Philip K. Dick – Irrgarten des Todes (Lesung)

Der Mörder-Club von Delmak-O

Vierzehn Menschen haben sich freiwillig nach Delmak-O gemeldet, einen unbesiedelten Planeten. Sie sind zivilisationsmüde, sehen sich danach, eine jungfräuliche Welt zu erschließen. Dort angekommen, bricht die Verbindung mit der Außenwelt ab. Sabotage?

Die Verunsicherung wächst, als mechanische Insekten entdeckt werden, die mit winzigen Kameras ausgerüstet sind. Befinden sich die Gestrandeten in einem gnadenlosen psychologischen Experiment, in einem Irrgarten des Todes? Als es den Überlebenden gelingt, die Phantomwelt zu zerschlagen, kommt eine Wirklichkeit zum Vorschein, die noch weit schrecklicher ist. (Verlagsinfo von Heyne)

Hinweise

Im Original heißt der Planet „Delmark-O“ mit R, und der Roman enthält eine Vorbemerkung des Autors sowie 16 sehr seltsame Kapitelüberschriften. In den Heyne-Ausgaben von 1974 und 1987 („Heyne SF-Bibliothek“) fehlen diese beiden Texte. Sie sind erst in der Heyne-Neuausgabe von 2005 enthalten.

Der Autor

Philip Kindred Dick (1928-1982) war einer der wichtigsten und zugleich ärmsten Science Fiction-Schriftsteller seiner Zeit. Obwohl er in fast 30 Jahren 40 Romane und über 100 Kurzgeschichten veröffentlichte (1953-1981), wurde ihm zu Lebzeiten nur geringe Anerkennung außerhalb der SF zuteil. Oder von der falschen Seite: Das FBI ließ einmal seine Wohnung nach dem Manuskript von „Flow my tears, the policeman said“ (dt. als „Die andere Welt“ bei Heyne) durchsuchen. Okay, das war unter Nixon.

Er war mehrmals verheiratet und wieder geschieden, philosophisch, literarisch und musikologisch gebildet, gab sich aber wegen des Schreibstress‘ durchaus dem Konsum von Medikamenten und Rauschdrogen wie LSD hin – wohl nicht nur auf Erkenntnissuche wie 1967. Ab 1977 erlebte er einen ungeheuren Kreativitätsschub, die sich in der VALIS-Trilogie (1981, dt. bei Heyne) sowie umfangreichen Notizen (deutsch als „Auf der Suche nach VALIS“ in der Edition Phantasia) niederschlug.

Er erlebte noch, wie Ridley Scott seinen Roman „Do androids dream of electric sheep?“ zu „Blade Runner“ umsetzte und ist kurz in einer Szene in „Total Recall“ (1982) zu sehen (auf der Marsschienenbahn). „Minority Report“ und „Impostor“ sind nicht die letzten Stories, die Hollywood verfilmt hat. Ben Affleck spielte in einem Thriller namens „Paycheck“ die Hauptfigur, der auf einer gleichnamigen Dick-Story beruht. Als nächste Verfilmung kommt „A scanner darkly“ (Der dunkle Schirm).

Die Sprecherin

Christina Vayhinger wandte sich nach ihrer ersten beruflichen Laufbahn als Grafik-Designerin dem Theater zu und gründete 1996 in Köln mit dem Regisseur Sven lange das Theater Tiefblau (1996-2004). Mit diesem Ensemble wurde sie als Schauspielerin zweimal mit dem Kölner Theaterpreis ausgezeichnet (1998 und 2001). Ab 2000 schloss sie sich dem Schauspielensemble c.t.2001 freies Theater Köln an, mit dem sie 2002 den Kölner Theaterpreis für „Die Sinfonien des Johannes Brahms“ errang. Mit ihrer ersten Regiearbeit im Frühjahr 2004 gründete sie das THEATER 1000 HERTZ. Sie ist auch als Sängerin und Sprecherin tätig. (Verlagsinfo)

Handlung

Ben Tallchief hat die Nase voll von seinem öden Job und betet zur Zentrale in den Gottwelten, dass sie ihm eine andere Arbeitsstelle geben möge. Sein gebet wird auf Anhieb erhört, und er braucht nicht mal seine Gebetsmühle anzuwerfen. Allerdings kommt man zu der ihm zugewiesenen Welt Delmak-O nicht per Luxusliner, sondern in einer Einwegkapsel – es gibt für Ben kein Zurück. Und die Siedlerwelt hält keinerlei Komfort bereit, soviel ist mal sicher. Für mindestens zwei Jahre Dienstzeit. Aber Ben ist ein Fan alter Epen, seine Vorbilder sind Gandalf und Legolas. Er ist sicher, mit Weisheit und Wagemut durchzukommen.

Seth Morley ist Meeresbiologe in einem Kibbuz auf der Welt Tekel Upharsin. Er setzt sich gegen den Chefingenieur durch und will seine Frau Mary mitnehmen. Bestimmungsort ist Delmak-O, doch als Vehikel wählt Seth die Kapsel „Morbide Mücke“. Er ist schon mit Packen fertig und will gerade das Gepäck einladen, als der Erdenwanderer auftaucht und ihm dringend davon abrät: „Die Morbide Mücke wird es nicht bis Delmak-O schaffen, mein Freund. Wähle eine andere Kapsel.“ Mit solchen Manifestationen des Schöpfers ist nicht zu spaßen. Von Ehrfurcht erfüllt packt Seth die vielen Marmeladengläser, die er mitgehen lassen wollte, wieder aus und wählt eine andere Kapsel. Der Erdenwanderer verschwindet, offenbar zufrieden.

Die Kolonie

Ben, Seth und Mary werden nacheinander von den zehn bereits vorhandenen Kolonisten begrüßt. Darunter sind ein Arzt, eine berühmte Soziologin, eine Linguistin, eine Theologiespezialistin, ein Elektroniker, eine vollbusige Sekretärin namens Susie Smart und zwei Wahnsinnige namens Tony Dunkelwelt und Ignatz Thugg (nomen est omen!). Aber dieser spezielle Geisteszustand zeigt sich erst viel später.

Die Kolonie wird von einem ziemlich müden alten Mann geleitet, der sich als Bert Kosler vorstellt. Als ihren Sprecher wählt die Gruppe jedoch den Elektroniker Glen Belsnor, entgegen den Bemühungen von Mary Morley, die gerne auf ihren Mann wieder mal stolz wäre. Aber da weit und breit kein Meer zu sehen ist, ist ein Meeresbiologe nicht so gefragt.

Delmak-O

Die Welt ist ziemlich öde, aber von Büschen, Flechten und kameratragenden Käfern bevölkert. Jemand scheint sie zu beobachten. In der Ferne ist ab und zu ein achtstöckiges Gebäude zu sehen, das seltsamerweise seinen Standort ändert. Nun brauchen die Siedlerallerdings noch Instruktionen. Sie funken den Satelliten an und erhalten Antwort von General Treaton, der für den Sektor Interplan West arbeitet. Doch kaum hat er sich vorgestellt, als die Funkverbindung abbricht. „Das Aufnahmegerät im Satelliten hat von Aufnahme auf Löschen umgestellt“, berichtet Belsnor. „Das bedeutet, dass wir keine Aufnahme von General Treatons Anweisungen haben und auch nicht wissen, welchen Zweck die Kolonie erfüllen soll.“ Für eine alternative Funkverbindung am Satelliten vorbei sind die Geräte in den Kapseln zu schwach. Die Siedler sitzen fest.

Erste Ausfälle

Nach der ersten Party, dem ersten Beschnuppern stellt sich bei manchen der Eindruck ein, von Losern umgeben zu sein. Das stimmt nicht ganz. Es ist nur so, dass sich jeder auf seine eigenen Wünsche, Hoffnungen und Vorstellen konzentriert, so dass von Gemeinschaft keine Rede sein kann. Das zeigt sich auf fatale Weise, als Seth Morley diesen Ten Tallchief, den er eigentlich gut leiden kann, um Hilfe bei einer Aufgabe bittet, sich aber eine Absage einhandelt. Dabei hadert Ben, die komische Achtelindianer, mit dem Schöpfer und allen seinen Manifestationen. Vorsichtig geht Seth auf Abstand. Er erinnert sich an den Erdenwanderer. Und tatsächlich: Wenig später bricht Ben mit den Anzeichen eines Erstickungsanfalls zusammen und stirbt.

Dr. Milton Babble, der Arzt, erklärt, dass Tallchief an einer allergischen Reaktion gestorben sein, die zum Ersticken führte, hervorgerufen durch einen insekten- oder Pflanzenstich. Da aber von Insekten und Stechpflanzen kaum etwas zu entdecken ist, meldet Seth seine Zweifel an dieser Theorie an. Er ist eher bereit, an das Eingreifen einer unsichtbaren Macht oder ihrer Agenten zu glauben. Wozu sonst die kameratragenden Käfer?

Das Seth richtig liegt, zeigt sich schon bald. In jeder Hütte stehen kleine Miniaturabbilder des GEBÄUDEs herum. Was es damit auf sich, entdeckt Seth, als sich seine Frau mit der nymphomanischen Susie Smart streitet, die Seth verführen wollte. Aus dem Augenwinkel sieht er, wie aus dem Minigebäude ein Geschützturm ausfährt und sich auf Mary richtet. Es gelingt ihm, den Energiestrahl abzulenken, so dass Mary unverletzt bleibt. Durch einen Schwall Wasser aus dem Bad, den er über die Minimaschine kippt, macht er sie unschädlich. Wasser und Elektronik vertragen sich nicht allzu gut. Unter dem Mikroskop ist auf einem Bauteil der Maschine die Prägung Made at Terra zu erkennen. Es sind terranische Maschinen.

Nachzügler

Mit einer weiteren Kapsel landet Ned Russell, der sich als Ökonom bezeichnet. Auch für Ökonomen besteht auf Delmak-O auffallend wenig Bedarf, denn es gibt hier nicht mal Bergbau. Die Tatsache, dass er den weitesten Weg hatte und schon vor drei Monaten abflog, macht ihn zum ersten Mitglied der Kolonie. Und wie es BWLer nun mal so an sich haben, würde er sich nur zu gerne gleich zum Leiter der Kolonie aufwerfen. Wie alle anderen hat auch er einen Makel: krankhafter Ehrgeiz.

Als er hört, dass es ein großes Gebäude in der Nähe gibt und obendrein eine einheimische Lebensform namens „Tench“, die Objekte dupliziert, schlägt er vor, dorthin einen Ausflug zu machen. Sechs Leute schließen sich ihm an. Von sieben, die losziehen, werden nur sechs zurückkehren…

Mein Eindruck

Der Autor behauptet in seinem „Vorwort“, das in den meisten Ausgaben fehlt, dass er „ein abstraktes, logisches System religiösen Denkens“ entwickelt habe, das auf der „willkürlichen Annahme basiert, dass Gott existiert“. Daher glauben auch alle Figuren auf Delmak-O an dieses System und haben die Folgen zu tragen. Sie alle kennen das BUCH eines Exegeten namens Specktowsky, das sie wie wir die Bibel verehren und aus dem v.a. Maggie gerne und oft zitiert. In Wahrheit handelt es sich wohl um eine Variante des „I Ging“, dem „Buch der Wandlungen“, das der Autor wiederholt zitiert.

Wie auch immer: Das positive Göttliche Wesen kennt drei Manifestationen:

1) Den Schöpfer (im Original: Mentufacturer): das erschaffende Prinzip mit all seinen Agenten (= Gott);
2) Den Mittler (Intercessor): opfert sich selbst, um den Fluch zu heben, der auf der Schöpfung liegt; empfängt Gebete und leitet sie an den Schöpfer weiter (= Jesus, der Messias);
3) Den Erdenwanderer (Walker-on-Earth): der Trost spendet (= der Heilige Geist)

4) Das negative Göttliche Wesen wird durch den „Formenzerstörer“ (Form Destroyer) vertreten. Da er dem Göttlichen fern ist, fördert er die Entropie (= Demiurg, Archon, Satan).

Wie haben es also mit einem manichäischen System zu tun, das an den altpersischen Zoroaster-Glauben, den Neoplatonismus und die Gnosis erinnert. In der Gnosis ist die Schöpfung verflucht, leidet unter dem Demiurgen und muss erlöst werden. Vom christlich-jüdischen Glaubenssystem, wie es seit Paulus weiterentwickelt wurde, sind also nur Rudimente vorzufinden. Der Autor entwickelte das System in seinen langen und intensiven Gesprächen mit dem Episkopalbischof James A. Pike. (Lawrence Sutins Buch „Göttliche Invasionen“ beschäftigt sich eingehend mit diesem Thema der Religion, das für Philip Dick ab 1974 von zentraler Bedeutung wurde.)

Zehn kleine Negerlein

Man könnte den leicht lesbaren Roman als Thriller ansehen, denn man weiß nie, wann es den nächsten Toten geben wird. Aber wer sind die Täter? Und womöglich greift Gott selbst ins Geschehen ein, verkleidet als Ned Russell. Außerdem gibt es jede Menge Rätsel zu lösen. Tatsächlich besteht der Löwenanteil der Handlung aus Rätseln, doch die Figuren haben gute Chancen, sie zu lösen.

Das bedeutendste Merkmal der Handlung ist das Fehlen einer Hauptfigur, mit der sich der Leser identifizieren und aus deren Blickwinkel das Geschehen betrachten und beurteilen könnte. So etwa wie Objektivität gibt es also nur, sondern nur einen Zusammenschnitt von subjektiven Erlebnissen, dem „idios kosmos“, der Einzelwelt. Die „Realität“ des „koinos kosmos“, der gemeinsamen Welt, ergibt sich auf der Grundlage dieser Intersubjektivität. Das hat allerdings einen Haken: Keine der Figuren ist bereit, ihren „idios kosmos“ zu revidieren, anzupassen oder gar dem der anderen unterzuordnen. Jeder lebt in seiner eigenen, selbstgeschaffenen Filterblase. Warnzeichen wie kameratragende Käfer, singende Fliegen und feuernde Gebäudeminiaturen werden geflissentlich ignoriert.

Das Gebäude

Wie unterschiedlich sie die „Realität“ ihrer Welt wahrnehmen und deuten, zeigt sich an dem großen Gebäude, das die Expedition unter Ned Russells Leitung entdeckt und erkundet. Sechs Betrachter erblicken darin sechs verschiedene Dinge:

1) Vinothek: eine Weinhandlung, ein Ort des Genusses;
2) Sophothek: Ort der Weisheit, ja der Offenbarung (von „sophos“ = Weisheit);
3) Thanatorium: Ort des Todes (von „thanatos“ = Tod)
4) Hexorium: Ort der Magie, des Unverständlichen, das nur Eingeweihten zugänglich ist;
5) Menagerie: Ort der Perversion (Thugg stellt sich vor, wie Menschen Sex mit Tieren haben; und je nach Original oder Übersetzung scheint es sich bei den Menschen entweder um Männer (Babble) oder Frauen (laut Uwe Anton) zu handeln; da kann man im Zweifel nur zur Lektüre des Originals raten.
6) Mekkiserie: Fabrik (von hethitisch „mekkis“ = Kraft, Fähigkeit Mechanik, Maschine)

Auch auf der Erde ist das Phänomen bekannt, dass unterschiedliche Gruppen ihr jeweiliges göttliches Wesen, von dem sie ihren Kodex ableiten, in unterschiedlichsten Gebäuden verehren – und ihm zuweilen sogar Opfer darbringen. Diese Gebäude werden Kirche, Synagoge, Tempel, Schrein und vieles mehr genannt. Das Bedeutsame dabei: Nicht jeder x-beliebige Erdling hat dazu Zutritt, sondern nur solche, die erstens glauben und zweitens als Gläubige anerkannt worden sind. Es besteht also erstens Gruppenzwang und zweitens ein daraus abgeleitetes, exklusives Privileg für den in die Gemeinschaft der Gläubigen Aufgenommenen. Mary Morley sehnt sich nach Macht und Einfluss; sie erhofft sich von einem Status als „Hexe“ das entsprechende Privileg. Dann könnte sie ihren Männe endlich Mores lehren!

Die Erkenntnis, die das Gebäude ebenso wie das Tench-Orakel bereithält, erfordert allerdings ein symbolisches Opfer. Betty Jo Berm, die Linguistin, ist depressiv geworden und ins Wasser des nahen Flusses gegangen. Die Ertrunkene wird auf ein bereitliegendes Floß gebettet. Doch aus unerfindlichen Gründen entzündet sich das Floß und Betty Jo gleitet wie weiland ein Fürst der Wikinger brennend den Strom hinunter. (Solch ein Brandopfer findet jährlich auf den Shetland-Inseln statt: Helly-Up, bei dem ein Langboot in Brand gesetzt wird, ist ein riesiges Touristenspektakel geworden.)

Die Hölle

Alle Figuren sind fehlbar und mit mindestens einem Makel behaftet. Der Ökonom ist krankhaft ehrgeizig, die Sekretärin eine Nymphomanin, Ignatz Thugg ein gewaltbereiter Perverser und so weiter. Wie schon Sartre sagte: „Die Hölle, das sind die anderen.“ Und auf Seth Morleys letztem Flug mit einem Schweber der Agenten entdeckt er, wo sich die Hölle befindet: auf der von fast allen Menschen verlassenen Erde. Die einzigen Leute hier sind die sogenannten „Strauße“. Sie weigern sich, zu den Sternen und Gottwelten auszuwandern.

Doch Seth und seine letzten überlebenden Schicksalsgenossen müssen noch eine ganz andere Entdeckung über ihren Aufenthaltsort machen…

Die Sprecherin

Schnell stellt der Hörer, der die Lesung mit dem Text der letzten Übersetzung von 2005 vergleicht, dass hier ein leicht gekürzter Text vorgetragen wird. Das ist aber kein Nachteil. Das Weggelassene erleichtert es nämlich, den roten Faden einer Szene leichter zu verfolgen und das Beschriebene einfacher zu verstehen.

Christina Vayhinger hat eine harte, geschulte und relativ tiefe Stimme. Sie könnte genauso gut einen Actionhelden oder Hauptkommissar synchronisieren, so streng klingt sie. Die harten K- und T-Laute brechen förmlich aus dem Lautsprecher hervor. Ich fragte mich, warum die Tonregie diese Knacklaute nicht abmilderte. Technik gibt es dafür ja genügend.

Ihre Modulationsfähigkeit beschränkt sich auf die Tonhöhe: Susie Smart spricht wesentlich höher (und verführerischer) als, sagen wir, Seth Morley. Auch die Sprechgeschwindigkeit ist ein Stilmittel, aber eines, das sie viel zu wenig nutzt. Immerhin macht sie vor bedeutenden Wörtern ein winzige Pause.

Auch ihre englische Aussprache ist verbesserungswürdig. Sie spricht den Namen „Seth“ nicht mit stimmlosem TH aus, sondern mit T, also [set]. Das ist höchst fragwürdig. Ebenso gewöhnungsbedürftig ist der Umstand, dass sie Dr. Babbles Namen immer wie „Bubble“ ausspricht. Man hört also [babl] statt [bäbl]. Somit wird dem Hörer ein völlig anderes, m.E. falsches Bild vom Träger dieses Namens vermittelt. Als Arzt ist er immerhin eine Art Vertrauensperson.

Aus unerfindlichen Gründen spricht die Sprecherin den (arabischen) Namen des Sterns Beteigeuze auf Französisch aus: [betej’schös]. Im DUDEN 24. Auflage reicht die normale deutsche Aussprache [betei’geuze] völlig aus.

Musik gibt es keine, daher brauch ich dazu keine Bemerkung zu machen.

Unterm Strich

Die Handlung hat große Ähnlichkeit mit der in „Eye in the Sky“ und „Ubik“. Eine Gruppe von Einzelpersonen sieht sich einer rätselhaften und mörderischen „Realität“ gegenüber und versucht, aus den Einzelerlebnissen (idios kosmos) einen Sinn für eine gemeinsame Erfahrung (koinos kosmos) abzuleiten. Das funktioniert aber nur in „Eye in the Sky“ aus dem Jahr 1958 einwandfrei – und obendrein recht vergnüglich.

„Irrgarten des Todes“ wurde 1967/68 fertiggestellt, zu einer Zeit, als der Autor von Angst in vielerlei Gestalt heimgesucht wurde, und das spürt. Dennoch kann der Autor immer noch ein gehöriges Maß an schwarzem Humor aufbringen, um entsprechend kenntnisreichen Lesern Vergnügen zu bereiten Nach mehreren literarischen Gefechten mit der Natur der Realität, die er zertrümmerte, stellt „Irrgarten“ den konsequenten Endpunkt dieses Kampfes und dieser Schaffensphase dar.

Man kann den Roman auf verschiedenste Weise lesen. Am unterhaltsamsten ist sicherlich die Lesart des Thrillers: Es finden rätselhafte Morde statt, perverse und/oder heilige Wahnsinnige treten auf, unerklärliche Agenten mischen sich ein und obendrein gibt es überall Gefahr durch Mikromaschinen (siehe dazu auch die verfilmte Story „Second Variety“). Wunder finden statt, und lebende Geleewürfel liefern Orakelsprüche – dieser Roman ist eine wahre Wundertüte. Wie dies alles zusammenhängt, erfahren alle Beteiligten – und somit auch der Leser – erst ganz am Schluss. Gibt es für die letzten Überlebenden Erlösung? Das darf hier nicht verraten werden.

Das Hörbuch

Schon mit der normalen Aussprache der Sprecherin habe ich meine Schwierigkeiten, aber dann verfälscht sie sowohl die Aussprache englischer Namen wie Seth und Babble als auch von deutschen Namen wie Beteigeuze. Musik gibt es keine.

Hinweise

Wie schon eingangs erwähnt, gibt es drei verschiedene Ausgaben in deutscher Sprache, die jeweils anders ausgestattet sind. Die zweite von 1987 enthält einen kenntnisreichen Essay von Dick-Experte Uwe Anton. Er verweist schlauerweise auf die Doktorarbeit, die der US-Autor Kim Stanley Robinson über Dick anfertigte. KSRs ausgezeichnetes Buch ist beim Shayol-Verlag erschienen und von mir besprochen worden.

Wer jedoch noch tiefer einsteigen will und den Roman mit dem LEBEN des Autors sowie mit anderen Werken in Zusammenhang bringen will, der greife zu Lawrence Sutins Biografie „Göttliche Invasionen“ bzw. „Divine Invasions. A Life of Philip K. Dick“ (ISBN 9780786716234). Sutin wagt es, jedem einzelnen Roman Dicks eine Note zwischen 1 und 10 zu verpassen. Für „Irrgarten“ vergab er sieben Punkte, immerhin.

CD: 300 Minuten
Originaltitel: A Maze of Death, 1970
Aus dem Englischen von (Yoma Cap?)
ISBN-13: 9783865381101

www.deltamusic.de

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