Seldon Truss – Ein Toter meldet sich

Als ein junger Kriminalreporter eine übel beleumundete Kaschemme erbt, kommt es dort zu Raub und Mord. Im Wettlauf mit Scotland Yard ermittelt der Reporter im Alleingang, wobei ihn eine hübsche Pfarrerstochter unterstützt. Dabei geraten die neugierigen Amateure in gefährliche Situationen … – Nicht klassischer aber sehr solider „Whodunit“ der britischen Krimi-Schule, dessen Plot aus heutiger Sicht ein wenig zu leicht durchschaubar gerät, was trockener Witz und unterhaltsam überzeichnete Figuren weitgehend wettmachen können.
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Sniadanko, Natalka – Sammlung der Leidenschaften

Was darf man von einem Buch erwarten, das den Titel „Sammlung der Leidenschaften“ trägt? Einen Porno? Leidenschaften in Form von bizarren Hobbies wie dem Sammeln von Totenköpfen? Eine Antwort erhält man, wenn man das Buch der ukrainischen Autorin Natalka Sniadanko liest.

An dieser Stelle kann eine Entwarnung gegeben werden: „Sammlung der Leidenschaften“ ist ein regelrecht keusches Buch. Sniadanko geht es weniger um aufmerksamkeitsheischende Darstellungen von Geschlechtsverkehr, vielmehr zeichnet sie im Plauderton ein unterhaltsames Portrait von Ich-Erzählerin Olessja und ihren Erfahrungen mit der Liebe. Das beginnt bereits im Grundschulalter mit Tolja, dem dicklichen Mitschüler mit einer Vorliebe für Bücher. Diese teilt er mit Olessja, aber es bringt die beiden einander nicht näher. Tolja ist einfach zu dickfellig, um Olessjas (in ihren Augen) gewitzte Anmachversuche zu verstehen. Anders sieht es da mit dem Mathematikdozenten Kostja aus, der trotz mittleren Alters noch stolz bei seinen Eltern wohnt und in Olessja die Frau seines Lebens sieht – egal, ob sie auch dieser Meinung ist oder nicht.

Wie man sieht, geht es in Olessjas Liebesleben auf und ab. Die Sammlung ihrer Leidenschaften reicht von Rockmusikern bis zu deutschen Adligen, von schwulen Sängern bis zu skurrilen Vermietern – Sniadanko lässt sich etwas für ihre Ich-Erzählerin einfallen, ohne dabei unrealistisch zu werden. Sie bleibt stets auf dem Boden der Tatsachen und zieht die Ereignisse trotz ihres feinen Sinnes für Humor niemals ins Lächerliche. Allerdings fehlt es der „Sammlung der Leidenschaften“ an manchen Stellen an Relevanz: Olessjas Erlebnisse sind ganz interessant, aber es fehlen der Schwung oder ein übergreifendes Thema, ein roter Faden, der die Kapitel verbindet. Dadurch kommt es immer wieder zu Längen und man hat keine große Lust weiterzulesen, da sich nichts Großes ankündigt und auch der Schreibstil an solchen Stellen nicht immer genug Zugkraft entwickelt.

Insgesamt kann Sniadankos Erzählweise jedoch überzeugen. Das hängt vor allem mit der sympathischen Olessja zusammen, die offen und in gehobenem Plaudertonfall berichtet. Sie ist eine sehr angenehme Erzählerin, die sich nie zu sehr in den Vordergrund drängt, mit ihrer Meinung aber auch nicht hinter dem Berg hält. Das ganze Buch ist von einem (selbst-)ironischen Tonfall durchzogen und reitet gerne auf verschiedenen Klischees, vornehmlich die der Ukraine und Deutschlands, herum. Teils gelingt dies, teils wird es aber auch zu einseitig, und nicht immer lässt sich das Augenzwinkern erkennen.

Natalka Sniadanko, die als Journalistin unter anderem auch für die |Süddeutsche Zeitung| geschrieben hat, legt trotzdem einen sehr reifen, durchdachten Schreibstil an den Tag, dem man die Übung anmerkt. Sie benutzt ein gehobenes, sehr vielfältiges Vokabular und drückt sich häufig humorvoll aus. Außerdem weiß sie Stilmittel wie Metaphern und Vergleiche in ihre Geschichte einfließen zu lassen, ohne dass sie diese beschweren.

In der Summe ist „Sammlung der Leidenschaften“ kein schlechtes Buch. Die Idee dahinter ist interessant, aber die Ausarbeitung nicht immer sauber. An einigen Stellen gibt es Längen und auch der Schreibstil hätte manchmal ein wenig flotter sein können. Dennoch sollte man Natalka Sniadanko im Auge behalten, denn ihr Roman verspricht definitiv einiges.

http://www.dtv.de

Bosworth (Herausgeber) – Nur für Anfänger – Klavier

Die Veröffentlichungsreihenfolge der unterschiedlichen Musik-Lehrbücher beim |Bosworth|-Verlag ist mitunter ein bisschen seltsam. Nachdem man schon die unterschiedlichsten Editionen für Geübte und weiter fortgeschrittene Pianisten auf den Markt gebracht hat, folgt nun, quasi ein Schritt zurück, eine neue, vornehmlich für Einsteiger und Anfänger konzipierte Ausgabe zum Thema Klavierspielen. Wie auch schon die Gitarrenbücher aus der Reihe „Nur für Anfänger“ bitet aber auch die Piano-Edition dieses neuen Werkes einen sehr guten, sinnvoll zusammengesetzten Aufbau und eine leicht verständliche Schritt-für-Schritt-Struktur, die nicht nur auf bloßer Theorie fußt. Ziel des immerhin 40 Seiten starken Bandes war definitiv Transparenz und leichte Nachvollziehbarkeit anhand praktischer bzw. zumindest praxisnaher Beispiele. Und was das betrifft, wurden die zugehörigen Vorgaben weitestgehend perfekt erfüllt!

„Nur für Anfänger – Klavier“ gefällt vor allen Dingen wegen der exzellenten Verquickung von theoretischem, fachbezogenem Lernstoff und anschaulich offengelegten Fingerübungen. Das Magazin ist reichlich bebildert, gibt anhand von fotografischen Abbildungen Aufschluss über die Überbrückung erster Schwierigkeiten und zeigt situationsabhängig die richtige Position von Körper und Fingern. Selbstverständlich werden auch Notation und Notenlehre kurz aufgegriffen, jedoch nicht mehr in aller Ausführlichkeit erklärt, sondern vermehrt im Zuge der einzelnen praktischen Übungen integrativ in den Lernprozess mit einbezogen. Und dennoch beginnt „Nur für Anfänger – Klavier“ im Grunde genommen von der Pieke an und führt die wesentlichen Elemente und Techniken in der kompakteren Variante mit auf. Man erfährt Wissenswertes zur Struktur von Akkorden, lernt, die beiden Hände auf den Tasten in Harmonie zu bringen, und letztendlich auch, die ersten Schritte gleich beidhändig sicher zu beherrschen.

Um das Ganze auch entsprechend abgleichen und überprüfen zu können, enthält das Buch außerdem eine Audio-CD mit diversen Playbacks und Demonstrationen des aufgebotenen Stoffes. Hilfreiche Instruktionen und ein trotzdem eingeführter, minimalistischer Crash-Kurs in der Musiktheorie runden dieses Werk schließlich ab, welches berechtigterweise den Untertitel „Alles, was du (zum Klavierspielen) brauchst“ trägt. Interessierte und baldige Einsteiger sind daher gut beraten, sich mit diesem leichten Anfangswerk mit der ersten Materie vertraut zu machen. Hinsichtlich der Anschaulichkeit und des liebevoll durchstrukturierten Theorie-Praxis-Bezuges wird man jedenfalls kaum einen anderen Titel finden, der in so kurzer Zeit für derart große Fortschritte bürgt. Dass man am Ende tatsächlich schon einige Passagen von Dvorak, Brahms und Beethoven spielen kann, spricht jedenfalls für sich!

http://www.bosworth.de

Briggs, Patricia – Ruf des Mondes (Mercy Thompson 01)

_Mercy-Thompson-Serie:_

Band 1: _Ruf des Mondes_
Band 2: [„Bann des Blutes“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=5091
Band 3: Spur der Nacht
Band 4: Zeit der Jäger

Blutrote Raubtieraugen funkeln den Leser vom Cover von „Ruf des Mondes“ an, einem Mystery-Thriller von Patricia Briggs. Auch der Titel dürfte auf schwache Nerven eine beängstigende Wirkung haben, was nur gerechtfertigt ist. Immerhin geht es in diesem Roman um Werwölfe, und die sind bekannterweise nicht unbedingt angenehme Zeitgenossen.

Patricia Briggs kreiert in „Ruf des Mondes“ ein düsteres Urban-Fantasy-Szenario. Unter den normalen Menschen in Amerika leben verschiedene Werwolfrudel, jeweils vereint unter einem Alphamännchen, das aufpasst, dass sich sein Rudel so verhält, dass es nicht von den Menschen entdeckt wird. Die Werwölfe – sowie im übrigen auch andere mystische Wesen wie Vampire, Kobolde und Ähnliches – gehen ganz normalen Berufen nach und führen ein beinahe normales Leben, wenn ihre Werwolfinstinkte und -eigenschaften nicht wären. Sie sind sehr stark und leicht aus der Ruhe zu bringen. Nur das Alphamännchen kann sie mit seiner Dominanz dazu bringen, zu gehorchen und sich ordentlich zu benehmen, wobei es eine eindeutige Rangordnung innerhalb der Rudel gibt.

Mercedes Thompson wird von dieser Rangordnung nicht wirklich tangiert. Sie ist schließlich kein Werwolf, sondern eine so genannte Walkerin. Das bedeutet, dass sie sich unabhängig von Mondphasen und ohne große Probleme jederzeit in eine Kojotin verwandeln kann. Sie ist unter Werwölfen aufgewachsen und ihr nächster Nachbar Adam ist der Alpha des Rudels der Tri-Cities in Columbia, weshalb sie sich gut mit diesen Werwesen auskennt. Als eines Tages Mac in ihrer Autowerkstatt auftaucht, wittert sie Ärger. Mac ist erst seit kurzem ein Werwolf und er gehört nicht zu Adams Rudel. Das bedeutet, dass er unrechtmäßig in Adams Gebiet eingedrungen und dadurch in Gefahr ist. Zudem ist er noch nicht fähig, den Wolf in sich zu beherrschen. Dazu bedarf es der Anleitung eines Alphas.

Doch bevor Mercy Adam von Mac berichten kann, überschlagen sich die Ereignisse. Weitere Werwölfe dringen in Adams Territorium ein, töten Mac in Adams Haus, verletzen den Alpha schwer und entführen seine Tochter Jesse. Mercy, die an den Schauplatz des Geschehens eilt, beschließt zu handeln. Sie packt den verletzten Adam und Macs Leiche in ihren Bus und fährt zu dem Werwolfrudel, bei dem sie aufgewachsen ist, um um Hilfe zu bitten. Sehr schnell merkt sie, dass dies gar nicht so einfach ist und dass ihre Vergangenheit sie immer noch belastet …

Die Kulisse, die Briggs in ihrem Buch entwirft, ist wirklich keine schlechte Idee. Zumeist geht es in Mysterybüchern um Vampire, doch sie widmet sich den Werwölfen, starken und gefährlichen Tieren, die nicht unbedingt dazu gebrauchen sind, funkensprühende Erotik zwischen Buchdeckel zu pressen. Darauf legt es die Autorin allerdings auch nicht an. Stattdessen erschafft sie eine sehr interessante Blickweise auf die Werwölfe, indem sie diese in Rudel einteilt und sie einer Rangordnung verpflichtet. Dadurch wirken die Werwölfe selbst in Menschenform mehr wie Tiere, und Briggs schafft es, sie trotzdem verständlich, teilweise sogar sympathisch darzustellen. Es ist zwar negativ anzumerken, dass einige ihrer Überlegungen historisch und/oder organisatorisch noch nicht ganz ausgereift wirken, doch insgesamt kann die Welt, die Briggs erschafft, überzeugen.

Für die Handlung gilt das nicht immer. Gerade das Ende, das eine Art Verschwörung aufdecken muss, wirkt verworren und unrealistisch. An einigen Stellen bleibt unklar, worauf die Autorin hinauswill und wie sich die einzelnen Fragmente in der Geschichte zusammenfügen lassen. Die Auflösung, wieso Jesse entführt und Adam verletzt wurde, wirkt stellenweise geradezu an den Haaren herbeigezogen. Hier wäre es gut gewesen, wenn die Autorin, anstatt sich in wilde Theorien zu verstricken, die ansonsten sehr geradlinige Handlung auch so zu Ende geführt hätte. Denn der Rest des Buchs überzeugt. Es ist ein regelrechter Pageturner. Es ist spannend und mitreißend und wirft am Ende fast jeden Kapitels die Frage auf, wie es denn wohl weitergeht. Das hängt auf der einen Seite mit dem gruseligen, originellen Grundthema des Buches zusammen, das Spekulationen über den Handlungsverlauf erschwert, und mit der Erzählerin, die den Leser in ihren Bann zieht.

Mercy Thompson ist eine junge, zupackende Frau, die sich anfangs angenehm im Hintergrund hält. Dadurch wirkt sie etwas distanziert, ist dem Leser aber trotzdem sympathisch, da sie bodenständig und nicht abgehoben ist. Auch den selbstironischen Ton, den solche Bücher gerne anschlagen, lässt die Autorin beiseite. Dadurch bekommt Mercy die Möglichkeit, in klaren Worten zu erzählen. Sie drückt sich dabei nicht übertrieben gewählt, aber auch nicht sonderlich alltagssprachlich aus. Der Schreibstil sticht nicht wirklich hervor, tut aber seine Dienste. Genau wie Mercy selbst fehlt es auch ihm etwas an Originalität. Trotz ihrer liebenswerten Art fehlt es der Protagonistin nämlich ein wenig an Eigenständigkeit. Sie wirkt häufig zu banal, zu simpel, aber dies stört nicht zu sehr, sondern macht im Gegenteil Hoffnung auf mehr. Immerhin ist die Reihe um Mercy Thompson laut [Briggs‘ Website]http://www.patriciabriggs.com auf mehrere Bände angelegt.

„Ruf des Mondes“ ist jedenfalls schon mal ein gutes Einstiegsbuch. Es besitzt ein interessantes Thema, eine angenehme Hauptperson und ist sehr spannend erzählt. Es macht Lust auf mehr, verlangt aber auch nach einigen Verbesserungen in den Folgebüchern. Mercy würde es nicht schaden, noch ein wenig mehr Konturen zu erhalten, und auch die Handlung könnte ein wenig mehr Durchdachtheit, vor allem bei der Zusammenführung aller loser Fäden, gebrauchen.

http://www.heyne.de

Konieczka, Conny / Faidutti, Bruno / Cléquin, Pierre / Carver, Derek – Warrior Knights

_Ein rundum renovierter Klassiker_

Älteren Jahrgängen unter den Fantasy-Brettspielern sollte der Name „Warrior Knights“ bereits vor der jüngsten Auflage von |Fantasy Flight Games| ein Begriff gewesen sein. Bereits im Jahre 1985 publizierte der renommierte Spieldesigner Derek Carver die ursprüngliche Variante des Spiels bei |Games Workshop|, welche nicht nur bei Insidern alsbald Klassiker-Status erreichte. Nach einiger Zeit verschwand das Spiel jedoch wieder vom Markt und entwickelte sich in Windeseile zur gesuchten Rarität, für die man bei eBay Preise im dreistelligen Bereich verlangen konnte.

Pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum von „Warrior Knights“ haben |Fantasy Flight Games| sich des Themas wieder angenommen, es hinsichtlich des grundlegenden Mechanismus‘ generalüberholt und in einer gewohnt edlen Ausarbeitung auf den Markt gebracht. Ein knappes Jahr nach dem Release der englischsprachigen Version ist nun auch die deutsche Fassung erhältlich – endlich wieder!

_Spielidee_

In „Warrior Knights“ schlüpfen die Spieler in die Rolle von Herzogen, die ihre Armeen über eine fiktive Modifikation des europäischen Festlands entsenden, um wertvolle Städte einzunehmen und sich langsam aber sicher die Herrschaft über das gesamte Königreich zu erstreiten. Mit wachsendem Einfluss stehen sich immer stärkere Ritterverbände gegenüber, die jedoch nur so lange ihren Dienst ableisten, wie ihr Herzog die nötigen Löhne aufbringen kann.

Darüber hinaus spielt aber auch die Politik im Reiche des Throns eine große Rolle; das Volk, ebenfalls repräsentiert von den Herzogen, hat ein Mitspracherecht bei den Entwicklungen im Lande und kann Ungleichgewichte frühzeitig wieder ausbalancieren, um eine zu schnelle Machtverschiebung zu verhindern. Sollte es einem Spieler dennoch gelingen, frühzeitig mehr als die Hälfte des Königreichs unterworfen zu haben, wird er mit sofortiger Wirkung zum neuen König erklärt. Andernfalls werden die Gefechte so lange fortgesetzt, bis die Einflussmarken verteilt sind und derjenige mit dem größten Anspruch den Thron einnimmt.

_Spielmaterial_

• 1 Spielplan
• 1 Regelheft
• 24 Ritter (in 6 Farben)
• 24 Städte
• 6 Festungskarten
• 24 Ritterkarten
• 24 Schicksalskarten
• 36 Ereigniskarten
• 44 Tagesordnungskarten
• 66 Söldnerkarten
• 24 Berufssoldatenkarten
• 80 Aktionskarten
• 93 Kronen
• 40 Stimmen-Spielmarker
• 36 Glaubens-Spielmarker
• 44 Einfluss-Spielmarker
• 24 Verluste-Spielmarker
• 18 Breschen-Spielmarker
• 48 Herzogspielmarker
• 3 Expeditions-Spielmarker
• 12 Belagerungs-Spielmarker
• 72 Herrschafts-Spielmarker
• 6 Festungs-Spielmarker
• 1 Spielmarker Ratsältester
• 1 Spielmarker Erzbischof

Sobald man die Schachtel des Spiels öffnet, rauscht einem schon die immense Materialschwemme entgegen, die ganz wie üblich mal wieder über ein exzellentes, stimmiges Design verfügt und vorab ein äußerst vielschichtiges, in diesem Fall aber auch besonders komplexes Spiel garantiert. Tonnen an Markern und Karten bilden den Rahmen und müssen erst einmal intensiv betrachtet werden, da sie insgesamt doch ganz unterschiedlichen Kategorien angehören und sich ihre Bedeutung in diesem Fall nicht schon beim ersten Lesen ergibt. Allerdings ist diese Fülle nicht gleich bedeutend mit einer etwaigen Unüberschaubarkeit. Sobald man nämlich die unzähligen Spielmittel erst einmal angeordnet hat und sich ihrer Bedeutung bewusst ist, freut man sich einmal mehr über den diesbezüglichen Detailreichtum, der das Spiel zu einem der umfangreichsten seiner Art, gleichzeitig aber auch zum Paradebeispiel der Verquickung höchster Quantität und Qualität macht. Bei amerikanischen Epic-Verlagen ist eben alles machbar!

_Der Spielplan_

Der quadratische Spielplan erscheint auf den ersten Blick ein wenig unübersichtlich, da sich am Rande eine ganze Reihe recht unterschiedlicher Ablagefelder befinden, die im Laufe des Spiels auch ständig gefüllt sein werden. Doch auch dieser Eindruck täuscht, zumal sich hier bereits nach der ersten Runde das Wesentliche von selbst erklärt.
Im Zentrum des Plans ist eine fiktive Europakarte gelegen, die eine Gebirgslandschaft mit Meeresrand und darin eine ganze Reihe mehr oder minder wichtiger Provinzen zeigt, die es im Spiel zu erobern gilt. Am Rande sieht man außerdem sechs Inseln mit weiteren Provinzen, die zu besetzen jedoch ein wenig schwerer ist als noch auf dem Land.

Die Ablagefelder gelten Aktionskarten, Ereigniskarten und den Tagesordnungskarten, die in der nächsten Ratssitzung durchgenommen werden. Des Weiteren werden hier die ständig gebrauchten Schicksalskarten abgelegt. In der unteren Ecke befindet sich als Letztes noch ein Feld für die drei Spezialphasen des Spiels. Sobald man eine Aktion gespielt hat, wandert die verwendete Aktionskarte auf eines dieser Felder. Sollte die Anzahl der Karten doppelt so groß sein wie die Zahl der Mitspieler, wird eine solche Spezialphase ausgelöst.

_Spielvorbereitung_

Vor dem Spiel wird der Plan mit den entsprechenden Karten bestückt. Schicksals-, Ereignis- und Tagesordnungskarten werden platziert, darüber hinaus wird neben dem Spielplan eine Reihe mit Söldnerkarten ausgelegt, deren Länge der Spielerzahl plus eins entspricht. Je nach Spielerzahl werden vor dem Spiel schon einige Städte geschleift, soll heißen, sie sind bereits zerstört und im Verlauf des Spiels irrelevant.

Nun werden die Spieler bestückt und erhalten vier Berufssoldaten und jeweils zwei Söldner mit festgeschriebenen Werten. Außerdem erhält jeder eine Festungskarte, die Figuren und Karten der Ritter, acht Herzog-Spielmarker und zwölf Herrschafts-Spielmarker. Die Ritter ordnet er nun nebeneinander an und platziert darunter in beliebiger Anordnung seine Söldner. Jede Reihe, über der ein Ritter ausliegt, bildet im Spiel eine Armee.

Zum Schluss werden für jeden Spieler noch zehn Einflussspielmarker in den Vorrat des Plans gelegt. Ratsältester und Erzbischof werden zufällig bestimmt. Anschließend beginnt die Partie mit dem Ratsältesten.

_Spielaufbau_

„Warrior Knights“ wird in drei ausführlichen Phasen gespielt, an deren Ende jedes Mal wieder überprüft werden muss, ob eine der Siegbedingungen erfüllt ist. Das Spiel endet nämlich sofort, sobald ein Herzog mindestens die Hälfte aller ungeschleiften Städte in seinem Besitz hat oder aber alle Einflussmarker verteilt sind. Bis zu diesem Punkt gliedert sich das Spiel wie folgt:

|1.) Planungsphase|

Jeder Herzog wählt maximal sechs seiner Aktionskarten aus, die ihm beispielsweise ermöglichen, sich durchs Land zu bewegen, zu kämpfen, Steuern einzutreiben oder weitere Stimmen im Rat zu gewinnen. Die Auswahl ist hier recht vielfältig und sollte in jeder Runde von neuem überprüft werden – sofern auch immer alle Karten verfügbar sind.

Jeweils zwei Karten werden nun auf die drei unterschiedlichen Aktionsstapel auf dem Spielplan gelegt. Haben dies alle Spieler erledigt, nimmt man für jeden Stapel außerdem zwei neutrale Aktionskarten. Anschließend werden alle Stapel separat gemischt und nacheinander aufgedeckt.

|2.) Aktionsphase|

Beginnend mit dem ersten Stapel werden nun alle Karten der Aktionsstapel nacheinander aufgedeckt und die jeweilige Aktion durchgeführt. Sollte es sich dabei um eine neutrale Karte handeln, wird sie vom Ratsältesten vorgelesen. Anschließend wird die ausgespielte Karten einem der drei Spezialphasen-Felder zugeordnet. Hierbei kann es geschehen, dass eine Spezialphase ausgelöst wird, was der Fall ist, wenn die Anzahl der Karten auf den betreffenden Feldern doppelt so groß wie ist die Mitspielerzahl. Bei den Spezialphasen unterscheidet man zwischen Besteuerung, Rat und Sold, wobei die Auswirkungen sowohl positiv als auch negativ sein können. In der Sold-Phase zum Beispiel müssen alle Herzöge ihre Truppen entlohnen. Je nach Größe der Armee kann dies ein recht schwieriges Unterfangen werden und dazu führen, dass einzelne Söldner ihren Dienst quittieren. Man sollte also tunlichst vermeiden, den zugehörigen Stapel rasch wachsen zu lassen, wenn man gerade selbst knapp bei Kasse ist.

Die Besteuerungsphase ist da schon wesentlich günstiger und bringt den Herzögen die jederzeit dringend benötigten Einkünfte. Für alle Konzessionen und Städte erhält man individuell eine bestimmte Anzahl Kronen, die zum Beispiel dringend für die Soldphase benötigt werden. Aber auch beim späteren Anwerben neuer Söldner ist ein gesunder Kontostand das Maß aller Dinge.

Sobald der Rat einberufen wird, legt der Ratsälteste die drei Tagesordnungspunkte in die Mitte des Plans und entscheidet nun, in welcher Reihenfolge darüber abgestimmt werden soll. Alle Spieler dürfen nun ihre Stimmen einsetzen und Gesetze erlassen oder vorübergehend neue Regeln aufsetzen. Der Ratsälteste hat hierbei das Privileg des Züngleins an der Waage bei Gleichständen. Es besteht indes auch die Möglichkeit, sich gegen den Rat zu stellen und Abstimmungen zu boykottieren. Daraufhin wird man auf unbestimmte Zeit aus dem Rat verbannt und darf an künftigen Sitzungen nicht mehr teilnehmen.

Des Weiteren wird in der Aktionsphase auch über den Verbleib neuer Söldner gerichtet. Sobald die Söldnerleiste mittels Aktionskarten um ein Feld weiter ist als die Zahl der Teilnehmer, dürfen die Spieler neue Söldner aus der bereitliegenden Auswahl anwerben. Der Spieler, der auf der Söldnerleiste sein Symbol am weitesten links positioniert hat, darf zuerst zugreifen und entrichtet dabei den fälligen Betrag für die Verstärkung an die Bank. Sollte er weitere Herzog-Marker ausliegen haben und befinden sich gleichzeitig weitere Söldner der gleichen Staatsangehörigkeit wie der bereits erworbene in der Auslage, darf man auch frühzeitig einen zweiten Söldner anwerben und seinen Vorteil als Erstwähler ein zweites Mal ausspielen. Es ist allerdings keine Pflicht, Söldner anzuwerben, auch wenn ein Herzog-Marker in einer der letzten Runde hier abgelegt wurde. Allerdings ist dies die einzige Möglichkeit, sein Heer zu verstärken und mit größerer Kampfkraft neue Städte anzugreifen.

|3.) Unterhaltsphase|

In der letzten Phase einer Runde werden zunächst die Siegbedingungen überprüft und das Spiel daraufhin möglicherweise sofort beendet. Sollte dies nicht der Fall sein, bekommt jeder Spieler Einflussmarken für jede unbelagerte Stadt in seinem Besitz. Anschließend werden für jede eigene Stadt Schicksalsmarken gezogen und damit entschieden, ob Aufstände losbrechen. Städte, die von einem Aufstand bedroht sind, können nur durch den Einsatz von Glaubensmarkern oder Kronen in doppelter Höhe der Stadteinkünfte gerettet werden. Ansonsten gehen sie wieder verloren. Am Ende der Phase dreht man nun alle in den Aktionen verwendeten Ritter wieder auf die aktive Seite und beendet ihren Erschöpfungszustand. Ritter, die besiegt wurden, dürfen außerdem nun wieder ins Spiel zurückkehren.

_Bewegungen in „Warrior Knights“_

Man unterscheidet in den Aktionsphasen zwischen drei Bewegungen, welche die Ritter bzw. eine Armee mit der entsprechenden Karte vollziehen können. Auf dem Land darf man sich entweder von Provinz zu Provinz, bei vorliegender Straßenverbindung indes sogar bis zu drei Provinzen weit fortbewegen. Eingeschränkt ist man allerdings durch hinderliche Flüsse und Gebirge. Eine Seereise hingegen ist anstrengender. Man reist lediglich von Hafen zu Hafen und ist anschließend erschöpft. In der Unterhaltsphase werden die Armeen dann auf die Städte gesetzt, die den jeweiligen Häfen angehören. Auch Truppentransfers sind während der Bewegungen möglich. Sollten sich zwei eigene Ritter auf ein und demselben Provinzfeld befinden, können sie Ritter austauschen und ihre Truppenstärke modifizieren. Auch in der eigenen Festung, die zu Beginn des Spiels an einem selbst gewählten Ort aufgestellt wird, sind diese Transfers möglich.

_Kämpfen_

Wie es sich für ein solches Spiel traditionsgemäß gehört, ist das Kämpfen auch in „Warrior Knights“ das A und O auf dem Weg zum Sieg. Allerdings finden die Kämpfe nicht nur zwischen den Herzogen selber, sondern auch zwischen unbesetzten Städten und ihren Angreifern statt. Das Kampfgeschehen konstituiert sich jedoch immer aus den gleichen Schemen. Die beiden Parteien ermitteln ihre Angriffsstärke und ziehen dementsprechend Karten vom Schicksalsstapel. Diese werden nun gegeneinander ausgelegt und gewertet. Verluste werden direkt auf die Stadt oder die Ritter übertragen, allerdings mit den defensiven Eigenschaften (‚Verlust verhindern‘) der Karten verrechnet. Anschließend werden Verlust-Marker auf die betroffenen Städte respektive Ritter verteilt. Bei einem Angriff auf eine Stadt fällt diese in den eigenen Besitz, sobald man ihre Verteidigung mit Verlusten durchbrochen hat, Ritter hingegen tragen Schaden davon und sterben möglicherweise im Kampf. Erst am Ende einer Runde können sie wieder ins Geschehen eingreifen. Möglicherweise kommt es auch zu einem Teilsieg auf der einen Seite, der die Armee des Gegners zum Rückzug zwingt. Auch in diesem Fall wird eine Schicksalskarte gezogen, die darüber entscheidet, welche Söldner hierbei ihr Leben lassen müssen. Dies wird über die Spalte ‚Staatsangehörigkeit‘ ermittelt.

Darüber hinaus ist es auch zulässig, Städte und Festungen zu belagern und die Möglichkeiten ihrer Verteidigung stark einzuschränken. Außerdem darf man Städte im Sturm angreifen, um in sie Breschen zu schlagen. Hierdurch wird die Verteidigungskraft der Stadt herabgesetzt, die Stadt selber jedoch auch teilweise zerstört, was zur Folge hat, dass man selber bei der eventuell folgenden Einnahme diesen Schaden übernehmen muss.

_Spielende_

Sobald ein Spieler die Hälfte der ungeschleiften Städte unter seine Herrschaft gebracht hat, gehört ihm das Königreich von „Warrior Knights“. Da es jedoch enorm schwer ist, sich allzu weit von seinen Konkurrenten abzusetzen, wird diese Option eher selten greifen. Wahrscheinlicher ist, dass die Einfluss-Marker zuerst aufgebraucht sind. Für diesen Fall gewinnt der Spieler, der diesbezüglich den meisten Einfluss gesammelt hat.

_Persönlicher Eindruck_

Es hat einige Wochen gedauert, bis sich der Spielfluss in „Warrior Knights“ gefestigt hat, wiederkehrende Regelfragen der Vergangenheit angehören und sich die wahre Tiefe dieses fantastischen, darüber hinaus aber auch sehr komplexen Spiels gänzlich offenbart haben. Hierzu war jedoch auch einiges an Geduld und Standhaftigkeit erforderlich, zumal man nach der Analyse des detailreichen Regelwerks, vielmehr noch bei dessen Weitervermittlung schnell an die Grenzen der persönlichen Frustrationstoleranz stößt. Und dabei ist der Mechanismus im Grunde genommen schnell verständlich. Probleme, soweit man es so nennen darf, bescheren lediglich die vielen kleinen Details wie etwaige Ungereimtheiten bei den Ergebnissen der Ratssitzungen und erste Unstimmigkeiten in den unterschiedlichen Kampfmodi. Hier gilt es Runde für Runde, die Improvisationsspielräume der ersten Regelerkenntnisse einzudämmen und sich langsam aber sicher mit den zunächst schwer durchschaubaren Fakten vertraut zu machen – ein Prozess, der mitunter mehrere Partien andauert.

Dies ist schließlich der hauptsächliche Aspekt, der mich dazu zwingt, Gelegenheitsspielern von „Warrior Knights“ abzuraten, weil man sich wirklich intensiv mit den Mechanismen auseinandersetzen muss, um schließlich ein feines Gespür für die große Anzahl möglicher Strategien zu erlangen. In diesem Bereich bietet das Spiel nämlich eine ungeheure Vielfalt, die sich in jeder kleinen Nuance widerspiegelt und bereits beim Aufbau der eigenen Auslage mit berücksichtigt werden muss. Die Anordnung der Armeen, die Position der Festung, die Fokussierung der Angriffspläne, und, und, und. Es gibt zahlreiche Kleinigkeiten, die am Anfang noch unscheinbar und beliebig scheinen, sich anschließend aber als tragende Elemente des Spiels erweisen und für die Dauer der ganzen Partie entscheidend sein können. Dies überträgt sich fortan auf die Wahl der Aktionskarten, die Gewichtung der Aktionen und schließlich auch auf die Verteilung der Truppen. Man ist insgeheim schon erleichtert, dass zumindest beim Entscheid der Kampfsituationen der Zufall mithilft und nicht auch hier noch Strategie gefordert ist; so gönnt einem „Warrior Knights“ zwischendurch zumindest einmal ein paar gedankenfreie Verschnaufpausen, die beim Kopfzerbrechen in der Planungs- und Aktionsphase auch bitter nötig sind. Kaum zu glauben, welche Finessen der Verlag hier wieder herausgeschlagen hat.

Indes ist auch die deutsche Übersetzung vom |Heidelberger Spieleverlag| eine absolute Wonne, sieht man mal von der grundsätzlich nicht simpel strukturierten Regel ab (wobei man hier froh sein kann, dass man sich nicht noch mit Sprachbarrieren und dergleichen auseinandersetzen muss …), einem der anfänglichen Knackpunkte bezüglich des Spielgenusses. Die Übertragung ist makellos, das Material ausgezeichnet und die generelle Umsetzung des Themas über jegliche Zweifel erhaben.

Insofern darf am Schluss auch nichts anderes als eine klare Empfehlung für all diejenigen stehen, die sich selbst bei epischen Mammutspielen nicht für mehrere Wiederholungstaten zu schade sind und außerdem ein Faible für taktische Eroberungsspiele haben. „Warrior Knights“ leistet in diesem Genre nämlich einen enorm vielschichtigen, durch den Einfluss der Politik sogar noch innovativen Beitrag, der einen stundenlang an den Tisch zwingt, dort aber Partie für Partie mehr Euphorie auslöst. Keine Frage, diese längst überfällige Komplettrestaurierung ist vollkommen überzeugend umgesetzt worden!

http://www.hds-fantasy.de/

McCaughrean, Geraldine – Weiße Finsternis

Liebe hat viele Gesichter. Zum Beispiel das von Titus Oates, den die vierzehnjährige Symone anhimmelt. Einziger Haken dabei ist, dass Titus Oates schon seit neunzig Jahren tot ist. Das hindert ihn aber nicht daran, Symone in ihrer Fantasie zu begleiten, und er erweist sich als sehr hilfreich, als Symones Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird …

Symone lebt gemeinsam mit ihrer Mutter und Onkel Victor, der eigentlich gar kein Onkel ist, zusammen. Ihr Vater ist gestorben, weshalb Onkel Victor der Familie nicht nur finanziell zur Hand geht, denn es steht nicht besonders gut ums Geld. Ihr Vater hatte Schulden, und diese müssen abgezahlt werden. Umso verwunderlicher ist es, als Victor Symone und ihre Mutter eines Tages mitten in der Schulzeit zu einem Trip nach Paris einlädt.

Ihre Mutter müssen sie leider in England zurücklassen, da diese ihren Pass nicht finden kann, doch Symone ist sich sicher, dass sie auch alleine mit Onkel Victor eine Menge Spaß haben wird. Victor allerdings hat ganz andere Pläne. Er möchte nicht nach Paris, er möchte zum Südpol. Symone ist seit frühester Kindheit Fan von allem, was mit Eis und Schnee zu tun hat. Sie hat Bücher und Filme zu diesem Thema – und ihren unsichtbaren Freund Titus Oates, der einst als Polarforscher die Südpol-Expedition von Robert Scott begleitete.

Titus ist ihr folglich eine große Hilfe, als sie plötzlich mit einer bunt zusammengewürfelten Reisetruppe im ewigen Eis landet, denn Onkel Victor hat diese Reise nicht zu Sightseeingzwecken unternommen. Im Gegenteil wird immer deutlicher, dass er bestimmte Pläne verfolgt. Pläne, die nicht nur Symone in Lebensgefahr bringen …

Geraldine McCaughrean [(„Peter Pan und der rote Pirat“), 3301 die unter anderem schon den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten hat, legt in „Weiße Finsternis“ einen sehr ungewöhnlichen Plot vor. Der Anfang wirkt noch recht banal. Ein Mädchen ist in ihrer Schule eine Außenseiterin, weil sie sich in ihrer Freizeit mit anderen Themen beschäftigt als ihre pubertierenden Freundinnen. Hinzu kommt die familiäre Tragödie, der Tod des Vaters. Erst als Symone und Victor sich in Paris befinden und Victor einige seltsame Verhaltensweisen an den Tag legt, wird klar, dass es hier um mehr geht als eine weitere Teenager-Außenseiter-Geschichte. Dieses Motiv spielt zwar an einigen Stellen mit hinein, mit der Zeit erschließt sich dem Leser aber, worum es wirklich geht in diesem Buch und was Victor plant. Dabei hat der Leser den Vorteil, dass er einige Dinge schneller erkennt als Symone. Diese hat eine sehr gutgläubige Einstellung gegenüber dem väterlichen Freund Victor, was den Zeitpunkt, als sie ihn durchschaut, umso dramatischer werden lässt.

Die Handlung ist spannend und sehr gut ausgedacht. McCaughrean strickt aus originellen Ereignissen eine abenteuerliche, aber trotzdem authentische Geschichte. Diese spielt sich zum Großteil in der Antarktis ab und der Autorin gelingt es auf wunderbare Art und Weise, diesen Schauplatz lebendig werden zu lassen. Mit einfachen Worten lässt sie Schnee und Eis vor dem inneren Auge des Lesers entstehen und schildert die Atmosphäre und die Besonderheiten des Südpols so verständlich und detailliert, dass man sich tatsächlich an Symones Seite wähnt, wenn sie sich durch den Schneesturm kämpft. Gerade die Beschreibungen und die Recherchen beweisen, dass McCaughrean nicht umsonst Preise gewonnen hat.

Daneben präsentiert sie eine sehr ansprechende Hauptperson beziehungsweise eine Hauptperson und die Stimme in ihrem Kopf, die einem seit neunzig Jahren toten Polarforscher gehört. Alleine diese Idee gefällt, die Ausarbeitung verdient richtig viel Lob. Die Schlagabtäusche zwischen Symone und Titus sind wunderbar humorvoll und lockern die Geschichte immer wieder auf. Hinzu kommt, dass Symone ein sympathischer und sehr realistischer Charakter ist. Sie erzählt aus der Ich-Perspektive, und dabei gibt sie sehr viele ihrer Gedanken preis. Dadurch erfährt man sehr viel über sie; beispielhaft seien an dieser Stelle die alterstypischen Gedanken genannt, die sich stets darum drehen, wie sie sich selbst sieht – und das ist nicht besonders positiv. Sie hält sich für tollpatschig & schüchtern, und die Autorin weiß diese Unsicherheit perfekt auszudrücken.

Die Sprache, die Geraldine McCaughrean dabei verwendet, ist jugendgerecht, also ziemlich einfach. Gehobene Ausdrücke kommen höchstens in Anführungszeichen vor, aber trotzdem schreibt die Engländerin unglaublich intensiv, treffsicher und bildhaft. Ihre Metaphern und Vergleiche bezieht sie zumeist auf die Antarktis, doch auch wenn nicht, sind ihre Stilmittel gut verständlich, anschaulich und von seltener Originalität. Nicht umsonst sind die Beschreibungen und die Hauptfigur so sympathisch – bei diesem Schreibstil kein Wunder!

In der Summe ist „Weiße Finsternis“ ein sehr empfehlenswertes Jugendbuch, das auch Erwachsene unterhalten kann. Bei diesem Roman stimmt einfach alles: Hauptperson, Handlung, Schreibstil – alles ist auf die Zielgruppe zugeschnitten, unterfordert diese aber auch nicht. Geraldine McCaughrean sollte auch für dieses Buch mit Preisen überschüttet werden.

http://www.cbj-verlag.de

Sack, John – Im Zeichen der Seraphim

Geheimnisse und Verschwörungen des Vatikans erleben zurzeit eine wahre Hochkonjunktur. „Im Zeichen der Seraphim“ von John Sack spielt aber nicht in der Gegenwart, sondern der Autor schickt seine Protagonisten ins 13. Jahrhundert. Den Leser erwartet ein recht tiefgründiges und interessantes Thema, dafür geht es im Roman weniger rasant und actionreich zu.

_Die Story_

Vier Jahrzehnte nach dem Tod des Franziskus von Assisi bekommt der junge Eremit Conrad Besuch von einem noch sehr jungen Priester, der sich letztlich als eine junge Frau entpuppt. In einer kryptischen Botschaft wird ihm der Auftrag erteilt, die Wahrheit hinter den Legenden um den heiligen Mann aufzuspüren. Diese Recherchen schicken den jungen Priester Conrad auf eine beschwerliche Reise, wobei der Tod als ständiger unheimlicher Reisebegleiter dabei ist.

Der Legende nach trug Franz von Assisi die Wundmale Jesu, nachdem ihm ein Seraphim mit brennenden Flügeln erschienen ist. Aber wo ist der Leichnam des zum Heiligen erklärten Mannes? Diesen haben seine Anhänger in einer geheimen Aktion versteckt. Doch warum wird dieser vor der Kirche und seinen Anhängern verborgen? Gibt es etwas, das den Mythos in Frage stellen könnte? Conrad sucht in alten Büchern nach der Wahrheit und bezahlt wenig später seine Neugierde mit Folter und Einkerkerung.

Doch auch unter den Anhängern und Gläubigen gibt es zwei Lager, einmal die zurückgezogenen Spiritualen (Bettelmönche), zum anderen die Klosterbrüder, die manchmal ein recht ausschweifendes Leben führen. Conrad gerät mitten in diese immer wieder aufkeimenden Auseinandersetzungen. Es werden viele Jahre vergehen, bis Conrad die Wahrheit findet, und diese kommt überraschend – er muss sich nun entscheiden, ob er einen Mythos wissentlich zerstört und dabei tausende von Menschen enttäuscht, oder ob er es bei der Legende belassen wird …

_Mein Eindruck_

John Sack schildert seine Figuren recht realistisch und transparent. Zum Beispiel beschreibt er Conrads unschuldige Unfähigkeit in der mondänen Welt weit abseits seiner kläglichen Waldhütte atmosphärisch dicht. In der von Männern dominierten mittelalterlichen Gesellschaft schildert er ebenso glaubhaft die schwierige Rolle einer Frau in dieser Epoche. Und genau hier liegt die hervorzuhebende Stärke des Romans. Die Vielfalt historischer Details entwickelt die Geschichte interessant und spannend. „Im Zeichen der Seraphim“ ist John Sacks Debütroman, mit welchem dem Autor in sehr flüssigem Stil eine mitreißende und informative Geschichte über einen gefährlichen Mythos und Glaubenszwiespalt gelingt.

_Der Autor_

John Sack, 1938 in Ohio geboren, hat englische Literatur studiert und viele Jahre in der Computerbranche gearbeitet. Nach mehreren Sachbüchern und einem Jugendbuch hat er mit „Im Zeichen der Seraphim“ seinen ersten Roman veröffentlicht.

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Verne, Jules – Kinder des Käpt\’n Grant 1+2, Die (Europa-Originale 38)

_Besetzung_

Erzähler – Karl Walter Diess
Lord Glenarvan – Christian Rode
Lady Helena – Ingrid Andree
Major Nabbs – Klaus Stieringer
Kapitän John Mangler – Lothar Grützner
Monsieur Paganel – Gernot Endemann
Mary Grant – Julia Gerstenberg
Robert Grant – Thorsten Sense
Kapitän Grant – Benno Sterzenbach
Farmer – Hans Meinhardt
Ayrton – Wolfgang Jürgen
Offizier – Til Erwig
Skipper Halley – Julius von Claudius
Senor Thalcave – Rolf Mamero
Monsieur Ipharaguerre – Gerd Martienzen
Ramon – Knut Hinz

_Story_

Bei einer Überfahrt auf hoher See stoßen Lord Glenarvan und seine Mannschaft auf einen Hammerhai. Verwundert über die merkwürdige Entdeckung in diesen Gewässern, beschließen die Seemänner kurzerhand, das Tier zu töten und die drohende Gefahr abzuwenden. Im Schlund des hilflosen Hais entdeckt Glenarvan schließlich eine seltsame Flaschenpost, deren Ursprungsdatum bereits zwei Jahre zurückliegt. Es ist der Hilferuf eines bekannten Kapitäns namens Grant, dessen Schiff zerstört wurde und ihn alleine abgetrieben zurückließ.

Glenarvan kehrt mit der Nachricht in die Heimat zurück und hofft auf Unterstützung seitens der Behörden, jedoch ohne Erfolg. Erst als die Kinder des verschollenen Kapitäns mit Nachdruck auf der Suche nach Grant bestehen, setzt der Lord alle Hebel in Bewegung und sticht nur wenige Tage später erneut in See. Die Rettungsaktion scheint aber von Tag zu Tag vergeblicher; alle Spuren führen ins Nichts, und in den Reihen des Teams wächst die Verzweiflung, während man noch immer ziellos durch die Weltmeere segelt. Nur ein Beweis des Gegenteils treibt Robert, Mary und Glenarvan weiter an, nicht an den Tod des verlorenen Seemanns zu glauben.

_Persönlicher Eindruck_

Mysterien, abenteuerliche Szenarien und eine ambitionierte Charakterwahl, das sind auch im Falle von „Die Kinder des Käpt’n Grant“ die Leitmotive, die Jules Verne für seine nicht ganz so berühmte Erzählung zielsicher einsetzte. In der 38. Episode der „Europa-Originale“ werden nun die beiden damals separat veröffentlichten Folgen des Abenteuerhörspiels zur Geschichte erstmals gebündelt zusammengefasst und als ressourcenreicher Audio-Genuss in die Regale gestellt. Fraglich ist hierbei allerdings, warum man dieses Stück nicht schon viel früher in entsprechendem Rahmen auf den Markt gebracht hat; die Story ist definitiv kein Lückenbüßer im umfangreichen, gut sortierten Verne-Katalog und hat definitiv genügend Potenzial, um zu den populäreren Werken Vernes aufzuschließen.

Vielleicht ergibt sich diese lange versäumte Gelegenheit aber nun mit der Neuveröffentlichung der ursprünglich 1979 herausgebrachten Doppelfolge. Die Hörspiel-Aufarbeitung ist nämlich durchweg fantastisch und knüpft nahtlos an die tolle Atmosphäre des gleichnamigen Romans an. Die Inszenierung wirkt erfrischend und auf ihrem Gebiet auch erstaunlich eigenständig, was sicherlich auch mit den teils unbeschriebenen Blättern in der Besetzung zusammenhängt. Die |Europa|-Variante bietet mit Christian Rode und Gernot Endemann nur wenige bekannte Gesichter auf, was auf Anhieb dazu führt, dass die Geschichte abseits ihrer eigentlichen Natur auch im auditiven Bereich sehr schnell einen eigenen Charakter entwickelt. Dies überträgt sich schließlich auch auf das angemessen gewählte, indes doch rasche Erzähltempo, welches über die gesamte Spielzeit von knapp 80 Minuten trotz sich bietender Möglichkeiten keinen Dämpfer erhält.

Im Hinblick auf den Verlauf der Story darf man auch nur lobende Worte aussprechen; der Aufbau ist von der ersten Minute an spannungsgeladen und versprüht ein angenehmes Abenteuer-Flair, welches mit dezenten Effekten und ambitionierten Sprecherparts angenehm ausgefüllt wird. Außerdem ist auch die Tonkulisse beachtlich gut und mitunter das Beste, was in diesem Rahmen bisher veröffentlicht wurde. Insofern ist das Urteil kurz und schmerzlos: „Die Kinder des Käpt’n Grant“ ist zweifelsohne eines der Highlights der „Europa-Originale“ und in der kombinierten Fassung ein Muss für den Hörspiel-Genießer.

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Alan Campbell – Scar Night (Kettenwelt-Chroniken 1)

In Deepgate, der Stadt, die an Ketten über einem tiefen Abgrund schwebt, sorgen Intrigen und Mordanschläge für Unruhen und Aufruhr. Als ein Wahnsinniger einen Privatkrieg gegen die Obrigkeit anzettelt, wird sogar der Höllenschlund unter der Stadt aufgerührt … – „Dark Fantasy“ vom Feinsten: Die an sich bekannte Story wird vor einer grandiosen, ebenso düsteren wie plastisch geschilderten Kulisse entwickelt. Lebendige Figuren fesseln das Interesse zusätzlich.
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Fossum, Karin – Mord an Harriet Krohn, Der

Nach dem Tod seiner geliebten Frau Inga geht es mit Charles Olav Torp nur noch bergab. Seine Spielsucht gerät außer Kontrolle, seine Schulden werden immer höher, er verliert seine Arbeit und der Kontakt zu seiner 16-jährigen Tochter Julie friert ein. Vor allem unter der Distanz zu Julie, die selbstständig in einem Wohnheim lebt, leidet er stark. Als sich seine Spielschulden auf 200.000 Kronen belaufen und er fürchtet, von seinen Gläubigern zusammengeschlagen zu werden, fasst er einen grausigen Entschluss:

Charles sucht sich die alte Harriet Krohn als Opfer aus. Unter einem Vorwand lässt er sich abends in ihre Wohnung bitten und bedroht sie mit einem Revolver. Wider Erwarten wehrt sich die alte Frau und in Panik erschlägt er sie. Anschließend durchsucht er ihre Wohnung, findet 200.000 Kronen in bar und Silberbesteck. Auf dem Heimweg gerät er unverschuldet in einen Autozusammenstoß und flüchtet, um nicht in Tatortnähe gesehen zu werden.

Mit dem Geld bezahlt er seine Schulden, für den Erlös des Silbers kauft er einen stolzen Fuchswallach und schenkt ihn seiner reitbegeisterten Tochter, die ihr Glück kaum fassen kann. Endlich verbringt er wieder regelmäßig Zeit mit Julie, zumal er im Reitstall eine Anstellung findet. Doch die Angst, dass man seine Spur findet, nimmt kein Ende. Täglich verfolgt Charles die neuen Ermittlungen im Fall Harriet Krohn. Die wachsende Paranoia und sein Gewissen setzen ihm immer weiter zu …

Karin Fossums Krimis um Hauptkommissar Konrad Sejer zeichnen sich stets durch einen besonderen Fokus auf die Seelenzustände der Figuren und psychologische Tiefe aus. Bei wohl keinem anderen ihrer Romane trifft dies stärker zu als beim „Mord an Harriet Krohn“.

|Lupenreiner Whydunnit|

Von Beginn an ist der Leser über den Täter im Bilde. Er verfolgt unentwegt Charles‘ Gedankengänge, die Vorbereitungen für den Mord und die Tat selbst sowie sein anschließendes Martyrium, seine ständige Angst vor Entdeckung. In kleinen Rückblicken wird man in seine Vergangenheit geführt. Man erfährt, wie er schon während seiner Ehe allmählich auf die schiefe Bahn geriet und der Faszination des Glücksspiels erlag. Was er damals noch halbwegs unter Kontrolle halten konnte, entglitt ihm nach dem Tod seiner Frau, die seine Stütze war, vollends. Eine kleine Unterschlagung in der Firma kostet ihn den Job, seine Gläubiger drohen ihn mit Gewalt zum Zahlen zu bringen, der Kontakt zu Julie, dem einzigen Menschen, der ihm noch etwas bedeutet, reißt ab. In manchen Momenten empfindet man ansatzweise Mitleid mit Charles. Seine Vorstellung von Glück konzentriert sich auf eine liebevolle Beziehung zu seiner Tochter, nur für sie ist er bereit, buchstäblich über Leichen zu gehen. Anrührend sind die Rückblicke in Julies ersten Ausflug in einen Reitstall, ihre ersten Reitversuche auf dem Pony Snowball, ihre späteren Turniererfolge und Charles‘ Stolz auf seine Tochter, dem er mit einem eigenen Pferd endlich Ausdruck verleihen möchte. Es ist ein verzweifelter Versuch, mit dem edlen und riesigen Fuchswallach „Call me crazy“ die Liebe seiner Tochter zurückzugewinnen, und anfangs scheint diese traurige Rechnung sogar aufzugehen. Auch um Julies Willen, um die junge Frau, die tapfer den Verlust der Mutter erträgt und ihr Leben schon sehr selbstständig meistert, fühlt man sich zerrissen zwischen dem Wunsch, die beiden mögen wieder zusammenfinden, und der Abneigung gegen Charles, der für seine Tochter das Leben einer alten Frau opferte.

Dass man Charles einerseits für den Mord verabscheut und andererseits hin und wieder in Versuchung gerät, ihn wegen seines Schicksals zu bedauern, bildet einen interessanten Spannungspunkt, der den Leser fesselt – obwohl dies keiner der konventionellen Krimis ist, bei denen man den Mörder erraten muss. Dennoch bleiben genug Faktoren übrig, die bis zum Schluss ungewiss sind. Man fragt sich, ob Charles von Kommissar Sejer gefasst werden wird oder sich womöglich selber stellt, ob seine Tochter, bei der der plötzliche Geldsegen natürlich Misstrauen erweckt, hinter die schreckliche Tat kommt, oder ob Charles sogar zusammenbricht und aus Verzweiflung Selbstmord begeht – denn seine verständliche Sorge vor Entdeckung wandeln sich nach und nach in eine ausgewachsene Paranoia. Plötzlich fürchtet Charles an jeder Ecke, entlarvt zu werden. Irgendjemand könnte ihn wider Erwarten beobachtet haben, sein Aussehen ist vielleicht doch nicht so unauffällig und durchschnittlich, wie er glaubt, der Verursacher des Autounfalls könnte ihn identifizieren, nachdem bekannt wurde, dass ganz in der Nähe kurz zuvor ein Mord verübt wurde. Sein sorgfältig ausgearbeiteter Plan bricht in sich zusammen, kleine Patzer und Risiken häufen sich. Charles‘ Leben ist eine einzige Lüge, die Belastung hinterlässt schließlich auch körperliche Spuren. Karin Fossum zeichnet das gelungene Porträt eines Mörders, der sich selber vor allem als Opfer widriger Umstände sieht, und schafft dadurch eine unkonventionelle Krimi-Basis.

|Kleine Schwächen|

Im Gegensatz zu anderen Werken der Autorin taucht der ermittelnde Kommissar Sejer hier nur am Rande auf. Wer die Reihe also vorwiegend wegen seiner Person verfolgt, wird in diesem Band sicher zunächst leicht enttäuscht werden. Bis auf ein paar wenige Begegnungen mit dem Kommissar lebt der Roman alleine durch die Präsenz von Charles. Das ist schade, da Konrad Sejer ein sehr sympathischer und interessanter Ermittler ist. Andere Romane der Reihe gewähren Einblick in sein Gefühlsleben, das vor allem von Einsamkeit geprägt ist nach dem Krebstod seiner Frau, ohne dabei die Krimihandlung zu verdrängen.

Gewöhnungsbedürftig ist auch der Stil des Buches. Karin Fossum neigt grundsätzlich zu einem parataktischen Stil, es dominieren die Hauptsätze, die sich oft anstelle eines Nebensatzes aneinanderreihen. Dies passt natürlich ideal zu den inneren Monologen von Charles, zu seinen sprunghaften Gedanken, die mit vielen Assoziationen durchsetzt sind – aber diese Hektik verleiht dem Text nicht nur Authentizität, sondern macht ihn auch ein wenig schwerer lesbar. Es ist gewiss kein Krimi, den man zur Entspannung liest, vielmehr ruft er den Leser dazu auf, in einem Rutsch verschlungen zu werden, auch da es mühsam sein kann, sich jedesmal aufs Neue in den Stil einzulesen.

_Als Fazit_ bleibt ein interessanter Krimi aus der Kommissar-Sejer-Reihe, in dem man intensiv an der Psyche des Mörders teilnimmt. Obwohl der Täter dem Leser von Beginn an bekannt ist, kommt ausreichend Spannung auf. Nur der hektische Stil ist gewöhnungsbedürftig sowie die Tatsache, dass Kommissar Sejer deutlich weniger Auftritte in der Handlung hat als gewohnt.

_Die Autorin_ Karin Fossum wurde 1954 in Norwegen geboren. 1974 und 1978 erscheinen zwei Gedichtbände von ihr, ehe sie ihre Kinder bekam und eine schriftstellerische Pause einlegte. 1995 erschien ihr Debütroman [„Evas Auge“ 4433 mit dem Ermittler Kommissar Sejer. Es folgten sechs weitere Bände, u. a. „Fremde Blicke“, „Dunkler Schlaf“ und „Stumme Schreie“.

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Keene, Brian – Wurmgötter, Die

Seit mehr als 40 Tagen regnet es auf dem gesamten Erdball. Gewaltige Fluten haben die Küstenregionen sämtlicher Kontinente verwüstet. Das Wasser steigt ständig. Bis auf die bergigen Regionen ist inzwischen auch das Land überflutet und aufgeweicht. Die Zivilisation ist zusammengebrochen, die meisten Menschen sind tot oder auf der Flucht dorthin, wo das Wasser sie nicht erreicht. Wer sich den großen Evakuierungen nicht angeschloss, blieb isoliert und ohne Nachrichten zurück. So wird es auch bleiben, denn ein Kommunikationsnetz existiert nicht mehr.

Im US-Staat West Virginia gehört Teddy Garnett zu denen, die sich störrisch weigerten, ihr Heim zu verlassen. Über 80 Jahre ist er alt und mag dem Wetter nicht weichen. Da er sein Haus hoch auf einem Berg errichtet hat, blieb er von der Flut verschont. Doch Garnett ist einsam, Lebensmittel und Brennstoff für den Stromgenerator drohen ihm auszugehen. Zudem bemerkt er Seltsames im ewigen Regen: Eine aggressive Schimmelart breitet sich aus und befällt Tiere und Pflanzen. Schlimmer ist jedoch eine akute Würmerplage. Garnett führt das zunächst auf die Feuchtigkeit zurück, bekommt es aber mit der Angst zu tun, als er erlebt, wie plötzlich riesenhafte und fleischhungrige Würmer an der Erdoberfläche erscheinen.

Wie gewaltig diese wirklich werden können, weiß eine kleine Menschengruppe, die gerade aus der versunkenen Stadt Baltimore entkommen ist. Dort hatte sie sich in einem Hochhaus verbarrikadiert, denn in den Ruinen lauerten offenbar wahnsinnig gewordene Zeitgenossen, die an eine Rückkehr uralter Götter als Auslöser der neuen Sintflut glaubten und ihnen Menschenopfer brachten. Tatsächlich treiben seltsame Wesen ihr Unwesen in den Fluten, und sie dringen ins Landesinnere vor.

Der Weg der Flüchtlinge endet unweit von Garnetts Hütte, in der man sich erneut einigelt: Aus dem Boden steigen Monsterwürmer, deren Gier auf Menschenfleisch unersättlich ist …

|I.|

Der Mensch teilt diese Erde seit Jahrmillionen mit den Würmern – unzähligen Würmern, die teilweise äußerst unerfreuliche Ernährungsgewohnheiten an den Tag legen, in der Regel schleimig sind und manchmal bemerkenswerte Längen erreichen. Er mag sie nicht oder fürchtet sie, doch in der Regel bleibt die Koexistenz zwischen Mensch und Wurm friedlich, weil Letzterer tief in der Erde oder im Meer lebt und Ersterem erst zu Leibe rückt, wenn er (oder sie) in Friedhofserde ruht.

Was wäre allerdings, blieben Würmer nicht klein und ängstlich, sondern würden riesig und angriffslustig? Keine angenehme Vorstellung; obwohl auch Riesenwürmer vermutlich harmlos wären – ein Lebewesen ohne stützendes Skelett würde unter dem Eigengewicht zusammenbrechen -, lässt die Vorstellung trotzdem schaudern. Zu fremdartig wirken diese Tiere. Kein Wunder, dass Würmer in der Mythologie des Menschen keine sympathischen Rollen besetzen. Den sprichwörtlichen Wurm im Apfel kennt jede/r; er symbolisiert, dass unter einer glänzenden Oberfläche schon die Verderbnis lauern kann. Der Wurm (oder die Schlange) Ouroboros, der sich selbst in den Schwanz beißt, steht für den ewigen Kreislauf des Lebens, dessen Ende immer einen neuen Anfang beinhaltet.

In der Unterhaltungsliteratur dominiert der Wurm als schreckliche Kreatur aus der Unterwelt. Bram Stoker, der Autor von „Dracula“, schrieb 1911 kurz vor seinem Tod „Lair of the White Worm“ (dt. [„Das Schloss der Schlange“); 2987 das Untier weist gewisse Ähnlichkeit mit den „Wurmgöttern“ auf, die Brian Keene über die Menschheit herfallen lässt. Er verschmilzt den Wurm mit dem gallertigen Dämonen-Gott Cthulhu, den H. P. Lovecraft (1890-1937) einst zu ewigem literarischen Leben erweckte. (Eigentlich tritt Cthulhu ja in Tintenfisch-Gestalt auf; Brian Keene ließ sich offenbar vom Lovecraft-Epigonen Brian Lumley ‚inspirieren‘, der in seinem „Titus-Crow“-Zyklus [1974-1989] die Menschheit durch die wurmigen Chtonier terrorisieren ließ.)

|II.|

Allzu genau nimmt es Keene indes weder mit der Mythologie noch mit dem Cthulhu-Mythos. Die Herkunft seiner Wurmgötter deutet er nur an und tut gut daran, denn eine Klärung widerspräche der Intention seiner Geschichte. Der Untergang der Welt findet außerhalb der Sicht seiner Figuren statt, die nur über Ursache und Ausmaß der Katastrophe spekulieren können.

„Die Wurmgötter“ ist in doppelter Hinsicht ein episodenhafter Ausschnitt aus einem Geschehen, das auch dem Leser unklar bleibt. Keene verzichtet sogar auf einen stringenten Handlungsbogen. Sein Buch zerfällt in drei Teile – die Geschichte des alten Teddy Garnett, die Abenteuer der Baltimore-Gruppe und der Überlebenskampf der Überlebenden beider schließlich vereinter Gruppen. Die Wirksamkeit dieser Differenzierung bleibt fraglich; stattdessen sinniert der Leser über der Frage, ob Keene überfordert mit der Gestaltung einer durchgängigen Handlung war. Die beiden ersten Teile stehen im Grunde ohne logische Verbindung nebeneinander und werden für das Finale nur notdürftig zusammengeführt. Die Geschichte leidet darunter, weil sie ab Seite 119 mit Teil zwei praktisch neu beginnt. Stilistisch fällt dieser zudem ab: Während sich Keene in Teil eins Zeit für den Aufbau der Ereignisse nimmt, setzt er hier allzu simpel auf Action, Gewalt und Sex.

Viele spannende Episoden hat sich der Verfasser einfallen lassen. Grandios ist indes vor allem sein Gespür für Stimmungen. Das Grauen einer im Wasser versinkenden Welt vermag Keene ausdrucksstark zu schildern. Schlechter schneidet er ab, sobald er seine Protagonisten reden und miteinander agieren lässt. Der Mensch ist kein für die Krise geeignetes Wesen, lautet Keenes Credo; Egoismus und Irrsinn kommen zum Vorschein, wird die dünne Tünche der Zivilisation abgekratzt. Wie sich dies äußert, bleibt bei ihm freilich Klischee. Keenes schlechtester Einfall bleiben in dieser Hinsicht die ‚Satanisten‘ von Baltimore, die sich genauso (dämlich) benehmen wie die Spinner aus 1001 schlechten Hollywood-Streifen.

Das Ende bleibt offen; zumindest in dieser Hinsicht beugt sich der Verfasser nicht der „Happy-End“-Fraktion. Bis es soweit ist, legt er keine Zimperlichkeit an den Tag, wenn es darum geht, die Reihen seiner Figuren zu lichten. Niemand ist sicher, Sympathie keinesfalls eine Garantie für Überleben. Für diese Konsequenz ist man Keene dankbar, denn sie stellt ein angenehmes Gegengewicht zu den genannten Schwächen dar (zu denen sich noch ein Stützen auf plakativen Ekelszenen gesellt, die allzu offensichtlich effekthascherischer Selbstzweck sind.)

Die Zweiteilung der Handlung setzt sich in der Figurenzeichnung fort. Mit Teddy Garrett ist Keene definitiv eine Hauptperson gelungen, die im Gedächtnis bleibt: ein alter Mann aus einfachen Verhältnissen, der ausgiebig über sein Leben reflektiert und zu einer echten Persönlichkeit reift. Flach bleiben dagegen die Flüchtlinge aus Baltimore, deren Denken und Handeln oft nicht nachzuvollziehen ist und eher den Konventionen des Horrorromans als der Logik folgt.

Vor allem die Schwachen und die Bösen gerinnen zum Popanz. Bei Keene werden sie entweder wahnsinnig oder von Dämonen besessen. In beiden Fällen mutieren sie zu Massenmördern und ergehen sich in endlosen Drohreden, in denen sie düster über anstehende Apokalypsen unken und sich auch sonst lächerlich benehmen.

Auf die ‚göttliche‘ Herkunft der Würmer hätte Keene übrigens problemlos verzichten können. Er geht ohnehin nur ansatzweise darauf ein (und produziert dabei primär Kinderbibel-Horror). Letztlich bleibt absolut ungeklärt, wer oder was sich hinter den Würmern verbirgt. Sie könnten durchaus biologische Mutationen sein, die von der Flut an die Oberfläche getrieben wurden. Der große „Behemoth“-Wurm zeigt keine Anzeichen von Intelligenz. „Leviathan“, sein aquatisches Gegenstück, der angebliche Cthulhu, scheint auch keine Ahnung zu haben, was er mit der Erde, die ihm in den Schoß gefallen ist, anfangen soll. Wozu also das mythologische Fundament, wenn Keene nie wirklich auf ihm aufbaut und seine Mammut-Würmer den ganz und gar irdischen Wurmgetümen aus den „Tremors“-Filmen anpasst?

„Die Wurmgötter“ sind unterm Strich die auf dem Fernsehen bekannten „Monster der Woche“, Keenes Roman ist spannender Horror mit nur behauptetem Tiefgang, der allerdings handwerklich sauber präsentiert wird. Dass man zunächst mehr erwartet, liegt an der wirklich schönen Buchgestalt, die der |Otherworld|-Verlag der deutschen Ausgabe dieses Romans spendierte. Sie wurde fest in rotes Leinen gebunden, sauber gedruckt, mit einem handgemalten (!) Cover (von Abrar Ajmal – er lässt seinen Behemoth-Wurm wie einen Shai-Hulud aus den „Dune“-Romanen von Frank Herbert aussehen) versehen und flüssig lesbar (vom Michael Krug) übersetzt. Negativ ins Auge fallen höchstens die sich häufenden falschen Worttrennungen, die auf eine zu hastige Endredaktion hindeuten. Das eigentliche Vergnügen an diesem Werk trübt das freilich nicht.

Brian Keene (geboren 1967) wuchs in den US-Staaten Pennsylvania und West Virginia auf; viele seiner Romane und Geschichten spielen hier und profitieren von seiner Ortkenntnis. Nach der High School ging Keene zur U. S. Navy, wo er als Radiomoderator diente. Nach Ende seiner Dienstzeit versuchte er sich – keine Biografie eines Schriftstellers kommt anscheinend ohne diese Irrfahrt aus – u. a. als Truckfahrer, Dockarbeiter, Diskjockey, Handelsvertreter, Wachmann usw., bevor er als Schriftsteller im Bereich der Phantastik erfolgreich wurde.

Schon für seinen ersten Roman – [„The Rising“ 3368 (2003), eine schwungvolle Wiederbelebung des Zombie-Subgenres – wurde Keene mit einem „Bram Stoker Award“ ausgezeichnet. Ein erstes Mal hatte er diesen Preis schon zwei Jahre zuvor für das Sachbuch „Jobs In Hell“ erhalten. Für seine Romane und Kurzgeschichten ist Keene seitdem noch mehrfach prämiert worden. Sein ohnehin hoher Ausstoß nimmt immer noch zu. Darüber hinaus liefert er Scripts für Comics nach seinen Werken. Außerdem ist Keene in der Horror-Fanszene sehr aktiv. Sein Blog „Hail Saten“ gilt als bester seiner Art; die Einträge wurden in bisher drei Bänden in Buchform veröffentlicht.

Brian Keene hat natürlich eine Website, die sehr ausführlich über sein Werk und seine Auftritte auf Lesereisen informiert (www.briankeene.com). Über den Privatmann erfährt man allerdings nichts; es gibt nicht einmal die obligatorische Kurzbiografie.

http://www.otherworld-verlag.de/

Libor Schaffer – Tod am Galgen

Der Odenwald – das klingt nach einer behaglichen Gegend, in der sich Fuchs und Gans noch gute Nacht sagen. Doch der Odenwald ist neben den beschaulichen Landschaften und den vielen schönen Burgen auch der Ort, an dem Privatdetektiv Tobias Bloch seine Kriminalfälle löst. Dieses Mal beschäftigt ihn ein Mordfall am berühmten Beerfeldener Galgen. An diesem Galgen nämlich hängt eines schönen Morgens eine tote Frau, deren langer Rock an den Knöcheln zusammen gebunden ist, damit ihr auch niemand darunter schauen kann. Denn im Odenwald – da herrschen noch Zucht und Ordnung!

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Wes Craven – Identity

Ein für die US-Regierung wertvoller aber todkranker Waffenexperte kommt in den Genuss eines Körpertausches, doch der Geist des ‚Vorgängers‘ ist noch sehr präsent und stürzt den wieder jungen Forscher in eine Krise, die ihn erst seine Identität und dann sein Leben zu kosten droht … – Wissenschaftsthriller mit SF-Elementen, dessen nicht unbedingt originelle Story temporeich und dicht erzählt wird. Längen im Mittelteil werden durch den gefälligen Stil und politisch hübsch unkorrekte Spitzen nur teilweise ausgeglichen: leichte Unterhaltung der zunehmend misslungenen Art.
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Ackermann, Rolf – Fluch des Diamanten, Der

„Diamonds are a girl’s best friend“, hat Marylin Monroe einst geträllert. Im Falle der Schmuckexpertin Marie-Claire de Vries trifft diese Weisheit allerdings nicht zu. Sie wird in dem Buch „Der Fluch des Diamanten“, wie der Titel schon erkennen lässt, von ein paar Edelsteinen in die Bredouille gebracht.

Die Geschichte beginnt damit, dass von einem Privatbesitz und einem Museum in Florenz zwei verschiedene Diamanten unter Zuhilfenahme brutaler Mittel gestohlen werden. Die Täter waren eindeutig Araber und es geht ein Bekennerschreiben ein, in dem es heißt, dass sie die Edelsteine ihres Landes dorthin zurückholen wollten. Gleichzeitig wird Marie-Claire de Vries beauftragt, über den ‚Florentiner‘ – einen berühmten, aber als verschollen geltenden Diamanten – etwas herauszufinden. Francis Roundell, ihr Auftraggeber und hohes Tier im Auktionshaus Christie’s, möchte, dass sie die Geschichte des Florentiners recherchiert.

Marie-Claire stürzt sich in die Arbeit und stellt bald fest, dass der sagenumwobene Stein von einer Art Fluch umgeben scheint. Seinen bisherigen Besitzern hat er nur Unglück gebracht und es ranken sich viele, teils unveröffentlichte Legenden um ihn. Doch sie ist nicht die Einzige, die sich für diese Geschichten interessiert. Marie-Claire ist mit ihren blonden Haaren und langen Beinen sicherlich alles andere als hässlich, aber bemerkenswert ist es schon, dass sich auf einmal gleich drei Männer um sie bemühen. Drei Männer, von denen nicht jeder ausschließlich an ihr interessiert ist …

Der Roman von Rolf Ackermann beschäftigt sich mit einem nicht alltäglichen Thema, das der Autor gut zu verpacken weiß. Er lässt viele historische Fakten über den Florentiner einfließen und erweist sich als Kenner in Bezug auf das, was er schreibt. Leider reicht das nicht, um „Der Fluch des Diamanten“ zu einem spannenden Thriller zu machen. Dafür tröpfelt die Handlung zu belanglos vor sich hin, außerdem fehlt es an wirklich interessanten Ereignissen und Überraschungen. Ackermann verteilt seine Handlung auf mehrere Länder, doch der Thrill bleibt bei der Jagd rund um die Erdkugel auf der Strecke.

Das könnte mit dem Schreibstil zusammenhängen, der kühl und distanziert, geradezu analytisch berichtet. Der Autor benutzt dazu passend einen gehobenen Wortschatz, weshalb sogar die meisten Dialoge sehr hochgestochen wirken. Das wirkt auf der einen Seite nicht besonders authentisch und distanziert die Charaktere zusätzlich stark vom Leser. Das macht es nicht unbedingt einfach, sich mit ihnen zu identifizieren und mit ihnen zu fiebern. Im Gegenteil wirken Marie-Claire und Co. zu perfekt beziehungsweise ihre Ecken und Kanten bewegen sich immer in einem oberflächlichen Rahmen.

Zudem fällt negativ auf, dass das Buch stark von Klischees durchsetzt ist. Die Frauen sind beispielsweise zum Großteil sehr gutaussehend, im Beruf sehr erfolgreich und in der Liebe eher nicht, was zu aufgestauten sexuellen Energien führt. Die Männer dagegen sind zumeist geschniegelt, intellektuell und echte Verführer, für welche die Frauen nur zu gerne die Hüllen fallen lassen. Der Autor tut nichts dagegen, um diese Stereotypen zu durchbrechen und seine Figuren mit etwas Originalität zu versehen.

Nach der Lektüre von „Der Fluch des Diamanten“ bleibt ein fader Nachgeschmack zurück. Rolf Ackermann schreibt zwar über ein interessantes Thema, bietet diesem jedoch nicht den richtigen Nährboden. Der Handlung fehlt es an Schwung und Spannung, der Schreibstil ist zwar handwerklich gut, aber zu kühl und distanziert, und den Charakteren mangelt es an Tiefe und Originalität.

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Siegner, Ingo – Gustav vor, noch ein Tor

Womit beschäftigen sich Erdmännchen eigentlich den lieben langen Tag? Mit Fußballspielen natürlich – jedenfalls im Hannoveraner Zoo! Dort trainieren Gustav und seine beiden Freunde Pauline und Rocky fleißig Fußball. Platz und Zeit haben sie ja, denn der Zoo ist groß und der Erdmännchen-Tag nicht allzu ausgefüllt. Während des Trainings, zu dem auch Max der Marabu und Zora das Flusspferd hinzustoßen, dichten die Tiere sich ihre Fußballlieder und Schlachtrufe, um sich selbst anzufeuern und gute Aktionen zu feiern. Doch plötzlich taucht Kurt der Maulwurf auf und kommentiert das Spiel. Die Tiere sind verwirrt – was versteht ein Maulwurf schon vom Fußball? Mehr als man denkt, denn Kurt und seine Artgenossen buddeln sich gerne ihren Weg in die AWD-Arena, wo sie den Profis zuschauen können – Hannover 96!

Neugierig wie sie sind, begleiten die drei Erdmännchen die Maulwürfe auf ihrem nächsten Ausflug und finden sich zu ihrem Erstaunen plötzlich in einem riesigen Stadion wieder, wo ganz viele Menschen auf den Tribünen sitzen, um dem Spiel zu folgen. Schnell ist die Idee geboren, einmal gegen diese Profis zu spielen. Zur Ehrenrettung behauptet Rocky, dass die Zoo-Tiere viel besser spielten als 96, woraufhin eine Wette abgeschlossen wird. So wetten die Maulwürfe, dass die Tiere nicht ein einziges Tor gegen die Profis schießen. Da es um die Ehre geht, ist der Ehrgeiz der Tiere sogleich geweckt.

Da ihnen zur Zoo-Elf noch ein paar Mitstreiter fehlen, schreiben die Tiere flugs einen Rundbrief an ihre Zoo-Gefährten. Schon am nächsten Tag melden sich der Marabu, das Flusspferd, die Giraffe, der Orang-Utan, der Strauß, die Schildkröte und das Faultier zum Duell an. Doch noch immer fehlt ein Mitspieler, weswegen die Erdmännchen zum Dschungelpalast laufen und mit der Elefantendame Califa sprechen. Eigentlich war die Elefantendame ja fürs Tor angedacht, doch Califa will lieber Stürmerin sein, worauf die Erdmännchen aber auch gerne eingehen, als sie Califa das erste Mal spielen sehen. Fortan ist der Zooalltag streng durchgeplant, die Tiere machen Ausdauertraining und üben sich in Pässen und Torschüssen, um sich auf den großen Tag vorzubereiten, der dann auch schneller da ist, als die Erdmännchen vorher gedacht hätten …

Der Autor und Zeichner Ingo Siegner wurde in Hannover geboren, wuchs in Großburgwedel auf, lebt und arbeitet heutzutage aber in der niedersächsischen Hauptstadt, wo offensichtlich der regelmäßige Zoobesuch zu seinen liebsten Hobbys zählt. So tragen seine Romanfiguren dann auch die gleichen Namen wie die tatsächlichen Tiere im Hannoveraner Zoo. Elefantendame Califa beispielsweise gehört zu den Jungelefanten, die nach 30-jähriger Wartezeit im Zoo Hannover geboren wurden. Auch die Schauplätze, an denen die Tiere ihre Technik und Ausdauer optimieren, kennt der kundige Zoobesucher, sodass man sich wieder an diesen zauberhaften Ort versetzt fühlt. Für Hannoveraner also ein echter Lesegenuss.

Aber auch die Geschichte überzeugt: Schon auf der ersten Seite schließt man Freundschaft mit den sportlichen drei Erdmännchen, die den mutigen Plan fassen, gegen echte Fußball-Profis zu spielen. Jedes Tier hat seine Eigenarten, die wir im Laufe der Geschichte immer besser kennen lernen; so beliebt das Faultier selbstverständlich zwischendurch einzuschlafen, während Califa ganz undamenhaft den Fußballrasen als Toilette missbraucht, weil das eigentliche Klo für ihren Umfang zu winzig ist. Dass der Orang-Utan mit seinen langen Armen und seinen guten Reaktionen später das Tor hüten muss, wundert dann nicht mehr weiter. Und die Tiere lassen sich nicht unterkriegen, auch wenn die erste Ausdauereinheit mehr schmerzt als vorher angenommen. Doch die Tiere erhalten kompetente Hilfe in Kurt dem Maulwurf, der durch seine regelmäßigen Besuche in der Arena ein echter Fußballkenner ist und den Tieren folglich ihre Strategie unterbreitet und sie in der Spielpause coacht. Das Wichtigste ist und bleibt den Tieren aber immer noch der Spaß an der Freud, weswegen sie sich oft genug lieber damit vergnügen, neue Fußballlieder zu erdichten.

„Gustav vor, noch ein Tor“ ist vor allem optisch eine Pracht, denn jede Seite wird dominiert von hübschen Farbzeichnungen der Tiere in ihren Spielsituationen; da sehen wir das Faultier gemütlich auf dem Fußball schlummern, während das Flusspferd den Ball lieber mit der Schnauze fängt als mit den Beinen, der Maulwurf legt sich an einer Tafel die Taktik für das Spiel zurecht und der Orang-Utan beißt kräftig beim Dauerlauf in seine Wegzehrung, die selbstverständlich in einer leckeren Banane besteht. Auch das Layout ist positiv hervorzuheben; neben der kindgerecht großen Schrift wird es durch die Bilder immer wieder aufgelockert, so sind die Textblöcke oftmals durch kleinere Bilder unterbrochen, sodass meist nicht allzu viel durchgehender Text zu lesen ist.

Das Buch ist wirklich allerliebst und für jeden Hannover-Fan – ob jung oder alt – ein absolutes Muss. Wer sich dann noch für den Zoo oder für Fußball interessiert, sollte die knapp 13 € für dieses hübsche Buch investieren und sich von Ingo Siegner in den Hannoveraner Zoo entführen lassen, um dort Bekanntschaft zu machen mit den Erdmännchen und ihren sportiven Mitstreitern.

http://www.leuenhagen-paris.de/

Buchholz, Michael H. – Atlan – Acht Tage Ewigkeit (Rudyn-Trilogie 3)

Band 1: [„Die Psi-Kämpferin“ 4061
Band 2: [„Das Sphärenrad“ 4093

_Story_

Atlan, Trilith und der verfolgten Neife Varidis ist es mit letzter Kraft gelungen, sich an Bord eines Müllfrachters zu begeben und vom Sphärenrad ZUIM zu fliehen. Jedoch verläuft die weitere Reise alles andere als planmäßig; die Politikerin kommt mit einer giftigen Substanz in Verbindung und erleidet schwere Verletzungen. Atlan sieht sich gezwungen, die verborgene Stellung aufzugeben und Hilfe einzuholen, allerdings muss er hierzu zunächst das Vertrauen von Patty Ochomsova, der Pilotin des Frachters, gewinnen. Diese lässt sich auf einen Deal ein und bringt die Flüchtigen ins Holoi-Gebirge, einen seltsamen Ort, an dem der Arkonide und seine Gefolgsleute jedoch erst einmal sicher sein werden.

Unterdessen treibt der herrschsüchtige Kalfaktor Ponter Nastase seine gewaltigen Pläne für Rudyn und die gesamte Galaxis fort. Acht Tage noch muss er sich gedulden, bis der Zellaktivator und sein Organismus eins werden und sein Leben in die relative Unsterblichkeit übergeht. Mit rücksichtslosen Mitteln räumt er die verbliebenen politischen Gegner und Zweifler aus dem Weg und sichert sich damit eine Vormachtstellung, die ihm nur noch seine schärfste, mittlerweile totgeglaubte Konkurrentin Varidis streitig machen kann. Diese wiederum steht gemeinsam mit Atlan einen ganz anderen Konflikt beim Gebirgsvolk aus und erarbeitet gemeinsam mit dem Arkoniden und der unberechenbaren Trilith einen Plan zum Sturz bzw. zur endgültigen Vernichtung Nastases. Doch die Zeit verrinnt, ohne dass zählbare Ideen das Team voranbringen könnten. Nur noch ein Wunder kann jetzt verhindern, dass Nastase seine teuflischen Pläne in die Tat umsetzen wird.

_Persönlicher Eindruck_

Die „Rudyn“-Trilogie entwickelte sich bereits in den ersten beiden Romanen zu einem würdigen Vertreter der langen Geschichte Atlans und steigerte das Niveau der neuen Serie bei |FanPro| nach der eher mittelmäßigen „Lepso“-Trilogie wieder bis in die Spitzenklasse. Die Story war bislang vielseitig, die Charaktere sehr individuell ausgemalt und die Handlung von zahlreichen Überraschungen und sprunghaften Wendungen gezeichnet. Im Prinzip hatte Michael H. Buchholz, der Autor des letzten Bandes, also lediglich die Aufgabe, die Ernte einzuholen und die guten Voraussetzungen zu einem grandiosen Finale aufzuarbeiten. Nichts leichter als das – oder?

Nun, Buchholz hat bei der Fortentwicklung der Geschichte mitnichten den leichtesten Weg gewählt, wenngleich die Story in ihrem Verlauf keine größeren Überraschungen mehr birgt. Dafür jedoch gelingt es dem Autor über weite Strecken vorzüglich, den Rahmen des Plots weiter auszuschmücken und die Story mit einer ganzen Reihe neuer Personen und Szenarien auszustatten, von denen „Acht Tage Ewigkeit“ besonders zu Beginn mächtig profitiert. So liegt der Fokus im letzten Teil der Trilogie kaum noch auf den eigentlichen Protagonisten Trilith und Atlan, sondern vermehrt auf den Vertretern der feindlichen Parteien. Gerade Ponter Nastase bekommt noch einmal einige neue Helfer zur Seite gestellt, deren Existenz die Geschichte noch abwechslungsreicher macht, deren Handeln darüber hinaus auch noch das Potenzial für einen intensiveren Spannungsaufbau liefert. Dies nutzt Buchholz wiederum, um die Erzählung aus allerlei Perspektiven darzustellen und durch prägnante Cliffhanger an deren Tempo zu arbeiten. In immer kürzeren Abständen wird die Sicht der Dinge speziell auf die wachsende Teilnehmerzahl aufgeteilt und mit gezielten Sprüngen weiter verschärft, bis der Autor schließlich ein ziemlich umfassendes, neues Szenario gestaltet hat, auf Basis dessen schließlich ein spektakuläres, am Ende jedoch leider etwas rasch vorübergehendes Finale gewährleistet ist und wie erwartet auch vollzogen wird.

Lediglich die Beschreibungen und Analysen der ganz unterschiedlichen Charaktere ist in „Acht Tage Ewigkeit“ vergleichsweise weniger intensiv, wobei man hier berücksichtigen muss, dass gerade im ersten Band mit der regelrechten Demonstration der Wesenszüge Triliths Maßstäbe gesetzt wurden, an denen man später angesichts des bereits vorhandenen Wissens um die aggressive Kämpferin zwangsweise scheitern musste. Dennoch: Eine echte Schwäche kann man Buchholz diesbezüglich auch nicht attestieren, weil er Figuren und Story stets in Harmonie bringt und den Fortschritt beider äußerst professionell inszeniert.

Alles in allem ist der letzte Part der „Rudyn“-Trilogie ein weiteres Highlight dieses faszinierenden, sehr überzeugenden Dreiteilers und schlussendlich auch der Beweis dafür, dass die neue Romanserie um den berühmten Arkoniden durchaus in der Lage ist, mit dem Gottvater der Science-Fiction, Perry Rhodan, in den besten Momenten Schritt zu halten. Das perfekte Zusammenspiel von Emotionalität, unterkühlter Härte, Technik und Atmosphäre grenzt jedenfalls in dieser Mini-Serie schon an die Referenz der internationalen Science-Fiction und sollte daher auch in keiner gut sortierten Genre-Sammlung als Lücke klaffen.

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Scalzi, John – Geisterbrigaden

In einer fernen Zukunft verteidigen alte und kranke Rentner die Kolonien der Menschheit gegen unzählige außerirdische Rassen, die mit der Kolonialen Union (KU) im ständigen, blutigen Konflikt um die wenigen bewohnbaren Welten liegen, in einer Galaxis in der Grenzen genauso flexibel sind wie die Moralvorstellungen ihrer Bewohner. Die lebenserfahrenen, aber körperlich alten und kranken Rekruten der Kolonialen Verteidigungsarmee (KVA) hoffen auf eine Verjüngung, wie sie in den Rekrutierungsbüros der KVA auf der Erde versprochen wird. Doch ihr Bewusstsein wird in geklonte Alien-Mensch-Hybridkörper ihrer Selbst mit grüner Haut – stärker, schneller und robuster – transferiert. Bis zum Ende ihres Dienstes, an dem sie wählen können, ob sie auf einer der Kolonien der Menschheit in einem nicht-aufgerüsteten Normalkörper leben wollen. Bis dahin müssen sie sich den Feinden der Menschheit zum Gefecht stellen.

Einige Freiwillige sterben, bevor der Bewusstseinstransfer in den neuen Körper vollzogen werden kann. Ihre Körper dienen der KU als Basis für genetische Experimente, aus denen die |Geisterbrigaden| genannten Spezialeinheiten hervorgehen. Ihre Körper werden aus der DNA der Toten hergestellt, tiefgreifender modifiziert, leistungsfähiger gemacht. Einige wenige sind so spezialisiert, dass ihr Körper keine menschliche Form mehr besitzt. Die Spezialeinheiten haben keinen Bewusstseinsspender. Wenn sie zum Leben erweckt werden, sind sie Kinder, die unheimlich schnell lernen, dank des wie bei allen KVA-Angehörigen im Gehirn implantierten |BrainPals|, eines Minicomputers. Doch die Vernetzung ist weit fortgeschrittener und umfassender als bei normalen Soldaten. Er formt, entwickelt und indoktriniert das junge Bewusstsein. Zu einem Zweck: um mit ihren überlegenen Fähigkeiten Dinge zu tun, die kein |normaler| Mensch könnte. Um Dinge zu tun, die kein |Mensch| mit einem Gewissen tun würde …

Doch die stärksten Krieger der Menschheit erleiden in letzter Zeit verheerende Niederlagen, Raumschiffe der Spezialeinheit verschwinden spurlos. Bis Jane Sagan im Verhör von einer Allianz gegen die Menschheit erfährt. Drei außerirdische Spezies haben sich verbündet – mit einem Menschen: Dr. Charles Boutin. Niemand weiß, was Boutin zum Verräter an der Menschheit gemacht hat. Der Spezialist für Bewusstseinstransfer und BrainPal-Software hat an seiner Stelle einen Boutin-Klon sterben lassen, um seine Desertation zu tarnen. Doch man findet noch etwas, das man bislang für unmöglich gehalten hat: ein gespeichertes Bewusstsein – vermutlich das von Charles Boutin. Da Boutin offiziell für tot erklärt wurde, überstellt man seine Gene der Spezialeinheit, die daraus einen Klon Boutins erschafft, in dem das gespeicherte Bewusstsein transferiert wird.

Doch aus dem geplanten Verhör wird nichts. Zwar gelingt der Transfer, doch das erwachende Bewusstsein ist nicht perfekt. Jared Dirac besitzt Züge der Persönlichkeit Boutins und Erinnerungsfragmente, was den Generälen Mattson und Szilard jedoch nicht weiterhilft. Ähnlich wie ein Amnesiepatient wird er auf eine Reise in die Vergangenheit geschickt, starke Reize wie Kampfeinsätze oder Erinnerungsgegenstände von Boutins toter Tochter Zoë sollen ihn dazu anregen. Jared Dirac erinnert sich, kommt dem Verräter an der Menschheit und seinen Motiven allmählich auf die Spur – und wird ihm immer ähnlicher …

_Der Autor_

John Scalzi (* 10.05.1969, Kalifornien) begann seine Karriere in der Blogger-Szene. [„Krieg der Klone“ 3677 (im Original: „Old Man’s War“) erschien bereits 2002 in Fortsetzungen im Blog seiner Website, bis Patrick Nielsen Hayden, Senior Editor von |Tor Books|, auf ihn aufmerksam wurde. Womit dieser ein ausgezeichnetes Gespür bewiesen hat: Scalzis Debüt war gleichzeitig auch sein Durchbruch, das Buch verkaufte sich in den USA ausgezeichnet und kam bei den Lesern gut an.

Als Sahnehäubchen wurde es 2006 mit dem |John W. Campbell Award| ausgezeichnet und für den |Hugo Award| nominiert. Scalzis „Krieg der Klone“ musste gegen Werke etablierter Autoren wie George R. R. Martin, Charles Stross und Ken MacLeod antreten, und sich nur dem überragenden [„Spin“ 2703 von Robert Charles Wilson geschlagen geben.

_Ein Plädoyer für Entscheidungsfreiheit_

Mittlerweile ist Scalzis Universum rund um die Koloniale Union auf drei Romane („Krieg der Klone“, „Geisterbrigaden“ und „Die letzte Kolonie“ (erscheint im Juni 2008)) und eine Novelle („The Sagan Diary“) angewachsen, gleichzeitig hat er sich weiterentwickelt, weg von den Sternenkriegern à la Altmeister Heinlein. Ein vierter Roman, „Zoe’s Tale“, wird gegen Ende 2008 erscheinen. Die im ersten Band nur sehr leise angedeutete Kritik an der Politik und den Methoden der Kolonialen Union wird insbesondere in „Die letzte Kolonie“ erneut aufgegriffen und Heinleins imperialistische Ideologie durch postmoderne Ideen ersetzt.

Ursprünglich erwartete ich mehr über Jane Sagan zu lesen, doch der Boutin-Klon Jared Dirac ist die Hauptfigur von „Geisterbrigaden“. Zwar geizt Scalzi nicht mit actionreichen Einsätzen der Spezialeinheit, doch der Fokus liegt ganz klar auf dem Verhältnis zwischen den geklonten Frankenstein-Kindersoldaten der Spezialeinheit und dem Rest der Menschheit. Zusätzlich ist der Roman auch eine Detektivgeschichte; neben Jareds Persönlichkeitsproblemen (Bin ich Jared Dirac oder Charles Boutin?) führt Scalzi den Leser zurück in Boutins Vergangenheit, beginnend bei einer Lakritzschnecke, die Erinnerungen und Trauer um Zoë in Jared weckt, eine Tochter, die er nie gehabt hat. So kommt man nach und nach den Motiven Boutins auf die Spur, kann seinen Hass auf die Koloniale Union nachvollziehen. Diese bevormundet die Menschheit, behält ihr wichtige Informationen vor und ist keineswegs nur der Beschützer vor den brutalen Aliens, sondern auch selbst Aggressor und hat einen Großteil ihrer Probleme selbst verschuldet.

Besonders gut gelungen ist Scalzi der Konflikt in Jared Dirac. Als eine |Tabula Rasa| wird er mit einem Minimalbewusstsein in die Welt geworfen und dazu gezwungen, jemand zu werden, der er nicht ist. Eingeweihte, die um seine Geschichte wissen, wie Jane Sagan, begegnen ihm als potenziellen Verräter mit Misstrauen. Unterstützung erfährt er ausgerechnet von Boutins ehemaligem Assistenten und einem gefangenen Alien, die ihm zum ersten Mal in seinem Leben vor die Wahl stellen: Willst du weiter Boutins Spur folgen, mit allen möglichen Konsequenzen, oder nicht? Sie sind die Ersten, die Jared als eigenständige Person respektieren. Im Vergleich zu seinen Gefährten von der Spezialeinheit besitzt Jared einen ausgeprägten Eigensinn, ebenso einen gewissen Sinn für Humor. Dieser ist bei den bereits vor dem Erwachen des Bewusstseins konditionierten Spezialsoldaten sonst eher gering ausgeprägt. Dennoch schildert Scalzi auch die von den Normalgeborenen oft misstrauisch beäugten Klonsoldaten als eigenständige Persönlichkeiten. So besitzt Jareds bevorzugte Geliebte Sarah Pauling einen Sinn für Humor, während Steve Seaborg ein humorloser, eher eifersüchtiger und hinterhältiger Typ ist, der schließlich doch noch mit dem in den Augen der Spezialeinheiten spürbar „anderen“ Jared zurecht kommt. Insbesondere die Textpassagen mit Lieutenant Cloud und Jared Dirac über das etwas andere Humorverständnis der Spezialeinheit und dessen Hintergründe sind in Scalzi-Manier humorvoll, leicht und zugleich tiefsinnig.

_Fazit:_

„Geisterbrigaden“ ist ein gelungener Mix aus actionreicher Science-Fiction, Detektivgeschichte/Krimi, abgemischt mit viel Humor und dennoch tiefsinniger und abwechslungsreicher als „Krieg der Klone“. Die Hauptfigur Jared Dirac ist ein tragischer Held, der Humors Scalzis ist noch genauso trocken, ironisch und erfrischend wie in „Krieg der Klone“, aber auch hier hat er sich gesteigert: Allzu platte, klischeehafte Schenkelklopfer kommen nicht mehr vor. Zudem geht er mehr in die Tiefe, bei komplexeren und düsteren Themen, die er zuvor nur angerissen hat, wie der Ausbeutung der Spezialeinheiten, aber auch der zwielichtigen Rolle der Kolonialen Union. Interessant ist es auch, ab und an über Aktionen der Spezialeinheit aus Sicht der Aliens zu lesen, was dem Buch eine faszinierende neue Perspektive gibt, gerade weil Scalzi den Leser überrumpelt und man die Aliens anfangs oft für Menschen hält, was überrascht und zudem zur Reflexion anregt. Als Schwächen fielen mir nur einige Brüche in der Logik auf: Dass Boutin einen Groll auf die KU hegt, ist nachvollziehbar, der Verrat an der ganzen Menschheit jedoch nicht. Ebenso wenig, warum er eine Bewusstseinskopie zurückgelassen hat. Dieser Zusammenhang, den ich hier nicht vorwegnehmen möchte, wirkte ziemlich konstruiert auf mich. Ebenso unbefriedigend war die Begründung, warum der Boutin-Klon Dirac das Bewusstsein Boutins nicht vollständig angenommen hat – bei den KVA-Klontransfers geschieht prinzipiell nichts anderes.

Das hält mich jedoch nicht von einer uneingeschränkten Kaufempfehlung ab. Humor, Action und trotzdem gehaltvoll – John Scalzi weiß, wie man den Leser unterhält. Das scheint sein Markenzeichen zu werden, denn ohne zu viel verraten zu wollen: Auch der erst 2008 in Übersetzung erscheinende Band „Die letzte Kolonie“ hat mich im Original überzeugen können. Die Übersetzung von Bernhard Kempen verdient ebenfalls ein Lob; er hat den Humor und Stil Scalzis hervorragend ins Deutsche übertragen.

|Originaltitel: The Ghost Brigades
Übersetzt von Bernhard Kempen
Taschenbuch, 432 Seiten|
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Vlcek, Ernst / Effenberger, S. A. / Hagitte, Chr. / Bertling, S. / Sieper, M. – Blut der Veronis, Das (Perry Rhodan – Sternenozean 6)

Die 1. Staffel:

1) [Der Sternenbastard 3030
2) [Die Mascantin 3031
3) [Der Hyperschock 3035
4) [Planet der Mythen 3058
5) [Havarie auf Hayok 3263
6) Das Blut der Veronis

Die 2. Staffel:

7) [Der Gesang der Motana 3627
8) [Sonderkommando Kantiran 3639
9) [Tau Carama 3656
10) [Überfahrt nach Curhafe 3664
11) [Entscheidung in Vhalaum 3682
12) [Die Femesängerin 3699

_Story_

Atlan und Perry Rhodan sind im Sternenozean von Jamondi verschollen und landen dank der ausbleibenden Unterstützung der Superintelligenz ES auf einem abgelegenen Wüstenplaneten, der von der Tyrannei des brutalen Minenbesitzers Rhapid-Kybb-Karter gezeichnet ist. Unter Einsatz seines Lebens opfert das Volk der Mutaner hier willenlos und Tag für Tag seine Kräfte für den Herrscher, und dies lediglich zu dem Zwecke, die Schaumopal-Vorräte des Planeten schnellstmöglich auszuschöpfen.

Auch Perry und Atlan geraten in die Gefangenschaft des kompromisslosen Existenzschinders und müssen sich dem Schicksal in den Schaumopal-Abbaustätten beugen. Alsbald wehrt sich Atlan jedoch gegen die Quotenforderungen, die Kybb-Karter von seinen Bergarbeitern verlangt, und wird hierfür hart bestraft. Dennoch ist der Wille, möglichst schnell einen Fluchtweg vorzubereiten, ungebrochen und macht den Arkoniden trotz ständiger Beobachtung der strengen Aufseherin erfinderisch und mutig. Als dann jedoch ein Teil des Bergwerks einstürzt und zahlreiche Arbeiter unter sich begräbt, verlieren die Flüchtigen jede Hoffnung. Rhodan glaubt sogar, sein Freund und Wegbegleiter an die Ruine oder aber an die schemenhaften Veronis verloren zu haben …

_Persönlicher Eindruck_

Während die ersten Folgen des neuen Mammut-Hörspiel-Zyklus „Sternenozean“ noch mehr oder minder ein gewisses Vorwissen vom Zuhörer verlangten und einander im Wesentlichen doch sehr stark bedingten, zeichnet sich die sechste Episode der Reihen nun als erstes weitestgehend unabhängiges Werk im Rahmen der Serie ab. Dieses Mal hat es den Titelhelden in den Jamondi-Sternenozean verschlagen, einem bislang kaum ergründeten Teil der Galaxis, dessen größter Schatz das übermäßig hohe Schaumopal-Aufkommen ist. Bevor Rhodan und Atlan sich jedoch auf das Landschaftsbild der Planeten, auf dem sie unverhofft landen, einstellen und die Rohstoffvorkommen bewundern können, geraten sie in einen Hinterhalt und werden fortan als Sklaven zur Schaumopalernte herangezogen. Unterdessen erfahren sie auch immer mehr über die Existenz der Veronis, deren Dasein die Mutaner ebenso beunruhigt wie die beiden Helden. Als sich die Dinge schließlich überschlagen und die Flucht zum mittelschweren Desaster wird, wissen Atlan und Perry auch, warum dem so ist.

Die nunmehr sechste Episode des „Sternenozean“-Zyklus erweist sich inhaltlich sicherlich als der gradlinigste Vertreter seiner Zunft. Die Story wird zügig vorangetrieben, die Geschichte selber bietet trotz der verhältnismäßigen Armut an überraschenden Wendepunkten genügend Substanz für einen kontinuierlichen Spannungsaufbau. Das Setting ist hingegen ein altbekanntes; Rhodan und seine Gefährte landen in einer sadistischen Gefängnislandschaft und erleben in direkter Nähe die schreckliche Gewaltbereitschaft der Wärter, die jeden einzelnen umbringen, der die erforderliche Tagesquote beim Abbau des Schaumopals nicht erfüllt. Derartiges fand man zuletzt noch in der ersten Trilogie der neuen Atlan-Romanreihe und darüber hinaus in zahlreichen Heftromanen des wohl berühmtesten Weltraumabenteurers der Literaturwelt.

Allerdings ist die Aufarbeitung des Stoffes maßgeblich, und die wiederum ist in „Das Blut der Veronis“ in weitestem Sinne vorzüglich. Das Hörspiel ist dynamisch und temporeich und zu guter Letzt auch noch mit der passenden, beklemmenden Atmosphäre ausgestattet. Lediglich die Entwicklung der Charaktere ist für Rhodan-Verhältnisse ein wenig ungewöhnlich, gerade was seinen Sidekick Atlan betrifft, der hier gleich mehrfach unbedacht handelt und somit seinen üblichen Maximen des Öfteren widerspricht. Fast schon kindlich stellt er sich gegen den Tyrannen und muss für sein naives Heißspornverhalten einen schwerwiegenden Tribut zahlen. Dies gleicht der Titelgeber, gesprochen von einem souveränen Volker Lichtenbrink, zwar wieder durch seine ruhige Natur und Ausstrahlung aus, jedoch will der Auftritt des Arkoniden nicht ganz mit dem ursprünglichen Erscheinungsbild Atlans harmonieren.

Davon abgesehen sind weder inhaltliche noch Defizite in Aufarbeitung und Umsetzung festzumachen; „Das Blut der Veronis“ ist bezogen auf Struktur, Spannung und Story vielleicht das beste bisherige Hörspiel aus der neu gestarteten Serie. Außerdem bietet es auch Neueinsteigern die Chance, sich in den Kosmos Rhodans hineinzuarbeiten. Episode Nr. 6 ist nämlich recht unabhängig und erfordert keine ausgeprägten Kenntnisse zu Figuren und Background. In diesem Sinne: Ein dickes Lob für Lichtenbrink und Co., die hier definitiv ganze Arbeit geleistet haben!

_Besetzung:_

Erzähler: Joachim Höppner
Perry Rhodan: Volker Lechtenbrink
Atlan: Volker Brandt
Jadyel: Andreas Fröhlich
Gorlin: Peter Groeger
Rhapid-Kybb-Karter: Jürgen Thormann
Aicha: Regina Lemnitz
Fahrdin: Andreas Bisowski
In weiteren Rollen: Antje von der Ahe, Christian Sander, Hochmeisterchor Berlin

Regie, Musik, Ton und Programmierung: Christian Hagitte und Simon Bertling
Schnitt, Sounddesign und Special FX: Sonja Harth
Regieassistentin: Cornelia Schilling
Produktionsassistentin: Katalin Hartke
Produktion: STIL im Auftrag von Lübbe Audio
Executive Producer: Marc Sieper

Die Musik wurde exklusiv für die Perry-Rhodan-Hörspiele komponiert und vom Berliner Filmorchester unter der Leitung von Christian Hagitte live eingespielt. Die elektronischen Klänge und Effekte wurden speziell für die Hörspiele vom STIL-Team durch den Einsatz von Computertechnik generiert.

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Meister, Derek – Rungholts Ehre

[Lübeck,]http://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%BCbeck weltbekannt durch das Marzipan von Niederegger und natürlich durch das alte Festungstor, auch Holstentor genannt – das eigentliche Wahrzeichen der damaligen „Königin der Hanse“, wie die Stadt stolz von sich sagen kann. Es gibt in Deutschland wenige so gut erhaltene Altstädte, in denen man noch einen Hauch von Mittelalter spürt, wenn man die kleinen Gassen betritt, durch die engen Gänge schleicht oder sich in einem wunderschönen Hof wiederfindet.

Gebäude, Straßennamen und die übrig gebliebenen Gänge und Höfe zeugen noch immer von der Macht und dem Wohlstand, den die Lübecker in ihrer für sie wichtigsten Zeit aufgebaut haben. Im 14. Jahrhundert war sie für den Seeverkehr im östlichen Raum um Brügge, London und Nowgorod das Zentrum für Handel, Kredite und die Macht der [Hanse.]http://de.wikipedia.org/wiki/Hanse Das Mittelalter war nicht nur eine dunkle Zeit; diese Epoche trug wesentlich dazu bei, den Wohlstand in den Städten und Gemeinden zu festigen. Berufe und ihre Zünfte, Handelsvereinigungen, die sich auch über die Grenzen Europas hinweg ausbreiteten, sowie Kunstwerke, Literatur und auch die Medizin hatten für den deutschsprachigen Raum in dieser Epoche ihren Nährboden.

Der in Berlin lebende Schriftsteller Derek Meister hat mit seinem Debütroman „Rungholts Ehre“ ein wundervolles Stück Mittelalter geschrieben, das in der damaligen [Hansestadt]http://de.wikipedia.org/wiki/Hansestadt Lübeck spielt.

_Story_

1390, Hansestadt Lübeck. Der Lübecker Kaufmann und Ratsherr Rungholt bereitet die Hochzeit seiner dritten Tochter Mirke vor. Mit ihren 13 Jahren soll sie den ehemaligen Bürgermeister und Kaufmann Attdorn ehelichen. Die Mitgift wurde ausgehandelt, der Vertrag aufgesetzt und liegt schon zur Unterschrift bereit, doch das junge Mädchen Mirke liebt jemanden anderen. Seit ihren frühen Kindheitstagen kennt sie den jungen Lehrling ihres Vaters, Daniel, der zwar wie ein Bruder für sie ist, aber inzwischen haben sie mehr als nur geschwisterliche Gefühle füreinander entwickelt, welche die ganze Situation nun etwas verkomplizieren.

Eines Tages, als sie sich heimlich an der [Trave]http://de.wikipedia.org/wiki/Trave treffen, entdecken dort beide eine übel zugerichtete Leiche, die auf dem Wasser treibt. Erschreckt und überrascht erkennt Daniel den Toten. Am Abend zuvor hat dieser doch mit ihm zusammen im Wirtshaus die Würfel rollen lassen; der Fremde hatte verloren und wollte seine Schuld nicht begleichen. Ein Prügelei entstand und der Fremde suchte das Weite …

Daniel verzweifelt, und voller Angst davor, dass man ihn nun für den Mörder halten wird, flüchtet er Hals über Kopf quer durch die ganze Innenstadt. Rungholt erfährt nur wenig später, dass Daniel festgenommen und damit für friedlos erklärt wurde. Rungholt, der sich in der Pflicht sieht, die Ehre seines Hauses wiederherzustellen, und der überhaupt nicht an die Schuld seines Schützlings und Lehrlings glaubt, erreicht einen Aufschub von zwei Tagen, bevor es zur Gerichtsverhandlung unter Leitung des jungen Richters Kerkings kommen kann. Die Zeit drängt und Rungholt beginnt zu ermitteln, stellt dabei aber schnell fest, dass Beweismittel verschwinden und man nicht wirklich ehrlich zu ihm ist, wenn er bohrende Fragen stellt und natürlich klärende Antworten erwartet.

Der Rat der Stadt Lübeck hat aber auch seine ganz eigenen Sorgen. Immer mehr Koggen der Hanse werden von den [Vitalienbrüdern]http://de.wikipedia.org/wiki/Vitalienbr%C3%BCder (Piraten) aufgebracht, geplündert und versenkt. Der ältere Ratsherr Winfried der Kahle will mit aller Macht gegen die Freibeuter vorgehen und versucht den Rat davon zu überzeugen, „Friedeschiffe“ bauen zu lassen, um diese bekämpfen zu können. Die beiden Hansestädte Wismar und Rostock hingegen gewähren den Freibeutern freien Zugang zu ihren Häfen, da diese auch dänische Schiffe aufbringen. Hieraus könnte ein gefährlicher Konflikt mit Mecklenburg entstehen, das eine Bekämpfung der Piraten als Unterstützung Dänemarks auffassen würde – eine politische Zwickmühle, und dazu noch eine sehr risikoreiche.

Den aufstrebenden Lübecker Kaufmann Hinrich Calve, der von den Vorkommnissen in seiner Heimatstadt nichts ahnt und sich wegen seiner Geschäfte in Stralsund aufhält, erreicht eine Hiobsbotschaft – sein ältester Sohn Egbert ist mit seinem Schiff ein Opfer der Piraten geworden und hat dabei den Tod gefunden. Sofort bricht Calve zusammen mit seinem jüngsten Sohn und einigen Söldnern auf, um die Heimreise anzutreten. Doch ihre Reise wird durch einen Überfall unterbrochen, Johannes wird von einer Armbrust schwer verletzt und die Räuber haben es scheinbar nicht auf die wertvolle Fracht abgesehen, sondern auf Calve selbst …

Rungholt findet trotz aller sich vor ihm auftuenden Schwierigkeiten erste Spuren und wird in Momentaufnahmen mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert, mit der er sich lieber nicht auseinandersetzen will und die er lieber bewusst verdrängt. Die Spuren führen zusammen und enden bei Hinrich Calve, der etwas von seinem Haus entfernt einen Keller gemietet hat, in dem der ermordete Fremde lebte und scheinbar studierte und forschte. Rungholt kann mit den für ihn fremden Zeichen und Berechnungen wenig anfangen, erkennt aber recht schnell, dass diese nicht europäischen Ursprungs sind.

Als Rungholt sich mit dem inzwischen in Lübeck eingetroffenen Kaufmann Calve treffen will, wird er Zeuge davon, wie dieser von einem unbekannten Mann erdolcht und ebenfalls in den Fluss geworfen wird … Bedeutet das nun einen Tag vor der Gerichtsverhandlung den Tod durch den Galgen für Daniel und für Rungholts Ehre eine tiefe Schmach? Zusammen mit seinem Kapitän Marek tritt er die Flucht nach vorne an und beginnt zu verstehen, dass nicht nur das Leben Daniels auf dem Spiel steht, sondern auch er selbst in größter Gefahr schwebt …

_Kritik_

Derek Meister hat dem Mittelalter der Hansezeit ein wertvolles Geschenk vermacht. Nicht nur, dass die Geschichte spannend erzählt und die Handlungsstränge ineinander verworren, aber gleichmäßig fesselnd zu Ende gedacht und beschrieben werden; ebenso erfährt der Leser eine Menge vom alltäglichen Leben des Mittelalters in einer Stadt der Hanse.

Die Atmosphäre eines historischen Romans ist für die Authentizität absolut wichtig, und bei „Rungholts Ehre“ meint man als Leser direkt am Geschehen teilzuhaben, man spürt das pulsierende Leben auf dem Marktplatz, im Rathaus oder in den finsteren und schmuddeligen Gassen des damaligen Lübecks. Besonders gut und überhaupt nicht verwirrend oder einschränkend fand ich die Entscheidung des Autors, dass verschiedene alltägliche Gegenstände und Gepflogenheiten ihre eigentümliche Begrifflichkeit nicht verloren haben, wie z. B. Misericord, Toslach, Trippe u. ä. Diese sind im Anhang detailliert aufgeführt und erklärt und tragen viel dazu bei, dass der historische Kriminalroman lebensecht wirkt.

Traditionen und Lebensart, Handel und Handwerk, das Leben und der Tod werden in dieser Geschichte abwechslungsreich und lehrreich geschildert. Wie nur wenige Autoren findet Derek Meister den richtigen Weg, um dem Leser ein farbenprächtiges Leben des Mittelalters zu vermitteln. Der Spannungsbogen entwickelt sich dabei ebenso immer weiter wie die Charaktere. Besonders die Person des Patriziers Rungholt wird mit all ihren guten wie auch schlechten Eigenschaften charakterisiert. Der Leser leidet förmlich mit, wenn der gutherzige, aber immer jähzornige und aufbrausende Kaufmann vor Zahnschmerzen nicht mehr ein noch aus weiß.

Das Schicksal seiner Vergangenheit hinterlässt deutliche Spuren in der Erzählung. Rungholts Eigenheit, immer mit dem Kopf voran durch die Wand rennen zu wollen und auch dabei mal schmerzlich abzuprallen, machen ihn sehr sympathisch, und er hat das Herz über seinem stattlichen Bauch am rechten Fleck. Er sorgt sich um die Seinen, übernimmt Verantwortung, wo andere vielleicht eher wegschauen würden, und handelt oftmals ohne Rücksicht auf Verluste. Seiner Tochter Mirke möchte Rungholt ein guter Vater sein, doch hinterfragt er sein Handeln und kommt nicht wenige Male selbstkritisch ins Nachdenken.

Im Laufe der Geschichte wird dem Leser schnell klar, dass Rungholt mit den Schatten seiner Vergangenheit leben muss und diese ihn immer wieder belasten. Wie ein roter Faden zieht sich dies durch den Roman, ohne aber letztlich erklärt zu werden. Das nimmt dem Roman jedoch nichts an Spannung, im Gegenteil, macht es doch gleich noch mehr Lust darauf, den Nachfolger „Rungholts Sünde“ lesen zu wollen. Auch bei den vielen Nebenfiguren gibt sich der Autor die größte Mühe, diese detailfreudig zu entwerfen, bis der Leser fast glaubt, es mit guten, alten Bekannten zu tun zu haben.

Es gibt nur wenige Kritikpunkte anzumerken, ansonsten ist dieses Erstlingswerk durchweg grandios. Am Ende der Geschichte verliert sie ein wenig an Wendigkeit und endet zwar konsequent und schlüssig, aber nicht überraschend. Die dramatische Liebesgeschichte von Mirke und Daniel wird pragmatisch zu Ende erzählt, es bleibt allerdings noch viel Stoff übrig, um diese konventionell in den nächsten Büchern weiterzuführen.

Der Autor nimmt sich viel Raum und Zeit, um dem Leser das Mittelalter vor Augen zu halten, und dabei liegt es auch nahe, dass er aus dramaturgischen Gründen ein wenig die historischen Gegebenheiten verändert hat. Es sei ihm verziehen, denn im Nachwort ist dies im Detail noch einmal kurz erklärt und ggf. mit echten Daten aufgeführt.

Lobenswert bleibt noch zu erwähnen, dass es im Buch noch eine kleine historische Stadtkarte von der Altstadt Lübecks des Jahres 1390 gibt, die uns Nicht-Lübeckern die Straßen, Plätze, Gänge und wichtigen Standorte aufzeigt. Allerdings hätte ich mir noch ein Personenregister gewünscht, wie es oftmals gerade in historischen Romanen bereitgestellt wird.

_Fazit_

„Rungholts Ehre“ von Derek Meister kann ich nur empfehlen. Eine historische Kriminalgeschichte vor den Kulissen einer wundervollen und bedeuteten Stadt Lübeck spielen zu lassen und beides solcherart gekonnt miteinander zu kombinieren, verdient Hochachtung. Zwar geht es nicht unbedingt blutig zur Sache, bleibt also gänzlich ohne Schlachten und Kriege, aber auch Rungholt hat die Gelegenheit, seinen Jähzorn mit dem Schwert auszutoben. Die Dialoge zwischen den Figuren sind nicht häufig humorvoll und bilden mitunter den Kern des Romans, das Gleichgewicht zwischen Dialog und etwas Action wirkt belebend und frisch, nicht einseitig oder übertrieben.

Dieser Roman wird nicht nur die Herzen der Liebhaber historischer Geschichten höher schlagen lassen, auch der Krimiinteressierte wird unter Garantie nicht zu kurz kommen und seine helle Freude an den spannenden Verwicklungen haben. Prädikat wertvoll, und das in vielerlei Hinsicht, und damit freue ich mich schon auf die nächsten Romane mit dem dickköpfigen und aufbrausenden, aber doch herzlichen Kaufmann und Ratsherr Rungholt.

_Der Autor_

Derek Meister wurde 1973 in Hannover geboren. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für das Geschichtenerzählen und den Film. So entstanden in den 1980er Jahren mit Freunden erste Spielfilme auf Super-8 im Wald hinter dem Haus.

Die frühen Versuche verschlugen ihn 1995 an die Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam/Babelsberg. Dort studierte er Film- und Fernsehdramaturgie. Schon während des Studiums wurden erste Drehbücher unter anderem vom ZDF realisiert. 2003 beendete Derek Meister sein Studium zum Film- und Fernsehdramaturgen mit Diplom.

Derek Meister schreibt für diverse Produktionsfirmen und Sender, darunter das |ZDF|, |RTL|, |Sat.1| und |Pro7|. Er entwickelte die Krimiserie „Mit Herz und Handschellen“ mit, die 2003 erfolgreich auf |Sat.1| lief, und wurde mit „Weg!“ für den FirstSteps-Preis nominiert. Außerdem gewann das Spiel „Wiggles“, für das er das Drehbuch verfasste, zahlreiche Branchenpreise.

Derek Meister arbeitet seit 1999 als freier Autor in Berlin. Neben der „Rungholt“-Reihe schreibt Derek Meister zusammen mit seiner Frau die Reihe „Drachenhof Feuerfels“, die im |Loewe|-Verlag erschienen ist.

http://www.rungholt-das-buch.de/

inhalt


http://www.blanvalet.de
[Unser Interview mit dem Autor]http://www.buchwurm.info/artikel/anzeigen.php?id=88

Hodgson, William Hope – Carnacki der Geisterfinder

Zum ersten Mal werden in deutscher Sprache alle neun Kurzgeschichten um den „Geisterfinder“ Carnacki gesammelt, mit dem William Hope Hodgson (1877-1918) einen der ersten der heute in der Phantastik so beliebten Erforscher übernatürlicher Phänomene schuf:

– _Das Tor des Monsters_ („The Gateway of the Monster“, 1910): Um ein verfluchtes Familienerbstück hat sich aus fremddimensionaler Essenz ein groteskes Ungeheuer geformt, das auf unvorsichtige Besucher lauert – aktuell ist dies Geisterfinder Carnacki, der im entscheidenden Moment seines Kampfes einen ganz dummen Fehler macht …

– _Das Haus in den Lorbeeren_ („The House Among the Laurels“, 1910): Blut tropft von den Decken und macht deutlich, dass es in diesem Haus umgeht. Mit einigen mutigen Männern und scharfen Hunden will Carnacki das Geheimnis lüften, was ihm nach vielen Gefahren mit unerwartetem Ergebnis gelingt …

– _Das pfeifende Zimmer_ („The Whistling Room“, 1910): In einer alten irischen Burg hat sich eine dämonische Macht eingenistet. Carnacki muss sein eindrucksvolles Instrumentarium altbewährter und hochmoderner Abwehrmittel einsetzen, um dem heimtückischen und gemeingefährlichen Spuk ein Ende zu bereiten …

– _Das Pferd aus dem Unsichtbaren_ („The Horse of the Invisible“, 1910): Mary Higgins wird vom Familienfluch heimgesucht – ein unsichtbares Gespensterpferd verfolgt und peinigt sie. Carnacki eilt zur Hilfe und deckt eine sehr irdische Verschwörung auf, doch dahinter kommt ein sehr echter Spuk zum Vorschein …

– _Das letzte Haus_ („The Searcher of the End House“, 1910): Dieses Mal sucht ein Spuk das Haus von Carnackis Mutter heim. Der Vermieter gibt ungern preis, dass hier einst der Schmuggler Captain Tobias logierte. In der Nacht entdeckt Carnacki allerdings die geisterhaften Gestalten einer Frau und eines nackten Kindes, was den Ereignissen eine neue Richtung gibt …

– _Das unsichtbare Ding_ („The Thing Invisible“, 1912): In der Kapelle eines alten Landhauses sorgt ein verfluchter Dolch für nächtlichen Schrecken. Carnacki wagt sich an den Ort des Grauens und deckt ein historisches Rätsel auf …

– _Spuk auf der Jarvee_ („The Haunted ‚Jarvee'“, 1929): Dieses Schiff ist verflucht. Selbst Carnacki, den sein Freund, Kapitän Thompson, an Bord bittet, kann sein schreckliches Ende nicht verhindern, aber immerhin erklären …

– _Das Schwein_ („The Hog“, 1947): Die Schutzschicht, die unsere Welt von wahrlich fremden Dimensionen trennt, ist um den unglücklichen Mr. Bains reichlich dünn geworden. Finstere Existenzen haben es auf seine Seele abgesehen, mit denen sich der zu Hilfe gerufene Carnacki einen heroischen Kampf auf Leben und Tod liefert …

– _Der Fund_ („The Find“, 1947): Auch als Fachmann für historische Geheimnisse weiß sich Carnacki zu bewähren, als in einem Londoner Museum die mysteriöse Kopie eines berüchtigten Manuskriptes auftaucht, das einst am Hofe der Königin Elizabeth I. für gewaltiges Aufsehen sorgte …

_Einige Anmerkungen zu dieser Sammlung_

|I.|

Der „Geisterfinder“ Thomas Carnacki, ein früher Anhänger Sigmund Freuds und C. G. Jungs, geht das Übernatürliche streng wissenschaftlich bzw. deduktiv an: Carnacki ist eine Art Sherlock Holmes des Übernatürlichen. Zwar verschmäht er die alten Meister der Magie nicht, die er indes eher als Repräsentanten inzwischen vergessenen Wissens denn als Zauberer oder Alchimisten betrachtet. Als Mann des 20. Jahrhunderts zieht Carnacki nicht mehr nur mit Bannsprüchen und Amuletten, sondern auch mit Mikrofon und Fotoapparat in die Geisterschlacht. Modernstes Geisterspür-Gerät, entwickelt auf der Basis aktueller Erkenntnisse der Physik und anderer Naturwissenschaften, trägt er im Gepäck. Besonders sein mit Elektrizität beleuchtetes Pentagramm bleibt dem Leser im Gedächtnis.

Wobei das nicht so lächerlich wirkt, wie es zunächst klingen mag. Carnacki bekommt es durchaus nicht mit den Gespenstern bekannter Machart zu tun. Rächende Leichen und andere Untote erledigt er zwar auch. Eigentlich jagt er jedoch größeres Wild. Neben der Welt, wie wir sie kennen, gibt es andere Welten. Damit ist nicht zwangsläufig das Jenseits als Reich der Toten gemeint. Carnacki weiß um die Mehrdimensionalität des Universums. Dort, wo die Grenzen manchmal brüchig werden, besuchen uns fremde Wesenheiten, die unter den Menschen partout nichts zu suchen haben und vertrieben werden müssen. Das ist Carnackis Job.

Hier wildert Hodgson eigentlich auf dem Feld der Science-Fiction. Es wirkt nicht so, weil er seine ‚Außerirdischen‘ im Ambiente der klassischen englischen Gruselliteratur auftreten lässt. Zwanzig Jahre später hätte Hodgson das vermutlich viel zugänglicher im Stil der „Pulp“-Magazine gestaltet; er war ein Schriftsteller, dem der Publikumserfolg am Herzen (und an der Geldbörse) lag.

Der recht kritische H. P. Lovecraft (1890-1937) rühmte jedenfalls Hodgsons Idee des „kosmischen Schreckens“ und ließ sich für die eigene Cthulhu-Saga inspirieren. Wäre Hodgson ein längeres Leben vergönnt gewesen, hätte er vielleicht wie Lovecraft Bezüge zwischen seinen literarischen Welten hergestellt und einen Kosmos mit eigenen Regeln geschaffen. Ansätze dazu finden wir z. B. in den mysteriösen Schweinewesen, die nicht nur Carnacki zu schaffen machen. In Hodgsons eindrucksvoller Novelle [„Das Haus an der Grenze“ 416 (1908) treten sie ebenfalls als zwar bösartige aber vor allem fremde Wesen in die Handlung. Der Idee von der ‚Durchlässigkeit‘ der Realität, die Carnacki in „Spuk auf der Jarvee“ entwickelt, bediente sich Hodgson schon 1909 in seiner bemerkenswerten Novelle „Ghost Pirates“ (dt. „Geisterpiraten“).

|II.|

Dem heutigen Leser mögen die Carnacki-Storys ereignisarm und umständlich geschrieben erscheinen. Vor hundert Jahren definierte man Spannung ein wenig anders als heute. Sie stellt sich ein, wenn man dies berücksichtigt und sich auf Zeit und Stil einlässt. Dabei hilft, dass die Atmosphäre nicht gelitten hat: Hodgson war sicherlich kein Autor, der ‚Action‘-Szenen schreiben konnte. Dafür hatte er einen ausgeprägten Sinn für das Unheimliche bzw. Fremdartige, das er außerordentlich stimmungsvoll heraufbeschwören konnte.

Carnacki ist zwar der „Geisterfinder“, doch er ist als Wissenschaftler offen für alle Erklärungsmöglichkeiten und geht nicht zwangsläufig von ‚übernatürlichen‘ Ursachen aus. Diese Objektivität gehört zu seinem Wesen, was zumindest den deutschen Lesern bisher vorenthalten blieb, da ausschließlich diejenigen Carnacki-Storys veröffentlicht wurden, die den Ermittler tatsächlich Geister finden ließen. Wie diese Sammlung nunmehr zeigt, beobachtet man Carnacki auch dann gern bei seiner Arbeit, wenn er scheinbar Irreales als menschliches Blendwerk entlarvt.

|III.|

W. H. Hodgson gehört zu den großen Klassikern der Phantastik. Auch in Deutschland wurden seine wichtigsten Werke zwischen 1970 und 1987 gut übersetzt in drei Bänden vom |Suhrkamp|-Verlag veröffentlicht. „Das Haus an der Grenze“ ist 2004 im |Festa|-Verlag neu erschienen. Hier sollte im April 2008 auch eine Sammlung aller Carnacki-Storys auf den Buchmarkt gebracht werden. Dieser Titel wurde inzwischen aus dem Programm gestrichen, denn Martin Clauß, der seine Sammlung sowohl herausgab als auch neu übersetzte, ist dem zuvorgekommen.

„Carnacki der Geisterfinder“ ist freilich nicht als ‚richtiges‘ Buch, sondern als „book on demand“ (bod) erhältlich. Dies schränkt die Zahl der potenziellen Leser – groß dürfte ihr Kreis ohnehin nicht sein, da Hodgson anders als z. B. H. P. Lovecraft hierzulande keinerlei Kultstatus besitzt – ein. Das „bod“ hat außerdem weiterhin keinen besonders guten Ruf. Bücher wie dieses könnten dies relativieren. Diverse Fehler im Schriftbild deuten auf die Abwesenheit einer fachmännischen Endredaktion, halten sich jedoch im Rahmen. Die Übersetzung liest sich flüssig, und die Ausgabe ist zudem vollständig: Auf absehbare Zeit ist keine „Carnacki“-Sammlung mehr zu erwarten, und diese schließt eine echte Lücke in den Sammlungen derer, die für die klassische Phantastik schwärmen.

_William Hope Hodgson_ wurde am 15. November 1877 in Blackmore End, Essex, England, als eines von zwölf Kindern geboren. Sein Elternhaus verließ er früh, um zur Handelsmarine zu gehen. Zwischen 1891 und 1904 fuhr er zur See, konnte sich aber nie an die Brutalitäten und Ungerechtigkeiten an Bord, den Schmutz oder die Gefahren gewöhnen. So musterte er ab und eröffnete in Blackburn nahe Liverpool ein Studio für Bodybuilder. Das Geschäft lief schlecht, aber Hodgson schrieb viele Artikel über seine Arbeit und begann über eine Karriere als Schriftsteller nachzudenken. Seine Jahre auf den Weltmeeren lieferten ihm genug Stoff für phantastische Seespukgeschichten. Mit „A Tropical Horror“ debütierte Hodgson 1905 in „The Grand Magazine“.

1907 folgte der Episodenroman „The Boats of the ‚Glen Carrig'“ (dt. in [„Stimme in der Nacht“, 255 |Suhrkamp| Taschenbuch Nr. 749/64, neu aufgelegt als Nr. 2709/340), ein erstes längeres Werk. 1908 erschien „The House on the Borderland“ (dt. „Das Haus an der Grenze“), mit dem Hodgson bewies, dass er auch auf dem trockenen Land Angst & Schrecken zu verbreiten wusste. „Carnacki, the Ghost Finder“ betrat die literarische Bühne 1910. Zwei Jahre später erschien Hodgsons episches Hauptwerk: „The Night Land“, eine Geschichte aus fernster Zukunft, die viele brillante Stimmungsbilder aus „The House on the Borderland“ aufgreift und vertieft.

Hodgson heiratete 1913 und zog mit seiner Gattin nach Südfrankreich. Er schrieb nur noch wenig. Bei Kriegsausbruch 1914 ging er nach England zurück und wurde als Offizier der Royal Field Artillery zugeteilt. Eine schwere Kopfverletzung auf dem Schlachtfeld überlebte er knapp und kehrte an die Front zurück. Hier traf ihn am 17. April 1918 ein deutsches Artilleriegeschoss. Er war sofort tot.

Eine ausführliche Beschreibung von Leben und Werk des William Hope Hodgson gibt: http://www.creative.net/~alang/lit/horror/hodgson.sht.

Einen großartige Sammlung relevanter Fakten speziell zu Hodgsons Carnacki-Storys sowie deren vollständige E-Text-Wiedergabe in englischer Sprache liefert Marcus L. Rowland: http://www.forgottenfutures.com/game/ff4/worldbk4.htm („Forgotten Futures IV: The Carnacki Cylinders. A Role Playing Sourcebook For William Hope Hodgson’s ‚Carnacki The Ghost-Finder'“).