Diverse Autoren – MAD Nr. 103

Happy Tree Friends vs. SpongeBob heißt es auf der Titelseite der 103. Ausgabe des „MAD“-Magazins, und tatsächlich prüft die Redaktion im anschließenden Mini-Comic, welche der beiden trendigen Fraktionen der jeweils anderen nun überlegen ist. Dies ist schließlich auch der Auftakt zu einigen teils recht aggressiven Strips unter der Beteiligung der blutrünstigen Happy Tree Friends, für die unter anderem neue Jobs und ein Splatter-Szenario in den Disney-Studios entworfen werden. Weiterhin wird in einer Spezialrubrik ihre Anatomie näher beleuchtet.

An anderer Stelle wird ordentlich gegen die aktuelle Politik gehetzt. So stellt man zum Beispiel einige zweifelhafte Wahlslogans auf und bedient dabei die altbekannten Klischees über das deutsche Parteisystem. Auch eine weltpolitische Offensive wird gestartet, unter anderem in einem Comic, welcher George Bush als Höllenfürsten entlarvt, oder bei der Werbung um ein ominöses Schachspiel, dessen Spielfläche dem topografischen Aufbau des Irak nachempfunden ist. Und auch das neue PC-Game um den scheinbar gezähmten koreanischen Diktator Kim Jong Il lässt den typischen Biss nicht vermissen.

Alles spitze also mit Nr. 103? Nun gut, über den Humor dieses Magazins lässt sich sicherlich streiten, weil die Redakteure und Comiczeichner nicht selten die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten und die Satire wirklich eher für Hartgesottene geeignet ist. In der neuen Ausgabe ist in dieser Hinsicht aber nur wenig Erfrischendes zu vermelden. Die Gags mit den Titelhelden von den Happy Tree Friends sind nicht wirklich komisch, das Duell mit dem Schwammkopf eher bescheiden aufgearbeitet. Dazu gibt es haufenweise humorlose Mini-Geschichten um Männer, die hilflos versuchen, eine Frau aufzureißen, und die Problematik beim Weihnachtseinkauf.

Gelungen sind indes die Plakate mit den Wahlsprüchen der deutschen Parteien. Das hätte in der „Titanic“ wohl auch kaum besser geschrieben sein können. Ebenfalls ziemlich cool ist der Mittelteil mit zahlreichen Fotos, aus denen man sich die Darsteller für eine „Naruto“-Folge heraussuchen kann. Und natürlich das Schachspiel der demokratischen (hüstel …) Amerikaner gegen die terroristischen Kräfte des Irak mit ihrem Anführer, König Saddam.

Bei einem Preis von immerhin 3,20 € sollte man sich selbst als Fan also gut überlegen, ob man das Geld in vergleichsweise drögen Humor und partiell zu überspitzte und damit auch gescheiterte Versuche, auf Kommando witzig zu sein, investieren möchte. Die Hardcore-Fraktion der „MAD“-Verfechter wird mir dies zwar ganz bestimmt übel nehmen, aber wirklich empfehlenswert ist diese Ausgabe trotz einiger kurzer Lacher nicht gerade.

http://www.paninicomics.de/?s=gruppen&gs_gruppe=10012

Scalzi, John – Krieg der Klone

Im Alter von 75 Jahren meldet sich John Perry bei der KVA (Koloniale Verteidigungsarmee). Seine Frau ist tot, und auch John Perry fühlt, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Doch die Armee bietet Senioren eine einmalige Chance: Eine vollständige Verjüngung – für zehn Jahre Militärdienst und der Auflage, nie wieder auf die Erde zurückkehren zu dürfen. Strenge Quarantänegesetze sollen die Urheimat der Menschheit schützen, für ihre Dienste erhalten die Soldaten der KVA ein Stück Land auf einer der hart umkämpfen Kolonialwelten. Denn die Menschheit ist nicht allein im Weltall, blutige Kriege sind an der Tagesordnung.

_Der Autor_

John Scalzi (* 10.05.1969, Kalifornien) begann seine Karriere in der Blogger-Szene. „Krieg der Klone“ (im Original: „Old Man’s War“) erschien bereits 2002 in Fortsetzungen im Blog seiner Website, bis Patrick Nielsen Hayden, Senior Editor von |Tor Books|, auf ihn aufmerksam wurde. Womit dieser ein ausgezeichnetes Gespür bewiesen hat: Scalzis Debüt war gleichzeitig auch sein Durchbruch, das Buch verkaufte sich in den USA ausgezeichnet und kam bei den Lesern gut an. Als Sahnehäubchen wurde es 2006 mit dem |John W. Campbell Award| ausgezeichnet und für den |Hugo Award| nominiert. Scalzis „Krieg der Klone“ musste gegen Werke etablierter Autoren wie George R. R. Martin, Charles Stross und Ken MacLeod antreten, und sich nur dem überragenden [Spin 2703 von Robert Charles Wilson geschlagen geben.

_Mehr als eine Hommage an „Starship Troopers“ und „Der ewige Krieg“_

„Krieg der Klone“ ist Military Science Fiction, keine Frage. Das Szenario ist stark an Robert A. Heinleins „Starship Troopers“ angelehnt, doch Scalzi wäre ein Narr, wenn er dessen Ideologie und Pathos im Jahr 2007 reanimieren würde. Stattdessen positioniert er sich zwischen Heinlein und dem oft als Anti-Starship-Troopers gelesenen [„Der ewige Krieg“ 488 von Joe Haldeman.

Derber, sarkastischer Humor und John Perry als sympathischer, menschlicher Held geben dem Roman eine eigene Note. Wo Heinlein im Vorwort von [„Starship Troopers“ 495 das Hohelied auf Technologie und Fortschritt in Form des Kampfanzugs der Mobilen Infanterie singt, Haldeman die Gefahren moderner Technologien heraufbeschwört, zeigt sich in „Krieg der Klone“ der spezielle Scalzi-Humor. Die alten Männer, die dem Tod von der Schippe springen wollen, wissen nicht, worauf sie sich eingelassen haben. Ihr neuer Körper ist ein geklonter und verbesserter Alien-Mensch-Hybrid ihrer selbst, mit grüner Haut, fähig zur Photosynthese, Katzenaugen für Nachtsicht und nanotechnischem SmartBlood anstelle echten Blutes. Der Schock ist groß, aber auch die Freude: Denn der neue Körper ist jung, stark und schön. Hier neigt der Roman eher in Richtung von Haldemans „Der ewige Krieg“, denn natürlich wollen die älteren Herren und Damen ihre neuen Körper recht bald ausgiebig „testen“ …

Die Ausbildungssituation ist ähnlich wie in „Starship Troopers“, allerdings ohne jeglichen ideologischen Ballast. Ähnlich wie Johnnie Rico macht auch John Perry eine Blitzkarriere, dennoch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den beiden. Rico akzeptiert im Laufe seiner Karriere immer mehr das System, in dem er dient und erzogen wird, Perry hingegen zweifelt immer mehr an den hehren Zielen der KVA, je länger er in ihren Kriegen kämpft. So auch an den Quarantänegesetzen; sie scheinen eher dazu zu dienen, die Menschen der Erde als unerschöpflichen Rekrutierungspool in Unwissenheit zu halten und auszubeuten. Auch die Kriegsziele werden angezweifelt. Oft findet sich die KVA in der Rolle des Aggressors; Strafexpeditionen gegen nur fingerlange Aliens, bei denen die Soldaten wie Godzilla mit bloßen Stiefeltritten ihre Städte zerstören, sollen hier als Beispiel dienen.

Bei der Charakterisierung der Aliens ist Scalzi alles andere als homogen. So bedient er sich bei Stereotypen für einige eher billige Lacher, sein Humor ist leider oft doch etwas zu plump. Hässliche Monster mit Tentakeln und riesigen Fangzähnen in sabbernden Mäulern werden als die besten und treuesten Verbündeten der Menschheit dargestellt, während Aliens mit Bambiaugen menschliche Frauen in Farmen halten, künstlich schwängern und ihre Babies als Delikatesse frittieren! Hier spielt Scalzi zu oft mit dem BEM-Klischee (Bug-Eyed Monster) der Science-Fiction.

Tiefschürfend ist das Buch selten, allerdings darf man sich von solchen Passagen nicht irritieren lassen. Flach und „nur“ unterhaltend ist dieser Roman nicht. Scalzis Stil ist nicht homogen; wie man auch in seinem Blog lesen kann, ist er stets um ein Späßchen bemüht, was auch seine Hauptfigur John Perry auszeichnet. Wenn John Perry über dies und das sinniert, liest sich der in der Ich-Perspektive geschriebene Roman am besten. Hier spricht Scalzi aus Perry, er schreibt, wie er denkt, wie in seinem Blog. Und das gibt Perry Leben und Authentizität, er kann mit seinen Gedanken überzeugen.

Scalzi ist kein Technomane, er beschreibt meistens Near-future-Technologie und ist in dieser Hinsicht sicher kein Visionär. Er ist an den Einflüssen auf den Menschen interessiert; hier bietet er im letzten Drittel des Romans einige Denkanstöße. Perry begegnet den Soldaten der „Geisterbrigaden“, geklont aus der DNA Freiwilliger, die starben, bevor sie in die Dienste der KVA traten und ihr Bewusstsein transferiert werden konnte. Ihre Körper wurden noch gravierender verändert, sind effizienter und stärker, ihre Persönlichkeit nahezu völlig neu erschaffen. Einer dieser Elitesoldaten rettet Perry, der in ihm jemanden wiedererkennt, den er einmal sehr gut kannte.

Anstelle von Ideologie tritt bei Scalzi Humor – blanke Gewalt und Action satt gibt es jedoch auch in seiner Form der Military Science Fiction. Scalzi hat eine besonders ausgeprägte Gabe, Bilder in den Köpfen seiner Leser zum Leben zu erwecken. Egal wo John Perry im Einsatz ist, diese Welten sind lebendig und faszinierend fremd. Oft sogar sind diese Welten und ihre Bewohner so fremd, dass sie ein Mensch nicht wirklich verstehen kann. Selbst das Oberkommando rätselt oft über die Motivationen bestimmter Rassen; man befindet sich in Kriegen und weiß nicht, wie man sie beenden kann, da man nicht einmal weiß, was genau sie ausgelöst hat. So wird der kriegerische Konflikt als die häufigste Form der Kommunikation und Problemlösung im Universum dargestellt.

In der deutschen Fassung findet sich als Epilog noch die Kurzgeschichte „Fragen an einen Soldaten“, in der interessanterweise John Perry unter anderem von der seltenen friedlichen Einigung mit einer anderen Spezies berichtet. Gut und Böse liegen in Scalzis Universum nahe beieinander, oft muss man eine Aktion im Nachhinein ganz anders bewerten, aufgrund neuer Informationen, die man zuvor nicht hatte:

|“Mein Gott, das tut mir natürlich sehr leid“, sagte Bender. „Das hätte ich nicht sagen sollen. Aber ich wusste ja nichts davon.“ „Natürlich nicht, Bender. Und genau darauf wollte Viveros hinaus. Hier draußen wissen Sie von nichts. Sie wissen |gar| nichts.“| (S. 221)

_Fazit:_

John Perry ist ein interessanter Charakter, aus dessen Sicht Scalzi dem Leser seine Welt sehr plastisch in starken Bildern vor Augen führt, trotz oder gerade wegen der Ich-Perspektive, in welcher der Roman geschrieben ist. Die Übersetzung von Bernhard Kempen ist in Stil und Ton gut gelungen, auch wenn einige Wendungen und relaxte amerikanische Umgangssprache, wie sie in den Dialogen vorherrscht, mir im Original einfach besser gefallen haben.

Ein bemerkenswertes Debüt, in meinen Augen eine unserem Zeitgeist entsprechende Version von „Starship Troopers“. Viel leichter verdaulich für unseren heutigen Geschmack, spielt Scalzi mit Klischees und lässt Ideologien außen vor; sein Roman ist deutlich geprägt von Ideen der Postmoderne, Skepsis ist angebracht, die Dinge sind oft nicht so, wie sie zu sein scheinen. Mir persönlich gefiel Scalzis staubtrockener, sarkastischer Humor, allerdings könnte er anderen Lesern als viel zu banal und derb erscheinen. Mit „The Ghost Brigades“ und „The Last Colony“ sind bereits Fortsetzungen erschienen, die hoffentlich bald auch in Übersetzung für den deutschen Markt vorliegen.

Homepage des Autors:
http://www.scalzi.com/

|Originaltitel: Old Man’s War
Übersetzt von Bernhard Kempen
Taschenbuch, 432 Seiten|
http://www.heyne.de

Nelson, Arvid / Johnson, Eric (EricJ) – Rex Mundi 2 – Der unterirdische Fluss

Band 1: [„Der Wächter des Tempels“ 3657

Wenn man bei |Dark Horse| stöbert, fällt einem schnell auf, dass sich dort vieles um Horror dreht. Hellboy, Buffy und andere geben sich bei dem US-Verlag ein Stelldichein. Seit August 2006 veröffentlicht |Dark Horse| auch die Serie |Rex Mundi|. Das ist zwar weniger Horror und mehr Verschwörungsthriller, aber wer weiß diese Grenze im Angesicht von Dämonen und fanatischen Klerikern schon genau zu bestimmen?

|Rex Mundi| ist in diesem Jahr auch auf Deutsch erschienen, und zwar in der |Ehapa Comic Collection|. Die ersten beiden Bände „Der Wächter des Tempels“ und „Der unterirdische Fluss“ sind nun erhältlich, Band 3 ist für den Winter angekündigt. Es handelt sich dabei um Übersetzungen der ersten beiden US-Paperbacks. Jenseits des Atlantiks gibt es bereits zwei weitere, und zwei sollen noch folgen. Mit insgesamt also sechs Paperbacks soll die Serie in naher Zukunft abgeschlossen werden.

|Rex Mundi| ist ein Verschwörungsthriller mit christlich-religiösem Hintergrund, der in einem alternativen Frankreich des Jahres 1933 spielt. Hauptfiguren sind die zwei jungen Ärzte Dr. Julien Saunière und Dr. Genevieve Tournon. Sowohl Julien als auch Genevieve versuchen, in dem von der katholischen Kirche beherrschten Staat über die Runden zu kommen. So ergeben sich zwei Handlungslinien, die das grobe Erzählgerüst von |Rex Mundi| bilden. Julien und Genevieve kennen sich von früher. Offensichtlich verbindet sie eine einstige Liebesbeziehung, die beide nicht wieder aufflammen lassen möchten. Sie geben sich Mühe, bloß noch Freunde zu sein.

Julien und Genevieve bewegen sich auf unterschiedliche Art und Weise in König Ludwigs Frankreich. Genevieve pflegt ein gutes Verhältnis zu dem ehrgeizigen Herzog von Lorraine, der sich in offenem Streit mit dem König befindet und Herrschaftsansprüche auf das Heilige Land geltend machen will. Ob sie Lorraine wirklich gern hat, ist ungewiss. Sicher jedoch wäre ihr ein gesellschaftlicher Aufstieg, den eine Heirat nach sich zöge. Während Genevieve also eher auf eine Annäherung an die herrschende Klasse baut, setzt Julien auf Konfrontation. Der Auslöser dafür ist der Mord an seinem langjährigen Freund Pater Gérard Marin. Auf der Suche nach seinem Mörder stößt Julien auf allerlei Rätsel und Geheimnisse, die seit Jahrhunderten unter der Oberfläche der Macht schlummern. Anscheinend treiben die Tempelritter seit dem Mittelalter in Europa ein verborgenes Ränkespiel.

Was im ersten Band sehr verheißungsvoll begann, verliert im zweiten Band etwas an Fahrt. Das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung wurde in Band 1 vor allen Dingen vorangetrieben durch einen mysteriösen Killer, der Julien auf den Fersen war. In Band 2 fällt diese Figur weg. Stattdessen dominieren in „Der unterirdische Fluss“ Rätsel, Beziehungen und Machtverhältnisse. Die Geschichte verdichtet sich. Am Ende sind alle Klarheiten beseitigt, zum Glück, denn ein allzu absehbares Ende wäre dem zweiten von sechs Bänden schließlich auch nicht zu wünschen gewesen.

Drei Dinge sollen zum Abschluss hervorgehoben werden, die bei |Rex Mundi| außerordentlich positiv hervorstechen. Zum einen ist da die Handlung. Obwohl man gelegentlich spürt, dass der Autor noch kein Veteran ist und verschiedene Stellen etwas unübersichtlich, inhaltsschwer und trocken ausfallen, steht man doch beeindruckt vor seiner Leistung, was das Universum von |Rex Mundi| betrifft. In welchem anderen Comic findet man solch eine detaillierte und glaubwürdige Alternativ-Wirklichkeit?

Zum anderen sind da die Zeichnungen. Die Bildwelten des EricJ fallen weder besonders glatt noch dynamisch aus. Recht so, schließlich ist Rex Mundi kein Superhelden-Comic. Mit einer deutlichen Vorliebe für Einzelheiten und Schatten trifft er den Grundton der Geschichte außerordentlich gut. Manchmal wirken seine Figuren leider etwas hölzern, aber darüber lässt sich hinweglesen.

Dritter und letzter Punkt ist die hervorragende Aufmachung, die |Ehapa| |Rex Mundi| hat angedeihen lassen. Während herkömmliche Paperbacks gerne schnell aus dem Leim gehen, stimmt hier alles: Hardcover, ordentliche Bindung, dickes Papier. Keine Sorge, dass man bald einzelne Blätter in den Händen hält. So lässt sich |Rex Mundi| getrost mehrmals lesen. Wer Thriller mag, sollte sich diesen Spaß gönnen.

Deutsche Leseprobe Band 1
http://www.ehapa-comic-collection.de/media/RexMundi__LP.pdf

Offizielle US-Website von Rex Mundi
http://www.rexmundi.net/main/index.html

Dark Horse Comics
http://www.darkhorse.com

Ehapa Comic Collection
http://www.ehapa-comic-collection.de

Crisse – Atalante 3: Die Wunder von Samothraki

Band 1: [„Der Pakt“ 3630
Band 2: [„Nautiliaa“ 3631

_Story_

Die Argonauten stranden auf ihrer Weiterreise, nachdem der Schiffsmast gebrochen ist. In Windeseile stellen Jason und Co. einen Notfallplan auf und entsenden ein kleines Team, welches auf der Insel nach Ersatz suchen soll. Gemeinsam mit dem Barden Orpheus, Herakles, Jason und dem kleinen Satyr Pyros bricht Atalante in ein neues Abenteuer auf und landet alsbald im Tempel der Kabiren. Bevor sie sich versehen, sind die Argonauten und ihre Begleiterin auch schon innerhalb der finsteren Gemächer, wo sie nicht nur auf eine Sphinx und einen Minotaurus stoßen, sondern auch mit den Schatten ihres inneren Seelenlebens konfrontiert werden. Außerdem folgt ihnen ein gehörnter Pixitos, der neben seltsamen Ratschlägen und Tipps auch immer wieder lockere Sprüche bereithält und so die Nerven des gesamten Teams gehörig strapaziert.

Während Atalante im Tempel mehr über ihre Vergangenheit erfährt, Orpheus mit seinen Gesängen Respekt erlangt und Herakles mit eiserner Faust durch die Anlage marschiert, hält das quirlige Wesen die plötzlich getrennten Gefährten auf Trab – und ist letztendlich auch der einzig Grund für die ganze Aufregung, die nach der Ankunft bei den Kabiren herrscht.

_Meine Meinung_

Und wieder stranden Atalante und die Argonauten auf einer seltsamen Insel, dieses Mal jedoch eher unfreiwillig, denn ihr Schiff hat erheblichen Schaden erlitten und kann auf offener See nicht mehr lange bestehen. Für Jason und seine Mannschaft keine ungewohnte Situation, jedoch sind sie dieses Mal besser vorbereitet und teilen sich an dem neuen Zufluchtsort günstiger auf. Allerdings wartet schon bald der nächste Hinterhalt, der sie geradewegs in einen merkwürdigen Tempel hineinlockt und mit einem Mal auch in die Fänge einer Sphinx, die sie vor ein Rätsel auf Leben und Tod stellt. Allerdings fackelt Herakles nicht lange und lässt das majestätische Wesen in Stücke krachen. Der Minotaurus wird indes vom Barden Orpheus ausgeschaltet, als dieser ihn mit einem Wiegenlied in den Schlaf singt. Wie ein Orkan fegen die Argonauten gemeinsam durch die Tempelanlage, bis sie schließlich auf sich alleine gestellt sind und einigen magischen Wesen gegenüberstehen. Der Schatten der Vergangenheit schwebt über jedem von ihnen, und das wegen einer eigentlich ganz unwichtigen Sache.

Nachdem der zweite Teil von „Atalante“ es mir phasenweise nicht so sehr angetan hatte und irgendwie erst viel zu spät, und dann auch noch nicht mal richtig in die Gänge gekommen war, entschädigt „Die Wunder von Samothraki“ nun wieder für vieles. Zum ersten Mal seit Beginn der Serie ist in der dritten Episode nun alles rund, soll heißen die Action stimmt, die Geschichte ist ein wenig anspruchsvoller, der Humor sitzt (besonders in der Schlusssequenz) und die überraschend weit reichenden Ideen zünden ebenfalls auf Anhieb – das war gerade in „Nautiliaa“ nicht immer der Fall gewesen.

Bemerkenswert ist, wie Crisse die bekannten Figuren der griechischen Mythologie verwurstet, wobei gerade im Umgang mit dem Minotaurus und der Sphinx leichte Parallelen zu den „Asterix“-Comics nicht von der Hand zu weisen sind. Zumindest die Szenen, in denen Herakles Obelix-like durch den Tempel trampelt oder Orpheus seine Harfe auspackt, um den Minotaurus zu zähmen, sind arg verdächtig, aber dennoch sehr witzig. Dem gegenüber stehen einige Mythen, zum Beispiel bei der Konfrontation mit der Vergangenheit, die der Spannung enorm zuträglich sind und die Handlung auch mal wieder ein Stück vorwärts bringen, nachdem man im vorangegangenen Band partiell den Eindruck hatte, Crisse würde in dieser Beziehung bereits stagnieren.

Im Resümee bedeutet dies, dass nur lobende Worte für „Die Wunder von Samothraki“ übrig bleiben dürfen. Die minimale inhaltliche Dürrephase wurde prima aufgefangen und mit einem sehr lebendigen, spannenden und wiederum sehr sympathischen Werk wieder in die richtige Spur gelenkt. Beide Daumen hoch für Crisse und „Atalante“!

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Viehl, S. L. – Stardoc – Der Klon (Band 2)

Band 1: [„Die Seuche“ 2883

_Story_

Nach dem Tod ihres Mannes Kao Torin befindet sich Cherijo auf der Flucht vor den Söldnerschiffen der Liga, die im Auftrag ihres Vaters Joseph Grey Veil das Universum nach der gentechnisch modifizierten Heilerin durchkämmen. An Bord der |Sunlace|, dem Schiff der Joreianer, findet sie Schutz und verdient sich an der Seite der Obersten Heilerin erste Sporen in ihrem neuen Hausclan und schließlich auch Respekt und Bewunderung.

Doch die friedliche Idylle täuscht, denn nach wie vor wird Cherijo mit Konflikten jedweder Art konfrontiert und in ihrem Job als praktizierende Ärztin bis aufs Äußerste gefordert. Als schließlich eine Mordserie die |Sunlace| erschüttert, gerät die Heilerin in Verdacht, daran beteiligt zu sein. Besonders die skeptischen Vertreter des Clans Torin trauen der exzentrischen Ärztin nicht über den Weg, und als schließlich mehrere Fährten in ihr Quartier führen, sieht sie sich zum Handeln gezwungen. Erneut tritt sie in den Gedankenaustausch mit dem Obersten Linguisten Duncan Reever, um der Ursache der Morde auf den Grund zu gehen. Doch je tiefer sie in ihr eigenes Bewusstsein eindringt, umso bedrohlicher wirkt der Feind.

Als wäre dies nicht schon genug, wird Cherijo auch ständig von Kaos Clanbruder Xonea belästigt; der mächtige joreianische Krieger will die Nachfolge seines Bruders antreten und die Heilerin zu seiner Gattin erwählen. Diese jedoch zeigt kein Interesse am launischen Vertreter Jorens, der daraufhin auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Gerade als die beiden Frieden miteinander geschlossen haben und die Vielzahl der Bedrohungen abklingt, wird Cherijo dann wieder an die jüngste Vergangenheit erinnert. Joseph Grey Veil fordert nach wie vor das Recht auf seinen Besitz, seine konstruierte Tochter, und dazu sind dem berüchtigten Wissenschaftler alle Mittel recht.

_Meine Meinung_

Im Gegensatz zum ersten Teil, der eigentlich erst nach der Hälfte der Zeit so richtig durchstartete, beginnt die eigentliche Action in „Der Klon“ schon im ersten Kapitel. Wobei Action in diesem Fall nicht auf klassische Art und Weise verstanden werden sollte. Es ist vielmehr so, dass von Beginn an mächtig Trubel herrscht, die Hauptfiguren von einem Chaos ins nächste stürzen und besonders Cherijo viele Prüfungen bestehen muss, um ihren neuen Verbündeten und vor allem sich selbst zu beweisen, was wirklich im Körper der flüchtigen Terranerin steckt. Dabei hat die vorlaute Heilerin zahlreiche Grabenkämpfe auszutragen, beginnend mit dem Machtkampf um die Nachfolge der Obersten Heilerin der |Sunlace|, den sie mit ‚Spliss-Lippe‘ Squillip austrägt, bis hin zum permanenten Familienzwist mit ihrem Clanbruder Xonea, der sein Recht einfordert und Cherijo ehelichen will, von seiner Erwählten jedoch nicht als Gatte akzeptiert wird. Ständig geraten die beiden aneinander, bekämpfen und beschimpfen sich und gehen dabei bis ans Äußerste ihrer Substanz – und darüber hinaus.

Neben den vielen Beziehungsdramen, die in „Der Klon“ einen wesentlichen Teil übernehmen, steht indes eine Mordserie im Mittelpunkt, bei der viele Indizien dafür sprechen, dass Cherijo darin verwickelt ist. Immerzu befinden sich am Tatort Spuren, die auf eine Beteiligung der angehenden Obersten Heilerin schließen lassen, und stets muss sich die begabte Ärztin wieder aus der daraus entstehenden Bredouille befreien. Weil die wichtigsten Zeugen nach und nach auf mysteriöse Weise ausgelöscht werden, sieht sich Cherijo dazu gezwungen, selber verdeckt zu ermitteln und sich von aller Schuld freizusprechen. Doch ihr Gegner scheint mächtiger als alles, was sie bislang erlebt hat.

Natürlich wird auch die Jagd auf die gentechnisch auf Perfektion programmierte Tarranerin näher beleuchtet. Jede kurze Abweichung von der Norm der Schiffsroute bringt die Liga-Truppen wieder auf den Plan, und immer wieder greifen einzelne Söldner an, um Cherijo in die Obhut ihres Vaters zurückzubringen. Dabei müssen viele unschuldige Joreianer sterben, unter anderem auch Personen, zu denen die Heilerin eine ganz spezielle Beziehung hatte, wie etwa Tonetka, die einem plötzlichen Söldnerangriff zum Opfer fällt. Immer wieder wird Cherijo an die Zwickmühle erinnert, in der sie sich befindet, denn nur wegen ihrer Existenz muss ein ganzes Volk in Angst leben. Mehrfach äußert sie das Bedürfnis, sich Dr. Grey Veil auszuliefern, eventuell auch zu sterben, um ihre Gefährten von dieser Geißel zu erlösen. Doch das Volk Jorens steht nach alldem, was Cherijo für die Angehörigen der einzelnen Clans getan hat, vollends hinter seiner Adoptivtochter. Und so kommt es wie es kommen musste: Ein Aufeinandertreffen der ganz besonderen Art wird unfreiwillig arrangiert – und mündet in ein Finale, das selbst Hartgesottene vollkommen überraschen wird.

Nach dem fulminanten Ende von „Die Seuche“ hatte ich an „Der Klon“ große Erwartungen, die letzten Endes auch ausnahmslos erfüllt wurden. Die Geschichte wird rasant fortgesetzt, auf nahezu allen Handlungsebenen vertieft und intelligent ausgedehnt und hinsichtlich Action und Dramaturgie noch einmal um ein Vielfaches gesteigert. Dabei mag zwar hier und dort mal eine Tatsache unrealistisch erscheinen – so zum Beispiel, dass Cherijo nach beinahe jedem stressigen Erlebnis in Ohnmacht oder sogar ins Koma fällt – aber weil dies meist dazu beiträgt, das Mysterium um die wirklich faszinierend dargestellte Hauptfigur zu bekräftigen, geht das voll und ganz in Ordnung.

Apropos Cherijo Grey Veil bzw. Torin: Der Charakter, den die Autorin hier entworfen hat, ist schlichtweg genial. Rebellisch, einfühlsam, exzentrisch, egoistisch, aggressiv, behutsam, ruhig, gelassen, hysterisch, hasserfüllt: Es gibt keinen einzigen Wesenszug, den die Heilerin im Laufe der Geschichte nicht zeigt, was nicht nur ihr, sondern auch dem Roman selber einen großen Teil seiner Unberechenbarkeit beschert, die ihn über die gesamte Dauer auszeichnet. Man fühlt mit der außergewöhnlichen Dame, verliebt sich mitunter in sie und lernt sie im nächsten Moment wieder zu verachten. Solche Figuren sind im Science-Fiction-Genre äußerst rar, aber dringend erforderlich, um das Niveau des Genres aufrechtzuerhalten.

In diesem Sinne, und speziell dank solch genialer Charakterzeichnungen, wie man sie in „Der Klon“ zuhauf vorfindet, kann und muss man beim zweiten Band der „Stardoc“-Saga von einem furiosen, atemberaubenden und dazu auch noch enorm eigenständigen Roman sprechen. Die Weichen für eine rasante Fortsetzung sind ebenfalls schon gestellt, so dass die Begeisterung auch noch eine Zeit lang anhalten wird. Aber erst einmal gilt es, diesen besonderen Roman bzw. dessen Inhalt auszukosten. Der dritte Band, „Die Flucht“, erschien im Sommer 2006 bei |Heyne|.

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Antje Babendererde – Zweiherz

Ursprünglich war es ein ganz normaler Tag für Kaye, als sie Großvater Sam sein Essen brachte. Doch dann erzählt ihr der alte Mann, dass sein Enkel Will bald nach Hause kommen wird. Will, ihr bester Freund, der seit fünf Jahren im Gefängnis sitzt, weil er den Direktor seines Internats getötet hat. Viel früher als erwartet steht er vor der Tür ihres Ladens, und Kaye stellt erschrocken fest, dass das Wiedersehen ganz anders ist, als sie es sich all die Jahre über vorgestellt hat. Will hat sich sehr verändert …

Antje Babendererde – Zweiherz weiterlesen

Ellis, Warren / Williams III., J. H. – Desolation Jones 1: Made in England

_Story_

Michael Jones, ehemaliger Agent des MIG, leidet noch immer unter den Schatten seiner Vergangenheit. Als einziger Überlebender des Desolation-Tests ist er als Privatdetektiv einer geheimen Untergrundorganisation untergetaucht und übernimmt seit einiger Zeit Fälle für Leute, denen ein arg zwielichtiger Ruf anhängt. Sein neuester Auftrag führt ihn zum stark entstellten Colonel a. D. Nigh, der über eine große private Porno-Sammlung verfügt und seit einigen Tagen sein wertvollstes Stück, eine pornografische Dokumentation von Hitlers sexuellen Leidenschaften, vermisst. Jones soll das verlorene Video wiederbeschaffen und begibt sich alsbald in die Erotikszene.

Von Beginn an kämpft der Ex-Agent mit harten Bandagen und macht den Produzenten des anrüchigen Film-Genres ordentlich Druck, gerät dabei aber selber recht schnell in einen Sumpf aus politischen Intrigen und Machenschaften, in die Nighs Töchter involviert zu sein scheinen. Als Jones während seines Einsatzes angeschossen wird, sieht der kaltblütige Detektiv rot und erklärt seine herkömmlichen Ermittlungen vorzeitig für beendet: denn scheinbar verstehen seine Gegner nur die harte Tour …

_Meine Meinung_

Warren Ellis – dieser Name hat mich bereits mit der fulminanten Science-Fiction-Story in [„Ocean“ 3401 begeistert. Und auch in seiner neuesten Reihe leistet der Autor ganze Arbeit und führt mit dem eigenartigen Detektiv Michael ‚Desolation‘ Jones einen Charakter ein, der typischer für einen lupenreinen Antihelden gar nicht sein könnte und aufgrund der makellosen Darstellung und der farbenfrohen, teils aber auch gnadenlos harten Inszenierung sofort den Status einer zukünftigen Comic-Ikone einnehmen dürfte. So viel zum ersten Eindruck …

Die Story im ersten Band „Made in England“ ist dementsprechend fantastisch: Jones schnüffelt mit skrupellosen Methoden im Porno-Business und durchleuchtet sowohl Produzenten als auch Darsteller. Auf der Suche nach einem privaten Video Hitlers eckt der Detektiv sofort an und zieht in Windeseile den Hass vieler bedeutsamer Namen auf sich. Für Jones ist dies jedoch kein Problem, denn spätestens nach dem Desolation-Test ist er allen erdenklichen Kontrahenten gewachsen und erwehrt sich gewaltsamer Attacken mittels einiger schneller, brutaler Handgriffe, was den Hass der Gegenseite weiter schürt.

Als er dann einen Schritt weiter kommt, stößt er auf erste Zweifel bezüglich seines Auftrags. Immer stärker sind die Bedenken gegenüber Nighs Vertrauenswürdigkeit, zumal sich aus den Reihen seiner Familie erste Attacken gegen den mysteriösen Colonel andeuten. Sowohl seine offensichtliche Lieblingstochter, eine pflichtbewusste CIA-Agentin, als auch ihre verschwundene Schwester sind ihrem Vater auf der Spur wegen eines Vorfalls in der Vergangenheit. Während die eine seine Unschuld beweisen will, versucht die andere, ihn mit erdrückenden Beweisen massiv zu belasten.

Der Konflikt ist vorprogrammiert, und mittendrin der verdeckte Ermittler Jones, der erst nach und nach hinter die wahren Hintergründe seines Falls kommt. Als die Situation dann zu eskalieren droht, sieht er rot: Ein Angriff auf seine Person und die ständigen Lügen, denen er ausgesetzt wird, überstrapazieren seine Nerven. Er bringt die betroffenen Personen zusammen und deckt die Sache auf – jedoch auf eine erbarmungslose Art und Weise, die man schon seit jeher an ihm fürchtet.

Die Geschichte, die Ellis im Debütalbum von „Desolation Jones“ erzählt, ist nicht nur unheimlich spannend, sondern aufgrund der zahlreichen Wendungen und des generell total unberechenbaren Verlaufs wahrhaftig überwältigend. Keine der im Mittelpunkt stehenden Personen gibt zu viel von sich preis, und jeder Einzelne scheint noch ein weiteres Geheimnis für sich zu bewahren, welches die Story wieder vollkommen umzukrempeln vermag. Nicht zuletzt die vielen, scheinbar nur zum Statisten degradierten Figuren, die plötzlich entscheidend in die Handlung eingreifen, sorgen hier für beinharte Thriller-Atmosphäre und darauf aufbauend auch für knallharte permanent spürbare Action.

Dies wird weiterhin von den genialen Zeichnungen von J. H. Williams III verstärkt, der hier, einem Frank Miller ähnlich, recht spärlich mit bunten Farben umgeht und wegen der Betonung einzelner Segmente sofort starke Parallelen zu dessen Meisterstück „Sin City“ hervorruft. Letztere könnte man, zumindest was den Umgang der Charaktere miteinander betrifft, ebenso auf den Plot beziehen, wenngleich Ellis ein wenig stringenter vorgeht als sein Pendant Miller, dabei aber mittlerweile schon in derselben Liga spielt bzw. schreibt wie die Legende.

Letztendlich ist „Desolation Jones“, vor allem, was die Atmosphäre und die eingebrachten Ideen angeht, eine Art Tarantino-Werk im Comicformat. Mich würde jedenfalls nicht wundern, wenn cineastische Vorlagen wie „Pulp Fiction“ hier Pate gestanden und dem Autor die Inspiration für diese geniale Inszenierung geliefert hätten. Und alleine diese Tatsache sollte ein relativ großes Publikum aus der Reserve locken und Interesse für das neue Meisterstück des |Panini|-Ablegers |Wildstorm| wecken. „Made in England“ ist ein absolut tadelloser Auftakt dieser neuen Serie!

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Holt, Anne – Was niemals geschah

Die norwegische Autorin Anne Holt hat sich mit ihren Büchern rund um ihre Krimiheldin Hanne Wilhelmsen einen Namen gemacht, der sich nicht hinter denen anderer großer (auch nordischer) Krimiautoren verstecken muss. Doch der vorliegende Roman wird dieses Mal nicht von der lesbischen Krimiheldin Wilhelmsen gelöst, sondern vom nicht minder interessanten Ermittlerduo Yngvar Stubø und seiner Frau Inger Johanne Vik, die nicht bei der Polizei arbeitet, sondern als Profilerin hilft.

In diesem Fall ist von Beginn an alles anders. Während nämlich die erste Leiche gefunden wird, ist Stubø auf dem Weg ins Krankenhaus zu Inger Johanne und ihrem gemeinsamen Baby, das zeitgleich mit der norwegischen Thronerbin Ingrid geboren wurde. Als er also von seinen Kollegen die Nachricht erhält, dass eine bekannte Fernsehmoderatorin ermordet und mit herausgeschnittener und gespaltener Zunge aufgefunden wurde, muss Stubø sich zunächst um seine schwierige Stieftochter Kristiane kümmern, die sehr sensibel und „komisch“ ist, ohne dass irgendjemand Stubø und seiner Frau sagen könnte, was mit Kristiane eigentlich los ist. Dementsprechend groß ist Inger Johannes Angst, dass auch ihre zweite Tochter krank sein könnte. Nach der Geburt ist sie deshalb höchst sensibel und zunächst überhaupt nicht am Kriminalfall interessiert. Als allerdings eine bekannte norwegische Politikerin gekreuzigt in ihrem eigenen Schlafzimmer und mit einem Koran zwischen ihren Beinen aufgefunden wird, drängt sich eine düstere Ahnung in Inger Johannes Bewusstsein.

Es dauert nicht lange, bis eine dritte bekannte Persönlichkeit unter mysteriösen Umständen ermordet wird, doch die Polizei tappt im Dunkeln, keine einzige Spur ist zu finden, niemand wurde am Tatort beobachtet und der Täter hat offensichtlich auch keine verwertbaren Spuren hinterlassen. Stubø und seine Kollegen jagen also ein Phantom, das sie nicht greifen können. Aber Inger Johanne wühlt in ihrer Vergangenheit beim FBI, die sie viel lieber vergessen würde, da sie so unvorstellbar große Wunden hinterlassen hat, dass sie nicht einmal mit ihrem Mann darüber sprechen kann. In ihrer Erinnerung findet sie eine Mordserie, von der ihr Ausbilder beim FBI in seiner Vorlesung erzählt hat und die viele Gemeinsamkeiten mit der jetzigen Mordserie aufweist. Was Inger Johanne aber am meisten Angst macht, ist der noch ausstehende fünfte Mord, denn hier wartet ein Anschlag auf den ermittelnden Polizeibeamten und seine Familie, was in diesem Fall Yngvar Stubø und Inger Johanne selbst sind. Die junge Mutter kann kein Auge mehr zutun und muss hilflos mit ansehen, wie der vierte Mord geschieht und sie die nächste auf der Liste ist.

Anne Holt inszeniert ein perfides Katz-und-Maus-Spiel, das von seinen Hauptfiguren lebt. Auch wenn man zunächst Hanne Wilhelmsen vermissen mag, so erinnert man sich schnell und gerne an „Das einzige Kind“ zurück – den ersten Fall, den Stubø und Inger Johanne einst zusammen gelöst haben. Doch „Was niemals geschah“ ist wahrscheinlich noch spannender und packender als dieser erste Stubø-Fall.

Auf den ersten Blick scheint es ein Mörder auf Prominente abgesehen zu haben, die in ihrem Leben etwas zu verbergen haben. Schnell kommt die Polizei dem dunklen Geheimnis des ersten Opfers auf die Spur und damit einem dringenden Tatverdächtigen. Doch nichts ist so, wie es scheint. Denn hinter der Mordserie steckt noch viel mehr. Und wie findet man eigentlich einen Mörder, der kein Motiv für seine Taten hat? Diese Frage muss sich die Polizei stellen, denn bei der erfolglosen Suche nach Spuren und Motiven tappt sie weiterhin im Dunkeln. Und auch wenn die Opfer genügend Feinde gehabt haben, so können doch alle Verdächtigen ein zumindest oberflächlich betrachtet wasserdichtes Alibi nachweisen.

Anne Holt wühlt im Privatleben ihrer Protagonisten und zerrt Geheimnisse ans Licht, die ihre Charaktere gerne im Dunkeln belassen hätten. So hat auch der Verlobte des zweiten Opfers einiges zu verbergen, was ganz nebenbei offenkundig wird. Es gibt daher neben den Mordopfern noch weitere Opfer zu beklagen, die im Laufe der Ermittlung plötzlich im Rampenlicht stehen und ihre Geheimnisse aufgedeckt finden. Bei Anne Holt haben alle Charaktere Ecken und Kanten, aber insbesondere auch einige Leichen im Keller. Doch wer hat das nicht? Wir lernen hier Personen kennen, die viel erlebt und auch Fehler gemacht haben, die sie nun gerne verheimlichen würden. Aber die Polizei deckt so manches davon auf, weil sie vergeblich hofft, dem Täter auf der Spur zu sein.

Die Charakterzeichnung ist absolut großartig und hält so einige Überraschungen für den Leser bereit, die erstmal verdaut werden wollen. Wir lernen die handelnden Figuren sehr genau kennen und blicken bis in ihr Innerstes. Besonders lobend hervorheben muss man hier die Beziehung zwischen Yngvar Stubø und Inger Johanne Vik, die eigentlich angesichts ihrer quietschfidelen Tochter überglücklich sein müssten, deren Glück aber überschattet wird von der grausamen Mordserie und von Inger Johannes düsteren Erinnerungen, die nun wieder ans Tageslicht kommen.

Stubø kann sich nicht damit abfinden, dass seine Frau nicht über ihre Zeit beim FBI reden möchte, obwohl die beiden doch ihr Leben teilen. Dies sorgt für prickelnde Spannung zwischen den beiden jungen Eltern, obwohl sowohl Stubø als auch Inger Johanne gerade in dieser schwierigen Situation doch alle Unterstützung von ihrem Partner benötigt hätten. Und dies sei vorweg genommen: Dieses Spannungsverhältnis ist noch nicht aus der Welt geschafft und hält genügend Potenzial bereit für weitere Kriminalromane mit diesem Ermittlerduo.

Langsam aber sicher kommt Stubø schließlich mit der Hilfe seiner Frau, aber auch mit der Hilfe des Täters selbst, dem Mörder auf die Spur. Doch was er hier entdeckt, kann er zunächst selbst kaum glauben, da er sich so etwas Perfides auch in seinen dunkelsten Alpträumen nie hätte vorstellen können. Anne Holt durchschreitet hier Abgründe, wie sie düsterer kaum sein könnten. Den Leser wiederum überrascht dies nicht wirklich, da er den Täter von Beginn an kennt und ihn auf seinen Wegen oftmals begleitet hat. Dies mindert allerdings weder Spannung noch Lesegenuss, da man immer gespannt darauf wartet, ob die Mordserie weitergeht oder ob die Polizei dem Täter noch rechtzeitig auf die Spur kommt, um den fünften Mord zu verhindern und dadurch Stubø und seine Familie zu retten.

Schade fand ich, dass Anne Holt einige Fragen offen lässt, die zum Teil wohl nie erklärt werden. Zur Abrundung des Buches hätte die Aufklärung der offenen Fragen sicher gutgetan, doch auch so bleibt ein durchweg positiver Eindruck zurück. „Was niemals geschah“ ist der gut durchkonstruierte zweite Kriminalfall eines sympathischen Ermittlerduos, das nicht nur bei der Arbeit, sondern auch privat einige Schwierigkeiten zu meistern hat.Doch wenn alles ganz einfach wäre, würde es sich ja nicht lohnen, ein Buch darüber zu schreiben. Trotz winziger Abzüge in der „B-Note“ freue ich mich schon jetzt auf den nächsten Fall, den Stubø und Vik zu lösen haben!

http://www.piper-verlag.de

Schneider, Brian – Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Pelzige Pilzwesen«

_Roman-historischer Hintergrund_

Die Geschichte von Sarpadia liegt unter dicken Schichten aus Sand und Staub in Dominarias Einöden verborgen. Sie erzählt vom Aufstieg des Ordens der dunklen Hand und den Kreaturen, die er als Diener erschuf: den Thrulls. Als das Klima immer kälter wurde und immer mehr Feinde seine Heimat bedrängten, wandte sich Thelon von Heavenwood mit der Bitte um Hilfe an die Dunkle Hand. Er lernte vom Orden, wie man neues Leben erschaffen konnte, und er verband dieses Wissen mit seiner eigenen Magie, um die Pilze des Waldes zum Leben zu erwecken. Die Thalliden waren entstanden. Die Zeiten wurden immer verzweifelter, und die Elfen von Heavenwood benutzten die Thalliden als Nahrung und als Opfer, um dem Wald neue Lebensenergie zu geben. Doch am Ende erlagen die Elfen der Kälte und dem schwindenden Nahrungsangebot, und nur die Thalliden überlebten.

_Angriffslustige Pilze_

Rache ist süß, je kontrollierter, desto besser. Ihrer einstigen Opferrolle sind die Thalliden längst entwachsen, so dass sie nun umso mehr dafür gewappnet sind, sich auch außerhalb ihres Heimatwaldes zu behaupten und jegliche Angriffswelle bereits im Keim zu ersticken. Die pelzigen Wesen verschlingen Nahrung, was das Zeug hält, und breiten sich immer weiter aus. Und in ihrer Vielzahl halten sie zusammen, was die Produktion von Saprolingen ungemein fördert. Als Einheit wachsen sie Schritt für Schritt zu einem mächtigen Machtinstrument heran, welches sie mit Hilfe von Thelon von Heavenwood schließlich dazu in die Lage versetzt wird, aus der ehemaligen frustrierenden Situation in eine Position zu rücken, in der sie endlich die Herren der Lage sind – und somit den Grundstein für ein weiteres interessantes Themendeck setzen.

_Karteninhalt_

• 10x Sumpf
• 13x Wald
• 1x Pendelhaven (zeitverschoben)
• 3x Todessporen-Thallid (common)
• 2x Thallid (zeitverschoben)
• 2x Ältester von Pendelhaven (uncommon)
• 3x Muschelbewohnender Thallid (common)
• 1x Thelon von Heavenwood (rare)
• 3x Aukeimender Thallid (common)
• 1x Wurmholzdryade (common)
• 2x Herden-Gnarr (common)
• 2x Spordensäender Thallid (uncommon)
• 2x Wilder Thallid (common)
• 1x Kraftlosigkeit (common)
• 1x Meucheln (common)
• 2x Gefallenes Ideal (uncommon)
• 2x Plötzlicher Tod (uncommon)
• 1x Furchteinflößende Rückkehr (uncommon)
• 1x Macht des alten Krosa (uncommon)
• 2x Sprießen (common)
• 2x Stärke durch Überzahl (common)
• 1x Krosas Eingriff (uncommon)
• 1x Blühende Umarmung (rare)
• 1x Klauen des Gix (zeitverschoben)

_So spielt man das Deck_

„Pelzige Pilzwesen“ baut in erster Linie darauf auf, eine langsam heranwachsende Gemeinschaft zu bilden, die im Kollektiv unheimlich an Effizienz gewinnt und schließlich mit geballter Kraft kaum noch zu schlagen ist. Nahezu alle Kreaturen bringen während des Versorgungssegments Sporenmarken ins Spiel, die man nach drei überlebten Runden schließlich in Saprolinge vom Wert 1/1 umwandeln kann, um somit sowohl die Offensive als auch die Verteidigung individuell zu verstärken. Auskeimende, wilde und muschelbewohnende Thalliden verfügen allesamt über diese Eigenschaft, wohingegen der sporensäende Thallid sogar jedem Pilzwesen eine weitere Sporenmarke verleiht. Bei wachsender Kreaturenzahl im aktiven Spiel verstärkt man somit nicht nur die einzelne Kreatur, sondern das gesamte Deck um ein Vielfaches, so dass der Gegner, sobald er einmal zurückgeschlagen wurde bzw. man selber eine Runde ohne große Verluste überstanden hat, kaum noch Kontermöglichkeiten besitzt, weil die Kollektivpower in der anschließenden Runde noch einmal um weitere Sporen und Saprolinge anwächst. Und wäre dies nicht schon genügend Unterstützung von dieser Seite aus, kann man mit Spontanzaubern wie ‚Sprießen‘ sogar sofort einen Saproling ins Spiel bringen.

Davon unabhängig sind die meisten Zauber generell darauf ausgelegt, die Pilzwesen in ihrer Angriffs- und Defensivkraft gehörig zu verbessern bzw. die Gegner direkt verheerend zu schwächen. Dies sollte man gerade dann ausspielen, wenn man noch im Begriff ist, das ausliegende Deck aufzubauen, denn gerade in der Abwehr sind Verstärkungen wie ‚Macht des alten Krosa‘ und ‚Blühende Umarmung‘ unheimlich effektiv und aufgrund ihres hohen Werts kaum zu schlagen. Sobald dann endlich eine starke Gemeinschaft im Spiel ist, sollte man sich zügig in den Angriff werfen. Karten wie ‚Stärke durch Überzahl‘ verbessern den eigenen Angriffswert um einen Punkt pro zu tappender Kreatur und sind bei entsprechendem Rückhalt quasi schon ein Garant für den Erfolg. Sollte dieser dennoch ausbleiben, geben weitere Spontanzauber wie ‚Plötzlicher Tod‘ dem Gegner den Rest. Aber auch für Rückschläge ist man bestens ausgerüstet, denn Karten wie ‚Gefallenes Ideal‘ kommen immer wieder aus dem Friedhof zurück und dienen auch in künftigen Runden der Verzauberung einer Kreatur – einer immens schlagkräftigen.

Im Grunde genommen führt der Weg zum Sieg jedoch über die richtige und vor allem hemmungslose Verwendung der Saprolinge. Sie liefern den Thalliden die perfekte Nahrung, um ihre Fähigkeiten den Anforderungen anzupassen und ihnen gerecht zu werden. Der zweite entscheidende Faktor ist die Opferbereitschaft, die in keinem bisherigen Set so ausgeprägt gefordert wurde wie hier. Kreaturen werden zum Kanonenfutter, um einzelne Thalliden weiter zu stärken, was zwar ein geringes Risiko mit sich bringt, bei geschickter Anwendung jedoch kaum schiefgehen kann. Denn wie gesagt: Sind erst einmal genügend Thalliden im Spiel, sind die „Pelzigen Pilzwesen“ nur noch schwer aufzuhalten.

_Fazit_

„Pelzige Pilzwesen“ ist definitiv ein Deck für risikofreudige, offensive Spieler, die ihren Angriff aber dennoch erst aus einer gesicherten Deckung heraus spielen. Dies mag sich konträr anhören, ist aber eigentlich logisch, denn man kann die geballte Kraft der Thalliden-Kreaturen erst dann nutzen, wenn man einen gesunden Wall derartiger Pilzwesen aufgestellt hat und sich um überraschende Gegenschläge und anschließende Verluste keine Sorgen mehr machen muss.

Kontrollierte Offensive, dann jedoch bedingungslos und rasch – so in etwa könnte die Devise eines Spielers des nunmehr dritten Themendecks der „Zeitspirale“-Erweiterung zu „Magic: The Gathering“ lauten, und in nicht wenigen Fällen sollte sie auch gute bis sehr gute Chancen auf ein siegreiches Spiel in Aussicht stellen, denn diese pelzigen Kreaturen sind wirklich penetrant in ihrem Zusammenhalt und als Einheit mit ausreichend Sporenmarken und Saprolingen kaum kleinzukriegen. Nicht zuletzt der Fakt, dass ihre nackten Angriffs- und Verteidigungswerte meist nicht von schlechten Eltern sind und man sie trotzdem verhältnismäßig leicht tappen kann, unterstreicht die Tatsache, dass gegnerische Spieler es im Vergleich mit diesem Set oft mit einer unüberwindbaren Hürde zu tun haben. Mehrere Duelle mit anderen Sets aus der „Zeitspirale“ haben am Ende bewiesen, wie schwer den Thalliden beizukommen ist, was schlussendlich auch dafür spricht, sein Deck um einige dieser Wesen aufzubauen – zumal es unheimlich viele Variationen gibt, um welche Taktik herum man das Spiel „Pelzige Pilzwesen“ strukturiert. Ergo: Wieder mal eine gelungene Zusammenstellung, die den ebenfalls sehr positiv aufgenommenen bisherigen Themendecks aus dieser Edition definitiv in nichts nachsteht.

http://www.magicthegathering.de/
http://www.universal-cards.com
http://www.wizards.com/

|Siehe ergänzend dazu:|

[Magic: The Gathering 9. Edition – Schnelleinstieg 3335
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Armee der Gerechtigkeit« 3337
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Schon wieder tot« 3370
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Luftige Höhen« 3591
[Magic: The Gathering – Haupt-Set – Themendeck »Welt in Flammen« 3592
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Remasuri-Entwicklung« 3371
[Magic: The Gathering – Zeitspirale – Themendeck »Kreuzritter der Hoffnung« 3372

[Outlaw 1864 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 1)
[Der Ketzer 2645 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 2)
[Die Hüterin 3207 (The Gathering: Kamigawa-Zyklus, Band 3)
[Die Monde von Mirrodin 2937 (Magic: The Gathering – Mirrodin #1)

Ciencin, Scott / Stakal, Nick – Silent Hill 3: Tot/Lebendig

Band 2: [„Innerlich sterben“ 3161

_Story_

Erinnerungen an seine ehemalige Geliebte sowie ein gewisser Drang zur Wiedergutmachung treiben den Filmstar Kenneth Carter nach Silent Hill. Dort trifft er auf das kleine Mädchen Christabella und nimmt sich ihrer an, zunächst nicht wissend, auf welch finsteres Spiel er sich einlässt. Doch dann nehmen die Dinge ihren Lauf: In Silent Hill vermischen sich für den bekannten Schauspieler auf immer konfusere Art Realität und Fiktion, bis Carter schließlich die komplette Macht über seine Bestimmung verliert und dem grausamen Spiel des abgeschiedenen Ortes unterliegt.

Während er mit einigen Dämonen der eigenen Vergangenheit ringt und feststellt, wie weit sein Leben in der Vergangenheit bereits mit der kleinen Stadt in Verbindung stand, wird er vor mehrere Entscheidungen gestellt, die sowohl das eigene Leben als auch das seiner Liebsten gefährden. Und dabei ist er eigentlich nur zurückgekommen, um Connie wiederzusehen …

_Meine Meinung_

Bereits die vorangegangene Episode „Innerlich sterben“ war eine verdammt harte Nuss, die besonders aufgrund der durchgehend düsteren Atmosphäre rein gar nichts für sanfte Gemüter war. Die grausame Geschichte um die junge Christabella und ihr Schicksal bewegte auf der einen Seite und erschreckte wiederum auf der anderen. Dazu das unheimliche Setting und weitere fürchterliche Charaktere – willkommen in Silent Hill, wo nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Nun, in der aktuellen Ausgabe, trifft man alerdings schon noch auf einige alte Bekannte, darunter zum Beispiel den mutierten Dr. Troy, der nach seinem Tod immer noch in Silent Hill verweilt und auf Rehabilitation hofft. Oder die seltsame Lauryn, die nach außen hin reifer wirkt als ihre Schwester Christabella, aber stets in ihrem Schatten steht. Und natürlich die Achtjährige selber, wie sie sich umgeben von der schaurigen Umgebung gegen alles und jeden behauptet und ihr Umfeld zum Wahnsinn treibt. Sie alle greifen in dem Moment ein, in dem der Schauspieler Kenneth Carter nach Silent Hill kommt und hofft, sein Gewissen in irgendeiner Art zu erleichtern.

Dies gelingt ihm jedoch von Beginn an in keiner Weise. Stattdessen steigt die Zahl seiner potenzieller Gegner von Seite zu Seite; er gerät in das Kreuzfeuer einer Verschwörung, die ihm jeglichen Sinn für die Realität und letztendlich den Verstand raubt. Denn was tatsächlich um ihn herum geschieht, das kann er selbst mit etwas Weitsicht nicht erfassen. Silent Hill hat seine eigenen Gesetze, und dies bekommt er ab der Sekunde seiner Ankunft permanent am eigenen Leib zu spüren.

Zu beschreiben, worum es in Band 3, „Tot/Lebendig“ tatsächlich geht, würde definitiv den Rahmen der Rezension sprengen, denn die neue Story ist derart komplex, dass ein individuelles Charakterprofil jeder einzelnen, halbwegs wichtigen Figur vonnöten wäre, um zumindest in Ansätzen zu verstehen, wie die Charaktere in Verbindung zueinander stehen und was die daraus resultierenden Beziehungen ausmachen. Christabella, Lauryn und auch Leonora bleiben die großen Unbekannten im Spiel, dem sich Carter ausgesetzt fühlt.

Letzterer hingegen übernimmt die Rolle eines Anti-Helden, der eigentlich stets im Mittelpunkt steht, dann aber wieder vollkommen unwichtig erscheint, weil sein Handeln im nächsten Moment wieder als nicht real beschrieben wird. Dies überhaupt zu erfassen, stellt für den Leser wohl auch die größte, mitunter auch die einzige Herausforderung dar. Der Autor wechselt stets von der Realität in den phantastischen Bereich, verharrt dort kurz, schwenkt zurück und wiederholt diesen Vorgang binnen weniger Szenarien derart oft, dass man sich als Leser sehr gut in die Situation des Protagonisten Carter versetzen kann. Mit anderen Worten: Man weiß nicht, wie einem geschieht, und obwohl man der Handlung in groben Zügen folgen kann und irgendwann ungefähr den Kern erfasst hat, bleibt „Tot/Lebendig“ bis zum Schluss ein einziges Rätsel – zwar mit vielen Hinweisen, aber sicherlich nicht mit stringentem, geschweige denn transparentem Verlauf.

Nichtsdestotrotz gelingt es Autor Scott Ciencin problemlos, das Niveau der vorangegangenen Bände zu halten. Er hat nicht nur einen hohen Anspruch an sich und seine Storys, sondern vor allem auch an seine Leserschaft. Dies spiegelt sich zwar nicht flächendeckend in den teils doch recht gewöhnlichen Dialogen wider, wird aber in der sprunghaften, superspannenden und eben nur schwer zu durchschauenden Geschichte immer wieder mit zahlreichen Beispielen unterlegt – und gottlob zum Schluss auch befriedigend aufgedeckt. Zugegeben, nach dem Verwirrspiel, das Ciencin gerade im mittleren Teil des schmucken Sammelbands mit seinen Lesern treibt, hatte ich ernsthafte Bedenken, ob das Ganze nicht eine Spur zu bizarr und abgehoben sein könnte. Aber im Grunde genommen führt der Autor hier nun in einem arg kontrastreichen, unberechenbaren Programm auf, worum es in „Silent Hill“ geht und was für die Kreation dieser einzigartigen Atmosphäre erforderlich ist. Und eine gewisse Komplexität steht da deutlich an erster Stelle!

Vorsicht ist geboten, das sollte man sich bewusst machen, wenn man sich an „Tot/Lebendig“ heranbegibt, es ist nämlich höchste Konzentration gefragt, um einerseits die schockierenden Skizzen auf sich wirken zu lassen und gleichzeitig die einzelnen Handlungsschritte nicht aus den Augen zu verlieren. Der Lohn ist ein ziemlich abgefahrener, bisweilen auch abgehobener Comic, dessen wichtigste Eigenschaft wohl die ist, dass man ihn, einmal gelesen, so schnell nicht wieder vergessen wird. Die Materie geht unter die Haut und hinterlässt einen bleibenden Eindruck, der schlussendlich in Begeisterung umschlägt. Diese Erkenntnis stellt sich allerdings auch zu dem Zeitpunkt ein, an dem die inhaltlichen Verständnisprobleme endgültig geklärt sind und man die Ereignisse verdaut hat. Daher auch noch einmal ein deutlicher Appell an das Durchhaltevermögen. In kaum einer anderen illustrierten Erzählung war dies in vergleichbarem Maße gefragt wie hier. Doch wie gesagt: Es lohnt sich wieder einmal!

http://www.paninicomics.de

Jackson, Steve – Munchkin Impossible

[„Munchkin“ 3628

_Nichts ist unmöglich …_

… „Munchkin“. Diesen allseits beliebten Slogan einer japanischen Automobilmarke kann man definitiv auch auf das kultige Kartenspiel von Steve Jackson übertragen. In einer der aktuellen Ausgaben schlüpfen die Munchkins daher in die Rolle von Spionen. Als Playboy, Assassine oder Tourist heuert man für die internationalen Geheimdienste an und schlägt sich dabei auf die Seite von Russen, Briten, Amerikanern und Chinesen. Mit den gefährlichsten Waffen und mickrigsten Spezialgegenständen kämpft man gegen Klempner, Fanatiker und Spione von der Gegenseite und hofft, möglichst schnell die heiß begehrte zehnte Stufe erreicht zu haben. Doch nur derjenige, der am geschicktesten verhandelt, am gewieftesten taktiert und die besten Trainingsprogramme durchlaufen hat, kann dies als Erster schaffen.

_Spielmaterial/Design_

Wie üblich besteht das Deck aus 168 Karten, die von Altmeister John Kovalic einmal mehr mit herrlichen, brüllend komischen Illustrationen bereichert wurden. Es ist schier der Wahnsinn, wie es dem Grafiker jedes Mal wieder gelingt, den Balanceakt zwischen dem eigentlichen Thema und dessen satirischer Darstellung zeichnerisch aufzufangen, und genau dies ist auch in „Munchkin Impossible“ mal wieder ein echtes Kaufargument. Einfach stark, was der Mann aus den Gesichtern der unzähligen Figuren herausholt und wie er dies mit dem Hintergrund des Spielsystems kombiniert. Auch die Texte auf den Karten sind mal wieder erste Sahne, wobei die Ideen zu den verschiedenen Monster- und Gegenstandstiteln schlussendlich die Krönung der rundum überzeugenden Aufmachung sind. Keine Frage – dem Team Jackson/Kovalic macht so schnell niemand etwas vor.

_Spielablauf_

Im Vergleich zum ersten „Munchkin“-Set bietet das Reglement dieses Mal keine Neuerungen. Wieder einmal gilt es für die einzelnen Munchkins, verborgene Türen zu öffnen, sich den dahinter versteckten Monstern zu stellen, ihre Schätze bei deren Tod abzukassieren und am Ende eine weitere Stufe emporzusteigen. Hierbei kann man sich mit anderen Mitspielern zusammenrotten, im Zweifelsfalle weglaufen oder aber durch einen ausgeglichenen Kampf den Tod riskieren. Ziel ist es, als Erster Stufe zehn zu erreichen, wobei die grundlegende Voraussetzung darin besteht, den letzten Aufstieg durch den Tod eines Monsters und nicht mit einer speziellen Karte zu erreichen.

_“Munchkin Impossible“ – Die Vorzüge des Sets_

Wie auch bei allen anderen „Munchkin“-Sets stellt sich auch hier die Frage: Warum ausgerechnet dieses? Taugt es als Ergänzung oder ist es gar besser als das Original? Nun, da das Spielsystem sich eigentlich überhaupt nicht verändert hat – mal abgesehen davon, dass man nicht nur Doppel- sondern auch Dreifachagenten besitzen und so verschiedenen Loyalitätsklassen angehören kann (hierzu gleich mehr) -, hat sich am ursprünglichen Prinzip rein gar nichts geändert, so dass diejenigen, die nach taktischen, strategischen oder systematischen Veränderungen bzw. Verbesserungen suchen, mit diesem Set leer ausgehen würden. Doch darum geht es ja nicht, denn grob betrachtet bauen ja alle Sets auf den gleichen Regeln auf. Stattdessen kommt es auch in „Munchkin Impossible“ auf die grafische bzw. textliche Umsetzung des Kartenmaterials und damit auch des Themas an, und was das betrifft, haben die Designer Spitzenarbeit geleistet.

Statt die Rollen von Elfen und Zwergen zu bekleiden, schlüpft man also in das Korsett eines Geheimagenten, der zumeist einer bestimmten Loyalität angehört. Diese Angehörigkeit ist vor allem beim Kampf gegen die Widersacher, die hier in erster Linie von schmierigen Fieslingen bekleidet werden, relevant, weil verschiedene Gegner unterschiedliche Spezialeffekte gegen Briten, Amerikaner, Chinesen oder Russen ausrichten. Guiness und Killer-Kenny zum Beispiel schlagen gegen die Briten stärker zu, Agent Orange hasst Russen und der kommunistische El Presidente Magnifico hat etwas gegen die Nachbarn aus den Vereinigten Staaten.

Unter der Loyalität stehen verschiedene Klassen, darunter aalglatte Playboys, verpeilte Touristen und extrem qualifizierte Assassinen. Auch ihnen gehören verschiedenartige Fähigkeiten an, sofern sie das richtige Training belegt haben. Dies wäre dann die dritte Stufe, mit der man im Kampf noch weitere Vorteile erhaschen kann. Wer gut trainiert ist, hat die halbe Miete für ein erfolgreiches Spiel gezahlt. Man erlernt nützliche Missgeschicke, Schummeln und die Eigenschaft, die Maske im rechten Augenblick fallen zu lassen, was sich in der Bedrängnis gegen Monster stärkerer Stufen als Geheimwaffe äußerst nützlich erweisen kann.

Im Spiel weniger effektiv, in der Illustration jedoch die Favoriten sind die Fallen. Schlimme Dinge erwarten einen in der Schlangengrube, im Nudistencamp oder beim gefürchteten Mordinstrument Numero uno, dem Piano Mortale. Wehe dem, der hier nicht entsprechend ausgerüstet ist

_Meine Meinung_

Sieht man also mal davon ab, dass „Munchkin Impossible“ lediglich ein ummodelliertes Äquivalent zur Originalausgabe ist – und das sollte eigentlich Voraussetzung bei der Bewertung jeder „Munchkin“-Fassung sein –, kann man Jackson und vor allem seinem Partner Kovalic zu einer weiteren exzellenten Variante des Kultspiels gratulieren. Mit anderen Munchkins gegen anrüchige Geheimagenten, skrupellose Gangster und korrupte Fieslinge anzutreten und dabei einmal mehr die merkwürdigsten Waffen einzusetzen, ist ein wahrer Genuss und eine prima Abwechslung zum Basisspiel. Und wem dies noch zu wenig ist, der sollte mal die gemischte Variante ausprobieren, denn obwohl das Spiel mit mehreren kombinierten Fassungen ein wenig an Geschwindigkeit verliert, ist der Spaßfaktor unheimlich hoch, wenn Wesen aus anderen Welten gegen erbarmungslos brutale Mafiosi antreten und Fabelwesen mit der Wasserstoffbombe attackiert werden.

Wie man es auch dreht, das satirische Pendant zur uralten TV-Serie bzw. den effektreichen Kinofilmen ist in jeglicher Hinsicht eine Bereicherung für die heimische Kartenspielsammlung, auch bzw. gerade dann, wenn man schon einen der zahlreichen „Munchkin“-Titel sein Eigen nennt.

http://www.pegasus.de/munchkin.html

Power, Susan – Grastänzer, Die

„Die Grastänzer“ gehört zu den außergewöhnlichsten Bücher, die ich je gelesen habe. Das meiste, was je über Indianer und ihre Kultur geschrieben wurde, stammt aus der Feder von Nicht-Indianern. Mit „Die Grastänzer“ hielt ich zum ersten Mal ein Buch in der Hand, das von einer Indianerin geschrieben wurde.

Aber das war es nicht allein. Als ich versuchte, etwas zu diesem Buch zu schreiben, stellte ich fest, dass ich keinen ordentlichen Inhaltsabriss zustande brachte. Diese Geschichte ließ sich einfach nicht auf gewohnte Weise in Worte fassen. Erst, als ich das Pferd von hinten aufzäumte, war der Sache beizukommen!

_Fangen wir also mit den Charakteren an:_

Zunächst ist da Harley Wind Soldier, ein junger Bursche kurz vor seinem High-School-Abschluss. Harley hat ein Problem mit sich selbst, mit seinem Inneren. Er fühlt sich leer, an der Stelle, wo sein Ich sein sollte, ist nur ein schwarzes Loch.

Harleys Mutter Lydia ist seine einzige Verwandte. Seit Harleys Vater und Bruder bei einem Autounfall ums Leben kamen, hat sie kein Wort mehr gesprochen, nur noch gesungen.

Dann ist da noch Charlene, eine Klassenkameradin von Harley, die ihn ziemlich anhimmelt. Auch sie hat ein Problem, nämlich ihre Großmutter Mercury, die ziemlich besitzergreifend ist.

Mercury hieß früher Anna, hat sich aber irgendwann einfach umbenannt. Sie ist im ganzen Reservat gefürchtet, denn sie besitzt Zauberkräfte, die sie sehr selbstsüchtig einsetzt, nicht zum Wohl der Menschen.

Zu guter Letzt sei noch Red Dress erwähnt. Sie ist eine Vorfahrin von Anna, genau gesagt, ihre Großtante, und eine Kriegerin.

_Die Geschichte_ beginnt in der Gegenwart, genau gesagt 1981, im Reservat der Dakota. Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt. Jedes Kapitel trägt eine Jahreszahl und geht in der Historie ein Stück zurück. Es wird sozusagen rückwärts erzählt. Manche Kapitel tragen auch einen Namen, in der Regel den derjenigen Person, von der die Geschichte gerade handelt.

Hauptsächlich ist es Annas Geschichte. Die Geschichte einer erstaunlichen Frau, die zunächst nichts Besonderes zu sein schien, bis sie durch ein Ereignis gewissermaßen zu Stahl gehärtet wurde, und die die oben genannten Personen und noch weitere in ihr Schicksal mit hineinzieht, sich selbst zu ihrem Schicksal macht.

Je weiter man liest, desto mehr erfährt man über das Warum: Man erfährt, warum Harley sich so leer fühlt, warum Lydia nicht mehr spricht, warum Jeanette McVay, die weiße Lehrerin, das Reservat nicht verlassen kann, warum Anna so eine harte, selbstsüchtige Frau ist; aus den Lebensfäden der Personen wird ein Netz von Verstrickungen und Abhängigkeiten, durch die Annas Faden sich zieht wie eine leuchtendrote Linie.

Dadurch, dass die Geschichte von hinten nach vorn erzählt wird, hat man den Eindruck einer Blume. Am Anfang sieht man nur die äußere Hülle der Knospe. Doch je weiter man liest, desto weiter erblüht die Blume, desto mehr innere Blätter kann man erkennen, bis sie schließlich voll erblüht ist, an ihrem Ursprung, bei Red Dress. Und während die Blume erblüht, erblüht auch das Verstehen.

Am Ende kehrt die Geschichte in die Gegenwart zurück, die, wie wir jetzt wissen, unter dem Schatten der Vergangenheit liegt, um zu erfahren, wie die, auf denen der Schatten lastet – Harley, Charlene und Jeanette McVay -, sich daraus lösen, um ihren eigenen Weg zu gehen.

_Faszinierend_ ist aber nicht nur der Erzählverlauf an sich, sondern auch die Sprache, das heißt, die Bilder, die sie entstehen lässt. Es sind Bilder, denen eine andere Weltsicht, eine andere Art zu denken zugrunde liegt. Für die Indianer sind ganz andere Dinge wichtig als für uns, auch ihr Umgang miteinander und mit der Welt im Allgemeinen ist anders. Das mag wie eine Binsenweisheit klingen, trotzdem zeigt sich immer wieder, dass der Weiße Mann diese Tatsache noch immer nicht wirklich begriffen hat. Mag sein, dass er ganze Bücher mit Informationen über die Indianer und ihre Kultur füllen kann; Wissen kann man das aber nicht nennen. Das fängt schon damit an, dass die indianische Kultur ungefähr so einheitlich ist wie die europäische. Deshalb wird in „Die Grastänzer“ auch nicht die Kultur der Indianer lebendig, sondern die der Dakota.

Die Welt der Dakota ist von Geistern erfüllt, denen verstorbener Vorfahren, und anderen. Man kann sie sehen und mit ihnen reden, wenn sie und man selbst es zulassen. Sie sind Mahner, Ratgeber, manchmal auch Helfer zur Erkenntnis sowohl seiner selbst als auch anderer.

Das macht das Buch stellenweise sehr mystisch. Man sollte das aber keinesfalls mit Mystery verwechseln! Hier geht es nicht um die Inszenierung des Geheimnisvollen oder Unerklärlichen, sondern um eine tiefe Verbundenheit der Dakota mit ihrem Volk und ihrem Land, aber auch um die Tatsache, dass diese Verbindung zu einem großen Teil verloren gegangen ist.

Was mich an diesem Buch so gefesselt hat, war, dass all das, was ich bisher aus trockenen Sachbüchern erfahren hatte (und das war leider nicht viel), hier nicht nur durch ganz unerwartete Dinge ergänzt und erweitert wurde, sondern dass all das in diesem Buch zum Leben erweckt wird, eine konkrete Bedeutung erhält, mit Sinn gefüllt wird. Wir lesen nicht das Buch eines Forschers, der niederschrieb, was er wusste oder glaubte zu wissen, sondern wir lesen direkt in den Wolken, im Wasser und im Gras.

Eines darf man allerdings nicht erwarten: Wildwestromantik. Die Indianer und Weißen in diesem Buch sind keine Helden und Schurken, wie wir sie von Karl May oder Cooper kennen, sondern einfach Menschen. Ihr Leben besteht nicht aus dem, was wir unter Abenteuern verstehen, auch nicht im Kapitel von Red Dress. Dies ist die Geschichte des „Wilden Westens“ aus Sicht der Indianer, nicht aus Sicht der Weißen. Diese Geschichte ist auf ihre Art ebenso dramatisch, aber nicht so stilisiert, nicht so idealisiert.

Wer also nostalgisch veranlagt ist und seine Träume von einem Amerika à la Winnetou nicht demontiert sehen will, der lese dieses Buch nicht.
Es bietet keine Spannung im Sinne eines Krimis oder Abenteuerfilmes, es bietet keine große Liebesgeschichte, keine Lacher und auch keinen echten Grusel. Aber es bietet durchaus Dramatik und Gefühl. Jedem, der sich für Menschen und für indianische oder überhaupt für fremde Kulturen interessiert, kann ich das Buch nur wärmstens empfehlen. Einziger Nachteil: Das Buch ist nur noch antiquarisch erhältlich.

_Susan Power_, geboren 1961 in Chicago, ist eine Standing-Rock-Sioux und Nachfahrin des berühmten Häuptlings Mato Nupa (Two Bears). Schon als Kind hat sie sich intensiv mit der Kultur der Sioux und der benachbarten Cheyenne auseinandergesetzt und studierte schließlich in Harvard Literatur und Kunstgeschichte. Außer „Die Grastänzer“ hat sie einige Kurzgeschichten geschrieben, die u. a. in „The Best American Short Stories“ sowie als Sammlung unter dem Titel „Roofwalker“, allerdings nicht auf Deutsch, erschienen sind.

|Originaltitel: The grass dancer, 1993
Deutsch von Marion Sattler Charnitzky|

Grahame-Smith, Seth – große Porno-Buch, Das

„Das große Porno-Buch“ verspricht Einblicke in ein Genre, das zwar ebenso alt wie der Film selbst ist, doch von den Filmhistorikern und -fachleuten seltsamerweise mit weitgehender Missachtung gestraft wird, obwohl sich der Pornofilm heute zu einer regelrechten Industrie entwickelt hat, die allein in den USA Jahresumsätze in zweistelliger Milliardenhöhe erzielt. Diesem Versäumnis möchte der Verfasser – so gibt er jedenfalls vor – in sieben Kapiteln abhelfen.

Seine „Kurze Geschichte des Pornofilms“ (S. 11-36) führt zurück ins ausgehende 19. Jahrhundert. Sobald es die Technik gab, Bilder zu Filmen zu reihen, wurde sie genutzt, um nackte Menschen bei eindeutigen Aktivitäten zu zeigen. Dies war freilich keineswegs die Geburtsstunde der Pornografie, denn die gab es zu diesem Zeitpunkt schon so lange, wie es möglich war, Nacktheit und Sex bildlich und literarisch darzustellen. Der Film bot dem Porno nur eine neue Ausdrucksform mit allerdings ungeahnten Möglichkeiten.

Obwohl der Pornofilm mehr als ein Jahrhundert alt ist, bestand er notgedrungen lange Jahre aus simplen „Fickfilmchen“, deren Bezeichnung ihre inhaltliche wie formale Qualität adäquat widerspiegelt: Die Justiz drängte den Porno im Bund mit moralisch aufgestörten Saubermenschen in die Illegalität ab. Salonfähig wurde er erst in den 1970er Jahren: Das Kapitel „Pornokunde: Die Klassiker“ (S. 37-86) erzählt von der kurzen Zeit, als sein Sprung in die Seriosität der Mainstream-Kinos möglich schien und nackte Tatsachen im Rahmen echter Handlungen präsentiert wurden.

„Im Pantheon des Porno“ (S. 87-126) sieht der Verfasser jeweils zehn Damen und Herren (sowie fünf Regisseure), die sich in dieser „goldenen Ära“ einen Namen gemacht haben. Er stellt sie und ihr Filmschaffen (oder -treiben) in kurzen Worten vor und erläutert, wieso der Pornofilm des späten 20. und 21. Jahrhunderts kaum mehr „Stars“ kennt: Durch Video und DVD ist er zu einem Massengeschäft degeneriert, in dem Quantität vor Qualität rangiert und die Halbwertszeit vor allem für die austauschbaren Darstellerinnen jener von Schnee in der Wüste entspricht.

„Wer suchet, der findet“ (S. 127-152), nämlich Pornos für jeden Geschmack und noch so abseitige Vorlieben. Der Verfasser taucht vorsichtig ein in eine seltsame Parallelwelt mit eigenem Jargon („ATM“, „Bukkake“, „Creampie“, „Hentai“ usw.), den zu übersetzen ihn zu überfordern scheint bzw. zu blumig-schraubigen Umschreibungen zwingt. Außerdem stellt er in diesem Kapitel die unerhörten Möglichkeiten des Internets vor, schildert das Innere einer (US-amerikanischen) „XXX“-Videothek und hat sich zwecks Recherche auch in Sexshops und an Kioske getraut.

Die „Schöne schmuddlige Welt“ (S. 153-166) stellt den Verfasser vor das Problem, als stolzer und typischer US-Bewohner den Globus außerhalb seines Heimatlandes anscheinend nie bereist zu haben, weil dort bekanntlich überall Terroristen lauern und Verworfenheit herrscht. Folglich hat er sich für seine Darstellung des pornografischen Alltags in den Ländern zwischen Afghanistan – der Krieg am Golf fördert zumindest auf dieser Ebene den kulturellen Austausch – und dem United Kingdom primär des Internets bedient. Was er nicht herausfinden konnte, ersetzte er – siehe die Beiträge „Deutschland“ und „Japan“ – durch Hörensagen, Vorurteile und Dummheit.

Die technische Seite des Pornofilms versucht Grahame-Smith im Kapitel „Drehen Sie Ihre eigenen Pornos“ (S. 167-188) darzustellen. Wer tritt in solchen Filmen auf, welche Kameras kommen zum Einsatz, wie ist das Licht zu setzen – solche und andere Fragen werden seltsamerweise so beantwortet, als sei die Welt des Pornos ausschließlich eine des Amateurfilms.

Diverse „Extras“ (S. 189-201) runden das „Porno-Buch“ ab: Ein „Pornoglossar“ erläutert Fachtermini des Genres. Ergänzt wird fast jeder Eintrag durch Anmerkungen des Verfassers, der sich hier abermals erfolglos als Comedian versucht. „300 echte Pornotitel“ künden vom Einfallsreichtum der Pornofilmer, den Hollywood-Mainstream zu parodieren („An Officer and a Genitalman“, „For a Few Inches More“, „Lord of the Cock Rings“). Abschließend folgen ein Register, ein Verzeichnis der Bildquellen und eine in ihrer Peinlichkeit schwer erträgliche Danksagung.

Aus der Inhaltsbeschreibung – in die sich schon früh des Rezensenten merklicher Ärger mischt – wird schnell deutlich, dass „Das große Porno-Buch“ keinesfalls zu den Glanzleistungen der Reihe |Heyne Hardcore| gehört; tatsächlich ist es wohl auch im Original ein Schuss in den Ofen. Das liegt zum einen an der erwähnten „Anrüchigkeit“ des Themas, das eine seriöse Behandlung anscheinend unmöglich macht bzw. diejenigen, die über das fachliche und schriftstellerische Rüstzeug verfügen es darzustellen, von einer ernsthaften Recherche abschreckt. Auch Seth Grahame-Smith macht ausdrücklich deutlich, dass er kein Journalist ist. Wir werden mit dem Werk eines Amateurs & Infotainers konfrontiert – und genauso wirkt es.

Das andere Hindernis könnte auch ein fähiger Verfasser nicht umschiffen: Die Zensur, die es in vielen Ländern dieser Welt angeblich nicht (mehr) gibt, während sie tatsächlich nur ihren Namen und ihre Erscheinungsform verändert, gestattet es nicht, ein „richtiges“ Sachbuch zum Thema Porno mit einschlägigen Abbildungen zu versehen. Das ist in den USA so, und das gilt auch für Deutschland, d. h. nicht nur in Bayern. Unter diesen Umständen ist eine Darstellung, die ihren Namen verdient, schwierig bis unmöglich. An ihre Stelle treten zweifelhafte „Als-ob“-Machwerke wie dieses, dessen Untertitel „Ein unzensierter Blick hinter die Kulissen der Sexindustrie“ eine dreiste Lüge zum Zwecke der Lockung vertrauensvoller Käufer darstellt.

Eine detaillierte Analyse der Textbeiträge möchte ich mir und den Lesern dieser Zeilen ersparen; sie würde viele, viele Seiten füllen, deren Quintessenz sich knapp und präzise so zusammenfassen lässt: Grahame-Smith weiß nicht viel und hat sich offensichtlich darauf beschränkt, diverse Null-Infos aus Pressemappen und Werbeflyern zu klauben, die er grob sortiert und mit eigenen „Zwischentexten“ zu einem „Buch“ zusammengeklittert hat. Selbst das Ordnen fiel ihm schwer, denn das Inhaltsverzeichnis belegt ein wüstes Durcheinander ohne roten Faden – wenn dem „Verfasser“ nichts mehr einfiel, begann er ein neues Kapitel.

Grahame-Smith nimmt sein Thema und damit seine Leser nicht ernst. Damit ist nicht gemeint, dass man sich des Pornofilms nicht humorvoll annehmen dürfte. Doch Grahame-Smith scheint sich vor allem nicht wirklich in die Höhle des Löwen zu wagen, sondern späht nur vom Eingang ängstlich hinein. Grahame-Smith bleibt die meiste Zeit auf der Flucht vor seinem Thema. Was sollen seine nutzfreien „Tipps“ zum Dreh eigener Pornofilme? Sein mit allgemeinen Daten und Ereignissen zur Filmgeschichte gespickter „historischer Rückblick“? Sein vor weißen Flecken, Ignoranz und Fehlern strotzender „pornografischer Atlas“? Grahame-Smith schindet Seiten, trotzdem ist das Buchende noch weit, als ihm endgültig die Luft ausgeht.

Die Dürftigkeit der so gewonnenen „Erkenntnisse“ wird selbst dem Verfasser aufgefallen sein. Er bemüht deshalb einen alten Trick, der aus der Zeit stammt, als sich das Filmpublikum an „richtige“ Pornofilme erst gewöhnen musste: Nackte Haut wird mit Klamauk gemischt. Bevor es „ernst“ wird vor der Kamera, geschieht etwas „Komisches“, das die gefährliche und „verbotene“ erotische Spannung löst. Da Grahame-Smith das nicht wie in den deutschen Lederhosen-Filmen der 1970er Jahre erreichen kann, indem er den Herrn Pfarrer durch das Schlafzimmerfenster stürzen lässt, versucht er es mit einen anbiedernd humorigen Tonfall, der aussagen soll: Seht her, ich schreibe zwar über den Porno, aber ich bin kein Ferkel, dem solche Sauereien gefallen, und mein Buch ist nur ein großer Spaß, den wir uns jetzt alle gemeinsam auf Kosten des Pornos machen.

Der Spaß bleibt aus, denn plumper Klamauk und Schweinigeleien ersetzen ihn (eben nicht) und erzeugen beim Leser Ratlosigkeit und Ärger. Daran kann das an sich sehr hübsche Layout des „Porno-Buches“ nichts mehr ändern. Sehr grell und bunt kommt es daher, mischt Raster und Muster mit etlichen Schriftfonts und -größen. Auch das Fotomaterial kann sich zumindest sehen lassen, was seine Abbildungsqualität angeht, die zu keiner Kritik Anlass gibt. Vor allem die nostalgischen Plakate von Pornofilmen der 1970er Jahre werden auf feinem Kunstdruckpapier gestochen scharf wiedergegeben.

Schade um den Aufwand, denn was die Bildauswahl betrifft, bringt Grahame-Smith das traurige Kunststück fest, ein „Porno-Buch“ mit einer Altersfreigabe ab sechs Jahren zu fabrizieren. Jedes Foto wurde sorgfältig „entschärft“, sei es, indem betont „harmlose“ Schnappschüsse ausgewählt wurden, oder sei es, dass per Bildausschnitt so manipuliert wurde, dass „Anstößiges“ buchstäblich abgeschnitten wurde. „Nacktheit“ wird ausschließlich durch blanke Busen definiert, was in den USA völlig ausreicht, um brünstige Junghengst-Hirne zu Schaum zu verkochen, wie man aus „American Pie“ und anderen Lehrfilmen weiß. Im deutschen Werbefernsehen geht es „schärfer“ zu als in diesem Buch, was angesichts des Themas sicher keine Empfehlung ist.

So ist dieses „Porno-Buch“ nichts als (allerdings nicht im Kaufpreis) billige Bauernfängerei und tauglich höchstens als deutlicher Beleg dafür, dass es mit der „sexuellen Freiheit“ auch im 21. Jahrhundert nicht weit her ist. Wer wirklich etwas wissen möchte über Sex in der Filmgeschichte, greife zum fast zeitgleich veröffentlichten Band „Erotic Cinema“, verfasst von Douglas Keeney und erschienen im |Taschen|-Verlag. Obwohl der Porno weitgehend ausgeklammert bleibt, wird das Thema informativ und offen behandelt und auch so bebildert, was Grahame-Smith und seinem Zielpublikum vermutlich einen Hirnschlag bescheren (und immerhin weitere Dumm-Dumm-Geschosse aus dieser Richtung verhindern) würde.

|Anmerkung|

„Seth Grahame-Smith kann es immer noch nicht fassen, dass ihn jemand dafür bezahlte, ein Jahr lang Pornos zu schauen. Er lebt in Los Angeles mit seiner erstaunlich toleranten Frau Erin und Logan, seinem unglaublich vergesslichen Hund. Dies ist sein erstes Buch.“

Lüftet dieser Klappentext das Geheimnis dieses gedruckten Trauerspiels? Wenn mich meine Grammatik-Kenntnisse nicht im Stich lassen, bezieht sich „Dies ist sein erstes Buch“ auf den Hund Logan, was die „Qualität“ des Werks sowie das Autorenfoto erklären konnte …

PS: „Seth Grahame-Smith“ ist (natürlich?) ein Pseudonym, hinter dem sich der Filmemacher Seth Jared Greenberg (geb. 1976) verbirgt.

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Nelson, Arvid / Johnson, Eric (EricJ) – Rex Mundi 1 – Der Wächter des Tempels

Im März 2007 wurde »Rex Mundi 1 – Der Wächter des Tempels« auf Deutsch in der |Ehapa Comic Collection| veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die Übersetzung des ersten US-Paperbacks »The Guardian of the Temple«. In den USA gibt es bereits insgesamt vier Paperbacks. Zwei sollen noch in naher Zukunft folgen. Mit dem sechsten Paperback also wird die Serie in absehbarer Zeit abgeschlossen sein.

Rex Mundi ist ein Verschwörungsthriller in der Tradition von Dan Browns [»The Da Vinci Code«. 1897 Die Geschichte spielt in einer alternativen Welt des Jahres 1933, in der die Reformation nie stattgefunden hat und die Kirche noch immer über große Macht verfügt. Die Hauptfiguren sind die Ärzte Dr. Julien Saunière und Dr. Genevieve Tournon. Der Leser folgt abwechselnd einem der beiden durch die Hinterhöfe und Salons von Paris. So bilden diese Figuren das grundlegende Erzählgerüst von Rex Mundi.

Die Geschichte beginnt mit einem Klopfen in der Nacht. Es ist der Priester Gérard Marin, der an die Tür seines alten Schützlings und Freundes Dr. Julien Saunière pocht. Saunière öffnet verschlafen die Tür und späht hinaus in die Dunkelheit. Was der Pater ihm zu erzählen hat, vertreibt in Windeseile alle Müdigkeit aus seinen Gliedern. Marin behauptet, er sei der Hüter einer geheimen Bibliothek, die sich unter der Kirche La Madeleine befindet. Ein magiebegabter Einbrecher habe von dort letzte Nacht eine wertvolle Schriftrolle gestohlen. Der Pater bittet Saunière, ihm bei der Suche nach dem Dieb zu helfen. Der Erzbischof darf nichts von dem Diebstahl erfahren.

Marin führt Saunière auf dessen Wunsch hin nach La Madeleine. Der Doktor möchte sich den Schauplatz des Verbrechens genauer ansehen. Unter dem Altar der Kirche führt eine geheime Wendeltreppe tief unter die Erde. Es liegt ein starker Geruch von Sandelholz und Schwefel in der Luft, ein untrügliches Zeichen, dass ein dämonisches Wesen vor Ort war. In der unterirdischen Bibliothek gesteht Pater Marin, dass noch jemand von diesem geheimen Ort wusste, und zwar die junge Prostituierte Marie-Christine. Mit süßen Einflüsterungen entlockte sie dem alten Priester sein wertvolles Geheimnis. Die Prostituierte könnte eine erste Spur zu dem Dieb sein. Als der Doktor sie aufsuchen will, findet er das Mädchen tot in seinem Zimmer. Sie wurde in einem Ritual hingerichtet, ihr Blut bedeckt die Wände. Nun schwebt auch Pater Marin in Gefahr, denn der Wächter des Tempels hat die Jagd eröffnet.

Obgleich man hin und wieder merkt, dass Arvid Nelson noch kein eingefleischter Veteran im Erzählen ist, beeindruckt doch seine Arbeit am Universum von |Rex Mundi|. In kaum einem anderen Comic findet man solch eine detaillierte und zugleich glaubwürdige alternative Realität. Die Bildwelten des EricJ fallen weder besonders glatt noch dynamisch aus, recht so, denn schließlich ist Rex Mundi nicht Batman oder Spider-Man. Mit einer Vorliebe für Einzelheiten und Schatten trifft er den Grundton der Geschichte bemerkenswert gut. Manchmal wirken seine Figuren leider etwas hölzern, aber darüber lässt sich hinweglesen. Zu erwähnen ist außerdem die hervorragende Aufmachung, die |Ehapa| der Serie hat zukommen lassen. Hier stimmt alles: Hardcover, ordentliche Bindung, dickes Papier. Man muss keine Sorge haben, dass bald einzelne Blätter aus dem Leim gehen. |Rex Mundi| lässt sich getrost mehrmals lesen. Wer Thriller mag, sollte lieber keinen Bogen um diese Serie machen.

Deutsche Leseprobe Band 1
http://www.ehapa-comic-collection.de/media/RexMundi__LP.pdf

Offizielle US-Website von Rex Mundi
http://www.rexmundi.net/main/index.html

Dark Horse Comics
http://www.darkhorse.com

Ehapa Comic Collection
http://www.ehapa-comic-collection.de

Bosworth (Herausgeber) – Hochzeits-Liederbuch, Das (Alt/Bariton)

„Das Hochzeits-Liederbuch“ – das ist kein offizielles Rahmenprogramm zur kirchlichen Hochzeit, sondern eine weitere Liederkollektion aus dem Hause |Bosworth|, in der einmal mehr eine breite Palette von bekannten Welthits und ausgewählten klassischen Kompositionen in gesammelter Form veröffentlicht wird. Dem Anlass entsprechend umfasst dieses feine Büchlein natürlich eine ganze Reihe bekannter Love-Songs, dabei unter anderem Stücke von Whitney Houston, Elvis Presley und zum gegebenen Anlass auch Ausschnitte aus dem Werk Andrew Lloyd Webbers. Gleichzeitig sind auch viele legendäre Momente der klassischen Kompositionslehre enthalten, angefangen bei Bizets ‚Agnus Dei‘ über Wagners ‚Brautlied‘ bis hin zu Griegs ‚Ich liebe dich‘. Weiterhin beinhaltet das zweiteilige Sammelbuch noch eines der wohl am meisten verwendeten Hochzeitslieder, nämlich das Traditional ‚Amazing Grace‘, welches genau deshalb auch eine offensichtliche Wahl für eine solche Kollektion ist.

Überhaupt ist die Auswahl sehr treffend. Zwar sind die Songs von Elvis und Tammy Wynette (‚Stand By Your Man‘) natürlich überhaupt nicht mit den Meisterwerken von Bach, Schumann und Händel zu vergleichen, aber weil ausnahmslos jeder Titel das Thema perfekt trifft und nicht selten am wichtigsten Tag in mancher Leute Leben erklingt, harmonieren die Stücke aus den unterschiedlichsten Genres wirklich sehr gut. Insofern ist „Das Hochzeits-Liederbuch“ für die Gestaltung der musikalischen Untermalung des Hochzeitstags also auch völlig brauchbar.

Die Arrangements der insgesamt 20 Stücke sind dabei für die Stimmen Alt und Bariton geschrieben und werden mit der Gesangsstimme sowie den zugehörigen Texten erweitert. Und um den Einstieg und die erstmalige Begleitung zu erleichtern, ist dem Ganzen zusätzlich noch eine CD beigefügt worden, auf der die Rohfassungen der Lieder noch einmal nachzuhören sind. Alles in allem kann man daher auch wieder von einem tollen Komplettpaket sprechen, dessen Thema zwar zunächst einmal sonderbar erscheint – schließlich werden nur die wenigsten mal die Gelegenheit bekommen, auf einer Hochzeit den Pionisten zu geben – aufgrund der tollen Auswahl jedoch als generelles Werk gefällt und zu einem erschwinglichen Preis als Anschaffung auch durchaus empfehlenswert ist. 20 wunderschöne Songs, inhaltlich grob miteinander verbunden, rein äußerlich sehr breit gefächert und für Tastenfreunde mit Hang zu ruhigeren Klängen genau das Richtige.

_Inhalt_

ELBIS PRESLEY – Love Me Tender
LEONARD BERNSTEIN – One Hand, One Heart
ANDREY LLOYD WEBBER – Memory
ANDRES LLOYD WEBBER – Think Of Me
TAMMY WYNETTE – Stand By Your Man
COLE PORTER – I Get A Kick Out O You
SHANIA TWAIN – From This Moment On
WHITNEY HOUSTON – I Will Always Love You
WHITNEY HOUSTON – One Moment In Time
TOMMASO GIORDANI – Caro Mio Ben
JOHANN SEBASTIAN BACH – Dir, Jehova, will ich singen
JOHAN SEBASTIAN BACH / CHARLES GOUNOD – Ave Maria
EDVARD GRIEG – Ich liebe Dich
FRANZ SCHUBERT – Ungeduld (Dein ist mein Herz)
ROBERT SCHUMANN – Du Ring an meinem Finger
EUGEN HILDACH – Wo du hingehst, da will ich auch hingehen
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL – Dank sei dir, Herr
GEORGES BIZET – Agnus Dei
RICHARD WAGNER – Brautlied

http://www.bosworth.de

McCarthy, Cormac – Straße, Die

Filme und Romane, die sich mit dem Ende unserer bekannten Welt und Zivilisation befassen, gibt es viele. „The Day after“ zeigte uns in den Achtzigerjahren die Eskalation der Weltmächte und Angriffe auf die USA mit Nuklearwaffen; ob es dabei nun ein Erst- oder Gegenschlag war, wusste der Zuschauer nicht.

Es ist eigentlich auch egal, denn das Ende der Welt ist nicht mehr aufhaltbar. Der Bevölkerung bleiben nach dem Atomschlag nur verbrannte Erde, völlig zerstörte Großstädte, es gibt keine Zivilisation mehr und keine Gesetzgebung, keine Krankenhäuser, kein gezähmtes Wasser und keinen Strom, keine für uns so selbstverständlichen Güter, auf die wir scheinbar unbegrenzt zugreifen können und ohne die wir wahrscheinlich nicht mehr überleben könnten.

Wer die Bilder von Hiroshima und Nagasaki gesehen hat, bekommt eine Vorstellung von den möglichen Ausmaßen eines solchen Endzeitszenarios. Nicht nur die Bilder zerstörter Städte sind es, die uns erschrecken, sondern auch die der Bevölkerung, die zwar der Atombombe nicht sofort zum Opfer fiel, doch viele dieser Überlebenden sterben noch Jahrzehnte später an den Folgen der Radioaktivität oder geben ihr krankes Erbgut an die folgenden Generationen weiter – die Erb- und Krebskrankheiten steigen überdimensional an.

In der heutigen Zeit glauben nur noch die wenigsten an einen Atomkrieg. Die Theorie der atomaren Abschreckung gelingt scheinbar. Die militärische und politische Lage wirkt zwar zurzeit nicht entspannt, aber auch nicht kritisch. Es gab schon zu Zeiten Kennedys schwerwiegendere Krisen und Gefahren für die Weltbevölkerung.

Der amerikanische Autor Cormac McCarthy hat in diesem Jahr „Die Straße“ bei uns veröffentlicht. Der apokalyptische Reiter betritt wieder einmal die literarische Welt und reitet dem Untergang entgegen. Cormac McCarthy hat mit „Die Straße“ ein packendes und düsteres Endzeitdrama vorgelegt, in dem die uns bekannte Welt und die verbliebene Menschheit nach einer nicht näher benannten Kriegs- oder Naturkatastrophe auf ihren kleinsten Nenner reduziert und die Hinfälligkeit von allem und jedem endlich zutage getreten ist.

Unerbittlich zieht Cormac McCarthy den Leser mit einer traumwandlerischen Sicherheit in die Unausweichlichkeit hinein, die keine Hoffnung mehr lässt. In dieser Hoffnungslosigkeit existiert nur noch die Liebe zwischen einem namenlosen Vater und seinem Sohn. Das Leben der beiden auf der Straße kann sekündlich zu Ende sein – beide wissen dies, und ihr Martyrium führt den Leser an die Grenze des Erträglichen.

_Die Geschichte_

Ein verbranntes Amerika, eine verlorene Zivilisation, ohne Leben und ohne Hoffnung. Es existieren keine Städte mehr, das verkohlte schwarze Gelände erstreckt sich meilenweit. Astlose Baumstümpfe, Asche weht über die Straßen und von den geschwärzten Strommasten hängen die abgerissenen Kabel und wimmern ein Klagelied im Wind. Eine verlassene Baustelle an der Straße und Reklametafeln, die für Hotels werben, die aufgehört haben zu existieren. Die Einöde erhebt sich wie eine makabere Kohleskizze.

Ein namenloser Mann wandert mit seinem Sohn durch ein verbranntes Land, durch eine versunkene Zivilisation. Ihr einziges Hab und Gut ist ein quietschender Einkaufswagen mit wenigen gefundenen Habseligkeiten. Die Luft ist eiskalt und der Schnee grau. Ihre Kleidung hängt nur noch in Fetzen an den ausgemergelten unterernährten Körpern. Der Mann trägt als einzige Waffe einen Revolver, zwei Kugeln sind die letzte Munition, die sie noch haben. Sie haben nichts mehr, nur noch einander.

Ihr Weg ist das Ziel, und auf der Straße bewegen sie sich vorsichtig. Der Rückspiegel am Einkaufswagen warnt sie vor marodierenden Überlebenden, die schon lange alles an Menschlichkeit verloren haben, nicht aber vor Kälte und dem Hunger und schon gar nicht vor der Hoffnungslosigkeit, die sie wie ein treues Tier begleitet.

Auf der Straße bewegen Vater und Sohn sich in Richtung Süden, geradewegs auf das Meer zu; vielleicht ist das Meer noch blau, vielleicht gibt es noch Hoffnung auf Nahrung, auf Hilfe. Der Weg ist lang und voller Gefahren. In zerstörten Städten suchen sie in den schwarzverbrannten Ruinen nach Nahrung, nach Kleidung, die sie wärmt. Auf der Straße liegen die Autos und zeugen von einer Zerstörung, welche die Insassen in Sekundenbruchteilen überrascht hat, auf der Flucht vor dem Inferno verbrannt und vernichtet. Andere Überlebende wie sie, von Vater und Sohn nur die „Bösen“ genannt, haben ihre Menschlichkeit aufgegeben, und andere Menschen dienen diesen nur als Nahrung. Zeugnis davon geben aufgesteckte Köpfe und ausgeweidete Körper, die in Höfen liegen, und Feuerstellen, in denen man noch Knochen menschlicher Körper entdecken kann.

Doch die Tage des Überlebends sind limitiert. Der Vater erkrankt, und bereits Blut spuckend, ist er panisch verzweifelt, spricht aber dem Sohn noch immer Hoffnung zu. Notfalls, überlegt er, sind vielleicht die beiden letzten verbleibenden Kugeln für sie selbst die letzte Straße in ein neues Leben …

_Mein Eindruck_

Die dunkle Pilgerfahrt eines Vaters mit seinem Sohn durch ein offenbar nuklear vernichtetes Amerika ist ein verstörendes Stück Literatur. Der Leser erschauert, aber er wacht auch auf angesichts der Zerstörung und der Hoffnungslosigkeit. Cormac McCarthy hat mit seinem Roman „Die Straße“ ein packendes Endzeitdrama veröffentlicht. Er beschreibt in einem kühlen literarischen Stil den grausamen Pilgerweg seiner beiden Protagonisten und verschönert die Tragödie durch kein Wort. Wenn der Autor das Leben und Sterben im offenbar nuklearen Winter beschreibt, so wirkte der Roman düsterer, als jeder Film es uns zeigen könnte.

Es wird sehr wirksam mit der Frage jongliert, ob ein gütiger und gnädiger Gott noch über die Menschheit wacht oder jemals gewacht hat. Es gibt keine zufriedenstellende Antwort, nur die Liebe zwischen dem Sohn und seinem Vater, der ihn bis zuletzt vor allem beschützt. Spätestens jetzt wissen wir, wohin die Reise sich bewegt. Auch wenn die apokalyptische Erzählung grausam geschildert ist, so bildet die Liebe zwischen Vater und Sohn ein zärtliches Band in einer unwirtlichen, zerstörten Welt.

„Die Straße“ ist ein Roman über die letzten Dinge des Lebens. Über das Schlimmste und Beste, wozu die Menschheit fähig ist; ultimative Zerstörung, verzweifeltes Durchhaltevermögen und, nicht zuletzt, die Zärtlichkeit und Zuneigung, die Menschen im Angesicht der Vernichtung die nötige Kraft zum Überleben geben.

_Fazit_

Diese Vater-Sohn-Geschichte geht unter die Haut; bereits beim Lesen des ersten Kapitels wird dem Leser klar, welche Stimmung sich durch die Geschichte ziehen wird. Am Ende des Romans wird kein Leser sich entspannt zurücklehnen können oder gar den Kopf schütteln und vielleicht milde lächeln.

Wenn wir alles Materielle, allen Luxus, jegliche Annehmlichkeit unseres Lebens verloren haben, was bleibt dann übrig? Letztlich nur die Liebe und Opferbereitschaft, für den liebenden und geliebten Menschen alles zu geben. Wo Leben ist, ist auch Hoffnung, wo Liebe besteht, herrschen Menschlichkeit und Güte.

„Die Straße“ fasziniert nicht zuletzt durch das realitätsnahe Grauen und die individuelle Vorstellung einer verbrannten Welt, einer zerstörten und verstörten Zivilisation. Es gab einzelne Passagen, die zu lesen schwerfiel, nicht wegen des Stils, sondern wegen der Szenen, die der Autor gekonnt und erschreckend zu erzählen weiß. Was bleibt am Ende der Straße? Es gibt Hoffnung, eine offene, nicht endgültige, und das Ende, das letzte Kapitel ist mitnichten das wichtigste.

Wenn der Autor uns dazu bewegen wollte, über unser Dasein und unsere Verantwortung gegenüber uns und unseren Mitmenschen nachzudenken, so hat er mit „Die Straße“ ein gewaltiges Werk geschaffen.

„Wer vom Tod nicht sprechen will, der ist kein seriöser Schriftsteller“
|Cormac McCarthy|

McCarthy wurde 2007 für „The Road“ der Pulitzer-Preis verliehen. Eine Verfilmung des Stoffes ging im April 2007 in Arbeit; Regie wird John Hillcoat führen, dessen düsteres Westernepos „The Proposition – Tödliches Angebot“ Mitte Mai 2007 als DVD bei uns in den Handel kommt.

_Der Autor_

Cormac McCarthy wurde im Jahre 1933 in Rode Island geboren und wuchs in Knoxville, Tennessee auf. Für seine Romane wurde er mit dem William Faulkner Award, dem American Award, dem National Book Critics Circle Award und dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. McCarthy lebt in El Paso, Texas.

http://www.rowohlt.de

Crisse – Atalante 2: Nautiliaa

Band 1: [„Der Pakt“ 3630

_Story_

Gemeinsam mit den Argonauten reist Atalante unter der Führung Jasons aufs offene Meer hinaus. Unschlüssig über den genauen Seeweg, folgt Jason bei der Erfüllung seines Schicksals einer Gruppe Delphine und reist mit seiner Mannschaft in die absolute Ungewissheit. Kurz bevor die Vorräte zu Ende gehen, entdecken sie eine scheinbar unbewohnte Insel.

Doch die friedliche Idylle trügt; einige Kriegerinnen stellen sich ihnen in den Weg und fordern ihr sofortiges Verschwinden. Laut ihnen ist nur den weiblichen Lebewesen das Leben auf dieser Insel erlaubt. Doch Atalante ist skeptisch, schließlich müssen auch diese Damen von Männern erzeugt worden sein. Schließlich erfahren die Seefahrer vom Schicksal der entschwundenen männlichen Inselbevölkerung, darunter auch das des Gatten von Nautiliaa, die jeden Tag am Ufer auf ihren zum Delphin verwandelten Geliebten Itys wartet. Das magische Wesen Alcyrrhoe kennt jedoch noch einen Ausweg, um die Verwandlung rückgängig zu machen. Doch dazu benötigt Nautiliaa die Unterstützung von Atalante …

_Meine Meinung_

Der zweite Teil von „Atalante“ knüpft nahtlos an die Geschichte aus „Der Pakt“ an. Nach bestandener Prüfung ist die Titelheldin auf dem Schiff von Jason willkommen und wird auch von Beginn an von der herrischen Besatzung respektiert. So kann sie unter anderem den jungen Satyr retten, der sich ein weiteres Mal eingeschlichen und einen Teil der Vorräte gestohlen hat und vom erzürnten Herakles gerne zerquetscht würde. Ausgerechnet diese Vorräte gehen nach und nach zur Neige, so dass es wie eine Fügung des Schicksals scheint, dass die Seeleute doch noch die unbekannte Insel entdecken, wo sie auch schon von frischen Fischwaren, aber später auch von einer Gruppe kriegerischer Weibsbilder erwartet werden, welche die Ankömmlinge wieder in die Flucht schlagen wollen, schließlich aber erkennen, dass sie auf die Männer angewiesen sind, weil man sich ohne Partner nicht fortpflanzen kann.

Für Atalante entwickelt sich ein Zwiespalt, denn einerseits möchte sie schnellstmöglich verschwinden, um ihre Gefährten nicht den verlockenden Möglichkeiten auszusetzen und ihre Triebe in Schach zu halten, andererseits möchte sie auch gerne den verlassenen Damen helfen, speziell als sie von Nautiliaa erfährt, deren Mann zum unschuldigen Opfer der Götter wurde und seitdem als Delphin tagein, tagaus wiederkehrt, in der Hoffnung, eines Tages wieder in realer Gestalt mit seiner Gattin leben zu können. Wieder steht Atalante vor einer folgenschweren Entscheidung. Das nächste Abenteuer kann kommen – und dabei wollte sie eigentlich nur nach Kappadokien, um sich den Amazonen anzuschließen …

Hinsichtlich Aufbau und Inhalt ähnelt „Nautiliaa“ recht deutlich dem ersten Band. Atalante ist zwar mittlerweile schon erwachsen und auch allerorts anerkannt, und dieses Mal ist die Herausforderung (natürlich) eine andere, letztendlich aber nicht ganz so schwere, doch grundlegend sind starke Parallelen zu erkennen, was man sowohl positiv als auch negativ sehen kann. Ersteres gerade deswegen, weil schon „Der Pakt“ ziemlich sympathisch und witzig war und man sich sehr schnell mit der weiblichen Hauptfigur anfreunden konnte. Hierauf baut der Autor auch im zweiten Teil auf, wenngleich man sich nun natürlich direkt in vertrauter Umgebung befindet. Ebenso greift man wieder einige Sagen der griechischen Mythologie auf und nimmt sie stellenweise auch leicht auf die Schippe, was gerade dem Humor recht zuträglich ist, beispielsweise wenn Herakles und der kleine Satyr aneinander geraten.

Was die Entwicklung neuer Ideen betrifft, tritt Crisse hingegen ein wenig auf der Stelle. Ein wesentliches Problem besteht darin, dass der eigentliche Plot erst recht spät so richtig in die Gänge kommt und dies auch ganz schnell wieder vorübergeht. Nautiliaa und das Schicksal ihres Mannes lernt man erst im letzten Drittel intensiver kennen, wohingegen vorab viel (wenn auch lesenswertes) Geplänkel stattfindet, das jetzt aber nur minimal auf die eigentliche Haupthandlung bezogen ist. Klar, die Reise auf die Insel gehört natürlich mit zur Story, aber sie wird im Vergleich zur eigentlichen Titelgeschichte doch recht breit ausgeschmückt. Speziell was das Erzähltempo angeht, ist „Nautiliaa“ sicherlich verbesserungswürdig, so dass man die humorige Detailverliebtheit in diesem Fall besser einigen flotteren inhaltlichen Fortschritten untergeordnet hätte. Aber das mag auch Geschmackssache sein, schließlich pflegt der Autor einen recht eigenwilligen Stil, der auch im zweiten Band dieser Serie sehr stark durchschimmert.

Mich persönlich hat „Atalante 2: Nautillia“ zwar nach wie vor gut unterhalten, jedoch war die Spannung nicht ganz so ausgeprägt wie beim direkten Vorgänger. Einige vermeidbare Längen haben sich eingeschlichen, werden von Crisse aber gekonnt mit witzigen Zeichnungen überbrückt und durch einen versöhnlichen Schlussteil wieder halbwegs ausgemerzt. Im Resümee darf man daher nun nicht von einem begeisternden Highlight, aber immerhin noch von einem netten Comicband reden, dessen Titelfigur dem Leser trotz der kleinen Makel der aktuellen Ausgabe noch weiter ans Herz gewachsen ist.

http://www.carlsen-comics.de/

O’Connor, Ed – Mit eiskalter Klinge

Das Cover von Ed O’Connors Thriller „Mit eiskalter Klinge“ sorgt für Gänsehaut. Ein blutbeflecktes Messer zieht sich über die gesamte Seite und scheint eine blutrünstige Story zu versprechen.

Unblutig geht es tatsächlich nicht zu. Detective Alison Dexter hat gerade einen Vergewaltiger hinter Gitter gebracht, als bei einem illegalen Faustkampf einer der Kämpfer getötet wird. Blutspuren und DNA-Material des Mörders gehören zu einem guten Bekannten von Alison. Bartholomäus Garrod wurde vor sieben Jahren von ihr verdächtigt, mehrere Menschen geschlachtet und anschließend verspeist zu haben. Während die Polizisten beim Stürmen des Wohnhauses der Gebrüder Garrod dessen Bruder töteten, konnte Bartholomäus entkommen. Seitdem hält er sich versteckt, doch als Alison Dexter wieder auf den Plan tritt, will er seine Drohung von damals wahrmachen und sich für den Tod seines Bruders rächen. Alison befindet sich in größerer Gefahr, als sie ahnt, denn Garrod war in den letzten sieben Jahren nicht untätig und weiß mehr über sie, als ihr bewusst ist …

Wirklich viel kann man über „Mit eiskalter Klinge“ nicht erzählen, denn der Thriller ist sehr durchschnittlich geraten.

Die Handlung ist solide aufgebaut und erzählt sowohl aus der Perspektive von Alison als auch von Garrod, wobei nicht immer deutlich wird, wer Jäger und wer Gejagter ist. Das ist allerdings kein Nachteil, sondern ein geschickter Schachzug. O’Connor schafft es, kontinuierlich Spannung aufzubauen und immer wieder Wendungen und neue, zwielichtige Personen einzubringen.

Die Spannung, die O’Connor aufbaut, ist allerdings nichts weiter als solides Handwerk; Bewunderungsrufe kann er dem Leser nicht entlocken. Dafür fehlt es zu sehr an unkonventionellen Handlungselementen.

Die Protagonisten sind ebenfalls als solide, aber nicht als herausragend zu bezeichnen. Es ist schön, dass O’Connor darauf verzichtet, Unmassen an privaten Details einfließen zu lassen und sich hauptsächlich auf die Kriminalhandlung konzentriert. Trotzdem wirken die Charaktere tiefgründig und gut ausgearbeitet. Sie transportieren die Handlung anschaulich, mehr allerdings auch nicht. Auch in diesem Fall gilt, dass der Autor auf dem sicheren Weg bleibt und sich dadurch einige Möglichkeiten nimmt.

Der Schreibstil erfüllt alle Anforderungen. Er beschreibt schön und anschaulich und weist ein gehobenes, dennoch verständliches Vokabular auf. Dialoge spielen eine wichtige Rolle im Buch und sorgen dafür, dass es lebendig und authentisch wirkt. Ansonsten geschieht nicht viel. Ein übersichtlicher Einsatz von rhetorischen Mitteln und Humor hieven das Buch in die Mittelklasse, aber kein bisschen darüber hinaus.

Ed O’Connors Thriller „Mit eiskalter Klinge“ ist solide Handarbeit. Spannend, gut erzählt, aber nichts Besonderes. Es gibt wenig, das man bekritteln kann, aber genauso wenig, das man wirklich loben möchte. Letztendlich bleiben knapp 400 Seiten gute Unterhaltung. Nicht mehr und nicht weniger.

http://www.bastei-luebbe.de

Graysmith, Robert – Zodiac. Auf der Spur eines Serienkillers

Ab 1968 wird in und um San Francisco der „Zodiac“ aktiv – ein Serienmörder, den nach eigener Auskunft pure Mordlust dazu bringt, vor allem junge Paare zu überfallen und niederzumetzeln. Er raubt nicht, er vergewaltigt nicht – er schreibt Briefe an die Presse, in denen er sich seiner Taten rühmt, sie detailliert schildert und die Fortsetzung seiner Mordserie ankündigt. Die Öffentlichkeit ist ebenso alarmiert wie fasziniert: Der „Zodiac“ weiß um seine Medienwirksamkeit und inszeniert sich als mysteriöse, böse Macht.

Die Polizei fahndet fieberhaft nach dem „Zodiac“. Dass sie ihn trotz zahlreicher Indizien nicht fassen kann, fördert den Nimbus des Serienkillers, der seine Jäger mit immer neuen Botschaften und auch telefonisch verhöhnt. Die Abstände zwischen seinen Mordattacken werden kürzer, seine Angriffe gewagter. Doch nie verliert der „Zodiac“ die Kontrolle, und die zeitgenössischen Ermittlungsmethoden reichen nicht aus, ihn zu finden. Nachdem er mindestens fünf Menschen getötet hat, kündigt er eine Änderung seiner Mordmethode an und taucht unter, schickt aber weiterhin Briefe mit neuen Mordgeständnissen.

Der Journalist Robert Graysmith gehört zu denen, die von Anfang an die „Zodiac“-Morde verfolgten. Die Zeitung, für die er Ende der 1960er Jahre arbeitete, wurde vom Killer mit Briefen und Karten „beehrt“. Graysmith konnte und wollte die Einstellung der Ermittlungen nicht akzeptieren. Viele Jahre sichtete er die vorhandenen Beweise, entdeckte neue Indizien und Zeugenaussagen, erstellte eine Liste möglicher Täter und fand schließlich „seinen“ Hauptverdächtigen, der alle Voraussetzungen erfüllte, der „Zodiac“ zu sein.

1986 veröffentlichte Graysmith sein Buch „Zodiac“, das erst jetzt in Deutschland erscheint. (Dazu mehr weiter unten.) Auf den Seiten 9-458 schildert der Verfasser in chronologischer Reihenfolge die Morde und die Ermittlungen der Polizei, ihre Erfolglosigkeit und seine eigene Odyssee in die Welt des „Zodiac“, die nach endlosen, immer wieder in Sackgassen endenden Bemühungen in der plausiblen Benennung des wahrscheinlichen Killers gipfelte. Freilich reichten die Beweise nie aus, diesen wirklich zu überführen. In einem Epilog muss Graysmith dies zugeben, bekräftigt aber noch einmal die Richtigkeit seiner Nachforschungen und fasst seine Argumentation zusammen.

In einem ausführlichen Anhang (S. 463-479) listet Graysmith sämtliche Äußerungen und Botschaften auf, die der „Zodiac“ hinterlassen hat. Seine Aufzeichnungen umfassen „Zodiacs“ Handschrift, seine Stimme und Sprechweise, seine Ausdrucksweise, Beschreibungen seiner Person, seines Autos, seiner Waffen, Geräte und Hilfsmittel, seiner (möglichen) Ausbildung und Kenntnisse, seiner Vorgehensweise. Abschließend folgt ein psychologisches Profil.

Das perfekte Verbrechen gibt es offenbar tatsächlich. Wie sonst ließe sich der „Erfolg“ des „Zodiac“ erklären, der scheinbar ungestört von einem bemerkenswerten Polizeiaufgebot seine Schreckenstaten verübte und von der Bildfläche verschwand, als er – und nur er – so entschied?

Der „Zodiac“ blieb freilich auch deshalb unvergessen, weil er seine Mordtaten stolz und dreist der Presse und der Öffentlichkeit präsentierte. Das haben nur wenige Serienmörder gewagt. „Jack the Ripper“ ist einer von ihnen und gehört bis heute zu den Kultfiguren seiner üblen Art. Der „Zodiac“ war noch wesentlich mitteilsamer, während er gleichzeitig die Kunst kultivierte, zwar viel zu sagen, aber keine relevanten Hinweise auf seine Person zu geben – eine beachtliche Leistung, die ihn als entweder sehr cleveren oder wirklich intelligenten Menschen kennzeichnet.

„Zodiac“, das Buch von Robert Graysmith, belegt freilich auch, dass der Mörder von den Beschränkungen der zeitgenössischen Kriminalistik profitierte. Noch definierte der Fingerabdruck die Möglichkeit einer Identifizierung – von den Möglichkeiten, die der DNA-Test beinhaltet, wagte man nicht einmal zu träumen. Auch die Vernetzung der beteiligten Behörden, der gemeinsame Zugriff auf zentrale Datenbanken, die beschleunigte Kommunikation – das gesamte Arsenal, das uns „CSI“-geschulten Laien heute so vertraut ist, war vor vier Jahrzehnten noch unbekannt. Auch die Frage, wie die Story, die Graysmith uns erzählt, im Zeitalter des Handys abgelaufen wäre, bleibt nicht aus: „Zodiac“ ist auch eine Reise zurück in die kriminalistische Vergangenheit.

Darüber hinaus ist es natürlich die Geschichte eines großen Versagens. Der „Zodiac“ wurde nie vom Arm des Gesetzes erreicht. Am mangelnden Einsatz der Beteiligten hat es sicher nicht gelegen; Graysmith vermag zu vermitteln, was er bereits in seinem Vorwort andeutet: „Wenn man die Geschichte rund um den Zodiac mit einem Wort charakterisieren müsste, so wäre dieses Wort ‚Besessenheit‘.“ (S. 12) Die Jagd kostete viele Beteiligte ihre Gesundheit und Karrieren, während der „Zodiac“ seine hämischen Kommentare abgab. Graysmith selbst gehört zu denen, die dem Rätsel verfielen – seine Ehe wurde geschieden, weil der „Zodiac“ zu seiner Obsession geworden war.

In den 1970er Jahren kamen die offiziellen Ermittlungen allmählich zum Erliegen; es fehlten neue Spuren. Graysmith rückt sich in seiner Darstellung nun selbst ins Zentrum, denn er gab nicht nach und siebte in Eigenregie das gut bestückte Feld der Verdächtigen – eine frustrierende Aufgabe, da die meisten Spuren wie gehabt ins Leere führten. Irgendwann trugen Graysmith‘ Mühen allerdings doch ihre Früchte – und dies ist der Zeitpunkt, an dem es für den Leser heißt vorsichtig zu werden. Graysmith ist überzeugt von seiner Lösung, die er uns detailliert vorstellt. Bei nüchterner Betrachtung kann man ihm glauben, muss es jedoch nicht: Die Jagd auf den „Zodiac“ litt immer unter einem Zuviel an viel versprechenden Andeutungen und einem Zuwenig an aussagenkräftigen Indizien.

Wie alle am „Zodiac“-Fall Beteiligten drehte und wendete Graysmith wieder und wieder die bekannten Belege. Diese sind indes oft ohne Verbindung und deshalb vielfältig interpretierbar, so dass sie sich leicht zu einem Bild fügen lassen, das sich der Fahnder wünscht. Mit der Realität muss es nicht identisch sein. Graysmith ist dieses Problem durchaus bekannt, doch er mag sich ihm offenbar nicht wirklich stellen. Verständlich ist das, denn er hat Jahre seines Lebens auf die Jagd nach dem „Zodiac“ verwendet und will eine Lösung, weil er sie nach allem Aufwand und Mühen „verdient“ hat. So funktioniert das wirkliche Leben freilich nicht. Graysmith legt letztlich nur eine weitere Vermutung vor, die er mit Fakten untermauern, aber definitiv nicht beweisen kann.

Der „Zodiac“ ist ein Serienmörder-Mythos wie Jack the Ripper geblieben. Das hat ihn „frisch“ gehalten: Wer hätte z. B. gedacht, dass sich die Plots von Filmklassikern wie „Dirty Harry“ (1971) oder „Exorzist III“ (1983) aus dem „Zodiac“-Fall speisen? Aktuell kommt im Frühling 2007 „Zodiac“, der Spielfilm, in die Kinos. David Fincher hat ihn inszeniert, der mit „Fight Club“, „Sieben“ oder „Panic Room“ Filmgeschichte schrieb. Das Drehbuch stützt sich stark auf Graysmith‘ Buch (ohne jedoch auf den „Hollywood-Touch“, d. h. die Verdrehung von Tatsachen des filmischen Effektes wegen, zu verzichten), das deshalb auch dort, wo es bisher unveröffentlicht blieb, als „Buch zum Film“ aufgelegt wird.

Was theoretisch eine erfreuliche Tatsache ist, erweist sich in der Praxis als Mogelpackung. Die Hauptkritik an der deutschen Ausgabe von „Zodiac“ gilt nicht Graysmith und seinem inzwischen inhaltlich wie formal angejahrten Werk, sondern dem |Heyne|-Verlag, der dieses Buch auf dem Stand von 1986 veröffentlicht. 2007 kommt wie gesagt David Finchers Thriller in die Kinos; ein weiterer Blockbuster ist zu erwarten, von dem sich der Verlag mit dem „Buch zum Film“ eine Scheibe abschneiden möchte. An sich nicht zu tadeln, doch in diesem Fall eine Zumutung, da mehr als zwei Jahrzehnte verstrichen sind, seit Graysmith sein „Zodiac“-Buch schrieb. Dieses markiert indes keineswegs den Endpunkt aller Ermittlungen. Seit 1986 wurde der Fall mehrfach wieder aufgerollt – zuletzt Anfang 2007. Der Fortschritt der kriminalistischen Wissenschaften und Techniken ermöglichte und forderte das.

Was zwischen 1986 und 2007 diesbezüglich geschah, bleibt uns jedoch vorenthalten. Dazu gehört die nicht unerhebliche Tatsache, dass jener Hauptverdächtige, dem Graysmith das Pseudonym „Robert Hall Starr“ gab, längst als Arthur Leigh Allen identifiziert ist. Der mutmaßliche „Zodiac“ starb 1992 und darf deshalb jetzt mit seinem richtigen Namen genannt werden. Auch sonst hat sich das Bild vom „Zodiac“ seit 1986 erheblich geschärft. Das quasi zu ignorieren und ein zwanzig Jahre altes Buch ohne entsprechende Nachträge auf den Markt zu bringen, ist deshalb eine Unverfrorenheit.

Natürlich musste sich Graysmith zu Allens Lebzeiten auch mit dem Bildmaterial zurückhalten. Wir sehen also nie ein Foto vom möglichen „Zodiac“. Die Fotostrecken beschränken sich auf die Wiedergabe der zodiacschen Schmähbotschaften, doch was sollen sie dem Leser in ihrer Häufung sagen? Darüber hinaus ist die Wiedergabequalität der Abbildungen auf dem Stand von 1986. Die Fotos sind schlecht belichtet, unscharf, oft so verkleinert, dass Details verschwinden. In der deutschen Ausgabe werden sie nicht einmal auf Fotopapier gedruckt.

Den deutschen Lesern, die sich über den aktuellen Status der „Zodiac“-Ermittlungen informieren möchten, bleibt deshalb nur das Internet; http://www.zodiackiller.com ist hier als erste Anlaufstelle zu nennen. Stets aktuell und mit reichem Fotomaterial garniert, wird man über den Stand der „Zodiac“-Forschungen in Kenntnis gesetzt. Dazu gibt es zahlreiche Links auf weitere Websites, was darauf hinweist, dass der „Zodiac“ auch im 21. Jahrhundert seinen festen Platz in der US-Alltagsgeschichte einnimmt. (Dies unterstreicht die Tatsache, dass der „Zodiac“-Stoff schon vor Fincher 1971, 1996 und 2005 verfilmt wurde.)

Robert Graysmith wurde als Robert Gray Smith am 17. September 1942 in Pensacola im US-Staat Florida geboren. Zum Zeitpunkt der „Zodiac“-Morde arbeitete er als politischer Karikaturist für den „San Francisco Chronicle“, die größte Zeitung in Nordkalifornien. Der Killer wandte sich mit seinen Botschaften gern an dieses Blatt, so dass Graysmith quasi einen Logenplatz hatte, was die polizeilichen Ermittlungen betraf. Er schaltete sich deshalb selbst journalistisch in die Suche ein und setzte sie fort, nachdem die erfolglos bleibende Fahndung abgebrochen wurde. Seine Ergebnisse schrieb Graysmith in zwei Büchern nieder. Er blieb dem „True Crime“-Genre treu und verfasste mehrere Werke über weitere mysteriöse Mörder.

http://www.heyne.de
http://wwws.warnerbros.de/zodiac/

Heller, Frank (Chefredakteur) – Cthuloide Welten 12

_Inhalt_

Die „Cthuloiden Welten“ gehen also nun in die zwölfte Runde, und das mit folgendem Inhalt:

– |Kurzer Überblick über das deutsche Waffenrecht (Hintergrund für „Cthulhu Now“)|

– |Disharmonie oder das Geheimnis der Spieluhren (Abenteuer)|
Das Abenteuer „Disharmonie oder das Geheimnis der Spieluhren“ spielt in den 1920ern in Nürnberg. Die Investigatoren müssen sechs cthuloide Spieluhren jagen. Dabei bekommen sie es aber mit einer Horde von Straßenmusikanten zu tun.

– |Köln: Klüngel, Kölsch und Karneval (Cthulhu Regionalia)|
Köln in der 1920ern. Der Artikel enthält folgende Punkte: Geschichte, Kultur, Verkehrswesen, Sehenswürdigkeiten, eine Stadtkarte, einen Exkurs über die kölsche Sprache, der Kölner Dom, Universität, Museen und Sagen und Legenden der rheinischen Domstadt.

– |Das Voynich-Manuskript (Mythosbibliothek)|
Hier befasst sich Stephan Behrens mit dem wohl mysteriösesten bekannten Schriftstück. Neben dem vermutlichen Inhalt wird auf die verschiedenen Besitzer, die Versuche der Entschlüsselung des Manuskriptes sowie dessen spielrelevante Bedeutung eingegangen.

– |Der Dicke von der Mordinspektion (Personen in den 20ern)|
Hier wird der Berliner Kriminalrat Ernst Gennat genauer vorgestellt, auf den die Investigatoren in der Hauptstadt treffen können.

– |Black Magic Music (Hintergrund für Cthulhu Now)|
Als Hintergrund für „Cthulhu Now“ wird ein cthuloides Black und Death Metal Label vorgestellt.

– |Cthulhus Lieblingsdesigner (Interview mit Manfred Escher)|

– |Abenteuerwerkstatt|

_Mein Eindruck_

Die „Cthuloide Welten 12“ bietet diesmal richtig starkes Material für alle Freunde des „Cthulhu-Rollenspiels“. Herausragend sind das Abenteuer „Disharmonie oder das Geheimnis der Spieluhren“, der regionale Hintergrund zu Köln sowie der Artikel über das Voynich-Manuskript. Das Abenteuer spielt in Nürnberg und ist gut dazu geeignet, einer Gruppe eine richtig schöne Paranoia zu verpassen. Der Plot ist sehr stimmig gestaltet und schön schaurig geworden. Der Umfang geht mit 15 Seiten in Ordnung, und die Handouts sind wieder sehr gut gelungen.

Ebenfalls sehr gut gelungen ist die Städtebeschreibung Kölns: tolle Karte und schöne Hintergründe über Politik und das kölsche Leben in den 1920ern. Besonders positiv aufgefallen ist mir hier auch der kleine Exkurs in die kölsche Sprache, welcher, man möge mir das verzeihen, mich endgültig davon überzeugt hat, dass Kölsch sicherlich eine eigene Sprache ist und kein deutscher Dialekt. Hier sind die Bilder und Pläne wirklich sehr anschaulich und interessant ausgewählt worden.

Neben diesen zwei schon sehr starken Artikeln ragt der Bericht über das so genannte Voynich-Manuskript noch einmal deutlich heraus. Dieses Manuskript, das nach seinem Entdecker benannt wurde, ist bis heute weder entschlüsselt noch halbwegs von der Forschung verstanden. Das Beste daran: Das Manuskript gibt es wirklich! Es lagert in der Bibliothek der Universität Yale. Das Ganze ist nicht nur sehr mysteriös, sondern auch irgendwie gruselig, also der perfekte Stoff für die Mythosbibliothek. Das Thema wird perfekt in den Cthulhu-Mythos assimiliert und den Spieleitern zur Verfügung gestellt. Hier sind besonders die Originalbilder aus eben jenem in Yale lagernden Original sehr gelungen – Respekt dafür, wie viel Arbeit sich die Redaktion mit diesem Thema gemacht hat. ´Wer sich noch näher mit dem Voynich-Manuskript befassen möchte. kann ja mal auf http://de.wikipedia.org/wiki/Voynich-Manuskript nachschauen.

Der Rest ist in gewohnt guter Qualität gehalten, auch wenn mir diesmal zwei Sachen negativ aufgefallen sind. Als Erstes der Überblick über das deutsche Waffenrecht: Er erfüllt zwar vollkommen seinen Zweck, wirkt aber so lieblos neben das Impressum geklatscht, dass es geradezu nach Füllstoff schreit. Der zweite Punkt, der mir negativ aufgefallen ist, ist das Layout, denn es sind immer wieder so verwirrend Kästchen in Abschnitte eingefügt worden, dass es den Lesespaß schon etwas mindert. Mir ist es zwei-, dreimal passiert, dass ich dachte, der Absatz wäre fertig, so dass ich dann das Kästchen gelesen habe, nur um festzustellen, dass dieser auf der nächsten Seite weiter geht. Alles in allem wertet das diese Ausgabe aber auf keinen Fall ab, denn insgesamt ist der Inhalt wirklich überdurchschnittlich gut.

_Fazit:_ Drei wirklich überragende Artikel kombiniert mit der bekannten Qualität machen die „Cthuloide Welten 12“ zu einer der besten Ausgaben der Reihe. Pflichtkauf für Spielleiter des „Cthulhu-Rollenspieles“.

http://www.cthuloide-welten.de/