Peter H. Barthel – Was fliegt denn da? Der Klassiker: Alle Vogelarten Europas in 1700 Farbbildern

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Wenn ein Buch seit nahezu 80 Jahren existiert, dann kann man mit Fug und Recht schon von einem Standardwerk reden. So gesehen ist die Tagline „Der Klassiker“ kein Werbegedröhn, sondern diesmal tatsächlich Fakt. Aber beileibe kein harter, zumindest nicht äußerlich, denn der Einband ist soft – und das mit Absicht, auf dass man das Buch bei Bedarf auch stets bequem mit sich führen kann. Nun hat das ursprünglich von Wilhelm Götz und Alois Kosch verfasste „Was fliegt denn da?“ seit seinem Debüt 1936 schon einige Facelifts und Aktualisierungen hinter sich. Seit 1996 kümmert sich Peter H. Barthel um das Projekt, welches inzwischen schon in die 32. Auflage ging, und modelte das alte Konzept erstmalig um. Das nächste, größere Update erfuhr das Werk dann 2006 und nun zuguterletzt 2013. Wie gehabt erscheint einer der erfolgreichsten, europäischen Naturführer bei KOSMOS.

Inhalt & Eindrücke

Genetische Untersuchungen und ein insgesamt größeres Europa, einhergehend mit detaillierteren Beobachtungen, machten Erweiterungen (nunmehr sind 540 Arten vertreten), Umsortierungen und manche Reklassifizierungen nötig. Neu ist auch die komplette Neu-Illustration von Paschalis Dougalis, welcher dem Vorwort nach rund zwei Jahre an den wirklich schönen und vor allem aussagekräftigen Vogelportraits arbeitete. Das hat sich visuell gelohnt. An der generellen Struktur hat sich auch etwas geändert, allerdings hat Peter Barthel es geschafft den Nutzwert trotz mancher Umstellung weiterhin zu erhalten – teilweise sogar stark zu verbessern. Dabei sind Nutzer der 2006er-Version schon ganz gut gerüstet, ihnen bleibt ein wirklicher Kulturschock erspart, da diese Neufassung bereits in die heutige Richtung zielte. Farbtafeln und Kurztexte sind selbstverständlich immer noch Hauptbestandteil des Buches. An diesem Konzept wurde gottlob auch nicht gerüttelt. Die Sortierung der Vögel ein wenig anders, da sich – wie erwähnt – ihre jeweilige Zuordnung teilweise geändert hat.

Auf der rechten Seite sind immer noch die Vögel bildlich dargestellt, auf der linken befinden sich die dazugehörigen Infotexte. So weit, so bekannt. Neu ist nun das wesentlich aufgeräumtere Layout sowie eine kleine eingeklinkte Karte über das gewöhnliche Vorkommen des Vogels. Gleichwohl finden sich weiterhin die alten Kürzel, mit denen man sich vertraut machen sollte, sofern noch nicht geschehen. Mit PK, SK, JK, Z, W usw. zielsicher zu jonglieren gehört zu den leichtesten Übungen beim Umgang mit dem Buch. Hierbei lässt sich klar festhalten, dass die Neuauflage einen erneuten Schritt vom früheren „Anfängerbuch“ (was es eigentlich auch nie war, außer seinem Ruf nach) zu einem semiprofessionellen Begleiter gemacht hat, der auch fortgeschrittene Vogelbeobachter zufriedenstellt. Ein kurzer Exkurs zu verschiedenen Fachtermini bezüglich Körperbau und Erscheinungsbild, ist obligatorisch. Ohne zu wissen, was beispielsweise ein Bartstreif Handschwingen oder ein Bürzel ist, fällt die Bestimmung und Kommunikation – vor allem in einer sachkundigen Gruppe – ziemlich schwer.

Die Farbcodierung als Schnellfinder der jeweiligen Vogelfamilien ist ebenfalls eine willkommene Neuerung der 2013er Auflage. Diese findet sich in der vorderen und hinteren Umschlagklappe und weist Vogelsymbole mit typischen Familienvertretern auf. Damit hat man nun deutlich schneller den Überblick, was insbesondere von Vorteil ist, wenn man vielleicht nur die Silhouette und/oder ein paar andere Kernmerkmale des zu identifizierenden Vogels erkennen kann. Meist ist man aber bereits von weitem in der Lage, ihn seiner Familie ungefähr zuzuordnen. So kommt man sicherer zum Ziel als durch das frühere ziellose Blättern durch das Buch, um eventuelle Ähnlichkeiten abzugleichen. Der noch einmal gesondert ausgeklinkte Abschnitt mit den in Worten gefassten Vogelstimmen verfolgt das gleiche Ziel und hat in der aktuellen Fassung auch noch eine Untergliederung in Winter-/Sommergesänge spendiert bekommen. Meistens kann man einen Vogel ja eher hören, als sehen. Sehr praktisch ist in diesem Zusammenhang die optionale Version des Buches für den TING-Stift, welcher die Stimme auch gleich per MP3-Sample abspielt.

Fazit

Zurecht ist „Was fliegt denn da?“ ein Klassiker unter den Naturführern und DAS Standardwerk für alle, die sich beginnen für die Ornithologie zu begeistern. Dabei macht das erprobte und nun noch einmal verbesserte Buch bei Anfängern der Thematik nicht Schluss, sondern bietet auch dem Fortgeschrittenen rasche Identifizierungshilfe – man kann schließlich nicht alles wissen und so mancher geflügelter Gast ist vielleicht sogar ein eher seltener. Auch solche findet man – mit entsprechendem Vermerk – hier wieder. Dabei verlieren sich die Texte nicht in drögem, unnötigem Spezialwissen, sondern stellen schlicht und ergreifend eine Erkennungshilfe mit einigen, interessanten bzw. charakteristischen Eckdaten zum jeweiligen Vogel dar. Dabei sind die tollen Zeichnungen selbstverständlich eine weitere, exzellente Hilfe. Nicht umsonst empfiehlt auch der NABU das Buch den Seinen (und nicht nur denen). Und da der Rezensent, wenn er nicht gerade solche Zeilen verzapft, als aktives Mitglied dessen durch Feld, Wald und Wiese mäandert, hat er das Bestimmungsbuch immer im Rucksack – den ungefiederten Daumen erhoben.

202 Seiten, Klapp-Broschur
Durchgängig bebildert
Illustrationen von Paschalis Dougalis
© 2013, KOSMOS, Stuttgart
ISBN 9783440124888

www.kosmos.de

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