Roger Zelazny – Die Gewehre von Avalon (AMBER 2)

Amber, das wirkliche Königreich, von dem die Erde eine Parallelwelt, ein „Schatten“ ist, ging für Corwin verloren. Eric, sein mächtiger Bruder, hat ihn um das Erbe gebracht, ihn geblendet und in die Verliese der Festung werfen lassen. Doch mit Hilfe eines Vertrauten gelang ihm die Flucht.

Nachdem er sein Augenlicht wiedergewonnen hat, bricht Corwin auf, um sich auf den gefahrvollen Weg durch die Schatten zu machen. Er besucht die Erde, um Schusswaffen zu kaufen und Munition herstellen zu lassen, die auch unter den besonderen Bedingungen von Amber funktioniert, wo irdisches Schießpulver ein harmloses, nicht brennbares Material ist. Er wirbt Söldner an, um sein Erbe zurückzugewinnen.

Wiederholt kreuzt er auf seiner Reise die „Schwarze Straße“ und begegnet ihren scheußlichen Geschöpfen, die der Hölle entsprungen zu sein scheinen und die Sinne der Menschen zu narren vermögen. Und als Corwin mit seinen Truppen auf Amber rückt, muß er feststellen, dass die „Schwarze Straße“ quer durch Avalon bis nach Amber führt und die Kreaturen der Finsternis sein Reich belagern und zu vernichten drohen. (Verlagsinfo)

Der Autor

Während Roger Zelazny, geboren 1937, eher für seine ausgezeichneten Science-Fiction-Romane und Novellen („He Who Shapes“, 1965, oder „A Rose for Ecclesiastes“, 1966, ebenfalls HUGO) bekannt ist, wird seine Fantasy weniger geschätzt. Eine Ausnahme bilden die zehn Romane aus dem AMBER-Zyklus. Es gab sogar Fortsetzungen von der Hand anderer Autoren.

Sein Roman „Fluch der Unsterblichkeit“ („This Immortal“ ) ist ein echter Klassiker des Science-Fiction-Genres. Das 1966 veröffentlichte Buch wurde ausgezeichnet mit dem HUGO Award, und ebenso erfolgreich war er ein Jahr später mit „Herr des Lichts“. Zu Ende seiner Laufbahn veröffentlichte er zahlreiche, wenig erfolgreiche Kollaborationen mit anderen Autoren, so etwa mit Philip K. Dick und Fred Saberhagen. Zelazny starb 1995.

Der erste AMBER-Zyklus:

1) Corwin von Amber
2) Die Gewehre von Avalon
3) Im Zeichen des Einhorns
4) Die Hand Oberons
5) Die Burgen des Chaos

Der zweite AMBER-Zyklus:

1) Die Trümpfe des Jüngsten Gerichts
2) Das Blut von Amber
3) Zeichen des Chaos
4) Ritter der Schatten
5) Prinz des Chaos

Weitere wichtige Werke

1) Herr des Lichts
2) Fluch der Unsterblichkeit
Und viele weitere.

Die Unsterblichen von Amber

A) Die Damen

1) Florimel
2) Deirdre
3) Fiona
4) Llewella

B) Die Männer

1) Corwin
2) Eric
3) Random
4) Julian
5) Bleys
6) Gérard
7) Caine
8) Brand
9) Benedict

Handlung

Nach seinem letzten Abenteuer, der gescheiterten Eroberung seines Stammsitzes, bringt ein Schiff Corwin von Amber an neue Gestade in den Schattenlanden. Wie jeder Prinz von Amber kann Corwin sich schon bald regenerieren und präsentabel verkleiden. Schließlich hat er vier Jahre in einem Kerker zugebracht. Er braucht Gefährten und Unterstützung.

Ein Ritter liegt verwundet zwischen sechs Leichen – kein schöner Anblick, aber einer, der Corwin Respekt abverlangt: Der Ritter hat alle im Alleingang niedergemacht. Mit seinen Heilkräften hilft Corwin dem Ritter, der sich Lancelot nennt und von einem Ring des Bösen erzählt. Als zwei Riesenkatzen auftauchen, die sprechen können, ahnt Corwin, was der Ritter meint. Er macht beiden Kreaturen den Garaus und folgt dem Rat Lancelots, sich doch zur Burg von Ganelon zu begeben.

Die Burg ist eine echte Festung mit allem Drum und Dran. Der Burgherr Ganelon erkennt Corwin nicht, der sich hier Corey von Cabra nennt. Doch als er von Amber und der Belagerung erzählt, erinnert er sich an einen gewissen Corwin, der ihn vor Jahren hierher nach Ganelon verbannt hat. Doch „Corey“ versichert ihm, Corwin schmachte immer noch in den Kerkern des Prinzen Eric. Entspannt beginnt Corwin, seinen Körper zu ertüchtigen und sich mit den Kriegern der Burg zu messen. Er schneidet ganz gut dabei ab: Er ist immer der Beste, und Ganelon macht ihn bald zu seinem Hauptmann.

Denn Ganelon und sein Land Lorraine haben mit dem erwähnten Ring ein massives Problem: Daraus kriechen nicht nur Monster wie Höllenkatzen hervor, sondern auch solche untoten Menschen, wie sie Lancelot erschlagen hat. Schon Ganelons Vorgänger König Uther hat dieses Tor zur Hölle bekämpft, doch unterlag er gegen den Lord dieses Gebiets, deinen gehörnten und ziegenköpfigen Menschenkrieger.

Erst Ganelon ist es gelungen, die Ausbreitung des Ringes, der das Land verschlingt, zu stoppen, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Armee daraus hervorbricht. Besser, man komme diesem Angriff zuvor, rät „Corey“. Lance und Ganelon stimmen ihm bei und bereiten ihre gerade mal 200 Mann starke Kavallerie vor.

Lorraine

Lorraine heißt nicht nur das Land, sondern auch eine Frau, die mit Corey anbandelt. Sie ist eine Marketenderin, die nicht nur Waren feilzubieten weiß, sondern auch ihren Körper. Sie ist nicht auf den Kopf gefallen und schöpft schon nach kurzem Beobachten Corwins den Verdacht, dass er mehr sein könnte als ein gewöhnlicher Mensch, sondern vielmehr ein Zauberer. Der Verdacht bestätigt sich, als er ein dringendes Zwitterwesen, das sich Styggwaldir nennt, mit seinem Zauberschwert Grayswandir besiegt. Nachdem Styggwaldir erstaunt Corwins wahre Identität erkannt hat, verbrennt er zu Asche. Na, wenigstens hat Corwin die Dame beschützen können.

Herz der Finsternis

Die Armee Ganelons kommt dem gegnerischen Angriff zuvor und dringt rasch in den Ring des Verderbens vor. Untote und Monster werden niedergemacht, und als die drei Recken schließlich in die Burg des Ziegenartigen eindringen, bleibt nur noch eine Handvoll übrig, um in dessen zentrales Gemach einzudringen. Corwin ist der erste, doch dann erlebt er eine böse Überraschung: Der Ring ist seine eigene Schöpfung, und sein vermeintlicher Gegner bietet ihm an, für ihn Burg Amber zu bestürmen, wenn Corwin ihm diese Welt überlässt…

Mein Eindruck

Die Prinzen von Amber sind allesamt Abkömmlinge von Oberon, den wir aus den Legenden und Theaterstücken Shakespeares als König der Elfen kennen. Seitdem sich Oberon mir nichts dir nichts verdünnisiert hat, ringen die Prinzen um den Thron von Amber. Im ersten Band versuchte Corwin vergeblich, den Burgberg Kolvir zu erstürmen und seinen Bruder Eric, den Usurpator, vom Thron zu stoßen. Vielmehr ließ dieser ihn blenden und in den Kerker werfen.

Kaum befreit, bereitet Corwin seine Rache vor. Sein Bruder Benedict herrscht über eines der Schattenreiche, die außerhalb Ambers liegen (denn nur Amber ist die wahre Welt). Aber Benedict hat auch eine hübsche, freche Enkelin namens Dara, die einen flotten Degen zu schwingen versteht. Dara gelingt es, Corwin mit ihren Reizen zu verführen, ein Vorgang, den er schon bald bereuen wird. Denn er merkt, dass ihm Benedict auf den Fersen ist und ihn blind vor Wut zu töten versucht.

Nach diesem packenden Showdown, bei dem ihm Bruder Gerard aushilft, macht sich Corwin wie geplant mit Ganelon auf den Weg, um die bestellten Gewehre abzuholen und die entsprechenden Schützen zu rekrutieren. Als er beides aus den Schattenwelten besorgt hat, bestückt er die Gewehre mit ganz spezieller Munition.

Chemie

In Amber funktioniert Schwarzpulver nicht, genauso wenig andere Explosivstoffe. Corwin kann also keine normale Munition verwenden, wie wir sie kennen, sondern muss einen anderen chemischen Stoff verwenden. Er ist auf die Wirkungskraft eines Stoffes, den Juweliere verwenden. In London bestellt er eine erkleckliche Menge dieser Substanz, gegen ein hübsches Sümmchen bekommt er diese UND die zugehörige Munition. Zwecks Bezahlung hat er in der Wüste Namib Rohdiamanten gesammelt – natürlich in jener Zeit, bevor die ersten Siedler und Schürfer hierherkamen.

Kartenmagie

Einem Prinzen von Amber fällt ja das Zeitreisen ebenso leicht wie die Manipulation von Schattenwelten durch pure Willenskraft. Obendrein verfügen die Prinzen über die Trümpfe eines magischen Kartenspiels. Diese Karten – die nirgends abgebildet sind – zeigen offenbar alle neun Prinzen und lassen sich entsprechend gehandhabt als Kommunikationsmittel einsetzen. Sie funktionieren also wie Handys. Zugleich können sie noch mehr: Auf Wunsch öffnen sie ein Dimensionstor, durch das ein Kommunikationspartner zu anderen schreiten kann – oder eine ganze Armee, so wie es Corwin mit seinen Söldnern tut.

Amber

Ausgerüstet mit funktionierenden Gewehren aus Avalon (die den Titel dieses Bandes vollauf rechtfertigen) greift Corwins Truppe Amber an. Doch schon bald stößt er auf Ungeheuer und Drachenreiter: Amber wird von einer Armee angegriffen, die aus der Hölle kommt. Nun muss er sich entscheiden: Soll er warten, bis der Thronräuber Eric ihr unterlegen und gestorben ist und dann die Reste aufsammeln oder gleich den Truppen Eric zu Hilfe eilen und als Held des Tages triumphieren?

Man sieht also, dass sich der Leser über mangelnde Action und Spannung bis zur letzte Seite nicht zu beklagen braucht. Das einzige, was noch fehlt, sind Illustrationen, wie man sie in Band 5 findet.

Die Übersetzung

Die Übersetzung Thomas Schlücks ist recht flott zu lesen, wartet aber mit veralteten Ausdrücken auf, die dem Fantasygenre geschuldet sind. Der moderne Leser könnte über Fechtbegriffe wie „Riposte“, „Quarte“ und „Parade“ stolpern und zudem nicht wissen, was unter dem antiken Ungeheuer Mantikora zu verstehen ist. Dieses wird zum Glück genau beschrieben: Auf dem Leib eines Löwen trägt es das Gesicht eines Menschen, die Flügel eines Adlers und den geringelten Stachelschwanz eines Skorpions. Dieses Fabelwesen erkoren sich Emerson, Lake & Palmer als Emblem ihres eigenen ELP-Platten-Labels aus. Niedlich.

S. 304: „befand ich mich auf einem Schatten Welt namens Erde“. Tja, hier hat es mit der Korrektur wohl nicht so recht geklappt. Er sollte „Schattenwelt“ heißen.

S. 403: „Und irgendwo dahinter liegen die Gerichte des Chaos.“ Gemeint sind die „Courts of Chaos“, die Band 5 den Titel verleihen. In der Übersetzung wird daraus aber „Die Burgen des Chaos“. Das konnte der Übersetzer wohl bei Band 2 noch nicht wissen, aber im Sammelband hätte man dieses Detail angleichen können.

Unterm Strich

Ich habe diesen Abenteuer-Roman, der Züge von Fantasy, Helden-Epik und Science Fiction vereint, in nur wenigen Tagen gelesen. Der Autor sorgt immer für Abwechslung, sei es durch Kämpfe, Schlachten oder amouröse Verwicklungen. Das Fechten ist die Spezialität der Amber-Prinzen, denn in ihrer Heimat funktionieren Schusswaffen ja (normalerweise) nicht. Der Leser kommt sich also vor wie in einem Mantel-und-Degen-Abenteuer à la „Die drei Musketiere“.

Allerdings gibt es neben der erwähnten Magie einen bedeutenden Unterschied zu den Musketieren. Sind diese einander (mehr oder weniger) treu ergeben – nach dem Motto „Einer für alle, alle für einen“ -, so für die Amber-Prinzen eher das Gegenteil: Alle misstrauen einander, wenn es darum geht, Loyalität zum Thron und seinem jeweiligen Regenten zu zeigen. Corwin bekommt das besonders hart am eigenen Leib zu spüren, siehe dazu den ersten Band, in dem es nicht gerade zimperlich zur Sache geht.

In diesem zweiten Band spielt die Liebe eine gewisse Rolle. Schuld daran ist die freche Dara, die sich einfach zur Enkelin von Benedict ernennt und mit ihm ihr Liebesspiel treibt. Leider bleibt es wegen der Zensur von anno 1972 bei dezenten Andeutungen. Die Wahrheit über Dara erfährt Corwin erst, als es bereits zu spät ist, um den von ihr angerichteten Schaden noch zu verhindern. Auch mit anderen Frauenzimmern hat Corwin wenig Glück: Eine Lady, die er auf der Schwarzen Straße von zudringlichen „Orks“ zu retten versucht, stellt ihm eine fiese Falle. Kein Wunder also, dass seine meisten Interaktionen mit Männern vonstatten gehen.

Spaß macht auch die Idee, über die magischen Trümpfe nicht nur kommunizieren, sondern teleportieren zu können. Das hat einen Hauch von Science Fiction, bringt aber auch die Handlung gut voran. So erspart uns der Autor langwierige Reisen von A nach B sowie die Verständigung per Brieftaube oder ähnlichem Unsinn, den man sofort als Notbehelf durchschauen würde.

Ich kann diesen 2. AMBER-Band allen Leser empfehlen, die gerne mal moderne Fantasy lesen möchten, die nicht versucht, den „Herrn der Ringe“ oder den „Hobbit“ zu imitieren und doch mit Action, Humor und Amouren aufzuwarten versteht.

Taschenbuch: 219 Seiten
ISBN 3-453-30445-4
www.heyne.de

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P.S.: Das deutsche Titelbild ist mal wieder völlig bekloppt und höchst unpassend.