Andrzej Sapkowski – Die Dame vom See (Geralt-Saga, 5. Roman)

Ciri, Prinzessin von Cintra und Schützling des Hexers Geralt von Riva, ist auf geheimnisvolle Weise in eine fremde Welt versetzt worden. Dort trifft sie auf einen jungen Ritter namens Galahad, der sie für die Dame vom See hält und dem sie ihre Geschichte erzählt:

Die Kriege und Machtkämpfe, die seit Langem tobten, haben ihren Höhepunkt erreicht. Vilgefortz mit seinen Helfershelfern stellt sich zur Schlacht, bei der viele von Geralts Gefährten ihr Leben lassen müssen. Und es droht neue Gefahr in Gestalt des Kaisers Emhyr von Nilfgaard. Er wird von derselben uralten Prophezeiung geleitet, die auch das Handeln von Vilgefortz und Ciri bestimmte. Wiewohl im Besitz überwältigender Übermacht, scheut Emhyr bei der Konfrontation mit Geralt und Ciri vor der letzten Konsequenz zurück: Denn mit Ciri verbindet ihn mehr als nur die alte Weissagung … (Verlagsinfo)

Der Autor

Andrzej Sapkowski (* 21. Juni 1948 in Łódź, Polen) ist ein polnischer Schriftsteller. Seine Bücher greifen – zumeist parodistisch – Motive slawischer Legenden, Märchen und Mythologien auf. Internationale Bekanntheit erlangte er vorwiegend durch seine Fantasy-Romane über den Hexer Geralt, der zum Protagonisten in mehreren Computerspielen, Filmen, TV-Serien und Comics geworden ist.

Die Narrenturm-Trilogie

Narrenturm, dtv, München 2005, ISBN 978-3-423-24489-3, Narrenturm, 2002.
Gottesstreiter, dtv, München 2006, ISBN 978-3-423-24571-5, Boży bojownicy, 2004.
Lux perpetua, dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-24636-1, Lux perpetua, 2006.

Dieser dreiteilige Zyklus ist im Schlesien und Böhmen des 15. Jahrhunderts angesiedelt. Geschildert wird die Irrfahrt des Medicus Reinmar von Bielau, der auf der Flucht vor der Inquisition und dem gehörnten Ehemann seiner Geliebten durch Schlesien irrt. In dieser Reihe mischt Sapkowski Fantasymotive in erster Linie mit der blutigen Geschichte der Hussitenkriege. Nebenbei wird aber auch auf andere Ereignisse des frühen 14. Jahrhunderts in Osteuropa angespielt und es tauchen historische Figuren auf, etwa der Ritter Zawisza Czarny. Der erste Band Narrenturm war in Polen ein Bestseller und verkaufte sich auch in Deutschland hervorragend (in einer Übersetzung von Barbara Samborska).

Hexer-Geralt-Zyklus

Kurzgeschichten

Wiedźmin, 1990.
Das Schwert der Vorsehung, dtv, München 2008, ISBN 978-3-423-21069-0, Miecz przeznaczenia, 1992.
Der letzte Wunsch, dtv, München 2007, ISBN 978-3-423-20993-9, Ostatnie życzenie, 1993.

Etwas endet, etwas beginnt. dtv, München 2012, ISBN 978-3-423-21353-0, Coś się kończy, coś się zaczyna, 2000 (Ist eine Sammlung von acht teilweise älteren Erzählungen. Zwei dieser Geschichten haben Bezug zum Hexer-Geralt-Zyklus: Droga, z której się nie wraca (deutsch Der Weg, von dem niemand zurückkehrt) spielt viele Jahre vor der weiteren Handlung und erzählt von Geralts Eltern, die Kurzgeschichte Coś się kończy, coś się zaczyna (deutsch Etwas endet, etwas beginnt) berichtet abweichend vom Handlungsverlauf der Hexer-Geralt-Saga über die Hochzeit von Geralt und Yennefer.)

Die Saga

Das Erbe der Elfen, dtv, München 2008, ISBN 978-3-423-24700-9, Krew Elfów, 1994.
Die Zeit der Verachtung, dtv, München 2009, ISBN 978-3-423-24726-9, Czas pogardy, 1995.
Feuertaufe, dtv, München 2009, ISBN 978-3-423-24755-9, Chrzest ognia, 1996.
Der Schwalbenturm, dtv, München 2010, ISBN 978-3-423-24786-3, Wieża Jaskółki, 1997.
Die Dame vom See, dtv, München 2011, ISBN 978-3-423-24817-4, Pani jeziora, 1999.

Einzelroman

Zeit des Sturms, dtv, München 2015, ISBN 978-3-423-26057-2, Sezon burz, 2013.

Sonstige

Świat króla Artura. Maladie (SuperNOVA, 1995) – Essay über Die Welt von König Artus + in der Artus-Welt spielende Erzählung Maladie
Rękopis znaleziony w smoczej jaskini (SuperNOVA, 2001) – Kompendium über Fantasy-Literatur (dt. Manuskript gefunden in einer Drachenhöhle)
Historia i fantastyka (mit Stanisław Bereś, SuperNOVA, 2005) – Interview (dt. Geschichte und Fantasy)

„Ich bin mir nicht sicher, ob diese Geschichte wirklich schon zu Ende ist. Denn du musst wissen, dass sich Vergangenheit und Zukunft schrecklich verflochten haben. In jedem Augenblick liegt die Ewigkeit.“

Ich kann mich diesem Zitat auf dem Buchrücken nur anschließen, denn genau so hat Sapkowski „Die Dame vom See“, den abschließenden Band der Hexer-Saga, geschrieben. Sehr schwer fällt es mir diesen Roman zu bewerten, denn sehr unterschiedlich sind die durch eine sehr wirre und willkürliche Rahmenhandlung zusammengefassten Erzählungen. Das hat jedoch auch etwas Gutes, so kommt Geralt wieder mehr zum Zuge als in „Schwalbenturm“, was mir sehr gut gefallen hat. Als weitere Perspektiven werden unter anderem die eines Kriegsfreiwilligen, eines Medikus im Schlachtgetümmels, der Loge der Zauberinnen, Ciris Gefangenschaft als Dame vom See und sogar des Kaisers Emhyr var Emreis angeboten.

Leider war die Prophezeiung um Ciri und ihre Bedeutung für die ganze Welt von Anfang an sehr vage und bleibt es bis zu ihrer überraschenden, aber relativ unbefriedigenden Auflösung. Danach plätschert der Roman noch sehr lange hin, die in diese Rahmenhandlung eingeflochtenen Episoden wirken nach dem Showdown mit Nilfgaard auf dem Schlachtfeld überflüssig und aufgesetzt. Warum hat Sapkowski stattdessen nicht mehr aus der Provinz Touissant erzählt, wo Geralt auf der erfolglosen Suche nach Ciri Station macht und von Fringilla Vigo becirct wird.

Hier nämlich ist er der Hexer, wie wir ihn kennen und lieben. Monster soll er jagen, die wahren Monster sitzen jedoch im Schloss und sind menschlich. Der angeblich gar so böse Sukkubus, den die Damenwelt von Touissant gerne erledigt sehen würde, hat viele Freunde, vergreift sich nicht an Minderjährigen und ist auch ansonsten sehr gut gelitten, weshalb alle Männer Geralt anflehen, den süßen Sukkubus doch bitte zu verschonen. Natürlich findet Geralt eine passende Lösung. Einen weiteren Höhepunkt stellt die Schlacht mit den Heeren Nilfgaards dar, die Sapwkoskis unter anderem aus der Perspektive eines Kriegsfreiwilligen und eines Feldschers sehr intensiv und gelungen schildert.

Etwas sehr weit hergeholt und mitunter irritierend war die Verknüpfung mit der Artuslegende, Parzival und dem Elfenkönig Oberon. Nimue und Condwiramurs (Parzivals Mutter) die Geschichte Ciris „nachträumen“ zu lassen und von ihren Erlebnissen in der Elfenwelt zu berichten zu lassen stört den Lesefluss beträchtlich. Am Ende der Geschichte wird der Bogen zum Beginn, wo der Ritter Galahad eine nackte Ciri im See baden sieht, geschlagen.

Warum so viel Aufwand für diesen geringen Effekt? Es scheint mir eher, dass Sapkowski wie bereits in seiner Hussitensaga um Reinmar von Bielau die Luft und die Lust ausgegangen sind. George R. R. Martin arbeitet mit wesentlich mehr Figurenperspektiven, aber die Handlung wird dadurch nicht verworren oder irritierender. Spannungskurve und Gesamtkonzeption Fehlanzeige, ein überbordender Überbau für das, was Sapkowski am besten kann und wohl auch am liebsten weiter gemacht hätte: Kurze, knackige und humorvolle Episoden über den Hexer Geralt zum Besten geben.

Als Abschluss der Hexersaga ist das Buch leidlich gelungen, ich hätte mir gewünscht, mehr von Geralt und Yennefer zu lesen. In Zukunft würde ich mir lieber weitere Kurzgeschichten rund um den Hexer wünschen, gerne auch über interessante Charaktere aus seinem Umfeld. Eine ganze Welt rund um die Geschichten zu schaffen ist lobenswert und faszinierend, doch die recht diffuse Prophezeiung um Ciri hätte Sapkowski besser nicht bemühen sollen, sie ist recht schwach und die abschließende Pointe lässt vieles im Nachhinein als sehr unlogisch und konstruiert erscheinen.

Trotzdem hatte ich mit „Die Dame vom See“ mehr Freude als an „Schwalbenturm“. Die Saga um Geralt wird in der kommenden Fortsetzung des ausgezeichneten Computerrollenspiels „The Witcher“ weitergeführt. Allerdings hat Sapkowski an „The Witcher 2: Assassins of Kings“ in keinster Weise mitgewirkt. Leider hat der Autor bisher nichts über eine Fortsetzung der Hexer-Geschichten verlauten lassen. Nur einige ältere Kurzgeschichten, die zum Teil in Konflikt zu den anderen Geschichten stehen, sind noch nicht ins Deutsche übersetzt worden.

Schade, ich hätte trotz dieses Abschlussbandes gerne weitere Abenteuer des Hexers gelesen.
Diese Rezension stammt von Michael Birke


Taschenbuch: 539 Seiten
Originaltitel: Pani Jeziora
Aus dem Polnischen von Erik Simon.
ISBN-13: 978-3423248174

http://www.dtv.de

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[„Narrenturm“]http://buchwurm.info/book/anzeigen.php?id__book=1884
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