Joe Schreiber – Star Wars: Der Todeskreuzer

Es gibt ja nichts, was es nicht gibt. Da ein Horror-Roman im „Star Wars“-Universum lange zu den Dingen zählte, die es bis dato wirklich noch nicht gab, wurde im Ersterscheinungsjahr 2009 darob eine recht umfangreiche Internet-Werbekampagne gestartet. Allerdings war davon hierzulande dann nicht mehr so viel zu sehen und |Blanvalet| veröffentlichte die deutsche Fassung Joe Schreibers „Death Troopers“ eher unspektakulär im August 2010, als der künstlich erzeugte Hype aus den USA bereits deutlich abgeflacht war. „Der Todeskreuzer“, wie er hierzulande heißt, gehört zu den so genannten „Expanded Universe“ (kurz UE) Storys von George Lucas epochaler Sternenkrieger-Saga. Das heißt, er hat der eigentlichen Kerngeschichte nichts elementar beizutragen, sondern benutzt hauptsächlich die Kulisse und Figuren – in diesem Fall dürfen zwei sehr bekannte Schmuggler am Grauen teilhaben: Han Solo und Chewbacca.

Zur Story

Die mit vermeintlich subversiven Elementen vollgestopfte, imperiale Gefängnisbarkasse „Sühne“ ist unterwegs zu einem Gefängnismond. An Bord läuft es nun mal ab, wie es immer so ist: Viele Gefangene unterschiedlichster Spezies auf einem Haufen, manche davon wirklicher Verbrechen schuldig, andere von den Imperialen willkürlich in Sippenhaft genommen und im Zweifel einfach als Rebellen-Sympathisanten bezichtigt. Unter den Gefangenen befinden sich die zwei Teenager Trig und Kale Longo, die zusammen mit ihrem Vater unter anderem wegen Schmuggelei festgenommen wurden. Letzterer wurde vom opportunistischen wie sadistischen Captain Sartoris zu Tode gefoltert, sodass die Jungs nun Vollwaisen sind. Mittendrin im Elend der stets gut frequentierten Krankenstation, die Ärztin Zahara Cody, mit dem Herz am rechten Fleck, quasi als Counterpart zu Sartoris und des schleimigen Direktors Kloth sowie deren zumeist willigen Wachpersonal-Schergen. Nein, die „Sühne“ ist wahrlich kein intergalaktischer Ausflugsdampfer.

Bei all den mannigfaltigen Reibereien an Bord, sorgt ein technischer Defekt am Antrieb für weitere Unbill: Der Hyperantrieb fällt aus. Eine Reparatur mit Bordmitteln ist nicht möglich. Da kommt Gevatter Zufall zur Hilfe, der dem Havaristen den Sternzerstörer „Vector“ auf den Kurs schubst. Ausgerechnet hier am Allerwertesten der Galaxis und abseits beflogener Routen, wo sich Sith und Jedi Gute Nacht sagen. Seltsam allerdings, dass man dort nicht auf die Rufsignale antwortet. Noch seltsamer, dass der Bioscan nur ganze 10 Lebensformen an Bord feststellt – Bei einem Schiff mit sonst rund 10.000 Mann Besatzung. Man geht davon aus, dass der Zerstörer aus bislang unbekannten Gründen aufgegeben wurde, was die Möglichkeit eröffnet sich unbürokratisch die benötigten Ersatzteile zu beschaffen. Die „Sühne“ dockt an und zwei Enterkommandos zu je 5 Mann betreten das totenstill dahintreibende Riesenschiff. Nur ein Team kehrt auf die Barkasse zurück und es hat etwas ganz anderes dabei, als nur die geklauten Ersatzteile …

Eindrücke

Zum einen soll das Ganze natürlich die Franchise-Käufer (die ohnehin alles aus dieser Ecke konsumieren) locken, als auch diejenigen animieren, die sich sonst eher beim Thema Blut & Gekröse heimisch fühlen. Soviel durfte nach dem Werbefeldzug schon damals klar gewesen sein. Wenn’s gut umgesetzt ist, spricht auch gar nicht dagegen, auch wenn so mancher dogmatische „Star Wars“-Fan entsetzt die Nase rümpft, wenn man Hand an seine heilige Kuh legt. Allerdings ist das, was Joe Schreiber hier abliefert, nicht so überzeugend, wie es vielleicht hätte sein können. Das fängt damit an, dass die Grundidee (Virus erzeugt frischfleischlüsterne Zombies) – so oder so ähnlich – dutzendweise durch die vielen „Resident Evils“ und die Genre-Vettern dieser Welt bereits dermaßen ausgelutscht ist, dass es den Splatter, Gore & Exploitation Liebhaber allenfalls nur ein müde-gelangweiltes Grinsen entlockt. Originell geht sicher anders. Plausibel ebenfalls. Denn auch daran krankt es nicht zu knapp. Es muss ja nicht eine pseudowissenschaftlich bis ins letzte Detail aufgedröselte Erklärung sein, doch ein Mindestmaß an Glaubhaftigkeit erwartet man doch schon.

Spoilerwarnung: Die folgenden Abschnitte enthalten tiefe Einblicke ins Zombiehirn

Selbst mit viel Fantasie und dem Wissen, dass das Imperium sicherlich zu mancher Gräueltat fähig ist, bleibt ein „Virus“ ein recht einfacher Organismus. Das, was dieser morbide Geselle jedoch veranstaltet, geht weit über das hinaus, was nachvollziehbar erscheint. Hätte Joe Schreiber daraus eine parasitäre/symbiotische, mithin komplexe und/oder intelligente Lebensform gemacht, welche das Imperium in seinen Labors nur „veredelte“, wäre er in weitaus weniger der selbst gestellten Fallen getappt. Wie das richtig geht, zeigten weiland schon die „X-Files“ mit dem ölig-teerartigen Parasiten, die den Wirtskörper befällt und für seine (Brut-)Zwecke missbraucht. Die Parallelen dazu sind übrigens nicht von der Hand zu weisen – nur Tote aufwecken, das konnte dieses Zeuch nicht. Anders hier. Da befällt das „Virus“ auch bereits VOR der Epidemie Gestorbene (etwa der gekillte Daddy) und lässt sie als mäandernde und zerfledderte Wiedergänger herumspuken. Hö?

Natürlich ist die Intention dahinter vollkommen klar: Hier wird auf der emotional befeuerten Gruselwelle geritten, verebbt aber kolossal am Strand der Logik. Und wo alles nichts hilft, wird gekotzt, Gliedmaßen aus Gelenkpfannen gerissen, Schädel weggeblastert und Viralschleim, Blut sowie Eingeweide großflächig verteilt. Natürlich gelüstet es den Untoten – ganz gemäß alter Zombietradition – nach frischem Fleisch. Die Frage ist nur: Wozu eigentlich? Zum Lebenserhalt ist es schließlich nicht nötig, denn die Kameraden sind ja tot und bereits im allerfeinsten Verwesungsstadium. Trotzdem zeigen einige Kannibalismus untereinander und natürlich den Überlebenden gegenüber. Dieses plakativ-schaurige Stilelement ist jedoch absolut sinnfrei.

Bliebe noch die am Ende recht halbherzig angeführte Erläuterung, dass sich das „Virus“ mit aller Macht verbreiten will – vorzugsweise natürlich durch effektvolles Beißen des Opfers. Logo!. Noch dazu haben die Biester sogar einen Common Sense, besitzen eine gewisse Lernfähigkeit sowie eine eigene Kommunikation. Wie gesagt: Diese Zombies haben es faustdick hinter den verfaulten Ohren und strapazieren das Realitätsverständnis wie die Toleranz des Lesers aufs Schärfste. Dabei fängt das Ganze eigentlich gut an, der Schreibstil ist flockig, hat zunächst Witz und zeigt sogar eine Spur von Spannungsaufbau. Am Ende ist davon leider mehr viel übrig, als Fragezeichen über dem Schädel. Alles geht plötzlich viel zu hektisch und das Gesplatter wird mit viel Getöse durchgepeitscht. Kurzum: Verschenktes Potenzial.

Spoilererntwarnung: Ab hier spritzen weniger Gift, Galle und Rezensenten-Eingeweide

Auf der Haben-Seite ist selbstverständlich das Alleinstellungsmerkmal des Romans zu nennen, denn bislang gab es Derartiges noch nicht im sonst recht braven „Star Wars“-Universum mit seinem fast schon märchenhaft-naiven Charakter. Wiewohl der Autor bereits ein Prequel angedroht hat. Dem Mut dieses sicher nicht von allen willkommen geheißene Projekt in Angriff zu nehmen, gebührt auf jeden Fall Respekt. Dazu ist die im Prinzip trashige Story dennoch leidlich unterhaltsam, es kommt eben auch nicht zuletzt auf den eigenen Blickwinkel und Geschmack an. Dass mit Han und Chewie zwei Big Names auftauchen, kann nicht über die ziemlich stereotype Figurenzeichnung und den weithin vorhersehbaren Plot ebenso wenig hinwegtäuschen, wie das Zukleistern der mannigfaltigen Unzulänglichkeiten und Logiklöcher mit Körperflüssigkeiten, Leichenteilen und anderen Ekeligkeiten. Das alles hat man in unzähligen B-Movies schon irgendwann einmal so präsentiert bekommen. Teilweise sogar wesentlich schlüssiger.

Fazit

Es allen recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand beherrscht. Diesem Zitat kann man uneingeschränkt zustimmen und hinzufügen, dass das für ein Crossover im Besonderen gilt. Das Nichtlesen schadet nicht, denn diese chronologisch etwa ein Jahr vor Luke Skywalkers aktiver Teilnahme am Sternenkrieg angesiedelte Episode, hat für die Urstory keinerlei Relevanz. Doch sticht „Der Todeskreuzer“ allein schon wegen der teils derben und verstörenden Horror-Elemente aus der Masse der restlichen „Star Wars“-Publikationen hervor und weiß damit immerhin zu unterhalten. Allerdings ist ein klangvoller Serien-Name allein, noch dazu mit unterm Strich kruder, an sich vollkommen belangloser Zombie-Story, kein Erfolgsgarant – selbst dann nicht, wenn u. a. Klassenprimus „Resident Evil“ offensichtlich mehr als nur Pate gestanden hat. Merke: Auch in der SciFi will das Kopieren gelernt sein.

Taschenbuch: 288 Seiten
Originaltitel: „Star Wars™: Death Troopers“
Übersetzung: Andreas Kasprzak
ISBN 978-3-442-37560-8
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