Wizkids – Marvel HeroClix – X-Men Danger Room

_ Die erneute Rückkehr der X-Men_

Die X-Men gehören nach wie vor zu den am meisten geschätzten Figuren im |Marvel|-Universum und haben die Welt mittlerweile auch in allen möglichen Medien erobert. Nach den umfassenden Comic-Erfolgen sowie den gefeierten Kinofilmen war die Truppe von Charles Xavier weltweit kaum noch zu stoppen. Daher wunderte es auch niemanden, dass der Siegeszug mit dem bis dato letzten Teil der Hollywood-Adaption noch üppigere Ausmaße annahm und man mit „Der letzte Widerstand“ eben jenen brach, den die standhaften Kritiker der Mutanten-Action weiterhin aufbrachten.

Für das Wizkids-Tabletop „HeroClix“ war dies eine willkommene Gelegenheit, eine erneute Erweiterung ins Rennen zu schicken und mit dem „X-Men Danger Room“ neue Voraussetzungen für das erfolgreich erprobte Gameplay zu schaffen. Fast parallel zum vorerst letzten Teil der Kino-Trilogie wurde so im letzten Jahr ein sehr spezifisches Starter-Set veröffentlicht, das sich uneingeschränkt und ausschließlich mit den beliebten X-Men beschäftigt. Warum auch nicht?

_Inhalt_

• 6 X-Men-Figuren (Jean Gray, Cyclops, Angel, Beast, Storm, Colossus)
• 1 Protonic Generator
• 1 Busted Drone
• 1 beidseitig bedruckte Spielfläche
• 1 Schnellstart-Regel
• 2 Würfel
• 1 Ring zum Drehen der HeroClix-Bases
• 1 Set mit Objekten und Markern
• 1 aufgefrischte Spielanleitung

Obwohl es nicht als solches deklariert ist, funktioniert „X-Men Danger Room“ wie ein klassisches Starter-Set und enthält dementsprechend auch alle Materialien, die man für die ersten Partien benötigt. Allerdings sind die Figuren im Vergleich zu den herkömmlichen Startpaketen schon ein wenig weiter fortgeschritten und besitzen allesamt Veteran-Status. Insofern kann man also grundlegend schon von einer etwas professionelleren Ausgangssituation reden, wenn man das Ganze mal mit ähnlichen Produkten aus der „HeroClix“-Serie vergleicht.

Ansonsten ist aber dennoch alles beim Alten geblieben; sechs Figuren, darunter durchweg bekannte Charaktere aus den Reihen der X-Men, sowie die üblichen für jedes Spiel erforderlichen Spielutensilien wie Würfel, Marker und natürlich der quadratische Spielplan bilden die Basis und stechen nun nicht mehr oder weniger aus der Reihe solcher Eröffnungseditionen heraus. Was aber auch bedeutet, dass die Konstellation durchaus gelungen und für den ersten Umgang mit „HeroClix“ absolut brauchbar ist.

_Spielaufbau_

Grundlegend hat sich am Spielaufbau in diesem Spezialset nichts geändert, soll heißen, man stellt sich zunächst sein Team zusammen, bestimmt die Ausgangspositionen auf der Karte und versucht schließlich in der Kürze der Zeit (Vorgabe: 50 Minuten), die gegnerischen Helden in die Knie zu zwingen. Wie gehabt sind die Bewegungs- und Angriffsmöglichkeiten auf den Click-Bases abgebildet und müssen nach erfolgreichem bzw. gescheitertem Kampf mit Hilfe des Ringes dem Schaden entsprechend modifiziert werden. Im Vergleich zum [„Icons“-Starter-Set 3334 des |DC|-Pendants von „HeroClix“ hält der Spielspaß mit den X-Men jedoch ein wenig länger an, weil sie über deutlich bessere Eigenschaften verfügen als die Rookie-Versionen von Batman, Robin und dem Joker und auch im Punktesystem, das für die Zusammenstellung der Teams verantwortlich ist, besser abschneiden.

Was den Einstieg ins Spielsystem betrifft, bestehen jedoch keine nennenswerten Unterschiede, da beide Varianten dank der umfassenden, im „Danger Room“ sogar leicht aktualisierten Anleitung in gezielten, langsamen Schritten die Idee sowie den Ablauf des Comic-Tabletops vorstellen und einen über kurz oder lang vom Rookie zum Profi befördern. Dies schließt jedoch natürlich nicht aus, dass man die komplexen Regeln im Laufe ständiger neuer Begegnungen verinnerlicht und sich auch mit den sehr spezifischen Spezialeigenschaften, die jeder Charakter mit sich bringt, auf kurz oder lang intensiv vertraut macht. Wer infolge dessen also immer noch darauf beharrt, dass „HeroClix“ ausschließlich für die jüngere Tabletop-Generation angedacht und auch geeignet ist, sollte sich vielleicht mal ausführlicher mit den Regeln auseinandersetzen und seine Entscheidung überdenken. Diesbezügliche, meines Erachtens völlig unangebrachte Kritik gab es ja schon seit Beginn der „HeroClix“-Ära ausreichend…

_Lohnt sich der Aufenthalt im „Danger Room“?_

Nun, diese Frage ist eigentlich ganz leicht und sogar sehr diplomatisch zu beantworten, denn einerseits benötigt man zum Einstieg ins Spiel so oder so ein Starter-Set, und andererseits ist es eigentlich ganz egal, wie und womit man beginnt, solange nur ein Spielfeld und genügend Figuren zum Start einer Partie vorhanden sind. Da dies bei „X-Men Danger Room“ in ausreichender Form der Fall ist, bedarf es im Grunde genommen keiner weiteren Ausführung mehr über die Notwendigkeit der Anschaffung, sofern man sich für die Materie interessiert.

Ich setze aber noch einen drauf und weise auf das genauestens spezialisierte Figurenmaterial sowie die effektiveren Fähigkeiten hin, die die sechs Personen aus dem „Danger Room“ innehaben, und würde deshalb bei preislichem Unentschieden definitiv diesem Set den Vorzug geben, weil es über Kurz oder Lang alleine eben wegen der verbesserten Eigenschaften der Spielfiguren bei der Zusammenstellung des Teams die besseren Optionen bereithält. Als Wermutstropfen muss man zwar hinnehmen, dass „X-Men“-Ikone Wolverine nicht enthalten ist, doch dies sind letztendlich auch nur Peanuts und für den Aufbau sowie den Spielspaß, den man bereits mit diesem ersten Set haben wird, völlig unerheblich. Aus diesem Grund kann ich das hier vorliegende Einstiegspaket auch nur uneingeschränkt empfehlen. Über die Vorzüge von „HeroClix“ braucht schließlich nicht mehr diskutiert zu werden, und sollte man sich bislang noch immer noch nicht dazu entschlossen haben, in das Spiel hineinzuschnuppern, dann bietet sich hier eine weitere lohnenswerte Gelegenheit.

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Lee Child – Der Janusmann

Das geschieht:

Vor zehn Jahren hat Jack Reacher, damals noch Militärpolizist, den Landesverräter Quint erschossen, nachdem der eine Kollegin sadistisch zu Tode gemartert hatte. Nun muss Reacher erfahren, dass Quint nicht nur überlebt hat, sondern Anführer einer weltweit operierenden Bande von Waffenschmugglern geworden ist, während der einstige Polizist längst entlassen wurde und sich auf eine ruhe- und ziellose Wanderschaft durch Nordamerika begeben hat.

Reacher will Quint endgültig ausschalten. Deshalb ist er bereit, mit der Justizbeamtin Susan Duffy zusammenzuarbeiten. Vor zwei Wochen hat sie einen weiblichen Spitzel in das festungsartig gesicherte Hauptquartier des ‚Teppichhändlers‘ Beck eingeschleust, der mit Quint zusammenarbeitet. Die Agentin meldet sich nicht mehr und ist offensichtlich entdeckt worden. Duffy will sie mit Reachers Unterstützung retten. Lee Child – Der Janusmann weiterlesen

Kitty Fitzgerald – Pigtopia

Jack Plum wird mit einer Entstellung geboren, die ihn ähnlich aussehen lässt wie ein Schwein. Sein Kopf ist deformiert, er hat Sprachschwierigkeiten und für seine Mutter, die nach der schweren Geburt bleibende Schäden zurückbehielt und inzwischen im Rollstuhl sitzt, ist er ein Monster. Jacks Vater, ein Metzger, schützt seinen Sohn dagegen und weiht ihn in die Grundlagen der Schweinezüchtung ein. Doch nach Jacks zwölften Geburtstag verschwindet Daniel Plum spurlos und kehrt nicht zurück. Von nun an lebt Jack allein mit seiner depressiven Mutter, abgesperrt von der Außenwelt.

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Feiler, Marion – Faron – König von Callador (Band 1)

_Ambitioniertes Projekt mit Multimedia-Unterstützung._

Jeder Tropfen Herzblut ist spürbar, wenn man auf Marion Feilers Homepage pilgert, um sich weitere Informationen zu verschaffen, über ihren aktuellen Fantasy-Zyklus „Faron“. So wird dort der interessierte Neuling ebenso wie der „alte Hase“ über die Welt Soramenis aufgeklärt: Der Stadtschreiber Xandos führt durch die einzelnen Seiten, gewährt dem Neugierigen einen genauen Blick auf die virtuelle Landkarte und zeigt ihm sehr ansprechende Grafik-Designs, die so gut wie alle Handlungsschauplätze zeigen (!!!), Szenen aus „König von Callador“ und auch Faron selbst, zusammen mit seinem Wolf Bargo und seinem Pferd Charr.

Die Autorin selbst beschreibt ihren Zyklus um den Antihelden Faron als „mittelalterliches Kriegsepos mit Fantasyelementen“, darüber hinaus als „(hobby-)psychologische[n] Versuch, den Leser mit Herz und Seele an einen Charakter zu binden, der vom üblichen Heldentyp dahingehend abweicht, dass er im Grunde abgrundtief böse, unberechenbar und grausam ist.“ Der Zyklus wird vier Doppelbände umfassen, von denen bisher dieser erste erschienen ist:

_Der Kriegsgott ruft zur Schlacht._

Trauer herrscht im Reiche Callador, hat es doch seinen König verloren und seinen rechtmäßigen Thronfolger ebenfalls, wie es scheint. Der nächste in der Thronfolge ist Faron, aber das Volk ist voller Zweifel, da er dem Kriegsgott Ashtor huldigt und das auch von seinen Untergebenen verlangt. Faron allerdings verdampft alle Zauderei mit seinem Charme, und bald weiß er ganz Callador in seinem Rücken, obwohl er grausame Opfer darbringt, um Gott Ashtor zu huldigen.

Es lassen sich jedoch nicht alle von Faron blenden: Andos, der beste Feldherr von Callador, legt sein Schwert nieder, Farons Mutter Sanida gibt nicht auf, den vermissten, rechtmäßigen Thronfolger finden zu wollen, und Farons Berater Hanár schließt sich dem an, weil er der Friedensgöttin Jishta huldigt und die Verehrung des Kriegsgottes für schändlich hält.

Faron lässt sich nicht aufhalten, er erobert andere Länder von Soramenis, mit Ashtors Hilfe, mit Hilfe des magischen Schwertes Naxan, dem Wolf Bargo und Charr, einem König unter den Rössern. Damit weitet er seine Macht aus und sichert sich die Loyalität seiner Bürger, die das Ränkespiel hinter seinem Charisma nicht erkennen. Dann allerdings wird Faron mit etwas konfrontiert, das er noch nicht kannte: Freundschaft. Zu seinem Knappen Flin und sogar zu seinem einstigen Gegner, dem Feldherren Andos, entwickelt er eine Bindung, die Kriegsgott Ashtor ganz und gar missfallen dürfte. Als dann auch noch die quirlige Naira in sein Leben tritt, ist es beinahe völlig um Farons kühle, egoistische Distanz geschehen …

Gerade in diesem Augenblick taucht der vermisste Garwin auf, meldet seinen Anspruch auf den Thron an und möchte, dass die Tempel von Ashtor verschwinden, auf dass die Friedensgöttin Jishta wieder über Callador wachen kann. Das ist aber nur ein Konflikt, der sich anbahnt; das Reich Sul lässt sich nicht so einfach einnehmen, wie Faron das gedacht hat, und gerade, als er die Hilfe seines Gottes am nötigsten hat, verscherzt er es sich vollends mit ihm und findet die Hauptstadt seines eigenen Landes als Schauplatz für einen Krieg zwischen den Göttern vor …

_Von Schlaglöchern und Autorendiktatur._

Ich bin ehrlich, ich habe diese Rezension lange vor mich hergeschoben. Wie gesagt, man spürt das Herzblut, das darin steckt, und die Grundvoraussetzungen, auf denen die Handlung fußt, sind gut ausgearbeitet: der Antiheld Faron zum Beispiel, ein manipulativer, charismatischer Volksverhetzer mit einem überaus grausamen Herzen. Aus seinem Plan, das Land Soramenis zu unterwandern, hätte man eine wirklich großartige Geschichte zaubern können! Die leidet aber leider an ein paar gewaltigen Schwächen.

Anfangs hat Faron einfach keinen würdigen Gegner; nicht nur, dass er mit seinem Charisma jeden um den Finger wickeln kann (und das in Lichtgeschwindigkeit), er hat noch sein magisches Schwert und den Gott, der ihm Wichtiges einflüstert. Zu all dieser Macht kommt noch des Fantasyromans schlimmster Dämon: die „kostenlose Magie“. Immer wenn sich dann doch echte Gefahr für Faron ankündigt – ein ebenbürtiger Gegner, ein kitzliger Konflikt –, wendet Faron das Blatt zu seinen Gunsten, indem er einen Zauberspruch aus dem Ärmel schüttelt, der allem eben einen Schritt voraus ist.

Leider ist auch das Universum nicht besonders tief gezeichnet: Es gibt einige wenige Reiche in Soramenis und jedes zeichnet sich durch ein recht begrenztes Spektrum aus: Thargonath etwa ist ein „armes Reich“: In dessen Hauptstadt gibt es keinen Schmuck und alles sieht trostlos aus. In Callador ist alles prunkvoll, jeder ist wohlhabend, so scheint es – Nuancen finden sich kaum. Das gilt auch für die Figuren. Manchmal sind sie einfach furchtbar naiv, Konflikte entwickeln sich oft dergestalt, als ob jede Partei nur um einen Zug voraus denken würde (König Chintos kommt Faron besuchen, lässt sich von ihm den unsicheren König vorspielen und entscheidet aufgrund dieses knappen Besuches, dass man Callador angreifen und unterwerfen kann, obwohl man sich vorher jahrelang vor der Macht dieses Reiches gefürchtet hat). Die Götter nicht zu vergessen. Es gibt eine Göttin des Friedens und einen Gott des Krieges. Punkt.

Dabei hat Marion Feiler gute Ideen, was ihre Figuren angeht, hält sie aber nicht durch! Faron ist ein Antiheld, der Sympathie und Grausamkeit vereinigt, aber er ist nicht glaubwürdig. Das liegt einfach daran, dass die Autorin manchmal unter der Brutalität ihrer Schöpfung zusammenzubrechen scheint, den Radiergummi herausholt und dem Fast-Sohn eines blutdürstigen Rachegottes plötzlich alle Fangzähne wegretouchiert – superscharfe Konflikte verlieren so ihren Biss, weil sie von der Autorin in zahmere Regionen geschubst werden. Das ist aber verdammt schade, denn Spannung aufbauen kann Marion Feiler vorzüglich! |[Vorsicht Spoiler]| Das nutzt aber nichts, wenn man sich denkt: Ach was. XY passiert doch eh wieder nix, ist viel zu sympathisch/wichtig, um zu sterben. So zeigt Faron seine Grausamkeit eben nur an (weitgehend) unwichtigen Nebenfiguren, und brutaler kann man Spannung und Glaubwürdigkeit einer Geschichte nicht meucheln. |[Spoiler Ende]|

Noch einmal: Die Geschichte um den zwiespältigen Faron hat Potenzial und Marion Feiler einen flüssigen, bildhaften Stil, der sich schön liest. Auch die Eckpunkte der Geschichte sind sorgfältig überlegt, aber der Weg dorthin leidet eben unter melodramatischen und naiven Schlaglöchern, folgt dabei häufig sehr deutlich dem Willen der Autorin und nicht dem der Figuren. Freunde figurenorientierter Fantasy sollten also die Finger von „Faron“ lassen. Das Experiment, Leser an eine zwiespältige und grausame Figur zu binden, ist George R. R. Martin mit Jaime Lannister um Welten besser geglückt, auch wenn ein Vergleich mit DEM Fantasy-Referenzwerk der aktuellen Stunde zugegebenermaßen etwas unfair ist.

Wer sich daran aber nicht stört oder Gefallen an der Gewissheit findet, dass superharte Konflikte nicht eskalieren, der wird von Farons rauem Charme sicherlich unterhalten, kann sich vor seinen Grausamkeiten gruseln, aber gleichzeitig in gefälligen Wendungen dahinschmelzen und in den Konventionen historisch angehauchter Fantasy schwelgen, die Marion Feiler tadellos umgesetzt und angewendet hat. Unter dem Strich bleibt also ein junges Werk einer jungen Autorin, über dessen Schwächen der beinharte Genre-Leser sicher hinwegsehen kann. Auch Zweifelnde brauchen sich nicht auf mein Wort zu verlassen und können sich einen eigenen Eindruck verschaffen, dank der zahlreichen Leseproben, die man auf der Homepage der Autorin abrufen kann.

_Ein Leben neben Callador._

Neben den drei Folgebänden des „Faron“-Zyklus arbeitet die Autorin übrigens an einem Gemeinschaftsprojekt mit vier Co-Autoren, das im „Ambra-Gem“-Universum spielen wird, jenem Universum, in dem Marion Feiler mit „Der Fluch der Zoderkas“ ihr Roman-Debüt gegeben hat. „Säule des Bösen“ wird das Werk heißen und laut der Autorin Folgendes enthalten: „Fünf Protagonisten, fünf Abenteuer und ein Ziel, nämlich die Säule des Bösen im düsteren Land der Tenebras.“ Ansonsten dürfen sich alle Faron-Verfallenen auf den nächsten Doppelband freuen: „Faron – König und Gott“ müsste laut Vorschau demnächst zu erstehen sein.

http://www.marion-feiler.de/

Ludlum, Robert – Ambler-Warnung, Die

In den Zeiten von terroristischen Akten, die unsere „heile“ Welt erschüttern, in der die Rechte und die Würde des Menschen nicht mehr unantastbar sind und militärische Gewalt mit Folter und Entrechtung immer mehr an der Tagesordnung geworden sind, vermischen sich vermehrt die fiktiven Figuren aus Spionageromanen mit der Wirklichkeit. Oftmals decken erst Skandale in den Medien diese Gesetzeswidrigkeiten auf, und Geheimdienste, allen voran der amerikanische Geheimdienst CIA, stehen nicht unschuldig am Pranger der Presse.

Der amerikanischer Autor Robert Ludlum hat mit seinem aktuell auf Deutsch veröffentlichten Thriller „Die Ambler-Warnung“ eine recht fesselnde Geschichte im Stile der Bourne-Reihe verfasst. Spannend und rasant entwickelt sich die Erzählung um einen Agenten des amerikanischen Geheimdienstes, der scheinbar fallen gelassen und von der Außenwelt völlig isoliert worden ist.

Diesmal sind keine Terroristen die Bösen, sondern der schwarze Peter wird eindeutig den Geheimdiensten zugespielt, die sich scheinbar nicht um die Politik und Rechte des Staates kümmern bzw. die Kontrollinstanzen gänzlich im Unklaren lassen. Das Opfer ist in diesem Roman ein Agent, der seinem Land lange gedient hat und nun als Geheimnisträger eine Gefahr für die innere Sicherheit geworden zu sein scheint.

_Die Story_

Hal Ambler hat viele Jahre den USA als Agent/Spion gedient. Er hatte es seiner Anstellung zu verdanken, dass er im Grunde kein Privatleben hatte, denn als Geheimnisträger und Profikiller eines Geheimdienstes ist ein solches untragbar oder es wird ohnehin gelenkt und observiert.

Nun ist Hal Ambler nach Einschätzung des Geheimdienstes zu einer Gefahr für sich selbst und den Staat, dem er einst diente, geworden. Ausgebrannt und desillusioniert fristet er ein Leben auf Parrish Island, einer von der Außenwelt abgeschotteten Insel, die mehrere Meilen entfernt vor der Küste Virginias liegt.

In Regierungskreisen ist dieses Gefängnis von einer psychiatrischen Anstalt fast unbekannt. Nur wenige aus diesem Kreise wissen um die Insel mit ihrem Sanatorium für psychisch labile Ex-Agenten die ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Hal Ambler ist scheinbar verrückt geworden – Verlust der eigenen Identität, Wahrnehmungsstörungen, die medikamentös behandelt und überwacht werden. Völlig isoliert, verliert Hal Ambler sein Zeitgefühl, nicht aber seine Wahrnehmung für die Realität.

Den Tagesablauf beobachtend, überlegt er sich Fluchtpläne; eine Krankenschwester, die seine Sympathie gewonnen hat, unterstützt ihn dabei, und schließlich gelingt ihm die dramatische Flucht von Parrish Island und aus seiner Sicherheitsverwahrung.

Die Welt, in die er jedoch zurückkehrt, ist nicht jene, die er zurückgelassen hat. Seine Identität hat er scheinbar verloren, so als wäre seine Persönlichkeit gar nicht existent. In Datenbanken, auf die er aufgrund seiner Vergangenheit zugreifen kann, ist sein Name nicht mehr bekannt. Studienkollegen, Freunde und selbst alte Kollegen aus Geheimdienstkreisen können sich nicht mehr an Hal Ambler erinnern.

Ist er wirklich verrückt geworden? Wurde er zu Recht eingesperrt, weil er nicht mehr weiß, wer er eigentlich ist, was er war, was er getan hat? Die Suche nach seiner Vergangenheit, nach seinem eigenen Ich wird ein Spießrutenlauf. Die Grenzen, die er als gegeben betrachtete, verschwimmen; wer ist gut, wer ist böse und warum trachten offenbar mehrere Parteien nach seinem Leben, das doch, wie er schmerzhaft feststellen muss, nicht mehr existent ist?

_Kritik_

Obwohl Robert Ludlum im März 2001 gestorben ist, kann er auch nach seinem Tod noch seinem Ruf alle Ehre machen. „Die Ambler-Warnung“ ist ein klassischer Thriller ganzt im Stile seiner bekannteren Romane. Jene mit der Hauptfigur des Jason Bourne, der auch schon auf der Kinoleinwand präsent war – „Die Bourne-Identität“, verfilmt mit Matt Damon und Franka Potente in den Hauptrollen -, weisen Ähnlichkeiten auf. Auch hier geht es in der Kernstory um einen hochrangigen Agenten, der verzweifelt nach seiner eigenen Identität sucht und allerlei Gefahren meistern muss. Die Rolle der Assistentin des verlorenen Agenten übernimmt ebenfalls eine Frau.

Für Kenner anderer Romane des Autors wird dies sicherlich die Stimmung trüben. Das Grundmuster ist nahezu identisch, der Plot ein und derselbe. Trotzdem schreibt Robert Ludlum spannend und unterhaltsam, eben gleichmäßig routiniert. Der Roman birgt überraschende Wendungen, aber ebenso bleiben am Ende viel zu viele Fragen offen. Die Nebenfiguren des Romans kommen oftmals leider nicht voll zur Geltung. Etwas mehr an Story, weniger an Action und Tempo hätten der Geschichte gut getan und dieser mehr Tiefgang verliehen. Leider gibt es hier viele unlogische Fehler in der Handlung und Widersprüche, die dem Leser den Genuss nicht leicht machen.

Robert Ludlum verrennt sich in der Welt der Geheimdienste und ihrer politischen Situation. Der Roman fängt rasant an, aber Laufe der Geschichte tauchen mit jeder weiteren Person oder Gruppierung Randfiguren auf, die die Handlungsfäden schlussendlich nicht auflösen können. Nahezu völlig unglaubwürdig, bleiben viele Passagen völlig offen und unbeantwortet.

„Die Ambler-Warnung“ ist ein Thriller, den ich aufgrund der Ähnlichkeiten zu anderen Werken des Autors bedingt empfehlen kann. Zweifellos wird dieser irgendwann verfilmt werden – die Story lädt geradezu dazu ein, dass jemand ein Drehbuch danach verfasst.

_Der Autor_

Die Romane von Robert Ludlum sind eindeutig im Genre Spionage und Geheimdienste zu finden. Seine Werke wurden in über 30 Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von mehr als 200 Millionen Exemplaren. Viele davon sind erfolgreich verfilmt worden – die Figur des Jason Bourne ist den Cineasten unter uns wohlbekannt. Nach „Die Bourne-Verschwörung“ wurde 2006 „Der Hades-Faktor“ abgedreht, es folgen für 2007 „Das Bourne-Ultimatum“ (erneut mit Matt Damon) und „Das Kastler-Manuskript“ (mit Leonardo DiCaprio).

Robert Ludlum verstarb im März 2001. „Die Ambler-Warnung“ stammt aus seinem Nachlass und erschien im Original 2005.

http://www.heyne.de
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Dardenne, Sabine – Ihm in die Augen sehen

Belgien, 28. Mai 1996: Die zwölfjährige Sabine fährt wie jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Schule. Sie ist früher dran, die Straßen sind noch leer. Plötzlich hält ein Lieferwagen neben ihr und ein Mann zerrt sie und das Rad hinein. Alles geht so schnell, das sich das kleine, schmächtige Mädchen kaum wehren kann. Während ein Mann fährt, verabreicht der andere dem Kind Medikamente, um es zu betäuben. Sabine wird nach zwei Stunden Fahrt in ein unordentliches Haus gebracht und in ein Kellerverlies gesperrt.

Ihr Entführer ist der wegen Vergewaltigung vorbestrafte Marc Dutroux, ein Kinderschänder und Mörder, der bereits vier Mädchen vor ihr dort gefangen gehalten und bis zu deren Tod missbraucht hat. Sabine ist sein neues Opfer. Achtzig Tage lang wird sie im Keller gefangen gehalten. Sie darf sich kaum waschen, erhält oft ungenießbares Essen und wird jeden zweiten Tag missbraucht und vergewaltigt. Ihr Peiniger behauptet, ein gefährlicher „Chef“ habe eine Rechnung mit ihrem Vater offen und wollte sie entführen. Dutroux habe sie angeblich vor ihm gerettet und sie müsse nun bei ihm bleiben, damit er nicht erfährt, dass sie noch am Leben ist. Immer wieder erzählt er dem verängstigten Kind, dass er sie schützen wolle und der „Chef“ sie noch viel schlimmer behandeln würde.

Trotz ihres Misstrauens schenkt Sabine ihm Glauben. Sie hasst und beschimpft ihn zwar für den Missbrauch, den er ihr antut, doch sie glaubt, dass er ihre Eltern wie behauptet informiert hat und diese ihr übermitteln, dass sie ihm gehorchen soll. Sabine ahnt nicht, dass ganz Belgien verzweifelt nach ihr sucht und Dutroux alles nur erfunden hat, um sie zu beruhigen. Stattdessen verfasst sie traurige Briefe an ihre Eltern, die sie nie erreichen. Nach über siebzig Tagen Gefangenschaft bringt Dutroux ein zweites Mädchen in ihr Verließ: Die vierzehnjährige Laetitia soll ihre neue Freundin werden. Sie erleidet das gleiche Schicksal wie Sabine. Nach achtzig Tagen gelingt den Behörden endlich die Festnahme von Dutroux und die Befreiung der beiden Mädchen. Doch das Leiden ist nicht vorbei. Es kommt zu einem Aufsehen erregenden Prozess, der international Schlagzeilen macht …

Wohl kaum jemand ist Ende der Neunzigerjahre am Fall Marc Dutroux vorbeigekommen. Die spektakulären Entführungen und die Bergung der beiden letzten lebenden Opfer gingen um die Welt. Fast zehn Jahre nach ihrer Entführung hat Sabine Dardenne ein Buch über ihr Schicksal verfasst, das nicht nur die Erlebnisse während der Gefangenschaft, sondern auch noch den Prozess und die Verurteilung im Jahr 2004 schildert.

|Mitgefühl und Bewunderung|

Sie will kein Mitleid, sagt Sabine spät im Buch, doch als Leser kann man nicht anders, wenn man ihre ergreifende Geschichte liest. Der rasche Einstieg lässt die Entführung auf offener Straße miterleben, ebenso das Martyrium im Keller, die unhygienischen Umstände und den Missbrauch. Sabine ist ein ganz normales Mädchen, als sie in den Fängen von Dutroux landet.

Sie ist klein und schmal für ihr Alter, aber sie ist ein trotziges, energisches Kind, das bis zum Schluss nicht aufhört, sich zu wehren. Sie ist weder eine Musterschülerin noch ist sie immer artig. Im Gegenteil, sie streitet sich oft mit ihren Eltern und ihren Schwestern, sodass nach ihrem Verschwinden zunächst die Vermutung aufkam, sie sei einfach davongelaufen. In Wahrheit erlebt sie achtzig grausame Tage, die sie nur mit eisernem Willen durchsteht.

Dutroux schlägt sie nicht, doch das ist auch schon das Einzige, was man ihm zugute halten kann. Ihr Verlies ist dreckig, die Schlafmatratze mit Insekten übersäht, statt einer Toilette gibt es nur einen Eimer, einmal die Woche wird sie von Dutroux gewaschen. Wochenlang trägt sie die gleiche Unterhose, ihre Kleidung starrt vor Dreck. Zu essen gibt es oft nur verschimmeltes Brot und kalte Konserven. Sabine schlägt die Zeit mit Briefeschreiben, mit Zählen und Malen tot. Ein winziges Dachfenster ist der einzige Kontakt zur Außenwelt.

Etwa jeden zweiten Tag nimmt Dutroux sie in sein Schlafzimmer, wo er Pornofilme laufen lässt und das Kind missbraucht. Schließlich vergewaltigt er sie und Sabine muss nicht nur starke Schmerzen, sondern auch tagelange Blutungen erleiden. Immer wieder bettelt sie um Freilassung, doch er wiederholt unermüdlich die erfundene Geschichte, die ihn als Retter darstellt. In all der Zeit weiß Sabine nur, dass sie durchhalten wird und leben will. Auch wenn sie kaum noch Hoffnung hat, ihre Familie wiederzusehen, ergibt sie sich nicht in ihr Schicksal. Sie beschimpft ihren Peiniger und wehrt sich, so gut es ein zierliches Kind eben kann, um sich den Stolz zu bewahren.

|Von Schuld und Sühne|

Eine besondere Perversion im Fall Dutroux liegt darin, dass nicht der Entführer und Kinderschänder, sondern sein Opfer bis heute mit Schuldgefühlen kämpfen muss. Je länger ihre Gefangenschaft dauert, desto einsamer fühlt sich Sabine. Daher bettelt sie immer wieder um eine Spielkameradin, um Besuch von Freundinnen. Da sie nicht ahnt, dass Dutroux sie bei weitem vor niemandem schützt, sondern sie gezielt entführt hat, glaubt sie, es sei nicht ausgeschlossen, dass ein gleichaltriges Mädchen ihr Gesellschaft leisten kann, ohne ihr Schicksal zu teilen.

Tatsächlich bringt Dutroux siebzig Tage nach ihrer Entführung die vierzehnjährige Laetitia mit; wie sie am helllichten Tag gefangen genommen. Er betäubt und missbraucht auch sie und steckt sie in das dreckige Verlies. Zwar weiß Sabine heute, dass sie keine Schuld an Laetitias Entführung trägt. Vielmehr hatte Dutroux bereits früher paarweise Mädchen gefangen gehalten, so die achtjährigen Melissa und Julie sowie die siebzehn- und neunzehnjährige An und Eefje. Während Melissa und Julie zur Zeit einer Haftstrafe, die er verbüßen musste, im Kerker verhungerten, wurden An und Eefje betäubt und anschließend lebend begraben. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich ein zweites Mädchen zu Sabine holen würde, doch bis heute nagt der Gedanke an der jungen Frau, dass ihr Wunsch nach einer Freundin auf so perverse Weise erfüllt wurde und ein weiteres Leben zerstörte.

|In seine Augen sehen|

Im Jahr 2004 war es soweit, dass Sabine Dardenne als Zeugin beim Prozess auftrat und mehrmals Gelegenheit hatte, Marc Dutroux gegenüberzutreten. Sabine nutzt diese Möglichkeiten, sie spricht ihn offen im Gericht an, konfrontiert ihn mit Vorwürfen, lehnt seine halbherzige Entschuldigung ab. Noch ein weiteres Mal begegnet sie ihm, bei der Besichtigung ihres einstigen Verlieses, bei der auch Laetitia und die Geschworenen teilnehmen. Beide jungen Frauen machen keinen Hehl aus ihrer Verachtung gegenüber dem Mann, der ihnen ihre Unschuld geraubt hat, in jeglicher Hinsicht.

Trotz der Erleichterung über diese Konfrontation, bei der sie ihren Gefühlen Luft machen kann, bringt der Prozess gleichzeitig auch große Belastung mit sich. Sabine muss sich mit Zweiflern auseinandersetzen, die glauben, dass ihre Aussagen unzuverlässig sind, weil sie vermuten, dass Dutroux das Kind unter Drogen setzte. Schon im Vorfeld herrschte großer Tumult um die Verhandlung, da etliche Zeugen unerwartet verstarben. Die Angeklagten, neben Dutroux seine Frau und weitere Komplizen, beschuldigen sich gegenseitig und der erste Untersuchungsrichter wurde wegen angeblicher Befangenheit abgesetzt. Die Vorwürfe mehren sich, dass hohe Beamten- und Regierungskreise in die Affäre verstrickt sind, das Misstrauen der Bevölkerung wächst zunehmend. Zu allem Überfluss vertritt das zweite überlebende Opfer Laetitia die Ansicht, dass Dutroux nur ein Täter einer großen Kette von Kinderschändern war, während Sabine ihn für einen Einzeltäter hält.

|Eindrucksvolles Portät|

Dem betroffenen Leser bietet sich die Darstellung einer beeindruckenden jungen Frau dar, die gelernt hat, mit ihrem schweren Schicksal umzugehen und dabei teilweise recht ungewöhnliche Wege gewählt hat. Sabine verzichtete auf psychologische Hilfe, sie ist trotz ihres Traumas in der Lage, Beziehungen zu führen und hat die Medien seit jeher gemieden. Bereits kurz nach ihrer Befreiung überraschte sie die Polizeibeamten durch ihre körperliche wie seelische Stärke und ebenso ihre Familie. Es ist irritierend aber auch bemerkenswert zugleich, dass sie auch weiterhin ihrem sturen und eigensinnigen Charakter treu bleibt. Die Gefangenschaft hat sie nicht gebrochen.

Auch nach ihrer Rückkehr in den Schoß der geliebten Familie gibt es dort die gleichen Konflikte wie vor ihrer Entführung über Schule, Hilfe im Haushalt, Bevorzugung der älteren Schwestern. Das mag verwundern, zeigt aber andererseits, dass Sabine sich nicht auf eine lange Schonzeit berufen hat, sondern sich bemühte, so rasch wie möglich wieder am normalen Leben teilzunehmen.

Ihre einfache, direkte Sprache lädt dazu ein, das Buch in einem Rutsch zu verschlingen, eine Mischung aus Entsetzen und Respekt hervorrufend. Für besondere Betroffenheit sorgen die Auszüge aus den intimen Briefen, die sie im Verlies an ihre Eltern schrieb und die als wichtiges Beweismaterial im Prozess dienten. Es sind die Worte eines gequälten Kindes, das sich trotz allen Leids noch an seinen einstigen Alltag klammert, nach Geschenken der Schwestern und ihren Haustieren fragt, im nächsten Satz darum bittet, Dutroux dazu zu bringen, mit seinen Taten aufzuhören und den Leser damit mitten ins Herz trifft. Im Grunde gibt es nur einen Kritikpunkt, nämlich das Fehlen jeglicher Bilder. Nicht umsonst mussten die Geschworenen das Haus und den Kerker vor Ort besichtigen, um sich eine annähernde Vorstellung zu machen. Auch für den Leser wäre es gut gewesen, ein paar der Fotos, die durch die Medien gingen, hier vorzufinden.

_Als Fazit_ bleibt ein intensives Buch über die Erlebnisse eines Entführungs- und Missbrauchsopfers und einen Fall, der weltweit Schlagzeilen machte. Sabine Dardenne präsentiert sich als bewundernswerte und starke junge Frau, deren Schicksal berührt, bewegt und aufrüttelt, angenehmerweise ohne dabei unnötig auf die Tränendrüse zu drücken. Schade ist lediglich, dass auf Fotos verzichtet wurde.

http://www.droemer-knaur.de

Peace, David – 1980

Nach [„1974“ 1483 und „1977“ liegt mit „1980“ mittlerweile der dritte Teil des „Red Riding Quartett“ von David Peace vor. Mit dieser Reihe hat der in Tokio lebende Engländer für einigen Wirbel auf dem Krimimarkt gesorgt. Ian Rankin bezeichnete Peace einmal als |“die Zukunft des Kriminalromans“| und die Vielzahl der Preise, die der Autor für sein Werk bisher bekommen hat, scheint dessen Wichtigkeit zu bestätigen. Für „1974“ bekam Peace den |Deutschen Krimi-Preis 2006|.

„1980“ setzt kontinuierlich fort, was die beiden Vorgängerromane angefangen haben: Die Geschichte des Yorkshire Rippers, der in den Siebzigern und Anfang der Achtziger mindestens dreizehn Frauen ermordet und neun verletzt hat. Mittlerweile schreiben wir also das Jahr 1980. Die Polizei tappt noch immer im Dunkeln, die Öffentlichkeit lebt noch immer in Angst und Schrecken. Der Unmut in der Bevölkerung wächst und die Polizei muss dringend ihre Bemühungen intensivieren. Aus diesem Grund soll Peter Hunter auf Anordnung von ganz oben in die Ermittlungen einsteigen.

Hunter soll nicht nur die Suche nach dem Ripper zu einem Erfolg führen, er soll auch zum Hausputz bei der Yorkshire Police blasen und korrupte Kollegen ans Messer liefern. Das macht den Polizisten aus Manchester bei den Kollegen in Leeds logischerweise nicht gerade beliebter. Je tiefer Hunter gräbt, desto eisiger wird auch die Stimmung auf dem Revier für ihn. Und der Yorkshire Ripper bleibt inzwischen auch nicht untätig …

Dass David Peace keine Kriminalromane von der Stange schreibt, hat er mit seinen beiden Vorgängerwerken „1974“ und [„1977“ 2287 hinlänglich bewiesen. Er hat seinen ganz eigenen Stil, der sehr intensiv, aber auch gleichermaßen gewöhnungsbedürftig ist. Im Stakkatotakt haut er dem Leser die Sätze um die Ohren. Er pflegt einen außerordentlich knappen Satzbau, kommt teilweise gar mit nur einem Wort aus. Immer wieder streut er Zeilen aus Songs im Radio ein oder auch Schlagzeilen, und immer wieder werden wichtige, markante Sätze wiederholt. So beschwört Peace eine Atmosphäre herauf, die auch den Geist der Zeit aufleben lässt.

Auch wenn im Angesicht von Peaces Stakkatorhythmus seine sprachlichen Mittel und die teils etwas ermüdenden Wiederholungen sehr schlicht und nüchtern wirken, so ist die Atmosphäre dennoch dicht und komplex. Peace verlangt dem Leser in vielerlei Hinsicht einiges ab. Schnelle Schnitte, viele Namen – da kann man bei der Lektüre schon mal ins Straucheln kommen. Das Figurengefüge ist dicht und verschachtelt und gerade auch durch Peaces harten, schnellen Schreibstil muss man hochkonzentriert lesen, um folgen zu können.

Das Positive dieses Stils ist die hohe Emotionalität, die stets zu spüren ist. Peace lässt in Interviews immer wieder anklingen, dass er sich mit dem Red Riding Quartett ein persönliches Trauma von der Seele schreibt. Der Yorkshire Ripper trieb zu der Zeit sein Unwesen, als Peace in Yorkshire seine Kindheitstage verbrachte. Peace schreibt mit einer ständigen Wut im Bauch, als würde er permanent unter Strom stehen. Auch das macht „1980“ zu einem intensiven Leseerlebnis.

Wie schon „1977“, ist auch „1980“ nichts für Quereinsteiger. Die Romane bauen aufeinander auf, wechseln dabei aber die Perspektive und lassen auch die Geschehnisse des Vorgängerbandes in neuem Licht erscheinen. Manches, was nach dem Ende des zweiten Bandes noch in der Schwebe hing, wird aufgeklärt, so dass sich der Gesamteindruck der Reihe zunehmend vervollständigt. Und auch am Ende dieses Bandes hängt man wieder in der Luft, wird mitten aus der Handlung herausgerissen, so dass manches ungeklärt bleibt, das vielleicht im vierten Band zu Ende geführt wird.

Was sich seit dem ersten Band ebenfalls kontinuierlich fortsetzt, ist die düstere Atmosphäre. Hart, brutal und ungeschönt wird die Geschichte erzählt und auch bei den Gewaltdarstellungen hat Peace keine Gnade mit dem Leser. Er will nicht, dass die Gewaltszenen dem Leser Vergnügen bereiten, und daran lässt er zu keiner Sekunde Zweifel aufkommen. „1980“ ist genauso harter Tobak wie schon die Vorgängerbände.

Obendrein erweckt die Atmosphäre zunehmend den Eindruck von Perspektivlosigkeit. |“Mord und Lügen. Lügen und Mord.“| Dieser Satz geht Protagonist Peter Hunter während seiner Ermittlungen immer wieder durch den Kopf und er steht symptomatisch für das gesamte bisherige „Red Riding Quartett“. Ein Netz aus Intrigen, Halbwahrheiten und versteckten Interessen offenbart sich dem Leser. Eine klare Einteilung in Gut und Böse gibt es da nicht. Peace zeichnet nicht schwarz/weiß, sondern in Grauschattierungen. Jeder hat einen dunklen Fleck auf der Seele und wie im wahren Leben gibt es die uneingeschränkt Guten nicht. Peter Hunters Spitzname bei den Kollegen ist nicht umsonst „Das Heilige Arschloch“.

Angesichts dieser düsteren Atmosphäre, aus der es kein Entrinnen gibt, ist man am Ende auch ein bisschen froh, wenn das Buch zu Ende ist. Es ist eine intensive Leseerfahrung, die aber so roh und brutal geschildert wird und ein solches Gefühl der Ausweglosigkeit vermittelt, dass man schon ein wenig aufatmet, wenn dieser knallharte Stakkatotakt zu Ende ist. Nichtsdestotrotz bin ich gespannt, wie Peace im nächsten Band seine Geschichte zum Abschluss führen wird, auch wenn jegliche Hoffnung auf einen halbwegs glücklichen Ausgang wohl vergebens sein wird.

Bleibt unterm Strich ein Eindruck gemäß der Erwartungen zurück. Man weiß inzwischen, was man von David Peace erwarten darf und er führt mit „1980“ kontinuierlich fort, was er mit „1974“ und „1977“ angefangen hat. War gerade „1977“ auch eine etwas undurchdringliche und teils verwirrende Geschichte, so ist „1980“ wieder etwas gradliniger und klarer erzählt. Man darf gespannt sein, wie der Schlussakt dieser ungewöhnlichen Krimireihe mit dem nächsten Band ausfallen wird.

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Kimura, Suiren – Resident Evil 9 – Tödliche Freiheit

_Story_

U. S. Marshal José Lopez wird zusammen mit seinem Kollegen Kulik zu einer Routinemission nach Großbritannien geschickt, von wo aus die beiden Regierungsbeamten den Serienmörder Jack Trump in die Staaten zu überführen haben. Weil dieser unter Klaustrophobie leidet, tauchen die beiden Marshals mit dem gefangenen Killer inkognito auf einem Schiff des Pharmakonzerns Umbrella unter und treten die längere Heimreise über den Atlantik an.

Währenddessen erprobt der machtbesessene Wissenschaftler Robert Chan sein neues C-Virus vor den Augen der Umbrella-Mitarbeiter und offenbart ihnen seine finsteren Pläne. Die revolutionäre Verbindung aus Red-Light- und Green-Light-Viren ermöglicht es den Menschen, ihren Wünschen entsprechend zu mutieren und somit auch übermenschliche Kräfte zu erlangen. Chans Kollegin und Geliebte Louise Kah ist mit einzelnen Proben ausgestattet an Bord des Handelsschiffes, das gerade von England nach New York reist, und soll Chan dabei helfen, das vernichtende Virus auf dem dortigen Markt zu etablieren. Und um seine Wirkung noch einmal gezielter zu testen, soll zunächst einmal Jack Trump damit infiziert werden, der Mann, der in den Augen Chans die Bösartigkeit in Person ist.

Beim Versuch, Kulik und Lopez zu überrumpeln und Trump das Virus zu injizieren, scheitert Kah jedoch. Stattdessen schnappt sich ein bislang unbeteiligter, allerdings verdächtig neugieriger Reporter das Virus und metzelt im mutierten Körper sowohl die Besatzung der |Liberty| als auch die von Umbrella verständigten Militäreinheiten nieder, die mit einem U-Boot herbeigeeilt waren. In Wahrheit war er nämlich der gefürchtete Serienmörder, der in seinem Bestreben nach Perfektion nun die ultimative Waffe entdeckt hat …

_Meine Meinung_

Eine viel versprechende Handlung, ein rasanter Start, dann aber mal wieder viele Ungereimtheiten und aufgrund des unglaubwürdigen Verlaufs schließlich nur eine mäßige Story. Dieses bedauerlich Resümee war nach knapp 300 Seiten blutiger Action leider das Resultat der vielen Eindrücke des neunten Romans zur erfolgreichen Computerspiel-Reihe „Resident Evil“ (die Buchreihe hat sich bislang 150.000-mal verkauft). Dabei hatte Autor Suiren Kimura so gut angefangen und mit der Einführung des abgebrühten Agenten Lopez sowie des unbekannten und schier wahnsinnigen Kontrahenten Robert Chan den Nährboden für einen spannenden Horror-Thrller ausgelegt.

Alles schien zu funktionieren; die parallel ablaufenden Geschichten um Chans Pläne sowie den Transport des vermeintlichen Serienkillers werden Schritt für Schritt und auch ziemlich spannend zusammengefügt, die Bedrohung sehr transparent dargestellt und im Hintergrund werden auch einige merkwürdige Rätsel erstellt. Doch bevor dann im zweiten Teil die bluttriefende, brutale Action lostritt, kommt es schon zu ersten Logikfehlern, zu denen parallel auch noch die effektvollen Ideen ausgehen. Kimura verstrickt sich indes in immer merkwürdigere Szenarien und entwickelt die Story schließlich mit Ereignissen, deren Ursprung an den Haaren herbeigezogen wurde. Zudem erweist es sich als ungünstig, dass die vielen Geheimnisse, die im ersten Teil noch gesponnen werden, zu einem relativ frühen Zeitpunkt aufgedeckt werden. Zum Beispiel hätte man die Tatsache, dass der depressive Kleinganove Trump eigentlich gar nicht der gesuchte Killer ist, ruhig noch etwas länger verschweigen können, weil die Handlung zu Beginn von solchen Mysterien lebte.

Aber dies ist jetzt nicht der springende Punkt: Schade ist einfach nur, dass der Blutrausch nachher überwiegt und die Story inhaltlich kaum noch Fortschritte erzielt. Das Gemetzel auf dem Schiff sowie die allzu pathetisch aufgebaute Verfolgungsjagd zwischen dem Mutanten und den einzig Überlebenden der |Liberty| bestimmen stattdessen das Geschehen, entfernen aufgrund ihres gekünstelten Erscheinungsbilds jedoch auch sämtlichen Anspruch, den „Tödliche Freiheit“ in den ersten Abschnitten de facto ja auch besessen hat. Bemühte Emotionalitäten wie die Aufarbeitung der Vergangenheit von Jack Trump sowie die klischeebesetzte Befreiung eines kleinen, von einer schweren Krankheit zum Tode verurteilten Mädchens sorgen schließlich dafür, dass eine gute Romanhandlung ungewollt ins Lächerliche gezogen wird. So gut die Action an manchen Stellen auch sein mag, aber ein derart biederes Kontrastprogramm zerstört letztendlich die meisten guten Eindrücke, die „Resident Evil 9“ kurzzeitig hinterlassen hatte, und führt zu dem enttäuschenden Fazit, dass hier inhaltlich sehr viel Potenzial verschwendet wurde. Schade um die vertane Chance.

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Lee Child – Ausgeliefert

Das geschieht:

Jack Reacher, ehemaliger Elitesoldat und Militärpolizist, nun Türsteher in einem Musikclub in Chicago, will einer jungen Frau behilflich sein und gerät in eine Entführung! Drei Männer zwingen ihn, gemeinsam mit der Frau in einen Lieferwagen zu steigen. Reachers unfreiwillige Gefährtin heißt Holly Johnson, 27 und arbeitet für das örtliche Büro des FBI. Sie ist aber auch die Tochter von General Johnson, Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs und damit ranghöchster Soldat der Vereinigten Staaten und das Patenkind des Präsidenten! Entsprechend fällt die Reaktion der Behörden aus. FBI Abteilungsleiter McGrath und die Agenten Brogan und Milosevic bilden nur die Spitze eines vielköpfigen Ermittlungsteams. Es nimmt die Spur der Kidnapper auf, die eher durch ihre Brutalität als durch kriminelle Professionalität auffallen.

Das verwundert nicht, als sich herausstellt, wer hinter der Entführung steckt: Beau Borken ist der „Kommandant“ der „Montana Militia“. In dieser militanten Gruppe fanden jene zusammen, für die sich der amerikanische Traum nicht erfüllt hat, die mit der Gegenwart einer globalisierten Alltagswelt nicht zurecht kommen und die sich nach der Zeit zurücksehnen, als der redliche, einfache und natürlich weiße Mann das Sagen hatte. Lee Child – Ausgeliefert weiterlesen

Eschbach, Andreas – Ausgebrannt

Markus Westermann will es schaffen – in den USA. Er träumt den „American Dream“, und wie so viele andere landet er unsanft auf dem harten Boden der Tatsachen. Doch dann lernt er Karl Block kennen, einen alten Österreicher mit einer Idee, die niemand ernst nimmt, die Fachleute belächeln.

Block will da Öl finden, wo niemand auch nur suchen würde. Er behauptet, dass mehr als genügend Öl für Jahrtausende noch darauf wartet, entdeckt zu werden. Markus glaubt an ihn, und gemeinsam überzeugen sie den PPP – den Peak Performance Pool, eine Gemeinschaft superreicher Investoren. Als Block Öl mitten in der amerikanischen Pampa findet, glaubt Markus sich am Ziel seiner Träume.

Doch damit beginnen die Probleme. Das saudische Königshaus und die CIA sind hinter der Block-Formel her. Doch diese kennt Markus nicht, nur der alte Block, dessen Ausführungen er nicht folgen kann. Schließlich wird er von Wang, dem Vater seiner verwöhnten Geliebten Amy-Lee, erpresst: Er wird nicht in das milliardenschwere Unternehmen Wangs einheiraten, ohne Blocks Formel als Brautgeschenk mitzubringen. Schließlich werden Block und Westermann auch noch von den Saudis angeheuert, die aber scheinbar nicht an einem Erfolg Blocks interessiert sind, ganz im Gegenteil. Block wird entführt und verschwindet spurlos, Markus aus dem Land gejagt und der Probebohrauftrag gekündigt, seine Investoren drohen ohne Block abzuspringen. Als der CIA-Agent Taggard ihm noch offenbart, dass Amy-Lee des Öfteren für das Familienunternehmen mit diversen Männern ins Bett gegangen ist, bricht für Markus eine Welt zusammen.

Doch nicht nur die Welt des Markus Westermann gerät aus den Fugen. Das Ghawar-Feld, das größte Ölfeld der Erde, erlischt. Es ist bereits lange erloschen, und die Öltanks in Ras Tanura, dem größten Ölhafen, wurden ebenso lange heimlich geleert. Die USA sichern die saudischen Ölreserven militärisch, erlauben Bohrungen im Arctic Wildlife Refuge, während die Ölpreise steigen. Die Welt, wie wir sie kennen, hört auf zu existieren, eine soziale und wirtschaftliche Veränderung ohne Gleichen, das Ende des Erdölzeitalters. Markus erhält erneut eine Chance zum Aufstieg – auf ganz andere Weise, als er es sich erträumt hat.

_Ein Leben in zwei Zeitaltern_

Erfolgsautor Andreas Eschbach (*15.09.1959, Ulm) malt eine apokalyptische Zukunftsvision von Ende des „Ölzeitalters“, die erschreckend ist, da sie durch ihre akribische Recherche und Logik überzeugt, ein Roman, der zum Nachdenken anregt.

Durch den Roman begleitet werden wir von Markus Westermann, einen ehrgeizigen jungen Mann, der aufgrund Benzinmangels einen Unfall erleidet und von Gläubigern gejagt wird. Im Krankenhaus erinnert er sich an den Anfang vom Endes des Ölzeitalters, das nun unwiderruflich vorbei ist. Er wollte als „Mark S. Westman“ ein echter Amerikaner werden, er träumt den „American Dream“. Seine Versuche, sich in der Welt des Big Business hochzuarbeiten, scheiterten immer wieder, der Traum von harter Arbeit und garantiertem Erfolg wurde zum Alptraum von sehr harter Arbeit und vergänglichen Erfolgen.

Markus ist die Figur, an der man den Wandel der Welt verfolgen kann. Von harter Arbeit über ein kurzes Leben in Saus und Braus bis hin zu einer abgelegenen christlichen Gemeinde mitten in den USA, in der er Kuhscheiße schaufelt und wegen einer Dorfschönheit, der hübschen Tochter des diktatorischen Dorfpredigers, schließlich vor einem Lynchmob fliehen muss. In Deutschland erleben wir das Ende des Ölzeitalters aus der Sicht seiner Verwandschaft, während Markus die Apokalypse in den extrem vom Automobil abhängigen Sozial- und Wirtschaftsstrukturen der USA durchmachen muss.

Die ersten 250 (von 750) Seiten, immerhin ein Drittel des Romans, sind ein zäher und manchmal etwas zu belehrender Einstieg in den Roman, der die notwendigen Grundlagen und Prämissen für den weiteren Handlungsverlauf legt. Diese Einleitung ist viel zu langatmig, Markus Karriere wirkt klischeehaft; dass Komplimente bereits als sexuelle Belästigung angesehen werden können und dass Gott und die Bibel eine große Rolle im Land der unbegrenzten Möglichkeiten spielen, dürfte jedermann sattsam bekannt sein. Die Welt des „Big Business“ mit milliardenschweren Investoren und ihren Schlichen, die der zuvor beim Versuch, sich in der Softwarelokalisierung hochzuarbeiten, gescheiterte Markus schließlich zusammen mit dem charismatischen Karl Block überzeugen muss, konnte mich ebenfalls nicht begeistern. Das Bild der saudischen Königsfamilie und ihres Landes, welches abwechselnd aus der Sicht eines Angehörigen der Familie und der des CIA-Agenten Taggard gezeigt wird, ist sehr westlich und, wenn auch überzeugend, deshalb voreingenommen und oberflächlich, insbesondere wenn Eschbach Abu Jabr sehr westliches Gedankengut und die entsprechenden Worte in den Mund legt. Als Taggards Motivation, in Arabien zu arbeiten, mit den Terroranschlägen des 11. Septembers in Zusammenhang gebracht wurde – seine Tochter überlebte eine Herztransplantation nicht, da ein Startverbot herrschte -, verzweifelte ich an diesem Roman.

Diese schwache und viel zu lange Einleitung mit verwirrenden und zuerst zusammenhanglosen Rückblicken muss man erdulden, bis es zur Explosion im Hafen von Ras Tanura kommt. Mit dem Anfang vom Ende des Ölzeitalters wird der Roman richtig interessant, und die vorhergehende schwache Handlung klarer. Mit dem vom „unstudierten“ Selfmade-Man Block beiläufig und mundgerecht vermittelten Wissen über Ölfelder, Ölförderung, Geschichte und politische Zusammenhänge wird klar, warum das Versiegen eines Feldes, das immerhin „nur“ sechs Prozent der Weltförderung liefert, eine derartig katastrophale Wirkung haben kann. Diese „Peak Oil“-Theorie basiert auf dem Buch „Twilight in the Desert: The Coming Saudi Oil Shock and the World Economy“ von Matthew R. Simmons, der übrigens Berater von George Bush in Energiefragen war, und wird vortrefflich erläutert.

Den Wandel der Welt darzustellen, die Verzweiflung und wie eine Welt ohne Öl aussehen könnte, das ist Andreas Eschbach meisterlich gelungen. Hier zeigt das Buch seine Stärken. Jeder hat sich wohl schon Gedanken darüber gemacht, wie die Welt aussieht, wenn das Erdöl knapp wird. Dass es knapp wird und dass alternative Energiequellen noch und wohl auf lange Zeit keinen Ersatz darstellen können – weder Wasserstoffzellen noch Kernkraft sind für Autos und Baumaschinen wirklich geeignet -, steht außer Frage. Doch dermaßen akribisch und akkurat recherchiert haben wohl nur wenige. Aus diesen blanken Zahlen und Fakten wirtschaftliche Rückschlüsse zu ziehen und sie in den Alltag in den USA, Deutschlands oder Arabiens, ja der ganzen Welt zu projizieren, das ist es, was diesen Roman auszeichnet.

Markus ist der Bezugspunkt des Lesers in dieser Welt. Sein Leben nimmt stets unerwartete Wendungen, ein ständiges Auf und Ab im Wandel der Zeiten. Der anfangs karrieregeile Yuppie erlangt schließlich ein gerütteltes Maß an Weisheit im gehobenen Alter, und auch Erfolg – natürlich ganz anders, als er es „geplant“ hatte. Leider ist dieser mit einem arg aufgesetzten Deus Ex Machina verbunden, einem alten „Familienerbe“, das in erdöllosen Zeiten Gold wert ist.

_Fazit:_

Zäh wie Ölschlamm beginnt der Roman, lange und ereignislos erklärt Andreas Eschbach seinen Lesern die heutige Welt. Doch es ist wie bei einer Ölbohrung, man muss erst durch viel Geröll und Sand, bis man auf Öl stößt. Und Andreas Eschbach hat im übertragenen Sinne ein riesiges Ölfeld angebohrt. Dann wacht auch Markus Westermann aus seinen Träumen auf, sein Leben wird farbiger, interessanter, in gewisser Weise auch realistischer. Die Wechsel zwischen Handlungsträgern wie Markus, Taggard oder Abu Jabr, Rückblenden und Hinweise auf historische Ereignisse wie den mysteriösen Tod Rudolf Diesels sorgen für blendende Unterhaltung und eine wohlstrukturierte Informationsflut. Das Glanzstück dabei ist Eschbachs Vision einer Welt nahezu ohne Erdöl. Wie fremd diese Welt ist, möchte ich anhand dieser Textpassage (Gartenbaukurs) zeigen:

S. 709: |“‚(…) Europa hat relativ gute Aussichten, sich auch weiterhin ernähren zu können.‘ Er klatschte in die Hände. ‚Und damit das so bleibt, fangen wir mit dem ersten Beet an. Bitte nehmen Sie sich von dort drüben jeder eine Schaufel …'“|

Offizielle Homepage des Autors:
http://www.andreaseschbach.de/
http://www.luebbe.de

Alexander-Burgh, Eberhard – Hui Buh – Schlotterbox (13-15)

_Inhalt_

|“Hui Buh und die geraubte Anhfrau“| (Episode 13)

|Besetzung:|

Erzähler – Hans Paetsch
Hui Buh – Hans Clarin
König Julius der 111. – Claus Wilcke
Königin Konstanzia – Ingrid Andree
Kastellan – Andreas von der Meden
Ahnfrau Rosalinde – Karin Lieneweg

|Story:|

Hui Buh ist bereits voller Vorfreude auf die anstehende Vollmondnacht, entdeckt dann aber voller Entsetzen seine alte vermoderte Holztruhe, die plötzlich gänzlich in Rosa angestrichen ist. Der Schlossgeist hat bereits eine schlimme Befürchtung, wer hinter dieser Schreckenstat steckt, und begibt sich alsbald in die Ahnengalerie.

Dort wird seine Vermutung bestätigt: Ahnfrau Rosalinde ist mitsamt ihrer zähnefletschenden Hunde aus ihrem Gemälderahmen gestiegen und treibt nun auf Schloss Burgeck ihr Unwesen. Spürbar genervt muss Hui Buh vor seinen adligen Freunden rechtfertigen, warum ihm derzeit die Farbe Rosa nacheilt. Doch der hinterlistige Geist hat schon einen Plan, wie er sich der einstigen Freundin entledigen kann. In einem Spiel weist er sie in ihre Schranken und zwingt sie somit zurück in den Rahmen. Doch wie schon damals, als die beiden im Streit auseinander gegangen waren, hat Hui Buh mit gezinkten Karten gespielt …

|“Hui Buh und die unheilvolle Burgfehde“| (Episode 14)

|Besetzung:|

Erzähler – Hans Paetsch
Hui Buh – ans Clarin
König Julius der 111. – Claus Wilcke
Königin Konstanzia – Ingrid Andree
Kastellan – Andreas von der Meden
Knappe – Stephan Chreszinski
Schiedsrichter – F. J. Steffens
Frau von Mausestein – Marianne Kehlau
Herr von Mausestein – Ernst von Klipstein

|Story:|

König Julius wird ganz unerwartet in eine Fehde mit dem Burgherrn von Mausestein hineingezogen, der bei einem Ritterturnier herausfinden möchte, welche Burg die ältere ist. Obwohl Julius bei der Ankunft des Boten, der diese Nachricht überbringt, nicht wirklich darauf erpicht ist, sich im Wettstreit mit dem erfahrenen von Mausestein zu messen, lässt er sich von seinem Schlossgeist dazu drängen, die Herausforderung anzunehmen, schließlich verfügt Hui Buh über Möglichkeiten, den Wettkampf zu manipulieren. Vor Ort gehen jedoch alle Versuche des Geistes, seinem Herrn einen Vorteil zu verschaffen, mächtig in die Hose. Als die Lage bereits aussichtslos und die Fehde so gut wie verloren ist, greift der Schlossgeist von Burgeck zu einigen unerlaubten Mitteln – und rettet schließlich den guten Ruf seines Schlosses.

|“Hui Buh im dunklen Mitternachtswald“| (Episode 15)

|Besetzung:|

Erzähler – Hans Paetsch
Hui Buh – ans Clarin
König Julius der 111. – Claus Wilcke
Königin Konstanzia – Ingrid Andree
Kastellan – Andreas von der Meden
Spukwirt – Christian Rode
Geisterbeschwörer – Hans Hessling

|Story:|

Hui Buh wird inmitten seiner nächtlichen Aktivitäten von lauten Stimmen in der Spukspelunke aufgeschreckt. Getrieben vom Gedanken, es den Lärmbrüdern alsbald heimzuzahlen, steigt der Schlossgeist in den Mitternachtswald ab, um den Verursacher des Krachs für die Durchquerung des Waldes mit einem Wegezoll zu belegen. Der jedoch steckt den Geist in seine eigene Zolltüte und ruft so den Zorn Hui Buhs hervor. Mit allen Mitteln versucht das Gespenst, sich ein für allemal zu rächen. Doch egal was Hui Buh auch ausprobiert, der viel begabtere Kontrahent ist mit allen Wassern gewaschen und ihm stets einen Schritt voraus. Nur mit der Begleichung der Lösegeldforderung des Bösewichts ist es Hui Buh möglich, sich endlich wieder aus dieser misslichen Lage zu lösen. Doch diese Summe war eigentlich für andere Zwecke gedacht …

_Meine Meinung_

In der neuen “Schlotter-Box“ um das jüngst zu [Kinoehren 2881 gekommene Hörspiel-Gespenst werden dem Hörer drei weitere Folgen um den vorlauten Schlossgeist von Burgeck präsentiert. Und es darf mal wieder herzlich gelacht werden, weil die Inhalte teilweise sehr komisch, teils aber auch ein wenig bizarr geraten sind.

Bereits in der ersten Episode basiert die Handlung auf einigen merkwürdig albernen Aspekten. Hui Buh gerät in eine Fehde mit der nachtragenden Rosalinde, die nicht vergessen hat, dass das Gespenst in der Gestalt von Ritter Balduin mit miesen Tricks gegen sie vorgegangen ist. Nun hat sie Hui Buh wieder ausfindig gemacht und spielt ihm einen Streich nach dem anderen, woraufhin das Gespenst von Burgeck Julius und Co. stecken muss, welch fieser Charakter sich einst hinter seiner Erscheinung verborgen hat. Gezeichnet von dieser Blamage, ist Hui Buh redlich darum bemüht, seinen soeben geschädigten Ruf wieder aufzupolieren und sich in einem fairen Spiel mit Rosalinde zu messen. Doch weil ein solches Spiel die einzige Möglichkeit ist, sich der Dame wieder zu entledigen, greift Hui Buh zum wiederholten Male zu unlauteren Mitteln und beweist, dass sich an seiner zweifelhaften Moral über all die Jahre nichts verändert hat. Aber immerhin hat er sein Ziel erreicht.

Nicht ganz so einfach hat es unser geliebtes Schlossgespenst in Episode 14, „Hui Buh und die unheilvolle Burgfehde“. Wieder einmal wird ihm sein flottes Mundwerk zum Verhängnis, als er König Julius in eine ungleiche Auseinandersetzung hineinreißt. Hui Buh ist jedoch davon überzeugt, dass er unerlaubt in den Wettkampf eingreifen und so auch den Sieg herbeiführen kann, doch da seine Mithilfe eher verwirrend als hilfreich ist, geht der Schuss für den Herren vom Schloss Burgeck sehr schnell nach hinten los. Hui Buh fühlt sich erneut in die Pflicht genommen – und macht alles nur noch schlimmer.

In der letzten Folge stößt der Titelheld schließlich an seine Grenzen: Ein multitalentierter Geisterbeschwörer hat sich vorgenommen, dem Schlossgeist den Garaus zu machen, und hat dabei auch großen Erfolg. Hui Buh lässt zwar nichts unversucht, sich seines immer mehr verhassten Gegenspielers zu entledigen, doch je ausgefuchster die Ideen des Burgeck-Geistes, desto besonnener die Reaktionen des geheimnisvollen Mannes. Auf jede Aktion hin folgt die Besinnung auf eine der vielen Lehren, die der Herr genossen hat, so dass er sich als Geisterbeschwörer, Jongleur, etc. aufspielt und Hui Buh den letzten Nerv raubt. Gerade aufgrund der vielen Lacher und des spannenden Hin und Hers ist diese Episode auch das Highlight dieser fünften Schlotter-Box.

Man kann aber auch allgemein wieder von einer sehr positiven Fortführung dieser Dreiteiler-Reihe sprechen, denn in keiner einzelnen Episode kommen Spannung und Humor zu kurz. Wirklich fabelhaft sind auch die Sprecher, vor allem der leider inzwischen verstorbene Hans Clarin in der Hauptrolle, der die Rolle des Geistes spürbar mit Leben erfüllt und noch einmal einen krassen Kontrast zu seiner leblosen Darbietung in der Verfilmung aus dem vergangenen Jahr liefert.

Und was die Geschichten betrifft: Einfach originell! Hui Buh kämpft mit seinem Gewissen und einer rosafarbenen Truhe, verzaubert König Julius und raubt ihm dadurch jegliche Aussicht auf den Sieg bei der Burgfehde und stößt zum Schluss mit einem Gegner zusammen, dem er trotz der Darbietung seines kompletten erfinderischen Repertoires nicht gewachsen scheint. Seltsame Ereignisse treffen auf zahlreiche Missverständnisse und teils recht albernen, kindlich-naiven Humor, doch genau diese Mischung trifft speziell in den Folgen 13 und 15 voll ins Schwarze. Es mag zwar weiterhin ein unbestrittener Fakt sein, dass die Geschichten um das im Hörspiel richtig bekannt gewordene Gespenst polarisieren und daher auch entweder geliebt oder gehasst werden – doch wenn man sich wie ich zur ersten Gruppe zählt, wird man mit diesen drei Episoden mal wieder eine Menge Freude haben.

http://www.natuerlichvoneuropa.de

Theurillat, Michael – Im Sommer sterben

Im Sommer geht man ins Schwimmbad oder isst Eis und liegt faul in der Sonne. Nach Meinung des Schweizers Michael Theurillat ist das aber noch nicht alles. Er plädiert für „Im Sommer sterben“.

Der beliebte Philip Bettlach, der im Bankgeschäft seines Bruders tätig war und dort mit Erfolg Kunden anwarb, wird eines Tages beim Golfspielen auf einem Züricher Golfplatz aus großer Distanz erschossen. Aber warum? Bettlach scheint keine Feinde gehabt zu haben, sein fünfundsechzigjähriger Lebenslauf war erstaunlich sauber. Zu sauber, wie Kommissar Eschenbach und sein junger Kollege Jagmetti finden.

Sie graben etwas tiefer und schon bald stellt sich heraus, dass Bettlachs Freundin, die zweiundzwanzigjährige Doris Hottiger, nicht nur einen guten Grund, sondern auch die entsprechende Schützenausbildung gehabt hätte, um Bettlach zu erschießen. Doch weder Eschenbach noch Jagmetti, der ein kurzes Intermezzo mit der blonden Dame hat, können glauben, dass sie die Täterin ist. Sie stochern weiter in der Lebensgeschichte der Familie Bettlach herum und bringen einiges zu Tage …

Theurillat baut in sein Debüt eine Familientragödie ein, die man sicherlich schon des Öfteren gelesen hat, aber sie wurde sicherlich nicht immer so grundsolide und spannend abgehandelt. Der Krimi tut sich dabei nicht durch Action und Blut hervor, sondern durch spannende Ermittlerarbeit.

Spannend, obwohl das Buch ohne Action auskommt? Jawohl. Theurillat setzt eher auf die kleinen Überraschungsmomente und falschen Verdächtigungen, die seinen Krimi sehr niveauvoll erscheinen lassen.

Zudem fällt auf, dass ein Großteil der Handlung bzw. der Aufklärung des Mordfalls über Dialoge stattfindet. Zeugen erzählen über das Leben Bettlachs oder Eschenbach bekommt seine Informationen auf mündlichem Wege, was die Geschichte sehr lebendig werden lässt und gut gelungen ist. Der Autor schafft es dabei, das Gleichgewicht zwischen banalem Alltagsgeschwätz und relevanter Information zu halten. Dadurch wirkt der Roman nicht trocken, sondern im Gegenteil unglaublich lebendig, weil hauptsächlich Menschen und nicht Indizien und Tatsachen involviert sind.

Für gute Dialoge braucht man natürlich gute Charaktere, und die liefert Theurillat gleich mit. Eschenbach überzeugt vor allem, weil er weder dem amerikanischen Superermittler noch dem skandinavischen Depri-Ermittler ähnelt. Er ist ein durch und durch bodenständiger Mann mit Frau und Tochter und einem Hang zur Bärbeißigkeit, von dem er aber weiß und an dem er arbeitet.

Sein Helfer, der Praktikant Jagmetti, dagegen ist ein kleiner Jungspund, der noch viel lernen muss und in dem Eschenbach sich selbst gerne wiederfindet. Er versucht dem angehenden Beamten ein guter Chef zu sein, auch wenn die beiden dabei manchmal aneinandergeraten.

Auch andere Charaktere in dem Buch sind gelungen. Richtige Exzentriker findet man zwar selten, aber dafür sehr authentische Menschen mit Eigenarten und überzeugenden Charakterzügen, die die dialogschwangere Geschichte abrunden.

Zumeist wird aus Eschenbachs Perspektive erzählt, aber ab und an wechselt Theurillat die Perspektive und lässt unbedeutende Nebencharaktere zu Wort kommen. Das ist sehr ritterlich von ihm, aber da diese Personen meist nur ein, zwei Auftritte haben, hinterlassen sie eher einen störenden Eindruck. Zumeist ist ihr Auftritt auch nicht wirklich von Relevanz, sondern soll nur Tatsachen näher beleuchten, so dass die Geschichte dadurch unnötig gebrochen wird.

Alle bisher aufgezählten Elemente von „Im Sommer sterben“ werden von dem sauberen Schreibstil des Autors zusammengehalten. Simpel, trocken, manchmal mit einem sehr interessanten, unterschwelligen Humor gewürzt, der zumeist aus dem Munde Eschenbachs kommt, weiß Theurillat seinen Kriminalroman sehr gut herüberzubringen. Er leistet sich dabei keine Schnitzer und sein Hang zu Dialogen zeichnet sich einmal mehr aus.

„Im Sommer sterben“ ist sauber aufgebaut, sauber ausgebaut und sauber geschrieben. Man kann kein schlechtes Haar an Michael Theurillat lassen. Der Debütroman ist zwar kein herausragendes Literaturwerk, aber ein sehr angenehm zu lesender und beinahe makelloser Krimi.

http://www.ullsteinbuchverlage.de/claassen/

Wizards of the Coast – Dreamblade – Chrysotic Plague

_Insekten in der Dreamscape_

Bereits kurze Zeit nach der „Baxar’s War“-Erweiterung legen |Wizards of the Coast| nach: Im neuen Booster-Set „Chrysotic Plague“ toben sich Königin Chrysota und ihre Insekten aus und sorgen für neuen Horror in der [Dreamscape. 3402 Neuartige, sehr spezielle Designs und einige vollkommen neue Spezialeigenschaften zieren die 60 Figuren, die dieses Set umfasst, und damit ergeben sich natürlich auch wieder zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Warband zu verstärken. Dank der zusätzlichen Eigenschaften verspricht also auch „Chryotic Plague“ eine effektive Verstärkung für die „Dreamblade“-Sammlung zu sein – und wie sich nach mehreren Partien bestätigt hat, ist dieses neue Set tatsächlich eine absolute Bereicherung und damit auch eine erneute Härteprobe für den stark geschröpften Geldbeutel …

_Neue Zusatzregeln_

Auch „Chrysotic Plague“ bringt einige Regelerweiterungen mit sich, die sich einerseits auf frische Blade-Eigenschaften, andererseits aber auch auf Möglichkeiten, die sich in der Spawn-Phase ergeben, beziehen. Eine genaue Übersicht folgt hier:

– Dampen: Diese Eigenschaft ist eigentlich nicht von Vorteil, denn sobald sie zum Tragen kommt, kosten alle Kreaturen in der Spawn-Phase einen zusätzlichen Punkt.

– |Respawn|: Mittels ‚Respawn‘ ist es möglich, eine bereits zerstörte Kreatur wieder zum Leben zu erwecken und sie wie eine Miniatur aus der eigenen Reserve zu behandeln. Allerdings sind dafür auch Spawn-Kosten aufzubringen, die sich im Beispiel des Gutsoup Golems etwa auf sechs Punkte belaufen. Sollte zur gleichen Zeit ‚Dampen‘ aktiviert sein, werden die Zusatzkosten beim ‚Respawn‘ außer Acht gelassen.

– |Deathrip|: Mit dieser Spezialfähigkeit kann eine Kreatur Blade-Eigenschaften eines Monsters aus dem eigenen Friedhof kopieren, sofern diese Eigenschaft nicht mehr als einen Blade-Punkt als Voraussetzung erfordert. Im Laufe des gesamten Zuges stehen ihr nun diese kopierten Fähigkeiten zur Verfügung. Mit ‚Deathrip Enemies‘ darf man indes eine Kreatur aus dem Friedhof des Gegners auswählen und dessen Eigenschaften imitieren.

– |Mimic|: Auch hier ist es möglich, Eigenschaften einer anderen Kreatur zu kopieren, jedoch nur, wenn diese sich auch in der gleichen Zelle befindet. Dann nämlich darf man aus den eigenen Kreaturen diejenige mit der größten Angriffspower (Spezialeigenschaften mit einbezogen) auswählen und diese Kraft nun für seine Figur nutzen.

– |War Cry|: Mittels ‚War Cry‘ darf man Figuren in eine angrenzende Zelle bewegen, muss dabei jedoch das Stacking-Limit von maximal vier Miniaturen pro Seite und pro Zelle beachten.

– |Wound Self|: Eine selbstzerstörerische Kraft, die der eigenen Kreatur beträchtlichen Schaden zufügt. Der Buzzkill Clown zum Beispiel fügt sich gleich fünf Schadenspunkte zu, sobald drei Blades geworfen werden und ist damit zumindest schon einmal gezwungen, seine Figur wegen entsprechender Schadenstoleranz zurückzubewegen.

_Meine Meinung_

Ich war sofort nach dem Öffnen der beiden dieser Rezension zugrunde liegenden Booster vollends begeistert, weil die Spieldesigner sich dieses Mal mit dem Design der Kreaturen völlig übertroffen haben. Fällt „Dreamblade“ eh schon mit den am phantasievollsten gestalteten Miniaturen unter den |Wizards of the Coast|-Tabletops aus dem Rahmen, hat man dem Ganzen mit den 60 neuen Kreaturen noch einmal eins draufgesetzt und einige echte Highlights erschaffen. Alleine wegen der visuellen Eleganz ist eine Erweiterung mit dem „Chrysotic Plague“-Ergänzungsset daher schon einmal dringend empfehlenswert.

Die Erweiterung des Systems ist jedoch auch sehr gelungen, wenngleich sich die neuen Möglichkeiten lediglich auf bestimmte Figuren beschränken lassen. Doch die hinzugefügten Fähigkeiten, allen voran ‚Respawn‘, ‚Deathrip‘ und ‚War Cry‘ sind enorm effektiv und haben einen nachhaltigen Einfluss auf den Verlauf einer Runde, so dass schon die Bestückung mit einer solchen Spezialeigenschaft beim Aufbau der Warband ein entscheidender Punkt sein kann.

Allerdings ist „Chrysotic Plague“ nicht als einzelne Erweiterung zum Starter-Set zu empfehlen, denn bevor man sich näher mit der Insektenplage beschäftigt, sollte man schon über ein ausgeprägteres Basiswissen verfügen und gut mit den Regeln vertraut sein; ansonsten wird es mitunter schwer sein, die neuen Spezialfähigkeiten sofort effektiv zu nutzen, weil schlichtweg Hintergründe und Erfahrungswerte fehlen – was aber jetzt nicht bedeuten soll, dass auch diese Variante nicht funktionieren würde.

Letzten Endes sollte man aber sowieso davon ausgehen, dass sich Fans des noch immer recht neuen Tabletop-Spiels auf jeden Fall der neuen Booster annehmen werden, und nach den ersten Eindrücken kann ich sie darin nur bestärken. Lediglich die Tatsache, dass die Komplettierung aufgrund der gleichmäßigen Verteilung von Commons, Uncommons und Rares (jeweils 20 Stück) unheimlich schwer sein wird – in jedem Booster befindet sich schließlich nur eine Rare-Kreatur -, trübt das Ganze ein wenig, ist aber mittlerweile ja auch Standard im Miniaturenspielgenre. Also muss man entweder viel Geld in das Ganze stecken oder geschickt tauschen, wenn die Faszination für die optisch exzellent aufgemachten Figuren schließlich in Fanatismus umschlägt. Bei „Chrysotic Plague“ ist so etwas nämlich zu befürchten …

http://www.dreamblademinis.com/
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Schutz, Benjamin M. – Unerbittlich

Scheidungen sind normalerweise keine schöne Sache, doch der Gerichtspsychologe Benjamin M. Schutz treibt es mit seinem Psychothriller „Unerbittlich“ auf die Spitze.

Unerbittlich ist der ehemalige Footballstar Tom Tully, als er herausfindet, dass seine Frau Serena ihn betrügt. Ohne ihr Wissen engagiert er den Anwalt Albert Garfield, der von seinen Kollegen auch „Agent Orange“ genannt wird, weil er dafür bekannt ist, dass dort, wo er wütet, kein Gras mehr wächst. Zusammen planen die beiden Männer, Serena fertigzumachen, wobei der aggressive Tom dabei die treibende Kraft ist. Sie erreichen eine gerichtliche Verfügung, die es Serena verbietet, die beiden vier und sechs Jahre alten Kinder zu sehen und das gemeinsame Haus zu betreten, weil sie angeblich psychisch krank sei.

Tom schafft es, alle renommierten Scheidungsanwälte der Gegend auszuschalten und er sorgt dafür, dass Serena ohne Geld und Arbeit auf der Straße sitzt. Dafür hat sie einen miserablen Anwalt, den sie nicht bezahlen kann. Erst als der Gerichtspsychologe Morgan Reece beauftragt wird, ein Gutachten über die Familie zu erstellen, um die Sorgerechtsfrage zu klären, zeichnet sich für Serena ein Silberstreif am Horizont ab. Denn Reece ist für seine saubere, nicht korrumpierbare Arbeit bekannt und er sorgt dafür, dass sich das Blatt in dem Prozess, den Garfield mit scharfen Waffen führt, wendet. Doch das will Tom Tully sich natürlich nicht gefallen lassen …

Eigentlich ein interessantes Szenario, das Schutz da entwirft. Schließlich haben Ehestreite großes Potenzial. Zwei verhasste Parteien, von denen keine eine weiße Weste hat, und die sich nach allen Regeln der Kunst mit Schmutz bewerfen. Leider versteift sich der Autor sehr auf die Geschehnisse vor Gericht, was in Anbetracht der Tatsache, dass nicht jeder Leser mit dem (amerikanischen) Rechtssystem vertraut ist, nicht besonders glücklich ist. Hier hätte man vielleicht die Schere ansetzen sollen, um zu verhindern, dass zähe Wortgeplänkel zwischen Richtern, Anwälten und Zeugen das Buch derart verstopfen.

Gegen Mitte des Buchs bessert sich die Situation. Nachdem das erste Drittel hauptsächlich von den an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen von Tom gegen Serena getragen wird, schalten sich dann zwei weitere Parteien ein, die Tom in keinem guten Licht dastehen lassen. Das Buch gewinnt an Fahrt und Spannung, kommt aber nie über den durchschnittlichen, oberflächlichen Thriller hinaus.

Schuld daran sind vor allem die stereotypen Charaktere. Tom Tully, der bullige Footballstar, der sich weder um seine hübsche Frau noch um seine Kinder kümmert und in schmierige Machenschaften verstrickt ist, zeigt im ganzen Buch keine Züge von Menschlichkeit. Sein Verhalten ist vorhersehbar, seine Persönlichkeit auch.

Während Schutz es schafft, die meisten anderen Charakteren von zwei Seiten, der guten und der schlechten, zu beleuchten, gelingt ihm das gerade bei den „Bösewichten“ nicht. Das ist ungeschickt, denn damit beraubt er sich selbst der Möglichkeiten. Vielleicht wäre das Buch wesentlich besser geworden, wenn es auf dem Charaktergebiet nicht so unglaublich vorhersehbar wäre.

Die hübsche Serena, die getroffene Ehefrau, bleibt ihrer oberflächlichen Rolle treu, und Morgan Reece entpuppt sich als Lehrbuchgerichtspsychologe – leider als ein allzu glatter. Er scheint für jedes Problem eine Lösung und für jeden Vorwurf das passende Gegenargument zu haben. Selbst, wenn die Angriffe von Tom und Garfield gegen seine Vergangenheit gerichtet sind, wirkt er unglaubwürdig gelassen.

Der Schreibstil macht es nicht besser. „Amerikanische Massenware“ sagt alles, was „Unerbittlich“ ausmacht. Kaum rhetorische Mittel, kaum etwas, was den Schreibstil nach dem Zuschlagen des Buches im Kopf des Lesers verbleiben ließe. Schutz schreibt glatt, ohne Ecken und Kanten, und selbst die Dialoge klingen nicht wie aus dem Leben, sondern wie von einem Computerskript entworfen. Klare, gehobene Sätze, die keine Gefühle der Sprecher erlauben, sorgen dafür, dass die sowieso schon blutleeren Charaktere noch blasser dastehen.

Was am Ende bleibt, sind ein schales Gefühl und die Frage, ob manche Bücher nur deshalb in Deutschland veröffentlicht werden, weil sie aus dem geheiligten Lande USA stammen. „Unerbittlich“ arbeitet mit stereotypen, klischeebeladenen Personen, einer zähen, vorhersehbaren Handlung und einem Schreibstil, der sich vielleicht durch förmliche Korrektheit hervortut, aber sicherlich nicht durch Lebendigkeit oder Originalität. Es ist nicht so, dass das Buch so abstoßend wäre, dass man es so schnell wie möglich aus der Hand legen wollte. Es ist nur so langweilig, dass man es gar nicht erst wieder in die Hand nehmen möchte.

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Wolfgang Hohlbein – Von Hexen und Drachen. Das große Wolfgang-Hohlbein-Buch

Bei dem Buch „Von Hexen und Drachen“ von Wolfgang Hohlbein handelt es sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, die in den meisten Fällen nicht sehr kurz sind und nur sehr selten von Hexen oder Drachen handeln. Abgesehen davon, dass man bei einem solchen Titel tendenziell eher Fantasygeschichten erwarten würde, ist „Von Hexen und Drachen“ eine bunte Sammlung von überwiegend gelungenen Science-Fiction-Erzählungen. Die persönlichen Kommentare des Autors zu einzelnen Geschichten bilden eine gute Ergänzung und der Bericht seines Verlegers und Freundes Michael Schönenbröcher gibt einen interessanten Einblick in den privaten Alltag von Wolfgang Hohlbein.

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Jenny Nimmo – Charlie Bone und der rote König (Die Kinder des roten Königs 5)

Band 1: „Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder“
Band 2: „Charlie Bone und die magische Zeitkugel“
Band 3: „Charlie Bone und das Geheimnis der blauen Schlange“
Band 4: „Charlie Bone und das Schloss der tausend Spiegel“

Mitten in der Nacht wird Charlie von einem Klacken am Fenster geweckt. Draußen sitzen die Flammen, die drei feuerfarbenen Katzen des roten Königs. Offenbar haben sie Charlie etwas Dringendes zu sagen, und mit Billys Hilfe erfährt er schließlich, dass sie eine Warnung vor einem Schatten überbringen. Charlie soll auf seine Mutter achten!

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Dubois, Jean-Paul – Ein französisches Leben

Ganz unspektakulär klingt der Titel von Jean-Paul Dubois‘ Roman „Ein französisches Leben“. Ganz pragmatisch beschreibt er den Inhalt und wirkt dabei gleichermaßen banal wie unaufregend. Und so läuft man beinahe Gefahr, ein schönes Kleinod zu verpassen, das man angesichts des unscheinbaren Titels in der Masse der Neuerscheinungen kaum wahrnimmt.

„Ein französisches Leben“ erzählt in der Tat ein solches, und zwar das von Paul Blick. Eine Kindheit in den fünfziger Jahren, das Aufbegehren der Achtundsechziger und später der Rückzug in die Bürgerlichkeit. Pauls erstes einschneidendes Erlebnis ist der Tod des Bruders am Tag der Wiederwahl von Charles de Gaulle. Paul verliert einen wichtigen Haltepunkt, den großen, starken Bruder, der ihn auf alles im Leben hätte vorbereiten können.

Doch Paul geht auch so seinen Weg, wenngleich die Familie nicht mehr die Gleiche ist wie vor dem Tod des Bruders, dessen Platz am Abendbrotstisch schon bald ein Fernsehgerät einnimmt. Paul entflieht dem Elternhaus, so früh er kann, und beginnt sein Studium mitten in den unruhigen Zeiten der achtundsechziger Bewegung. Auch Paul steckt mittendrin. Zügelloses WG-Leben, Bandproben statt Vorlesungen, politische Debatten anstelle von Klausuren – Paul entwickelt viele Leidenschaften, aber keine für sein Studienfach Soziologie.

Irgendwie bekommt er sein Diplom, wenngleich man sich fragt, wofür. Er nimmt einen Job als Sportjournalist an und verliebt sich in Anna, die Tochter seines Chefs. Als Anna schwanger wird, beugt Paul sich den gesellschaftlichen Konventionen und heiratet Anna. Mit der Heirat schwenkt er wieder in ein konventionelleres Leben ein, wenngleich die Rollenverteilung in der jungen Familie Blick für die damalige Zeit noch eher unkonventionell ist. Während Anna im eigenen Betrieb Karriere macht, hütet Paul Haus und Kinder und kocht das Abendessen.

Als die Kinder größer werden, entdeckt Paul zwei neue Leidenschaften: das Fotografieren von Bäumen und Laure, die Freundin seiner Frau. Zwischen Laure, Dunkelkammer und Hausarbeit spielt sich Pauls Leben in den folgenden Jahren ab, und mit seiner Ehe geht es dabei ganz leise bergab. Als dann nacheinander mehrere persönliche Katastrophen über die Blicks hereinbrechen, ist das beschauliche Leben für Paul vorbei. Er muss sich dem Schicksal stellen …

Eine Lebensgeschichte erzählt „Ein französisches Leben“ nur in erster Linie. In zweiter Linie ist Jean-Paul Dubois‘ Roman auch ein Abbild der Gesellschaft zwischen 1958 und heute. Wie schon am Tag, als Pauls Bruder stirbt, durchkreuzen die politischen Ereignisse immer wieder das persönliche Schicksal des Paul Blick. Paul ist ein Mensch mit hochgesteckten, linken Idealen, und so spielt Politik immer wieder eine Rolle in seiner Biographie. Dubois schildert Pauls Leben mit einem stetigen Auge auf die politischen Entwicklungen der jeweiligen Zeit, und so ist „Ein französisches Leben“ gleichzeitig ein Resümee der französischen und europäischen Geschichte der letzten fünfzig Jahre.

Paul ist dennoch der Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Alles wird aus seinem Blickwinkel beschrieben und an ihm kann man wunderbar die unterschiedlichen Ausprägungen der Epochen nachvollziehen, die er erlebt hat. Interessant wird es mit dem Aufbegehren Ende der sechziger Jahre, als Paul gerade sein Studium antritt. Wie ein Befreiungsschlag vom dumpfen Alltag seines Elternhauses, auf dem noch immer der Tod des Bruders lastet, wirkt der Start in sein neues Leben. Paul will so schnell wie möglich auf eigenen Füßen stehen, sein Leben nach seinen Vorstellungen führen.

Der rebellische Charakter des Achtundsechzigers wird unter den Konventionen des Ehelebens jedoch schnell gebrochen. Paul zieht sich zurück, bleibt zu Hause und kümmert sich um den Nachwuchs, während seine Frau als erfolgreiche Geschäftsfrau immer mehr in eine Rolle schlüpft, die ihm als Linken nicht in den Kram passen kann. Und so schleift das Leben nicht nur die Ecken und Kanten von Pauls Persönlichkeit ab, sondern auch die des Ehelebens. Das Zusammenleben wird zunehmend farbloser. Die Leidenschaft der erste Jahre weicht wortkargen Mahlzeiten und einsamen Abenden auf dem Sofa.

Dabei führt Paul eigentlich ein so bewundernswert ruhiges Leben. Da seine Frau die Brötchen verdient, bleiben ihm alle Freiheiten, die er sich wünschen kann. Er hat Zeit, sich der Fotografie zu widmen, die immer mehr zu seiner einsamen Insel wird, die ihn von den anderen isoliert. Stundenlang hockt er in der Dunkelkammer, während sich Bäume auf dem Fotopapier materialisieren und die Welt um ihn herum immer weiter wegrückt.

Es muss unweigerlich irgendwann zu einem Bruch in diesem Leben kommen, das voller Entfremdung und Müßiggang ist, und so schlägt das Schicksal am Ende gnadenlos zu. Es passiert wahnsinnig viel auf den letzten Seiten des Buches, und man kann sich ausmalen, welch radikalen Umbruch das im Leben eines Paul Blick bedeuten muss.

Das Leben des Paul Blick ist sicherlich nicht in jeder Hinsicht exemplarisch für das einer ganzen Generation, dennoch gelingt es Jean-Paul Dubois durch seine weitsichtige Erzählweise, das Abbild einer Epoche darzustellen. Mit präzisem Blick porträtiert er die unterschiedlichen Generationen und skizziert das Leben der unterschiedlichen Menschen in Paul Blicks Leben.

Auch wenn das nicht immer spannend ist (von Spannung kann eigentlich erst gegen Ende des Buches die Rede sein), so ist es dennoch stets sehr schön zu lesen. Dubois hat einen absolut fantastischen Erzählstil, an dem einzig die häufigen und teils skurrilen Fremdwörter stören. Ansonsten jongliert er so wunderbar mit Worten und setzt sie auf so erstaunliche Weise zu punktgenauen und wohlakzentuierten Formulierungen um, dass die Lektüre ein wahrer Genuss ist. Es ist vor allem Dubois‘ Erzählstil, der den Leser leichtfüßig durch die Handlung trägt.

Dubois schreibt mit wunderbar klarem Blick und bringt dabei eine solche bunte Palette an Emotionen unter, die so herrlich treffsicher in Worte verpackt sind, dass man sich das Buch einfach auf der Zunge zergehen lassen muss. Ein Roman, der langsam und genießerisch gelesen werden will und dann das ganze Kaleidoskop seiner Emotionen entfaltet.

Bleibt unterm Strich ein positiver Eindruck zurück. „Ein französisches Leben“ ist sicherlich nichts für Leser, die eine fesselnde Erzählung erwarten. Wer sich aber auf eine schöne Sprache voller Gefühl und Leben einlassen kann und wer einfache Geschichten zu schätzen weiß, die das Leben halt so schreibt, der wird an der Lektüre sicherlich seine Freude haben. Dubois‘ Erzählstil bereitet sehr viel Freude und verlangt genießerisches Lesen. Wer sich darauf einlässt, der wird mit einer Geschichte voller intensiver Gefühle belohnt.

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Blazon, Nina – Reise nach Yndalamor, Die (Die Taverne am Rande der Welten 1)

Mit der Woransaga hat sich Nina Blazon in die Herzen ihrer Leser geschrieben. Jetzt veröffentlicht |Ravensburger| den neuen Streich der erfolgreichen Autorin, „Die Reise nach Yndalamor“.

Der fast dreizehnjährige Tobbs wohnt bei Zieheltern in der Taverne am Rande der Welten und fragt sich jeden Tag aufs Neue, wer seine Eltern sind und wieso sie ihn in dem Gasthaus vergessen haben. Denn dieses Gasthaus ist kein normales. Viele Türe gehen in den Gängen der kleinen Kneipe ab und hinter jeder wartet ein anderes fantastisches Land, dessen Gäste gerne an die Tür von Dopoulos und Wanja klopfen.

Eines Tages wird in der Taverne eine Dämonenhochzeit ausgerichtet und Tobbs bekommt die Aufgabe, auf das vorwitzige Dämonenkind Sid aufzupassen. Sid schafft es, ihm zu entwischen, und als er hört, dass die Göttin Kali gerade auf einen Tee vorbeigekommen ist, wird er geradezu magisch von der Tür nach Yndalamor, wo Kali lebt, angezogen. Tobbs kann nicht verhindern, dass Sid den Streitwagen der Göttin, die auch die Zerstörerin genannt wird, klaut, und gemeinsam begeben sie sich auf eine kurze, aber erlebnisreiche Reise durch Yndalamor. Für Tobbs endet sie in der Stadt der Spiegel, wo er aus der Kutsche, die von einem fliegenden Monsterlöwen gezogen wird, fällt.

Er wird eingesperrt und soll als Menschenopfer dargebracht werden, aber Mamsie Matata, eine junge Frau, die in einen Spiegel gesperrt wurde, hilft ihm bei der Flucht. Doch nur, weil er frei ist, bedeutet das noch lange nicht, dass alles wieder gut wird. Kali wird gewiss böse sein, wenn ihr Gefährt nicht an Ort und Stelle steht, wenn sie von ihrem Tee zurückkommt …

„Kali? Moment, die kenne ich doch!“, wird der eine oder andere jetzt rufen, und tatsächlich: Die Göttin ist stark an die Gottheit aus dem Hinduismus angelehnt, die sowohl für Zerstörung als auch für Erneuerung steht.

Kali ist aber nicht das einzige bekannte Wesen in diesem Buch. Während Blazon in der Woransaga zumeist selbsterfundene Fantasiewesen ins Rennen schickte, verlässt sie sich dieses Mal lieber auf bereits Erfundene wie Banshees, Anguana oder auch Alastor, auch wenn nicht alle Wesen so bekannt sein dürften wie Kali. Im Anhang werden Wissenslücken geschlossen, was gerade für jüngere Leser sehr sinnvoll ist.

Allerdings schadet das dem Buch in keiner Weise. Blazons Fantasie entfaltet sich ungebremst, und so strickt sie, wie man es von ihr gewohnt ist, eine bunte, detailverliebte Welt, in der alles seinen Platz hat. Yndalamor und die Taverne, die beiden Hauptschauplätze des Buches, platzen vor lauter fantastischer und origineller Elemente aus allen Nähten, und es erstaunt immer wieder, wie lebendig und bunt Blazon ihre Bücher zu gestalten weiß.

Sie verzichtet dabei zumeist auf seitenlange Beschreibungen der fremden Wesen und lässt lieber die Geschichte für sich sprechen, was sehr geschickt ist und die temporeiche und spritzige Handlung vor unnötigen Längen bewahrt. Trotzdem wirkt gerade das Ende ein wenig aufgesetzt bzw. das zweite Ende. Denn nachdem Tobbs und Sid, die genauso schön ausgearbeitet sind wie die Welt und durch Bodenständigkeit glänzen, die Taverne erreicht haben, werden sie aufgrund eines Ereignisses wieder zurück nach Yndalamor gerissen. Was folgt, wirkt eher etwas belanglos und zu sehr auf actionreichen Abschluss getrimmt.

Das bedeutet aber nicht, dass die Geschichte vorher nicht spannend wäre, denn das ist sie. Gerade die vielen Details in Blazons Welten machen unglaublich neugierig auf den weiteren Verlauf der Geschichte, und das hohe Erzähltempo, das sie an den Tag legt, sorgt dafür, dass dem Leser überhaupt nicht langweilig werden kann.

Das Tempo manifestiert sich in Blazons Schreibstil, der sich, wie bereits erwähnt, nicht mit langen Beschreibungen aufhält und wenn doch, diese mit knapper, aber eindeutiger Wortwahl absteckt. Blazons Arbeit als freie Journalistin lässt sich gut erkennen in ihren klaren, strukturierten Sätzen, die manchmal humorvoll, manchmal sogar beinahe poetisch klingen. Eines sind sie aber immer: schön atmosphärisch. Blazon gehört tatsächlich zu den wenigen Autoren, die mit Worten Welten in den Köpfen der Lesern schaffen können, und das sei ihr hoch angerechnet.

„Die Reise nach Yndalamor“ ist in der Summe also ein sehr vergnügliches, buntes Fantasybuch für Leser ab elf Jahren, das aber auch dem einen oder anderen Erwachsenen Spaß bereiten wird. Blazons niveauvoller Schreibstil und die straffe Handlung werden dafür sorgen.

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Soininvaara, Taavi – Finnisches Blut

Nur ein kleiner Moment der Unachtsamkeit ist es, der Generalmajor Raimo Siren zum Verhängnis wird: Während er am Steuer seines Autos eine Nummer im Speicher seines Autotelefons sucht, hört er einen dumpfen Aufprall und sieht plötzlich Blut über die Windschutzscheibe laufen. Doch es ist nicht nur die Angst, einen Menschen umgebracht zu haben, sondern auch die Tatsache, dass er zum Abendessen nicht wenig getrunken hat, die Siren dazu verleiten, Fahrerflucht zu begehen und sich anschließend um den unliebsamen Vorfall zu kümmern, der ihn seine Karriere kosten könnte. Zu Hause angekommen, kann ihn nicht einmal die Musik von Sibelius beruhigen, doch Siren beginnt bereits, Pläne zu schmieden, die ihn retten könnten, denn er weiß ganz sicher, dass man ihn als Fahrer des Unfallwagens wird identifizieren können …

Von diesem drohenden Ungemach ahnt Arto Ratamo derweil noch nichts, während er nachts im Labor steht, um ein Gegenmittel gegen Ebola-Helsinki zu testen. Er ist sich sicher, dass auch diese Version des Gegenmittels nicht anschlagen wird, als ihn im übermüdeten Zustand eine überraschende Entdeckung erwartet, denn sein Gegenmittel wirkt tatsächlich! Da es inzwischen frühmorgens ist, beschließt Ratamo, sofort nach Hause zu gehen, ohne den notwendigen Teil der Bürokratie zu erfüllen. So schreibt er lediglich eine kurze Nachricht für seine Kollegen, dass ein Gegenmittel gefunden ist und begibt sich anschließend nach Hause zu seiner Frau Kaisa und seiner kleinen Tochter Nelli, die von der bevorstehenden Aufregung noch nichts ahnen.

Raimo Siren spinnt nämlich bereits einen teuflischen Plan, in dem die Familie Ratamo eine wesentliche Rolle spielen wird. Als er von der Entdeckung eines Mittels gegen Ebola-Helsinki hört, schickt er ein Erschießungskommando zu Ratamos Chef Manneraho und auch zu Ratamo nach Hause. Er lässt den Mord an Manneraho so aussehen, als habe Ratamo selbst ihn erschossen. Als Ratamo von einem Killer aufgesucht wird, kann er sich nur knapp retten, doch seine Frau Kaisa wird vor Ratamos Augen erschossen. So wird der Virenforscher plötzlich zu einem gejagten Mann. Allerdings weiß Siren nicht, dass er nicht der Einzige ist, der dringend die Formel für das Gegenmittel haben möchte, und so beginnt eine atemberaubende Hatz auf Ratamo, der nicht nur um sein eigenes Leben fürchten muss, sondern auch um das seiner kleinen Tochter Nelli …

Nachdem im Deutschen bereits drei Kriminalromane von Taavi Soininvaara veröffentlicht wurden, erfreut uns der |Aufbau|-Verlag endlich mit dem ersten Roman der Arto-Ratamo-Reihe, der nun erklärt, wie aus dem Virenforscher ein Ermittler der finnischen SUPO werden konnte. Und wie wir es von Taavi Soininvaara gewohnt sind, stürzt er sich ohne langes Vorgeplänkel sofort mitten in die Geschichte. Schon früh lernen wir Arto Ratamos mächtigen und gefährlichen Gegner kennen, nämlich Raimo Siren, der auf Teufel komm raus sein eigenes Leben retten möchte und dabei auch über Leichen geht. Raimo Siren spinnt ein Netz von Lügen um sich, mit dem er selbst seine rechte Hand, Pekka Vairiala, täuschen kann, der ohne sein Wissen zu Sirens Handlanger wird.

Auch dieser allererste Kriminalroman von Taavi Soininvaara, in dem Arto Ratamo noch ein harmloser Forscher ist und mit lebensgefährlichen Situationen und Ermittlungen noch nicht viel am Hut hat, lebt von seinem Hauptcharakter. Wir lernen Ratamo hier noch als Familienvater und unglücklich verheirateten Mann kennen, der von Zweifeln geplagt wird, weil ihm die Arbeit im Labor keinen Spaß mehr macht. Ratamo hat bereits erkannt, dass seine Ehe mit Kaisa gescheitert ist und nur noch wegen Nelli aufrecht erhalten wird, dennoch hat er ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Schwiegermutter Marketta, die ihm nach Kaisas Tod eine große Hilfe ist, als sie nämlich Nelli in Sicherheit bringt, obwohl sie doch den Tod der einzigen Tochter verkraften muss.

Ratamo schlägt sich schon in diesem Buch beachtlich, obwohl er doch völlig unverhofft in diese lebensbedrohliche Situation geraten ist und hierbei zum tragischen Helden wird. Schnell erkennt er, dass er nur eine einzige Chance hat, nämlich indem er die Medien einschaltet. So wendet er sich in seiner Verzweiflung an eine engagierte und mutige Journalistin, die seiner Geschichte Glauben schenkt und ihn in ihrer Wohnung verstecken will. Doch auch bei Pirkko Jalava zu Hause ist Ratamo vor den Killern nicht sicher. Wohin er auch geht, überall sind seine Gegner ihm einen Schritt voraus, doch so schnell gibt Ratamo sich nicht geschlagen, denn der Gedanke an seine Tochter erhält ihn aufrecht.

Taavi Soininvaara schlägt ein Erzähltempo an, das durchaus Dan-Brown-Qualitäten hat: Seine Kapitel sind kurz, seine Sprache sind sonderlich aufwändig. Immer wieder zieht er das Tempo durch schnelle Szenenwechsel und das Auftauchen neuer Hinweise oder Figuren an, sodass „Finnisches Blut“ zu einem echten Pageturner wird. Allerdings lässt Soininvaara auch in diesem Krimi das Tempo zwischendurch etwas schleifen durch zu viel Lokalkolorit von Städten, die zumindest mir nicht bekannt sind, und auch durch politische Exkurse, die sich ohne Vorkenntnisse nur schwerlich nachvollziehen lassen.

Nichtsdestotrotz gefällt auch „Finnisches Blut“ ausgesprochen gut und erklärt dem Arto-Ratamo-Fan endlich, wie der ehemalige Forscher bei der SUPO landen konnte und wie alles begann. Soininvaara überzeugt wieder einmal durch seine gelungene Figurenzeichnung, die dafür sorgt, dass die Lesersympathien klar verteilt werden. Außerdem gelingt ihm erneut ein Spannungsbogen, der es in sich hat und ein Weglegen dieses Buches praktisch unmöglich macht.

|Taavi Soininvaara bei Buchwurm.info:|
[„Finnisches Requiem“ 1909
[„Finnisches Quartett“ 2988

Gossett, Christian u. a. – The Red Star 1 – Die Schlacht vor Kar Dathras Tor

Wie man weiß, ist der Kalte Krieg vorbei. Mit dem Ende der UdSSR zerfiel ein Großreich, das über ein halbes Jahrhundert lang die Geschicke der Welt mitbestimmte. Solch ein Zusammenbruch kann nicht ohne Folgen bleiben. Auf künstlerischer Ebene darf man »The Red Star« als eine dieser Folgen betrachten, als ästhetische Auseinandersetzung mit der UdSSR und ihrem Untergang. Ein historischer Comic ist »The Red Star« jedoch nicht. Vielmehr spielen die Autoren mit Historie und Phantasie. Es bleibt dem Leser überlassen, wie er die Einzelteile deutet und zusammensetzt.

Statt der UdSSR begegnet man in »The Red Star« den VRRS, den Vereinigten Republiken des Roten Sterns. Das Großreich liegt in seinen letzten Zügen. Die Provinz Al’Istaan hat die Gunst der Stunde genutzt und sich für unabhängig erklärt. Doch noch hat die VRRS genug Kraft, um zurückzuschlagen. Der Ausreißer soll zurück ins Glied geprügelt werden. So macht sich eine gigantische Armada von futuristischen Luftschiffen (so genannten Wolkenbrütern) auf, um dem aufsässigen Bergvolk klarzumachen, wer in der Republik das Sagen hat. In einem engen Tal kommt es schließlich zur entscheidenden Schlacht.

Beschrieben wird das Kriegsspektakel von der Magierin Maya Antares. Sie sitzt in einer Schwebebahn und unterhält sich mit dem Veteranen Vanya über die Schlacht vor Kar Dathras Tor, die inzwischen neun Jahre zurückliegt. In einem Rückblick erfährt der Leser von dem Angriff des Flagschiffs RSS Konstantinov, zu dessen Besatzung Maya damals gehörte. Die Isolatoren-Kammern feuerten Energiestrahlen, danach schoss aus den Kielbrütern ein Inferno auf den Feind. Zu diesem Zeitpunkt sah es so aus, als wären die Separatisten besiegt und als hätten die Vereinigten Republiken noch einmal ihren Herrschaftsanspruch durchgesetzt. Doch es sollte anders kommen. Der Hohepriester Kar Dathra der Ewige erhob sich und holte zu einem vernichtenden Gegenschlag aus.

Während Maya in einem Wolkenbrüter das Spektakel erlebte, kämpfte ihr Ehemann Markus als Kapitän einer Infanterie-Einheit am Boden. Er gilt seitdem als tot, gefallen in der Schlacht. Seine Leiche wurde jedoch niemals gefunden. Möglich, dass ihm etwas anderes widerfahren ist, etwas Übernatürliches. Mit der Schwebebahn fährt Maya am Jahrestag der Schlacht zu einem Soldatenfriedhof, um ihrem Ehemann zu gedenken.

Die Geschichte, die Christian Gossett und sein Team dem Leser erzählen, präsentiert sich in einer fabelhaften Mischung aus 2D-Zeichnungen und 3D-Computerkunst. Nicht nur die bildgewaltigen Wolkenbrüter, auch Panzer, Flammen und das Innere der Schwebebahn fügen sich wunderbar mit den Zeichnungen zusammen, ohne dass ein Bruch entsteht. Mit ein Grund dafür sind sicherlich die Ausgewogenheit der beiden Techniken und die gelungene Gesamtkolorierung. |Cross Cult| veröffentlicht den ersten Teil von »The Red Star« in einem dicken Band, im Format irgendwo zwischen amerikanischem Heft und franko-belgischem Album angesiedelt. Zu den ersten vier Kapiteln der Geschichte gesellen sich der One-Shot |A Worker’s Tale| sowie eine Menge Zusatzmaterial (Lexikon, Skizzengalerie, Interviews).

Pompös in der Form, pompös im Inhalt. »The Red Star« ist als Saga geplant, als opulente Geschichte, die Größe will und Größe sucht. In den Bildern, in der Sprache und in der Thematik schlägt sich dieses Vorhaben nieder. Im Prinzip lässt sich der Inhalt von »The Red Star« reduzieren auf das schwierige Verhältnis zwischen Mensch und System. Maya Antares steht als einzelne Person einem Staats- und Gesellschaftssystem gegenüber, dem sie nur noch bedingt loyal gesonnen ist. Sie ist tief im Inneren zerrissen. Auf der einen Seite ist sie von Herzen Patriotin, auf der anderen Seite hat das System ihrem Mann den Tod gebracht. Hätte man Al’Istaan nicht auch einfach friedlich aus dem Staatenbund entlassen können? Ihr Ehemann würde dann sicherlich noch leben.

Noch ist »The Red Star« nicht abgeschlossen. Mayas Entscheidung steht noch aus, ebenso das Schicksal der Vereinigten Republiken. Im August 2007 kommt der zweite Band »Nokgorka« heraus. Dann erst lässt sich wirklich sagen, worauf die Geschichte mit ihren großen Gesten abhebt. So viel ist jedoch jetzt schon klar: Die Autoren haben neben künstlerischen Ambitionen ein politisches Sendebewusstsein, mit dem sie westliches Lesepublikum erreichen wollen. Insofern ist »The Red Star« nicht nur eine Auseinandersetzung mit der untergegangenen UdSSR, sondern auch mit der danach allein zurückgebliebenen USA. Und ein Kommentar zur Weltordnung nach dem Kalten Krieg. Christian Gossett formuliert seine These so: „Die größte Ironie des 20. Jahrhunderts ist, dass sich die USA durch das Überdauern der Sowjetunion nicht etwa von irgendeinem Kampf befreit hätten, sondern nur ihre eigene tyrannische Natur offenbart haben.“ Es scheint fast so, als hätte da ein amerikanischer Comic-Zeichner starke Gefühle für die untergegangene Sowjetunion entwickelt, was ihn dazu bringt, Kritik am eigenen Land zu üben. Diese politische Intention ist momentan natürlich in bestimmten Kreisen schwer angesagt. Aber nicht vergessen: Abseits dieser großen, ausufernden Themen kann »The Red Star« auch einfach nur als Action-Comic gelesen werden.

http://www.crosscult.de/