Peter V. Brett – Der große Basar. Erzählungen

Sammlerstück für Fans: Stories und Ergänzungen

Dieser Band enthält zwei Erzählungen aus der Welt Thesa, in der der Kurier Arlen zum Kämpfer gegen die Dämonen der Nacht heranwächst. Außerdem sind zwei gestrichene Kapitel aus seinem Bestseller „Das Lied der Dunkelheit“ sowie ein Lexikon und ein Siegelverzeichnis enthalten.

Ich setze die Kenntnis dieses Buches voraus: „Dunkelheit regiert die Welt. Jede Nacht steigen Dämonen aus dem Boden hervor und bedrohen die Menschen. Keiner wagt es, sich den übermächtigen Kreaturen entgegenzustellen, bis auf Arlen. Der Junge beschließt, nach den alten, längst vergessenen magischen Siegeln zu suchen, mit denen die Dämonen besiegt werden können. Ein Abenteuer, das den Lauf der Welt für immer verändern wird …“ (Verlagsinfo)

Der Autor

Peter V. Brett, geboren 1973, studierte englische Literatur und Kunstgeschichte und arbeitete dann zehn Jahre als Lektor, bevor er sich ganz dem Schreiben von fantastischen Romanen widmete. Sein Debüt »Das Lied der Dunkelheit« wurde weltweit von den Kritikern gefeiert und avancierte zum Bestseller.

Der Dämonen-Zyklus:

1) Das Lied der Dunkelheit (Heyne 2009, The Painted Man/ The Warded Man, 2009)
2) Das Flüstern der Nacht (Heyne 2010, The Desert Spear, 2010)
3) Die Flammen der Dämmerung. (Heyne, 2013; The Daylight War, 2013)
4) Der Thron der Finsternis. Heyne, September 2015 (The Skull Throne. März 2015)
5) Der große Basar (Erzählungen, 2010)
6) Das Erbe des Kuriers (Heyne 2015; Messenger’s Legacy. 2014)

Die Erzählungen

1) Der große Basar

Wie konnte es Arlen, dem tätowierten Mann, gelingen, den heiligen Kampfspeer der Krasianer aus der versunkenen Stadt Anochs Sonne zu bergen? Niemand weiß doch, wo die Ruinenstadt unter dem Sand der Wüste begraben liegt. Nun, hier wird die Erklärung geliefert, und zwar so spannend und unterhaltsam, wie man es sich nur wünschen kann.

Eigentlich will Arlen nur die verlassene Siedlung Baha finden, wo einst ein Meistertöpfer Keramik von hohem Wert fertigte. Doch worauf er stößt, sind keine Sand-, sondern Lehmdämonen. Darauf hat ihn sein Verbündeter, der Krämer Abban in Krasia, nicht aufmerksam gemacht. In letzter Sekunde erreicht er noch einen Schutzkreis, mit dem er sein Pferd umgeben hat. Rechtzeitig, um dem Angriff seines alten Widersachers, des Felsdämonen Einarm, zu entgehen, der die Lehmdämonen mit Leichtigkeit beiseite wischt.

Wütend kehrt Arlen nach Fort Krasia zurück, wo Abban wie immer in Schwierigkeiten steckt. Bei ziemlich starkem Alkohol verhaspelt sich Abban, dass er ja Arlen die Karte mit dem Standort von Anochs Sonne verkaufen könne. Arlen bietet ihm all seine Beute aus Baha an. Es gibt nur einen klitzekleinen Haken bei der Beschaffung der Karte: Sie wird im Archiv der Hohepriester wie ein Schatz gehütet. Und natürlich darf jeder, der sich an diesem Raub beteiligt, mit seinem irdischen Dasein abschließen…

Mein Eindruck

Waren schon die Szenen in Baha von Action, Spannung und Dramatik gezeichnet, so bildet der Raub der Karte den zweiten Höhepunkt, was diese Disziplinen angeht. Dazwischen gibt es ein humorvolles Intermezzo, als Arlen und Abban einander übers Ohr zu hauen versuchen. Wie die unterhaltsame Episode schließlich ausgeht, darf hier natürlich verraten werden.

Die Folgen werden im Roman geschildert: Der Frevel, die verbotene Stadt betreten und dort den heiligen Kampfspeer gestohlen zu haben, führt zum Todesurteil über Arlen. Undank ist der Welt Lohn. Aber die Krasianer nehmen den Kampfspeer und brechen auf, den Rest der Welt zu unterwerfen.

2) Brayans Gold

Arlen freut sich als Kurierlehrling auf seine erste Fuhre, die er begleiten darf. Doch es gibt zwei Komplikationen: Erstens ist Curk ein Trunkenbold und zweitens geht es nicht auf eine ruhige Tour ins Gebirge, sondern zu Graf Brayans Goldmine auf dem Gipfel eines Berges. Dort soll es Schneedämonen geben. Und die Fracht? Donnerstöcke, also Dynamitstangen! Entsprechend hoch ist die Summe, die nötig ist, um den feigen Curk zum Aufbruch zu bewegen.

Der erste Überfall lässt nicht lange auf sich warten, doch Curks Verschwinden behält Arlen die Oberhand. Nun bekommt er es immer wieder mit dem Felsdämon Einarm zu tun, der sich an ihm für die Verstümmelung rächen will, die Arlen ihm zugefügt hat. Nach einem Halt auf der Zwischenstation gelangt Arlen wohlbehalten zur Goldmine, doch dort mischt er sich in Liebeshändel ein, der ihn eigentlich nichts angeht. Und es ist noch ein weiter Weg zurück nach Fort Miln…

Mein Eindruck

Nach einem ersten Scharmützel sieht es erst so aus, als würde diese erste Fahrt Arlen eine ziemlich langweilige Sache werden. Doch dafür hat es die Rückfahrt umso mehr in sich. Das Finale ist furios. Er begegnet einem richtigen Schneedämon, und auch der alte Einarm lässt nicht auf sich warten. Kann ihm Arlen mit einem „Donnerstock“ wirklich den Garaus bereiten?

Auch diese Erzählung sorgt für sowohl actionreiche, als auch romantische Unterhaltung, so dass sowohl männliche wie weibliche Leser auf ihre Kosten kommen.

3) PROLOG zu „Das Lied der Dunkelheit“ (gestrichen)

Arlen ist ein ungewöhnlicher Junge. Schon mit acht Jahren fühlt es sich auf dem Bauernhof seiner Eltern in Tibbets Bach am lebendigsten, wenn die Sonne bereits sinkt und die Dämonen jeden Moment aus der Erde steigen können. Am liebsten erkundet er in seiner „freien Zeit“, in der er eigentlich arbeiten soll, die Gegend jenseits des Hügels. Eines Tages werde dies sein Verderben sein, prophezeien seine Eltern. Ja, aber nicht heute, schwört sich Arlen insgeheim.

Mein Eindruck

Man kann leicht verstehen, warum die Lektorin darauf bestand, diesen Prolog zu streichen. Er ist altmodisch, unanschaulich und obendrein überflüssig, denn was gemeint ist, zeigt die erste Szene des Romans in aller Deutlichkeit.

4) Brianne (gestrichenes Kapitel aus „Das Lied der Dunkelheit“)

Die junge Heilerin Leesha wird gebeten, sich der schwangeren Brianne anzunehmen, der es nicht gut gehe. Es wird eine erste Bewährungsprobe. Brianne ist wegen des ersten Kindes mit Evin verheiratet worden, denn Bastardkinder darf es nicht geben. Nachdem sie Evin vor die Tür geschickt hat, entdeckt sie an der widerwilligen Brianne gelbe Flecken und darunter zwei gebrochene Rippen. Obwohl Brianne lügt, sie sei gestürzt, ist für Leesha der Fall.

Sie verabschiedet sich von Brianne und nähert sich freundlich Evin. Der war schon immer scharf auf Leesha, und als sie ihm verspricht, sie wolle ihm hinter der Hütte etwas zeigen, geht er bereitwillig mit, denn das kann nur eines heißen: Sie will Sex mit ihm. Doch vor Ort bekommt er statt dessen einen Stich den Nacken. Dann beginnen die Zuckungen, als das Gift zu wirken beginnt…

Mein Eindruck

Und so lernt Evin seine Lektion auf die harte Tour. Ganz nebenbei lernt der Leser, wie es auf dem Lande in einem kleinen Dorf zugeht, wo die Obrigkeit aus einem Kirchenmann und einer Kräuterfrau besteht. Und da Leesha bei eben dieser Kräuterfrau lernt, verfügt sie über eine gewisse Autorität. Sie könnte den Frauen einen Abtreibungstee verabreichen, wenn es der Kirchenmann nicht ausdrücklich verboten hätte. Der hat es von Leeshas Konkurrentin erfahren, der unfähigen Darsy. So wird auch klar, dass es eine sehr aktuelle Debatte über Abtreibung und deren Verhinderung gibt. Eine Debatte, die in USA schon Todesopfer gefordert hat.

5) Krasianisches Lexikon

Dies ist das Glossar, das dem Roman fehlt. Zahlreiche Personen, Orte und Begriffe werden erklärt. Unentbehrlich.

6) Grimoire der Siegel

Hier werden anhand verschiedener Siegel deren Funktion und Klassifizierung erklärt, so etwa Kampf- im Unterschied zu Schutz-Siegeln. Am Schluss werden noch Siegel erwähnt, deren Bedeutung noch gesucht wird.

Die Übersetzung

Ich konnte nur einen Druckfehler finden, auf Seite 104. Das ist eine sehr positive Bilanz.

S. 104: „als der ungeheuer starke Dämon mit seine[n] Krallen gegen das Siegelnetz schlug.“ Das N fehlt.

Unterm Strich

Die zwei Erzählungen setzen die Kenntnis des Lesers um die Welt Thesa und den helden Arlen voraus. Die zwei gestrichenen Kapitel aus „Das Lied der Dunkelheit“ ergeben wohl erst richtig einen Sinn, wenn man diesen Roman gelesen hat. Somit kann man sagen, dass sich dieser Band als Ergänzung zu den Romanen eignet, aber nur für jene, die schon mindestens den ersten Band kennen. Damit ist es ein Sammlerstück. Die Gebrauchtpreise sind dementsprechend immer noch – selbst nach sechs Jahren! – immer noch hoch: 50% des Neupreises. Wo gibt es das noch?!

Die zwei actionreichen, teils romantischen Erzählungen sind ihren Kaufpreis und die Lektüre wert, bei den gestrichenen Kapiteln bin ich mir da nicht so sicher. Der Prolog ist sowieso verzichtbar, weil er nichts Neues bringt, und das Brianne-Kapitel ließ sich ohne Probleme aus dem Original-Manuskript entfernen, weil es nichts Wesentliches beiträgt.

Das krasianische Lexikon und das Siegel-Verzeichnis dürften nur für Sammler und Fans von Interesse sein. Aber so ein Lexikon würde ich mir für jeden Roman der Reihe wünschen.

Taschenbuch: 237 Seiten
Info: The Great Bazaar and Other Stories, 2010; Heyne Verlag 2010, München
Aus dem Englischen übersetzt von Ingrid Herrmann-Nytko
ISBN-13: 978-3453527089
www.heyne.de

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