Rico Forwerk – Der Wald (Amurante 1)

Amurante

Band 1: “Der Wald”
Band 2: “Die Krankheit” (noch nicht erschienen)

Die IT-Angestellte Kayleigh Bringstine ist bereits zum wiederholten Mal einfach während der Arbeit eingeschlafen. Als sie eines Morgens aufwacht, findet sie sich in einer unbekannten, ziemlich baufälligen Hütte wieder, zusammen mit einem kranken Alten, der sie offenbar nicht wahrnimmt. Es scheint, als sei sie entführt worden. Aber von wem? Und warum? Und wer ist der alte Mann?

Kayleigh ist die tragende Figur der Geschichte, denn über den Entführer erfährt man erst im Epilog genaueres. Umso nachteiliger wirkt sich die Tatsache aus, dass Kayleighs Darstellung nicht stimmig geraten ist.
So hält Kayleigh sich für einen logisch denkenden, rationalen Menschen, der alles Übernatürliche für Humbug hält. Für einen solchen Menschen findet sie sich erstaunlich rasch in die groteske Situation, in der sie sich befindet, sie versucht zu keiner Zeit ernsthaft, andere, logische Erklärungen zu finden. Und sie folgt auf der Suche nach der verlorenen Seele ausgerechnet ihrer Intuition, und das funktioniert auch noch reibungslos! Wollen wir mal zugunsten des Autors davon ausgehen, dass Kayleigh einfach bei ihrer Selbsteinschätzung kolossal danebenlag.

Des Weiteren sitzt sie zwei Wochen lang nur rum, ohne etwas zu unternehmen, weil sie sich nicht traut. Als die Ereignisse dann ins Rollen kommen, traut sie sich plötzlich eine ganze Menge. Tatsächlich stellt sie sich im Laufe der Ereignisse als erstaunlich zäh und mutig heraus, und als ziemlich neugierig. Wo war diese Neugierde in den ersten beiden Wochen? Warum hat sie nicht früher die Initiative ergriffen? Selbst jemand, der darauf wartet, gefunden zu werden, kann zumindest versuchen, die Aufmerksamkeit der Suchtrupps zu erregen, oder die nähere Umgebung erkunden.

Das seltsame „Profil“, das ihr Entführer zu ihrer Person erstellt hat, macht es auch nicht gerade besser. Depressiv und hysterisch sind beides keine Begriffe, die ich in Bezug auf Kayleigh verwenden würde. Außerdem frage ich mich, warum der Entführer ihr diese Notizen überhaupt zugänglich macht. Sie sind für die eigentliche Handlung von keinerlei Bedeutung.

Auch mit der Ausarbeitung des Settings habe ich so meine Probleme. Einige Stellen sind durchaus anschaulich geschildert, so zum Beispiel die Begrenzungspfosten um die Hütte, das Labor oder der seltsame Blumenwald hinter den Bergen.

Am ausführlichsten ist die Beschreibung des sogenannten Shivvn ausgefallen. Hier ist der Autor sogar auf Zwischenstufen bei der Verwandlung eingegangen, einschließlich der Auswirkungen eines Fehlversuchen. Leider ist dieser Aspekt der Geschichte wenig erfreulich.

Und sobald die Darstellung das optische verlässt, ist es nicht mehr weit her damit. Der Leser erfährt lediglich, dass der Entführer versucht, sich in einen Shivvn zu verwandeln, weil er sich davon Unsterblichkeit verspricht. Details zur Magie – die es ganz offensichtlich geben muss – und zu den inneren Zusammenhängen zwischen Magie und wissenschaftlichem Experiment gibt es nicht. Das ist nicht nur unbefriedigend, sondern auch verwirrend.

Aber offenbar ist es einfacher, sich exotische Landschaften und Wesen vorzustellen, als ein stimmiges Modell zu entwerfen, wie sich Wissenschaft mit Magie verbinden ließe.

Dazu kommen logische Fehler. So tüftelt der Entführer schon seit über dreißig Jahren an seiner Verwandlung herum, aber ehe er den letzten Schritt tun kann, kommt ihm Kayleigh dazwischen. Beim Showdown kommt die Veränderung dann aber plötzlich ganz von selbst.

Und Kayleigh kann bei ihrem ersten Fluchtversuch problemlos und ungehindert durch den Wald rennen – obwohl der eigentlich so gefährlich sein soll, dass die Hütte die Begrenzungspfosten zum Schutz braucht. Beim zweiten Mal lässt der Wald sie nicht so einfach durch. Wirklich gefährlich ist er aber auch diesmal nicht, wozu also die Begrenzungspfosten? Manchmal scheint es, als wüsste der Autor selbst nicht genau, wie die Umgebung, die er geschaffen hat, denn nun tatsächlich funktionieren soll.

Eines immerhin muss man dem Autor lassen. Gegen Ende wird es tatsächlich spannend. Trotz des oben erwähnten Logikfehlers liefert Kayleigh dem Entführer immerhin einen passablem Kampf, der temporeich erzählt ist.

Und damit wären wir beim sprachlichen Aspekt. Nun lässt sich über Stilfragen ja nur schlecht streiten. Ich persönlich bin kein Fan des erweiterten Partizips, es macht die Sätze sperrig. Aber wenn das alles wäre, könnte ich damit leben. Womit ich nicht leben kann, sind sprachliche Fehler. Ich empfehle dem Autor dringend, sich einen Lektor zu suchen. Vor allem der Anfang des Buches ist mehr als nur holperig, er ist nahezu unpassierbar. Und auch später finden sich immer wieder Stellen, an denen der Leser hängenbleibt. Die meisten sind einfach nur ungeschickt formuliert, aber einige sind auch sinnverfälschend.

Unterm Strich erinnert mich die Ausarbeitung dieser Geschichte sehr stark an ein Computerspiel. Die Actionszenen sind ordentlich geraten und die Optik ist wirklich ganz gut gelungen, wobei sich letzteres in meinem Fall eher negativ ausgewirkt hat, da vor allem der so ausführlich beschriebene Shivvn ausgesprochen eklig ist. Die Darstellung erinnert mich stark an Chtulhu, bei Amazon wird das Buch denn auch nicht unter Dark Fantasy sondern unter Horror geführt, obwohl die Geschichte zu keiner Zeit wirklich gruselig ist.

Allerdings sollte nach meinem Dafürhalten ein Buch mehr sein als nur die Niederschrift eines Gameverlaufs. Dafür fehlt es jedoch sowohl den Figuren als auch der Handlung ganz entschieden an Lebendigkeit und Nachvollziehbarkeit. Dabei hätte der Plot durchaus eine gute Geschichte hergegeben, wenn der Autor sich die Mühe gemacht hätte, ihn ordentlich zu durchdenken, aufzubauen und auszugestalten.

Rico Formwerk verbringt seine Zeit vorwiegend mit Büchern und Computerspielen. Nach einem Bachelor in Game Design wandte er sich dem Schreiben zu. „Der Wald“ ist der erste Band des Mehrteilers Amurante. Wann der zweite Band erscheinen wird, steht noch nicht fest.

Taschenbuch 224 Seiten
ISBN-13: 978-3741242014

http://ricoforwerk.jimdo.com//index.html

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