Dan Shocker – Das Grauen (Larry Brent, Band 1)

Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus

Im französischen Ort Maurs werden die Menschen Opfer von Vampiren. Zunächst werden nur vereinzelt Menschen angezapft, ohne getötet zu werden, dann gibt es die erste Leiche. Die französische Regierung bittet den amerikanischen Geheimdienst um Amtshilfe. David Gallun, Chef der geheimnisvollen PSA, der Psychoanalytischen Spezialabteilung, schickt seinen Agenten Henry Parker, alias X-Ray-18, nach Frankreich. Tatsächlich gelingt es dem Amerikaner, eine Menge Informationen zu sammeln. Dreh- und Angelpunkt ist das Anwesen des Ägyptologen Professor Bonnard, der gemeinsam mit dem undurchsichtigen Dr. Canol obskure Forschungen betreibt. Henry Parker setzt sich auf die Fersen von Canol, um die entscheidenden Beweise zu erbringen, und läuft direkt in die Falle.

Zu dieser Zeit macht der FBI-Agent Larry Brent Urlaub in der französischen Provinz und findet die Leiche des PSA-Agenten. Er bemerkt den seltsamen Siegelring am Finger Parkers. Kaum berührt Brent den Ring, zerfällt dieser zu Staub. Kurz darauf wird Larry von einer riesigen Fledermaus attackiert, einem Vampir!

Larry ist fest entschlossen, das Geheimnis zu lüften und den unheimlichen Fall zu lösen ….

Die Angst erwacht im Todesschloss

In dem englischen Schloss des Duke of Huntington geht der Tod. Zehn Menschen werden das Opfer einer Mordserie, dann hören die Gräueltaten abrupt auf. Man meidet das Schloss. Bis Ellen Shalling, die Nichte des Dukes, mit ihrem Verlobten Harry Banning zu Besuch kommt. Sie ahnen, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, und wollen das Geheimnis lüften. Doch sie werden selbst zu Opfern der Geister. Ellen Shalling wird im Tower eingesperrt, ohne Aussicht auf Rettung. Verzweifelt schreibt sie eine kurze Botschaft mit ihrem eigenen Blut in ein Medaillon und wirft es aus dem Fenster. Tatsächlich wird das Schmuckstück gefunden und Scotland Yard überbracht. Um endlich die mysteriösen Fälle zu lösen, wird der Fall an die PSA weitergeleitet und so erhält Larry Brent, der gerade seine letzte Prüfung mit Bravour bestanden hat, seinen ersten Auftrag als X-Ray-3, im Dienste der Menschheit …

Mit „Das Grauen“ erscheint endlich der langerwartete Auftakt der Larry-Brent-Serie im |BLITZ|-Verlag. Endlich kann man den Werdegang Larrys in einem einzelnen Buch mitverfolgen und erlebt seine erste Begegnung mit der PSA und seine Rekrutierung hautnah mit.

Die erste Geschichte ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein wahrer Klassiker, denn mit „Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus“ schuf der Autor Dan Shocker vor nunmehr 38 Jahren nicht nur den sympathischen PSA-Agenten Larry Brent, sondern auch die Gattung des Horror-Heftromans überhaupt. Bei seiner Erstveröffentlichung im Jahre 1968 erschien der Roman noch in der Reihe Silber-Krimi, beschritt aber schon damals einen ganz eigenen Weg. Mit einer mysteriös düsteren Atmosphäre konstruierte der Autor eine Vampirgeschichte, die noch heute zu fesseln vermag und nichts von ihrer Intensität eingebüßt hat. Durch einen pseudowissenschaftlichen Hintergrund wurde zudem vermieden, die Story in allzu fantastische Gefilde abdriften zu lassen. Alle Geschehnisse, so abstrus sie erscheinen, werden ohne übernatürlichen Hintergrund erklärt. In vielen weiteren Romanen wird Dan Shocker diese Art der Erklärung aufgreifen, was schon bald zu einem Markenzeichen der Larry-Brent-Romane werden wird. Wo andere Autoren ähnlicher Romane schnell und unkompliziert die Magie als Ursache allen Übels aus dem Hut zaubern, macht sich Dan Shocker Gedanken und lässt ein profundes Allgemeinwissen in seine Storys mit einfließen. In diesem Fall sieht das Ergebnis so aus, dass riesige Fledermäuse auf Menschenjagd gehen und doch ist die Auflösung des Falles noch um einiges komplizierter und faszinierender. Der Erzählstil ist flüssig und schnörkellos, die Dialoge sind natürlich und humorvoll.

Mit der PSA tritt eine Organisation auf den Plan, die mit modernsten Methoden der Verbrechensbekämpfung arbeitet und dabei Fälle aufklärt, bei denen die üblichen Ermittlungsmethoden versagen. Somit stellt Larry Brent eine rasante Mischung aus Akte X und James Bond dar, die sich nicht hinter diesen erfolgreichen Serien und Filmen zu verstecken braucht. Wer temporeiche und stimmungsvolle Gruselromane mag, wird Larry Brent lieben.

Das zweite Abenteuer mit Larry Brent und gleichzeitig sein erster Fall im Dienste der PSA führt den Agenten in eine klassische Gruselkulisse. Ein düsteres Schloss direkt im Moor, Nebelschwaden und mysteriöse Geisterwesen, Geheimgänge und Folterkammern bilden den Hintergrund für diesen Roman. Geschickt verknüpft der Autor Versatzstücke alter Gothic-Novellen mit einer Kriminalgeschichte à la Edgar Wallace und das Ergebnis ist eine spannende, kurzweilige Gruselgeschichte. Für die Serie und die Fans hat dieser Roman aber eine ganz andere Bedeutung, denn hier wird Larry Brent offiziell in die PSA aufgenommen und bekommt neben seinem PSA-Ring und der |Smith & Wesson|-Laserpistole auch sein Büro unter dem beliebten Speise- und Tanzlokal „Tavern on the Green“ im Herzen des Central-Parks zugewiesen. Mit der Bezeichnung X-Ray-3 wird Larry Brent zum besten Agenten dieser Organisation. Ein weiterer bedeutsamer Wendepunkt im Leben des jungen Mannes ist die Begegnung mit dem rothaarigen Russen Iwan Kunaritschew, alias X-Ray-7, denn der wird einmal zu Larrys bestem Freund und Kollegen.

Die Geschichte wird spannend und flüssig erzählt, ohne dass Längen zu vorzeitigen Ermüdungserscheinungen führten. Ein rundum gelungenes Abenteuer aus der Anfangszeit von Larrys Karriere und gemeinsam mit der ersten Story ein wahres Schmuckstück der Gruselliteratur. Einen nicht unerheblichen Beitrag dazu leistet auch die Aufmachung, die schlichtweg genial ist. Neben dem bekannten Larry-Brent-Logo, eingerahmt von den legendären Knochenhänden, die sogar als Markierungen zwischen den Abschnitten und Szenenwechseln dienen, prangt dem Leser auf dem Cover das Titelbild des ersten Larry-Brent-Romans entgegen. Der damalige Stammzeichner der Serie, Lonati, schuf mit diesem Bildnis ein stimmungsvolles Gemälde, welches die Atmosphäre des Romans geschickt einzufangen verstand.

Abgerundet wird dieser Band durch die hervorragenden Illustrationen von Pat Hachfeld. Eine blutgierige Fledermaus und ihr Opfer und ein enthaupteter Leichnam auf einem Richtblock könnten den Kern dieser Geschichten nicht besser darstellen.

Taschenbuch: 320 Seiten
www.blitz-verlag.de

Florian Hilleberg