Robert A. Heinlein – Starship Troopers. Der Roman zum Film von Paul Verhoeven

Interstellare Käferjagd

Starship Troopers“ ist einer der umstrittensten Romane in der Science Fiction überhaupt. Durch seine militaristische, antidemokratische Haltung rief dessen Autor, Robert Heinlein, auf Jahre hinaus heftige Kritik hervor, die zu dem preisgekrönten Antikriegsroman „Der ewige Krieg“ (1974) von Joe Haldeman, aber auch zu Parodien wie Harry Harrisons „Der Chinger-Krieg“ (1965 als „Bill the Galactic Hero“) führte. Dennoch bekam der Autor dafür 1960 einen HUGO Award.

Der Autor

Robert Anson Heinlein (1907-1988) wird in den USA vielfach als Autorenlegende dargestellt, sozusagen der „Vater der modernen Science Fiction“. Allerdings begann er bereits 1939, die ersten Stories im Science Fiction-Umfeld zu veröffentlichen. Wie modern kann er also sein?

Wie auch immer: Heinleins beste Werke entstanden zwischen 1949 und 1959, als er für den Scribner-Verlag (bei dem auch Stephen King veröffentlicht) eine ganze Reihe von Jugendromanen veröffentlichte, die wirklich lesbar, unterhaltsam und spannend sind. Am vergnüglichsten ist dabei „The Star Beast / Die Sternenbestie“ (1954). Auch diese Romane wurden vielfach zensiert und von Scribner gekürzt, so etwa „Red Planet: A Colonial Boy on Mars“ (1949/1989).

Allerdings drang immer mehr Gedankengut des Kalten Krieges in seine Themen ein. Dies gipfelte meiner Ansicht nach in dem militärischen Roman „Starship Troopers“ von 1959. Im Gegensatz zum Film handelt es sich bei Heinleins Roman keineswegs um einen Actionknaller, sondern um eine ziemlich trockene Angelegenheit. Heinlein verbreitete hier erstmals ungehindert seine militaristischen und antidemokratischen Ansichten, die sich keineswegs mit der der jeweiligen Regierung decken müssen.

Mit dem dicken Roman „Stranger in a strange land“ (1961/1990), der einfach nur die Mowgli-Story auf mystisch-fantastische Weise verarbeitet, errang Heinlein endlich auch an den Unis seines Landes Kultstatus, nicht nur wegen der Sexszenen, sondern weil hier mit Jubal Harshaw ein Alter Ego des Autors auftritt, der als Vaterfigur intelligent und kühn klingende Sprüche von sich gibt. „Stranger“ soll Charles Manson zu seinen Morden 1967 im Haus von Sharon Tate motiviert haben. Sharon Tate war die Gattin von Regisseur Roman Polanski und zu diesem Zeitpunkt schwanger.

Als eloquenter Klugscheißer tritt Heinlein noch mehrmals in seinen Büchern auf. Schon die nachfolgenden Romane sind nicht mehr so dolle, so etwa das völlig überbezahlte „The Number of the Beast“ (1980). Einzige Ausnahmen sind „The moon is a harsh mistress“ (1966, HUGO), in dem der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg auf dem Mond stattfindet, und „Friday“ (1982), in dem eine weibliche und nicht ganz menschliche Agentin ihre Weisheiten vertreibt.

Größtes Lob hat sich Heinlein mit seiner Future History (1967) verdient, die er seit den Vierzigern in Form von Stories, Novellen und Romanen („Methuselah’s Children“, ab 1941-1958) schrieb. Dieses Modell wurde vielfach kopiert, so etwa von seinem Konkurrenten Isaac Asimov.

Heinleins Werk lässt sich sehr einfach aufteilen. In der ersten Phase verarbeitet er auf anschauliche und lebhafte Weise physikalische und soziologische Fakten, die zweite Phase ab 1947 wurde bis 1958 mit Jugendromanen bestritten, die ebenfalls sehr lesbar sind. Die dritte Phase beginnt etwa ab 1959/1960 und ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass, wie ein Kenner anmerkte, Heinlein Meinungen als Fakten ausgibt. Daher lesen sich diese überlangen Schinken wie Vorlesungen und Traktate statt eine gute Geschichte zu erzählen.

Hinzukommt, dass Heinlein rekursiv wird: Er klaut bei sich selbst und besucht, etwa in „Die Zahl des Tiers“ (1980), die Universen seiner Zunftkollegen – hier wird die Science Fiction inzestuös. Das mag für eingefleischte SF-Fans ganz nett sein, die ihre Insider-Gags sicherlich genießen, doch für Outsider ist es einfach nur langweilig zu lesen.

Handlung

Die Handlung, sofern man eine entdecken kann, spielt vor dem Hintergrund eines interstellaren Krieges, den die Menschen gegen die sogenannten Bugs führen, insektenartige Aliens, die wie Ameisen Staaten bilden. Nachdem die Bugs Buenos Aires ausradiert haben, fühlen sich die terranischen Streitkräfte berechtigt, ihrerseits ganze Kolonieplaneten der Bugs vom Ungeziefer zu „befreien“. Der Erzähler wünscht sich, seine Seite hätte bereits die versprochenen „Nova-Bomben“, um solche infizierten Planeten komplett in Stücke zu sprengen.

Die Kammerjäger

Doch das ist im Buch im Grunde unwichtig. Eine zentrale Rolle als interstellare Kammerjäger spielt die vom Autor zur Elitetruppe der Menschheit hochstilisierte „Mobile Infanterie“, kurz M.I. Sie ist analog der amerikanischen Marineinfanterie einer der am härtesten trainierten Verbände überhaupt, so wird vom Ich-Erzähler behauptet. Dies ist Johnny Rico, und er macht seinem Namen alle Ehre, kommt er doch aus einer reichen Familie. Dass diese Familie zu Hause Tagalog spricht (und nicht etwa Spanisch oder Englisch), lässt darauf schließen, dass sie auf den Philippinen zu Hause ist. Dass sich Johhny überhaupt für die Aufnahme in die M.I. qualifizieren kann, bedeutet, dass die USA auf dieser zukünftigen Welt die Philippinen besetzt haben…

Das Wahlrecht

Doch Johnny tritt der MI nicht bei, um Insekten zu vertilgen. Vielmehr möchte er – zunächst wenigstens – damit das Wahlrecht als US-Bürger erwerben. Das aber geht nur durch freiwilligen Dienst in den Streitkräften. Selbstverständlich dürfen sich auch Frauen, intelligent wie sie nun mal sind, bei den Streitkräften melden, etwa als Pilot. Schließlich haben auch sie das Recht, von Bugs gekillt zu werden.

Johnny tritt dem Barras gegen den Willen seines Vaters bei, der ihn lieber als Kraft in seiner Firma sähe. Später sind beide jedoch glücklich, in der gleichen Truppe dienen zu dürfen, um den Bugs in den Chitin-Hintern zu treten. Die Ausbildung ist hart, und viele stehen sie nicht durch, aber verglichen mit dem eigentlichen Kriegsgeschehen ist sie noch ein Kinderspiel. Johnny, der interstellare Held, bringt es aufgrund seiner raschen Auffassungsgabe und grenzenlosen Unterordnungsfähigkeit bis zum Führer einer Kompanie an Bord eines Truppentransporter-Raumschiffs.

Showdown

Ach, diese elenden Schiffe! Da muss man Mathe büffeln, um Offizier zu werden, doch jenseits von „Schott 30“ warten wunderhübsche weibliche Wesen auf zwei Beinen darauf, von der Gegenwart eines (mehr oder wenigen feschen) männlichen Wesens auf zwei Beinen beglückt zu werden! Selbst wenn dem Wesen mal im Kampf ein Bein abhanden gekommen sein sollte. Hauptsache, die edlen Teile sind noch dran. Denn wozu kämpft die MI schließlich und endlich? Doch um das edelste Gut der Menschheit zu verteidigen, und das ist natürlich die Familie. Sicherlich ist es da nicht vermessen, weibliche Wesen auf zwei Beinen zu Göttinnen zu erheben. Vielleicht bewegen Johnny solche erhebenden Empfindungen, während er seine Leute aufstellt, um der Göttin der Bugs, d.h. ihrer Königin, den Garaus zu machen…

Unterm Strich

Dies ist kein Actionroman. Dieser letzte Jugendroman Heinleins ist vielmehr eine propagandistische Ansammlung von mehr oder weniger subtil und unterschwellig geführten, langen Mono- und Dialogen. Sie werden meist von Johnny, aber auch häufig von Lehrern und Offizieren im Fach „Sozialethik“ vorgetragen.

Action findet der vom Film verführte Leser lediglich auf den letzten 40-50 Seiten vor. Und selbst da sind es seitenweise Überlegungen über die richtige Aufstellung der Männer um ein Bug-Nest sowie die logistisch aufregenden „Dialoge“ Johnnys mit seinem Führungsoffizier.

Während Johnny Rico das Soldatenleben glorifiziert, verdammt er seinen Gegner, der in einer Staatsform mit vulgärmarxistischen Anklängen lebt, in Grund und Boden: Die Bugs, das sind Primitive (die zufällig Atomraketen besitzen), die bis auf den letzten Mann auszurotten sind. Senator McCarthy hätte seine Freude an solchen nationalistischen Darstellungen gehabt. Zum Glück gibt es auch „gute“ Außerirdische, nämlich die „Skinnies“ bzw. „Hopfenstangen“. Sie geben der MI gute Tipps bezüglich der Bugs.

Hinweise

Wer die Nase voll hat von diesem Müll, sollte mit Joe Haldemans Roman „Der ewige Krieg“ die konsequente und logische Antithese zu „Starship Troopers“ lesen, und zwar möglichst in der letzten Fassung. Das Haldeman-Buch und seine Fortsetzung „Der ewige Friede“ sind bei Heyne seit dem Jahr 2000 in ausgezeichneten Ausgaben zu bekommen.

2014 wurde der verfilmte Roman im Mantikore-Verlag erneut veröffentlicht.

Taschenbuch: 335 Seiten
Originaltitel: Starship Troopers, 1959
Aus dem Englischen von Bodo Baumann.
ISBN-13: 9783404141593

www.luebbe.de

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