Peter V. Brett – Das Flüstern der Nacht (Dämonenzyklus 2) (Lesung)

Nur wenig Neues von Dämonen & Erlösern

Lange mussten die Bewohner von Thesa in Furcht vor der Dunkelheit leben. Erst seit sich der Tätowierte Mann den nächtlichen Dämonen mit magischen Siegeln entgegenstellt, hegen sie wieder Hoffnungen. Mehr noch: Sie folgen ihrem Erlöser voll Zuversicht in den Kampf. Doch aus dem Süden rückt ein Heer nach Thesa vor, das an seinen eigenen Erlöser glaubt. Haben die Thesaner nun einen neuen Feind? Und wer wird der wahre Erlöser sein?

Auch der zweite Teil der spannenden Trilogie erzählt von einer Welt voll Mystik und fantastischer Gestalten. Sprecher Jürgen Holdorf entwickelt mit nuancenreicher Stimme ein schaurig-schönes Panorama finsterer Dämonen und mutiger Helden.

Der Autor

Peter V. Brett, geboren 1973, studierte englische Literatur und Kunstgeschichte und arbeitete dann zehn Jahre als Lektor, bevor er sich ganz dem Schreiben von fantastischen Romanen widmete. Sein Debüt »Das Lied der Dunkelheit« wurde weltweit von den Kritikern gefeiert und avancierte zum Bestseller.

Der Dämonen-Zyklus:

1) Das Lied der Dunkelheit (Heyne 2009, The Painted Man/ The Warded Man, 2009)
2) Das Flüstern der Nacht (Heyne 2010, The Desert Spear, 2010)
3) Die Flammen der Dämmerung. (Heyne, 2013; The Daylight War, 2013)
4) Der Thron der Finsternis. Heyne, September 2015 (The Skull Throne. März 2015)
5) Der große Basar (Erzählungen, 2010)
6) Das Erbe des Kuriers (Heyne 2015; Messenger’s Legacy. 2014)

Der Sprecher

Jürgen Holdorf, geboren 1956, absolvierte eine Schauspielausbildung am Margot Höpfner Studio in Hamburg. Neben Engagements an zahlreichen Theatern ist er aus der Hörspielszene nicht mehr wegzudenken. Er war u.a. in „Die Drei ???“, Ein Fall für TKKG“, „Drizzt – Die Saga vom Dunkelelf“ und im DAV-Hörbuch „Das Lied der Dunkelheit“ von Peter V. Brett zu hören. (Verlagsinfo)

Doreen Maas bearbeitete den Text, Frieder Schölpple besorgt Ton und Schnitt, Günter Merlau führte Regie.

Handlung

Man schreibt das Jahr 333, als die krasianische Armee Fort Rizon erobert. Die Festung liegt auf halbem Weg in den Norden. Die Rizoner haben einfach die Tore ihrer Stadt geöffnet, ohne der Armee der Wüstenkrieger Widerstand zu leisten. Für nicht wenige unter den Krasianern ist dies ein offenkundiges Zeichen, dass ihr Kriegshäuptling Jadir der verheißene Erlöser sei. So wie einst im ersten Dämonenkrieg der Erlöser über die Horklinge obsiegt, so werde auch Jadir die Dämonen der Dunkelheit besiegen.

Deshalb ist es umso beunruhigender, nun von einem zweiten Erlöser zu hören. Abban, der kastenlose Kafit, spricht als einer der wenigen Krasianer die Sprache des Nordens und hat deshalb die Aufgabe, die Elite der Bannzeichner zu finden und zu ehren. Schließlich sind die Siegel der Bannzeichner der einzige Schutz gegen die Dämonen.

Jadir hat zwar mit dem goldenen Speer die mächtigste Waffe gegen die Dämonen erhalten, doch sie wurde ihm nicht geschenkt, sondern er nahm sie seinem nordischen Freund Arlen ab. Er ließ Arlen, den Par’chin, zum Sterben in der Wüste zurück. Arlen war zu einem großartigen Krieger gegen die Dämonen geworden, verstärkt durch den Speer des Erlösers. Und nun soll es noch einen Erlöser geben? Für Jadir und Abban ist klar, dass sie ihn finden und zur Rede stellen müssen.

Der tätowierte Mann

Im Tal südlich der Festung Fort Angiers, wo Schäfer und Holzfäller leben, treffen die ersten Flüchtlinge aus Rizon ein. Sie sind tapfer, aber nicht erfahren nicht genug, um gegen die Dämonen bestehen zu können, müssen Leisha und Rojer bald feststellen. In ihrer Heilerhütte gelingt es Leisha, Verwundete zu behandeln und so zu retten, doch der Junge mit der magischen Fiedel kann nur zuschauen.

An einer abgelegenen Stelle treffen Leisha und Rojer den Tätowierten Mann. Er war einst Arlen Jeffsson aus Tibbetsbach, doch nun ist er von Kopf bis Fuß mit Schutzsiegeln bedeckt. Leisha liebt ihn schon lange, merkt Rojer. Er schenkt ihr einen mit Siegeln geschützten Umhang und die Grimoires, die sein Verzeichnis der Schutz- und Kampfsiegel darstellen – eine kostbare Gabe. Doch Liebe, nein, Liebe könne er ihr nicht geben, behauptet er. Er verfalle immer dem Hork und könne sich inzwischen selbst in einen Geist verwandeln. Stimmt, das könnte ein Zusammenleben erschweren.

Er reist weiter nach Fort Angiers, um Hilfe im Krieg die anrückenden Krasianer zu holen. Doch Lord Reinbek und dessen Kanzler blicken auf Waldläufer grundsätzlich herab, selbst wenn sie die besten Dämonenbekämpfer sind. Vielmehr schickt er Arlen auf eine Mission ins nördlich gelegene Fort Miln, wo Arlen sein Handwerk lernte. Dort soll der Tätowierte Mann Hilfe für Angiers holen, um eine Allianz gegen die Krasianer zu bilden.

Der Dämonenprinz

Es ist im Hork nicht unbemerkt geblieben, dass sich der Tätowierte Mann mittlerweile in einen Angehörigen der Unterwelt verwandeln kann. Doch einer der Prinzen wird mit einem Gestaltwandler ausgesandt, um diesem Mann Einhalt zu gebieten. Natürlich muss er sehr vorsichtig vorgehen, um sich nicht selbst zu verraten und seinen Auftrag zu gefährden.

In Fort Miln selbst und schon auf dem Weg dorthin bemerkt der Tätowierte Mann die Auswirkungen einer unsichtbaren Präsenz. Immer wieder bekommt er es nachts mit verschiedenen Dämonen zu tun und vertreibt sie, doch dies sind Verkörperungen des Gestaltwandlers. Auf dem Rückweg von Fort Miln nach Angiers ändert sich die Lage allerdings.

Renna

Renna, in ihrer Kindheit die beste Freundin Arlens, ist inzwischen zu einer jungen Frau herangewachsen, ebenso wie ihre Schwester Beni. Zusammen wohnen sie in Tibbetsbach bei ihrem Vater Harl, dem sie in jeder Hinsicht dienen müssen. Sie fürchtet, dass sie ihm auch körperlich zu Diensten sein muss. Als der Vormann Lusik zusammen mit Beni abreist, um nach seinen Eltern zu sehen, nutzt Harl die Gelegenheit aus und vergewaltigt sie.

Im Sommer will Renna mit dem jungen Coby Fisher durchbrennen. Als sie ihn heimlich trifft, ertappt Harl die beiden und missversteht die Lage. Er tötet Coby, doch im Handgemenge gelingt es Renna, ihren Vater zu töten. Wenig später wird sie wegen des inzwischen entdeckten Doppelmordes auf der Flucht festgenommen und von Tibbetsbach in den Hauptort des Tales der Holzfäller gebracht. Während Leisha in Fort Angiers weilt, um den Flüchtlingen aus Fort Rizon beizustehen, wird Renna verurteilt – zum wehrlosen Opfer der Horklinge…

Leisha

Ebenfalls im Sommer sieht sich Leisha den Truppen der Krasianer gegenüber, die in der Nähe von Fort Angiers lagern. Beim gemeinsamen Dämonenkampf tut sie sich besonders durch ihren neuen Schutzumhang hervor, der sie für Dämonen unsichtbar macht. Für Fürst Jadir, der sie kämpfen gesehen hat, ist völlig klar, dass sie zu seiner Frau machen muss, um sich ihre Magie zu sicher.

Es gibt nur ein paar kleine Probleme zu überwinden. Erstens ist Jadir bereits mit seiner magiebegabten Hauptfrau Innevera und mehreren Nebenfrauen verheiratet, die ihn mit Nachkommen und Erben versorgen. Zweitens soll Leisha erst als letzte von seinem Ansinnen erfahren und so fragt Abban zuerst deren Mutter. Drittens sinnt Innevera, als sie von Leishas geplantem Aufstieg erfährt, sofort auf deren endgültige Eliminierung. Für Jadir brechen interessante Zeiten an…

Mein Eindruck

Zwei Erlöser, die miteinander konkurrieren – ob das wohl gut geht, mag sich der Leser fragen. Nachdem der Leser die Geschichte Arlen Strohballens aus Tibbetsbach in „Das Lied der Dunkelheit“ (siehe meinen Bericht) gelesen hat, erfährt er nun eingehend und facettenreich vom Aufstieg des anderen Erlösers. Jadir, der Krasianer, zeichnet sich vor allem durch seine Skrupellosigkeit und Kampfbereitschaft aus, aber auch durch die Fähigkeit, auf dieser Weise viele Anhänger an sich zu binden. Sie folgen ihm einfach, weil er der beste Kämpfer ist. Macht ihn das zugleich zum besseren „Erlöser“?

Verrat

Denn da ist noch die kleine, unangenehme Sache mit dem magischen Speer. Nicht er selbst hat ihn ja in einer verlassenen Ruinenstadt namens Anochs Sonne gefunden, sondern es war Arlen. Der Nordmann setzte dabei sein Leben aufs Spiel, nicht nur wegen der Horklinge, sondern auf wegen der Gefahr des Verdurstens in der endlosen Wüste. Warum hat kein Krasianer vor ihm nach diesem Speer gesucht, der doch durch die zahlreichen Siegel eine mächtige Waffe im Krieg gegen die Dämonen wäre? Wie auch immer: Jadir zögert nicht, seinen „Freund“, den Par’chin, zu hintergehen und ihn an die Horklinge zu verraten, nur um in den Besitz des Speers zu gelangen. Täte das ein wahrer Erlöser?

Auch Arlen sieht sich ständig dem Verdacht ausgesetzt, er sei der verheißene Erlöser, der die Heimgesuchten von der Plage der Horklinge befreien würde. Ein ums andere Mal leugnet er, eben dieser Erlöser zu sein. Ein ums andere Mal stellt er durch seine siegreichen Kämpfe gegen die Dämonen (und indem er Renna zu Hilfe eilt) unter Beweis, dass er es sein muss. Was soll der Leser davon halten?

Der Schiedsrichter

Zum Glück gibt es einen Schiedsrichter. Okay, der ist nicht ganz unparteiisch, geschweige denn uneigennützig, aber der Dämonenprinz aus dem Hork hat es auf beide Erlöser abgesehen. Die Wahl, wen er zuerst angreifen soll, fällt ihm nicht schwer. Während Jadir von einer Armee umgeben ist und von einer magiebegabten Zauberin begleitet wird, streunt Arlen mutterseelenallein durch die Lande, die zwischen den Festungen liegen. Klar, dass der Prinz dem Einzelgänger, der die leichtere Beute zu sein scheint.

Dummerweise schafft es Arlen unbehelligt nach Fort Miln, wo es vor Siegeln nur so wimmelt. Im letzten Fünftel der Geschichte begibt sich Arlen wieder allein auf Tour, diesmal in Begleitung seiner Jugendliebe Renna, die sich durch Arlen Tarnumhang zu verstecken weiß. Schließlich greift der Dämonenprinz in Begleitung seines Gestaltwandlers Mimikry an. Was er vorfindet, erstaunt nicht nur ihn…

Frauen

Frauen wie Renna spiegeln die wahre Natur der beiden Erlöser, nämlich ihren Aspekt als Mann und Beschützer. Jadir macht sich an Leisha heran, um, wie im Falle des Speers, in den Besitz ihrer Macht zu gelangen. Er hat das gleiche Spiel bereits mit Innevera durchexerziert, der nicht nur Magie zur Verfügung steht, sondern die auch als Orakel fungiert. Sie verstehst es, Jadir zu lenken. Er glaubt, er habe bei Leisha leichteres Spiel, doch auch in dieser Hinsicht wird er überrascht – ebenso wie Innevera, die bei der nordischen Frau leichtes Spiel zu haben glaubt.

Alle drei Frauen spiegeln die Männer wider, die sie umgeben und die sich um sie bemühen. Anhand des Verlaufs dieser Beziehungen fällt es dem Leser nach einer Weile nicht schwer, einem der beiden Erlöser seine Sympathie zu schenken. Doch das erstens ist das Böse immer und überall und zweitens das Leben – selbst in einem Buch – selten gerecht in den Geschenken, die es verteilt. Es sieht am Schluss ganz so aus, als würde der Entscheidungskampf zwischen Arlen und Jadir auf die Fortsetzung verschoben werden.

Der Sprecher

Jürgen Holdorf charakterisiert die Figuren, so dass sie unterscheidbar werden. Jadir beispielsweise rollt sein R, als wäre er ein Araber – was zu einem Wüstenbewohner passt. Alle anderen sprechen recht normal, wobei die Tonlage zwischen weiblichen und männlichen Figur naturgemäß variiert: Männliche Figuren sprechen tief, weibliche ein wenig höher. Das bedeutet nicht, dass dann der Sprecher wie Charleys Tante klingt. >Er weiß auch zu rufen, zu jammern und zu flüstern.

Was mich aber häufig verwirrt hat, sind die zahlreichen krasianischen Bezeichnungen für Figuren wie Jadir. Bezeichnungen wie „par’chin“ (ausländischer Krieger) oder „kaffit“(kastenloser Paria) lassen sich ja noch leicht merken, aber bei „dal sharum“ (junger Krieger) wird es schon komplizierter. Und bei „Damaji Ting“ (Hauptfrau) hört der Spaß nun wirklich auf.

Unterm Strich

Ich habe für die rund 11 Stunden eine ganze Weile gebraucht, nämlich über einen Monat – mit Pausen, versteht sich. Die 33 Kapitel in den vier Teilen ziehen sich manchmal ganz schön hin, denn während die Figuren jede Menge quatschen, passiert im Grund nichts. Während die Geschichte zugunsten der Psychologie der Beziehungen zwischen Figuren ausgebaut wurde, tritt die Action enttäuschenderweise in den Hintergrund. Erst im Finale, als der Dämonenprinz gegen Arlen und Renna auf Leben und Tod kämpft, kommen Actionfans m.E. richtig auf ihre Kosten.

Zudem habe ich mich gefragt, warum dieser Band eine Geschichte erzählt, die der Leser des ersten Bandes schon kennt: Jadirs Aufstieg zum Kriegshäuptling der Krasianer. Der Grund für die Strategie des Autors, dieser Biografie fast ein Viertel dieses Buches zu widmen, dürfte darin liegen, dass er Jadir als vollwertigen Konkurrenten um die Rolle des Erlösers richtig in Szene setzen wollte. Das erlaubt es dem Leser, darüber zu entscheiden, wer von beiden der geeignetere Erlöser ist. Ob Arlen von vornherein als Gewinner feststeht, darf bezweifelt werden. Wer will schon einen Typen wählen, der sich selbst in einen Dämon verwandeln kann?

Richtig pikant wird dieses Vorgehen, als Jadir um Arlens Freundin Leisha freit und Leisha es mit Jadirs Hauptfrau Innevera zu tun bekommt. Hier demonstriert der Autor, dass auch unter Frauen Rivalenkämpfe ausgefochten werden können, bei denen es um Leben und Tod geht. Um diese Konfrontation spannend zu machen, ist es allerdings nötig, dass auch der männliche Leser große Sympathie für Leisha empfindet. Nun, dafür sollte eigentlich der erste Band in ausreichendem Maß gesorgt haben. Auf jeden Fall dürften die weiblichen Leser Leisha die Stange halten.

Wie gesagt: Hinsichtlich des Action-Gehalts war dieser Band eine Enttäuschung, doch ansonsten kommt der Fantasy-Freund, der Magie, Romantik und spannende Konfrontationen sucht, voll auf seine Kosten.

Das Hörbuch

Jürgen Holdorf ist ein sehr kompetenter Sprecher mit einer tiefen, markanten Stimme, Diese weiß er flexibel und wandlungsfähig verschiedensten Figuren zu leihen, damit diese unterscheidbar werden. Rufe, Jammern, Flüstern usw. erwecken die Figuren etwas zum Leben. Als Hemmnis erweisen sich die krasianischen Ausdrücke, für die im Hörbuch ein Glossar fehlt. Hilfreich ist die abgedruckte Landkarte. Appetitanregend sind die zahlreichen Zitate aus dem Text, die die einzelnen Figuren charakterisieren.

7 Audio-CDs
Gesamtlaufzeit: 701:56 min.
Info: The Desert Spear, 2010
Aus dem Englischen übersetzt von Ingrid Herrmann-Nytko
ISBN-13: 978-3898139519
www.der-audio-verlag.de

Der Autor vergibt: (3.5/5) Ihr vergebt: SchrecklichNa jaGeht soGutSuper (1 Stimmen, Durchschnitt: 5,00 von 5)