bergen weiterhin viele Geheimnisse, nicht nur an Bodenschätzen, sondern auch an klimatischen Besonderheiten und weiteren Sonderheiten.

„Der eiskalte Himmel“ des deutschen Autors Mirko Bonné ist dessen dritter Roman, den man im historischen Genre ansiedeln kann. In diesem Roman beschreibt der Autor detailliert und akribisch die Shackleton-Expedition in die Antarktis im Jahre 1914. Das Ziel von Ernest Henry Shackleton war es, den antarktischen Kontinent zu Fuß zu durchqueren. Ein ziemlich verwegenes und eigentlich überflüssiges Wagnis des Briten, da dies längst von dem Norweger Amundsen gewagt worden war.

Mirko Bonné erzählt das Drama aus der Perspektive des 17-jährigen Merce Blackboro, der sich bei dieser historischen Expedition als blinder Passagier beteiligte. Schnell wurde er allerdings zum Maskottchen am Bord der |Endurance|.

_Die Geschichte_

Drei Tage bevor die Briten 1914 den Deutschen den Krieg erklären und der erste Weltkrieg beginnt, startet der britische Polarforscher Ernest Henry Shackleton eine Expedition in das Ewige Eis. Mit seiner 27-köpfigen Besatzung und einen blinden Passagier an Bord bricht er im August mit seinem Schiff, der |Endurance|, auf. Als sie den 17-jährigen Merce Blackboro aus New Port finden, ist es zu spät umzukehren, also fährt dieser als Küchenjunge angeheuert mit.

In den Antarktischen Gewässern durch Eis, Schnee und unmenschlicher Kälte steuert die |Endurance| mit ihrer entschlossenen Besatzung den südgeorgischen Walfangort Grytviken an. Der Leiter dieser Walfangstation rät aufgrund des vielen Packeises von einer Weiterfahrt ab. Auch der Pastor bekniet das Expeditionsteam, Gott nicht herauszufordern und die Unternehmung abzubrechen.

Am 5. Dezember 1914 verlässt die Endurance allen Warnungen und Ahnungen zum Trotz den Walfangort in Richtung der Südsandwichinseln. Schnell umgibt das Schiff eine unendlich erscheinende Eisdecke. Es ist still am Bord, still auf der See – nur meterhohe Eisberge und Eisfelder bewegen sich knirschend um das Expeditionsschiff. Eine dunkle Kälte umgibt die Mannschaft,und besonders spüren sie diese mit dem Einbruch der Nacht, wenn die so genannte Rattenwache stattfindet, die von Mitternacht bis zum frühen Morgen gehalten wird. Am ersten Weihnachtstag sind sie noch weit von ihrem gewünschten Zielpunkt entfernt und wissen, dass es bis Ende Januar hart werden wird.

Als sie Coatsland erreichen, sind sie umringt von steilen Eisküsten, ein Schneesturm bricht über sie herein; sie suchen Schutz in einer Bucht und werden vom Packeis eingeschlossen. Die Strömung treibt die |Endurance| noch weiter von der Küste weg, so dass sie schließlich am 25. Februar 1915 eingeschlossen sind.

Monate der Einsamkeit stehen der Expedition bevor. Der antarktische Winter hat vorerst gesiegt und die Unternehmung kann als gescheitert betrachtet werden. Die Besatzung ist nun auf sich allein gestellt und wird durch eisige Temperaturen, die Dunkelheit der Polarnacht und die endlose Langweile auf eine schwere Probe gestellt. Die Stimmung der Mannschaft sinkt, und als die mitgebrachten Schlittenhunde verenden, liegen alle Nerven bloß.

Die |Endurance|, eingeschlossen vom Eis, wird zerstört, doch die Männer retten sich auf die drei Beiboote und eine Eisscholle. In ihrem Lager aus Eis verharren sie und müssen zusehen, wie die |Endurance| mit dem zurückkehrenden Sommer versinkt. Geschockt und fassungslos versinkt zugleich die Hoffnung auf Rettung in den Fluten des Eismeeres. Mit ihren kleinen Beibooten gelingt es ihnen dennoch, der Gefahr vorerst zu entfliehen, und so landen sie im April 1915 auf einer von Sturmwinden umtosten Insel.

Doch sie wissen, dass ihr Proviant sich dem Ende zuneigt und sie einen weiteren antarktischen Winter keinesfalls überleben können. Ernest Henry Shackleton trifft eine konsequente Entscheidung. Zusammen mit fünf seiner Männer bricht er auf, um Hilfe zu holen. Das Ziel ist die bereits besuchte Walfangstation Grytviken …

_Eindrücke_

Mirko Bonné beschreibt in „Der eiskalte Himmel“ das Drama dieser Expedition und benutzt dafür den blinden Passagier als Beobachter und Erzähler. Die Geschichte ist ein klassischer historischer Abenteuerroman und weist viele Elemente im Stil eines Jack London auf. Mirko Bonné schafft es sprachlich gut, die britische, sehr kultivierte Umgangssprache, die unter der Mannschaft Verwendung findet wird, einzufangen. Trotz aller dramatischen Situationen kommen diese Umgangsformen ernst, aber unterhaltsam zu lesen daher. Ob dies nun als authentisch zu werten ist, kann ich allerdings nicht bestätigen. In den Beschreibungen erkennt man jedenfalls ganz klar den Lyriker, der in Mirko Bonné schlummert.

Persönlich empfand ich den Roman als zu schwerfällig, vielleicht auch aufgrund des erwähnten Sprachstils, den der Autor verwendet hat. Die Dramaturgie wurde zwar ausgearbeitet, aber die Hoffnungslosigkeit und die Ängste der Mannschaft wurden mir zu wenig greifbar. Vielleicht liegt diese Wahrnehmung auch darin begründet, dass die Geschichte aus der Sicht eines 17-jährigen Jungen beschrieben wird. Der Leser benötigt schon recht viel Geduld und Ruhe zur Lektüre, aber er findet diese Ruhe auch in der Geschichte selbst, die manchmal belanglos dahinplätschert.

Die ganze Erzählung verströmt dafür einen schon viel zu humoristischen Grundton. Der Autor erzählt zwar faszinierend und mit viel Fantasie von den endlosen Weiten der arktischen Wildnis und man spürt förmlich die klirrende Stimmung dieser für uns fremden und trostlosen Welt, doch bleibt diese unterm Strich nur eine Illusion. Denn in solch einem Drama, in dem es um Leben und Tod geht, hat Humor für meine Begriffe nicht viel zu suchen.

_Der Autor_

Mirko Bonné (* 1965 im oberbayerischen Tegernsee) ist ein deutschsprachiger Schriftsteller. Nach dem Abitur 1986 jobbte Mirko Bonné unter anderem als Taxifahrer und Altenpflegehelfer. Seit 1994 ist er als Autor, Feuilleton-Publizist und Übersetzer tätig. Mirko Bonné lebt in Hamburg und ist Mitglied des Internationalen P.E.N.-Clubs.

Gegenstände des Alltagslebens werden insbesondere in seinen Lyrikbänden in eine „sinnliche Schwebe“ (Literaturwissenschaftlerin Maike Albarth) gehoben. Geschärft hat Mirko Bonné seine Wahrnehmung in der Übersetzung englischsprachiger Lyriker wie Keats, Cummings und Yeats sowie französischsprachigen wie dem rumänisch-jüdischen Surrealisten Ghérasim Luca. Neben drei eigenen Romanen hat er das Hörspiel „Roberta von Ampel“ (1992) verfasst. In der |FAZ| und anderen Zeitungen veröffentlichte er Gedichte, Essays und Artikel.

http://www.heyne.de

Arvin, Reed – Schwarze Diva

Vom Musikproduzenten zum Autor: Manchmal ist es wirklich merkwürdig zu sehen, wer alles mit dem Bücherschreiben anfängt. Im Fall von Reed Arvin stand am Anfang die Musik, und da ist es kein Wunder, dass diese in seinem Thriller „Schwarze Diva“ immerhin eine Nebenrolle bekommt. Mit „Schwarze Diva“ ist nämlich eine erfolgreiche, junge Opernsängerin gemeint, die ein düsteres Geheimnis zu verbergen hat.

Doch bevor Michele Sonnier ihren Auftritt hat, lernt der Leser den Ich-Erzähler Jack Hammond kennen. Der Rechtsanwalt hat sich aufgrund eines Fehltritts die erfolgreiche Karriere verbaut und fristet sein Leben nun als Pflichtverteidiger in einem schäbigen Büro. Zu seinen Klienten gehören Kleingangster und Junkies, der Bodensatz der Gesellschaft von Atlanta, dem er sich aufgrund seines Karriereknicks mittlerweile recht nahe fühlt.

Einmal vertritt er unter anderem seinen alten Kumpel Doug, ein Computergenie, aber ansonsten ein Versager. Eines Tages erhält er Nachricht, dass Doug tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde, und Jack soll die Wohnung auflösen, da es ansonsten keine Verwandten gibt. Als er dort ankommt, stellt er fest, dass Doug die Opernsängerin Michele Sonnier verehrt hat, was so gar nicht zu ihm zu passen scheint. Als Jack den Todesfall allmählich verdaut, fallen ihm weitere Ungereimtheiten auf: Wieso hat sich Doug, der panische Angst vor Spritzen hatte, mit einem goldenen Schuss getötet? Und wieso hackte er sich in das Computersystem eines großen Pharmaunternehmens?

Als Jack beginnt, nach Antworten auf diese Fragen zu suchen und dabei der schönen Michele über den Weg läuft, verstrickt er sich in Angelegenheiten, die ihn nichts angehen. Das bekommt er sehr schnell zu spüren, denn seine Gegner gehen nicht gerade zimperlich mit ihm um …

„Schwarze Diva“ fällt von Beginn an durch seine hohe Erzähldichte auf. Jack schildert aus der Ich-Perspektive exakt – ohne pedantisch zu wirken – und subjektiv – ohne zu geschwätzig zu wirken – davon, was ihm widerfährt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und berichtet haarklein über seine Fehler und sein nicht immer schmeichelhaftes Auftreten. Dennoch wird er dem Leser mit seiner ehrlichen, manchmal tollkühnen Art sympathisch und trägt sehr viel dazu bei, dass der Thriller Pageturnerqualitäten entwickelt.

Die Handlung ist daran natürlich auch nicht ganz unschuldig. Arvin schafft es, am Anfang so viele Ungereimtheiten aufzubringen und mögliche Spuren auszulegen, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Leider verzettelt er sich zur Mitte hin in einem Mix aus verschiedenen Motiven. Er bedient sich nicht nur bei den Elementen eines Cyberthrillers, sondern taucht auch in die Welt von Pharmaunternehmen, den Ghettos von Atlanta und natürlich dem Ambiente der Juristen und Opernsänger ein. Das ist ein bisschen zu viel auf einmal. Obwohl der Autor die Zügel dabei lange Zeit in der Hand zu halten vermag, entgletet ihm die Geschichte und zerfasert gegen Ende hin. Dank des Schreibstils und der sympathischen Hauptperson bleibt jedoch ein Rest Spannung erhalten.

Der Schreibstil ist dagegen das, was Arvins Buch von anderen abhebt: Er erzählt unglaublich gut. Er wählt aus einem großen Wortschatz und weiß sich kundig auszudrücken, ohne dass sein Ich-Erzähler dabei an Bodenhaftung verliert. Alles, was er sagt und denkt, klingt authentisch und passt zu dem Charakter, den der Autor zeichnet. Es ist Arvin dabei hoch anzurechnen, dass es ihm gelingt, die große Menge an teilweise irrelevanten Gedanken, die Jack sich macht, so einzubinden, dass diese interessant zu lesen sind und die Handlung nicht unnötig verlängern.

„Schwarze Diva“ ist ein Thriller mit außerordentlich guten Ansätzen. Der Schreibstil ist unglaublich gut und geht mit einer sympathischen, anschaulich dargestellten Hauptperson einher. Leider hat Reed Arvin sich bei der Handlung etwas übernommen. Sie weist zu viele verschiedene Einflüsse auf, was ihr letztendlich zum Verhängnis wird. Außerdem konzentriert sie sich teilweise zu stark auf den Versuch, ein guter Pharmathriller zu sein. Dennoch sollte man den Namen Reed Arvin im Auge behalten, denn sein Schreibstil ist sehr vielversprechend.

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Bendis, Brian M. / Cho, Frank – Ruhmreichen Rächer, Die: Die Initiative (Band 1)

_Story_

Als eine neue Heerschar mutierter Bösewichte die gesamte Welt unsicher macht und selbst die lange untergetauchten Mole Men dafür sorgen, dass der Planet einem raschen, bedrohlichen Klimawandel unterworfen wird, erkennt Iron Man Tony Stark alsbald die Notwendigkeit, ein neues Rächer-Team ins Leben zu rufen.

Infolge des Registrierungsgesetzes kann Stark aus dem Vollen schöpfen und rekrutiert neben seiner Anführerin Miss Marvel die mächtigsten Mutanten, die ihm nunmehr zur Verfügung stehen. Doch die Initiative gegen die unkontrollierten Monster gerät zum Desaster. Schon kurze Zeit nach der Zusammenstellung der ruhmreichen Rächer steht Iron Man einer Gegnerin unbekannter Herkunft gegenüber. Noch bevor er sich in irgendeiner Form zur Wehr setzen kann, wird er von der unverwüstlichen Ultron geradezu verschlungen – und fortan für tot erklärt.

_Persönlicher Eindruck_

Dass nach den jüngsten Ereignissen eine neue Rächer-Serie ins Haus steht, wirkt auf den ersten Blick ein wenig verwunderlich und schwer nachvollziehbar, befindet sich doch das gesamte |Marvel|-Universum infolge der Geschehnisse und Konsequenzen des |Civil War| in einem radikalen Umbruch, der grundsätzlich ein wenig mehr Zeit bedürfte. Trotzdem wird nach den Erfahrungen im ersten Teil der „Ruhmreichen Rächer“ wohl jeder zustimmen, dass das preisgekrönte Team Bendis/Cho diesen Schritt genau zum rechten Zeitpunkt gewählt hat, da man den Umschwung äußerst konstruktiv nutzen und die postapokalyptische Atmosphäre der letzten Ausgaben des Bürgerkriegs fließend in den neuen Komplott transferieren konnte.

Dennoch ist auch in diesem Fall aller Anfang schwer, nicht zuletzt, weil Iron Man Stark nach seinem intriganten Spiel beim Gesetzesentscheid erheblich an Sympathien bei den Lesern verloren hat, nun aber plötzlich eine neue Heldentruppe, noch dazu soloch eine mit nach wie vor gutem Klang, als Drahtzieher leiten soll. Allerdings wird man beim Lesen feststellen, dass derlei Gedanken in diesem bedrohlichen Intermezzo relativ schnell wieder verschwinden und für die Eindrücke zum neuen Abenteuer kaum mehr relevant sind. Stattdessen gilt es zunächst, sich auf eine völlig frische Inkarnation der Rächer vorzubereiten, die erstmals ohne Captain America auskommen muss und dennoch den Geist des alten Teams aufrechterhält. Dies gelingt selbst mit vermeintlich schwierigen Charakteren wie Ares und Wonder Man, die an Miss Marvels Seite vorerst noch im Hintergrund agieren, für die Handlung aber dennoch von großer Bedeutung sind, da sie eine ganz andere Heldengeneration verkörpern als die zuletzt stets präsenten Protagonisten.

Insofern benötigt das Ganze auch noch etwas Zeit, um sich homogen zusammenzufügen. Das Team ist bei weitem noch nicht so stark verwachsen wie die letzte Version der Rächer, die Gefährdung durch die Mole Men und Ultron sowie die grundsätzlichen Bedingungen sind wiederum völlig anders als noch zuletzt, Daher bedarf es einer intensiven Gewöhnungsphase beziehungsweise einer tieferen Auseinandersetzung mit den Charakteren und dem Setting, die aufgrund des hohen Erzähltempos und der recht ausführlich betonten zwischenmenschlichen Passagen (hier in Gedankenblasen dargestellt) aber kaum realistisch ist. Gerade Neulinge werden sich hier unheimlich schwertun, die Situation einzuordnen und die Motive der ganz unterschiedlichen Beteiligten überhaupt zu begreifen, geschweige denn die Zusammenhänge nach dem Auftauchen Ultrons in das bestehende Gefüge zu integrieren. Auf Basis dessen kann man auch ruhigen Gewissens sagen, dass Einsteiger in die Welt der |Marvel|-Comics besser die Finger von diesem komplexen Verwirrspiel lassen, da mangels Hintergrundwissen einfach viel zu viel im Verborgenen bleibt, ganz abgesehen von den zahlreichen Mysterien, die der Plot selber spinnt.

Andererseits muss man einfach betonen, dass Bendis und Cho trotz allem den Ansatz eines Meisterwerks gefunden haben, der jedoch in der künftig folgenden Auflösung des Plots noch den nötigen Feinschliff einfordert. Der Autor und sein meisterhafter Zeichner lehnen sich recht weit aus dem Fenster und lösen sich inhaltlich trotz klar definierter Orientierung recht weit von gängigen Konventionen, beweisen damit aber auch den häufig vermissten Mut, neue, manchmal auch unliebsame Wege zu beschreiten. Die letztendliche Eindrücke mögen zwar ganz unterschiedliche Meinungen hervorrufen, doch zeigt derlei Spaltung auch, dass man mit „Die Ruhmreichen Rächer“ ein recht extremes Kapitel der modernen |Marvel|-Comics aufschlägt, dessen wahres Niveau sich jedoch erst im weiteren Verlauf zeigen kann. Bis dato jedenfalls muss man von einem gelungenen, wenn auch schwierigen Einstieg sprechen, der den guten Namen der Rächer auch in einer neuen Generation mit Ehren pflegt. Wer den |Civil War| und dessen partielle Radikalität mochte, der sollte diese neue Serie alsbald lieben lernen!

http://www.paninicomics.de/die-ruhmreichen-raecher-neu-s10519.html
http://www.marvel.com/universe