Michael Peinkofer – Die Erben der schwarzen Flagge (Lesung mit Musik)

Aye, Maties – Piratengarn vom Feinsten!

Die Karibik im späten 17. Jahrhundert: Nick Flanagan, der als Sklave ein elendes Dasein fristet, erfährt vom Geheimnis seiner Herkunft. Auf der Suche nach seiner Bestimmung flieht er und wird Pirat – nicht ahnend, dass eine ungeheure Bedrohung die karibische Sonne verfinstert. Ein unheilvoller Plan, ein tragisches Schicksal und der geheimnisvolle Zauber des Voodoo reißen den jungen Flanagan in ein aufregendes Abenteuer. (Verlagsinfo)

Empfohlen ab 12 Jahren.

Der Autor

Michael Peinkofer, 1969 geboren, schreibt seit einigen Jahren sehr erfolgreich historische Romane. Als Jugendlicher war er selbst eine Leseratte und hat Abenteuer- und Fantasygeschichten verschlungen. In seinen Romanen will er ein wenig von dem Zauber weitergeben, den er dabei erfahren durfte. Mit Frau und Tochter lebt Peinkofer in Kempten im Allgäu, wo er auch arbeitet.

Der Sprecher

Andreas Fröhlich ist die deutsche Stimme von John Cusack und Edward Norton. Er wurde 1965 in Berlin geboren; bereits mit sieben Jahren begann er mit der Synchronarbeit, nachdem er im Kinderchor des „Sender Freies Berlin“ entdeckt wurde. 1978 stieg er in der Sprecherrolle des Bob Andrews bei einer der bis heute erfolgreichsten Hörspielreihen Deutschlands, „Die drei Fragezeichen“, ein.

Nach dem Abitur ging Fröhlich zunächst zum Theater, wo er unter anderem Rollen in Büchners „Woyzeck“ und in Shakespeares „Was ihr wollt“ spielte, bis er 1991 wieder zu seiner Arbeit als Synchronsprecher zurückkehrte. Außer als Sprecher arbeitet er als Synchronregisseur und Drehbuchautor, wo er u. a. für die Synchronisierung von „Der Herr der Ringe“ verantwortlich war. In dieser Trilogie übernahm er z. B. die Synchronisation des Wesens Gollum. Doch auch die deutschen Dialoge in Filmen wie Disneys „Mulan“ und „The Beach“ stammen aus seiner Feder. (Verlagsinfo)

Kati Schaefer führte Regie, die Musik trug Michael Marianetti bei.

Handlung

Im Jahr 1673 greifen karibische Piraten das britische Kriegsschiff „Valiant“ an, das von Captain Kenneth Garrison befehligt und von Sir Clifford Craydon begleitet wird. Der verantwortungsbewusste Marineoffizier schickt sofort seine junge Frau Lady Jamilla mit seinem zweijährigen Sohn Nicholas unter Deck. Erstaunlich, dass ein Piratenschiff, das nur über zwölf Kanonen verfügt, eine Fregatte angreift, die immerhin 38 Kanonen abfeuern kann. Dennoch wird die Fregatte geentert, ein heftiges Handgemenge entsteht, doch die Briten unterliegen dem einäugigen Piratenkapitän und seinen Männern. Lady Jamilla wird von ihm entführt, doch Pater O’Rourke gelingt es, den kleinen Nicholas in Sicherheit zu bringen.

19 Jahre später. Nicholas hält jetzt Angus Flanagan für seinen Vater, und nur in seinen Albträumen erinnert er sich noch an die Seeschlacht gegen die Piraten. Er und Angus sind jetzt Sklaven in den Minen der Spanier. Ihre Elendsquartiere liegen in Maracaibo, das von der Festung des Vizekönigs Conde Carlos de Navarro beherrscht wird. Hier werden die spanischen Galeonen mit dem Silbererz beladen, das Nick Flanagan und seine Leidensgenossen anschleppen müssen. Nur drei Freunde hat Nick auf der Welt: seinen „Vater“, den Neger Nobody Jim und den Indianer Umquatl.

Als sein Vater krank wird, fleht Nick um Gnade, doch stattdessen wirft der grausame Graf sie beide in seinen Kerker, denn Nick hat es gewagt, den Aufseher anzugreifen, der den verletzten Angus erschießen wollte. Nun droht ihnen die Todesstrafe. Der Graf entscheidet, dass Nick leben soll, wenn Angus bereit sei, die Strafe für beide auf sich zu nehmen. Angus ist todgeweiht, was Nick fast das Herz bricht. In seiner letzten Stunde verrät Angus ein Geheimnis: Er sei gar nicht Nicks richtiger Vater. Unter seinem Bett werde er ein Medaillon vergraben finden, das Nicks wirkliche Mutter Lady Jamilla zeige.

Nach Angus‘ Tod beschließt Nick, der das Medaillon wie beschrieben gefunden hat, zu fliehen. Nobody Jim und Umquatl wollen mit. Und obwohl die Spanier Bluthunde auf sie ansetzen, gelingt es ihnen, durch den Küstenmorast zu entkommen. Sie schließen sich den Piraten der „Sea Dragon“ an, die von einem Faulenzer und Feigling namens Cutlass Joe befehligt wird. Als der Kapitän die drei wieder ins Wasser werfen lassen will, schreitet Pater O’Rourke ein und tritt für das Bleiben der entflohenen Sklaven ein. Nick hat ein besonderes Interesse an diesem Zweimaster, seit der die Galionsfigur gesehen hat: Es ist der gleiche Drache, der auch in sein Medaillon eingraviert ist. Auch O’Rourke hat Nicks Medaillon gesehen, doch der Name Flanagan sagt ihm nichts. Dennoch ist Nick klar, dass O’Rourke und die Mannschaft ein Geheimnis verbergen. Aber welches?

Als die „Sea Dragon“ in eine Flaute gerät, kommt es fast zu einer Meuterei an Bord. Während die Crew auf Beute aus ist, die ihr der Kapitän nicht beischafft, sinnt Nick auf Rache an Navarro. Wie wäre es, wenn man das eine mit dem anderen verbinden würde? Mit Hilfe der Mannschaft, die ihren tatenlosen Kapitän immer kritischer sieht, kann Nick einen verwegenen Plan in die Tat umsetzen. Er lässt die „Sea Dragon“ umbauen.

Der Kapitän des Silberschiffs „Santa Esmeralda“ ergibt sich lieber und verlässt sein Schiff kampflos, als in die Hände eines offensichtlich überlegenen Gegners wie der „Sea Dragon“ zu fallen und dabei sein Leben zu riskieren. Doch Cutlass Joe kann es nicht lassen, dem spanischen Kapitän auf die Nase zu binden, dass er auf einen Trick hereingefallen ist. Und Nick lässt ihn Grüße an Conde Navarro bestellen – von Angus Flanagan …

Doch Nicks Rache ist keineswegs vollendet. Zwar ist er jetzt in die Crew aufgenommen und sogar zum Kapitän gewählt worden, doch seinen Plan muss er erst noch in die Tat umsetzen: die Festung Maracaibo anzugreifen und den größten Schatz des Vizekönigs zu rauben – seine Tochter Elena!

Mein Eindruck

Junge, Junge, hier geht wirklich die Post ab! Ständig ist etwas los. Pausen gibt es kaum. Entweder haben die Akteure gerade ein Gefecht hinter sich oder sie planen bereits die nächste Auseinandersetzung. Der Höhepunkt des Geschehens findet in dem Piratennest Port Royal auf Jamaika statt. Dort haben konkurrierende Piraten – jene, die seine Mutter auf dem Gewissen haben – Nicks Geliebte Elena versteckt und wollen sie an einen Schurken verheiraten. Dies gilt es natürlich zu verhindern, wenn nötig, auch mit Hilfe der britischen Marine.

Die schreckliche Wahrheit

Beim Showdown auf dem Marktplatz von Port Royal zieht der Autor sämtliche Register und lässt eine Bombe nach der anderen platzen. Der gegnerische Piratenkönig ist eine andere Version Saurons und versprüht als solche sein Gift aus Lügen und verzerrten Wahrheiten, um seinen Gegner kleinzukriegen. Jetzt endlich versteht Nick, dem schon längst seine wahre Herkunft von Pater O’Rourke offenbart worden ist, was sein Erbe ist. Doch die wahre Bewährung steht ihm noch bevor.

Armageddon?

So wie Nicks Weltbild erschüttert wird, so erschüttert auch die Welt um ihn herum ihre Bewohner. Das finde ich ziemlich passend, wenn auch keineswegs ungewöhnlich. Schone viele Male haben die Autoren das eine mit dem anderen verknüpft, man denke nur an den Untergang Mordors, als der Schwarze Turm zusammenbricht und sich die Erde am Schwarzen Ort auftut, um Morders Armeen zu verschlingen. So ähnlich geschieht es nun auch in Port Royal. Denn es ist ein historisches Datum, dieser 7. Juni 1692. Seitdem gibt es kein Port Royal mehr …

Held mit Köpfchen

Nick Flanagan mag nun wie ein junger Recke Siegfried anmuten, aber auch er hat seine schweren Stunden, in denen er verzweifelt. Aber mit Hilfe seiner Gefährten, die an ihn glauben, geht es immer weiter. Und da er Köpfchen hat, schmiedet er schon wieder den nächsten Plan. Und sei dieser auch noch so verrückt. In „Der rote Korsar“ marschiert Burt Lancaster unter einem umgekippten Boot über den Meeresboden an Land (übrigens auch Jack Sparrow, allerdings in umgekehrter Richtung). Nick benutzt für seinen Landgang einen großen chinesischen Drachen, der ihn als Luftschiff in die Festung des Feindes tragen soll.

Zombies

Dieser Feind befleißigt sich einer horrormäßigen Methode, um seine Gefangenen zu Zombiesoldaten zu machen. Was nach Voodoo-Zauber aussieht und von einem Schamanen namens Malfacteur (der Bösewicht) ausgeübt wird, ist nichts anderes als angewandte Chemie der übelsten Sorte: ein Giftgebräu, das den bedauernswerten Opfern des „Phantoms der Karibik“ verabreicht wird. Die gefangene Elena sieht, dass es aus ihrem Vater einen Zombie gemacht hat, der keine Erinnerung mehr an sich selbst besitzt. Ihr blüht das gleiche schauerliche Schicksal, wenn sie sich nicht fügt. Nur einer kann sie retten … Ich fand diese eher technische Erklärung für den Voodookult und die Zombielegende recht einleuchtend und würde jetzt gerne mal die Formel für diesen Zaubertrank erfahren.

Fakten

Dass der Autor sowohl den historischen Hintergrund (Untergang von Port Royal usw.) als auch die Schiffe, die damals in der vielerorts seichten Karibik verwendet wurden, genau recherchiert hat, zeigte sich sich mir im Verlauf des Romans immer wieder. Ich kann dem jungen Leser nur wünschen, dass er auch ein kleines Wörterbuch für die nautischen Fachbegriffe bereitliegen hat. Dieses sollte ihm erklären, was unter einer „Drehbasse“ (eine drehbare Minikanone auf der Reling), einem „Schanzkleid“ (die Reling und das Holz darunter), unter Luv (vor dem Wind) und Lee (im Windschatten) zu verstehen ist. Ansonsten wimmelt es von Pinassen, Ketschen und Brigantinen, von Fregatten ganz zu schweigen.

Der Sprecher

Andreas Fröhlich ist ein wahrer Stimmkünstler. Es hat mich immer wieder verblüfft, wie er es vollbringt, seine Stimme so flexibel anzupassen, dass es ihm gelingt, die optimale Ausdruckskraft hervorzubringen. Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es Fröhlich war, der in Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Verfilmung den Gollum spricht.

Um die Figuren voneinander unterscheidbar zu machen, greift Fröhlich auf das Mittel der erhöhten oder erniedrigten Stimmlage zurück. Während der Held Nick Flanagan über eine normale, also kräftig-männliche Stimme verfügt, stehen ihm die älteren Männer O’Rourke, Angus Flanagan und Commodre Bricassart mit tieferen, raueren Stimmen gegenüber. Eigentlich sollte auch Navarro in dieser Liste auftauchen, doch er macht durch den Voodoozauber eine ungewöhnliche Wandlung durch – in seiner zweiten, bezauberten Phase klingt er tonlos und roboterhaft, wie ein Zombie eben, allerdings nicht so übertrieben wie in den einschlägigen Filmen.

Die weiblichen Figuren, also Elena und Lady Jamilla, haben ausnahmslos höhere, sanftere Stimmen. Aus diesem Bild ohne Überraschungen fällt eigentlich nur Bricassart junior heraus. Seine Stimme klingt blasiert, etwas zu hoch und kultiviert, geradezu hinterhältig wie eine Schlange, um anders als gefährlich zu erscheinen. Er erscheint wie Nicks dunkler Bruder – nicht zufällig, wie ich verraten darf.

Daneben gibt es noch die Figuren, die eher durch ihren Akzent charakterisiert werden als durch ihre Stimmlage. Das betrifft den Schwarzen Nobody Jim und den Indianer Umquatl, der die Sprache der weißen Eroberer nur rudimentär spricht und dementsprechend seine Sätze auf sehr einfache Weise bildet. Selbstredend hat er eine sehr tiefe Tonlage. Der Schotte McCabe zeichnet sich durch ein rollendes R aus.

Der Sprecher sollte sein junges Hörpublikum natürlich auch durch den emotionalen Vortrag, der bei bestimmten Szenen und Situationen nötig ist, mitreißen. Daher hören wir des öfteren Figuren keuchen, aufschreien, heiser oder wütend flüstern und natürlich auch wütend miteinander streiten. Herrlich finde ich auch immer betrunkene Piraten, die so richtig lallen dürfen. Wunderbar, wie sich Fröhlich des Piratenjargons, den wir aus „Piraten der Karibik“ kennen und lieben, befleißigt: „Aye, Maties!“ und „Hisst die Segel!“ ruft der Sprecher dann, und wir würden am liebsten gleich mitsegeln. Das Einzige, was er sich verkneift, ist ein Seemannslied, aber das wohl nur, weil es nicht im Buch steht.

Musik

Dies ist ein Hörbuch der neuen |Lübbe Audio|-Hörbuchreihe „Wellenreiter“, die sich an ausdrücklich an Kinder und Jugendliche wendet (genauso wie „Silberfisch“ bei |Hörbuch Hamburg|). Das ganze Akustik-Design ist völlig anders als in der Erwachsenenreihe.

Zuerst erklingt der Jingle für die Reihe, ohne Gesang, aber mit einer flotten Surfermusik. Danach folgt das In- und Outro , welches von einem modernen musikalischen Motiv bestritten wird. Am Schluss des Hörbuch wiederholt sich das Ganze in umgekehrter Reihenfolge.

Geräusche gibt es leider keine, so dass man sich jederzeit voll auf den Vortrag des Sprechers konzentrieren kann. Ein paar Soundeffekte hätten aber wirklich nur gestört.

Das Booklet

Enthält Angaben zum Autor und zum Sprecher sowie zu den Eigenarten der Piraten. Das Design gibt die Holzmaserung von Schiffsplanken wieder. Nimmt man die CDs aus den Einsteckhüllen heraus, so entdeckt man dahinter einen grinsenden Totenkopf – huaa!

Unterm Strich

Als Jugendbuch enthält der Roman genügend erzählerische Motive und ansprechende Figuren, um sowohl weibliche als als auch männliche Leser ab zwölf Jahren anzusprechen. Wegen der Horrorelemente und der Erwähnung einer Vergewaltigung sollten die Leser oder Hörer möglichst nicht jünger sein. Von Schwächen kann man eigentlich nicht gerade sprechen, wenn die Figuren nur oberflächlich charakterisiert werden, denn das Buch ist ja für Jugendliche geschrieben, die sich mit den Handlungsträgern identifizieren und nicht mit ihnen auseinandersetzen sollen.

Der Roman bietet spannende Unterhaltung und anrührende Szenen sowie Horrorelemente, so dass auch Leser angesprochen werden, die sonst eher ein Videogame spielen würden. Dennoch hält der Autor die Regeln des Genres ein und verletzt auch keine Tabus hinsichtlich Moral oder der Darstellung von Gewalt und Sex. Mich hat die Geschichte sehr gut unterhalten und ich wollte stets wissen, wie es mit Nick Flanagans Abenteuern weitergeht. Am Schluss wird angedeutet, dass Nick zu einer Schatzinsel aufbricht – der Auftakt zu einem weiteren Abenteuer?

Das Hörbuch

Hätte Fröhlich einen Piratenfilm vom Kaliber eines „Pirates of the Caribbean“ zu synchronisieren, so würde er sich nicht weniger engagieren als hier in diesem wunderbar unterhaltsam gestalteten Hörbuch. Man nehme noch Geräusche und Musik hinzu – und fertig ist das Kino für die Ohren.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen: In meinem Hörbuch liegen zwei Aufkleber mit dem Aufdruck „ENTERN VERBOTEN!“ Optimal für die Tür zum Kinderzimmer geeignet …

Fazit: Volltreffer, versenkt.

278 Minuten auf 4 CDs
http://www.luebbe-audio.de

|Ergänzend dazu: [„Die Bruderschaft der Runen“ 1024 |