Ulrike Schweikert – Das Antlitz der Ehre

Nach „Die Dirne und der Bischof“ folgt nun der zweite Teil um die Geschichte der Elisabeth, die Tochter, dem Bankert des Fürstbischofs Johnann II von Brunn zu Würzburg.

_Inhalt_

Würzburg 1430: Nach dem Mordanschlag auf Elisabeth, ihrer Amnesie und der Zeit, die sie als Dirne in einem „Frauenhaus“ ihren Körper verkaufte, ist die junge Frau eine förmlich andere geworden. Ihr gesamtes Weltbild, gerade die der sozialen Stellung einer Frau ist deutlich ins Wanken gekommen. Elisabeth, die nun Entbehrungen, Hunger und das Gefühl, ausgeliefert zu sein kennt, zeigt nun viel mehr Verständnis für die Frauen, die sie bisher keines Blickes gewürdigt hat.

Jeglichen Hang zu Luxusgütern, schönen Kleidern und ein sorgenfreies Leben, das sie als des Bischofs Tochter kennen- und auch lieben gelernt hat, sieht sie nun aus einer ganz anderen Perspektive. Doch die Zeit als „Dirne“ hat auch noch andere Spuren hinterlassen. Spuren, die ihr Innerstes selbst berühren und sie nicht zur Ruhe kommen lassen.

Ihren Verlobten Albrecht von Wertheim hat sich Elisabeth noch nicht anvertraut. Er würde dies nicht nachvollziehen können und würde sich wahrscheinlich voller Ekel von ihr distanzieren. Es scheint, als hätte sich die ganze Welt gegen sie verschworen, denn auch ihr Vater verliert an Macht und Einfluss.

Fürstbischoff Johnann II. von Brunn wird abgesetzt und muss seinen Sitz, die Marienburg, und sein Amt aufgeben. Die Stadt Würzburg hatte genug von dem verschwenderischen Lebensstil seines Kirchenfürsten und handelte dementsprechend konsequent. Zu hoch waren die Schuldenlast und die Anzahl der Verpfändungen, sodass auch das Bistum in der Kritik stand.

Doch der Schein trügt, denn nun entbrennt ein gnadenloser Kampf um die Macht in der Region und Elisabeth wird ein wichtiger Spielball zwischen den Kontrahenten. Neben den Kirchen- den Landes- und noch viel wichtiger, den persönlichen Interessen steht sie zwischen ihrem Verlobten Albrecht, etwaigen Nachfolgern und ihrem eigenen Vater. Von seinem Exil auf Burg Zabelstein aus, plant der ehemals mächtige und noch immer sehr einflussreiche Bischof seine nächsten Schritte. Und das Schicksal seiner eigenen Tochter in seiner Hand, kann für seine politischen Ränkeschmiede von hohem Wert sein …

_Kritik_

„Das Antlitz der Ehre“ von Ulrike Schweikert ist ebenfalls im Verlag blanvalet erschienen.
Die Autorin, die enorm viel Wertt auf gute Recherchearbeit legt, gerade in einem historischen Roman, ist hier wieder einmal betont zu loben. Fakten und Fiktion um den lebens- und wahrscheinlich sehr weltlichen und liebeshungrigen Bischoff Johann II. von Brunn, erzählt sie hier geschickt und mit viel Präzision, was die politischen Konflikte angeht. Und genau diese politischen Intrigen sind der größte Schwachpunkt in diesem Roman.

„Das Antlitz der Ehre“ ist bei Weitem leider nicht so spannend wie bei „Die Dirne und der Bischof“, in der Elisabeth die Hauptrolle spielte und in der die Autorin eine facettenreiche und vielseitige Welt beschrieb. Allein die Konzeption der Charaktere wird hier nur eindimensional und farblos geschildert. Johann II. von Brunn hebt sich aber hier deutlich von den anderen ab. Eigentlich geht es hier nur um Politik, um Einfluss und Macht, sodass Elisabeth und selbst ihr Verlobter nichts anderes sind, als wichtige, aber durchaus austauschbare Figuren auf einem Schachbrett.

„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt“, ein Credo, das für Johann II. von Brunn längst schon zum Lebensmotto und -inhalt geworden ist. Elisabeth transformiert allerdings zu einer Randfigur in diesem Politikum, sicherlich ist sie sich im Grunde selbst treu geblieben, aber der Macht der einflussreichen Fürsten kann sie nichts entgegensetzen und von Durchsetzen reden wir an dieser Stelle erst gar nicht.

Der Leser wird schon nach wenigen Seiten feststellen, dass der Band viel schwächer ist, als der erste. Die Richtung dieser Geschichte ist schnell erkannt und in den vielen Dialogen geht es immer nur um die Macht in der Stadt Würzburg. Vom gesellschaftlichen und sozialen Leben einer Frau im Mittelalter bekommt man geradezu nichts mit. Konflikte hin oder her – Spannung sieht anders aus, die sucht man hier leider vergebens. Auch sollte man nicht zu „Das Antlitz der Ehre“ greifen, ohne den ersten Band „Die Dirne und der Bischof“ gelesen zu haben. Die Charaktere sind komplex, zudem natürlich noch die gewissen Abhängigkeiten hier eine große Rolle spielen, und ohne eine gewisse Vorkenntnis bleibt sonst vieles unbeantwortet auf der Strecke.

Zu loben allerdings ist die bildliche und gute Sprache der Autorin, die einfach und plastisch erzählt, auch wenn sie sich hier manchmal richtiggehend verrennt. Im Epilog und im Kapitel: Dichtung und Wahrheit – erklärt die Autorin die historischen Hintergründe, sodass diese mit der Kombination des Glossars und einer abschließenden Danksagung ein professionelles Ende findet.

_Fazit_

Historische Romane sollen unterhalten, sicherlich kann auch Politik unterhaltsam erzählt werden, doch leider verliert Frau Ulrike Schweikert mit der Figur ihrer Elisabeth ihre spannende Präsenz in dem Titel.

Die junge Frau wirkt hilflos, deplatziert und ist einfach eine Statistin, in einem perfiden Spiel um die politische Macht in Würzburg. „Das Antlitz der Ehre“ hätte ein eigenständiger Roman werden sollen, ohne eine Protagonistin, die hier überflüssig ist, denn die Persönlichkeit des Bischofs, glaubt man der Autorin und den historischen Fakten, gibt genug Potenzial für ein spannendes politisches Drama.

Dass Ulrike Schweikert eine sehr gute Autorin ist, die zweifelsfrei ihre Heldinnen spannende Abenteuer und Dramen bestehen lässt, steht außer Frage. Auch wenn dieser Roman der schwächste war, den ich bis dato gelesen habe, freue ich mich auf einen weiteren historischen Roman von ihr, den ich dann bestimmt gerne wieder lesen werde.

Die Erben der Nacht:

01 – „Nosferas“
02 – „Lycana“
03 – „Pyras“
04 – „Dracas“

Hardcover: 480 Seiten
ISBN-13: 978-3764503178
www.randomhouse.de/blanvalet