Robin Hobb – Die Tochter des Propheten (Das Kind der Weitseher 2)

Das Kind der Weitseher

Band 1: Die Tochter des Drachen“
Band 2: „Die Tochter des Propheten“
Band 3: „Die Tochter des Wolfs“

Biene wurde entführt, doch als Fitz davon erfährt, ist es bereits einige Tage her, die Spur scheint bereits kalt. Nur mit Mühe kann seine Familie ihn dazu bewegen, trotzdem noch die Berichte derer vom alten Blut abzuwarten, die mit Hilfe ihrer verschwisterten Tiere Ausschau halten. Fitz kümmert sich derweil um den Narren, der langsam zu genesen scheint. Als endlich Nachricht von seiner Tochter eintrifft, hält ihn nichts mehr …

Wie immer lässt Robin Hobb sich auch in diesem Band viel Zeit damit ihre Geschichte sehr detailliert zu erzählen. Ein Drittel des Buches vergeht, bis in Bocksburg überhaupt jemand merkt, dass Weidenhag überfallen wurde! Nun bin ich durchaus ein Freund von Detailreichtum und kann durchaus damit leben, wenn eine Geschichte sich langsam entwickelt. Was in diesem Fall meine Geduld so strapazierte, war Fitz‘ unablässiges Selbstmitleid. Schon bevor er überhaupt von Bienes Entführung weiß, ist er ständig damit beschäftigt, sich schuldig zu fühlen, weil er seinen eigenen Ansprüchen an seine Vaterrolle nicht genügt. Mit der Nachricht von Bienes Verschwinden wird es noch schlimmer. Auf Dauer empfand ich das als ziemlich ermüdend, vor allem, weil Fitz sich in seinen Selbstvorwürfen ständig wiederholt.

Abgesehen davon stellte er sich diesmal in mancherlei Hinsicht ziemlich begriffsstutzig an. So viele Hinweise auf die wahre Natur seiner Tochter, und er ignoriert sie einfach, als könnte sein Leugnen etwas daran ändern, was sie ist. Zugegebenermaßen braucht der Narr genauso lang, die Wahrheit zu erkennen, aber er ist auch lebensgefährlich verletzt, zu Tode erschöpft und schwer traumatisiert, und er hat weder Biene gekannt noch ihr Traumtagebuch gesehen.

Biene selbst spielt eine weit kleinere Rolle als im ersten Band dieser Trilogie, trotzdem war auch diesmal ihr Erzählstrang der interessantere. Das lag zum einen daran, dass die Figuren – abgesehen von Biene und Ungelitten – neu und unbekannt waren, zum anderen daran, dass es innerhalb des Trupps von Entführern Spannungen gibt, die immer weiter zunehmen. Vor allem aber lag es daran, dass die Ereignisse um Biene weitaus relevanter wirkten als die um Fitz.

Selbst die Szenen, in denen Fitz nicht um sich selbst oder um den Narren kreist, wirken manchmal seltsam losgelöst vom eigentlichen Kern der Geschichte. Natürlich ist es durchaus relevant, was mit Chade geschieht, und es ist auch gut, dass der Leser einen Grund für die Entwicklung geliefert bekommt. Letztlich erschien mir das alles aber etwas übertrieben aufwändig, nur um zu erklären, warum Fitz sich nicht mehr mit ihm berät. Chade war bereits im ersten Band von einer zentralen Figur zur Randfigur geworden.

So ist das Scharmützel um Chade tatsächlich nicht mehr als das. Bis endlich wirkliche Bewegung in die Geschichte kommt, vergehen nicht weniger als knapp siebenhundert Seiten! Was für eine Erleichterung, als das Warten endlich ein Ende hatte. Und was für eine Enttäuschung, als schon hundert Seiten später erneut die Bremse gezogen wird und der Leser eine Durststrecke von weiteren hundert Seiten zu überstehen hat, bis es endlich wirklich spannend wird.

Und dann endet das Buch auch noch in einem absolut fiesen Cliffhanger! Zugegeben, ich hätte den letzten Band wohl auch gelesen, wenn dieser hier nicht an einer solch offenen und spannenden Stelle geendet hätte. Jetzt, da Fitz endlich und endgültig wieder in Bewegung ist, gehe ich davon aus, dass die Beschäftigung mit seinen Schuldgefühlen schon allein deshalb abnehmen wird, weil andere Dinge seine Aufmerksamkeit erfordern werden. Trotzdem fand ich es ein wenig enttäuschend, nachdem ich so lange genau darauf gewartet hatte, jetzt unterbrochen zu werden.

Unterm Strich fand ich den zweiten Band über die Tochter des Weitsehers nicht ganz so gut wie den ersten, woran hauptsächlich Fitz schuld ist. Die lange Wartezeit auf ein echtes Fortschreiten der Handlung wäre nicht halb so mühselig zu lesen, hätte er seinen Verstand nicht so sehr auf seine Versäumnisse und Verluste gerichtet, sondern mehr darauf, was ihm noch geblieben war und was er noch zu tun vermochte. Und auf das, was der Narr ihm erklärte!
Ein echter Lichtblick – abgesehen von den interessanten Entwicklungen und Charakteren um Biene – waren Nimmermüd und Asche. Obwohl Nim in seiner Sturheit fast so schlimm ist wie Fitz, war seine Aufrichtigkeit und Bodenständigkeit doch eine Wohltat, und Asche ist ein helles Köpfchen. Beide waren ein angenehmer Ausgleich zu Ungelitten und Lant, die im Vergleich zu den beiden Kindern regelrecht lebensuntüchtig wirkten. Immerhin gibt es Hoffnung, dass die beiden sich im Laufe des letzten Bandes noch ein wenig entwickeln. Man wird sehen …

Robin Hobb war bereits unter dem Namen Megan Lindholm eine erfolgreiche, mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin, ehe sie mit der ersten Weitseher-Trilogie erfolgreich ins Genre der Fantasy einstieg. Das Kind der Weitseher ist nach der Chronik der Weitseher und dem Erbe der Weitseher der dritte Abschnitt dieser Serie, außerdem stammen aus ihrer Feder der Zyklus der Zauberschiffe und eine ganze Anzahl weiterer Zyklen, die allerdings großteils nicht auf Deutsch erhältlich sind. Robin Hobb lebt mit ihrem Mann in Tacoma/Washington.

Broschiert 1114 Seiten
Originaltitel: Fool‘s Quest
Deutsch von Maike Claußnitzer
ISBN 13: 978-3-764-53230-7

http://www.robinhobb.com/index.html
http://www.randomhouse.de/penhaligon/index.jsp

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